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Biochemie der Getreideverarbeitung

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Backeigenschaften von Mehlen<br />

Prof.Dr.K.Lösche<br />

Allgemeine Produkttechnologie pflanzlicher Lebensmittel<br />

<strong>Biochemie</strong> <strong>der</strong> <strong>Getreideverarbeitung</strong><br />

1. Die Backeigenschaften von Mehlen<br />

1.1. Definition <strong>der</strong> Backeigenschaften<br />

Verbreitet ist bei Brotgetreide <strong>der</strong> Begriff Backfähigkeit; zutreffen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Begriff<br />

Backeigenschaften, da auch aus an<strong>der</strong>en Getreidearten bzw. Gemischen verschiedener<br />

Getreidearten und Kombinationen mit an<strong>der</strong>en Rohstoffen, z.B. Leguminosenmehlen<br />

o<strong>der</strong> Knollenstärken, unter Anwendung spezifischer Rezepturen und Technologien<br />

Gebäcke hergestellt werden können.<br />

Die Backeigenschaft ist ein sehr komplexes Merkmal, in ihr vereinigen sich<br />

- Eigenschaften des Rohstoffes Getreide sowie<br />

- Eigenschaften <strong>der</strong> Mehlherstellung und – verarbeitung einschließlich Rezeptur.<br />

An den Backeigenschaften sind folgende Faktoren beteiligt:<br />

a) physikalische, z.B. Granulation,<br />

b) biochemische und chemische , z.B. Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> nach Art, Menge und<br />

Eigenschaften unterschiedlichen Mehlinhaltsstoffe einschließlich Zusatzstoffe<br />

(Hefe u.a.),<br />

c) technologische, z.B. Knetintensität.<br />

Die Backeigenschaft eines Mehles ( im Hinblick auf Brot) ist sein Vermögen, nach<br />

Zusatz von Wasser, Nicht-Getreide-Rohstoffen, nach Knetung, Lockerung, Reifung<br />

und thermischer Behandlung des Teiges eine saubere Krumenstruktur zu bilden.<br />

Dieses drückt sich in wichtigen Eigenschaften des Teiges (z.B. Wasserbindung,<br />

Viskosität, Dehnbarkeit, Elastizität) sowie <strong>der</strong> Krume (z.B. spezifisches Volumen,<br />

Elastizität) aus.<br />

Die Backeigenschaften eines Mehles hängen insbeson<strong>der</strong>e von Sorte und Qualität des<br />

Getreides ab, wobei die Beziehungen zum Ausmahlungsgrad und zur<br />

Verarbeitungstechnologie ( einschließlich Rezeptur ) und zur Verbrauchererwartung<br />

bestehen.<br />

Für die Praxis sind die Backeigenschaften nur in Verbindung mit dem jeweiligen<br />

Verwendungszweck des Mehles zu bewerten.<br />

Die Backeigenschaften von Weizen und Roggen beziehen sich auf das Ergebnis von<br />

standardisierten Backversuchen mit nach standardisierten Bedingungen hergestellten<br />

Mehlen und werden durch Wertzahlen und Qualitätseigenschaften, wie das<br />

Gebäckvolumen, gekennzeichnet.<br />

Nach früheren Auffassungen hat man – in Län<strong>der</strong>n mit überwiegendem Brotverzehr –<br />

nur Weizen und Roggen zufriedenstellende Backeigenschaften zugeschrieben. In<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> zunehmenden Verarbeitung an<strong>der</strong>er Getreidearten zu<br />

Gebäcken, z.B. als „composite flours“ , erweitern sich die Kenntnisse über die<br />

Backeigenschaften.<br />

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Backeigenschaften von Mehlen<br />

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Getreideproduktion<br />

Getreidequalität<br />

Mehlgewinnung<br />

Proteine – Stärke -<br />

Pentosane -<br />

Lipide – Enzyme<br />

Mehlqualität<br />

sensorischhygenische-<br />

Beschaffenheit<br />

ernährungs –<br />

physiologische<br />

Beschaffenheit<br />

Teig- Teigreifung Backprozeß<br />

bereitung<br />

Gebäckqualität<br />

Tab.1.1<br />

Beziehung zwischen Getreide -, Mehl – und Gebäckqualität<br />

1.2. Teig als Vielkomponentensystem<br />

Der Teig enthält eine große Zahl verschiedener Bestandteile aus Mehl und Zusätzen, die z.B.<br />

eingeteilt werden können in<br />

a) Mehlbestandteile und Reaktionsprodukte: Kohlenhydrate ( insbeson<strong>der</strong>e Stärke und<br />

Pentosane), Proteine und Lipide des Mehles neben Wasser und Luft (bei <strong>der</strong><br />

Teigbereitung eingearbeitet), Cellulose, Enzyme, Vitamine, Co 2 , Ethanol und weitere<br />

Stoffwechselprodukte, Peptide und Aminosäuren, Dextrine, Maltose und an<strong>der</strong>e<br />

Oligosaccharide, Aromastoffe.<br />

b) Zusatzstoffe: Hefezellen, Kochsalz, Saccharide. Malzmehl, Hefenährsalze, Fette,<br />

Milchprodukte, Teigverbesserungsmittel (z.B. Backmittelkomponenten) u.a.<br />

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Der Teig ist ein komplexes System von Naturstoffen, in dem auf Grund des hohen<br />

Feuchteanteils und des enzymatisch aktiven Zustandes leicht biochemische Umsetzungen<br />

erfolgen.<br />

In <strong>der</strong> Feinstruktur des gut entwickelten und gelockerten Teiges sind zu erkennen:<br />

- das Glutennetz (kontinuierliche Phase)<br />

- Gasporen, die mit CO 2 , N 2 und evtl. O 2 ( soweit nicht durch die Hefe verbraucht ) gefüllt<br />

sind,<br />

- Hefezellen,<br />

- Stärkekörner, eingebettet im Glutennetz, teilweise auch gequollen o<strong>der</strong> amylolytisch<br />

partiell abgebaut,<br />

- Lipide.<br />

Grundlage <strong>der</strong> Teigbildung und Teigeigenschaften ist die Fähigkeit <strong>der</strong> Mehlinhaltsstoffe, im<br />

Teigmilieu in starkem Maße Wechselwirkungen untereinan<strong>der</strong> bzw. mit dem Wasser<br />

einzugehen ( Bild 1.2).<br />

Die Hauptbestandteile von Brotteigen – Stärke, Wasser und Proteine – haben für die<br />

Ausbildung einer kaubaren Brotkruste die größte Bedeutung.<br />

Enzyme, Salze, H 2 O, Protonen<br />

Stärkekorn<br />

Amylose<br />

Amylopektin<br />

Pentosane<br />

Proteine<br />

Lipide<br />

Pentosane<br />

Proteine<br />

Lipide<br />

Bild 1.2<br />

Mögliche Wechselwirkungen im Teig (schematisch)<br />

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1.3 Merkmale <strong>der</strong> Gebäckkrume<br />

Merkmale einer Brotkrume sind :<br />

- gute Kaubarkeit,<br />

- das spezifische Volumen, z.B. 1,5 bis 5ml/g bei Weizenbroten ( bei Mehl ca. 0,9ml/g),<br />

- Elastizität und plastische Deformierbarkeit bei mechanischer Belastung ,<br />

- das Verhalten beim Kauen ( nicht klebend o<strong>der</strong> krümelnd, gut einspeichelbar),<br />

- Feuchtegehalt von über 30 bis ca. 50%,<br />

- Stärkegehalt von ca. 70%i.T. und darüber<br />

- niedriger Gehalt an Sacchariden und Fetten von jeweils weniger als 5%i.T.<br />

(Unterscheidungsmerkmal zu an<strong>der</strong>en Backwaren) u.a.m.<br />

Die Krumen von verschiedenen Gebäckarten weisen unterschiedliche Merkmale auf (Tabelle<br />

1.1).<br />

Tabelle 1.1 Mikrostruktur <strong>der</strong> Krume von Gebäcken (Zimmermann u. Schmidt 1977)<br />

Merkmal<br />

Stärke –<br />

gerüst<br />

Roggenvollkornbrot<br />

stark ausgeprägt<br />

Mischbrot Toastbrot Keks<br />

vorhanden<br />

vorhanden<br />

nicht<br />

vorhanden<br />

Stärkebeschaffenheit<br />

fast vollständig<br />

verkleistert<br />

stark verkleistert<br />

stark verkleistert<br />

nicht verkleistert<br />

Proteingerüst<br />

nicht entwickelt<br />

strukturlos<br />

schlecht entwickelt<br />

sehr gut ententwickelt<br />

schlecht entwickelt<br />

Klein – und<br />

Makroporen<br />

(Ø in µm)<br />

20 – 600<br />

20 – 500<br />

50 – 900<br />

10 – 50<br />

Mikroporen<br />

(Ø in µm)<br />

3<br />

3<br />

5<br />

keine<br />

Die Krumenstruktur ergibt sich aus den Porenwänden und den Poren,<br />

Rohstoffzusammensetzung und Verarbeitung entscheiden über die Makro – Mikrostruktur <strong>der</strong><br />

Porenwände sowie über die Anzahl, Größe und Verteilung <strong>der</strong> Poren. Die Porenwände<br />

werden von Klein – und Mikroporen unterbrochen und selbst durch Makroporen<br />

gegeneinan<strong>der</strong> abgegrenzt.<br />

Die Ausbildung eines Stärkegerüstes hängt u.a. vom Feuchteanteil und Lipidgehalt des Teiges<br />

ab.<br />

Weizengebäcke weisen im Unterschied zu Roggengebäcken auch ein Proteingerüst auf, das<br />

jedoch z. B. bei größerem Lipidanteil unterbrochen ist (Keks).<br />

Die Lockerung <strong>der</strong> Krume, die sich in weiten Grenzen bewegen kann, ist u.a. abhängig von<br />

<strong>der</strong> Mehlqualität und <strong>der</strong> Verarbeitung. Physikalische Eigenschaften <strong>der</strong> Brotkrume, z.B. die<br />

Deformierbarkeit, stehen im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Lockerung und Porenstruktur; sie haben<br />

Bedeutung für die Textur <strong>der</strong> Krume.<br />

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Eine gut ausgebildete, nicht gealterte Krume muß bei geeigneter mechanischer Belastung<br />

(Daumendruck) deformierbar sein – ohne die charakteristische Makrostruktur zu verlieren –<br />

und nach Entlastung ganz o<strong>der</strong> teilweise wie<strong>der</strong> die ursprüngliche Form annehmen<br />

(Elastizität). Diese Eigenschaften besitzen z.B. die Krumen von Flachgebäcken<br />

(Dauerbackwaren, Fladenbrote ) nicht.<br />

1.4 Funktionelle Bedeutung <strong>der</strong> Mehlinhaltsstoffe<br />

1.4.1 Einführung<br />

Bei <strong>der</strong> Brotherstellung (die vorrangig betrachtet werden soll ) erfolgen in mehreren Phasen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> – hauptsächlich hochmolekularen – Inhaltsstoffe. Gleichzeitig haben sie<br />

wichtige Funktionen zu erfüllen.<br />

Formatiert: Nummerierung<br />

und Aufzählungszeichen<br />

Die Funktionen von Getreide – bzw. Mehlinhaltsstoffen kann man generell unterscheiden in<br />

a) natürliche (biologische ) Funktionen,<br />

z.B. als Strukturmaterial, Reservestoffe, zur Wasserbindung,<br />

b) technologische und sensorische Funktionen in Lebensmitteln,<br />

z.B. als Strukturmaterial, das für Textur, Form, rheologische Eigenschaften wesentlich ist,<br />

als Quellstoffe, Emulgatoren, Geschmackstoffe,<br />

c) ernährungsphysiologische Funktionen<br />

z.B. als Energielieferant, Ballaststoff, essentieller Nährstoff.<br />

Definition<br />

Als funktionelle Eigenschaften von Lebensmittelrohstoffen sowie Lebensmitteln bzw. ihren<br />

Bestandteilen versteht man allgemein solche , die in bezug auf die Verarbeitbarkeit im<br />

technologischen Prozeß und bestimmte Qualitätseigenschaften <strong>der</strong> Produkte eine wesentliche<br />

Funktion erfüllen. Im weiten Sinne werden bestimmte ernährungsphysiologische<br />

Eigenschaften, wie Verdaubarkeit und Resorptionsverhalten, dazugerechnet.<br />

Die Kenntnis <strong>der</strong> funktionellen Eigenschaften bzw. die Herstellung von<br />

Lebensmittelrohstoffen mit bestimmten funktionellen Eigenschaften ermöglicht die bessere<br />

Verwertbarkeit <strong>der</strong> Rohstoffe, die Rationalisierung <strong>der</strong> Technologien und die Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Materialökonomie sowie des Gebrauchs -, Genuß- bzw. Nährwertes.<br />

Unabhängig vom individuellen Lebensmittel unterscheidet man eine Reihe grundlegen<strong>der</strong><br />

funktioneller Eigenschaften <strong>der</strong> Kohlenhydrate , Proteine und Lipide; dabei sind einige<br />

Unterschiede zwischen hoch – und nie<strong>der</strong>molekularen Inhaltsstoffen (z.B. Polysaccharide<br />

bzw. Disaccharide) sowie zwischen den hydrophylen und hydrophoben vorhanden.<br />

Zu den grundlegenden funktionellen Eigenschaften von Lebensmitteln bzw. <strong>der</strong>en Rohstoffen<br />

o<strong>der</strong> Inhaltsstoffen gehören:<br />

- Wasserbindung und Löslichkeit ( z.B. Proteine, Polysaccharide),<br />

- rheologische Eigenschaften (Biopolymere, Lipide),<br />

- Gelbildung (z.B. Polysaccharide)<br />

- Filmbildung (z.B. Phospholipide, lineare Polysaccharide),<br />

- chemische Reaktivität ( z. B. Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren, Saccharide),<br />

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- Emulgiereigenschaften (z.B. Lipide, Proteine),<br />

- Schaumbildung und – stabilität (z.B. Proteine),<br />

- Bindung von Lipiden und Aromastoffen (z.B. Amylose, Gluteline),<br />

- osmotische und hygroskopische Eigenschaften (z.B. Saccharose, Salze),<br />

- sensorische Eigenschaften ( Süßungsmittel, Aromen, Farbstoffe),<br />

Bei <strong>der</strong> Herstellung <strong>der</strong> Lebensmittel sind zahlreiche technologische und<br />

gebrauchswertbildende Eigenschaften <strong>der</strong> Rohstoffe von Bedeutung , z.B. Dickungs – und<br />

Emulgiervermögen, Konsistenz, Textur, Bräunungsvermögen, Mikrobenhemmung,<br />

Vergärbarkeit, Extrudier – und Expandierbarkeit, Gashaltung, Backverhalten, Frischhaltung.<br />

Es sind dies aus den funktionellen Eigenschaften abgeleitete Eigenschaften.<br />

Dabei handelt es sich häufig um komplexe funktionelle Eigenschaften, an denen verschiedene<br />

Inhaltsstoffe beteiligt sind, wobei die Verhältnisse des konkreten Lebensmittelsystems z. B.<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Wechselwirkungen <strong>der</strong> Inhaltsstoffe ganz wesentlich sind.<br />

Die Funktionalität ist durch die molekularen Merkmale bedingt. Die erfor<strong>der</strong>t Kenntnisse über<br />

die Feinstruktur, die chemischen und physikochemischen Eigenschaften <strong>der</strong> Rohstoffe bzw.<br />

Lebensmittelinhaltsstoffe, ihre Reaktionen und Wechselwirkungen sowie <strong>der</strong>en<br />

Auswirkungen auf die Verarbeitung und Lebensmittelqualität.<br />

Bei den molekularen Merkmalen <strong>der</strong> Inhaltsstoffe sind allgemein zu unterscheiden:<br />

a) die molekularen Bausteine ,<br />

z.B. Art <strong>der</strong> Monosaccharide o<strong>der</strong> Fettsäuren , die am Aufbau <strong>der</strong> Kohlenhydrate bzw.<br />

Lipide beteiligt sind,<br />

b) die funktionellen Gruppen,<br />

die Hydroxyl -, Carboxyl -,Carbonyl -, Aminogruppen, hydrophobe Reste; auf diesen<br />

beruht die Fähigkeit zur Wechselwirkung z.B. mit Wasser, an<strong>der</strong>en<br />

Lebensmittelbestandteilen o<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong>; <strong>der</strong>artige Gruppen sind verantwortlich für<br />

die chemische Reaktivität (z.B. bei <strong>der</strong> Maillard – Reaktion, bei chemischer<br />

Modifizierung) und vor allem für die verschiedenen Arten nichtkovalenter<br />

Wechselwirkungen,<br />

c) <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> zusammengesetzten Inhaltsstoffe,<br />

Reihenfolge (Sequenz) <strong>der</strong> Bausteine, Art <strong>der</strong> Verknüpfung (alpha – o<strong>der</strong> beta –<br />

glycosidisch) Strukturryp (linear o<strong>der</strong> verzweigt), Polymerisationsgrad.<br />

Auf Grund <strong>der</strong> molekularen Merkmale ergeben sich Möglichkeiten für verschiedene<br />

Konformationen, die ihrerseits durch äußere Einflüsse und Wechselwirkungen im<br />

Lebensmittelsystem verän<strong>der</strong>t werden können und sich damit auf funktionelle Eigenschaften<br />

auswirken.<br />

Hinzuweisen ist auf die für Proteine bzw. Polysaccharide bedeutsamen Helix-, Faltblatt -,<br />

Mehrfachhelix -, Band -, Zufallsknäuel – (random coil-) und Netzwerkstrukturen.<br />

Die technologische Bedeutung <strong>der</strong> Mehlinhaltsstoffe liegt im Zustandekommen <strong>der</strong><br />

funktionellen Eigenschaften des Teiges ( Tabelle 1.2).<br />

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Tabelle 1.2 Funktionelle Eigenschaften eines Weizenteiges bzw. –mehles<br />

Phase <strong>der</strong> Stoffwandung Funktionelle Eigenschaften Komplexes technologisches<br />

Merkmal<br />

a) Teigbildung und<br />

- verarbeitung<br />

Wasserbindung<br />

Viskosität<br />

Elastizität<br />

Klebrigkeit /<br />

Knetverhalten<br />

„maschineability“<br />

Adhäsivität<br />

b) Teiglockerung Gasbildung<br />

Gashaltung<br />

Schaumbildung und<br />

- stabilität<br />

Dehnbarkeit<br />

Dehnwi<strong>der</strong>stand<br />

Elastizität<br />

Membranbildung<br />

b) Krume – und<br />

Krustenbildung<br />

d)Aromastoffbildung<br />

(während a,b,c)<br />

Wasserbindung<br />

Verkleisterung<br />

Denaturierung<br />

Strukturieren<br />

Bräunung<br />

Reaktivität<br />

Aromabindung<br />

Gär – bzw.<br />

Reifeverhalten<br />

Backverhalten<br />

Aromaqualität<br />

1.4.2. Wasserbindung im Teig<br />

Der hohe Feuchteanteil von Teigen sowie <strong>der</strong> Brotkrume von ca. 35 bis 50% zeigt die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Wasserbindung durch die Mehlbestandteile (vgl.Tabelle 1.3). Das<br />

Backverhalten eines Mehles steht deshalb z.B. auch in Beziehung zur Teigausbeute.<br />

Tabelle 1.3 Wasser in Weizenteig<br />

Teigkomponente<br />

Menge bei 100g Mehl<br />

Anteil in %<br />

Menge bei 100g Mehl<br />

gebundenes Wasser in g<br />

Stärke<br />

Glutenproteine<br />

Pentosane<br />

Sonstige<br />

Wasser (Mehlfeuchte)<br />

70,0<br />

12,0<br />

2,5<br />

1,5<br />

14,0<br />

21<br />

24<br />

26<br />

-<br />

-<br />

Wasser ( Zuguß) 64,0 -<br />

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Von den im Teig aus 100g Mehl vorhandenen 78g Wasser sind ca. 90% (ca. 71g) durch die<br />

Mehlkomponeneten Stärke, Glutenproteine und Pentosane gebunden. Im Teig ergibt sich etwa<br />

folgende Wasserbindung pro Gramm ( bei Abwesenheit von Zusatzstoffen):<br />

Pentosane<br />

Glutenproteine<br />

Stärke<br />

11 fach<br />

2 fach<br />

0,3 fach<br />

für die Wasserbindung <strong>der</strong> nichtverkleisterten Stärke sind beson<strong>der</strong>s die mechanisch<br />

beschädigten Stärkekörner verantwortlich.<br />

Nach dem Backen ist das Wasser in <strong>der</strong> Brotkrume vermutlich hauptsächlich durch die<br />

verkleisterte Stärke (Amylos – Amylopektin – Gel) und die Pentosane gebunden.<br />

Grundsätzlich kann man verschiedene Formen <strong>der</strong> Wasserbindung in Naturstoffen und<br />

Geweben unterscheiden; an Ihnen sind bevorzugt Biopolymere beteiligt.<br />

Allgemein werden die unterschiedlichen Energieniveaus <strong>der</strong> Wasserbindung in Lebensmitteln<br />

und leben<strong>der</strong> Materie wie folgt charakterisiert:<br />

Typ I Wasser in Einschicht – Adsorption o<strong>der</strong> in chemischen Hydraten<br />

- a w (Wasseraktivität) stark reduziert ( 1µm), Fasern, Gele<br />

- a w – Wert leicht reduziert (< 1,0 bis 0,80 ),<br />

- Gefrierpunkt erniedrigt,<br />

- mind. 0,14 bis 0,33 und max. 20g H 2 O / g Trockensubstanz in Geweben.<br />

Bei <strong>der</strong> Wasserbindung durch Proteine werden drei Formen unterschieden (Fennema 1977):<br />

a) chemisch gebundenes Wasser ( Konstitutionswasser):<br />

ca. 0,003 g / g Protein. Es ist im Molekülinneren an spezifischen Stellen o<strong>der</strong> winzigen<br />

Zwischenräumen lokalisiert; es ist im allgemeinen das am wenigsten mobile Wasser.<br />

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b) physikalisch – chemisch gebundenes Wasser („Interfacial – Wasser“)<br />

weniger als 0,6 g/ g Protein. Es ist an <strong>der</strong> Proteinoberfläche und in kleinen Spalten, Poren<br />

u.ä. von molekularen Dimensionen lokalisiert; die Mobilität ist reduziert, die<br />

Bindungsernergien sind größer als in Wasser von normaler Beweglichkeit.<br />

c) physikalisch gebundenes Wasser („Bulk – phase – Wasser“):<br />

Es ist freies Wasser und physikalisch eingeschlossenes Wasser ( ähnlich wie im Gel ); es<br />

ist <strong>der</strong> Hauptanteil des Wassers in verdünnten Proteinlösungen bzw. in Zellen. Die<br />

Eigenschaften des Wasser sind ähnlich dem Wasser von normaler Beweglichkeit.<br />

Zur Wasserbindung <strong>der</strong> Proteine tragen hauptsächlich Aminosäuren mit polaren Resten bei,<br />

am wenigsten Aminosäuren mit hydrophoben Resten ( Tabelle 1.4).<br />

Tabelle 1.4<br />

Beitrag von Aminosäuren zur Wasserbindung<br />

(synthetische Polypeptide <strong>der</strong> einzelnen Aminosäuren bei 308 K)<br />

Mol Wasser<br />

Aminosäure –<br />

pro Mol Aminosäure 1) Reste<br />

7<br />

6<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Glu - , Tyr –<br />

Asp –<br />

Lys + , His + , Lys<br />

Arg +<br />

Arg, Tyr, Pro<br />

Asp, Glu<br />

Asn, Gln, Ser, Thr, Trp<br />

Gly, Ala, Val, Ile, Leu, Met,<br />

Phe<br />

1) Es handelt sich um die Bestimmung des nichtgefrorenen Wassers, woraus die Anzahl <strong>der</strong><br />

gebundenen Wassermoleküle pro Aminosäureseitenkette abgeleitet wurde.<br />

Die unterschiedliche Wasserbindung z.B. im Teig hat Bedeutung für<br />

- den Gefrierpunkt des Wassers,<br />

- die Mobilität <strong>der</strong> Wassermoleküle,<br />

- die Quellung und Konformation <strong>der</strong> Biopolymere<br />

- die enzymatische Aktivität und Zugänglichkeit <strong>der</strong> Enzyme,<br />

- die Entwicklung von Mikroorganismen,<br />

- die chemische Reaktivität, z.B. mit Sauerstoff,<br />

- die Sorption bzw. Desorption von Wasser ( • Sorptionsisotherme),<br />

- den Anteil an <strong>der</strong> flüssigen, d.h. mobilen Phase und damit für rheologische Eigenschaften.<br />

Die Wasserbindung durch die Teiginhaltsstoffe beruht prinzipiell auf dem Dipolcharakter des<br />

Wassermoleküls sowie dem vorhanden sein von funktionellen Gruppen und ist von<br />

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zahlreichen weiteren Faktoren wie Molekülgröße, Konformation und Vernetzung <strong>der</strong><br />

Biopolymeren, Gelbildung, Ionen, pH- Wert und Temperatur abhängig.<br />

Die Wasserbindung hat Einfluß auf die technologisch erreichbare Teigausbeute, die durch die<br />

Mehlbeschaffenheit und die Rezepturbestandteile beeinflußt wird.<br />

Die Teigausbeute wird u.a. durch Zusatz von Quellstärken o<strong>der</strong> pflanzlichen<br />

Proteinpräparaten erhöht, durch Zusatz von Fett, Saccharose o<strong>der</strong> Stärke gesenkt.<br />

1.4.3. Funktionelle Bedeutung <strong>der</strong> Proteine<br />

1.4.3.1 Funktionelle Eigenschaften von pflanzlichen Proteinen<br />

Die Gewinnung von Proteinpräparaten z. B. aus Ölsaaten und Leguminosen und <strong>der</strong>en<br />

Verarbeitung in Lebensmitteln verlangt die Kenntnis ihrer funktionellen Eigenschaften im<br />

Lebensmittelsystem.<br />

Bei Sojaproteinen sind folgende funktionellen Merkmale von Bedeutung (Kinsella 1979):<br />

- Wechselwirkung mit Wasser<br />

Benetzbarkeit, Quellung, Wasserbindung, Löslichkeit, Gelbildung,<br />

- Oberflächeneigenschaften,<br />

Emulgiereigenschaften, Schaumbildung, Filmbildung, Bindung von Lipiden bzw.<br />

Aromastoffen (Hydrophobizität),<br />

- strukturbildende bzw. rheologische Eigenschaften,<br />

Viskosität, Elastizität, Adhäsivität, Kohäsivität, Teigbildung, Klebrigkeit, Faserbildung,<br />

Extrudierbarkeit, Koagulierbarkeit,<br />

- sensorische Eigenschaften<br />

Farbe, Geruch (Flavor), Textur (Mundgefühl, Kaubarkeit u.a.).<br />

Zu den Faktoren, die die funktionellen Eigenschaften <strong>der</strong> Proteine bestimmen, gehören<br />

a) molekulare Merkmale <strong>der</strong> Proteine<br />

- Aminosäuresquenz (Primärstruktur)<br />

- funktionelle Gruppen,<br />

- Molekülstruktur (Sekundär. und Tertiärstruktur) (Länge <strong>der</strong> Peptidketten,<br />

Disulfidbindungen, Proteinbausteine, Einheitlichkeit des Proteins),<br />

- Ordnungszustand (Quartärstruktur, Konformation, Assoziation)<br />

b) Prozeß – und Milieufaktoren<br />

ph – wert, Ionenstärke, thermische Belastung, Lagerung, chemische o<strong>der</strong> physikalische<br />

Modifizierung, Wasser, Kohlenhydrate, Lipide, Salze u.a.<br />

1.4.3.2. Möglichkeiten <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung funktioneller Eigenschaften von Proteinen<br />

Verän<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten sind bei den Proteinen am vielseitigsten gegeben. Sie betreffen<br />

a) Temperatur und pH-Wirkung<br />

Denaturierungen führen zu Konformationsän<strong>der</strong>ungen, evtl. mit Exponierung<br />

hydrophober Reste an <strong>der</strong> Moleküloberfläche. Es kann Auswirkungen auf die Löslichkeit,<br />

Wasser – und Fettbindung sowie die Schaumbildung geben, in Abhängigkeitvon <strong>der</strong> Natur<br />

<strong>der</strong> Proteine.<br />

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b) chemische und enzymatische Hydrolyse<br />

Ein partieller Proteinabbau führt zu Konformationsän<strong>der</strong>ungen und leichterer<br />

Zugänglichkeit funktioneller Gruppen. Es sind Auswirkungen z.B. hinsichtlich Quellbarkeit,<br />

Löslichkeit, Viskosität, Schaumbildung, Bildung von Aromavorstufen zu erwarten.<br />

c) Einwirkung auf SH- und SS - Gruppen<br />

Diese Möglichkeit hat große Bedeutung für die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> rheologischen<br />

Eigenschaften des Glutens.<br />

Reduktionsmittel, z.B. Cystein, senken, Oxydationsmittel, z.B. Kaliumromat, erhöhen die<br />

Viskosität bzw. Konsistenz.<br />

Durch Blockierung des SH/SS – Austausches ergeben sich ähnliche Effekte wie durch<br />

Oxydationsmittel. SH- blockierende Substanzen sind Acryamid, N- Ethylmaleinimid ,<br />

Jodacetamid (Verbindungen mit reaktiver Doppelbindung bzw. aktivem Halogen, aber ohne<br />

technologische Bedeutung).<br />

Über die SH – und SS – Gruppen kann z.B. auch die Gelbildung beeinflußt werden (z.B.<br />

Sojaproteinen).<br />

c) gezielte Wechselwirkung mit Neutralsalzeno<strong>der</strong> Komplexbildnern<br />

Es kommt zur Beeinflussung <strong>der</strong> Löslichkeitseigenschaften, Kationen und Anionen<br />

unterscheiden sich im Aussalz –bzw. Einsalzeffekt; es kann zu irreversiblen<br />

Konfirmationsumwandlungen kommen.<br />

Die Wechselwirkungen mit Polyaionen ( Carboxymethylcellulose, Alginat)haben<br />

elektrostatischen Charakter. Es kann zu unlöslichen Komplexen kommen, die z.B. bei <strong>der</strong><br />

Strukturierung von Proteinen Bedeutung haben.<br />

d) chemische Modifizierung (neben b) und c))<br />

Relevante Beispiele sind :<br />

- Acetylierung als Blockierung von Aminogruppen und Einführung von Carboxylgruppen,<br />

- Veresterung als Blockierung von Carboxylgruppen,<br />

- Vernetzung mit bifunktionellen Reagentienen, z.B. Dialdehydstärke mit Abnahme <strong>der</strong> Ly-<br />

, Arg – und His – Reste,<br />

- Desamidierung mit Freisetzung von Carboxylgruppen. Auswwirkungen : Erhöhung des<br />

polaren Charakters, Verreingerung <strong>der</strong> H – Brücken – bindungen, Zunahme <strong>der</strong><br />

Löslichkeit, Verringerung <strong>der</strong> Viskosität, Beeinflussung <strong>der</strong> Wasserbindung,<br />

- unerwünschte Modifizierungen, die sich durch Maillardreaktionen o<strong>der</strong> starke<br />

Alkalibehandlung von Proteinen ergeben.<br />

1.4.3.3 Funktionalität <strong>der</strong> Glutenproteine<br />

Die Backeigenschaft ist primär eine Art – und Sorteneigenschaft. Diese unterliegt jedoch<br />

Einflüssen von Anbau (Standort, Düngung, Klima), Ernte, Lagerung und Verarbeitung.<br />

Die Speicherproteine des Weizens haben dabei eine tragende Funktion. Die<br />

Qualitätseinstufung von Backweizen orientiert sich z.B. am Proteingehalt und<br />

Sedimentationswert (Zeleny – Test) o<strong>der</strong> am Gehalt und den Eigenschaften des<br />

Feuchtglutens.<br />

Die Glutenproteine sind von Bedeutung für die Viskosität, Elastizität und Dehnbarkeit des<br />

Teiges. Durch rheologische Untersuchungen am Teig, z.B: mittels Farinograph (Bild 1.3. und<br />

1.4), erhält man Meßwerte, die in Beziehung zu den Verarbeitungseigenschaften stehen.<br />

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A•B Teigentwicklungszeit<br />

B•C Teigstabilität<br />

A•C Resistenz des Teiges<br />

500 FE Normalkonsistenz des Teiges, Versuchstemperatur 20 °C<br />

FE Farinographeneinheit<br />

Bild 1.3 Typische Kurve eines Farinogramms<br />

Bild 1.4 a<br />

Bild 1.4 b<br />

Wasseraufnahme 61,9 % 55,0 %<br />

Teigresistenz 8,0 Min 0,5 Min<br />

Teigerweichung 40 FE 140 FE<br />

Bild 1.4 Farinogramm eines glutenreichen (a) und eines glutenschwachen (b)<br />

Weizenmehles<br />

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An Hand <strong>der</strong> Volumenausbeute (ml Gebäck/100g Mehl) eines Backversuches ist ebenfalls<br />

eine weitgehend auf die Proteine orientierte Bewertung des Backverhaltens möglich.<br />

Durch Zumischen von Weizen von gutem Backverhalten kann man das Backverhalten einer<br />

schlechten Sorte verbessern. Dieser „Aufmischeffekt“ hängt im wesentlichen von <strong>der</strong><br />

Weizensorte und damit <strong>der</strong>en genetisch fixierten Merkmalen <strong>der</strong> Inhaltsstoffe ab.<br />

Die Tabelle 1.5 zeigt die Verän<strong>der</strong>ung des Verarbeitungswertes von Weizenbrotmehl in<br />

Abhängigkeit von <strong>der</strong> Weizenqualität. Die Mehlproben wurden aus Weichweizen( Rohprotein<br />

10,0% i.T.) und Hartweizen (RP 15,0%) gewonnen und anteilig vermischt.<br />

Mit steigendem Proteingehalt (Hartweizenanteil: Rohprotein 15,0% i.T.) ergibt sich<br />

- eine Zunahme <strong>der</strong> Wasseraufnahme (Prüfung im Farinographen),<br />

- eine Zunahme <strong>der</strong> Teigerweichung beim Kneten bei gleichzeitiger Zunahme <strong>der</strong><br />

Teigresistenz und Farinogrammzahl<br />

- eine Verbesserung <strong>der</strong> Dehnungseigenschaften des entwickelten Teiges, angezeigt durch<br />

die Energiewerte (Fläche des Extensogrammes) sowie die Verhältniszahl<br />

(Dehnwi<strong>der</strong>stand/Dehnbarkeit bei Prüfung im Extensographen),<br />

- eine Zunahme von Teig – und Gebäckausbeute sowie des Gebäckvolumens (Standard –<br />

Backversuch).<br />

Tabelle 1.5 Verän<strong>der</strong>ung des Verarbeitungswertes von Weizenmehl in Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Weizenqualität( Zimmerman 1976)<br />

Art <strong>der</strong> Prüfung Rohprotein, %i.T. <strong>der</strong> Mehle<br />

aus Weichweizen<br />

10,0<br />

Mischung<br />

12,5<br />

a) Prüfung mit Farinograph<br />

Wasseraufnahme bei<br />

500 FE (%)<br />

Teigresistenz<br />

60,5<br />

1,0<br />

63,5<br />

3,5<br />

aus Hartweizen<br />

15,0<br />

66,5<br />

6,0<br />

Teigerweichung nach<br />

15 Min. Kneten (FE)<br />

150<br />

100<br />

60<br />

b) Prüfung mit Extensograph<br />

Fläche (cm²)<br />

Verhältniszahl<br />

45<br />

0,8<br />

85<br />

1,7<br />

125<br />

3,0<br />

c) Backversuch<br />

Teigausbeute (%)<br />

Gebäckausbeute (%)<br />

Gebäckvolumen (ml)<br />

148,5<br />

147,0<br />

835<br />

151,5<br />

150,0<br />

900<br />

154,0<br />

153,5<br />

965<br />

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a größere Glutelin – Subeinheiten ( Molmasse > 70000)<br />

b kleinere Glutelin – Subeinheiten Molmasse < 70000)<br />

c nichtkovalente Bindungskräfte<br />

Bild 1.5 Modell des Weizenglutelins ( Khan und Bushuk,1979)<br />

Damit die Teigentwicklung und die Ausbildung einer auf dem Glutennetzwerk beruhende<br />

Teigphase möglich wird, nachdem sich die Stärkekörner mit ihrer erheblichen Oberfläche in<br />

das Netzwerk einlagern, ist ein minimaler Proteingehalt des Mehles von etwa 7,5%<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Als funktionell bedeutsame Merkmale <strong>der</strong> glutenbildenden Proteine sind in Betracht zu<br />

ziehen:<br />

- die unlöslichkeit in Wasser,<br />

- die hohe relative Molekülmasse <strong>der</strong> Gluteline ( über 200 000 bis mehreren Millionen ),<br />

- die begrenzte Helixbildung wegen hohen Proteingehaltes (15 bis 30% Prolin),<br />

- <strong>der</strong> hohe Gehalt an Glutaminsäure und Amidgruppen (38 bis 45 % Glutaminsäure,<br />

Amidierungsgrad ca. 85 %),<br />

- <strong>der</strong> hohe Gehalt an Aminosäuren mit hydrphoben Resten ( ca. 35 %, Tabelle 1.6),<br />

- die Verknüpfung mehrerer Peptidketten durch Disulfidbrücken (s. Bild 1.5),<br />

- die unterschiedlich reaktiven Disulfidbindungen und Sulfhydrylgruppen,<br />

- <strong>der</strong> Gehalt an Glycoproteinen,<br />

- die Wechselwirkungen mit Lipiden des Mehles,<br />

- <strong>der</strong> Purothioningehalt.<br />

An<strong>der</strong>e Getreidearten sind für die Glutenbildung wichtigen Merkmale <strong>der</strong> beteiligten Proteine<br />

mit Weizen nicht vergleichbar.<br />

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Tabelle 1.6<br />

Aminosäuren im Weizengluten mit ausgeprägten hydrphoben Resten<br />

Prolin 11,5<br />

Leucin 6,3<br />

Phenylalanin 4,7<br />

Valin 3,6<br />

Isoleucin 3,5<br />

Tryosin 3,3<br />

Lysin 1,5<br />

34,4 g<br />

g Aminosäuren / g Glutenprotein<br />

Nachgewiesene o<strong>der</strong> vermutete Beziehungen zwischen dem Backverhalten eines<br />

Weizenmehles und dessen Glutenproteinen:<br />

- hoher Rohproteingehalt mit hohem Quellvolumen des Mehles in Milchsäurelösung<br />

(Sedimentationswert)<br />

- hoher Gehalt <strong>der</strong> Glutenproteine an Amidgruppen und Gebäckvolumen,<br />

- hydrophobe Wechselwirkungen <strong>der</strong> Gluteline auf Grund relativ hohen Anteils an<br />

Aminosäuren mit hydrophoben Resten,<br />

- positive Wirkung <strong>der</strong> in verdünnter Essigsäure unlöslichen Fraktion des Glutens,<br />

- Sortenunterschiede im Bereich höherer Molmassen (Molmassenverteilung ) <strong>der</strong><br />

reduzierten Glutenproteine,<br />

- starke Viskositäts – bzw. Löslichkeitsunterschiede von Gluten aus verschiedenen<br />

Weizensorten in stark dissoziierenden Medien ( wie Harnstoff, Essigsäure,<br />

Zetyltrimethylammoniumbromid , Natriumdodecylsulfat, Natriumstearat),<br />

- Beteiligung von Lipoproteiden an <strong>der</strong> Glutenbildung, Anteil an polaren Lipiden, Anteil<br />

und Festigkeit <strong>der</strong> gebundenen Lipide,<br />

- Gehalt an rheologisch wirksamen SH- und SS – Gruppen bzw. SS/SH – Verhältnis,<br />

- Unterschiede in <strong>der</strong> Reduktionsdynamik <strong>der</strong> SS – Gruppen.<br />

1.4.4. Funktionelle Bedeutung <strong>der</strong> Polysaccharide<br />

1.4.4.1.Funktionelle Eigenschaften von pflanzlichen Polysacchariden<br />

Cellulose, Amylose und Amylopektin sind die bedeutendsten Polysaccharide überhaupt,<br />

daneben sind zahlreiche weitere Polysaccharidtypen von grundsätzlicher und praktischer<br />

Bedeutung. Zu ihnen gehören z.B. die Pentosane, Pektine, Alginate, Carrageenane, beta –<br />

Glucane und beta – Fructosane . Hierbei sind gegenüber den Vorgenannten Unterschiede z.B.<br />

in den Bausteinen, in <strong>der</strong> glycosidischen Verknüpfung, dem Strukturtyp vorhanden, die sich<br />

in <strong>der</strong>en funktionellen Eigenschaftenausdrücken.<br />

Von den grundlegenden funktionellen Eigenschaften bei Polysacchariden interessieren<br />

beson<strong>der</strong>s<br />

- das Wasserbindungsvermögen (z.B. <strong>der</strong> Pentosane),<br />

- das rheologische Verhalten,<br />

- das Gelbildungsvermögen,<br />

15


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- die Bindung von Lipiden und Aromastoffen (z.B. durch Amylose),<br />

- die Resorbierbarkeit ( Ballaststoff – Funktion , z.B. v. Cellulose).<br />

Es besteht Ähnlichkeit mit den funktionellen Merkmalen pflanzlicher Proteine.<br />

Zu den molekularen Merkmalen <strong>der</strong> Polysaccharide gehören:<br />

Art <strong>der</strong> molekularen Bausteine:<br />

- Hexosen, Pentosen, Uronsäuren,<br />

- Konfiguration,<br />

- Konformation des Ringes<br />

funktionelle Gruppen<br />

- Art, z.B. Carboxyl - ,Sulfatester - , Phosphatester - ,Hydroxyl – Methylestergruppen,<br />

- Lokalisation,<br />

- Substitutionsgrad,<br />

Aufbau <strong>der</strong> zusammengesetzten Polysaccharide<br />

- Anteil und Verteilung <strong>der</strong> Bausteine,<br />

- Art <strong>der</strong> glycosidischen Bindung,<br />

- Strukturtyp / Verzweigungsgrad,<br />

- Polymerisationsgrad,<br />

Konfirmation<br />

z.B. Knäuel, alpha – Helix, Doppelhelix, Bän<strong>der</strong>, Netzwerke.<br />

Von großer funktioneller Bedeutung sind die Stärke – und Pentosan- Polysaccharide. Dies<br />

ergibt sich u. a. aus ihrem Masseanteil und ihrer Rolle für die Wasserbindung und<br />

Teigstruktur.<br />

1.4.4.2.Funktionalität <strong>der</strong> Stärkekörner<br />

Damit ein Teig mit seinen charakteristischen Eigenschaften entstehen kann, sind<br />

unverkleisterte Stärkekörner erfor<strong>der</strong>lich; diese sind im Teig als spezielle Füllstoffe zu<br />

betrachten. Auf Grund ihrer Eigenschaft, beim Backen des Teiges zu verkleistern, sind sie für<br />

ein normales Backverhalten notwendig.<br />

Die Stärkemenge hat Einfluß auf die Teigeigenschaften. Ein erhöhter Stärkegehalt im Teig<br />

erniedrigt dessen Dehnbarkeit, ein verstärkter Abbau beschädigter, gequollener Stärkekörner<br />

im Teig führt zur Freisetzung von Wasser, wodurch eine Teigerweichung bewirkt wird.<br />

Die Verkleisterungseigenschjaften des Mehles bzw. <strong>der</strong> Stärke sind deshalb zu beachten. Zur<br />

Beurteilung dienen viskosimetrische Methoden, wie Fallzahl – Bestimmung, Penetrometer –<br />

Bestimmung, Amylogramm nach Braben<strong>der</strong>.<br />

Bei <strong>der</strong> Brotherstellung sind u.a. die folgenden Eigenschaften <strong>der</strong> Stärke von funktioneller<br />

Bedeutung:<br />

- Wasserbinduing im Teig und in <strong>der</strong> Krume,<br />

- rheologisches Verhalten,<br />

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- Quellung und Verkleisterung beim Backen,<br />

- Substrat für die Bildung von Maltose (als eine Voraussetzung für die biologische<br />

Lockerung),<br />

- Beitrag zur Textur <strong>der</strong> Gebäckkrume und Kruste,<br />

- Gelbildung und Retrogradation,<br />

- Wechselwirkung mit Lipiden und Aromastoffen,<br />

- Substrat für die Bildung von Aromastoffen und Bräunungsprodukten.<br />

Für das Verhalten <strong>der</strong> Stärke im Mehl sind von Bedeutung:<br />

- Reifegrad des Getreides,<br />

- Härte <strong>der</strong> Bruchstücke des Mehlkörpers,<br />

- Verkittung <strong>der</strong> Stärkekörner mit Protein,<br />

- Auflösungsgrad des Mehles,<br />

- Korngrößen <strong>der</strong> Stärkekörner,<br />

- enzymatische und mechanische Beschädigung,<br />

- Stärkekornoberfläche,<br />

- Quellfähigkeit und Wasserbindevermögen,<br />

- enzymatische Angreifbarkeit,<br />

- Temperaturbereich <strong>der</strong> Verkleisterung ( z. B. 328 K bis 338 K bei Weizenstärke, 325 bis<br />

332 K bei Roggenstärke).<br />

Die Eigenschaften <strong>der</strong> Stärkekörner und die funktionell bedeutsamen Unterschiede <strong>der</strong> Arten<br />

und Sorten werden bestimmt durch die chemische Zusammensetzung und die physikalischen<br />

Beschaffenheit.<br />

Die Stärke <strong>der</strong> verschiedenen Getreidearten wirken sich unterschiedlich auf das<br />

Backverhalten aus.<br />

Die Fähigkeit zur Quellung und Verkleisterung <strong>der</strong> Stärkekörner ist <strong>der</strong>en wichtigste<br />

Eigenschaft bei <strong>der</strong> Herstellung von Backwaren und Nähmitteln. Verkleisterung <strong>der</strong><br />

Stärkekörner und Funktionalität von Amylose und Amylopektin in Teig und Krume werden<br />

von zahlreichen Faktoren beeinflußt. Beim Backen ( o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Formen einer<br />

hydrothermischen Behandlung) ist das Wasserangebot begrenzt, und die Verkleisterung<br />

erreicht verschiedene Stadien. Sie reichen von Stärkegelen mit intakten, wenig gequollenen<br />

Stärkekörnern, wobei die Amylose die Körner verbindet, bis zu Stärkegelen mit stark<br />

geqwuollenen bruchstücken von Stärkekörnern, die durch Amylose zu einem kontinuierlichen<br />

Netzwerk verbunden werden, wobei das Wasser überwiegend durch das Amylopektin in den<br />

Stärkekörnerbruchstücken gebunden wird.<br />

Einflußfaktoren auf Quellung, Verkleisterung und rheologische Eigenschaften von Stärke:<br />

a) botanische Herkunft, z.B.<br />

- Verhältnis von Amylose zu Amylopektin und Verteilung im Stärkekorn,<br />

- relative Molekülmassen,<br />

- Gehalt an Phoshatgruppen und Lipiden, z.B. Lysolecithin, das leicht und fest mit Amylose<br />

eine Einschlußverbindung eingeht,<br />

- Korngröße, Kristallinität ( Anordnung <strong>der</strong> Polymere, Menge, und Verteilung, kristalliner<br />

Bereich bzw. Assoziationszustand im Stärkekorn, abhängig von <strong>der</strong> Temperatur beim<br />

Wachstum <strong>der</strong> Pflanze),<br />

b) Vorgeschichte, z.B.<br />

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- Reifung und Trocknung des Getreides,<br />

- enzymatische o<strong>der</strong> mechanische Beschädigung (Modifizierung),<br />

- chemische o<strong>der</strong> hydrothermische Behandlung.<br />

Funktionell bedeutsame Merkmale <strong>der</strong> Amylose:<br />

- alpha – 1,4 – glycosidische Verknüpfung <strong>der</strong> Glucose,<br />

- Linearität <strong>der</strong> Kette,<br />

- C 1 – Konformation des Pyranoseringes ( Sesselform: von 6 theoretisch möglichen<br />

Konformationen die energetisch günstigste), die OH – Gruppe am C 1 – Atom ist axial, alle<br />

an<strong>der</strong>en OH- Gruppen sind äquatorial angeordnet,<br />

- relative Molekülmasse : 1,1 bis 1,9 Millionen,<br />

- Löslichkeit in heißem Wasser,<br />

- Verhalten in verdünnter wäßriger Lösung wie statistisches Knäuel; mit <strong>der</strong> • –<br />

glycosidischen Bindung ist Amylose ein isotaktisches Polymer mit gebogenen und damit<br />

zur Spiralisierung neigenden Kette (Bild 1.6),<br />

- Bildung intermolekularer schwerlöslicher Assoziate ( Bild 1.7),<br />

- Helixbildung mit Windungsabstand von 8 A 1) ( 6 bis 7 Anhydroseglucoseeinheiten<br />

(AGE)),<br />

- Einschluß von Lipiden und an<strong>der</strong>en Molekülen geeigneter Größe und Struktur in <strong>der</strong><br />

Helix.<br />

Bild 1. 6<br />

Modelle für Amylose in wäßriger Lösung<br />

a) statistisches Knäuel<br />

b) unterbrochene Helix<br />

c) deformierte Helix<br />

Gesichert sind die Helixstrukturen <strong>der</strong> Amylosekomplexe z.B. mit Jod, Butano, Lipiden.<br />

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Bild 1.7 Micellbildung <strong>der</strong> Amylose<br />

Funktionell bedeutsame Merkmale des Amylopektins:<br />

- alpha – 1,4- und alpha –1,6- glycosidische (4 bis 5% heterogen verteilt) Verknüpfung <strong>der</strong><br />

Glucose. Es wir angenommen, daß in neutralen wäßrigen Lösungen die AGE mit freier<br />

OH-Gruppe am C6 – Atom ebenfalls in <strong>der</strong> C1 – Konformation vorliegen. Bereiche mit<br />

vielen Verzweigungsstellen wechseln mit längeren linearen Abschnitten ab.<br />

- starke Verzweigung <strong>der</strong> Kettenabschnitte,<br />

- mittlere Kettenlänge (als nicht unterbrochene Folge von alpha –1,4-Bindungen) 20 bis 27<br />

AGE.<br />

- drei Typen von Kettenabschnitten:<br />

Typ I (äußere Ketten : mittlere Länge 11 bis 15 AGE): zwischen nicht reduzierenden<br />

Endgruppen und <strong>der</strong> nächsten • – 1,6-Bindung,<br />

Typ II: zwischen zwei benachbarten • – 1,6 – Bindungen,<br />

Typ III: zwischen reduzierten Endgruppen und <strong>der</strong> nächsten •-1,6-Bindung.<br />

Abschnitte von Typ II und III werden als innere Ketten bezeichnet (mittlere Länge 5...<br />

9AGE).<br />

- Verzuckerungsgrenze bei Abbau nativen Amylopektins mittels beta – Amylase bei 50 bis<br />

60%,<br />

- relative Molekülmasse 10 bis 200 Mill.<br />

- starke Quellung in heißem Wasser,<br />

- keine Assoziation in verdünnter wäßriger Lösung,<br />

- Doppelhelixformen innerer benachbarter Kettenbereiche (=kristalliner Anteil) mit<br />

Windungsabstand von 21 A,<br />

- Komplexbildung mit Jod durch lange Kettenabschnitte mit AGE • 20.<br />

Assoziation und Gelbildung <strong>der</strong> gequollenen und verkleisterten Stärke/Wassersysteme<br />

Die Abkühlung führt in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Stärkekonzentration und an<strong>der</strong>en Faktoren zu<br />

einer Paste o<strong>der</strong> einem Gel. Das Gel kann weiterhin auch unter Wasseraustritt (Synärese )<br />

schrumpfen.<br />

Kristallisation <strong>der</strong> Stärkepolysaccharide:<br />

Die dispergierten Polysaccharidmoleküle kommen wahrscheinlich durch zufällige Knäuelung<br />

u.ä. in Kontakt, wobei Wasserstoffbrücken ausgebildet werden. Die Kettenabschnitte nähern<br />

sich und die Kontakte nehmen zu. Dabei hat die Amylose auf Grund ihrer Struktur die<br />

günstigeren Voraussetzungen; die Assoziation kann über die gesamte Segmentlänge<br />

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stattfinden und hohe Wechselwirkungen entfalten. Es werden also auch hydratisierte Bereiche<br />

<strong>der</strong> Kette einbezogen, die gebundenes Wasser abgeben. Es entstehen in Wasser schwer<br />

lösliche Komplexe.<br />

Die Assoziation ist für das Verhalten von Stärke in Lebensmittel von grundlegen<strong>der</strong><br />

Bedeutung. Sie wird z.B. geför<strong>der</strong>t durch Erhöhung <strong>der</strong> Amylose – Konzentration,<br />

Temperatursenkung, das Hydratationswasser bindende Substanzen, einen pH – Wert von 7,0.<br />

Vier Strukturbildner <strong>der</strong> Stärkegele.<br />

1. Amylose – Amylopektin- Mischgele mit einem dreidimensionalen Netzwerk, in welchem<br />

das Wasser eingeschlossen ist. Sie erhält man nach Homogenisierung einer gekochten<br />

Stärkelösung. Stärkekornfragmente sind nicht mehr erkennbar.<br />

Bei den folgenden Typen ( 2 bis 4 ) bleibt die Verkleisterung in unterschiedlichen Stadien<br />

stehen. Sie sind hinsichtlich Wasserbindung und Konsistenz relativ instabil und schlecht<br />

reproduzierbar.<br />

2. Gele mit hochgequollenen Bruchstücken von Stärkekörnern, die durch Amylose zu einem<br />

kontinuierlichen Netzwerk verbunden werden. Das Wasser wird überwiegend durch das<br />

Amylopektin in den Kornbruchstücken gebunden.<br />

3. Gele mit stark gequollenen, intakten Stärkekörnern, die durch eine sehr begrenzte Menge<br />

Amylose zu einem kontinuierlichen Netzwerk verbunden werden und in Wasser<br />

immobilisieren.<br />

4. Gele mit intakten, wenig gequollenen Stärkekörnern; die Amylose bindet das Wasser und<br />

verbindet die Körner zu einem kontinuierlichen Netzwerk.<br />

1.4.4.3.Funktionalität <strong>der</strong> Pentosane<br />

Dazu gehören:<br />

- hohes Wasserbindevermögen ( bei ca. 0,3 bis 0,5% Pentosangehalt im Teig binden sie ca.<br />

20% des Wassers)<br />

- hohe Viskosität in wäßriger Lösung,<br />

- Viskositätszunahme bis zur Gelbildung nach Einwirkung eines Oxydationsmittels, z.B.<br />

O 2 ,<br />

- Beeinflussung <strong>der</strong> Stärkeverkleisterung ( wegen starker und hoher Wasserbindung),<br />

- Verbesserung des Backverhaltens (z.B. durch Verbesserung <strong>der</strong> Gashaltung auf Grund<br />

ihrer rheologischen Eigenschaften),<br />

- Verzögerung <strong>der</strong> Krumenalterung ( Störung <strong>der</strong> Retrogradation bzw. Rekristallisation des<br />

Stärkegels),<br />

- Ballaststoffunktionen.<br />

1.4.5. Funktionelle Bedeutung <strong>der</strong> Lipide<br />

1.4.5.1.Funktionelle Eigenschaften von Lipiden<br />

Die Lipide erfüllen in Lebensmitteln und bei <strong>der</strong>en Herstellung im Unterschied zu den<br />

Biopolymeren auf Grund ihrer an<strong>der</strong>sartigen chemischen Aufbaus an<strong>der</strong>e Funktionen. Es<br />

bestehen Unterschiede zwischen den Triglyceriden und den zusammengesetzten Lipiden, weil<br />

20


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letztere neben den hydrophoben auch hydrophile Eigenschaften besitzen. Zusammengesetzte<br />

Lipide treten in <strong>der</strong> Natur als Membranbestandteile mit beson<strong>der</strong>er funktioneller Bedeutung<br />

auf.<br />

Als funktionelle Eigenschaften interessieren beson<strong>der</strong>s:<br />

- das Kristallisations – Schmelzverhalten ( z.B. Schmelzpunkt,Schmelzbereich)<br />

- das rheologische Verhalten (z.B. Plastizität, Streichfähigkeit),<br />

- die Emulgierbarkeit ( Bildung und Stabilität von Triglycerid – Emulsionen),<br />

- die Reaktivität (hinsichtlich Autoxydation, Lipolyse, thermischer Zersetzung, die<br />

Haltbarkeit betreffend),<br />

- Wechselwirkungseigenschaften ( Bindung an Amylose bzw. Proteine),<br />

- das Schaumbildungsvermögen,<br />

- das Phasenverhalten.<br />

Zu den molekularen Merkmalen gehören:<br />

- Art, Anteil, Verteilung <strong>der</strong> Fettsäuren ( Anteil und Art <strong>der</strong> ungesättigten Fettsäuren, cis –<br />

trans – Isometrie),<br />

- Verteilung <strong>der</strong> Fettsäuren auf die Glyceride,<br />

- Position und räumliche Anordnung <strong>der</strong> Fettsäuren im Glycerid,<br />

- Mono -, Di – o<strong>der</strong> Triglyceride,<br />

- an<strong>der</strong>e Bausteine neben Fettsäuren und Glycerol; als polare bzw. polarisierte Gruppen als<br />

Bestandteile von Nicht – Lipid – Bausteinen (Phosphorsäure, Cholin, Galactose).<br />

Die quantitativen Zusammenhänge zwischen den molekularen Merkmalen eines Lipides (<br />

meistens ein Gemisch von Verbindungen) und dessen funktionellen Eigenschaften sind bisher<br />

nur lückenhaft bekannt. Als Beispiel sind in Tabelle 1.7 die Schmelzpunkte von Fettsäuren<br />

zusammengestellt.<br />

Tabelle 1.7<br />

Merkmalen<br />

Abhängigkeit des Schmelzpunktes (FP) <strong>der</strong> Fettsäuren von molekularen<br />

Fettsäuren FP °C<br />

- Kettenlänge<br />

Buttersäure (Butansäure) - 4,7<br />

Stearinsäure (Octedecansäure) 69,4<br />

Arachinsäure (Eicosansäure) 75,4<br />

- Sättigungsgrad<br />

Ölsäure (Z-9- Octadecansäure) 14<br />

Linolsäure (Z-9,12-Octadecadiensäure) -5<br />

Linolensäure (Z-9,12,15-Octadecatriensäure) -11<br />

- cis/trans – Isomerie<br />

Ölsäure (Z-9-Octadecansäure) 14<br />

Elaidinsäure (E-9-Octadecensäure) 44,5<br />

21


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1.4.5.2.Funktionalität <strong>der</strong> Mehllipide und zugesetzter Emulgatoren<br />

Trotz ihres geringen Anteils von 1 bis 2 % haben die Lipide des Weizenmehles eine große<br />

Wirkung auf das Backverhalten.<br />

Eine Abtrennung <strong>der</strong> Lipide führt zu starker Beeinträchtigung <strong>der</strong> Gashaltung und<br />

Gebäckqualität.<br />

Durch Rekonstitution können die ursprünglichen Eigenschaften des Mehles weitgehend<br />

wie<strong>der</strong>hergestellt werden. Durch Zusätze spezifischer synthetischer polarer Lipide sowie von<br />

Backfetten mit hochschmelzenden Anteilen (z.B. shortenings) kann das Backverhalten<br />

verbessert werden.<br />

Von funktioneller Bedeutung ist beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Gehalt an Phosph – und Glycolipiden, <strong>der</strong><br />

Gehalt an ungesättigten Fettsäuren sowie <strong>der</strong> Festfettanteil bei den Temperaturen <strong>der</strong><br />

Teigreifung bzw. – gare.<br />

Auf die Gebäckherstellung bezogen , beeinflussen die Mehllipide bzw. speziellen Backfette<br />

(Shortenings) insbeson<strong>der</strong>e<br />

- die Wasseraufnahme,<br />

- die Teigeigenschaften beim Kneten und Verarbeiten,<br />

- die Gasbildung,<br />

- die Gashaltung und Teigdehnbarkeit,<br />

- die Porenbildung und das Gebäckvolumen,<br />

- die Textur <strong>der</strong> Krume.<br />

Es gibt Bezieheungen zur Klebrigkeit <strong>der</strong> Teige, zu den Aromastoffen im Brot (Lösungsmittel<br />

?), zur Weichhaltung <strong>der</strong> Krume und zur Sensorik (Oxydationsanfälligkeit).<br />

Die Wirkung <strong>der</strong> Lipide im Teig und Gebäck beruht hauptsächlich auf <strong>der</strong>en<br />

Wechselwirkungen mit mit Stärke und Proteinen.<br />

Relativ unspezifisch ist die Wirkung <strong>der</strong> nichtpolaren Lipide. Sie erfor<strong>der</strong>t im Vergleich mit<br />

den polaren Lipiden höhere Konzentrationen <strong>der</strong> Lipide im Teig. Die Lipide verbessern die<br />

Verarbeitungseigenschaften des Teiges und die Qualität des Gebäckes. Der Festfettanteil<br />

während <strong>der</strong> Teigreifung und Lockerung hat eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung.<br />

Die polaren Lipide wirken u.a. im Teig emulgierend , indem sie bei <strong>der</strong> Teigbereitung die<br />

Verteilung von Fetten beschleunigen und verbessern.<br />

Charakteristisch und funktionell bedeutsam für Lipide des Emulgatortypes ist das Verhalten<br />

an Grenzflächen (s. Bild 1.8 und 1.9).<br />

Durch das Vorhandensein von lipophilen und hydrophilen Bereichen im Molekül richten sich<br />

die Moleküle z. B. leicht an einer Grenzfläche wie Öl/Wasser aus , bilden einen<br />

Grenzflächenfilm und erniedrigen die Grenzflächenspannung zwischen beiden Phasen. Es<br />

ergeben sich u.a. Auswirkungen auf die Beweglichkeit <strong>der</strong> Phasen im Teig sowie die<br />

Gasdurchlässigkeit <strong>der</strong> Membranen im Teig und <strong>der</strong>en Oberflächenspannung.<br />

22


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Bild 1.8 Physikalisches Verhalten oberflächenaktiver Stoffe (Sonntag 1977)<br />

Die Wirkung <strong>der</strong> Emulgatoren im Teig ist beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Wechselwirkung a) mit Stärke und<br />

b) mit Proteinen zu sehen.<br />

Bild 1.9 Phasenverhalten oberflächenaktiver Stoffe (Greene 1975)<br />

a) Die Wechselwirkungen <strong>der</strong> Lipide mit Stärke beginnt bei <strong>der</strong> Verkleisterung und besteht<br />

in<br />

- Adsorption von Lipiden an <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong> Stärkekörner,<br />

- Behin<strong>der</strong>ung des Wasserzuganges zu den Stärkekörnern sowie des Austritts von Amylose<br />

aus den verkleisterten Körnern (Verzögerung <strong>der</strong> Quellung),<br />

- Schwächung <strong>der</strong> Nebenvalenzbindungen zwischen den verkleisterten Stärkekörnern,<br />

- Bildung von Einschlußverbindungen mit <strong>der</strong> Amylose (Bild 1.10).<br />

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Folge <strong>der</strong>artiger Wechselwirkungen ist eine Stabilisierung <strong>der</strong> gequollenen Körner, Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Verkleisterungstemperatur und des Viskositätsmaximums (vgl. Bild 1.11).<br />

3 Windungen je Staerinsäure - Kette<br />

• Wasserstoffatome <strong>der</strong> Kohlenwasserstoffkette<br />

Bild 1.10 Schematische Darstellung des Amylosehelixmonostearat-<br />

Komplexes (Calson u.a. 1979)<br />

Bild 1.11 Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verkleisterungscharakteristik von Weizenstärke ( 80 %ig) durch<br />

Monoglycerid<br />

Die Komplexbildung <strong>der</strong> Amylose mit Lipiden hängt u.a. spezifisch ab von<br />

- <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Fettsäureketten,<br />

- <strong>der</strong> Polarität und Art <strong>der</strong> polaren Gruppe,<br />

- <strong>der</strong> Sperrigkeit <strong>der</strong> Moleküle,<br />

- dem physikalischen Zustand <strong>der</strong> Lipide.<br />

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Die Amylose – Lipideinschlußverbindungen (vgl. Bild 1.10) sind wasserunlöslich, die<br />

Ausbildung eines Gelnetzwerkes ist erschwert; durch Amylasen und Lipasen sind sie nicht<br />

angreifbar.<br />

b) Als Wechselwirkung <strong>der</strong> Lipide mit Proteinen können verschiedene Möglichkeiten in<br />

Betracht gezogen werden, z.B.<br />

- Ionenbindung bei ionischen Emulgatoren ( <strong>der</strong> Nettowert <strong>der</strong> Ladung von Prolamin und<br />

Glutelin ist positiv),<br />

- Bindung über Calcium – Ionen (Phospholipide, Stearyllactat),<br />

- Wasserstoffbrückenbindungen mittels Hydroxyl -, Carboxyl – (nicht ionisiert) und<br />

Alkoxyl – Äthergruppen <strong>der</strong> Emulgatoren z.B. mit den Amidgruppen <strong>der</strong> Proteine,<br />

- hydrophobe Assoziationen mit entsprechenden Regionen <strong>der</strong> Proteine.<br />

Es sind dazu verschiedene Modellvorstellungen entwickelt worden (Großkreutz, Greene,<br />

Chung u. Tsen).<br />

Wirkung von Emulgatoren bei <strong>der</strong> Teigbereitung und Lockerung ( Brot und<br />

Kleingebäck)<br />

Teigbereitung<br />

- bessere Benetzung,<br />

- homogene Verteilung <strong>der</strong> Teigbestandteile,<br />

- Stabilisierung <strong>der</strong> verteilten Phasen,<br />

- Verbesserung <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Gasbläschen im Teig,<br />

- bessere Fettverteilung,<br />

- Wechselwirkungen mit Stärke, Proteinen und Lipiden durch<br />

• Erhöhung <strong>der</strong> Glutenelastizität,<br />

• Ausbildung und Stabilisierung dünnwandiger Membranen,<br />

• Verbesserung <strong>der</strong> Knettoleranz,<br />

• Verbesserte Maschinenfreundlichkeit.<br />

Lockerung<br />

- Verbesserung des Gashaltevermögens,<br />

- bessere Gärtoleranz,<br />

- bessere Gärstabilität,<br />

- größeres Teigvolumen,<br />

- verbesserte Gleichmäßigkeit.<br />

1.5 Beurteilung des Backverhaltens von Brotmehlen<br />

Bei <strong>der</strong> Brotherstellung haben die Teiginhaltsstoffe folgende Aufgaben zu erfüllen:<br />

a) bei <strong>der</strong> Teigbildung<br />

- Aufnahme des zugegebenen Wassers (Quellung und Lösung),<br />

- Bildung eines dehnbaren und elastischen Teiges (Glutennetzbildung),<br />

- Aufnahme eingebrachter Gase (Bildung <strong>der</strong> „Keimzellen“ für die Poren).<br />

b) bei <strong>der</strong> Teiglockerung (Teig – bzw. Stückgare)<br />

- Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Wasserbindung,<br />

- Bildung von CO 2 und Ethanol,<br />

- Zurückhaltung <strong>der</strong> Gase,<br />

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- Teigreifung,<br />

- Bildung von Säuren, Aromastoffen bzw. Vorstufen.<br />

c) bei <strong>der</strong> Bildung von Krume und Kruste (Backprozeß)<br />

- in <strong>der</strong> ersten Phase bis zur Denaturierung <strong>der</strong> Proteine wie bei <strong>der</strong> Teiglockerung (b),<br />

- in <strong>der</strong> zweiten Phase Bildung eines elastischen Krumegerüstes mit feinen, dünnwandigen<br />

Poren und Bildung einer Kruste.<br />

Man kann davon ausgehen, daß die verschiedenen Mehlinhaltsstoffe in mehrfacher Hinsicht<br />

bei <strong>der</strong> Brotherstellung funktionelle Bedeutung haben, wie das in Tafel 1.8 für die wichtigsten<br />

Aufgaben (1 bis 6 ) schematisch dargestellt ist.<br />

Tabelle 1.8 Die funktionelle Bedeutung <strong>der</strong> Weizenmehlinhaltsstoffe für die Brotbereitung<br />

Mehlinhaltsstoffe<br />

Stärke<br />

Proteine<br />

Pentosane<br />

Lipide<br />

Enzyme<br />

Wasseraufnahme<br />

bei <strong>der</strong><br />

Teigbereitung<br />

( 1 )<br />

+<br />

+<br />

+<br />

(+)<br />

-<br />

Funktionelle Bedeutung für<br />

Gasbildung<br />

Teigbildung<br />

( 2)<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

(3)<br />

(+)<br />

(+)<br />

-<br />

-<br />

+<br />

Gas –<br />

haltung<br />

( 4 )<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

Krumebildung<br />

( 5 )<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

Aroma –<br />

stoffbildung<br />

( 6 )<br />

(+)<br />

(+)<br />

(+)<br />

(+)<br />

+<br />

+ von positiver o<strong>der</strong> negativer Berdeutung<br />

(+) von indirekter Bedeutung , z. B. Abbauprodukte<br />

- keine Bedeutung<br />

Die funktionelle Rolle <strong>der</strong> Mehlbestandteile für das Backverhalten zeigt sich deutlich an den<br />

Möglichkeiten und Grenzen <strong>der</strong> Substituierbarkeit und Ergänzung des Mehles; z.B. mit<br />

an<strong>der</strong>en proteinreichen Rohstoffen.<br />

Es gibt z.B. die Möglichkeit,<br />

- Weizenmehl durch an<strong>der</strong>e Getreidemehle, aus Reis und Mais, zu ersetzen,<br />

- Brote teilweise bzw. vollständig aus an<strong>der</strong>en stärkereichen Nicht – Getreide – Rohstoffen<br />

herzustellen (vgl. Tab. 1.9)<br />

- Brote mit Proteinpräparaten anzureichern,<br />

- glutenfreies Brot herzustellen.<br />

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Tabelle 1.9 Teigrezepturen für die Herstellung substituierter Weizenbrote (n. Kim und de<br />

Reuter, 1970)<br />

Rezeptur A B<br />

g<br />

g<br />

Weizenmehl 40 -<br />

Casava – o<strong>der</strong> Maisstärke 40 80 (Cassava)<br />

entfettetes Sojamehl 20 20<br />

Backhefe 2 2<br />

Saccharose 6 4<br />

NaCl 2 2<br />

Hydroxypropylmethylcellulose 1 -<br />

Glycerolmonostearart - 10<br />

Calcium – Srearoyl –2-Lactylat - 0,2<br />

Wasser 90 70.....80<br />

A Teilsubstitution des Weizenmehles<br />

B Totalsubstitution des Weizenmehles<br />

Ein gutes o<strong>der</strong> schlechtes Backverhalten ist nur in Verbindung mit dem Verwendungszweck<br />

und <strong>der</strong> Verarbeitungstechnologie konkret zu beschreiben.<br />

Erfor<strong>der</strong>lich ist die komplexe Betrachtung von<br />

- Mehlqualität<br />

- Mehlverarbeitung (einschl. Rezeptur)<br />

- Erzeugnisbeschaffenheit.<br />

Eine Orientierung für Weizen – und Roggenmehl für die Brotherstellung vermitteln Tafel<br />

1.10 und 1.11.<br />

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Tabelle 1.10 Bewertung <strong>der</strong> Backeigenschaften von Weizenmehl zur Brotherstellung<br />

Merkmal des Mehles<br />

bzw. Teiges<br />

1. a) Rohproteingehalt<br />

b) Proteinqualität<br />

( Sedimentationswert)<br />

Normale Werte<br />

10 ......12 % i. T.<br />

35 ......45<br />

Methode<br />

Kjeldahl<br />

Zeleny<br />

2. Feuchtgluten<br />

a) Gehalt<br />

b) Qualität<br />

3. Stärkeverkleisterung<br />

a) Fallzahl<br />

b) Amylogrammhöhe<br />

24.....28 %<br />

mittlere Dehnbarkeit gute<br />

Elastizität<br />

Auswaschen<br />

manuelle Prüfung<br />

200.....300<br />

500.....600 AE<br />

4. •-Amylase-Aktivität 0,05 SKB Sandstedt u.a.<br />

5. •-Amylase-Aktivität 1,5 ..... 2,5 Berliner<br />

(Maltosezahl)<br />

6. a) Teigentwicklung und 3...... 6 Min.<br />

Valorigraph<br />

Knetstabilität<br />

bzw. Farinograph<br />

b) Teigerweichung 80 ..... 120 VE/FE<br />

7. Teiglockerung 350 ..... 450 % Meßzylin<strong>der</strong><br />

8. Gebäckvolumen 2,5 ..... 3,5 ml/g Backversuch<br />

Hagberg – Perten<br />

Braben<strong>der</strong> – Amylogramm<br />

Eine „maßgerechte Mehlqualität“ bezieht sich auf eine Mehlbeschaffenheit, die den<br />

konkreten technologischen Bedingungen entspricht. Als solche Bedingungen sind u. a. zu<br />

verstehen:<br />

- Ausmahlungsgrad <strong>der</strong> Mehle,<br />

- Art und Dauer <strong>der</strong> Mehllagerung,<br />

- Art <strong>der</strong> Teigzubereitung,<br />

- Knetzeit und – intensität,<br />

- Teigkonsistenz ( bzw. Teigausbeute),<br />

- Teigruhezeiten und Temperaturen bei <strong>der</strong> Teigreifung,<br />

- Art <strong>der</strong> Teigführung (z.B. Säuerung),<br />

- NaCl – Menge,<br />

- Menge und Qualität <strong>der</strong> Hefe,<br />

- Anwendung von Backmitteln,<br />

- Art und Menge von weiteren Rezepturbestandteilen (z.B: Backfette, Proteinpräparate).<br />

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Tabelle 1.11 Kriterien <strong>der</strong> Backeigenschaften von Roggenmehl<br />

Kriterien Bedeutung Bemerkungen<br />

1. Proteingehalt und gering<br />

keine Glutennetzstruktur<br />

- qualität<br />

2. Stärkegehalt und<br />

- qualität<br />

sehr hoch<br />

Verkleisterungstemperatur<br />

niedriger als bei Weizen –<br />

3. Pentosangehalt und<br />

- qualität<br />

sehr hoch<br />

stärke<br />

starke Wasserbindung,<br />

hohe Teigviskosität,<br />

geringe Elastizität<br />

4. Maltosebildung ja Lockerungsbildung<br />

5. • – Amylase – Aktivität groß (negativ) Auswuchsneigung des<br />

Roggens<br />

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1.6 Fragen/ Selbstkontrolle<br />

1. Erklären Sie den Begriff Backeigenschaften!<br />

2. Charakterisieren Sie Teig als Vielkomponentensystem!<br />

3. Erläutern Sie die Rolle <strong>der</strong> Teiginhaltsstoffe für die Bildung <strong>der</strong> Brotkrume!<br />

4. Erklären Sie die Wasserbindung und – verteilung im Teig! Erläutern Sie die<br />

verschiedenen Energieniveaus <strong>der</strong> Wasserbindung!<br />

5. Formulieren Sie verschiedene Arten von Wechselwirkungen zwischen Teiginhaltsstoffen!<br />

Begründen Sie <strong>der</strong>en technologische Bedeutung!<br />

6. Charakterisieren Sie grundlegende funktionelle Eigenschaften von Lebensmitteln bzw.<br />

Rohstoffen!<br />

7. Welche Faktoren bestimmen und beeinflussen die funktionellen Eigenschaften von<br />

Biopolymeren ? Geben Sie Erklärungen auf molekularer Ebene! Nehmen Sie Bezug auf<br />

Amylose und Gluten!<br />

8. Erklären Sie die Funktionalität <strong>der</strong> Lipide im Hinblick auf die Gebäckherstellung!<br />

9. Erklären Sie verschiedene Möglichkeiten für eine gezielte Verän<strong>der</strong>ungen von<br />

funktionellen Eigenschaften <strong>der</strong> Mehlinhaltsstoffe !<br />

10. Begründen Sie die Auswirkungen bei <strong>der</strong> Verarbeitung von Mehlen mit schlechten<br />

Backeigenschaften!<br />

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Literaturverzeichnis<br />

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