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«Nackt zu spielen, ist befreiend» - Rutishauser, Roman

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www.tagblatt.ch – Rorschach, Montag, 24. September 2007<br />

Vor allem gestern Nachmittag liessen zahlreiche Kunstinteressierte den Gong in der Badhütte<br />

erzittern.<br />

<strong>«Nackt</strong> <strong>zu</strong> <strong>spielen</strong>, <strong>ist</strong> <strong>befreiend»</strong><br />

«KlangSeilAkt» startete bei schönem Wetter – und die<br />

Hüllen fielen tatsächlich<br />

rorschach. Staunende und manchmal etwas ratlose Passanten: Das Kulturprojekt<br />

«KlangSeilAkt» sorgte dieses Wochenende für Aufsehen in der Stadt. Wer den grossen Gong<br />

in der Badhütte <strong>spielen</strong> wollte, konnte dies nur im Adamskostüm tun.<br />

Lea Müller<br />

Ein tiefer, klangvoller Ton lässt die Passanten auf der Seepromenade aufhorchen. Es <strong>ist</strong> ein<br />

nicht gerade alltäglicher Klang, der sich weit über den See hinaus erstreckt und langsam<br />

verebbt. Nach einem langen Augenblick Stille folgt eine schnellere Abfolge von Tönen.<br />

Einige Leute sind jetzt stehengeblieben und schauen sich suchend nach dem Urheber der<br />

Musik um. «Ach, jetzt fällt mir erst ein, was das sein könnte», meint eine Frau schliesslich<br />

lachend. «Da wird gerade der grosse Gong in der Badhütte gespielt.»<br />

Zögern und überwinden<br />

In der Badhütte kniet <strong>Roman</strong> <strong>Rutishauser</strong> nackt vor dem riesigen Gong, der golden in der<br />

Sonne glänzt. Ruhig verharrt er so, bis der eben geschlagene Ton verklungen <strong>ist</strong>. Dann holt er<br />

weit aus und lässt das grosse Instrument beim erneuten Schlag erzittern. «Es <strong>ist</strong> schön, dem<br />

Klang des Gongs <strong>zu</strong><strong>zu</strong>hören, aber ihn selbst <strong>zu</strong> erzeugen <strong>ist</strong> ein noch unglaublicheres<br />

Erlebnis», sagt der Musiker und Projektleiter später und erklärt: «Man kann sich von seinen<br />

Emotionen leiten lassen und abschalten. Das Nacktsein wirkt da<strong>zu</strong> sehr befreiend.» Bisher


www.tagblatt.ch – Rorschach, Montag, 24. September 2007<br />

habe er sehr positive Rückmeldungen erhalten, erzählt <strong>Rutishauser</strong> weiter. Drei bis vier Leute<br />

hätten den Gong bereits geschlagen und seien bege<strong>ist</strong>ert gewesen.<br />

Vor der Badhütte hat sich eine Gruppe von Neugierigen versammelt. Ein Mitorganisator<br />

erklärt Sinn und Zweck des Projekts und muss immer mal wieder darauf hinweisen, dass das<br />

Innere der Badhütte nur nackt betreten werden darf.<br />

Nur kurzes Zögern<br />

Bei so schönem Wetter gibt es kein Pardon. Ein Mann zögert: «Ich finde es wirklich eine<br />

super Sache, aber ich habe einfach <strong>zu</strong> wenig Mut. Ich warte lieber auf schlechtes Wetter.»<br />

Andere wiederum kostet es weniger Überwindung: Nicht lange nachdem <strong>Roman</strong> <strong>Rutishauser</strong><br />

aufgehört hat <strong>zu</strong> <strong>spielen</strong>, lässt nämlich schon der Nächste den riesigen Gong erklingen.<br />

Symbolik oder Schönheit<br />

Die 35 tibetischen Klangschalen, die am Klangseil befestigt sind, finden bei den Passanten in<br />

der Stadt unterschiedliche Beachtung. Einige gehen achtlos an den herunterhängenden<br />

Schnüren vorbei, einige ziehen ratlos daran und andere wiederum lassen die Klangschalen<br />

ganz bewusst erklingen. Eine Rorschacherin hat sich vorgenommen, den ganzen Weg vom<br />

Ausgangspunkt Mariaberg bis runter <strong>zu</strong>r Badhütte ab<strong>zu</strong>wandern. «Mir gefällt die Symbolik<br />

des Klangseils, das die Töne in die Welt hinaus trägt», erklärt sie. <strong>Roman</strong> <strong>Rutishauser</strong> fährt ab<br />

und <strong>zu</strong> mit seinem Traktor vorbei, um heruntergerissene oder verwickelte Schnüre wieder <strong>zu</strong><br />

erneuern. Es komme vor, dass auch mutwillig zerstört werde, sagt er, aber seine Mühe lohne<br />

sich, da die Mehrheit der Bevölkerung das Klangseil und die Idee dahinter bestimmt schätze.<br />

So sehen es auch zwei ältere Damen: «Wir <strong>spielen</strong> zwar selbst nicht mit den Klangschalen,<br />

aber es <strong>ist</strong> wunderschön an<strong>zu</strong>sehen, wenn das Seil abends leuchtet.»<br />

regionkultur/42

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