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„Juden, Zigeunern und Hunden Zutritt verboten!“ Roma in der ...

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In <strong>der</strong> Bekanntmachung des Innenm<strong>in</strong>isteriums <strong>und</strong> des Zentralen Arbeitsamtes Nr. 202/1941<br />

des Amtsblattes vom 28. Mai 1941 „über die Arbeitslagerordnung<strong>“</strong> wurden die Organisation<br />

<strong>der</strong> Arbeitslager <strong>und</strong> die dortigen Verhältnisse näher geregelt: Die geme<strong>in</strong>samen Unterkünfte<br />

„brauchen ke<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Komfort aufzuweisen, dafür müssen sie jedoch so e<strong>in</strong>gerichtet<br />

se<strong>in</strong>, dass sie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Bewachung ermöglichen<strong>“</strong> (§ 2). E<strong>in</strong>e Übernachtung außerhalb des<br />

Lagers sowie Besuche von außen waren <strong>verboten</strong>. Die Verpflegung hatte „so e<strong>in</strong>fach wie<br />

möglich<strong>“</strong> zu se<strong>in</strong>, „so billig wie nur möglich, jedoch ausreichend<strong>“</strong> (§ 2). Die Bezirksvorsteher<br />

waren für die Auffüllung <strong>der</strong> Lager mit Arbeitskräften zuständig, die örtliche Gendarmerie für<br />

den Wachdienst, <strong>der</strong> Arbeitgeber für die Arbeitsorganisation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Distriktarzt für die<br />

ärztliche Betreuung (§ 3). Kosten für Medikamente hatte <strong>der</strong> Arbeitgeber zu tragen (§ 3). Die<br />

Lager<strong>in</strong>sassen waren „bed<strong>in</strong>gungslos verpflichtet<strong>“</strong>, sich den Befehlen <strong>der</strong> Vorgesetzten<br />

unterzuordnen <strong>und</strong> strengste Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Ordnung zu wahren (§ 5). Um 05.00 Uhr (im<br />

W<strong>in</strong>ter um 06.00 Uhr) wurden die Zwangsarbeiter geweckt, die Arbeitszeit betrug zwölf<br />

St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> 15 M<strong>in</strong>uten (von 06.15 Uhr bis 18.30 Uhr) mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halbstündigen<br />

Mittagspause. Für die Zeit zwischen Abendessen <strong>und</strong> Zapfenstreich waren „Erziehungskurse<strong>“</strong><br />

e<strong>in</strong>zulegen. Es war generell <strong>verboten</strong>, das Arbeitslager zu verlassen (§ 6). Verboten waren<br />

auch das Rauchen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Konsum alkoholischer Getränke sowie das Versenden bzw.<br />

Empfangen von Briefen. Ausnahmsweise konnte <strong>der</strong> Lagerkommandant bewilligen, dass e<strong>in</strong><br />

Insasse e<strong>in</strong>mal pro Monat e<strong>in</strong>en Brief an die nächsten Familienangehörigen schrieb bzw. e<strong>in</strong>e<br />

Nachricht von ihnen erhielt; <strong>der</strong> Briefwechsel war von <strong>der</strong> Lagerleitung zu kontrollieren (§ 7).<br />

In <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Jahr später erlassenen Bekanntmachung des Innenm<strong>in</strong>isteriums Nr. 419/1942 vom<br />

23. September 1942 „über die Organisationsordnung <strong>der</strong> Arbeitslager<strong>“</strong> wurden die<br />

Bestimmungen noch erweitert, verschärft <strong>und</strong> konkretisiert.<br />

E<strong>in</strong>zuweisen waren gemäß <strong>der</strong> Bekanntmachung des Innenm<strong>in</strong>isteriums Nr. 419/1942 solche<br />

Personen, die arbeitslos waren, die e<strong>in</strong>e amtlich zugewiesene Stelle gr<strong>und</strong>los nicht annahmen,<br />

die e<strong>in</strong>e Stelle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em für die Verteidigung wichtigen Betrieb verließen o<strong>der</strong> die ihr<br />

„Arbeitsverhältnis im Reich eigenmächtig <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>los<strong>“</strong> kündigten (§ 5, Abs. 1 a-d). Ferner<br />

gehörten zum Kreis <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zuweisenden „Personen, die e<strong>in</strong>e Panik verursachende Nachricht<br />

verbreiteten<strong>“</strong>, sowie Menschen, die „durch ihre ausschweifende Verhaltensweise ihren<br />

Familien o<strong>der</strong> Mitbürgern zur Last fallen (Tr<strong>in</strong>ker, Unruhestifter, Schläger, Kartenspieler,<br />

moralisch entartete Personen usw.), wenn sie sich <strong>in</strong> dieser Richtung als unverbesserlich<br />

gezeigt hatten<strong>“</strong> (§ 5, Abs. 1g). Darüber h<strong>in</strong>aus waren <strong>in</strong> die Arbeitslager solche Personen zu<br />

deportieren, die ihrer Unterhaltspflicht gegenüber <strong>der</strong> Familie bzw. ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n nicht<br />

nachkamen (Buchst. c, ch). Außerdem waren auch diejenigen e<strong>in</strong>zuweisen, „die durch ihr<br />

Verhalten, e<strong>in</strong>e Tat o<strong>der</strong> Unterlassung den wirtschaftlichen Produktions- <strong>und</strong> Arbeitsprozess<br />

störten<strong>“</strong> (§ 5, Abs. 1j). Aufgr<strong>und</strong> ihrer ethnischen Zugehörigkeit wird explizit e<strong>in</strong>e<br />

Personengruppe erwähnt – die „Zigeuner ohne Arbeitsverhältnis<strong>“</strong> (Buchst. i).<br />

Wie aus dieser Aufzählung deutlich wird, konnte jede Person, die irgendwie auffiel, beliebig<br />

<strong>in</strong> das Arbeitslager e<strong>in</strong>gewiesen werden. Die „asozialen Personen<strong>“</strong> waren <strong>in</strong> Verzeichnissen<br />

bei den Gendarmeriestationen zu registrieren, wobei e<strong>in</strong>e Kartei für die <strong>Roma</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

für „sonstige Personen<strong>“</strong> zu führen war (Bekanntmachung des Innenm<strong>in</strong>isteriums Nr.<br />

419/1942, § 9). Die <strong>Roma</strong>, als e<strong>in</strong>zige Personengruppe aufgr<strong>und</strong> ihrer ethnischen<br />

Zugehörigkeit ausdrücklich erwähnt, waren schon von vornhere<strong>in</strong> verdächtig. Über die<br />

Zwangse<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> die Arbeitslager entschied – zum<strong>in</strong>dest gemäß § 7 – e<strong>in</strong>e Kommission,<br />

die aus dem leitenden Notar (Vorsitzen<strong>der</strong>), dem örtlichen Gendarmeriekommandanten, dem<br />

Bürgermeister <strong>und</strong> dem Vorsitzenden <strong>der</strong> örtlichen Organisation <strong>der</strong> Hl<strong>in</strong>ka-Volkspartei bzw.<br />

<strong>der</strong> Deutschen Partei bestehen sollte. Nicht nur die Entscheidungspraxis, son<strong>der</strong>n auch die<br />

Entscheidungsform war <strong>in</strong>dessen willkürlich. In e<strong>in</strong>em Brief an das Innenm<strong>in</strong>isterium<br />

beschwerten sich die – wie sie sich selbst bezeichneten – „asozialen Bürger aus <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

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