Sie kämpfen wie Asterix und Obelix - Grünliberale Rafzerfeld
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SAMSTAG, 05. JULI 2008<br />
Rafz Ortsparteien spannen zusammen, um den zunehmenden Service-Abbau der Bahn zu<br />
verhindern<br />
Beat Hauser (links, GLP) <strong>und</strong> André Fröhlicher (SP) geben sich kampfeslustig: Wer dem<br />
Bahnhof Rafz an den Kragen will, muss erst einmal an ihnen vorbei. (kam)<br />
<strong>Sie</strong> <strong>kämpfen</strong> <strong>wie</strong> <strong>Asterix</strong> <strong>und</strong> <strong>Obelix</strong><br />
Dem bedienten Bahnhof Rafz droht das Ende, Züge sollen gestrichen werden, <strong>und</strong> einige<br />
Pendler müssen weiterhin im Regen stehen. Doch <strong>wie</strong> in einem kleinen gallischen Dorf regt<br />
sich Widerstand.<br />
Kathrin Morf<br />
Vertreter der Rafzer Ortsparteien haben Mitte Juni r<strong>und</strong> 800 Vorlagen für eine Einsprache<br />
gegen das geplante Perrondach verteilt («ZU»/«NBT» berichteten). «Dass gleich alle<br />
Ortsparteien zusammenspannen, ist schon selten», sagt Beat Hauser, Präsident der<br />
<strong>Grünliberale</strong>n Partei (GLP) <strong>Rafzerfeld</strong>. Gegen ein Dach haben die Rafzer eigentlich nichts<br />
einzuwenden. Einerseits wollen sie aber ein längeres, <strong>und</strong> andererseits fühlen sie sich von den<br />
SBB benachteiligt <strong>und</strong> wollen zeigen, dass die Region über aktive Bewohner verfügt. «Wir<br />
sind ein kleines gallisches Dorf, das nicht aufhört, Widerstand zu leisten», schmunzelt<br />
Hauser. Dies sei nötig, weil das <strong>Rafzerfeld</strong> zur «Dienstleistungswüste» zu werden drohe. In<br />
Glattfelden <strong>und</strong> Hüntwangen-Wil werden Pendler nicht mehr bedient, Eglisau folgt im<br />
November, <strong>und</strong> Rafz dürfte bald dasselbe Schicksal ereilen. «Das ist mehr als nur ein<br />
Gerücht», sagt SP-Rafz-Vizepräsident André Fröhlicher <strong>und</strong> legt einen Brief der SBB vor:<br />
Die Umwandlung in einen Selbstbedienungsbahnhof sei im September 2009 vorgesehen, steht<br />
dort. Mediensprecherin Michèle Bamert bestätigt dies, fährt aber fort: «Der definitive<br />
Entscheid ist noch nicht gefällt.» Zuerst fänden Gespräche mit der Gemeinde statt. Im<br />
Allgemeinen offeriere man aber genügend Alternativen zum Verkauf am Schalter.<br />
Deutsche schätzen Beratung<br />
Nach Erhalt des Briefes begannen sich die Rafzer vor Herumlungerern <strong>und</strong> Vandalen am<br />
verlassenen Bahnhof zu fürchten. Zudem sollen die Angestellten weiterhin ältere Damen <strong>und</strong><br />
verwirrte deutsche Pendler beraten dürfen. Ein lebloser «Wurmfortsatz der Schweiz» sei das
<strong>Rafzerfeld</strong> trotz seines Rufes nicht, betont Fröhlicher. 1400 Pendler sind in Rafz täglich<br />
anzutreffen. Zudem wächst das Dorf stetig, was sich an den überfüllten Fahrradständern zeigt.<br />
«Die Gemeinde schiebt die Zuständigkeit dafür auf die SBB <strong>und</strong> die SBB auf die Gemeinde»,<br />
seufzt er. Dazu ärgert die Rafzer, dass bei der Inbetriebnahme der geplanten Doppelspur Züge<br />
gestrichen werden sollen.<br />
Zu alldem kam das Dach hinzu, das nur den Bereich ums Wartehäuschen schützt. «<strong>Sie</strong> bauen<br />
ein Dach über einem Dach», kritisiert Fröhlicher. Pendler würden sich weiterhin nasse Füsse<br />
holen, oder in der Unterführung warten <strong>und</strong> Verspätungen verursachen. Ausserdem bestehe<br />
im Winter auf der ungeschützten Rampe oft Sturzgefahr. Bei den SBB weiss man nichts von<br />
grösseren Beanstandungen <strong>und</strong> weist auf Mehrkosten von 400 000 Franken für ein längeres<br />
Dach hin. Laut Hauser sind die Rafzer bereit, über einen finanziellen Beitrag zu verhandeln.<br />
Dies ist auch nötig, dürften die über 100 Einsprachen doch ungültig sein. Nur Personen mit<br />
schutzwürdigem Interesse an der Aufhebung der Pläne sind einspracheberechtigt – Pendler<br />
mit nassen Füssen zählen wohl nicht dazu.<br />
Die FDP zieht sich zurück<br />
Im weiteren Kampf gegen die «Römer» von den SBB mischt die FDP nicht mehr mit. «Wir<br />
wollen uns auf das regionale Kerngeschäft konzentrieren, unsere eigene Linie fahren <strong>und</strong><br />
nicht da <strong>und</strong> dort ein bisschen mittun», erklärt Präsident Peter Lussi. SP, GLP <strong>und</strong> SVP halten<br />
den Druck aber aufrecht <strong>und</strong> suchen nach Alternativen: beispielsweise könnte ein<br />
Stationshalter ins Boot geholt werden. «Dieses Modell ist nicht zukunftsträchtig», entgegnet<br />
Bamert. Der Rafzer Bahnhof könne mit den heutigen Einnahmen nicht wirtschaftlich<br />
betrieben werden.<br />
Dennoch starten die Politiker im August eine Petition – der Kampf wird also schweizerisch<br />
ausgefochten <strong>und</strong> nicht im gallischen Sinn mit Märschen gegen feindliche Städte. Diese<br />
würden den Rafzern so<strong>wie</strong>so Mühe bereiten, finden sich doch allerorts mögliche Zuständige.<br />
«Wir wüssten ja gar nicht, wohin wir marschieren sollten», schmunzelt Fröhlicher.