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Skript S. 34 - Endriss-kollegen.de

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V. Das Disziplinarverfahren<br />

1. Sinn und Zweck <strong>de</strong>s Disziplinarverfahrens<br />

Sinn und Zweck <strong>de</strong>s Disziplinarverfahrens ist nicht, wie beim Strafverfahren, die Sühne/Vergeltung<br />

von begangenem Unrecht, son<strong>de</strong>rn die Disziplinierung <strong>de</strong>s Beamten für die<br />

Zukunft. Das Disziplinarrecht hat die Funktion, <strong>de</strong>n Beamten zu künftiger Pflichtenerfüllung<br />

zu ermahnen und zu erziehen und damit auch die Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>s Beamtentums zu<br />

erhalten. Daneben soll auch das Ansehen <strong>de</strong>s Berufsbeamtentums gewahrt wer<strong>de</strong>n. Das<br />

Disziplinarrecht ist zur Pflichtenermahnung erfor<strong>de</strong>rlich, weil Beamte an<strong>de</strong>rs als Angestellte<br />

bei Fehlverhalten o<strong>de</strong>r Schlechtleistung aufgrund <strong>de</strong>s Lebenszeitprinzips nicht gekündigt<br />

wer<strong>de</strong>n können.<br />

Da das Disziplinarverfahren einen an<strong>de</strong>ren Zweck verfolgt als das Strafverfahren, kann es<br />

prinzipiell – in <strong>de</strong>n Grenzen <strong>de</strong>s § <strong>34</strong> LDG – auch neben einem Strafverfahren durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n, ohne daß dies ein Verstoß gegen das Verbot <strong>de</strong>r Doppelbestrafung wäre.<br />

2. Verdacht eines Dienstvergehens als Einleitungsvoraussetzung<br />

In § 47 Abs. 1 BeamtStG ist das Dienstvergehen <strong>de</strong>finiert als schuldhafte Dienstpflichtverletzung<br />

durch einen Beamten. § 47 Abs. 2 BeamtStG stellt zusätzliche Anfor<strong>de</strong>rungen dafür<br />

auf, wenn ein außerdienstliches Verhalten als Dienstvergehen einzustufen ist. Da je<strong>de</strong>m Beamten<br />

einmal fahrlässig Fehler unterlaufen können, ohne dies gleich disziplinierungswürdig<br />

zu sein braucht, setzt das Dienstvergehen als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal noch<br />

das Überschreiben <strong>de</strong>r disziplinarrechtlichen Erheblichkeitsschwelle voraus. Die Prüfung <strong>de</strong>s<br />

Dienstvergehens ist somit wie folgt aufzubauen:<br />

• Beamter im statusrechtlichen Sinne (s.o.)<br />

• Verletzung von Dienstpflichten (s.o.)<br />

• Rechtswidrigkeit (wird indiziert)<br />

• bei außerdienstlichem Verhalten Vorliegen von Umstän<strong>de</strong>n, die in beson<strong>de</strong>rem Maße<br />

geeignet sind, das Vertrauen in einer für das Amt be<strong>de</strong>utsamen Weise zu beeinträchtigen<br />

(amtsbezogen argumentieren)<br />

• Verschul<strong>de</strong>n = Vorsatz und Fahrlässigkeit<br />

Vorsätzlich han<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r Beamte, wenn er bewußt und gewollt <strong>de</strong>n Tatbestand<br />

verwirklicht, <strong>de</strong>r seine Pflichtverletzung ausmacht und wenn er sich <strong>de</strong>r<br />

Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewußt ist.<br />

Rechtsanwälte <strong>Endriss</strong> und Kollegen<br />

Dreikönigstr. 12, 79102 Freiburg, Tel. 0761-79196-0, Fax 0761-79196-10<br />

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Fahrlässiges Verhalten liegt vor, wenn <strong>de</strong>r Beamte die von ihm gefor<strong>de</strong>rte<br />

Sorgfalt außer Acht läßt, d.h. die Verletzung <strong>de</strong>r Dienstpflicht hätte erkennen<br />

und die Pflichtverletzung durch entsprechen<strong>de</strong> Maßnahmen hätte verhin<strong>de</strong>rn<br />

können. Dabei reicht es nicht aus, daß das Verhalten objektiv fehlerhaft war,<br />

son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Beamte muß sich auch subjektiv über Gebote und Einsichten<br />

hinweggesetzt haben, die sich ihm in <strong>de</strong>r konkreten Situation hätten erschließen<br />

müssen.<br />

Verschul<strong>de</strong>n liegt nicht vor, wenn <strong>de</strong>r Beamte bei Verletzung <strong>de</strong>r Pflicht<br />

schuldunfähig war o<strong>de</strong>r Entschuldigungsgrün<strong>de</strong> (z.B. entschuldigen<strong>de</strong>r Notstand)<br />

vorlagen.<br />

• Überschreiten <strong>de</strong>r disziplinarrechtlichen Erheblichkeitsschwelle<br />

Ruhestandsbeamte begehen, da sie keine aktiven Beamte mehr sind und daher auch keine<br />

Dienstpflichten mehr haben, nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Voraussetzungen <strong>de</strong>s<br />

§ 47 Abs. 2 BeamtStG vorliegen. Nach § 47 Abs. 2 S. 3 BeamtStG können die Län<strong>de</strong>r weitere<br />

Handlungen festlegen, die als Dienstvergehen gelten. Insoweit ist § 95 Abs. 2 LBG zu<br />

beachten.<br />

Nach <strong>de</strong>m Grundsatz <strong>de</strong>r Einheit <strong>de</strong>s Dienstvergehens wer<strong>de</strong>n mehrere Pflichtverletzungen<br />

stets zu einem einzigen Dienstvergehen zusammengefaßt, auch dann, wenn sie zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten, durch unterschiedliche Handlungen begangen wur<strong>de</strong>n und unterschiedliche<br />

Pflichtentatbestän<strong>de</strong> betreffen.<br />

3. Der Ablauf eines Disziplinarverfahrens<br />

a. Einleitung nach § 8 LDG und Bestellung eines Ermittlungsführers<br />

vgl. Fall<br />

b. Rechte <strong>de</strong>s Beamten (§ 11 Abs. 1, 2 LDG, § 2 LDG, §§ 14, 29 LVwVfG,<br />

§ 16 Abs. 2 LDG, § 18 Abs. 2 LDG)<br />

vgl. Fall<br />

c. Beweiserhebung und abschließen<strong>de</strong> Anhörung, §§ 16, 20 LDG<br />

vgl. Fall<br />

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d. Einstellung (§ 37 LDG) o<strong>de</strong>r Erlaß einer Disziplinarverfügung (§ 38<br />

LDG)<br />

Das Disziplinarverfahren en<strong>de</strong>t entwe<strong>de</strong>r durch Einstellung o<strong>de</strong>r durch Erlaß einer Disziplinarverfügung.<br />

In <strong>de</strong>n in § 37 Abs. 1 LDG genannten Fällen ist das Disziplinarverfahren einzustellen.<br />

Liegt ein Einstellungsgrund nicht vor, ergeht eine Disziplinarverfügung nach § 38 LDG. Die<br />

Disziplinarverfügung ist Verwaltungsakt. Sie ist <strong>de</strong>m Beamten mit Begründung, Kostenentscheidung<br />

und Rechtsbehelfsbelehrung förmlich zuzustellen, § 38 Abs. 2 S. 1 LDG.<br />

Beim Erlaß einer Disziplinarverfügung ist nach § 80 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 i.V.m. § 81 LPersVG<br />

<strong>de</strong>r Personalrat auf Antrag <strong>de</strong>s Beamten zu beteiligen. Der Beamte ist zuvor auf das Antragsrecht<br />

hinzuweisen.<br />

Gegen die Disziplinarverfügung kann <strong>de</strong>r Beamte Klage vor <strong>de</strong>m Verwaltungsgericht erheben.<br />

Ein Wi<strong>de</strong>rspruchsverfahren fin<strong>de</strong>t nach § 15 Abs. 2 AGVwGO zuvor nicht statt.<br />

4. Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s Disziplinarverfahrens beim Beamten auf Wi<strong>de</strong>rruf<br />

und auf Probe, § 23 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 BeamtStG<br />

Nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG können Beamte auf Probe entlassen wer<strong>de</strong>n, wenn sie<br />

Handlungen begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit min<strong>de</strong>stens eine Kürzung<br />

<strong>de</strong>r Dienstbezüge zur Folge hätte. Beamten auf Wi<strong>de</strong>rruf können nach § 23 Abs. 3<br />

BeamtStG je<strong>de</strong>rzeit (aus sachlichen Grün<strong>de</strong>n) entlassen wer<strong>de</strong>n. Das BeamtStG regelt die<br />

Möglichkeit <strong>de</strong>r Entlassung von Beamten auf Wi<strong>de</strong>rruf und auf Probe abschließend. §§ 43,<br />

44 LBG fin<strong>de</strong>n daher neben § 23 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 BeamtStG keine Anwendung, auch<br />

nicht ergänzend. Die Regelung über die Zuständigkeit in § 45 LBG sowie die Fristen nach<br />

§ 46 LBG gelten jedoch bis zu einer lan<strong>de</strong>srechtlichen Neuregelung ebenso weiter wie<br />

§§ 47, 48 LBG (vgl. Anwendungshinweise <strong>de</strong>s IM zum BeamtStG).<br />

5. Vorläufige Maßnahme im Disziplinarverfahren<br />

• Vorläufige nicht amtsgemäße Verwendung, § 21 LDG<br />

• Vorläufige Dienstenthebung und Einhaltung <strong>de</strong>r Bezüge, § 22 LDG<br />

• Verbot <strong>de</strong>r Führung <strong>de</strong>r Dienstgeschäfte, § 39 BeamtStG (s.o.)<br />

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6. Die Disziplinarmaßnahmen<br />

a. aktive Beamte, § 25 Abs. 1 S. 1 LDG<br />

• Entfernung aus <strong>de</strong>m Dienst, § 31 LDG<br />

i.d.R. bei Körperverletzung im Amt, Verfolgung Unschuldiger, Zugriffs<strong>de</strong>likten wie<br />

Diebstahl und Unterschlagung im Dienst, Besitz kin<strong>de</strong>rpornografischer Schriften,<br />

mehr als nur unerheblichen Verstößen gegen das BtMG<br />

• Rückstufung, § 30 LDG<br />

• Kürzung <strong>de</strong>r Bezüge, § 29 LDG<br />

• Geldbuße, § 28 LDG<br />

• Verweis, § 27 LDG<br />

b. Ruhestandsbeamte, § 25 Abs. 2 LDG<br />

• Aberkennung <strong>de</strong>s Ruhegehalts, § 33 LDG<br />

• Kürzung <strong>de</strong>s Ruhegehalts, § 32 LDG<br />

c. Beamte auf Wi<strong>de</strong>rruf und Probe, § 25 Abs. 1 S. 2 LDG<br />

• Verweis, § 27 LDG<br />

• Geldbuße, § 28 LDG<br />

• im übrigen § 23 Abs. 3, 4 BeamtStG<br />

d. Mil<strong>de</strong>rungsgrün<strong>de</strong><br />

• überlange Verfahrensdauer (nicht bei Höchstmaßnahme)<br />

• einmalige, persönlichkeitsfrem<strong>de</strong> Tat<br />

• außergewöhnliche persönliche Krise<br />

• Provokation<br />

• Geringwertigkeit bei Zugriffs<strong>de</strong>likten (max. € 50,00)<br />

e. Maßnahmenverbot § <strong>34</strong> Abs. 1 LDG, § 35 LDG<br />

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