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Ratgeber<br />

Fertigpackungen<br />

Mehr<br />

Verpackung als<br />

Inhalt?<br />

Die meisten Verbraucher kennen das schale Gefühl,<br />

nicht das für sein Geld das erhalten zu haben, was<br />

man eigentlich erwartet. Wenn in der Kekspackung<br />

oder Chipstüte dann doch weniger drin ist als gedacht,<br />

fühlen sich viele getäuscht – schnell sind Begriffe wie<br />

„Mogelpackung“ und „Abzocke“ zur Hand.<br />

Wenn wir für unser<br />

Geld eine scheinbar<br />

arg unterfüllte<br />

Packung erhalten,<br />

die äußerlich mehr<br />

Inhalt verspricht<br />

als es wirklich der<br />

Fall ist, dann nagt<br />

das verständlicherweise<br />

an unserem<br />

Gerechtigkeitsempfinden.<br />

INFORMATION<br />

Tatsächlich<br />

haben die Hersteller keineswegs einen<br />

Persilschein, um frei nach Belieben Packungsinhalt<br />

und Packungsgröße zu<br />

variieren. Die Befüllung von Fertigpackungen<br />

unterliegt ebenso weitreichenden<br />

gesetzlichen Regelungen wie<br />

das zulässige Verhältnis von Inhalt und<br />

Packungsgröße. Warum lässt sich dann<br />

das Gefühl irgendwo zwischen Enttäuschung,<br />

Frust und Ärger nicht durch die<br />

bloße Gewissheit, dass alles mit rechten<br />

Dingen zugeht, aus der Welt schaffen?<br />

Gesetz über das<br />

Mess- & Eichwesen<br />

§7, Abs. 2:<br />

„Fertigpackungen müssen so<br />

gestaltet und befüllt sein, daß sie<br />

keine größere Füllmenge vortäuschen,<br />

als in ihnen enthalten<br />

ist.“<br />

Wir sind zusammen<br />

mit dem Eichamt<br />

Köln diesem Phänomen<br />

auf den Grund<br />

gegangen – und haben<br />

erfahren, dass<br />

nicht nur werbestrategische<br />

Maßnahmen,<br />

sondern<br />

auch technische<br />

Standards und gesetzliche Regelungen<br />

zum Abfüllverfahren unser Gefühl beeinflussen.<br />

Die Packungsgröße<br />

zwischen Werbeeffekt<br />

und technischer<br />

Anforderung<br />

„Hässlichkeit verkauft sich schlecht“,<br />

propagierte Designer Raymond Loewy,<br />

der unter anderem dem Logo der Zigarettenmarke<br />

Lucky Strike und der Shell-<br />

Muschel zur weltweiter Bekanntheit<br />

verhalf. Im Supermarkt verkauft sich<br />

wohl nur noch Unauffälligkeit schlechter:<br />

Im riesigen Angebot an Produkten,<br />

die in der gleichen Sparte um das Interesse<br />

des Kunden buhlen, sind Design<br />

und Auffälligkeit Trumpf.<br />

Hier erfüllt die Packungsgröße zweierlei<br />

Zweck: Sie ist die Gestaltungsfläche,<br />

um durch das Design Aufmerksamkeit<br />

und Gefallen zu erregen, und<br />

ihre Maße vermitteln auf subtilem Weg<br />

einen Eindruck des entsprechenden Inhalts<br />

– große Packung, viel Inhalt, kleine<br />

Packung, wenig drin.<br />

Die Packungsgröße ist aber nicht<br />

nur von Designvorgaben der Werbeabteilung<br />

abhängig, sondern auch ganz<br />

erheblich vom technischen Abfüllvorgang<br />

der Hersteller. Bei viele Sorten<br />

Frühstücksflocken etwa ist die Packung<br />

größer als die versiegelte Tüte und In-<br />

72


Verdacht auf Mogelpackung?<br />

Ab zum Eichamt!<br />

Sie haben eine Packung gekauft, bei der Sie<br />

partout das Gefühl nicht loswerden, dass<br />

es sich augenscheinlich um eine Täuschung<br />

des Verbrauchers handelt muss? Senden Sie<br />

die Packung mitsamt Angaben zu Kaufdatum<br />

und Supermarkt an die Direktion des Eichbehörde<br />

Ihres Bundeslandes – dort wird jedem<br />

Verdacht nachgegangen, ob es nun eine<br />

Beschwerde einer Privatperson oder des<br />

Gewerbes ist. Die zuständige Direktion der<br />

Eichbehörde Ihres Bundeslandes erfahren<br />

Sie unter: www.eichamt.de<br />

Entspricht das Inhaltsgewicht der aufgedruckten Angabe? Zunächst wird das Gesamtgewicht ermittelt,<br />

im zweiten Schritt dann das Gewicht des Inhalts – die Differenz ist das Packungsgewicht, das für alle<br />

nachfolgenden Messungen austariert werden kann.<br />

Ein elektronisches Dichtemessgerät kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Füllmenge von Flüssigkeiten<br />

ermittelt wird.<br />

Packung auf, Inhalt drauf – die Waage zeigt genau an, ob der Inhalt der aufgedruckten Füllmenge<br />

entspricht.<br />

halt scheinbar erfordern. Dies ist aber<br />

dem machinellen Abfüllprozess geschuldet<br />

und nicht dem Werbezweck.<br />

Die Packungsgröße ist ausserdem auch<br />

vom Produkt selbst abhängig – so enthält<br />

die Chipstüte zum Beispiel ein<br />

Stickstoffpolster, um die Chips länger<br />

haltbar zu machen.<br />

Allerdings kann hier kritisch angemerkt<br />

werden, dass durch eine Veränderung<br />

der Abfülltechnik durchaus die<br />

Packungsgröße reduziert und dem eigentlich<br />

Inhalt angepasst werden kann<br />

– nur ist das mit erheblichen Kosten für<br />

die Industrie verbunden und gegenwärtig<br />

auch nicht vom Gesetzgeber auf<br />

EU- und bundesdeutscher Ebene angedacht.<br />

Die Füllhöhe ist<br />

technisch bedingt –<br />

alles nur Abzocke?<br />

„Die Füllhöhe ist technisch bedingt“<br />

– kaum mehr als eine Ausrede<br />

des Herstellers, um die (zu) große, werbewirksame<br />

Packung zu rechtfertigen?<br />

Keine Frage: Wenn die Füllhöhe des<br />

Produkts in scheinbar krassem Kontrast<br />

zur Packungshöhe steht, stellt sich bei<br />

den meisten Menschen ein fades Gefühl<br />

ein, denn nur allzu leicht lassen<br />

wir uns von solchen optischen Eindrücken<br />

täuschen.<br />

Tatsächlich ist die Füllhöhe durch<br />

zwei Faktoren bedingt: Zum Einen soll<br />

die Unversehrtheit von empfindlichen<br />

Produkten, etwa leicht bröselnden<br />

Keksen und Chips, durch ein entsprechendes<br />

Luft- oder Gaspolster gewährleistet<br />

werden, zum Anderen bedingt<br />

der Transport und die Lagerung ein<br />

Zusammensacken des Inhalts, der allmählich<br />

komprimiert wird – im Gegensatz<br />

zum Moment der Befüllung ist<br />

73


Ratgeber<br />

Fertigpackungen<br />

die Füllhöhe später mitunter wesentlich<br />

geringer.<br />

Nicht von der Packungsgröße<br />

leiten lassen<br />

Die Packungsgröße allein kann<br />

also kein verbindliches Merkmal für<br />

den Inhalt sein – technisch bedingte<br />

Umstände, darunter das maschinelle<br />

Abfüllverfahren und der Effekt der<br />

Komprimierung durch Transport und<br />

Lagerung, führen schnell zum Eindruck,<br />

dass die Packung unverhältnismäßig<br />

groß ist. Es empfiehlt<br />

sich daher, auf die<br />

gedruckte Nennfüllmenge<br />

zu achten.<br />

Zudem sollten<br />

INFORMATION<br />

wir uns die Frage<br />

stellen, in welchem<br />

Maße der Verbraucher<br />

bereit ist, für<br />

Design und Repräsentation,<br />

also ein<br />

gewisses Gefühl oder Erlebnis, Geld<br />

auszugeben – sind Pralinen in einer<br />

aufwendig gestalteten Packung nicht<br />

ein hübscheres Geschenk als etwa in<br />

einer Tüte? In gewissen Fällen sind wir<br />

also durchaus bereit, mehr Geld für eine<br />

große Verpackung auszugeben, als ihr<br />

Inhalt vielleicht erfordert.<br />

Das Mittelwertsystem –<br />

Nachteile für den<br />

Verbraucher?<br />

Kaum ein Supermarktkunde dürfte<br />

wissen, dass der allwöchentliche Einkauf<br />

jedesmal ein Glücksspiel ist. Ob<br />

Scholokade, Kekse oder Frühstücksflocken<br />

- der Inhalt kann weniger, aber<br />

auch mehr wiegen als die aufgedruckte<br />

Gewichtsangabe vermerkt. Die Befüllung<br />

ist trotzdem alles andere als beliebig,<br />

sondern erfolgt auf der rechtlichen<br />

Grundlage des sogenannten Mittelwertsystems.<br />

Das Mittelwertsystem wird von dern<br />

Verbraucherverbänden<br />

kritisiert – sie<br />

Das Mittelwertsystem<br />

Im Mittel müssen die Fertigpackungen<br />

diejenige Menge enthalten, die auf<br />

der Packung vermerkt ist – einzelne<br />

Fertigpackungen können diese Menge<br />

innerhalb bestimmter Grenzen unterschreiten,<br />

dafür müssen andere Fertigpackungen<br />

mehr als die vermerkte<br />

Menge enthalten.<br />

forden, dass jede Packung<br />

mindestens<br />

die Menge enthält,<br />

die auf ihr vermerkt<br />

ist. Eher gelassen<br />

sieht Friedhelm<br />

Braun vom Eichamt<br />

Köln die Situation:<br />

„Unsere Erfahrung<br />

zeigt, dass eine Hundert-Prozent-Prüfung<br />

mathematisch dem Mittelwert<br />

entspricht“, so der Eichamtmann. So<br />

bestätigt die komplette Überprüfung<br />

der Stundenproduktion fast immer das<br />

Ergebnis einer Mittelwertprüfung, bei<br />

der eine beschränkte, produktabhängige<br />

Anzahl Packungen stichprobenartig<br />

kontrolliert wird. Die Praxis scheint<br />

dem Mittelwertsystem Recht zu geben<br />

– entstehen dem Verbraucher also rechnerisch<br />

keine Nachteile?<br />

Der Teufel steckt aber, wie so oft, im<br />

Detail: Die Gerechtigkeit dieses Abfüllsystems<br />

wird dahingehend begründet,<br />

dass der Verbraucher beim mehrfachen<br />

Kauf des gleichen Produkts ja rechnerisch<br />

die aufgedruckte Gewichtsmenge<br />

erwerbe – mal hat er eben<br />

Bei 18cm Packungshöhe bleiben satte 7cm Luft – da wittern die meisten Verbraucher Betrug. Tatsächlich darf man nur vom Gewicht ausgehen: Entspricht die<br />

Kakaomenge der aufgedruckten Nennfüllmenge (in dem Fall: 350g)? Zudem gilt zu beachten, dass sich das Kakaopulver durch Lagerung und Transport verdichtet<br />

und daher die Lufthöhe steigt, obwohl der Inhalt gleich bleibt. Die Messung im Eichamt bestätigte sogar, dass die zwei Testproben mit mehr als zwei<br />

Gramm überfüllt waren.<br />

74


Dipl.-Ing. Friedhelm Braun<br />

Eichamtmann<br />

Eichamt Köln<br />

www.lbme.nrw.de<br />

Mit EICHAMTMANN Friedhelm Braun<br />

EMPORIO: Wie definiert sich eine Mogelpackung und<br />

wie unterscheidet sie sich von ordnungsgemäß befüllten<br />

Verpackungen?<br />

Braun: Nach dem Eichgesetz müssen Fertigpackungen so<br />

gestaltet sein, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen,<br />

als in ihnen enthalten ist (§7 Abs. 2 Eichgesetz).<br />

Fertigpackungen, die dieses Gebot verletzen, werden als<br />

„Mogelpackung“ bezeichnet. Als Mogelpackungen sind<br />

solche Packungen anzusehen, bei denen ein Missverhältnis<br />

zwischen dem Volumen der Verpackung und dem Volumen<br />

des Füllguts (Erzeugnis) vorhanden ist, ohne dass<br />

dies aus Gründen zum Schutz des Erzeugnisses oder aus<br />

verpackungstechnischen Gründen erforderlich ist.Größere<br />

Füllmengen werden zum Beispiel vorgetäuscht durch hochgezogene Böden,<br />

Hohlräume, übergroße Verschlüsse, doppelte Wandungen.<br />

Auch Kosmetikartikel, die nicht unter die Rubrik<br />

„Luxusprodukte“ fallen, werden überprüft. Im<br />

Gegensatz zu dieser ausgespülten Flasche verbleibt<br />

im Praxisverbrauch stets eine Restmenge,<br />

die an der Flasche haften bleibt.<br />

INTERVIEW<br />

EMPORIO: Welche Konsequenzen hat ein Hersteller zu erwarten, wenn<br />

ihm das Einbringen einer Mogelpackung in den Handel nachgewiesen<br />

werden kann?<br />

Braun: Das Inverkehrbringen von Mogelpackungen ist eine Ordnungswidrigkeit<br />

und kann mit einer Geldbuße von maximal 10000 € geahndet werden,<br />

wobei auch rechtswidrig erlangte Gewinne abgeschöpft werden können.<br />

EMPORIO: Wird der Verbraucher durch das Abfüllen nach dem Mittelwertprinzip<br />

benachteiligt?<br />

Braun: Die Eichbehörden prüfen bei den Herstellern, Importeuren oder Händlern<br />

anhand größerer Stichproben mit Hilfe von elektronischen Waagen, ob<br />

die durchschnittliche Füllmenge (Mittelwert) einer Stichprobe mindestens der<br />

angegebenen Nennfüllmenge entspricht. Während die Mittelwertforderung<br />

die Verbraucher als Gesamtheit gegen Verluste schützt und der Wettbewerbsgleichheit<br />

dient, sollen die Forderungen hinsichtlich der Toleranzgrenzen<br />

grundsätzlich verhindern, dass der Verbraucher stark unterfüllte Packungen<br />

findet.<br />

Zu den Nachteilen des Mittelwert-Prinzips wird auf den Bericht „Grenzen amtlicher<br />

Füllmengenkontrollen“ verwiesen. Zu finden unter nachstehender Internetadresse:<br />

http://www.lbme.de/servicecenter/index.php?einstieg=#03<br />

EMPORIO: Welche Unterstützung bieten mir die Eichbehörden, wenn ich<br />

als Verbraucher einen konkreten Verdacht auf eine nicht ordnungsgemäße<br />

Befüllung habe?<br />

Braun: Bei Fragen oder Beschwerden kann sich jeder Verbraucher an das<br />

zuständige Eichamt wenden. Wir beraten Sie gerne und gehen Ihren Hinweisen<br />

nach. Zusätzliche Informationen finden Sie auch im Internet unter:<br />

www.eichamt.de<br />

Haben Sie gewusst...<br />

Friedhelm Braun<br />

Eichamtmann Friedhelm Braun vom Eichamt<br />

Köln erläutert rechtliche Detailregelungen und<br />

Praxiserfahrungen im Messbetrieb. So zeige die<br />

Erfahrung, dass in erster Linie menschliches<br />

Versagen und nicht Vorsatz Grund für die Einbringung<br />

von Mogelpackungen in den Warenverkehr<br />

sei.<br />

INFORMATION<br />

...dass die seit 1977 bestehende „Pralinenrichtlinie“<br />

in Deutschland genau festlegt,<br />

wie eine zulässige Pralinenpackung<br />

von einer Mogelpackung abzugrenzen<br />

ist? Im Kern muss ein geregeltes Verhältnis<br />

zwischen Packungsvolumen und<br />

Inhalt bestehen. Sämtliche Packungsarten<br />

sind aufgeführt, darunter „rautenförmige“ Packungen und „Phantasieformen“ – ausgenommen<br />

sind lediglich „Packungen, die als Gebrauchsgegenstand verwendet werden können<br />

(z.B. Vasen, Buchhüllen, Kalender)“...<br />

75


Ratgeber<br />

Fertigpackungen<br />

Packungen mit weniger Inhalt, dafür<br />

andere mit mehr Inhalt. Ausgeklammert<br />

wird jedoch die Überlegung der<br />

Produkttreue – es scheint angesichts<br />

des breiten Angebots und ebenso breiter<br />

Preisunterschiede gar nicht fest, ob<br />

der Kunde überhaupt mehrmals das<br />

gleiche Produkt kauft.<br />

Wollen wir überhaupt noch einmal<br />

die gleiche Sorte von Frühstücksflocken,<br />

wenn wir meinen, dass zu wenig<br />

in dieser Packung ist, oder greifen wir<br />

nächstes Mal zum Konkurrenzprodukt?<br />

Es bleibt also das ungute Gefühl, beim<br />

Kauf des Produkts möglicherweise weniger<br />

Inhalt zu bekommen als die aufgedruckte<br />

Nennfüllmenge verspricht –<br />

obwohl alles im rechtlich einwandfreien<br />

Raum abläuft.<br />

Trotz allem gilt das Mittelwertverfahren<br />

– mittlerweile weltweit – als ein<br />

zuverlässiges Verfahren, das der Industrie<br />

einen effizienten Abfertigungsprozess<br />

garantiert und gleichzeitig eine<br />

solide Vertrauensbasis für den Verbraucher<br />

darstellt.<br />

Die Mogelpackung gibt<br />

es eher selten<br />

Es kann nie ausgeschlossen werden,<br />

dass ein Hersteller der Verlockung<br />

INFORMATION<br />

Die von und überprüften Produkte<br />

Teurer Luxus<br />

Für Luxusprodukte gelten<br />

keinerlei verbindliche<br />

rechtliche<br />

Vorgaben, die das<br />

Verhältnis von<br />

Verpackung und<br />

Inhalt regeln –<br />

hier sind die Preise<br />

nach oben offen.<br />

Schließlich bleibt dem<br />

Verbraucher überlassen,<br />

ob er viel Geld für aufwendig gestaltete<br />

Flakons und winzige Creme-Döschen<br />

ausgeben möchte. Kaviar oder<br />

etwa teuerer Sekt dagegen sind Lebensmittel<br />

– und fallen deshalb unter<br />

entsprechende rechtliche Vorgaben.<br />

erliegt und eine waschechte Mogelpackung<br />

in den Handel einbringt – allerdings<br />

sind solchen plumpen Versuchen<br />

in der Regel eher wenig, und wenn,<br />

dann kurzfristiger Erfolg beschert.<br />

Wenn erboste Kunden die Eichämter<br />

informieren, wird die Mogelpackung<br />

schnell aus dem Verkehr gezogen und<br />

der Hersteller belangt – hinzu kommt<br />

eine erhebliche Rufschädigung, wenn<br />

solche Mogelpackungen publik gemacht<br />

werden. Der kurzfristige Profit<br />

durch eine stark unterfüllte Packung<br />

wird für den Hersteller daher auch<br />

auf lange Sicht ein Verlustgeschäft –<br />

sich betrogen fühlende Käufer wenden<br />

sich dauerhaft den Konkurrenzprodukten<br />

zu.<br />

Waschechte Mogelpackungen sind<br />

deshalb eher die Ausnahme als die Regel,<br />

und erst Recht, wenn sie mit nüchternem<br />

Kalkül in den Handel gebracht<br />

werden. In der überwältigenden Anzahl<br />

der Fälle sind stark unterfüllte Packungen<br />

menschlichem Versagen, und<br />

nicht Berechnung geschuldet, wie auch<br />

Friedhelm Braun vom Eichamt Köln bestätigt:<br />

„In der Regel ist menschliches<br />

Versagen die Ursache, etwa wenn Abfüllmaschinen<br />

versehentlich falsch justiert<br />

werden.“<br />

Fazit – Kritisch,<br />

aber ohne Generalverdacht<br />

einkaufen<br />

Was bleibt? Wer überall Nepp wittert<br />

und die Hersteller unter Generalverdacht<br />

stellt, dürfte falsch liegen. Die<br />

Überwachungsbehörden kontrollieren<br />

eine rechtlich einwandfreie Befüllung<br />

– auch wenn eine hundertprozentige<br />

Sicherheit nie gegeben ist. Die Kritik<br />

der Verbraucherverbände, dass das Mit-<br />

Erklärung zur Tabelle<br />

Von jedem Produkt wurden zwei Proben getestet.<br />

Alle Messungen wurden vom Eichamt<br />

Köln durchgeführt.<br />

Produktname, Hersteller Nennfüllmenge Preis in € Füllmenge 1) und 2) in g Kommentar<br />

ABC Russisch Brot, Bahlsen 100g 0,99 97,9 106,0 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Bad-Aktiv Schimmel, Domestos 500ml 1,79 498,4 506,9 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Bistro Kaffee, Melitta 500g 3,79 500,0 500,7 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Carpaccio, Scheemda (importiert) 120g 3,99 105,3 111,6<br />

Nennfüllmenge Fleisch: 100g -<br />

also keine Bedenken<br />

Cayenne-Pfeffer gemahlen, Ostmann 35g 1,79 35,9 37,8 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Champignon Cremesuppe, Maggi ergibt 1 L 0,65 Ergiebigkeitsangabe ist reine Empfehlung des Herstellers, daher unverbindlich<br />

Chipsfrisch Ungarisch, Funnyfrisch 175g 1,49 177,8 177,5 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Haferflocken Instant, Kölln 250g 1,19 250,6 248,5 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Frosties, Kellog's 500g 2,89 501,9 504,1 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Heringsfilets in Senfcreme, TIP 200g 0,79 204,0 221,3 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Intensiv Pflegende Milch, Nivea Body, Nivea 250ml 2,85 241,3 251,1 Probe 1) bedenklich, aber innerhalb der Toleranz<br />

Linsen-Eintopf mit Würstchen, Erasco 800g 1,89 829,6 832,3 Überfüllung aus hygienischen Gründen<br />

M-Joy Minis, Milka 150g 1,65 157,8 157,2 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Milchreis nach klassischer Art, Dr. Oetker 125g 0,95 124,2 125,3 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Minis Choco, Leibniz 125g 1,09 125,7 124,2 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Mint Kiss Pralinen, Piasten 150g 1,35 146,3 148,3 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

M&Ms Choco, Mars 260g 2,19 259,6 260,6 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Pedigree Herz, Leber, Pansen, Pedigree 400g 0,89 414,6 415,9 Überfüllung aus hygienischen Gründen<br />

Penne Rigate, Barilla 500g 1,29 497,5 498,1 Verpackungsgröße könnte reduziert werden<br />

Pringles Texas BBQ Sauce, Procter & Gamble 170g 1,59 171,3 170,0 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Riesengarnelenschwänze, Golden Seafood, Aldi 225g 2,98 224,6 230,1 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Scheiben aus Frischkäse, Bresso 125g 1,99 124,8 123,8 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Tee Kamille 25 Beutel, Meßmer 37,5g (25x1,5) 1,65 37,4 37,3 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

Vivactiv Königsgemüse, Iglo 700g 1,99 703,1 703,9 verkehrsfähig, keine Bedenken<br />

76


Was ist eine<br />

Mogelpackung?<br />

Mogelpackungen sind Packungen, die<br />

druch ihre Größe bzw. Aufmachung<br />

(wesentlich) mehr Inhalt vortäuschen,<br />

als tatsächlich in ihnen vorhanden ist.<br />

Solche Packungen dürfen nicht zum<br />

Käufer gelangen und müssen bei Entdeckung<br />

unverzüglich aus dem Handelsverkehr<br />

genommen werden.<br />

INFORMATION<br />

WERBEEFFEKT GRATIS-INHALT<br />

Auch ein beliebter Trick: Der Packungsinhalt<br />

dieser Spülmaschinentabs betrug ursprünglich<br />

100 Tabs – mittlerweile ist der Inhalt<br />

reduziert worden (88) und die veränderte<br />

Füllmenge deutlich gekennzeichnet. Ein<br />

sehr werbewirksamer „Gratis!“-Slogan verschweigt<br />

aber, dass die neue Menge inklusive<br />

Gratis-Beigabe immer noch unter den ursprünglichen<br />

100 Tabs liegt.<br />

INFORMATION<br />

Es gilt eine rechtliche Toleranzgrenze<br />

von bis zu 30 Prozent für die Unterschreitung<br />

der Nennfüllmenge – und<br />

das ist schon bedenklich. Wenn die<br />

Unterschreitung erheblich größer ist<br />

und die Verpackung etwas anderes<br />

suggeriert, ist die Ware nicht mehr<br />

verkehrsfähig.<br />

telwertsystem als Regelung des Abfüllverfahrens<br />

die Industrie gegenüber den<br />

Endkunden bevorteilt, hat durchaus<br />

ihre Berechtigung, denn das Gerechtigkeitsempfinden<br />

des Verbrauchers<br />

dürfte nicht gerade gestärkt werden<br />

durch die rechtliche Zulässigkeit einer<br />

Unterfüllung – auch wenn die Praxis<br />

zeigt, dass ein Unterschreiten der angegebenen<br />

Nennfüllmenge eher marginal<br />

ist, sofern sie überhaupt sprichwörtlich<br />

ins Gewicht fällt.<br />

Letztlich sind wir als kritische Verbraucher<br />

gefragt: Wir sollten uns nicht<br />

täuschen lassen vom Packungsdesign,<br />

sondern ganz nüchtern auf die Nennfüllmenge<br />

achten – gleichzeitig sollten<br />

wir uns ebenso wenig scheuen, bei<br />

konkretem Verdacht auf eine Mogelpackung<br />

das zuständige Eichamt zu informieren.<br />

Ein kritischer, aufmerksamer<br />

Verbraucher ist gefragt, der allerdings<br />

ohne Vorurteile und Generalverdacht<br />

handelt.<br />

J. Kulawik<br />

Von allen von uns überprüften Verpackungen gab es lediglich 2 bedenkliche Kandidaten, welche aber<br />

beide auch noch in der Toleranzgrenze lagen.<br />

INFORMATION<br />

Was zurückbleibt, ist bares Geld<br />

Meistens ist der Ärger über angeblich unterfüllte<br />

Packungen größer als über die<br />

sogenannte Restmenge, die in manchen<br />

Packungen verbleibt und nicht verwendet<br />

werden kann, etwa in Zahnpastatuben oder<br />

Behältnissen für Bodylotion. In unserer<br />

Messung betrugt die Restmenge der getesteten<br />

Bodylotion bei etwa 250ml Füllmenge<br />

immerhin knapp 18ml, also mehr als neun<br />

Prozent.<br />

Die Restmenge<br />

77

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