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Betriebsaufgabe, Betriebsveräußerung - Lexikon Rechnungswesen

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Elektronisches Wissen <strong>Rechnungswesen</strong><br />

Themenlexikon vom 01.09.2009 5301049<br />

<strong>Betriebsaufgabe</strong>, <strong>Betriebsveräußerung</strong> - <strong>Lexikon</strong><br />

<strong>Rechnungswesen</strong><br />

1 Grundlagen<br />

2 Handels- und Steuerrecht<br />

2.1 Ermittlung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinnes<br />

2.2 Besteuerung<br />

2.2.1 Zeitpunkt<br />

2.2.2 Freibetrag<br />

2.2.3 Ermäßigter Steuersatz<br />

2.2.3.1 Ermäßigter Steuersatz nach der Fünftelregelung:<br />

2.2.3.2 Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes:<br />

2.2.4 Altersgrenze<br />

2.2.5 Rücklage nach § 6 b EStG<br />

2.3 Gewerbesteuer, Umsatzsteuer<br />

2.3.1 Gewerbesteuer<br />

2.3.2 Umsatzsteuer<br />

2.4 Verlustvorträge<br />

2.5 Auflösungsverlust<br />

2.6 Einnahmenüberschussrechnung<br />

1 Grundlagen<br />

Eine <strong>Betriebsveräußerung</strong> (§ 16 Abs. 1 Satz 1 EStG) liegt dann vor, wenn das Unternehmen<br />

mit seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang gegen Entgelt in<br />

der Weise auf einen Erwerber übertragen wird, dass der Betrieb als lebender Organismus<br />

fortgeführt werden kann. Bei einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> (§ 16 Abs. 3 EStG) werden alle<br />

wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit, d.h. in einem einheitlichen Vorgang<br />

entweder in das Privatvermögen überführt oder an verschiedene Erwerber veräußert oder<br />

teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt. Der Betrieb hört auf, als<br />

selbständiger Organismus zu bestehen. Der <strong>Betriebsveräußerung</strong> bzw. der <strong>Betriebsaufgabe</strong><br />

gleichgestellt sind die Teilbetriebsveräußerungen und die Teilbetriebsaufgaben, bei denen die<br />

wesentlichen Grundlagen eines Teilbetriebs an einen Erwerber veräußert oder in einem<br />

Dokument: 5301049 Seite 1 von 10


einheitlichen Vorgang an verschiedene Erwerber veräußert oder in das Privatvermögen<br />

überführt werden.<br />

2 Handels- und Steuerrecht<br />

2.1 Ermittlung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinnes<br />

Bei Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit sind die im Betriebsvermögen des<br />

Einzelunternehmens enthaltenen stillen Reserven aufzulösen. Durch § 16 EStG wird eine<br />

Abgrenzung zwischen dem laufenden Gewinn und dem steuerlich begünstigten<br />

<strong>Betriebsaufgabe</strong>- bzw. -veräußerungsgewinn vorgenommen (BFH, Urteil v. 25.06.1970, BStBl<br />

70 II S. 719).<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Abgrenzung laufender Gewinn - Aufgabegewinn<br />

1. Die Veräußerung von Produkten gehört nicht zum begünstigten Aufgabegewinn, wenn die<br />

Veräußerung wie im bisherigen laufenden Betrieb an den bisherigen Kundenkreis erfolgt und<br />

insoweit die bisherige normale Geschäftstätigkeit fortgesetzt wird. Der Gewinn aus einem<br />

Räumungsverkauf gehört nicht zum begünstigten Aufgabegewinn (BFH, Urteil v. 29.11.1988,<br />

BStBl 89 II S. 602).<br />

2. Veräußert ein gewerblicher Grundstückshändler seinen gesamten Grundstücksbestand<br />

(Umlaufvermögen) an einen oder zwei Erwerber, ist ein laufender Gewinn - kein<br />

Veräußerungs- oder Aufgabegewinn - gegeben (BFH, Urteil v. 25.01.1995, BStBl 95 II S.<br />

388).<br />

3. Der Ertrag aus der Veräußerung einer Büroeinrichtung in Zusammenhang mit der<br />

Einstellung des Betriebs unterliegt dem Aufgabegewinn (BFH, Urteil v. 18.12.1996, BStBl 97<br />

II S. 573).<br />

4. Wird ein Darlehen anlässlich der <strong>Betriebsaufgabe</strong> vorfristig zurückgezahlt, so ist ein<br />

aktiviertes Disagio zu Lasten des laufenden Gewinns, nicht des Aufgabegewinns auszubuchen<br />

(BFH, Urteil v. 12.07.1984, BStBl 84 II S. 713).<br />

5. Wenn die Betriebsanlagen bei einem Brand total oder nahezu total zerstört werden und<br />

sich der Unternehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis wegen<br />

der Betriebszerstörung zur <strong>Betriebsaufgabe</strong> entschließt, ist der Gewinn aus der Realisierung<br />

der in den Anlagegütern enthaltenen stillen Reserven, der dadurch entsteht, daß die auf die<br />

Anlagegüter entfallenden Versicherungsleistungen die Buchwerte übersteigen, dem<br />

steuerbegünstigten Aufgabegewinn zuzuordnen (BFH, Urteil v. 11.03.1982, BStBl 82 II S.<br />

707).<br />

6. Besteht bei Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes noch eine Ansparrücklage, so ist der<br />

Ertrag aus der Auflösung nach Auffassung des BFH (BFH, Urteil v. 10.11.2004, BFH/NV 2005<br />

S. 845; BFH, Urteil v. 20.12.2006, BFH/NV 2007 S. 883) dem begünstigten<br />

Veräußerungsgewinn zuzurechnen, wenn die Rücklage ohne <strong>Betriebsaufgabe</strong>/-veräußerung<br />

noch nicht hätte aufgelöst werden müssen. Dagegen steht die Finanzverwaltung (BMF,<br />

Schreiben v. 25.02.2004, BStBl 2004 I S. 337) auf dem Standpunkt, dass dieser Ertrag stets<br />

dem laufenden Gewinn zuzurechnen ist. Für im Zeitpunkt der <strong>Betriebsaufgabe</strong> oder<br />

<strong>Betriebsveräußerung</strong> noch bestehende Investitionsabzugsbeträge gilt dagegen, dass sie gem.<br />

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§ 7 Abs. 3 EStG n.F. im Jahr des Abzugs rückgängig gemacht werden müssen (BMF,<br />

Schreiben v. 08.05.2009).<br />

7. Der Gewinn aus der Auflösung eines nach Forfaitierung von Leasingforderungen gebildeten<br />

passiven Rechnungsabgrenzungspostens anlässlich einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> ist Teil des<br />

Aufgabegewinns und unterliegt damit nicht der Gewerbesteuer (FG Münster, Urteil v.<br />

14.12.2007).<br />

Zur Ermittlung dieses Gewinns ist ein Vermögensvergleich erforderlich. Bei Einzelveräußerung<br />

werden die jeweils erzielten Verkaufspreise, bei Überführung der Wirtschaftsgüter in das<br />

Privatvermögen die gemeinen Werte zu Grunde gelegt. Vom Erwerber übernommene<br />

betriebliche Verbindlichkeiten, die auf Grund von Rückstellungsverboten (hier: für<br />

Jubiläumszuwendungen und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften) in der<br />

Steuerbilanz nicht passiviert worden sind, sind nicht gewinnerhöhend zum Veräußerungspreis<br />

hinzuzurechnen (BFH, Urteil v. 17.10.2007).<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Ermittlung des gemeinen Wertes bei Grundstücken<br />

1. Der gemeine Wert der im Rahmen einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> (§ 16 Abs. 3 EStG) in das<br />

Privatvermögen überführten Grundstücke und Gebäude entspricht in der Regel dem<br />

Verkehrswert (BFH, Urteil v. 02.02.1990, BStBl 90 II S. 497).<br />

2. Der gemeine Wert eines Grundstücks, der zur Ermittlung eines Aufgabegewinns gemäß §<br />

16 Abs. 3 S. 3 EStG "im Zeitpunkt der Aufgabe" anzusetzen ist, wird durch einen später<br />

auftretenden Altlastenverdacht nicht gemindert (BFH, Urteil v. 01.04.1998, BStBl 98 II S.<br />

569).<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Berücksichtigung einer nachträglichen Kaufpreisminderung<br />

Wird ein Grundstück im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer <strong>Betriebsaufgabe</strong><br />

veräußert und zu einem späteren Zeitpunkt der Kaufpreis aus Gründen, die im Kaufvertrag<br />

angelegt waren, gemindert, so ist nach ständiger Rechtsprechung nur der tatsächlich erzielte<br />

Veräußerungserlös in das <strong>Betriebsaufgabe</strong>ergebnis einzustellen. Gleiches kann dann gelten,<br />

wenn der ursprüngliche Kaufvertrag aufgehoben und das Grundstück zu einem geringeren<br />

Preis an neue Erwerber veräußert wird (BFH, Urteil v. 12.10.2005, BFH/NV 2006 S. 644).<br />

Der Veräußerungsgewinn ergibt sich dann aus der Differenz dieser Werte mit den Buchwerten<br />

nach Abzug der Veräußerungskosten. Nach R 34.1 Abs. 4 EStR sind Veräußerungskosten auch<br />

dann erst im Zeitpunkt des Entstehens des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen, wenn<br />

sie bereits im Veranlagungszeitraum vor dem Entstehen des Veräußerungsgewinns angefallen<br />

sind<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Veräußerungskosten<br />

Veräußerungskosten sind alle Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zum<br />

Veräußerungsgeschäft stehen. Hierunter sind zum einen Aufwendungen wie Notar- und<br />

Grundbuchgebühren, Maklerprovisionen und die durch den Veräußerungsvorgang selbst<br />

entstehenden Steuern (Verkehrsteuern, Umsatzsteuer; nicht aber anteilige Gewerbesteuer)<br />

zu verstehen. Es sind aber auch andere Fälle einer Minderung des Veräußerungsgewinns<br />

durch wirtschaftlich eng mit der Veräußerung zusammenhängende Vorgänge denkbar.<br />

Allerdings genügt ein nur zeitlicher Zusammenhang mit der <strong>Betriebsveräußerung</strong> nicht zur<br />

Annahme eines den Veräußerungsgewinn beeinflussenden Vorgangs (BFH, Urteil v.<br />

26.03.1992, BStBl 92 II S. 1038).<br />

Dokument: 5301049 Seite 3 von 10


Nach § 16 Abs. 2, 3 EStG wird folgendes Schema zu Grunde gelegt:<br />

gemeiner Wert der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter (<strong>Betriebsaufgabe</strong>)<br />

+ Veräußerungserlös der veräußerten Wirtschaftsgüter (<strong>Betriebsveräußerung</strong>)<br />

./. Buchwert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit<br />

./. <strong>Betriebsaufgabe</strong>- bzw. -veräußerungskosten (Notargebühren, Vermittlungsprovisionen, Gutachter- und<br />

Beraterhonorare)<br />

= <strong>Betriebsaufgabe</strong>- bzw. <strong>Betriebsveräußerung</strong>sgewinn<br />

2.2 Besteuerung<br />

2.2.1 Zeitpunkt<br />

Bei der <strong>Betriebsveräußerung</strong> erfolgt die Besteuerung in dem Jahr, in dem das<br />

Einzelunternehmen veräußert wurde. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Übergang des<br />

wirtschaftlichen Eigentums, nicht der Abschluss des Vertrags. Bei der <strong>Betriebsaufgabe</strong><br />

erfolgt die Besteuerung jeweils zum Zeitpunkt der Veräußerung der Wirtschaftsgüter bzw. zu<br />

dem Zeitpunkt, zu dem sie in das Privatvermögen überführt werden (BFH, Urteil v.<br />

26.05.1993, BStBl 93 II S. 710).<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Aufgabeerklärung<br />

1. Bei der <strong>Betriebsaufgabe</strong> handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang, dessen<br />

steuerliche Folgen nicht durch eine Aufgabeerklärung herbeigeführt werden können (BFH,<br />

Beschluss v. 29.07.2003, BFH/NV 2003 S. 1575).<br />

2. Erklärt der Unternehmer ausdrücklich, den Betrieb endgültig eingestellt zu haben, kann er<br />

sich später nicht darauf berufen, diese rechtsgestaltende Erklärung sei wirkungslos, weil ihm<br />

nicht bewusst gewesen sei, dass mit der <strong>Betriebsaufgabe</strong> auch die stillen Reserven des<br />

verpachteten Betriebsgrundstücks aufzudecken seien. Die Rechtsprechung des BFH, nach der<br />

eine <strong>Betriebsaufgabe</strong>erklärung erkennbar von dem Bewusstsein der daraus folgenden<br />

Versteuerung der stillen Reserven getragen sein müsse, bezieht sich nur auf Fälle, in denen<br />

mangels ausdrücklicher Aufgabeerklärung aus anderen Umständen, Handlungen oder<br />

Äußerungen auf eine <strong>Betriebsaufgabe</strong> geschlossen wird (BFH, Urteil v. 22.09.2004, BFH/NV<br />

2005 S. 126).<br />

3. Im Falle der Betriebsverpachtung ist grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung so lange von<br />

einer Fortführung des Betriebs auszugehen, wie eine <strong>Betriebsaufgabe</strong> nicht erklärt worden ist<br />

und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen. Hat der Steuerpflichtige bei Einstellung<br />

der werbenden Tätigkeit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Aufdeckung der stillen<br />

Reserven zu vermeiden und den Betrieb fortzuführen, kann eine spätere <strong>Betriebsaufgabe</strong> nur<br />

Dokument: 5301049 Seite 4 von 10


dann angenommen werden, wenn sie den äußeren Umständen nach klar zu erkennen und der<br />

Zeitpunkt eindeutig zu bestimmen ist (BFH, Urteil v. 19.03.2009, AZ IV R 45/06).<br />

Spätestens erfolgt die Besteuerung dann, wenn die werbende Tätigkeit eingestellt wird und<br />

alle anderen wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert werden.<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Wesentliche Betriebsgrundlagen<br />

Die Rechtsprechung hat für die Abgrenzung des Begriffs der wesentlichen Betriebsgrundlage<br />

weder eine abstrakte Definition entwickelt noch eine abschließende Aufzählung der Kriterien<br />

vorgenommen. Maßgebend sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles unter<br />

Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes. Danach sind<br />

wesentliche Grundlagen eines Betriebes jedenfalls diejenigen Wirtschaftsgüter, die zur<br />

Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes wirtschaftliches<br />

Gewicht für die Betriebsführung zukommt (BFH, Urteil v. 17.04.1997, BStBl 98 II S. 388).<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Zeitlich gestreckte <strong>Betriebsaufgabe</strong><br />

1. Auch wenn sich die Aufgabevorgänge über einen längeren Zeitraum erstrekken, ist die<br />

Aufgabebilanz einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen, da der<br />

Aufgabegewinn für den Zeitpunkt der <strong>Betriebsaufgabe</strong> zu ermitteln ist. Der Aufgabezeitpunkt<br />

ist gesetzlich nicht bestimmt. Zweckmäßigerweise ist auf die Beendigung der betrieblichen<br />

Tätigkeit und nicht auf die einzelnen Aufgabehandlungen abzustellen. Unabhängig von der<br />

sachlichen Zuordnung zeitlich gestreckter Aufgabehandlungen zum <strong>Betriebsaufgabe</strong>gewinn<br />

durch Aufnahme in die Aufgabebilanz bestimmt sich der Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung<br />

für die einzelnen Aufgabevorgänge (Veräußerung oder Überführung ins Privatvermögen) nach<br />

allgemeinen Gewinnrealisierungsgrundsätzen (BFH, Urteil v. 19.05.2005).<br />

2. Die Veräußerung geht einer hinsichtlich der Gewinnrealisierung nur gleichgestellten<br />

Entnahme vor. Ein bilanziertes Grundstück kann jedenfalls nach der Veräußerung dann nicht<br />

mehr rückwirkend zum vorletzten Bilanzstichtag durch Entnahme ausgebucht werden, wenn<br />

diese Bilanz erst nach der Veräußerung des Grundstücks aufgestellt wird (BFH, Urteil v.<br />

12.09.2002, BStBl 2002 II S. 815).<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Abgrenzung <strong>Betriebsaufgabe</strong> - Betriebsunterbrechung<br />

Von einer Betriebsunterbrechung und nicht von einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> spricht man, wenn der<br />

Steuerpflichtige zwar seine gewerbliche Tätigkeit einstellt, seinen Betrieb jedoch entweder an<br />

einen anderen Unternehmer verpachtet oder ihn lediglich ruhen lässt. Voraussetzung für eine<br />

Betriebsunterbrechung ist, dass der Steuerpflichtige alle wesentlichen Betriebsgrundlagen<br />

zurückbehält, so dass die gewerbliche Tätigkeit wieder aufgenommen werden kann (BFH,<br />

Urteil v. 27.02.1985, BStBl 85 II S. 456). Solange noch alle wesentlichen Betriebsgrundlagen<br />

vorhanden sind und keine Aufgabeerklärung abgegeben wird, ist von einer<br />

Betriebsunterbrechung und nicht von einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> auszugehen (BFH GrS, Urteil v.<br />

13.11.1963, BStBl 64 III S. 124). Eine Betriebsunterbrechung führt nicht zur Aufdeckung der<br />

stillen Reserven.<br />

Eine Betriebsunterbrechung ist auch im Falle einer Betriebsaufspaltung möglich, wenn die<br />

Betriebsgesellschaft ihre werbende Tätigkeit endgültig eingestellt hat, was zur Beendigung der<br />

Betriebsaufspaltung führt. Ist die ehemalige Besitzgesellschaft in der Lage, ihre gewerbliche<br />

Tätigkeit mit einer anderen Betriebsgesellschaft wieder aufzunehmen oder das von der<br />

ehemaligen Betriebsgesellschaft selbst identitätswahrend fortzuführen, weil sie die<br />

notwendigen Betriebsgrundlagen besitzt, so ist auch hier von einer Betriebsunterbrechung<br />

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und nicht von einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> auszugehen, solange keine Aufgabeerklärung vorliegt<br />

(BFH, Urteil v. 14.03.2006).<br />

Nach R 16 Abs. 2 S. 3 EStR ist eine <strong>Betriebsaufgabe</strong> auch dann anzunehmen, wenn der<br />

Betrieb ins Ausland verlagert wird. Voraussetzung ist, dass das Besteuerungsrecht im Inland<br />

durch die Betriebsverlagerung verloren geht. Ob diese neue Regelung in den EStR dem EU-<br />

Recht entspricht, ist jedoch wegen laufender Vertragsverletzungsverfahren gegen<br />

Deutschland nicht sicher (BMF, Schreiben v. 08.06.2005, BStBl 2005 I S. 1056).<br />

2.2.2 Freibetrag<br />

Der Gewinn ist nur steuerpflichtig, wenn er den Betrag von 45.000 EUR (bis 31.12.2003<br />

51.200 EUR) übersteigt. Der Freibetrag wird um den Betrag gemindert, um den der<br />

Auflösungsgewinn 136.000 EUR (bis 31.12.2003 154.000 EUR) übersteigt. Ab dem<br />

<strong>Betriebsaufgabe</strong>- bzw. -veräußerungsgewinn von 181.000 EUR (bis 31.12.2003 205.200 EUR)<br />

entfällt der Freibetrag vollständig. Der Freibetrag wird dem Einzelunternehmer nur einmal<br />

gewährt. Voraussetzung ist, dass der Einzelunternehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat<br />

oder dass er dauernd berufsunfähig ist. Es besteht keine Übertragungsmöglichkeiten für nicht<br />

ausgeschöpfte Freibeträge. Das gilt auch für die Veräußerung eines Teilbetriebs. Der<br />

Freibetrag wird nur auf Antrag gewährt. Gem. § 52 Abs. 47 S. 7 EStG werden Veräußerungsund<br />

Aufgabefreibeträge, die vor dem 01.01.2001 für <strong>Betriebsaufgabe</strong>n und -veräußerungen in<br />

Anspruch genommen wurden, nicht angerechnet.<br />

Beispiel<br />

Der <strong>Betriebsaufgabe</strong>- bzw. <strong>Betriebsveräußerung</strong>sgewinn beläuft sich auf 170.000 Euro. Der<br />

Einzelunternehmer ist 59 Jahre alt.<br />

Berechnung des Freibetrags bis 31.12.2003<br />

Maximaler Freibetrag<br />

51.200 Euro<br />

Auflösungsgewinn 170.000 Euro ./. 154.000 Euro (Grenzbetrag)<br />

16.000 Euro<br />

Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG<br />

35.200 Euro<br />

Berechnung des Freibetrags ab 01.01.2004<br />

Maximaler Freibetrag<br />

45.000 Euro<br />

Auflösungsgewinn 170.000 Euro ./. 136.000 Euro (Grenzbetrag)<br />

34.000 Euro<br />

Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG<br />

9.000 Euro<br />

Erstreckt sich die <strong>Betriebsaufgabe</strong> über zwei Kalenderjahre und fällt der Aufgabegewinn daher<br />

in zwei Veranlagungszeiträumen an, ist der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG nur einmal zu<br />

Dokument: 5301049 Seite 6 von 10


gewähren. Da er sich auf den gesamten Aufgabegewinn bezieht, ist der Freibetrag im<br />

Verhältnis der Gewinne auf beide Zeiträume aufzuteilen (BMF, Schreiben v. 20.12.2005).<br />

2.2.3 Ermäßigter Steuersatz<br />

Für den steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns wird ein ermäßigter Steuersatz<br />

angewendet (§ 34 EStG). Es ist deshalb der Veräußerungsgewinn vom laufenden Gewinn<br />

abzugrenzen. Hier ist zu unterscheiden zwischen einem ermäßigten Steuersatz nach der<br />

"Fünftelregelung", die mit einem Multiplikator-Mischtarif ermittelt wird und einem ermäßigten<br />

Steuersatz als halber durchschnittlicher Steuersatz.<br />

2.2.3.1 Ermäßigter Steuersatz nach der Fünftelregelung:<br />

Danach beträgt die auf den Aufgabegewinn entfallende Einkommensteuer das Fünffache des<br />

Differenzbetrags zwischen der Einkommensteuer auf die nicht begünstigten Einkünfte<br />

zuzüglich eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte einerseits und der Einkommensteuer<br />

auf die nicht begünstigten Einkünfte andererseits (§ 34 Abs. 1, 2 EStG). Dieser Steuersatz<br />

führt zu einer rechnerischen Verteilung auf fünf Jahre.<br />

2.2.3.2 Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes:<br />

Alternativ kann der Steuerpflichtige beantragen, dass der Aufgabegewinn bis zu einem Betrag<br />

von 5 Mio. Euro mit 56 % (bis 31.12.2003: 50 %) des durchschnittlichen Steuersatzes,<br />

mindestens aber mit 16 % besteuert werden (§ 34 Abs. 3 EStG). Für diese Alternative sind<br />

drei Voraussetzungen zu erfüllen:<br />

· Der Steuerpflichtige muss das 55. Lebensjahr vollendet haben.<br />

· Die Steuerermäßigung gilt nur für den Teil der außerordentlichen Einkünfte, der den<br />

Betrag von 5 Mio. Euro nicht übersteigt.<br />

· Der Steuerpflichtige kann die Steuerermäßigung nur einmal im Leben in Anspruch<br />

nehmen.<br />

Der ermäßigte Steuersatz ergibt sich als die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der<br />

sich ergeben würde, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu<br />

versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte<br />

zu bemessen wäre. Dieser Steuersatz darf nicht unter 16 % fallen. Nur die begünstigten<br />

außerordentlichen Einkünfte werden mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Das<br />

verbleibende zu versteuernde Einkommen wird mit dem Normaltarif besteuert.<br />

Erstreckt sich die <strong>Betriebsaufgabe</strong> über zwei Kalenderjahre und fällt der Aufgabegewinn daher<br />

in zwei Veranlagungszeiträumen an, kann die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG auf<br />

Antrag in beiden Veranlagungszeiträumen gewährt werden. Der Höchstbetrag von 5 Millionen<br />

EUR ist dabei insgesamt aber nur einmal zu gewähren (BMF, Schreiben v. 20.12.2005).<br />

2.2.4 Altersgrenze<br />

Der Freibetrag und die Tarifermäßigung sind nur dann zu gewähren, wenn der Unternehmer<br />

das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig wird.<br />

Dokument: 5301049 Seite 7 von 10


Der Freibetrag und die Tarifermäßigung sind nicht zu gewähren, wenn der Unternehmer das<br />

55. Lebensjahr zwar nach Beendigung der <strong>Betriebsaufgabe</strong> bzw. -veräußerung vollendet,<br />

jedoch noch vor Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem die <strong>Betriebsaufgabe</strong> bzw. -<br />

veräußerung erfolgt (BMF, Schreiben v. 20.12.2005; BFH, Urteil v. 28.11.2007).<br />

Erstreckt sich die <strong>Betriebsaufgabe</strong> über zwei Veranlagungszeiträume und vollendet der<br />

Unternehmer das 55. Lebensjahr zwar vor Beendigung der <strong>Betriebsaufgabe</strong>, aber erst im<br />

zweiten Veranlagungszeitraum, sind der anteilige Freibetrag und die Tarifermäßigung für<br />

beide Veranlagungszeiträume zu gewähren (BMF, Schreiben v. 20.12.2005).<br />

2.2.5 Rücklage nach § 6 b EStG<br />

Alternativ zur ermäßigten Besteuerung kann der Steuerpflichtige nach § 6b EStG den<br />

steuerpflichtigen Teil des <strong>Betriebsveräußerung</strong>sgewinns übertragen. Damit werden die durch<br />

die Veräußerung aufgelösten stillen Reserven der sofortigen Besteuerung entzogen, indem sie<br />

von den Anschaffungskosten neu erworbener Wirtschaftsgüter abgesetzt werden. Diese<br />

Übertragung ist soweit möglich, als die stillen Reserven aus der Veräußerung von Grund und<br />

Boden, Aufwuchs auf Grund und Boden, von Gebäuden oder aus der Veräußerung von<br />

Anteilen an Kapitalgesellschaften entstanden sind. Übertragen werden können die stillen<br />

Reserven auch auf Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen eines anderen vom<br />

Einzelunternehmer geführten Betriebes oder bei der Beteiligung des Einzelunternehmens an<br />

einer Personengesellschaft, auf die Wirtschaftsgüter, die zu seinem Sonderbetriebsvermögen<br />

bei dieser Personengesellschaft gehören, oder auf Wirtschaftsgüter, die zum<br />

Gesamthandsvermögen dieser Personengesellschaft gehören.<br />

2.3 Gewerbesteuer, Umsatzsteuer<br />

2.3.1 Gewerbesteuer<br />

Die Gewerbesteuer erfasst nur die werbenden Unternehmen. Mit der Einstellung des Betriebes<br />

endet die Gewerbesteuerpflicht. Der Auflösungsgewinn wird deshalb gewerbesteuerlich nicht<br />

erfasst (BFH, Urteil v. 03.02.1994, BStBl 94 II S. 709). Durch die Steuerermäßigung nach §<br />

35 EStG wird die Effektivbelastung mit Gewerbesteuer beim Einzelunternehmer allerdings<br />

ohnehin kompensiert.<br />

2.3.2 Umsatzsteuer<br />

Gem. § 1 Abs. 1 a S. 1 UStG unterliegt die Geschäftsveräußerung nicht der Umsatzsteuer.<br />

Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein Teilbetrieb im Ganzen<br />

entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Eine<br />

Geschäftsveräußerung liegt auch dann vor, wenn der Erwerber das Unternehmen in<br />

veränderter Form fortführt. Die Fortführung erfordert eine Kontinuität der Betriebsführung<br />

und damit eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den vor und nach Übereignung ausgeübten<br />

Tätigkeiten (OFD Hannover, Verfügung v. 31.05.2006; BFH, Urteil v. 28.11.2002, BStBl 2004<br />

II S. 665; BFH, Urteil v. 24.02.2005, BFH/NV 2005 S. 1467). Ändert der Erwerber seine<br />

Verwendungsabsicht hinsichtlich des erworbenen Unternehmens, ist auf die bei der<br />

Übertragung bestehende Absicht abzustellen.<br />

Der veräußernde Unternehmer darf daher auch keine Umsatzsteuer in der Rechnung<br />

ausweisen. Tut er es dennoch, ist er gem. § 14c Abs. 2 UStG auch zur Abführung der<br />

Dokument: 5301049 Seite 8 von 10


ausgewiesenen Umsatzsteuer verpflichtet. Unter den Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 UStG<br />

kann der veräußernde Unternehmer die Rechnung berichtigen. Tut er dies nicht oder ist die<br />

Berichtigung nicht möglich, ist der Erwerber nach R 192 Abs. 1 S. 1, 2 UStR nicht zum Abzug<br />

der Vorsteuer berechtigt (OFD Hannover, Verfügung v. 31.05.2006).<br />

Nach Ansicht des FG Köln (Urteil v. 14.11.2007) sind die Voraussetzungen einer nicht<br />

steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht erfüllt, wenn ein Unternehmen in zwei<br />

Veräußerungsakten an zwei verschiedene Erwerber übertragen wird. Das gilt auch dann,<br />

wenn einer der Erwerber die von im erworbenen Betriebsgrundlagen dem anderen Erwerber<br />

entgeltlich zur Nutzung überlässt. Gegen dieses Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt (AZ<br />

V R 94/07).<br />

2.4 Verlustvorträge<br />

Verlustvorträge bleiben bei einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> bzw. -veräußerung einkommenssteuerlich<br />

dem bisherigen Einzelunternehmen erhalten. Ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag geht bei<br />

einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> unter.<br />

2.5 Auflösungsverlust<br />

Liegt der Veräußerungserlös bzw. der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter des<br />

Einzelunternehmens unter dem Buchwert einschließlich der Auflösungskosten, handelt es sich<br />

um einen Auflösungsverlust, der nach den allgemeinen Regeln innerhalb des Verlustausgleichs<br />

und -abzugs verrechnet werden kann.<br />

2.6 Einnahmenüberschussrechnung<br />

Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG<br />

ermitteln, müssen aus Anlass der <strong>Betriebsaufgabe</strong> zur Gewinnermittlung durch<br />

Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen (BFH, Urteil v. 17.04.1986,<br />

BFH/NV 1987 S. 759).<br />

Wegen Einzelheiten zum Übergang von der Einnahmenüberschussrechnung zum<br />

Betriebsvermögensvergleich siehe unter Wechsel der Gewinnermittlungsart.<br />

Weiterführende Rechtsprechung: Tod eines Freiberuflers<br />

1. Der Tod eines Freiberuflers führt nicht automatisch zu einer <strong>Betriebsaufgabe</strong> und damit<br />

zum Übergang zum Betriebsvermögensvergleich. Es ist vielmehr möglich, dass die Erben nach<br />

dem Tod des Freiberuflers zufließende Einkünfte zu versteuern haben (BFH, Urteil v.<br />

23.08.1991, BFH/NV 1992 S. 512).<br />

2. Die vorübergehende Verpachtung einer freiberuflichen Praxis durch den Erben des<br />

verstorbenen Freiberuflers oder denjenigen, der die Praxis im Vermächtniswege erworben hat,<br />

führt mangels <strong>Betriebsaufgabe</strong>erklärung nicht zur <strong>Betriebsaufgabe</strong>, wenn der<br />

Rechtsnachfolger im Begriff ist, die für die beabsichtigte Praxisfortführung erforderliche<br />

freiberufliche Qualifikation zu erlangen (BFH, Urteil v. 12.03.1992, BStBl 93 II S. 36).<br />

Autorenverzeichnis<br />

Literaturverzeichnis<br />

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Normen:<br />

EStG:16 EStG:16/3 EStG:16/2 EStG:52/47 EStG:16/4 EStG:34 EStG:34/1 EStG:34/3<br />

EStG:6b EStG:35 EStG:4/3 EStG:4/1 EStG:16/1 EStR:16/2 UStG:1/1a UStG:14c/2<br />

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