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Die österreichische Bürgerkarte mit<br />

Sozialversicherungs- und elektronischer<br />

Signaturfunktion<br />

Dipl.-Ing. Heinz <strong>Otter</strong><br />

Projektteam „SV-Chipkarte“, Wien<br />

1 Einführung<br />

1.1 Die Bürgerkarte im europäischen Umfeld<br />

Absichtserklärungen und Entwicklungen in Europa zeigen, dass international der<br />

Einsatz von Informationstechnologien bei der Begegnung des Bürgers mit dem Staat<br />

rasch zunimmt. Die Aktivitäten hierzu werden durch konzertierte Maßnahmen wie<br />

eEurope in besonderem Maße gefördert und sogar durch vereinbartes Benchmarking<br />

der Projektfortschritt „gemessen“. Trotz des ggf. ausgelösten terminlichen Druckes<br />

bei der Umsetzung der EU-Initiative darf nicht versäumt werden, in diesen Projekten<br />

wirksame Mechanismen einzusetzen, welche den Schutz der Bürger und die Sicherheit<br />

der Verwaltung gewährleisten.<br />

Im Gefolge der eEurope-Initiative (z.B. Lissabon, 4/2000) wurde in der Regierungsklausur<br />

vom 20.11.2000 einstimmig der Einsatz von Chipkartentechnologie zur Vereinfachung<br />

der Amtsgeschäfte des Bürgers („Bürgerkarte“) vereinbart.<br />

Die Entstehung der österreichischen Bürgerkarte ist eng mit der Einführung des Systems<br />

„SV-Chipkarte“ der österreichischen Sozialversicherungsträger verknüpft. Zur<br />

Verdeutlichung der historischen Zusammenhänge findet sich im Anhang ein kurzer<br />

Abriss der Projektgeschichte der SV-Chipkarte bis zur gegenwärtigen Auftragsvergabe.<br />

Als Trägermedium des offenen Konzeptes „Bürgerkarte“ wurde somit die durch den<br />

Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (HV) beauftragte und<br />

als Keycard zu realisierende SV-Chipkarte – ergänzt durch elektronische Signaturen<br />

– bestimmt. Die besondere Eignung zur Kombination mit Bürgerkarten-Funktionen<br />

ergibt sich aus der Planung gem. dem gesetzlichen Auftrag (56. ASVG Novelle):<br />

In der "Datentasche Krankenscheinersatz" befindet sich der aktuelle Versicherungsnachweis<br />

und die Anspruchsberechtigung im Sinne eines Krankenscheins.<br />

• Auf der SV-Karte sind keine sensiblen Daten zugänglich.<br />

• Für die Anwendungen der SV-Karte benötigt man i.d.R. keine PIN.<br />

• Aus Sicht der Karte wird Standardtechnologie eingesetzt.<br />

• Es wurden auf der Karte zur Investitionsabsicherung hinreichende Reserven an<br />

zusätzlichen Ressourcen vorgesehen.<br />

Im Rahmen der Ausschreibung des SV-Projektes durch den HV wurde neben der<br />

komplexen Funktionalität der SV-Applikation auch die Option „Elektronische Signatur“<br />

für die „SV-Keycard“ angefragt und von den Bietern beantwortet. Dies ermöglicht<br />

zunächst die Beschaffung eines funktional geeigneten Kartenpotentials. An dieser<br />

Stelle ist jedoch klar festzuhalten, dass die Terminalinfrastruktur des SV-Projektes für<br />

Zwecke der öffentlichen Verwaltung von der Bürgerkarte nicht genutzt werden kann.<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 1 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


Solche „elektronischen Amtsgeschäfte“ sind die Aufgabe Dritter und die erforderliche<br />

Infrastruktur ist von diesen durch gesonderte Vergabeverfahren zu beschaffen.<br />

1.2 Allgemeine Merkmale der Bürgerkarte<br />

Eine Bürgerkarte ist der Identifikations- und Berechtigungsausweis zur Nutzung von<br />

öffentlichen Telematik-Anwendungen über den Datenhighway. Zusätzlich kann sie<br />

neben den Daten zur Identifikation des Karteninhabers und dessen Berechtigungsbedingungen<br />

auch die Funktion einer „Datentasche“ haben, welche applikationsbezogene<br />

Informationen transportiert.<br />

Aus dem Blickwinkel der Technik wird durch den Einsatz der elektronischen Signatur<br />

die rechtswirksame Zuordnung von identifizierenden Daten (Vorname, Name,...) zu<br />

Personen erreicht. Dadurch werden Transaktionen aus Verwaltung und Wirtschaft<br />

auf elektronischem Wege ermöglicht.<br />

Durch Bereitstellung eines privaten und kryptographisch gesicherten Datenspeichers<br />

auf der Karte (mit limitierter Größe und Nutzung mit zeitlicher Begrenzung) wird der<br />

Umgang mit Bürgerkarten-Anwendungen im Komfort gesteigert.<br />

Durch die Synergie zwischen SV- und eAmt-Anwendungen ergeben sich wesentliche<br />

Einsparungen (1 + 1 = 1 ¼).<br />

1.3 Hauptanwendungsbereiche der Bürgerkarte<br />

Die Beschlusslage zur Bürgerkarte führt zu einer „janusköpfigen“ Ausformung dieser<br />

Chipkarte als Keycard-System für zwei große Anwendungsbereiche (siehe Abb. 1):<br />

A) Health-Bereich (Applikation Krankenscheinersatz):<br />

Zugang zu medizinischen Leistungen für Karteninhaber auf der rechtlichen<br />

Basis der österreichischen Sozialversicherungen.<br />

Absicherung gegen unbefugte Nutzung durch Dritte:<br />

Die Karte wird beim Arztbesuch ohne PIN verwendet. Die Authentizität der Karte<br />

wird vom SV-System mittels einer Professional Card im Terminal überprüft. Zur<br />

Verifikation der Zusammengehörigkeit von Karte und Überbringer sind neben<br />

administrativen auch systemtechnische Mechanismen vorgesehen.<br />

B) Öffentlicher Bereich (Applikation „elektronische Amtsgeschäfte“):<br />

Zugang zu telematisch ausgerüsteten öffentlichen Einrichtungen der Verwaltung<br />

des Bundes, der Länder und der Kommunen zur Erledigung amtlicher Vorgänge<br />

wie Einbringen und Bescheide mittels authentischer und nicht bestreitbarer<br />

elektronischer Transaktionen des Karteninhabers.<br />

Absicherung gegen unbefugte Nutzung durch Dritte:<br />

Gem. Konzept Elektronische Signatur: PIN-Eingabe des Karteninhabers.<br />

2 Grundlegende Begriffe<br />

Im Rahmen der Projektgeschichte hat es sich gezeigt, dass es dem Verständnis förderlich<br />

ist, mögliche Mehrdeutigkeiten von Begriffen der Kartenwelt frühestmöglich<br />

auszuräumen. Für diesen Vortrag wird das Wording gem. Tabelle 1 vereinbart.<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 2 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


Bürgerkarte<br />

Keycard<br />

Verwendung der<br />

Bürgerkarte als<br />

SV-Keycard<br />

Verwendung der<br />

Bürgerkarte als<br />

eAmt-Keycard<br />

Funktion<br />

Elektronische<br />

Signatur<br />

Datentasche<br />

Multiapplikative Prozessor-Chipkarte für Anwendungen im Health- und<br />

Öffentlichen Bereich nach dem Keycard-Prinzip, wobei der Kartenkörper<br />

beidseitig Informationen tragen kann. Das Layout der Chipseite<br />

wird Symbole (Logos) von Sozialversicherung, Österreich und Europa<br />

aufweisen, darüber hinaus die zur Personalisierung gehörigen Schriftfelder<br />

und Sicherheitsmerkmale. Das Layout der Gegenseite kann E-<br />

lemente der folgenden Aufzählung enthalten: Unterschriftfeld, Foto,<br />

Applikationslogos, Bedruckungsbereich, Thermochrom-Fläche, Sicherheitsmerkmal.<br />

Das Konzept der Keycard besagt, dass die Chipkarte als "Zugangsbzw.<br />

Zugriffsschlüssel" zu verstehen ist, welcher die „Safe-Türe“ zu<br />

einer Anwendung, Dienstleistung oder Datenbasis für den Karteninhaber<br />

"aufsperrt". Applikationsspeicher-Bereiche auf einer Keycard<br />

enthalten daher i.a. nur administrative Daten des Karteninhabers, jedoch<br />

i.d.R. keine applikativen Software-Funktionen. Mit diesen Daten<br />

ist es Kartenterminals i.d.R. möglich, die Berechtigung des Karteninhabers<br />

zur Applikationsnutzung zu prüfen.<br />

Im Projekt der Sozialversicherung (SV-Projekt) ist damit die Chipkarte<br />

als Zugriffsschlüssel auf die Applikation „Krankenscheinersatz“ gemeint.<br />

Später können applikative Erweiterungen vorgenommen werden,<br />

wie z.B. der Auslandskrankenschein (E111).<br />

Durch Einrichtung der elektronischen Signatur auf der Bürgerkarte<br />

werden sichere, rechtswirksame elektronische Transaktionen in Verwaltung<br />

und ggf. Wirtschaft ermöglicht. Dadurch wird die Chipkarte<br />

zum Zugriffsschlüssel auf z.B. telematik-geeignete eGovernment-<br />

Applikationen. Solche Transaktionen (z.B. Anbringen, Bescheide)<br />

werden für den Karteninhaber bequem fernabwickelbar.<br />

Die funktionale Verfügbarkeit der elektronischen Signatur gem. Signaturgesetz/Signaturverordnung<br />

[1] auf der Bürgerkarte ist die entscheidende<br />

Voraussetzung, um eine eAmt-Anwendung zu ermöglichen.<br />

Für den Karteninhaber sind im Kartenchip frei verwendbare Speicherbereiche<br />

als Transportmedium für temporäre Informationen (z.B. Bescheide,<br />

Verwaltungsdaten) reserviert. Zu ihrer sicheren Nutzung -<br />

Schutz vor dem Zugriff durch Dritte - werden kryptographische Methoden<br />

zur Wahrung der Vertraulichkeit eingesetzt.<br />

Tabelle 1: Grundlegende Begriffe<br />

3 Anwendung der Bürgerkarte als eAmt-Key<br />

3.1 Anforderungen und Eigenschaften<br />

Die Bürgerkarte als eAmt-Key muss eine Reihe von Anforderungen erfüllen, welche<br />

charakteristische Merkmale des Chipkartensystems ergeben.<br />

• Eine breite Nutzung der Bürgerkarte setzt kompatible Zugänge zur öffentlichen<br />

Verwaltung voraus, wobei diese Kompatibilität unabhängig von der Verwaltungseinheit<br />

sein muss.<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 3 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


• Die Karten-Technologie muss offen sein und verbreiteten Standards genügen,<br />

damit mittelfristig Interoperabilität nicht nur im Rahmen von eAustria, sondern<br />

auch für eEurope gegeben ist.<br />

• Die Sozialversicherungsnummer des Bürgers kann in abgesicherter Form als<br />

eindeutiger Ordnungsbegriff für öffentliche Anwendungen genutzt werden.<br />

• Der Karteneinsatz im Bereich eGovernment (und eCommerce) setzt die „sichere<br />

elektronische Signatur“ voraus. Darüber hinaus ist bei bestimmten Transaktionen<br />

Vertraulichkeit und Datenschutz geboten. Der Chip der Bürgerkarte enthält<br />

und schützt somit unterschiedliche kryptographische Schlüssel (privater Schlüssel<br />

für die elektronische Signatur, Schlüssel zur Absicherung von Authentifizierung<br />

und Vertraulichkeit).<br />

• Eine weitere Forderung ist die Offenheit des Systems bzgl. der PKI, d.h. die freie<br />

Wahl des Zertifizierungsdienste-Anbieters (ZDA). Der ZDA muss unabhängig<br />

von der Karteninfrastruktur wählbar bleiben, also ist diese einer Mehrzahl von<br />

Anbietern offen zu halten.<br />

• Neben der durch die Signatur genutzten Speicherbereiche sind auf der Karte weitere<br />

derzeit noch ungenutzte Bereiche vorhanden. Diese können vom Bürger -<br />

ähnlich bequem wie eine Diskette - als Transportmedium für temporäre Informationen<br />

(z.B. für Bescheide, Verwaltungsdaten) - nach Bedarf verwendet werden.<br />

Für solche sogen. Datentaschen kann Vertraulichkeit erforderlich sein. In<br />

diesem Fall sind also kryptographische Schutzmechanismen einzusetzen. Die<br />

Daten in Datentaschen haben nicht die Qualität eines Originals und erfordern ein<br />

Backup.<br />

• Für Kartenausformungen mit Ausweisfunktion ist die Integration eines Fotos<br />

möglich. Als Optionen bieten sich das optische Aufbringen auf der Kartenoberfläche,<br />

die elektronisch lesbare und signierte Speicherung im Chip oder beides an.<br />

Für die erste Nutzung (als Studentenkarte) ist die optische Aufbringung geplant.<br />

• Wirtschaftliche Vorteile durch Synergie mit der Anwendung als SV-Keycard (im<br />

SV-Bereich) durch Nutzung gemeinsamer System-Ressourcen. Dadurch amortisieren<br />

sich die Investitionskosten rascher. Darüber hinaus wird die Karte durch<br />

Hinzunahme von „eAmt-Anwendungen“ vergleichsweise häufiger als im SV-<br />

Bereich allein benutzt. Dies reduziert wieder Verwaltungsaufwand durch die Verringerung<br />

der notwendigen Ersatzprocedere im Falle vergessener Karten.<br />

3.2 Anwendungen im Kontext eAustria<br />

Bei den ersten Anwendungen wird an die Ausweis-Funktion gedacht. Hierher gehören<br />

die Vorhaben<br />

• Studentenkarte<br />

• Dienstausweis für Beamte.<br />

eAmt-Anwendungen für komplexere Verwaltungsprozesse bedürfen seitens der betroffenen<br />

Bereiche der öffentlichen Verwaltung z.T. noch Systemanalysen bzgl. Telematik-Eignung<br />

und –Umsetzung der Verwaltungsabläufe.<br />

Mit Vorteil wird man dabei für vergleichbare Anwendungen auf veröffentlichte Ergebnisse<br />

und Erkenntnisse im Rahmen der deutschen Projekte unter dem bekannten Titel<br />

„Media@Komm“ (z.B. Bremen, Esslingen, Nürnberg) aufbauen können.<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 4 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


Die Verwendung der Bürgerkarte für weitere „eLife-Applikationen“ (z.B. eCommerce,<br />

eLearning, elektronische Ausweise und sonstige elektronische Berechtigungsdokumente)<br />

ist, soweit das Medium Chipkarte nicht im Widerspruch zu grundlegenden<br />

Anforderungen der jeweiligen Applikation steht (z.B. verfügbare freie Kartenfläche),<br />

technisch möglich. - Über die rechtliche, marketingorientierte oder sicherheitstechnische<br />

Verträglichkeit des Basiskonzeptes mit anderen „Coapplikationen“ entscheiden<br />

letztlich Richtlinien des Kartenausgebers bzw. die Bestimmungen des Signaturgesetzes.<br />

Da die Bürgerkarte als eAmt-Keycard („Signaturcard“) keine Applikationsfunktionen<br />

speichert, sondern diese über „amt-öffnende“ (SV-fremde) Infrastrukturen dem<br />

Karteninhaber durch Identifikation und Signatur zugänglich macht, wird es möglich,<br />

zugleich mit dem anlaufenden Projekt „SV-Chipkarte“ auch für eAmt-Anwendungen<br />

das grundlegende Kartenpotential für ganz Österreich zu schaffen.<br />

Es steht künftig jedem Österreicher frei, die elektronische Signatur seiner Bürgerkarte<br />

zu „aktivieren“ und seinen „eAmt-Key“ zum gegebenen Zeitpunkt in verfügbaren<br />

Anwendungen praktisch zu nutzen.<br />

Zur technischen Umsetzung der elektronischen Signatur:<br />

Es ist beabsichtigt, von den gem. SIGV [1] vorgesehenen Verfahren für die elektronische<br />

Signatur die „Elliptischen Kurven“ einzusetzen. Diese Wahl bietet Vorteile:<br />

• Der Speicherbedarf für die erforderlichen Schlüssellängen ist geringer (RSA: -<br />

zur Zeit noch - 1024 Bit / ECDSA: < 200 Bit).<br />

• Auf der Chipkarte ist aufgrund der Ausführungszeiten nicht grundsätzlich ein<br />

Kryptocontroller erforderlich.<br />

Entsprechend der SigV [1], Anhang 1 wird ausgewählt:<br />

a) Signaturerstellungsdaten für sichere elektronische Signaturen:<br />

DSA, auf elliptischen Kurven basierend, mindestens 160 Bit<br />

b) Zufälle für Signaturerstellungsdaten für sichere elektronische Signaturen:<br />

Die Signaturerstellungsdaten müssen zumindest in folgender Anzahl von Bitstellen<br />

durch tatsächliche Zufallselemente beeinflusst sein (qualitätsvoller Zufall).<br />

DSA, auf elliptischen Kurven basierend, mindestens 160 Bit<br />

c) Hash-Verfahren: Funktion SHA-1.<br />

Anmerkung:<br />

Eine Reihe detaillierterer Fragen zur Bürgerkarte werden unter www.buergerkarte.at<br />

als Antworten zu FAQs angeboten.<br />

4 Anwendung der Bürgerkarte als SV-Key<br />

4.1 Die Funktionalität der SV-Applikation im Überblick<br />

Es ist bereits Konvention, vergleichende Bewertungen des Leistungsumfanges von<br />

health-care cards anhand typischer Funktionen solcher Kartensysteme vorzunehmen.<br />

Daher vorab ein Überblick für die SV-Applikation:<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 5 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


Funktionskategorie<br />

Ausformung bei der österr. SV-Applikation<br />

1. Versichertenausweis Erweiterung der Ausweisfunktion als „SV-Keycard“ durch<br />

Anspruchsprüfung des Versichertenverhältnisses und<br />

in der Folge ggf. Aktualisierung der Versichertendaten<br />

mittels Offline-(ggf. Online-)Abgleich gegen die SV-<br />

Anspruchsdatenbank.<br />

2. Steuerung der<br />

Inanspruchnahme<br />

3. Transport<br />

medizinischer Daten<br />

4. Träger von<br />

Gesundheitsdaten<br />

5. Zugriff auf<br />

medizinische Daten<br />

6. Co-Applikationen im<br />

öffentlichen Bereich<br />

Controlling des Behandlungsanspruchs durch versicherungsträgerspezifische<br />

Abbildung der Krankenordnung<br />

in Form administrativer Datensätze, die sogen „Digitalen<br />

Anspruchsbelege“, in einem SV-File. Dadurch<br />

wird eine dezentrale „Buchführung“ über die jeweils erlaubten<br />

Inanspruchnahmen von Arzt-Fachgruppen unter<br />

Berücksichtigung von Betriebsfällen (z.B. Überweisung,<br />

Vertretung) ermöglicht. Grundlage ist dabei das Zweikarten-Prinzip:<br />

SV-Keycard und Ordinationskarte (als administrative<br />

Berechtigungskarte des Arztes)<br />

Als SV-Keycard wird die Bürgerkarte ausschließlich zur<br />

Übermittlung administrativer Daten-Elemente der Basisapplikation<br />

Krankenscheinersatz an den Adressaten genutzt:<br />

• administrativer Teil von Überweisungsdaten<br />

• Rezeptgebühren-Befreiung<br />

• ggf. Auslandskrankenschein<br />

Derzeit lt. gesetzlichem Beschluss nicht vorgesehen<br />

Der Zugriff auf medizinische Daten in Datenbanken<br />

des Gesundheitswesens mit Autorisierung durch den<br />

Patienten erfolgt mittels Elektronischer Signatur.<br />

Siehe Anwendung der Bürgerkarte als eAmt-Keycard<br />

(eGovernment, Ausweisfunktionen u.a.)<br />

4.2 Das SV-Projekt<br />

4.2.1 Aufgabenstellung und Mengengerüst<br />

Die Bürgerkarte wird als Keycard-System der österreichischen Sozialversicherung<br />

bis zum Jahresende 2002 österreichweit alle Arten von Kranken- und Behandlungsscheinen<br />

(ca. 40 Mio. p.a.) ersetzen. Das bedeutet, dass innerhalb von 2 Jahren ca.<br />

8.000.000 Versicherte und Angehörige mit Chipkarten und mindestens 12.000 Vertragspartner<br />

(Ordinationen) mit sogen. SV-Terminals ausgestattet werden müssen.<br />

Dieses Chipkartensystem stellt damit das größte gemeinsame IT-Projekt der 28 österreichischen<br />

Sozialversicherungsträger seit Jahrzehnten dar.<br />

4.2.2 IST-Zustand Krankenscheinausgabe<br />

Im heutigen System<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 6 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


• muss sich der Versicherte vom Dienstgeber einen Krankenschein besorgen,<br />

• diesen dem Arzt übergeben, welcher ihn dann mit seiner (Quartals-)Abrechung<br />

• dem Krankenversicherungsträger als Leistungsbeleg übermittelt.<br />

4.2.3 SOLL-Zustand mit SV-Keycard<br />

Beim neuen System genügt aus der Sicht des Versicherten die Vorlage einer Chipkarte<br />

(SV-Keycard), welche<br />

• eine aktuelle versicherungs- und leistungsrechtliche Anspruchssituation des Patienten<br />

in Form gesicherter Daten gespeichert hat,<br />

• welche von EDV-Ärzten in ihre Arzt-EDV übernommen werden können<br />

• oder von Nicht-EDV-Ärzten auf einen papiergebundenen Abrechnungsbeleg gedruckt<br />

werden.<br />

Karteninhaber sind nach dem flächendeckenden Rollout alle Versicherten und anspruchsberechtigten<br />

Angehörigen.<br />

4.2.4 Die Systemkomponenten<br />

Die SV-Applikation "Krankenscheinersatz“ erfordert die Systemkomponenten, wie sie<br />

in Abb. 2 – markiert durch Ziffern (x) - dargestellt sind:<br />

4.2.4.1 SV-Keycard (1)<br />

Die SV-Keycard stellt die „zentrale“ Komponente des SV-Gesamtsystems dar. Nach<br />

dem Prinzip der "Schlüsselkarte" wird der Zugang zu Krankenversicherungsleistungen<br />

für den Karteninhaber selbst oder für berechtigte Dritte über das SV-Terminal<br />

"aufgesperrt". Berechtigte Dritte (z.B. Ärzte) benötigen - vergleichbar einem Bankschließfach<br />

- einen zweiten "Schlüssel" in Form einer Berechtigungskarte (Professional<br />

Card, projektspezifisch „Ordinationskarte“ genannt).<br />

Somit dient die SV-Keycard als Anspruchsnachweis des Patienten gegenüber dem<br />

Arzt (Praktiker, Zahnarzt, Dentisten) und ersetzt die heute vorhandenen Krankenscheinarten<br />

bei allen Sozialversicherungsträgern.<br />

Auf der SV-Keycard (siehe Abb. 3, SV-Applikation) werden folgende Daten des Karteninhabers<br />

gespeichert:<br />

File „Grunddaten“:<br />

• Name und akademischer Grad<br />

• Geburtsdatum<br />

• Geschlecht<br />

• Versicherungsnummer<br />

• Kartennummer<br />

Damit Ärzte i.d.R. keine Online-Verbindungen zur Prüfung des jeweiligen Versicherungsstatus<br />

benötigen, enthält die Karte zusätzliche Daten über die Leistungsansprüche<br />

des Karteninhabers (gem. den Bedingungen der jeweiligen Versicherung),<br />

und zwar im File „Versicherungsdaten“:<br />

• Nachweis eines bestehenden Versicherungsverhältnisses<br />

(Versicherungsträger, Zeitraum der Anspruchsgültigkeit)<br />

• Rezeptgebührenbefreiung im Falle sozialer Schutzbedürftigkeit<br />

Entsprechend zur kassenspezifisch limitierten Anzahl an Krankenscheinen wird die<br />

äquivalente Menge an Anspruchsbeleg-Datensätzen im File „Digitale Anspruchsbelege“<br />

gespeichert. Ein (Default-)Datensatz wird beim Erstbesuch eines Arztes im<br />

Abrechnungszeitraum mit folgenden Daten aktualisiert:<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 7 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


• Datum der Inanspruchnahme<br />

• Fachgruppe des Arztes<br />

• Versicherungsträger<br />

• Betriebsfallkennzeichen<br />

• Kryptographisch anonymisierte Kennzeichnung der beim Erstbesuch im Abrechnungszeitraum<br />

konsultierten Ordination zur Wahrung der in den Krankenordnungen<br />

festgelegten Arztwechsel-Bestimmungen.<br />

Die Datensätze eines Ordinationstages bilden den sogen. Logfile, welcher i.d.R. täglich<br />

per Online-Transaktion an den Betreiber-Server zu übermittelt wird.<br />

Technische Realisierung der SV-Keycard:<br />

Die SV-Applikation mit einem Speicherbedarf von ca. 5 KB wird in einem Chip aus<br />

der Infineon-Familie SLE66Cxx mit folgenden Merkmalen realisiert:<br />

64 KB ROM, 16 KB EEPROM, ca. 2 KB RAM, Kryptounterstützung (auch für Elliptische<br />

Kurven), MMU, Prot.: T=0, T=1, PPS, Maßnahmen gegen SPA/DPA.<br />

4.2.4.2 Ordinationskarte<br />

Die Ordinationskarte (Speicherbedarf der Applikation: ca. 10 KB) ist nach dem<br />

"Zwei-Schlüssel-Prinzip" der Schlüssel der Arztordination. Ohne die Ordinationskarte<br />

können SV-Keycards nicht verarbeitet werden. Es ist daher vorgesehen, im Arztterminal<br />

die Ordinationskarte während des Betriebes in gestecktem Zustand zu belassen.<br />

Technische Realisierung der Ordinationskarte:<br />

Die Applikation mit einem Speicherbedarf von ca. 10 KB wird in einem Chip aus der<br />

Infineon-Familie SLE66Cxx mit folgenden Merkmalen realisiert:<br />

64 KB ROM, 32 KB EEPROM, ca. 3 KB RAM, Kryptounterstützung (auch für Elliptische<br />

Kurven), MMU, Prot.: T=0, T=1, PPS, Maßnahmen gegen SPA/DPA.<br />

Die Chipkarten entsprechen den jeweils zutreffenden einschlägigen Normen [2].<br />

4.2.4.3 SV-Terminal (Arztterminal) (2)<br />

Das Arztterminal ist im Sinne des "Schlüsselkarten-Prinzips“ als “Schloß” zu verstehen,<br />

nach dessen Aufschließen die SV-Keycard Zugang zur SV-Applikation erhält.<br />

Das Arztterminal benötigt zum Lesen der SV-Keycard eine erfolgreiche Authentisierung<br />

durch die o.e. Ordinationskarte - in ihrer Funktion als administrative Berechtigungskarte<br />

des Arztes (Vertragspartners).<br />

Technische Realisierungen der Terminals:<br />

Das stationäre Arztterminal wird gem. den Projektanforderungen durch eine Weiterentwicklung<br />

der Terminal-Familie MCT 5000 realisiert.<br />

Das mobile Arztterminal ist eine Neuentwicklung aus der Produktlinie MCT 8000.<br />

Einfache Chipkartenlesegeräte an Arbeitsplatzrechnern (CCRs mit 2 Kartenschlitzen)<br />

werden durch Produkte der Terminal-Familie MCT 5000 realisiert.<br />

4.2.4.4 Betreiber-Zentrale (6)<br />

Unter der Bezeichnung „Betreiber-Zentrale“ werden die zentralen IT-Einrichtungen<br />

zur Aufrechterhaltung des Betriebes subsumiert. Dazu gehören das ausfallsichere<br />

Zentralrechnersystem (= Betreiber-Server) mit den dazugehörigen Datenbanken<br />

(Kartenkunden-Daten, Terminalkunden-Daten, Infrastruktur-Daten, aktuelle Kopie der<br />

Anspruchsdaten) und Service-Center-Einrichtungen.<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 8 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


Technische Realisierung:<br />

Für die zentralen Server sind HP-Rechner und für die Datenbanken ORACLE-<br />

Produkte geplant.<br />

4.2.4.5 Anspruchsdatenbank (4)<br />

Die Anspruchsdatenbank der Sozialversicherung (im Hauptverband) enthält die Anspruchsdaten<br />

sämtlicher Versicherten und Angehörigen. Sie wird regelmäßig von<br />

den Krankenversicherungsträgern aktualisiert. Die Änderungen werden dem Betreiber-Server<br />

übermittelt, welcher sie für die Aktualisierung von SV-Keycards nutzt.<br />

4.2.4.6 Chipkarten-Netz: Datennetz der SV-Applikation (7)<br />

Das Chipkarten-Netz ist für den Datenverkehr zwischen Arztterminals und Betreiber-<br />

Server erforderlich. Die abzuwickelnden Transaktionen umfassen Anspruchsprüfungen,<br />

Digitale Anspruchsbelege, Aktualisierungsdaten für SV-Keycards und Avisos.<br />

Ausserdem wird im Regelfall einmal je Ordinationstag eine Online-Verbindung zwischen<br />

Arztterminal und Betreiber-Server aufgebaut, um Logfiles und Hotlistdaten<br />

auszutauschen.<br />

Technische Realisierung:<br />

Modem (mind. 4400 bps) oder ISDN, Kommunikationsprotokoll: TCP/IP<br />

4.2.4.7 Call Center<br />

Das Call Center ist als wichtige betriebsunterstützende Dienstleistung Teil des Service-Centers<br />

und wird für die Systempartner (Ärzte / Ordinationshilfen, Karteninhaber<br />

u.a.) für alle Fragen zum Chipkartensystem eingerichtet. Neben dieser Beratungsfunktion<br />

steuert es auch den Technischen Service und stellt die Schnittstelle zum<br />

Kartenmanagement dar (Veranlassung von Sperren verlorener Chipkarten, Karten-<br />

Neubestellungen etc.).<br />

4.2.5 Offenheit des Systems der SV-Keycard<br />

Die Sozialversicherungsgesetze haben die Eigenschaft, in relativ kurzen Abständen<br />

(Monate) geändert zu werden. Ebenso kurzfristig ist die operative Erfüllung dieser<br />

Gesetze umzusetzen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass neue Applikationen<br />

des Health-Bereichs vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden können oder im<br />

Gefolge von eEurope ergänzende interoperable Anforderungen gestellt werden.<br />

Das vorliegende Konzept trägt dem Rechnung durch:<br />

• Nachladbare Terminals<br />

Erweiterung des Funktionsumfanges durch aktualisierte Software (freier Terminal-<br />

Speicher nach Laden der Applikation: >5 MB)<br />

• Nachladbares Kartensystem<br />

aufgrund ausreichender Chipressourcen (s. 4.2.4.1) und Sicherheitsmaßnahmen<br />

• Skalierbare Betriebszentrale.<br />

Zu beachten ist auch die Weiterentwicklung der Technik. Dies bedingt, dass die<br />

Kompatibilität mehrerer gleichzeitig in Betrieb befindlicher Chipkarten- und Terminal-<br />

Generationen gewährleistet werden muss.<br />

4.2.6 Die SV-Keycard in der Arztordination<br />

In der Praxis sind im ADMIN-Bereich der Ordination eine Reihe von „Betriebsprozessen“<br />

abzudecken bzw. der Abwicklung mit Karte anzupassen. Die wichtigsten Fälle<br />

sind:<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 9 von 16<br />

6.-7. Februar 2001 H. <strong>Otter</strong>


• Regelfall<br />

Die Chipkarte ist bei Inanspruchnahme eines Arztes vorzulegen. Abhängig von der<br />

Organisation der Arztordination wird die Chipkarte dann bei jedem Arztbesuch o-<br />

der nur beim ersten Arztbesuch im Abrechnungszeitraum bzw. bei Änderungen im<br />

Versicherungsverhältnis eingelesen.<br />

• Fehlende Chipkarte<br />

Bei einer fehlenden (vergessenen, verlorenen) Chipkarte steht dem Arzt ein Ersatzprocedere<br />

zur Verfügung, das sogen. "Aviso", welches es ihm ermöglicht,<br />

beim Betreiber-Server nachzufragen, ob eine Person Versicherungsschutz hat.<br />

Voraussetzung ist, dass der Patient – wenn er dem Arzt nicht bekannt ist - seine<br />

Identität glaubhaft machen kann und seine Versicherungsnummer weiss.<br />

• Überweisungen, Zuweisungen<br />

können nur teilweise durch die SV-Keycard abgelöst werden, da sie medizinische<br />

Angaben (Diagnosen, Untersuchungen, Behandlungen) beinhalten und auf der<br />

Chipkarte keine medizinischen Daten gespeichert werden dürfen. Deshalb muss<br />

auch weiterhin ein Überweisungsschein ausgestellt werden. Die SV-Keycard dient<br />

in solchen Fällen (mit Patientenkontakt) als Anspruchsnachweis.<br />

4.2.7 Vorteile der SV-Keycard als Krankenscheinersatz<br />

Der Ersatz des Krankenscheins durch die Chipkarte bringt folgende Vorteile:<br />

• Die Versicherten haben einen leichteren Zugang zu ärztlicher Hilfe, da kein Krankenschein<br />

mehr vom Dienstgeber geholt werden muss, dadurch<br />

‣ kein Bargeld-Einsatz bei spontanem Arztbesuch und<br />

‣ verstärkte Wahrung der Intimsphäre<br />

• Die Dienstgeber ersparen sich den Aufwand für die Krankenschein-Ausstellung<br />

und –Verwaltung.<br />

• Bei den Ärzten werden sich die Fälle fehlender Krankenscheine reduzieren. EDV-<br />

Ärzte (derzeit ca. 40% der Vertragsärzte) haben zusätzlich die Möglichkeit, das<br />

System für ihre Patientenverwaltung und für die Abrechnung zu nutzen. Die Abrechnung<br />

selbst erfolgt wie bisher.<br />

• Die SV-Träger (Kassen) ersparen sich ebenfalls die Ausgabe der Krankenscheine<br />

(z.B. für Pensionisten). Darüber hinaus sind für die Kassen Vorteile aufgrund der<br />

Effizienzsteigerung durch verstärkte EDV-Abrechnung zu erwarten, da EDV-Ärzte<br />

die Vorteile des Systems rasch erkennen werden.<br />

4.2.8 Wirtschaftlichkeitsaspekte<br />

Die Investitionskosten für die Hauptanwendungen der Bürgerkarte werden aus Mitteln<br />

der Sozialversicherung und des Bundes aufgebracht. Für die SV-Applikation<br />

werden von Seiten der Wirtschaft 300 Mio. Schilling (ca. 22 Mio. €) als einmalige Abgeltung<br />

für den Entfall der Krankenscheinausstellung geleistet. Für den Versicherten<br />

ist die Einführung der SV-Keycard mit keinen Kosten verbunden. Damit amortisiert<br />

sich das Chipkartensystem (allein für den Aspekt SV-Applikation) bei volkswirtschaftlicher<br />

Betrachtung binnen 2 Jahren.<br />

4.2.9 Die SV-Projekt-Umsetzung<br />

• Die wesentlichen Meilensteine des SV-Projektes sind:<br />

‣ Die Einrichtung einer Musterordination<br />

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‣ Ein Probebetrieb mit ausgewählten (Referenz-)Ärzten<br />

‣ Die Ausstattung (Kartenausgabe und Installierung der Terminals) der ersten<br />

Region<br />

‣ die flächendeckende Ausstattung aller Bundesländer bis Ende 2002.<br />

• Die Umstellung soll bundesländerweise vor sich gehen, wobei darauf bedacht genommen<br />

werden wird, dass möglichst alle Patienten eines Arztes in dem Bundesland<br />

mit der SV-Chipkarte ausgestattet sind. Mischsituationen können sich temporär<br />

in Grenzregionen zwischen umgestellten und nicht umgestellten Bundesländern<br />

ergeben.<br />

• Die Reihenfolge der Einführung in den Bundesländern wird mit den Ärztekammern<br />

und den Sozialversicherungsträgern abgestimmt.<br />

5 Privatheit und IT-Sicherheit<br />

Der „herkömmliche“ Datenschutz (privacy) kann nur als Einheit mit der Systemsicherheit<br />

(IT-Security) systemtechnisch umgesetzt und als Prozess nachhaltig gewährleistet<br />

werden. Hierzu einige grundsätzliche Anmerkungen.<br />

5.1 Sicherheitsaspekte<br />

Um die erwähnte Schlüssel-Eigenschaft der Chipkarte für Zugriffsberechtigte abzusichern,<br />

ist die Implementierung eines Sicherheitskonzeptes nach dem state of the art<br />

erforderlich, ferner ein regelmäßiges Monitoring des Sicherheitsstandards im laufenden<br />

Betrieb unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens aller Systemkomponenten.<br />

Hervorzuhebende Merkmale sind:<br />

• Der logische „Schlüssel“ der Keycard ist im gesamten System einzigartig (es gibt<br />

keinen Nachschlüssel).<br />

• Ein abhanden gekommener Schlüssel wird systemweit gesperrt.<br />

• Fälschungen oder Duplizierungen von Schlüssel-Komponenten bedeuten eine hohe<br />

und teure Hürde.<br />

• Entsprechend der Sensibilität der jeweiligen Applikation werden Sicherheitsstufen<br />

unterschiedlicher Stärke in entsprechend sinnvoller Kombination mit den Bürgerkartenfunktionen<br />

implementiert:<br />

a) Zweite Berechtigungskarte ("Zwei-Schlüssel-System"):<br />

Die Elektronische Nachbildung des Vieraugen-Prinzips erfolgt durch die Verwendung<br />

der Ordinationskarte zur Prüfung der Systemzugehörigkeit der SV-<br />

Keycard. Das Terminal allein kann somit die SV-Applikation nicht zugänglich<br />

machen. Die Gültigkeit der Ordinationskarte muss in regelmäßigen Abständen<br />

durch einen Online-Kontakt verlängert werden. Ist das nicht der Fall, verliert<br />

sie ihre Autorisierung als Systempartner.<br />

b) Verschlüsselungsverfahren für interne und externe Transaktionen je nach erforderlicher<br />

Stärke:<br />

‣ symmetrisch (z.B. 3DES)<br />

‣ asymmetrisch (ECDSA)<br />

‣ Kombination asymmetrisch / symmetrisch (s. Abb.3, Add. Appl.-Keys)<br />

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c) Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Elektronischen Signatur mittels Bürgerkarte,<br />

entsprechend den gesetzlichen Auflagen gem. [1].<br />

Die Kombination sämtlicher Sicherheitsmerkmale des Systems führt für rationale Angreifer<br />

zur Konsequenz, dass der verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zum<br />

möglicherweise zu erzielenden Nutzen steht.<br />

5.2 Aspekte zur Privatheit<br />

Elektronische Abwicklung von Amtsvorgängen erfordert die sichere Umsetzung von<br />

„Digital Public Identity“ bei Wahrung von Privatheit. In Österreich ist dafür durch<br />

das Signaturgesetz die Basis geschaffen worden. Telematische Dialoge mit der Verwaltung<br />

(z.B. Anbringen und Bescheide) sind durch Verwendung der sicheren elektronischen<br />

Signatur in elektronischer Form möglich, wobei das Signaturgesetz und<br />

die EU-Richtlinie die erforderlichen Datenschutz-Auflagen vorschreibt.<br />

Die Bürgerkarte setzt in den Funktionen des eAmt-Key die sichere elektronische Signatur<br />

und weitere Aspekte der Privatheit wie z.B. Inhaltsverschlüsselung um.<br />

Die Daten der SV-Keycard sind im Chip der Karte nur mit der Ordinationskarte zugänglich<br />

und völlig getrennt von der eAmt-Keycard.<br />

Mit der Ordinationskarte, welche die Schlüssel für die SV-Anwendung enthält, sind<br />

eAmt-Anwendungen nicht zugänglich. Solche setzten die Implementierung der elektronischen<br />

Signatur voraus.<br />

Da mit der elektronischen Signatur dem Signator Pflichten erwachsen, kann diese<br />

nur auf nachvollziehbare Anforderung durch den Bürger in der Karte aktiviert<br />

werden.<br />

Die Karte kommt in „vorbereitetem“ Zustand zum Bürger und wird durch ihn unter<br />

Vorlage eines gültigen Ausweisdokumentes für die elektronische Signatur aktiviert.<br />

Damit ist die Bürgerkarte ein Angebot an den Bürger, welches sichere Kommunikation<br />

im Bereich Bürger / Verwaltung ermöglicht.<br />

Literatur:<br />

[1] Signaturgesetz SigG BGBl. I Nr. 190/1999 und Signaturverordnung SigV<br />

BGBl. II Nr. 30/2000. Texte siehe www.a-sit.at/Deutsch/dokument.htm<br />

[2] Chipkarten-Standards wie z.B. ISO 7816-xx siehe ggf. Rankl, W., Effing, W.:<br />

Handbuch der Chipkarten, 3. Auflage, München, Wien, Hanser 1999<br />

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6 Anhang<br />

6.1 Projekt-Geschichte der SV-Chipkarte<br />

• Im Entschließungsantrag des österreichischen Parlamentes vom 29.11.96 wurde<br />

dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (HV) die Aufgabe<br />

übertragen, die Voraussetzungen für die Einführung einer Chipkarte in der<br />

österreichischen Sozialversicherung zu schaffen.<br />

• Im Jahre 1997 wurde durch ein Projektteam des HV ein erstes Systemkonzept<br />

erarbeitet, wobei die Anspruchsprüfung des Versicherten prinzipiell online geplant<br />

war. Ergänzend wurden u.a. Konzepte für die Rollout-Logistik und die Betriebszentrale<br />

(funktionaler und organisatorischer Aufbau des künftigen Betreiber-<br />

Unternehmens) entworfen.<br />

• Neue konzeptionelle Ideen führten 1998 zur Revision des Online-Konzeptes. Das<br />

Resultat ergab ein Mischsystem, welches die Anspruchsprüfung überwiegend<br />

offline vorsah. Es wurden große Anstrengungen unternommen, geeignete Ausschreibungsunterlagen<br />

für das Gesamtsystem zur Vergabe nach einem „Offenen<br />

Verfahren“ zu erstellen, welches einen schwer bewältigbaren Aufwand in der<br />

Spezifikationstiefe erfordert.<br />

• Im Mai 1999 wurde die „Gesamtvertragliche Vereinbarung“ über das System<br />

„SV-Chipkarte“ und seine Nutzungsbedingungen mit der Österreichischen Ärztekammer<br />

abgeschlossen. Am 19.8.99 wurde das Projekt „SV-Chipkarte“ durch die<br />

56. ASVG-Novelle gesetzlich abgesichert. Auf diesen Grundlagen und der vergaberechtlichen<br />

Erkenntnis, dass das Gesamtsystem nach einem „Verhandlungsverfahren“<br />

auszuschreiben ist, wurde das umfangreiche Vergabeprocedere<br />

am 21.9.99 mit der „Öffentlichen Erkundung des Bewerberkreises“ europaweit<br />

gestartet (Phase 1).<br />

• Für die Phase 2 wurden am 16.3.2000 ausgewählte Bewerber eingeladen, auf<br />

Basis der Ausschreibungsunterlagen bis 17.5.2000 Angebote zu legen. Die Verhandlungen<br />

mit den 4 Bietern dauerten bis 3.10.2000. Bewertungsfähige und<br />

vertragsreife Angebote lagen dann ab 23.10.2000 vor. Nach Bewertung der Angebote<br />

erfolgte die formelle Benachrichtigung der Bieter über den beabsichtigten<br />

Zuschlag an das Bieterkonsortium EDS/ORGA im Dezember 2000.<br />

6.2 Abbildungen<br />

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eAmt-Keycard<br />

Anwendung eAmt<br />

(Gegenseite)<br />

SV-Keycard<br />

Anwendung im<br />

SV-Bereich<br />

Abb. 1: Keycard-Konzept der Bürgerkarte<br />

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1<br />

System-Konfiguration<br />

des SV-Projektes<br />

Logfile<br />

2<br />

6<br />

SV-Keycard<br />

Verrechnung<br />

Arzt-EDV<br />

Leistungsdaten.../.../.../<br />

Arztterminal<br />

ADMIN - Bereich der Ordination<br />

Hotlist<br />

(SV-Status- Korr .)<br />

Tagesabschluß<br />

3<br />

freiwillige Anbindung<br />

Chipkarten-Netz<br />

Logon<br />

Konstatierungsprogramm<br />

7<br />

5<br />

4<br />

Legende:<br />

Unterbrochene Linien entsprechen<br />

logischen Verbindungen einzelner<br />

System-Funktionen<br />

SV-Träger<br />

V e r r e c h n u n g<br />

Hauptverband<br />

Verrechnungs -<br />

unterstützung<br />

Anspruchsdatenbank<br />

Betriebsfall-<br />

Logging<br />

Anspruchsprüfung<br />

Bestandsführung / Hotlist<br />

(Aktualisierung: SV-Status,<br />

Sperrvermerke)<br />

Kopie der<br />

Anspruchsdatenbank<br />

Betreiber-Server<br />

Daten für Verrechnungsunterstützung<br />

Betrieb<br />

Karten-Management<br />

Key-Management<br />

Betreuung des laufenden Betriebs<br />

Verwaltung der Infrastruktur<br />

Updating der Systemfunktionen<br />

Nachladen von Applikationen (inkl. Versionen-Verwaltung)<br />

Abb. 2: Systemkomponenten des SV-Projektes<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 15 von 16<br />

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MF_BUERGERKARTE<br />

IF_SCHLUESSEL_BUERGERKARTE<br />

EF_DATEN_BUERGERKARTE<br />

DF_eAPPL-KEYS<br />

DF_eAMT-KEYCARD<br />

DF_SV-KEYCARD<br />

DF_eDTx_DATACARD<br />

IF_SCHLUESSEL_eAPPL<br />

IF_SCHLUESSEL_eSIG<br />

IF_SCHLUESSEL_SV<br />

IF_SCHLUESSEL_eDTX<br />

EF_GRUNDDATEN_eAPPL<br />

EF_GRUNDDATEN_eSIG<br />

EF_GRUNDDATEN_SV<br />

EF_DATEN_A_eDTX<br />

EF_KEY_eAPPL<br />

EF_SIG_KEY_eSIG<br />

EF_VERSICHERUNGS-<br />

DATEN_SV<br />

EF_DATEN_B_eDTX<br />

EF_ZERTIFIKAT_eAPPL<br />

EF_ZERTIFIKAT_eSIG<br />

EF_DIGITALE_ANSPRUCHS-<br />

BELEGE_SV<br />

EF_DATEN_C_eDTX<br />

EF_RFU_SV<br />

ADD. APPL-KEYS eAMT (El-SIG) SV-APPLIKATION DATENTASCHEN<br />

Abb. 3: Die File-Struktur der Bürgerkarte im Überblick<br />

11. GMD-SC Workshop Österreichische Bürgerkarte Seite 16 von 16<br />

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