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linocut reloaded - Galerie Wagner + Partner

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LINOCUT<br />

RELOADED<br />

RELOADED<br />

Vier zeitgenössische Positionen zum Linolschnitt


WAGNER + PARTNER<br />

GALERIE HUNCHENTOOT<br />

präsentieren present<br />

LINOCUT<br />

RELOADED<br />

Vier zeitgenössische Positionen zum Linolschnitt<br />

CLAAS GUTSCHE<br />

PHILIPP HENNEVOGL<br />

THOMAS KILPPER<br />

SEBASTIAN SPECKMANN<br />

Ausstellung Exhibition<br />

03.06. – 30.07.2011<br />

Eröffnung Opening<br />

Freitag, den 3. Juni 19–22 Uhr<br />

Friday, June 3rd, 7 – 10 p.m.<br />

Künstlergespräch Artist Talk<br />

Donnerstag, den 30. Juni 19 Uhr<br />

mit with Dr. Ralf F. Hartmann<br />

Ort Location<br />

<strong>Galerie</strong> WAGNER + PARTNER<br />

Karl-Marx-Allee 87 . 10243 Berlin


LINOCUT RELOADED<br />

Das Rauschen der Blätter<br />

LINOCUT RELOADED<br />

The Rustling of Leaves<br />

Die traditionellen druckgrafischen Techniken erfahren in der künstlerischen<br />

Ausbildung wie im aktuellen Kunstbetrieb eine unerwartete Renaissance.<br />

Erstmals seit Beginn des 20. Jahrhunderts behaupten vorwiegend<br />

grafisch arbeitende Künstler im Kontext perfektionierter medialer<br />

Kunstformen und einer unübersehbaren High-End-Ästhetik wieder einen<br />

prominenten Platz in Ausstellungen und Museen. Die außerordentliche<br />

Akzeptanz beim Publikum speist sich zu einem großen Teil aus dem Nimbus<br />

des Originalen und Handgemachten, der druckgrafischen Blättern<br />

mittlerweile mehr anhaftet als Arbeiten, deren Produktion umfassender<br />

technischer Abläufe bedarf. Kaum eines dieser wiedergewonnenen traditionellen<br />

Verfahren der Bildherstellung konnte sich aber so weit von<br />

seinem konventionellen Erscheinungsbild lösen wie der Linolschnitt, der<br />

sich im Gegenüber zu den omnipräsenten Artikulationsformen der neuen<br />

Medien bei jüngeren Künstlern einer unvorhersehbaren Beliebtheit<br />

erfreut. Das Geheimnis dieser Renaissance liegt vermutlich weniger in der<br />

Tatsache begründet, dass Linoleum und PVC im Westen wie im Osten zu<br />

den prägenden ästhetischen Qualitäten öffentlicher Innenräume gehören,<br />

sondern in der Unmittelbarkeit des künstlerischen Arbeitens. Es erklärt<br />

sich aus der Leichtigkeit des Schneidens, aus der direkten Übertragung<br />

gestalterischer Ideen auf die Linolplatte und einer daraus resultierenden<br />

besonderen Qualität der Drucke. Diese zeichnet sich auf dem Papier<br />

durch kräftige Farbigkeit, starke Linien und Kanten sowie einen gewissen<br />

Grad an Unkalkulierbarkeit bei der Ausführung aus. Gleichwohl bedeutet<br />

diese Rück-Besinnung auf Unmittelbarkeit bei Künstlern wie Thomas<br />

Kilpper, Sebastian Speckmann, Claas Gutsche und Philipp Hennevogl<br />

keinen Rück-Schritt hin zu klassischen Sujets oder obsoleten Motiven.<br />

Vielmehr wird das Medium des Linolschnitts von ihnen herangezogen, um<br />

sich zeitgemäße Themen- und Bildpotentiale anzueignen und gegenüber<br />

medienbasierter Kunst Position zu beziehen. So werden das individuelle<br />

künstlerische Arbeiten mit der Hand und der gesamte Herstellungsprozess<br />

einer Arbeit wieder prominent in den Mittelpunkt gestellt.<br />

Traditional graphic printing techniques such as lithography, etching and<br />

woodcut are currently experiencing an unexpected renaissance, both in<br />

artistic training and in the current art trade. For the first time since the<br />

beginning of the 20th century and in the context of perfected medial art<br />

forms and unmistakable high-end aesthetics, artists working primarily in<br />

the graphic field are taking a place of prominence at exhibitions, fairs<br />

and in museums. Their great popularity with the public largely derives<br />

from their aura of hand-made originality, which printed graphics are now<br />

seen to possess to a greater degree than those works requiring a more<br />

extensive, technical production process. But none of these revived traditional<br />

ways of picture-making has managed to reinvent its conventional,<br />

somewhat stuffy image as successfully as the <strong>linocut</strong>. The linoleum cut has<br />

unexpectedly proven particularly popular with younger artists, especially<br />

through the contrast it presents to the omnipresent means of expression<br />

offered by the new media. The secret of this renaissance is probably not<br />

so much to do with the fact that linoleum and PVC constitute one of the<br />

dominant aesthetic features of public interiors in both East and West<br />

Germany, and rather more with the immediacy of artistic work in this<br />

medium. It can be attributed to the ease and speed of cutting, the direct<br />

transfer of creative ideas to the linoleum tile, and the resulting special<br />

quality of the prints. This special character manifests itself on paper in<br />

powerful colours, strong lines and angles and, to a certain extent, in an<br />

unpredictable execution. This return to immediacy evident in the works<br />

of artists such as Thomas Kilpper, Sebastian Speckmann, Claas Gutsche<br />

and Philipp Hennevogl nevertheless does not entail a return or step backwards<br />

to classical subject-matter or obsolete motifs. Rather, these artists<br />

utilise the <strong>linocut</strong> medium to make current themes and imagery their own,<br />

setting themselves in deliberate opposition to photographic techniques,<br />

cinematic works and media-based art. Both individual artistic handiwork<br />

as well as the whole process of creating a work of art thus are returned<br />

prominently to the centre of attention.


Hinsichtlich der vier Künstler der Ausstellung LINOCUT RELOADED<br />

ist es interessant, die Koordinaten dieses Arbeitsprozesses genauer zu<br />

betrachten und über Bildmaterial, Kontexte und Bedingungen nachzudenken.<br />

Gerade Material und Kontext spielen für Gutsche und Kilpper, im weiteren<br />

Sinne aber auch für Hennevogl und Speckmann eine entscheidende<br />

Rolle. Ihre Blätter transformieren medial repräsentierte Geschichte, das<br />

kollektive Erinnern an Personen, Ereignisse und gesellschaftliche Atmosphären<br />

in ikonische Bilder mit immenser emotionaler Aufladung.<br />

Thomas Kilppers Portraits politischer Persönlichkeiten der deutsch-deutschen<br />

Nachkriegsgeschichte erklären sich aus einer dezidierten künstlerischen<br />

Auseinandersetzung mit historisch gewordenen Orten, wie z.B. der<br />

ehemaligen Stasi-Zentrale in Ostberlin. Als er 2009 dort im Rahmen seines<br />

Projekts State of Control aus dem Material der Bodenbeläge der ehemaligen<br />

Kantine großformatige Linolschnitte fertigte, verband er die erdrückende<br />

historische Einschreibung dieser Räume mit einer subjektiv angelegten Mind<br />

Map von Fragmenten seiner Erinnerung und Vorstellung von politischer<br />

Geschichte. Solchermaßen die Perspektive auf Totalitarismus und Überwachung<br />

extrem erweiternd, werden auch jene Abbilder früherer politischer<br />

Akteure und westlicher Repräsentanten zum integralen Bestandteil<br />

seines Konzepts einer soziopolitischen Analyse der Stasipolitik. Im Spannungsverhältnis<br />

zwischen geschnittenem Bodenbelag und bedruckten<br />

Textilflächen entfaltete sich am historischen Ort der Bezug zwischen Spurensicherung<br />

und Analyse von Bilderpolitik.<br />

Claas Gutsche rekapituliert in seinen Linolschnitten ebenfalls die Funktionsweisen<br />

medialer Bilder und eine damit einhergehende kollektive Erinnerungskultur.<br />

Gleichermaßen filmisches Denken wie Fotomaterial aus Printmedien<br />

reflektierend, setzt er Skandalisierungsmechanismen über den<br />

Einsatz von Bildern mit der Darstellung scheinbar harmloser Situationen pa -<br />

rallel. So vermittelt z.B. sein wie ein Nachstück anmutender Linoldruck<br />

Hunger einen Eindruck davon, wie mediale Wahrnehmung und visuelle<br />

Repräsentation durch die gezielte Politik der Bilder einer Bedeutungsanreicherung<br />

unterzogen werden. Selbst der Blick auf urbane Peripherien<br />

und unscheinbare Szenen am Rande unserer Aufmerksamkeit erfährt bei<br />

Gutsche im Medium Linolschnitt eine verblüffende Transformation und reiht<br />

sich ein in die Tradition politischer Psychogramme von Goya bis Tuymans.<br />

With regard to the four artists of the exhibition LINOCUT RELOADED,<br />

it is interesting to take a closer look at the coordinates of this work process,<br />

considering their image repertoire, contexts and conditions. Repertoire<br />

and context in particular play a decisive role for Claas Gutsche and<br />

Thomas Kilpper, and in a wider sense for Philipp Hennevogl and Sebastian<br />

Speckmann also. Their prints take history as represented in the media, collective<br />

memories of people, events and of the feeling or “vibe” of a society,<br />

and transform them into iconic images charged with intense emotion.<br />

Thomas Kilpper’s portraits of political figures from both East and West<br />

German postwar history are the result of purposeful artistic engagement<br />

with places of historical interest, such as the former Stasi headquarters<br />

in East Berlin. In 2009 he created large-format <strong>linocut</strong>s from the flooring<br />

material of the headquarters‘ former canteen as part of his project State of<br />

Control, combining the oppressive history inscribed in these rooms with a<br />

subjective mind map of fragments of his own memories and ideas of political<br />

history. Images of much earlier political key players and representatives<br />

of the West thus also become part of his concept of sociopolitical analysis<br />

of Stasi politics, giving a much broader view of totalitarianism and surveillance<br />

in the process. At this historic location, amid the tension between cut<br />

flooring and large-format printed textiles, the relationship between investigation<br />

on the one hand and an analysis of the politics of images on the<br />

other was able to unfold.<br />

Claas Gutsche also recapitulates the workings of media pictures and the<br />

connected collective culture of memory in his occasionally large-format<br />

<strong>linocut</strong>s. Refl ecting both cinematic thought and photographic material<br />

from print media, he uses pictures to create a parallel between the mechanisms<br />

of scandalmongering and the representation of apparently harmless<br />

situations. For example, his addenda-like <strong>linocut</strong>s Hunger or the view<br />

of a residential estate of single-family homes in the 1930s give a striking<br />

impression of how a targeted politics of images can give both media perception<br />

and visual representation rich layers of additional meaning. Even<br />

the view of urban peripheries and nondescript scenes at the very edge of<br />

our attention undergoes a transformation at the hands of Claas Gutsche<br />

in the <strong>linocut</strong> medium. Gutsche’s work thus takes its place in the tradition<br />

of political psychograms from Francisco de Goya to Luc Tuymans.


Für Sebastian Speckmanns Arbeiten lässt sich das Bildrepertoire weitaus<br />

schwerer fest umreißen. Denn an die Stelle der Analyse medialer Bilder<br />

tritt eine Lust am Fabulieren in Bildern unterschiedlicher Genese. Es<br />

scheint, als verbänden sich in seinen Linolschnitten Partikel persönlicher<br />

Bildvorlagen mit Medienbildern, Landschaftsausschnitten und frei entwickelter<br />

Narration. Speckmanns Arbeiten beziehen ihren eigentümlichen<br />

Charakter denn auch weniger aus dem, was dargestellt ist, als vielmehr<br />

daraus, wie er die Motive in der grafi schen Aneignung behandelt und<br />

umsetzt. So entwickelt er neben expressiv in Lineaturen und scharfen<br />

Kanten angelegten Blättern fein ausgearbeitete Bildszenen, die sich aus<br />

kleinsten ins Linoleum geschnittenen Punkten zusammensetzen und so<br />

Bildräume von größter atmosphärischer Dichte schaffen. Insbesondere<br />

seine dieserart gestalteten figurativen Grafiken gewinnen dem Linolschnitt<br />

eine ungewöhnlich ephemer erscheinende Qualität hinzu.<br />

Der strukturelle Blick auf technische Zusammenhänge, auf Gerüstkonstruktionen<br />

oder Kabelansammlungen definiert große Werkgruppen von<br />

Philipp Hennevogl. Auch er konzentriert sich auf grafi sche Techniken,<br />

arbeitet aber im Unterschied zu seinen Kollegen nahezu ausschließlich<br />

mit Linolschnitt. Waren es bis vor wenigen Jahren neben Close-ups auf<br />

beiläufi ge Motive noch überwiegend Figurendarstellungen, so stehen<br />

seit 2009 beinahe ausschließlich grafische Strukturanalysen im Mittelpunkt<br />

der Arbeit. Seine jüngsten Bilder zeigen in sich zusammengestürzte<br />

Gebäude und dienen offenbar als Vorlage für die Erweiterung der grafischen<br />

Strichführung auf ein groß angelegtes Bildmotiv. Schon die fokussierenden<br />

Einblicke in monumentale Gerüstkonstruktionen lassen diese<br />

Reflexion grafischer Ausdrucksmittel im abstrakten Bild erkennen, finden<br />

aber in der Serie Haufen ebenso wie bei Gutsche ihre medienanalytische<br />

Erweiterung: Zu offensichtlich ist die Bezugnahme auf Medienbilder von<br />

Katastrophen und Kriegsereignissen, um in der verwirrenden Anlage von<br />

sich verschränkenden Lineaturen allein eine formale Vorliebe des Grafikers<br />

für Strukturen zu erkennen. Somit machen auch Hennevogls Blätter<br />

deutlich, wie sehr die aktuelle Arbeit von Künstlern mit dem traditionellen<br />

Medium des Linolschnitts von einer kritischen Auseinandersetzung<br />

mit modernen Bildherstellungsverfahren und deren medialem Einsatz<br />

verbunden ist.<br />

Ralf F. Hartmann<br />

The image repertoire of Sebastian Speckmann’s work with linoleum cut is<br />

much harder to define. For instead of analysing media images or visual<br />

systems of representation, he delights in storytelling, using pictures of different<br />

origin. In his <strong>linocut</strong>s, it seems as if elements of personal images<br />

combine with media images, landscape extracts and freely developed<br />

narration. The unique character of Speckmann’s works is derived less from<br />

what they represent and rather from the way he treats and renders motifs,<br />

figures and scenes, making them his own in the process of graphic creation.<br />

As well as prints characterised by expressive lines and sharp angles,<br />

he also develops exquisitely detailed pictorial scenes, made up of tiny<br />

dots cut in the linoleum and thus creating images of great atmospheric<br />

concentration. Particularly some of his figurative graphics made in this<br />

way are able to give the <strong>linocut</strong> a quality of unusual ephemerality.<br />

Large groups of works by Philipp Hennevogl are defined by their structural<br />

view of technical nexuses, scaffolding constructs, collections of<br />

cables, flooring patterns or the chaos of collapsed architectural structures.<br />

Like his three colleagues, he concentrates on artistic work using graphic<br />

techniques, but unlike them, he works almost exclusively with <strong>linocut</strong>. Up<br />

until a few years ago, close-ups of casual motifs and figural representation<br />

formed the centre of his work; since 2009 however, his focus has<br />

been almost exclusively on graphic structural analyses. His latest pictures<br />

show collapsed buildings and evidently form a template for an extension<br />

of his graphic style to include large-scale image motifs. This reflection of<br />

graphic means of expression in abstract images is evident in the focus on<br />

and insight into monumental scaffold structures, which similarly to Claas<br />

Gutsche’s work are given an additional dimension of media analysis in the<br />

series Haufen (Piles): the references to media images of catastrophes and<br />

war events are too obvious for the confusing pattern of interwoven lines<br />

to be attributed solely to the graphic artist’s love of structures. Thus also<br />

Philipp Hennevogl’s prints make it clear to which extent artists’ contemporary<br />

work with the traditional medium of the <strong>linocut</strong> in particular engages<br />

critically with modern image production processes and their use in the<br />

media.<br />

Ralf F. Hartmann


CLAAS GUTSCHE (*1982)<br />

2003–2006 Hochschule für Kunst und Design, Burg Giebichenstein Halle/Saale<br />

2006–2007 University of Brighton<br />

2007–2009 Fine Art Printmaking, Royal College of Art, London<br />

Exhibitions (selected)<br />

2011 Borders, <strong>Galerie</strong> Maurer, Frankfurt am Main<br />

2010 newcontemporaries, The Institute of Contemporary Arts, London<br />

newcontemporaries, A Foundation, Liverpool<br />

druckreif, Kunsthaus Hamburg<br />

Summer Exhibition, Royal Academy of Arts, London<br />

Der geheime Garten der Nachtigall, WAGNER + PARTNER, Berlin<br />

Jenseits des Kanals, Kunstraum Ortloff, Leipzig<br />

“Mein zentrales Thema sind Orte und Landschaften, die im Grenzbereich<br />

zwischen Zivilisation und Natur liegen und hinter deren idyllischer<br />

Fassade sich eine weitere, meist düstere Wirklichkeit verbirgt. Um diese<br />

Örtlichkeiten mit der nötigen Atmosphäre und Stimmung aufzuladen,<br />

scheint mir der Linolschnitt auch in der Möglichkeit große Formate zu<br />

schaffen am besten geeignet. Das Herausarbeiten unter schiedlicher<br />

Grautöne in Linoleum erzeugt eine Dramaturgie von Licht und Schatten,<br />

welche eine Atmosphäre von Bedrohung und Sublimität impliziert.<br />

Weiterhin für mich bedeutend ist der teilweise monatelange Prozess<br />

des Schneidens, der mich immer näher in die jeweilige Thematik führt<br />

und in die ich bestenfalls vollständig eindringe. Diese Arbeitsphase hat<br />

etwas kontemplatives, eine Qualität, die in dieser Form für mich nur der<br />

Linolschnitt mit sich bringt. Diese Art von Entschleunigung halte ich für<br />

essentiell, um eine bestimmte Tiefe und Dichte in meinen Arbeiten zu<br />

erreichen.“<br />

Artist Statement, 2011<br />

“Places and landscapes situated on the border between civilisation and<br />

nature, whose idyllic facade conceals a larger and often darker reality,<br />

form the central theme of my work. To me, <strong>linocut</strong> seems the best way of<br />

investing these places with the necessary atmosphere and feeling, also<br />

because it offers the possibility of creating large formats. Bringing out<br />

different shades of grey in linoleum creates a dramaturgy of light and<br />

shadow that suggests an atmosphere at once threatening and sublime.<br />

The cutting process is of further importance for me. It can sometimes take<br />

months, and leads me closer and closer to the respective theme which, in<br />

the best case, I completely immerse myself in. This work phase has something<br />

contemplative about it, a quality which only a <strong>linocut</strong> is able to provide<br />

me with in this shape and form. I consider this kind of deceleration<br />

essential in order to achieve a certain depth and density in my works.”<br />

Artist Statement, 2011


Claas Gutsche, Linoldruck Tapete, 2011, Größe variabel / Fixed wire, 2011, Linolschnitt, Handdruck, 22 x 27,5 cm


Claas Gutsche, Hunger (Wuestefeld), 2009, Linolschnitt, Handdruck, 182 x 229 cm


Claas Gutsche, Siedlung Krumme Lanke, 2010, Linoldruck auf Papier, 184 x 268 cm


PHILIPP HENNEVOGL (*1968)<br />

1988–1994 Studium der Freien Kunst/Malerei an der Universität GH-Kassel<br />

1994–1995 Erasmus Stipendium, Madrid<br />

2009 Förderpreis der Stadt Würzburg<br />

2010 Mainzer Stadtdrucker 2010/2011, Mainz<br />

Exhibitions (selected)<br />

2011 Schnitte ins Herz und in die Augen, Museum Franz Gertsch, Burgdorf, Schweiz<br />

2010 Ordnung und Zufall, <strong>Galerie</strong> Hunchentoot, Berlin<br />

Mainzer Stadtdrucker 2010/11, Gutenberg Museum, Mainz<br />

Implosionen, Städtisches Museum Engen<br />

2009 Grafik Triennale Krakau-Oldenburg<br />

„Seit meiner Kindheit mache ich schon Linolschnitte. Ich bin in dieser<br />

Technik einfach in meinem Element und ich kann mich darin am besten<br />

ausdrücken. Man könnte sagen, dass ich mir mit der Zeit eine Art grafischen<br />

Blick angewöhnt habe, der meine Aufmerksamkeit wie automatisch<br />

auf die grafischen Aspekte von allem, was ich sehe, lenkt.<br />

Die Transformation der Realität zur einem Schnitt, der Reduzierungsprozess<br />

auf Grundelemente, aber auch die Vielfältigkeit der Ausdrucksmöglichkeiten,<br />

machen für mich dieses Medium besonders attraktiv.<br />

Auch wenn der Linolschnitt keinen direkten thematischen Einfluss auf den<br />

Inhalt meiner Arbeiten hat, führt die technische Umsetzung zwangsläufig<br />

zu bestimmten Eigenschaften. Schwarze Linie, weiße Linie, schwarze<br />

Fläche, weiße Fläche sind zum Teil technisch bedingte Entscheidungen,<br />

die den Charakter meiner Arbeiten prägen.“<br />

Artist Statement, 2011<br />

“I have been making <strong>linocut</strong>s since my childhood. I simply feel in my<br />

natural element in this technique, and I express myself best through it.<br />

You could say that over time I have adopted a kind of graphic point of view,<br />

which automatically draws my attention towards the graphic aspects of<br />

everything I see.<br />

The transformation of reality into a cut, the process of reducing things to<br />

their basic elements, but also the manifold means of expression: this is<br />

what attracts me to this particular medium.<br />

Even though the <strong>linocut</strong> technique has no direct influence on the<br />

content of my works, the technical realisation inevitably leads to certain<br />

characteristics. Black line, white line, black patch, white patch – these are<br />

decisions made partly for technical reasons which shape the character of<br />

my work.”<br />

Artist Statement, 2011


Philipp Hennevogl, FRIEDHOF, 2007, Linolschnitt, Handdruck: 111 x 144 cm, Papier: 140 x 180 cm


Philipp Hennevogl, GERÜST, 2008, Linolschnitt, Handdruck: 105 x 156 cm, Papier: 140 x 190 cm


Philipp Hennevogl, STUDIO, 2010, Linolschnitt, Handdruck: 80 x 110 cm, Papier: 110 x 140 cm


THOMAS KILPPER (*1956)<br />

Studium Malerei und Bildhauerei an den Staatlichen Kunstakademien Nürnberg,<br />

Düsseldorf (Prof. Alfonso Hüppi) und Frankfurt am Main (Städelschule)<br />

1998 Meisterschüler der Bildhauerklasse von Prof. Georg Herold, Städelschule<br />

Frankfurt<br />

Exhibitions (selected)<br />

2011 Selected Artist, NBGK Berlin<br />

Biennale Venedig<br />

Villa Romana, Florenz<br />

2010 squat or be damned, Fokus Biennale Lodz<br />

2009 State of Control – out of Control, Ehemaliges Ministerium für<br />

Staatssicherheit der DDR, und Neuer Berliner Kunstverein – n.b.k., Berlin<br />

Ein Leuchtturm für Lampedusa!, Villa Romana, Florenz<br />

„Wenn ich die Bodenarbeiten mache, kommen mir die Bilder förmlich aus<br />

dem Boden entgegen. (…) Was jetzt in dem Linolschnitt im MfS (ehemaliges<br />

Ministerium für Staatssicherheit) im Unterschied zu den Holzschnitten<br />

definitiv anders ist: Das Material verhält sich ganz anders – Holz hat<br />

viel mehr Charakter, erst brutal hart, dann springt es weg. Holz muss<br />

geschlagen werden. Das Linoleum ist insgesamt weicher, aber gleichbleibend<br />

widerständig. Im Linoleum kann ich detailfreudiger arbeiten,<br />

verschiedene Grauwerte erzeugen und auch komplizierte Bilder und<br />

Szenen schneiden. Auch die Porträts sind viel differenzierter, einige eher<br />

weich, andere hart und kantig. Ich lande immer wieder bei Porträts – es<br />

ist einfach faszinierend, mit welchen leichten Nuancen unterschiedlichste<br />

Gesichter entstehen.“<br />

„Da ich mit Overheadprojektoren arbeite, bedeutet das: Dort wo Licht<br />

auf den Boden fällt, muss ich mein Messer setzten, den »Lichtstrahl wegschneiden«<br />

– dann entsteht etwas Neues. Indem ich also Materie verringere,<br />

indem Materie schwindet, werden Bilder freigelegt. Insofern findet<br />

sowohl ein Transformations- als auch ein Verdichtungsprozess statt.“<br />

Interview mit Clemens Krümmel aus dem Katalog State of Control, NBK, 2009<br />

“When I do floor works, the images often come almost literally from the<br />

fl oor. (…) What´s definitely different now in the <strong>linocut</strong> at MfS (former<br />

Ministry for State Security) is in contrast to the woodcuts that the material<br />

behaves differently: wood has a great deal more character, it is at<br />

first brutally hard, then it suddenly breaks away. Wood has to be struck.<br />

Linoleum is on the whole softer, but equally resilient. In linoleum I can<br />

work with a lot more detail, creating various gray tones and complicated<br />

images and scenes. The portraits are also much more differentiated, some<br />

are rather soft, while others are hard and sharp-edged. I wind up at portraits<br />

over and over – it is simply fascinating how such slight nuances allow<br />

the most various faces emerge.”<br />

“Since I work with overhead projectors, this means: wherever light falls<br />

on the ground I have to use my knife to cut away the light beam, then<br />

something new emerges. By reducing the material, in that material disappears,<br />

images are freed. To that extent, transformation and condensation<br />

process takes place.”<br />

Interview with Clemens Krümmel published in the catalogue State of Control, NBK, 2009


Thomas Kilpper, Ulrike Meinhof (*1934 †1976), Mädchenerziehungsheim Guxhagen bei Kassel (1969), 2009, Linoldruck


Thomas Kilpper, Bundeskanzler Willy Brandt (*1913 †1992) und persönlicher Referent Günter Guillaume, 2009, Linoldruck


Thomas Kilpper, State of Control, 2009, Außenfassade ehemaliges MfS der DDR


SEBASTIAN SPECKMANN (*1982)<br />

2003–2009 Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig / Fachklasse Prof. Neo Rauch<br />

2006–2010 Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes<br />

2008 Royal Academy of Arts, London<br />

2009 Diplom bei Prof. Neo Rauch<br />

seit 2009 Meisterschüler bei Prof. Heribert C. Ottersbach<br />

Exhibitions (selected)<br />

2011 Olpe Wolfen Schwarzenberg, Museum der bildenden Künste, Leipzig<br />

Lubok, Kunstmuseum Spendhaus, Reutlingen<br />

Germans Pech; Zink, Kunstverein Essenheim<br />

druckreif, Kunsthaus Hamburg<br />

Schnittstelle Druck, Museum der Bildenden Künste Leipzig<br />

2010 Summer Exhibition, Royal Academy London<br />

The Black Door Files, Black Door, Istanbul<br />

Linolschnitt heute, Städtische <strong>Galerie</strong> Bietigheim-Bissingen<br />

„Ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit ist der Versuch einen Bildkosmos<br />

aus Szenen, Interieurs, Architekturen, Landschaften und Menschen zu<br />

erschaffen, welcher sich aus dem Realen und Surrealem zusammensetzt.<br />

Ich versuche den Widerspruch der Wirklichkeit, welcher oftmals nur aus<br />

dem Augenwinkel heraus für einen kurzen Moment sichtbar wird, einzufangen.<br />

Im Linolschnitt ergibt sich für mich die Möglichkeit aus Versatzstücken<br />

eigener, gesehener und gefundener Realität bzw. Vergangenheit eine<br />

neue Form zu schaffen. Dabei ist das Linoleum ein willkommener Bildträger.<br />

Am Beginn jeder Arbeit ist es, würde es gedruckt werden, schwarz.<br />

Erst durch das Schneiden entstehen die Dinge, werden mit Licht an die<br />

Oberfläche gebracht und geben sich preis. Mittels Punkt und Linie kann<br />

ich Eindrücke collagenartig aus allen Medien schöpfen und im Druck zu<br />

einer Einheit verschmelzen lassen.“<br />

Artist Statement, 2011<br />

“The attempt to create a pictorial cosmos out of scenes, interiors, architectures,<br />

landscapes and human beings, made up of both real and surreal<br />

elements, forms an important part of my work. I try to capture the contradictory<br />

nature of reality, which is often only visible for a brief moment out<br />

of the corner of one‘s eye.<br />

For me, using <strong>linocut</strong> opens up the possibility of creating a new pattern out<br />

of the pieces of my own reality or past as I have seen and discovered them.<br />

Linoleum is a welcome vehicle for these images. The beginning of each<br />

piece of work, if printed, would be black. Only through cutting do things<br />

materialise; they are brought to the surface through light and reveal<br />

themselves. Using dots and lines, I can take impressions from all kinds of<br />

media, like a collage, and blend them to create a new unity in the print.”<br />

Artist Statement, 2011


Sebastian Speckmann, Installation Markt, Museum der bildenden Künste Leipzig, 2011


Sebastian Speckmann, Herd, 2010, Linoldruck, 30 x 42 cm


Sebastian Speckmann, o.T., 2010, Linoldruck, 64 x 60 cm


Wir danken<br />

der <strong>Galerie</strong> Kleindienst, Leipzig und der<br />

<strong>Galerie</strong> Christian Nagel, Köln/Berlin/Antwerpen<br />

GALERIE HUNCHENTOOT<br />

Karl-Marx-Allee 87 . 10243 Berlin<br />

T +49 30 21 96 01 37<br />

www.galerie-wagner-partner.com<br />

mail@galerie-wagner-partner.com<br />

Choriner Straße 8 . 10119 Berlin<br />

T +49 30 41 72 54 30<br />

www.galerie-hunchentoot.de<br />

kontakt@galerie-hunchentoot.de<br />

all rights reserved © <strong>Galerie</strong> <strong>Wagner</strong> + <strong>Partner</strong><br />

Redaktion Margret Uhrmeister Grafik-Design ExtraGestaltung, Margarethe Hausstätter Abbildungen: Claas Gutsche courtesy <strong>Wagner</strong> + <strong>Partner</strong>, Berlin & <strong>Galerie</strong> Maurer Frankfurt am Main<br />

Philipp Hennevogl courtesy <strong>Galerie</strong> Hunchentoot, Berlin Thomas Kilpper courtesy <strong>Galerie</strong> Christian Nagel, Köln/Berlin/Antwerpen Sebastian Speckmann courtesy <strong>Galerie</strong> Kleindienst, Leipzig


Die Technik des Linolschnitts erlebt gegenwärtig ein Comeback. Junge<br />

Künstler verwenden dieses traditionelle Medium zunehmend, um aktuelle<br />

Themen zu bearbeiten. Der Linoldruck wird aus dem grafischen Kabinett<br />

geholt und auf einer größeren Bühne präsentiert. Großformatige Arbeiten,<br />

fotorealistische Kommentare zum Zeitgeschehen, Installationen und<br />

dreidimensionale Präsentationen bringen neue Aspekte in die Auseinandersetzung<br />

mit diesem Medium.<br />

Die Berliner <strong>Galerie</strong>n WAGNER + PARTNER und HUNCHENTOOT greifen<br />

diese Entwicklung in Form einer gemeinsamen Gruppenausstellung unter<br />

dem Titel LINOCUT RELOADED auf und zeigen vier zeitgenössische Positionen<br />

aus Berlin und Leipzig. Die Ausstellung diskutiert die Frage, welche<br />

spezifischen Eigenschaften des Mediums den Linolschnitt für Künstler<br />

attraktiv machen und welche Innovationen zu entdecken sind. Vertieft<br />

wird der Inhalt der Ausstellung in einem Künstlergespräch mit Dr. Ralf. F.<br />

Hartmann.<br />

The linoprint is experiencing a revival. Emerging artists are increasingly<br />

harnessing the <strong>linocut</strong> to explore contemporary themes, taking what was<br />

once simply considered a traditional graphic technique and elevating it<br />

as a legitimate form. Large format works, photo-realistic social commentary,<br />

installations and three-dimensional presentations are bringing new<br />

dimensions to the use of this medium.<br />

The Berlin galleries WAGNER + PARTNER and HUNCHENTOOT are marking<br />

this development with a collaborative group exhibition entitled LINOCUT<br />

RELOADED. Through the work of four artists from Berlin and Leipzig, the<br />

show examines the character of the <strong>linocut</strong>, the opportunity it offers the<br />

artist and how artists are reinvigorating the medium. The exhibition’s<br />

themes will be further explored in a discussion with the artists lead by<br />

Dr Ralf.F.Hartmann.


CLAAS GUTSCHE<br />

PHILIPP HENNEVOGL<br />

THOMAS KILPPER<br />

SEBASTIAN SPECKMANN

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