3/2010 - Deutsches Mauthausen Komitee Ost eV
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3/2010 - Deutsches Mauthausen Komitee Ost eV
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<strong>Mauthausen</strong>-<br />
Information<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong> <strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong> e.V. - Ausgabe Nr. 21 / Oktober <strong>2010</strong><br />
Weltfriedenstag <strong>2010</strong><br />
1. September - vor 71 Jahren<br />
begann mit der gewaltsamen<br />
Überschreitung der Grenze zu<br />
Polen durch deutsche Truppen der<br />
wahnsinnige Feldzug, mit dem<br />
Deutschland sich zum Beherrscher<br />
Europas und der Welt aufspielte.<br />
Die Folgen des Zweiten<br />
Weltkrieges sind bekannt und<br />
mahnen zu dem millionenfach<br />
wiederholten „Nie wieder!“<br />
1. September – seit Anfang der<br />
50er Jahre der Tag, der im<br />
Gedenken an die Aber-Millionen<br />
unschul- diger Opfer besonders der<br />
Anti-Hitler-Koalition, aber auch des<br />
Ursprungslandes, weltweit zum<br />
Frieden mahnt – der<br />
Weltfriedenstag, der Antikriegstag!<br />
Heldentod am Hindukusch!<br />
Wir sind wieder dabei – nicht nur<br />
am Hindukusch!<br />
Waffenexport – auch für<br />
Deutschland wieder ein lukratives,<br />
ein BOMBENgeschäft. Von 2006 –<br />
2008 liefert an die Türkei 289<br />
Panzer, <strong>2010</strong> weitere 56 Panzer<br />
und zahlreiche Schusswaffen.<br />
Die Türkei – der wichtigste Partner<br />
bei deutschen Rüstungsexporten !<br />
Usw., usw. …<br />
Haben unsere Mütter und Väter,<br />
unsere Vorfahren, dafür ihr Leben<br />
eingesetzt?<br />
Diskutiert mit uns über die Frage:<br />
Was bewegte und bewegt<br />
AntifaschistInnen zum Kampf<br />
gegen Rüstung und Krieg?<br />
Unsere Verantwortung für<br />
den Frieden !<br />
Eva Mendl zur Frauenfriedenskonferenz<br />
am 27.08.<strong>2010</strong><br />
in München (Auszüge)<br />
Die wichtigste Bezugsperson für<br />
meine politische Bildung war mein<br />
Vater. Er bekämpfte als KPD-<br />
Mitglied ab 1933 illegal den<br />
Faschismus in Deutschland, wurde<br />
dafür 1940 von der Gestapo<br />
verhaftet und gefoltert, 1941 wegen<br />
Hochverrat zu lebenslangem<br />
Zuchthaus verurteilt und 1943 mit<br />
dem Vermerk „Rückkehr<br />
unerwünscht“ ins Konzentrationslager<br />
<strong>Mauthausen</strong><br />
verschleppt. Im Mai 1945 erlebte er<br />
mit Tausenden Häftlingen die<br />
Befreiung des Lagers.<br />
Bertolt Brecht schrieb kurz vor<br />
seiner Flucht aus Deutschland im<br />
Jahr 1933 das Gedicht<br />
Deutschland.<br />
DEUTSCHLAND<br />
Oh Deutschland, bleiche Mutter!<br />
Wie haben deine Söhne dich<br />
zugerichtet.<br />
Dass du unter den Völkern sitzest<br />
Ein Gespött oder eine Furcht!<br />
Diese letzten vier Zeilen haben für<br />
mich eine besondere Bedeutung –<br />
sie sind am Denkmal der DDR in<br />
der Gedenkstätte des<br />
Konzentrationslagers <strong>Mauthausen</strong>s<br />
zu lesen und bringen mich immer<br />
wieder, wenn ich im Mai dort bin,<br />
zum Nachdenken.<br />
Warum ist Deutschland bei Brecht<br />
– und auch bei dem dortigen<br />
Denkmal – die Mutter? Soll sie die<br />
Verantwortung tragen, die Scham<br />
und Trauer übernehmen? Wird ihr<br />
damit gleichzeitig die Schuld<br />
aufgebürdet, da sie zumindest<br />
verantwortlich für die Existenz der<br />
Söhne ist, die das Land so<br />
zugerichtet haben; ein Gespött in<br />
der Kriegsniederlage und des<br />
Aufgebensmüssen der Idee einer<br />
Herrenrasse – eine Furcht im<br />
monströsen industriellen<br />
Massenmord?<br />
Ich habe erst vor kurzem und durch<br />
einen Zufall Briefe meines Vaters<br />
gefunden, die er – nach seiner<br />
Verhaftung 1940 aus<br />
Gefängnissen, Zuchthäusern und<br />
dem KZ <strong>Mauthausen</strong> an seine<br />
Mutter und seinen Bruder<br />
geschrieben hat. Briefe, die mich<br />
bewegen… Wie gern würde ich mit<br />
ihm über die Ungerechtigkeiten und<br />
Kämpfe in unserer heutigen Welt<br />
diskutieren! So muss ich mich und<br />
andere also immer von neuem<br />
befragen: – was kann ich, was<br />
können und müssen wir tun, um<br />
diese Welt friedlich und lebenswert<br />
zu machen – für alle Menschen -<br />
egal, wo sie leben, egal, wie reich<br />
oder arm sie sind, egal, ob sie in<br />
einer Moschee oder in einer Kirche<br />
beten, es einen Gott für sie gibt,<br />
oder nicht, egal, ob sie Frau oder<br />
Mann sind.<br />
Auch diejenigen, die 1939 noch<br />
stolz für ihr Vaterland in den Krieg<br />
gezogen sind, haben nach der<br />
Befreiung im Mai 1945 – wenn sie<br />
sie erlebt haben – geschworen: Nie<br />
wieder Krieg! Lieber ein Leben lang<br />
trocken Brot, als jemals wieder<br />
einen solchen Krieg erleben! Aber<br />
– wie sieht unsere Welt heute aus?<br />
Insgesamt 365 Krisenherde haben<br />
Politikwissenschaftler 2009<br />
beobachtet, 31 davon stuften sie<br />
als hoch gewaltsame Konflikte ein,<br />
sieben als reguläre Kriege. Das<br />
heißt, die Auseinandersetzungen<br />
werden mit massivem Einsatz von<br />
organisierter Gewalt geführt und<br />
verursachen nachhaltige<br />
Zerstörungen.<br />
b.w.<br />
<strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong> | 1
Aktuelles<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Titelseite<br />
Gewaltsame Auseinandersetzungen<br />
fordern in über 30, noch<br />
dazu meist sehr armen Ländern<br />
Tag für Tag neue Todesopfer,<br />
Hunderttausende Zivilisten sind auf<br />
der Flucht. Hinzu kommt:<br />
Deeskalierte Konfliktherde sind oft<br />
nicht wirklich aus der Welt. Sie<br />
»köcheln« unterhalb der<br />
Kriegsschwelle ohne große<br />
Schlagzeilen weiter, weil sie<br />
eingebunden sind in regionale<br />
Gewaltstrukturen, weil ihre sozioökonomischen<br />
und ethnischen<br />
Ursachen nicht beseitigt werden,<br />
weil es den Interessen großer<br />
Industriestaaten dient.<br />
Nur 65 Jahre nach dem<br />
verheerenden II. Weltkrieg spielt<br />
Deutschland wieder eine aktive<br />
Rolle bei militärischen<br />
Auseinandersetzungen in der Welt.<br />
Ja, auch Forderungen nach<br />
Beteiligung von Frauen in<br />
kriegerischen Auseinandersetzungen<br />
werden unter dem<br />
Gender- Deckmantel laut: Frauen<br />
sollten an Friedens- und<br />
Polizeitruppen, bei Untersuchungsund<br />
Hilfsteams beteiligt werden, um<br />
bei Stationierungen von<br />
Friedenstruppen geschlechtsbedingte<br />
Gewalt zu mindern.<br />
Ich weigere mich, das<br />
hinzunehmen! Für mich hat der<br />
Schwur der befreiten Häftlinge<br />
von <strong>Mauthausen</strong> Gültigkeit, der<br />
fordert:<br />
„Der vieljährige Aufenthalt im Lager<br />
hat in uns das Verständnis für die<br />
Werte einer Verbrüderung der<br />
Völker vertieft…Der Friede und die<br />
Freiheit sind die Garantien des<br />
Glücks der Völker, und der Aufbau<br />
der Welt auf neuen Grundlagen<br />
sozialer und nationaler<br />
Gerechtigkeit ist der einzige Weg<br />
zur friedlichen Zusammenarbeit der<br />
Staaten und Völker…“<br />
Soweit (auszugsweise) meine<br />
Worte an die TeilnehmerInnen<br />
der Konferenz. In einer<br />
anschließenden,<br />
sehr<br />
bewegenden Diskussion<br />
2 | <strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong><br />
äußerten etliche Frauen den<br />
Wunsch, mit uns gemeinsam den<br />
Tag der Befreiung in <strong>Mauthausen</strong><br />
erleben zu können.<br />
Eva Mendl, 01. September <strong>2010</strong><br />
………………………………<br />
Nachträglich erreichte uns ein…<br />
Erlebnisbericht der Thüringer<br />
VVN-BdA zur Fahrt<br />
nach <strong>Mauthausen</strong>,<br />
den wir auszugsweise wiedergeben<br />
möchten.<br />
Das war unsere 18. Antifa-Reise.<br />
Diesmal nach Österreich, wo wir –<br />
in Zusammenarbeit mit dem<br />
Deutschen <strong>Mauthausen</strong> <strong>Komitee</strong><br />
<strong>Ost</strong> e.V.“ - an der Befreiungsfeier<br />
zum 65. Jahrestag der Befreiung<br />
des KZ <strong>Mauthausen</strong> teilnahmen.<br />
Unsere erste Station nach vielen<br />
Kilometern: Schloss Hartheim,<br />
während der NS-Diktatur eine von<br />
sechs „Euthanasie-Anstalten“ des<br />
„Großdeutschen Reiches“, heute<br />
ein Dokumentations- und Lernort<br />
des freien Österreich… Ein sehr<br />
kenntnisreicher und engagierter<br />
junger Mann erläuterte in gutem<br />
Erzählstil das, was in den<br />
verschiedenen Museumsräumen<br />
gezeigt wurde. Das war wahrlich<br />
eine bedrückende Vorgeschichte<br />
rassistischen eugenischen<br />
Denkens, an das die Nazi-Medizin<br />
fast bruchlos anknüpfen konnte. ..<br />
Eines der ersten Gesetze des NS-<br />
Staates - das „Gesetz zur<br />
Verhütung erbkranken Nachwuchses“<br />
– wurde bereits 1933<br />
erlassen. Damit waren<br />
Zwangssterilisationen Tür und Tor<br />
geöffnet, die an nahezu einer<br />
halben Million Menschen<br />
vorgenommen wurden... In<br />
Hartheim wurden etwa 30.000<br />
Menschen durch Vergasung,<br />
medizinischen Missbrauch u.a.<br />
Methoden zu Tode gebracht. Im<br />
Gedenkraum neben dem<br />
Krematorium legte unsere<br />
Vorsitzende Elke Pudszuhn im<br />
Namen unserer Reisegruppe ein<br />
Blumengebinde nieder und<br />
übergab eines der mitgebrachten<br />
„Wegweiser“- Bücher über<br />
Widerstand und Verfolgung in<br />
Thüringen.<br />
Nach unserer ersten Nacht in<br />
einem beschaulichen Hotel von<br />
Perg ging es am nächsten Tag per<br />
Donauschifffahrt nach Melk. In der<br />
Gedenkstätte des NL Melk führte<br />
uns Frau Blak, eine alt gewordene<br />
Antifaschistin durch die Räume des<br />
einstigen Krematoriums, in dem<br />
auch eine kleine Ausstellung<br />
untergebracht ist. Sie betrachtet es<br />
als ihre Lebensaufgabe, vom<br />
Leiden und vom Lebenswillen der<br />
hier geschundenen und ermordeten<br />
5000 Häftlinge zu berichten… Sehr<br />
bewegt verlassen wir diesen Ort,<br />
nicht ohne ihr einen kleinen<br />
Solidaritätsbeweis zurück zu<br />
lassen.<br />
Artikel aus UNZ, 14-10<br />
Das wichtigste Ereignis des dritten<br />
Tages war unsere Teilnahme an<br />
der großen Gedenkfeier zum 65.<br />
Jahrestag der Befreiung des KZ<br />
<strong>Mauthausen</strong>. Menschengruppen<br />
von jung bis alt, aus mehr als<br />
einhundert Ländern, ausgestattet<br />
mit ihren Fahnen, Zeichen,<br />
Transparenten strömen auf das<br />
Gelände der heutigen<br />
Gedenkstätte. An den<br />
verschiedenen Gedenkorten<br />
zahlreicher Nationen versammeln
Aktuelles<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: <strong>Mauthausen</strong>reise<br />
sich die zum Teil weit angereisten<br />
Teilnehmer zu Manifestationen,<br />
Gottesdiensten und Ansprachen in<br />
ihrer Landessprache. Wir<br />
deutschen<br />
Teilnehmer,<br />
überwiegend aus dem <strong>Ost</strong>en,<br />
treffen uns am Denkmal, das die<br />
DDR hier errichten ließ, an der<br />
Plastik „Mutter“, von Fritz Cremer.<br />
Auch dort legt unsere Gruppe<br />
Blumen nieder. Ein Erlebnis<br />
eigener Art war die Teilnahme an<br />
einer kleinen Feier des<br />
gesamtdeutschen „<strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong>s Deutschland“ gegenüber<br />
dem bundesdeutschen Denkmal,<br />
an der Gruppen aus dem Raum<br />
Stuttgart und aus<br />
Berlin/Brandenburg Lieder<br />
vortrugen und mit einer<br />
Sprechmotette an die<br />
Verantwortung von uns Heutigen<br />
erinnern. Dann folgt ein Grußwort<br />
des BRD- Botschafters in<br />
Österreich, der viel von<br />
Menschenrechten spricht, die –<br />
mehrmals in Variationen wiederholt<br />
- „weltweit verteidigt und<br />
durchgesetzt werden müssen“.<br />
Höhepunkt ist auch dieses mal<br />
wieder der Einmarsch der<br />
nationalen Delegationen mit ihren<br />
Fahnen und die ehrende<br />
Begrüßung durch das<br />
Gedenkkomitee.<br />
Am Nachmittag fahren wir weiter<br />
nach der Gemeinde Ried in der<br />
Riedmark, wo ein Gedenken für die<br />
bei der „Mühlviertler Hasenjagd“<br />
ermordeten sowjetischen Häftlinge<br />
stattfindet. Wieder eine bewegende<br />
Feier ganz anderer Art. Eine kleine<br />
Gruppe ukrainischer Frauen hatte<br />
sich vor dem Denkmal eingefunden<br />
– Nachkommen jener 500 Offiziere,<br />
die 1945 einen Ausbruch aus dem<br />
KZ <strong>Mauthausen</strong> unternahmen -<br />
ohne Chancen, diese<br />
Selbstbefreiungstat zu überleben…<br />
Eine Frau, die damals Kind in einer<br />
solchen Solidaritätsfamilie war, ist<br />
ebenfalls unter den Anwesenden,<br />
und wird geehrt. Es sprechen die<br />
österreichische Parlamentsvorsitzende<br />
(vergleichbar unserem<br />
Norbert Lammert), der SPÖ-<br />
Bürgermeister des Ortes, ein<br />
Gewerkschaftsvertreter und ein<br />
Vertreter unserer deutschen<br />
Delegation.. Sie heben die<br />
Beharrlichkeit und den Mut hervor,<br />
dessen es bedurfte, um ein<br />
Denkmal dieser Art in diesem Ort<br />
aufzustellen. Die Ukrainerinnen<br />
stimmen das Volkslied von der<br />
„Katjuscha“ an. ..Jenny Mendl,<br />
Enkelin eines ehem. <strong>Mauthausen</strong>-<br />
Häftlings, spielt zwischen den<br />
Wortbeiträgen Lieder vom Frieden<br />
und von der Befreiung. Die Feier<br />
endet mit dem Gesang der<br />
Internationale. Zahlreiche Fäuste<br />
recken sich über den Köpfen –<br />
gegenüber das Denkmal und die<br />
Kirche. Eine beeindruckende<br />
Kundgebung!<br />
Der vierte Tag ist bereits der<br />
Heimreise gewidmet, führt uns aber<br />
– inzwischen wieder auf deutschem<br />
Territorium – zu Hitlers<br />
Sommerresidenz auf dem<br />
Obersalzberg…<br />
Das alles kann man mit Elke<br />
Pudszuhn und der VVN-BdA<br />
Thüringen erleben, nächstes Jahr<br />
wieder. Gelle, Elke? Und – ein<br />
Dankeschön an das DMK <strong>Ost</strong>, das<br />
bei der Organisation der Reise<br />
behilflich war.<br />
Peter Franz, Suhl<br />
………………………………<br />
Erinnerungen wach halten<br />
oder tilgen ?<br />
Vorausgeschickt:<br />
In Potsdam hat die VVN-BdA Land<br />
Brandenburg eine Initiative<br />
gestartet, in der die<br />
Landesregierung aufgefordert wird,<br />
das Konzept „Geschichte vor Ort.<br />
Erinnerungskultur im Land<br />
Brandenburg“ Zu überarbeiten.<br />
Namentlich geht es dabei um die<br />
Initiierung konkreter Maßnahmen,<br />
um das ehem. KZ-Außenlager<br />
Klinkerwerk (Oranienburg), das<br />
ehem. Jugend-KZ Uckermark<br />
(Fürstenberg) und das Museum<br />
Lieberose „als würdige Gedenkorte<br />
an die während der NS-Zeit<br />
Verfolgten und Ermordeten und als<br />
Lernorte über diese Phase der<br />
deutschen Geschichte zu<br />
gestalten“. (Der Text der<br />
„Volksinitiative“ mit Unterschriftenliste<br />
liegt dieser Ausgabe bei)<br />
In unserer Erinnerung an Otto<br />
Wiesner wird von der<br />
aussichtsreichen Initiative der<br />
Potsdamer berichtet, eine Straße<br />
oder einen Platz nach ihm zu<br />
benennen.<br />
Das alles liegt ganz in dem Sinne,<br />
den einst ein Bundespräsident der<br />
BRD etwa so formulierte: Sie, die<br />
Widerstand geleistet haben, haben<br />
sich um die Nation verdient<br />
gemacht. Und viele unserer<br />
Politiker haben dem hinzugefügt –<br />
ihre Verdienste müssen gewürdigt<br />
und für alle Zeit den nachfolgenden<br />
Generationen in Erinnerung<br />
bleiben.<br />
So soll es sein – und darum<br />
müssen wir kämpfen!<br />
In Nordhausen geschieht derzeit<br />
etwas Gegenteiliges.<br />
Unsere Nordhäuser FreundInnen<br />
um Reinhard Gündel informierten<br />
uns darüber, dass die „Schule <strong>Ost</strong>“<br />
in ihrer Stadt, die bis 1990 den<br />
Namen des Nordhäuser<br />
Kommunisten und ehem. Häftlings<br />
der KZ Esterwegen, Buchenwald,<br />
Majdanek/Lublin, Auschwitz und<br />
<strong>Mauthausen</strong> (insges. mit<br />
Zuchthäusern 10 Jahre Haft)<br />
Ludwig Einicke trug, nun einen<br />
neuen „richtigen“ („Thüringer<br />
Allgemeine“) Namen erhalten hat.<br />
Erst vor 5 Jahren, zum 30.<br />
Todestag von Ludwig Einicke, hatte<br />
die OB Rinke auf unser Ersuchen<br />
<strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong> | 3
Aus unserer Arbeit<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Erinnerungen wach ……<br />
eine Erinnerungstafel mit kurzem<br />
Lebenslauf am Eingang der<br />
„Schule <strong>Ost</strong>“ enthüllt (Wir haben in<br />
unserer „<strong>Mauthausen</strong> Information“<br />
Nr. 03/2005 darüber berichtet). Nun<br />
wurde die Schule am 17.08.<strong>2010</strong> in<br />
Schule „Am Förstemannweg“<br />
umbenannt. Ernst Günther<br />
Förstemann (1788-1859), ein<br />
Nordhäuser Gymnasiallehrer und<br />
Heimatforscher mit enger Bindung<br />
an die Stadtgeschichte ist der neue<br />
Namensgeber.<br />
Trotzdem ich im vorigen Jahr, als<br />
die Suche nach einem neuen<br />
Namen durch die Presse bekannt<br />
wurde, im Namen des DMK <strong>Ost</strong><br />
und der Familie die dortige<br />
Oberbürgermeisterin, Frau Barbara<br />
Rinke (SPD), darauf aufmerksam<br />
gemacht hatte, auch eine<br />
Rückbenennung als „Ludwig-<br />
Einicke-Schule“ in Betracht zu<br />
ziehen, erfolgte weder das noch<br />
überhaupt eine Einbeziehung<br />
unserer Nordhäuser Gruppe oder<br />
der Tochter von L.Einicke in den<br />
Prozeß der Namensfindung. Selbst<br />
die Erinnerungstafel, die darauf<br />
hinwies, dass diese Schule bis<br />
1990 den Namen Ludwig Einicke<br />
trug, wurde sofort entfernt.<br />
Ich habe im Namen des DMK <strong>Ost</strong><br />
e.V. und der Familie ein Schreiben<br />
an die OB Rinke gerichtet und<br />
unsere Verwunderung über den<br />
Vorgang der Umbenennung und<br />
stillschweigenden Tilgung jeglicher<br />
Erinnerung an den ehem.<br />
Namenspatron ausgedrückt, habe<br />
um Auskunft über diese Vorgänge<br />
und den gedachten Umgang mit<br />
den Erinnerungsstücken ersucht.<br />
Außerdem habe ich ihr mitgeteilt,<br />
dass wir es als unsere Pflicht<br />
betrachten, weiter darum zu<br />
kämpfen, dass die Erinnerung an<br />
diesen bekannten Nordhäuser<br />
Antifaschisten in irgendeiner Weise<br />
durch Benennung eines<br />
öffentlichen Ortes für künftige<br />
Generationen erhalten bleibt.<br />
Ludwig Einicke, Ballenstedt<br />
4 | <strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong><br />
Am 14. August wäre er 100<br />
Jahre alt geworden Otto<br />
Wiesner - unser Freund und<br />
Kampfgefährte.<br />
In meinem Bücher-Reservoir<br />
befindet sich auch ein kleines<br />
unscheinbares Heft mit dem Titel<br />
„Zeitfunken, Anekdoten und<br />
Episoden“ – ein Geschenk mit der<br />
persönlichen Widmung von Otto<br />
„In kommunistischer Verbundenheit,<br />
Potsdam 14.8.1985“, also<br />
an seinem 75. Geburtstag.<br />
Dieses etwa 100 Seiten<br />
umfassende Heft ist für mich ein<br />
Kleinod antifaschistischer Literatur -<br />
nicht nur wegen des denkwürdigen<br />
Datums 14.8., sondern vor allem<br />
wegen der unerschöpflichen Vielfalt<br />
von Niederschriften Otto Wiesners<br />
aus Überlieferungen, Archiven und<br />
gelebter Geschichte in drei<br />
historischen Abschnitten, die er mit<br />
„Leben wird unser Programm“,<br />
„Licht in der Nacht“ und „Danach“<br />
betitelte.<br />
Wir haben schon viel über das<br />
bewegte Leben von Otto<br />
geschrieben - dem kleinen großen<br />
Mann, dem als erster Kommunist<br />
nach der „Wende“ die Ehre zuteil<br />
wurde, sich in das Ehrenbuch der<br />
Stadt Potsdam einzutragen.<br />
Nach seinem Tod 2006, im hohen<br />
Alter von 96 Jahren, haben wir<br />
gemeinsam mit einer großen Schar<br />
alter und junger AntifaschistInnen,<br />
darunter viele Weggefährten von<br />
ihm und eine große Zahl jener<br />
junger Menschen, die er mit seinen<br />
Erinnerungen an die Zeit im<br />
Widerstand und in den<br />
Zuchthäusern und KZ der Nazis<br />
verbringen musste, für ein „Nie<br />
wieder!“ begeistern konnte, eine<br />
gelungene Veranstaltung im<br />
Potsdamer „Alten Rathaus“<br />
durchgeführt.<br />
Sein Lebenswerk birgt noch soviel<br />
an Inhalt in sich, dass noch<br />
Generationen davon berichten und<br />
vor allem junge Menschen für ein<br />
Leben ohne Faschismus und Krieg<br />
begeistert werden können.<br />
Inzwischen hat die Thüringer VVN-<br />
BdA in Zusammenarbeit mit dem<br />
DMK <strong>Ost</strong> e.V. eine Initiative<br />
gestartet, in der angeregt wird, in<br />
Potsdam eine Straße oder einen<br />
Platz nach dem Antifaschisten Otto<br />
Wiesner zu benennen. Eine<br />
offizielle Umfrage der Lokalzeitung<br />
„PNN“ ergab inzwischen eine mehr<br />
als 50%-ige Zustimmung zu dieser<br />
Initiative.<br />
Ludwig Einicke, Ballenstedt<br />
Uns erreichte ein Bericht unseres<br />
Mitglieds Helga Bornstädt:<br />
Ein Abend für Otto Wiesner zum<br />
100. Geburtstag!<br />
Der Humanistische Verband, das<br />
Deutsche <strong>Mauthausen</strong> <strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
und die VVN-BdA Potsdam hatten<br />
zu einer Erinnerungsveranstaltung<br />
an den 2006 verstorbenen<br />
Antifaschisten und Potsdamer<br />
Schriftsteller Otto Wiesner<br />
eingeladen. Etwa 50 Gäste waren<br />
der Einladung gefolgt. Darunter<br />
auch der Oberbürgermeister-<br />
Kandidat der LINKE, Hans-Jürgen<br />
Scharfenberg, der den Anlaß<br />
nutzte, um eine Spende von 250.-<br />
Euro der LINKE-Abgeordneten im<br />
Bundestag, Diana Golze, zu<br />
überreichen. Sie soll genutzt<br />
werden für die Erneuerung des<br />
Spanienkämpfer-Denkmals am<br />
Potsdamer „Treffpunkt Freizeit“.
Aus unserer Arbeit/Internationales<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung, Otto Wiesner<br />
In Video-Einspielungen und<br />
Lesungen aus Otto Wiesners<br />
Werken (gelesen von Juliane<br />
Nitsche, Monika und Achim Pilarski<br />
und Denis Newiak) wurden viele<br />
seiner Lebensabschnitte lebendig.<br />
Die Jahre in den KZ<br />
Sachsenhausen und <strong>Mauthausen</strong><br />
(1934 – 1945), die dort erlittene<br />
Schmach und Pein hatte er in<br />
Worte gefasst, auch die Solidarität<br />
unter den Häftlingen, die Kraft gab<br />
und Mut machte, das<br />
Menschenunwürdige zu ertragen<br />
und die Hoffnung auf ein Ende des<br />
Hitlerfaschismus nährte. Diese<br />
Ereignisse hat Otto Wiesner als<br />
Mahnung vor neuem<br />
rechtsradikalen Gedankengut für<br />
nachfolgende Generationen<br />
festgehalten.<br />
Der Lesung folgte ein reger<br />
Gedankenaustausch. Es wurde<br />
über ganz persönliche<br />
Begegnungen mit Otto berichetet,<br />
aber auch darüber, wie sein<br />
Vermächtnis bei jungen Leuten<br />
weiterleben soll. Als Bespiel<br />
wurden die gemeinsamen Projekte<br />
von Werderaner und Warschauer<br />
Gymnasiasten genannt. In<br />
<strong>Mauthausen</strong> ist der alljährliche<br />
Gedenkmarsch vom Bahnhof hoch<br />
in’s Lager, den er anregte,<br />
inzwischen zu einem festen<br />
Bestandteil der Veranstaltungen<br />
unseres <strong>Mauthausen</strong> <strong>Komitee</strong>s<br />
geworden. In zwei<br />
Ausstellungsprojekten setzen sich<br />
die SchülerInnen mit der<br />
Geschichte des Lagers und den<br />
Geschehnissen auseinander. So ist<br />
das Vermächtnis von Otto Wiesner<br />
aufgegangen, dass junge Leute<br />
aus der Vergangenheit lernen, eine<br />
Zukunft ohne Faschismus und<br />
Krieg zu gestalten.<br />
Auch wenn es ein Gedenkabend<br />
war, schien der Jubilar mitten unter<br />
uns zu sitzen. So aufrecht und<br />
humorvoll, wie wir ihn in Erinnerung<br />
haben, wurde er in den Lesungen<br />
und Gesprächen lebendig.<br />
Helga Bornstädt, Potsdam<br />
Jahreshauptversammlung<br />
des<br />
„Bundes sozialdemokratischer<br />
Freiheitskämpfer<br />
und aktiver AntifaschistInnen“,<br />
Oberösterreich<br />
In gespannter Erwartung begaben<br />
wir uns am 11.September auf den<br />
Weg nach Linz, um an der<br />
Jahreshauptversammlung von<br />
Peter Weidners Gruppe<br />
sozialdemokratischer<br />
Freiheitskämpfer teilzunehmen. Ich<br />
durfte, nach Einladung an unser<br />
DMK <strong>Ost</strong>, teilnehmen. Es war der<br />
krönende Abschluß unseres kurzen<br />
Urlaubs in Süd-Tirol und München,<br />
weshalb mich auch meine Frau<br />
begleitete. In Linz trafen wir dann<br />
mit Conni Domaschke zusammen,<br />
die anlässlich eines<br />
Historikerkongresses im Auftrag<br />
der Rosa-Luxemburg-Stiftung<br />
bereits dort weilte. So waren wir<br />
eine „richtige“ kleine Delegation,<br />
durch deren Anwesenheit die<br />
Versammlung unserer österreichischen<br />
Freunde auch einen<br />
internationalen Charakter erhielt.<br />
Die Begrüßung war, wie sich jeder<br />
denken kann, sehr herzlich. Die für<br />
Gäste eingeräumte Redezeit für<br />
eine Begrüßung machte aus<br />
meiner im Urlaub sorgfältig<br />
vorbereiteten Rede Makulatur.<br />
<strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong> | 5
Internationales<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Jahreshauptversammlung<br />
Deshalb beschränkte ich mich<br />
wirklich nur auf ein paar<br />
Dankesworte für die Einladung und<br />
die Erinnerung an den<br />
88.Geburtstag unserer Elsa<br />
Rentmeister am gleichen Tag. Von<br />
den mehr als 70 TeilnehmerInnen<br />
großer Beifall. Ich kann mich<br />
jedenfalls nicht erinnern, wie viel<br />
Freunde anschließend zu mir<br />
kamen, um ihre innige<br />
Verbundenheit zu Elsa<br />
auszudrücken und ihre guten<br />
Wünsche loszuwerden.<br />
Ich war erstaunt über die<br />
Herzlichkeit unserer Aufnahme in<br />
einem Kreis österreichischer<br />
Sozialdemokraten, von denen wir<br />
vielleicht einem Drittel bekannt<br />
waren.<br />
Überhaupt war das Klima in dieser<br />
Runde sehr kameradschaftlich und<br />
von großer Achtung gegenüber den<br />
Alten unter ihnen gekennzeichnet.<br />
Einige, darunter auch der<br />
Vorsitzende der SP<br />
Oberösterreichs und stellv.<br />
Landeshauptmann Josef Ackerl,<br />
Poldi Feichtinger und Helmut<br />
Edelmeier wurden mit der höchsten<br />
Auszeichnung des Bundes der<br />
Freiheitskämpfer, der „Otto-Bauer-<br />
Plakette“, für ihre<br />
aufopferungsvolle ehrenamtliche<br />
antifaschistische Arbeit geehrt.<br />
Der Landesvorsitzende der SPÖ<br />
hielt das Eröffnungsreferat, das<br />
schon sehr auf den anstehenden<br />
Wahlkampf in Oberösterreich<br />
zugeschnitten war. Mir fiel dabei<br />
auf, dass die Themen, mit denen<br />
die österreichischen Sozialdemokraten<br />
im Wahlkampf zu<br />
punkten gedenken, den zentralen<br />
Themen der deutschen<br />
Sozialdemokratie sehr nahe sind.<br />
Kein Wunder, befindet sich doch<br />
Österreichs SP angesichts der<br />
eklatanten Verluste bei Wahlen in<br />
den letzten Jahren in einer ähnlich<br />
prekären Situation wie die SPD bei<br />
uns. Zu spüren war aber die<br />
Entschlossenheit und die<br />
Zuversicht, mit der sie ihren<br />
Wahlkampf führen.<br />
6| <strong>Mauthausen</strong>-Information 20/<strong>2010</strong><br />
Dem Finanz- und dem<br />
Kassenkontrollbericht folgte dann<br />
ein Rechenschaftsbericht in einer<br />
für uns recht unbekannten Art und<br />
Weise – kein wörtlicher Bericht,<br />
sondern eine Power-Point-Show, in<br />
der alle ihre wichtigen Aktivitäten<br />
sehr bildhaft im wahrsten Wortsinn<br />
„aufgelistet waren. Und, was uns<br />
besonders freute, die guten<br />
Kontakte und gemeinsamen<br />
Unternehmungen mit unserem<br />
<strong>Mauthausen</strong> <strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong> spielten<br />
dabei eine große Rolle.<br />
Käthe Sasso<br />
Höhepunkt der Tagung war der<br />
„Vortrag“ der ehem. Häftlingsfrau<br />
des KZ Ravensbrück Käthe Sasso<br />
über ihre Begegnungen mit Rosa<br />
Jochmann im KZ Ravensbrück. In<br />
einem ergreifenden Vortrag<br />
schilderte die über 80-jährige Käthe<br />
Sasso, die mit 16 Jahren in Wien<br />
wegen ihrer illegalen Arbeit für die<br />
KP in die Hände Gestapo geriet,<br />
ihre Erlebnisse der empfangenen<br />
und gegebenen Solidarität unter<br />
den Häftlingen. Rosa Jochmann<br />
und eine „Poldi“ spielten dabei<br />
immer wieder eine große Rolle. Als<br />
ich sie dann am nächsten Morgen<br />
im Hotel beim Frühstück fragte, ob<br />
mit dieser „Poldi“ evtl. unsere Liesl<br />
Jäger gemeint ist, leuchteten ihre<br />
Augen erneut auf in der Erinnerung<br />
an Liesl, die damals unter ihrem<br />
Mädchennamen inhaftiert war. Sie<br />
bat mich, der Liesl in Berlin, mit der<br />
sie noch ständig in telefonischem<br />
Kontakt steht, herzlichste Grüße<br />
auszurichten.<br />
v.l. Peter Weidner, Josef Ackerl,Ernst<br />
Nedwed<br />
Die Wahl des Vorstandes verlief<br />
ohne Probleme. Alle Kandidaten<br />
wurden einstimmig gewählt. Peter<br />
Weidner wurde wieder als<br />
Vorsitzender gewählt. Wir haben<br />
ihn beglückwünscht. Interessant ist<br />
für mich, dass eine große Zahl (20)<br />
von sog. Beisitzern gewählt wurde.<br />
Im Anschluß an die Versammlung<br />
waren wir alle eingeladen zur Feier<br />
anlässlich des 90. Geburtstags der<br />
uns gut bekannten Poldi<br />
Feichtinger (sie hatte am 16.9.<br />
ihren Geburtstag). Natürlich hatten<br />
wir auch ein kleines Geschenk für<br />
Poldi dabei – ein Bildband in<br />
Erinnerung an Rosa Luxemburg<br />
und ein Buch zur Geschichte des<br />
deutschen Arbeiterliedes. Sehr<br />
erfreut und mit besten<br />
Dankesgrüßen an alle unsere<br />
Mitglieder nahm Poldi diese<br />
Geschenke entgegen.<br />
Der Hauptinhalt der<br />
Geburtstagsfeier war eigentlich<br />
dann das Gespräch mit vielen<br />
schon bekannten und bis dahin<br />
unbekannten AntifaschistInnen.<br />
Das waren herzerfrischende und<br />
sehr vertraute Gespräche, die wir<br />
vor allem nutzten, um unser<br />
geplantes Projekt einer<br />
Lehrerfortbildung Mitte 2011 in<br />
<strong>Mauthausen</strong> und Linz vor Ort mit<br />
potenziellen Partnern zu beraten.<br />
Mir fiel besonders das große<br />
Interesse einiger junger Leute von<br />
der österreichischen sozialistischen
Internationales/Geschichte<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Jahreshauptversammlung<br />
der österreichischen sozialistischen<br />
Jugend aus Schärding (nahe<br />
Passau) an unserer Meinung zur<br />
Entwicklung in der rechten Szene<br />
auf. Sie haben dort sehr zu<br />
kämpfen gegen massive,<br />
aggressive Einflüsse rechter Kräfte<br />
aus Passau und Umgebung.<br />
Leopoldine (Poldi) Feichtinger<br />
90.Geburtstag<br />
Glückwünsche für „Poldi“<br />
Anstrengend, aber sehr interessant<br />
waren für mich die Gespräche mit<br />
Prof. Rudolf Gelbard (Jahrg.1930)<br />
aus Wien, der manchem von uns<br />
sicher aus dem Dokumentarfilm<br />
„Der Mann auf dem Balkon“<br />
bekannt ist. Er wurde als 13-<br />
jähriges Kind jüdischer Eltern in<br />
das KZ Theresienstadt eingeliefert,<br />
und erlebte dort die Befreiung. Als<br />
profunder Kenner der Geschichte<br />
der internationalen Arbeiterbewegung<br />
ist er unermüdlich auf<br />
der Suche nach einer Antwort auf<br />
die Frage, wie eine derartige<br />
Entartung des Kommunismus unter<br />
Stalin - nicht nur in der Sowjetunion<br />
- möglich wurde.<br />
Noch viele Diskussionen mit<br />
bekannten und bisher unbekannten<br />
österreichischen AntifaschistInnen<br />
haben wir geführt, die für unsere<br />
Zusammenarbeit gewiß hilfreich<br />
sind.<br />
Insgesamt war es eine sehr<br />
interessante und nützliche<br />
Begegnung mit unseren<br />
österreichischen FreundInnen, für<br />
die ich mich herzlich bedanke.<br />
Ludwig Einicke, Ballenstedt<br />
………………………..<br />
<strong>Mauthausen</strong> und Mikis<br />
Theodorakis<br />
Am 29.Juli wurde er 85 Jahre.<br />
Geboren 1925 als Michail<br />
Theodoros Theodorakis auf der<br />
griechischen Insel Chios, vor der<br />
türkischen Küste gelegen. Seine<br />
Mutter war aus Anatolien<br />
geflüchtet, sein Vater kretischer<br />
Verwaltungsbeamter.<br />
In kaum übersehbaren<br />
Schriftdokumenten wird ihm<br />
weltweit nachgesagt, er habe der<br />
Welt „unerhörte Kompositionen“<br />
geschenkt. Die Genres, in denen er<br />
seine Spuren hinterlässt, sind so<br />
vielfältig, dass man ihn schon einen<br />
„Allrounder“ erster Güte nennen<br />
kann. „In seinen eigenwilligen<br />
Ballettstücken und Symphonien<br />
verschmolzen griechische Tragödie<br />
und Lebensfreude, Katastrophen<br />
und Kriege zu Klängen, in denen<br />
sich sein Volk wiedererkannte und<br />
repräsentiert sah“. („Junge Welt“ v.<br />
29.07.<strong>2010</strong>)<br />
Als junger Mann war Theodorakis<br />
überzeugter Kommunist. Er gehörte<br />
zu den Verlierern des<br />
Bürgerkrieges und fand sich unter<br />
den 5000 jungen Menschen,<br />
„unbelehrbaren“ Linken, die<br />
verfemte geistige Elite<br />
Griechenlands, die Ende der<br />
40er/Anfang der 50er Jahre die<br />
Gefängnisinsel Makronissos<br />
ungewollt bevölker- ten. Man brach<br />
ihm dort die Beine und schlug ihn<br />
fast tot. Nur 20 der Gefangenen,<br />
unter ihnen Theodorakis,<br />
überlebten die Folterungen.<br />
Erst 1954 konnte er das Land<br />
verlassen, ging ins Exil nach Paris<br />
und absolvierte ein Zusatzstudium<br />
zu seinem Kompositionsstudium,<br />
das er noch in Athen beendete.<br />
Hier fand er auch gleichgesinnte<br />
und bereits bekannte<br />
Persönlichkeiten, die sein<br />
einmaliges Talent erkannten und<br />
ihn förderten. 1960 wieder in<br />
Griechenland, entdeckte er für sich<br />
die Volksmusik seiner Heimat.<br />
Hunderte von Liedern, der<br />
„<strong>Mauthausen</strong>-Zyklus“ und die<br />
Filmmusik zu „Alexis Sorbas“<br />
machen ihn in den 60er Jahren<br />
weltberühmt. 1965 entsteht u.a. die<br />
Ballade „<strong>Mauthausen</strong>“ nach<br />
Liedtexten des Dichters Iacovos<br />
Kambanellis, „eines guten<br />
Freundes von mir“ (M.Th.). Im Zuge<br />
einer Lesung des Dichters (1965)<br />
wurden auch die Lieder erstmals<br />
aufgeführt, die die<br />
außergewöhnliche Stimme der<br />
Maria Farantouri berühmt machten.<br />
Seitdem träumte der Dichter von<br />
einem Konzert im Lager<br />
<strong>Mauthausen</strong>. Dieser Traum wurde<br />
zweimal Wirklichkeit – 1988 und<br />
1995.<br />
Der Dichter war selbst während des<br />
Krieges Häftling im KZ <strong>Mauthausen</strong><br />
und schrieb Anfang der 60er Jahre<br />
seine Erinnerungen unter dem Titel<br />
„<strong>Mauthausen</strong>“. Theodorakis dazu:<br />
„… er verfasste zu diesem Thema<br />
<strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong> | 7
Geschichte/Lesenwertes<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Theodorakis<br />
auch vier Gedichte, die er mir gab,<br />
damit ich sie vertone. Ich habe das<br />
sehr gern gemacht, weil mir erstens<br />
die Poesie in diesen Texten<br />
gefallen hat und weil ich zweitens<br />
während der Besatzungszeit selbst<br />
in italienischen und deutschen<br />
Gefängnissen eingesperrt war, vor<br />
allem aber, weil ich sah, dass wir<br />
die Möglichkeit haben würden, mit<br />
Hilfe dieser Kompositionen den<br />
Jugendlichen die Geschichte in<br />
Erinnerung zu rufen, jene<br />
Geschichte, die niemals vergessen<br />
werden darf… Wir alle müssen uns<br />
(aber) immer wieder die<br />
Verbrechen der Nazis vor Augen<br />
halten, weil dies das einzige Mittel<br />
dagegen ist, das sich solche Dinge<br />
wiederholen könnten. Wir sehen<br />
täglich, dass der faschistische<br />
Geist noch längst nicht erloschen<br />
ist. Er zeigt oft nicht sein wahres<br />
Gesicht, aber faschistische<br />
Kulturen und Mentalitäten gibt es<br />
überall auf der Welt. Für uns, die<br />
diese Schreckenszeit durchleben<br />
mussten, ist es die wichtigste<br />
Aufgabe, unsere Kinder vor dieser<br />
Gefahr zu schützen.“ (aus einer<br />
aktuellen Niederschrift von M.Th.)<br />
Militärputsch der „Obristen“ 1967 –<br />
erneute Inhaftierung, die<br />
Aufführung seiner Musik wurde<br />
unter Strafe gestellt! Er war<br />
inzwischen als singende Stimme<br />
zur Symbolfigur des griechischen<br />
Widerstandes im Kampf um ein<br />
demokratisches Land geworden.<br />
Ich erinnere mich noch gut an die<br />
große Welle der solidarischen<br />
Sympathie- bekundungen in der<br />
DDR wie in aller Welt unter der<br />
Losung „Freiheit für Mikis<br />
Theodorakis!“, mit der schließlich<br />
1970 seine Freilassung erzwungen<br />
wurde. In den Jahren des Exils gab<br />
er weltweit mehr als 500 Konzerte.<br />
Mit dem Sturz der Junta 1974<br />
kehrte er aus dem französischen<br />
Exil in seine Heimat zurück – als<br />
Volksheld.<br />
Er hat Songs und Symphonien,<br />
Ballette und Opern, Filmmusiken<br />
und Kammermusik komponiert.<br />
Weltweit wurden mehr als 70 Mio<br />
Schallplatten und CD’s mit seiner<br />
Musik verkauft.<br />
1995 – der 50. Jahrestag der<br />
Befreiung des KZ <strong>Mauthausen</strong>.<br />
Einige von uns erinnern sich noch<br />
an die beeindruckende Aufführung<br />
des „<strong>Mauthausen</strong>-Zyklus“ auf dem<br />
ehem. Appellplatz des Lagers.<br />
Mikis Theodorakis dirigierte und<br />
Maria Farantouri (u.a.) gab den<br />
Texten ihre Stimme – „Ihr Mädchen<br />
aus Auschwitz, ihr Mädchen aus<br />
<strong>Mauthausen</strong>, habt ihr meine<br />
Liebste nicht gesehen?“.<br />
Ein unbeschreibliches und ewig in<br />
Erinnerung bleibendes Erlebnis,<br />
das einen noch heute im Gedanken<br />
zurück ergriffen macht.<br />
An eine zweite direkte Begegnung<br />
mit Theodorakis und Farantouri<br />
erinnere ich mich – an die<br />
Aufführung eines seiner wohl<br />
größten Werke, des Oratoriums<br />
„Canto General“ (Der große<br />
Gesang) als ein persönliches<br />
Bekenntnis zu einem freien Chile<br />
nach Texten von Pablo Neruda.<br />
Das war wohl der Höhepunkt des<br />
10. Festivals des politischen Liedes<br />
im Palast der Republik in Berlin, an<br />
den sich Theodorakis erinnert mit<br />
den Worten: „Meine Teilnahme am<br />
X. Festival des politischen Liedes in<br />
Berlin war eine der bewegendsten<br />
und wunderbarsten Erfahrungen<br />
meines Lebens…Erneut<br />
triumphierte die internationale<br />
Solidarität. Ich hörte und sah, wie<br />
die Jugend der ganzen Welt die<br />
Freiheit besang…“<br />
Ist es ein Wunder, dass heute zum<br />
85. Geburtstag diesem<br />
außergewöhnlichen Komponisten<br />
und unerschrockenen Kämpfer für<br />
Freiheit und Recht die Sympathien<br />
unzähliger Menschen in<br />
Deutschland und in der Welt<br />
entgegengebracht werden?<br />
Ludwig Einicke, Ballenstedt<br />
………………………..<br />
„Ich war I 69186 in<br />
<strong>Mauthausen</strong> …“<br />
ist der Titel des Buches von<br />
Rajmund Pajer. Das „I“ steht für<br />
Italien. Mit ihm vor der Nummer<br />
wurden die italienischen Häftlinge<br />
im KZ <strong>Mauthausen</strong><br />
gekennzeichnet. Wie alle anderen<br />
waren sie nur eine Nummer in der<br />
Masse der unter unmenschlichen<br />
Bedingungen Inhaftierten.<br />
Indem wir die Schicksale, die sich<br />
hinter den Nummern verbergen,<br />
erforschen und öffentlich machen,<br />
geben wir nach den Zeitzeugen der<br />
Tötungsmaschinerie der Nazis ein<br />
Gesicht und schließen Lücken in<br />
der kollektiven Erinnerung. Das<br />
wird in nicht ferner Zukunft eines<br />
der wirkungsvollsten, weil<br />
beeindruckenden Ausdrucksmittel<br />
sein, mit denen wir der Nachwelt<br />
das Erinnern und Gedenken<br />
erhalten und nachfolgende<br />
Generationen sehend machen für<br />
jegliche aktuelle Entwicklungen, die<br />
durch Vergessen eine erneute<br />
Gefahr heraufbeschwören.<br />
Rajmund Pajer ist noch sehr<br />
lebendig. Wir begegneten ihm<br />
während unserer Gedenkfeier am<br />
09.Mai <strong>2010</strong> in Ried/Riedmark,<br />
nahe <strong>Mauthausen</strong>, am Denkmal für<br />
die Opfer des Ausbruchs<br />
sowjetischer Häftlinge im Februar<br />
1945.<br />
8 | <strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong>
Lesenwertes<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Buchvorstellung „Ich war I …“<br />
sowjetischer Häftlinge im Februar<br />
1945.<br />
Ein groß gewachsener Mann von<br />
der Statur eines kanadischen<br />
Holzfällers, slowenischer<br />
Abstammung, der nach dem Krieg<br />
als Immigrant 1951 in Kanada<br />
seine neue Heimat fand.<br />
Er war, als er von den deutschen<br />
Besatzern auf seinem, eigentlich<br />
unfreiwilligen, Weg in den aktiven<br />
Widerstand der jugoslawischen<br />
Partisanen nach einer<br />
Kampfhandlung verletzt von<br />
deutschen Truppen aufgegriffen<br />
wurde, gerade mal 14 Jahre jung.<br />
Es begann damit sein Leidensweg<br />
durch die Gestapo-Gefängnisse<br />
des damaligen Laibach (Ljubljana)<br />
und Vigaun (Begunje) in das KZ<br />
<strong>Mauthausen</strong> und seine Nebenlager<br />
St.Aegyd und Klagenfurt - Lendorf.<br />
Am 5.Mai 1945 wurde er schließlich<br />
in <strong>Mauthausen</strong> von US-Truppen<br />
befreit.<br />
Dass er diese Monate (von April<br />
1944 bis Mai 1945)<br />
ununterbrochener körperlicher und<br />
seelischer Schikanen einigermaßen<br />
überstand, hatte er wohl seiner<br />
Jugend und körperlichen<br />
Verfassung zu verdanken.<br />
Rajmund Pajer, der heute 80-<br />
jährige sympathische Mann, erzählt<br />
als einer der letzten lebenden<br />
Zeitzeugen jener Jahre in seinem<br />
erst <strong>2010</strong> erschienenen Buch von<br />
dem, worüber er mehr als 40 Jahre<br />
geschwiegen hatte.<br />
Als einer der jüngsten Häftlinge in<br />
<strong>Mauthausen</strong> wurde er im Oktober<br />
1944 mit ca. 80 – 100 Häftlingen<br />
von <strong>Mauthausen</strong> in das Nebenlager<br />
Klagenfurt – Lendorf deportiert.<br />
Das war innerhalb eines<br />
Kasernenkomplexes der dortigen<br />
SS-Junkerschule. Sie mussten für<br />
die Instandhaltung und<br />
Funktionstüchtigkeit der Gebäude<br />
unter den Bedingungen<br />
zunehmender Bombardierungen<br />
durch alliierte Flieger sorgen. Die<br />
meist von Brandbomben<br />
hervorgerufenen Feuer an<br />
Gebäuden auch außerhalb des<br />
Kasernengeländes mussten auch<br />
während der Bombardements<br />
gelöscht werden. Wer danach nicht<br />
innerhalb kurzer Zeit am<br />
festgelegten Ort erschien, galt als<br />
flüchtig und wurde nach dem<br />
Aufgreifen sofort erschossen.<br />
Pajer schildert diesen Aufenthalt<br />
als eine gute Zeit, was die<br />
Überlebenschancen betraf – im<br />
Gegensatz zu <strong>Mauthausen</strong>.<br />
Anfang Januar 1945 wurden er und<br />
die anderen Häftlinge wieder nach<br />
<strong>Mauthausen</strong> transportiert.<br />
Ich erwähne diese relativ kurze<br />
Periode von etwa zwei Monaten in<br />
Klagenfurt-Lendorf vor allem<br />
deshalb, weil das eigentlich der<br />
Hintergrund war, vor dem unser<br />
Freund, der Universitätsprofessor<br />
Peter Gstettner aus Klagenfurt in<br />
den 90er Jahren seine Recherchen<br />
zu Lendorf und seine damit<br />
verbundene Suche nach<br />
Überlebenden dieses Nebenlagers<br />
von <strong>Mauthausen</strong> begann.<br />
Ihm, dem unermüdlichen und<br />
unnachgiebigen Rufer in den<br />
Kärntner politischen Nebel (wenn<br />
es um die braune politische<br />
Vergangenheit und bräunliche<br />
Gegenwart seines Landes geht) ist<br />
es zu verdanken, dass - gegen<br />
unglaubliche Widerstände und<br />
Vertuschungsmanöver der politisch<br />
Herrschenden im „Haider-Land“ –<br />
der Nebel allmählich dem<br />
Durchblick auf eine schmachvolle<br />
Geschichte dieses Landes mit<br />
seiner Grenze zum heute<br />
selbständigen Slowenien weichen<br />
muss.<br />
Prof. Gstettner schreibt selbst in<br />
einem Aufsatz in diesem Buch:<br />
„Mehr als 10 Jahre hindurch<br />
verfolgte ich die Idee, Klagenfurt an<br />
seine ‚dunkelste Zeit’ zu<br />
erinnern…“<br />
Wir können seinen Erinnerungen<br />
an die „Gedächtnislücken“ des<br />
Klagenfurter Bürgermeisters<br />
Scheucher unterstreichend<br />
hinzufügen: Auch wir waren<br />
überrascht, als wir (eine kleine<br />
Abordnung unserer Deutschen<br />
Lagergemeinschaft <strong>Mauthausen</strong>,<br />
darunter der ehem. Häftling Otto<br />
Wiesner) in einem von uns<br />
gewünschten Gespräch mit dem<br />
Bürgermeister im Sommer 2005<br />
aus seinem Munde erfahren<br />
mussten, dass ihm über Nazismus<br />
oder gar nazistische Exsesse in<br />
„seiner“ Stadt nichts bekannt<br />
gewesen ist - und „gar ein KZ hier“<br />
halte er für unwahrscheinlich. Für<br />
uns – ein aufschlussreiches<br />
Gespräch!<br />
Prof. Gstettner fand schließlich<br />
über viele Stationen den Kontakt zu<br />
einem der Überlebenden dieses<br />
KZ, zu Rajmund Pajer. Sie wurden<br />
Freunde, wie er schreibt, und<br />
arbeiteten schließlich gemeinsam<br />
und intensiv mit dem Historiker und<br />
Übersetzer Christian Rabl an<br />
diesem Zeitzeugenprojekt.<br />
Das Buch ist nicht von einem<br />
Schriftsteller geschrieben. Pajer<br />
schreibt seine Geschichte als „Brief<br />
an meinen Freund“, um, wie er<br />
sagt, es dem Leser einfacher zu<br />
machen, „meine Gefühle und die<br />
historischen Fakten aus jener Zeit<br />
des Zweiten Weltkrieges (1944 –<br />
45) zu begreifen, in der ich in<br />
verschiedenen Konzentrationslagern<br />
und Außenkommandos war.<br />
Dem Leser muss an dieser Stelle<br />
etwas BESONDERS WICHTIGES<br />
zu Bewusstsein gebracht werden:<br />
Das KZ <strong>Mauthausen</strong> war bekannt<br />
als das härteste und grausamste<br />
aller Lager im deutschen<br />
Konzentrationslager-System, von<br />
allen Lagern in Deutschland bis hin<br />
zu den Lagern in dessen<br />
okkupierten Territorien.“<br />
So entstand ein Buch, in dem er<br />
selbst zu Wort kommt (in englisch<br />
und deutsch) als Brieferzählung<br />
über seine Odyssee von Triestseinem<br />
Geburtsort – nach<br />
<strong>Mauthausen</strong> in einer Sprache, die<br />
betroffen macht, weil von einem<br />
Betroffenen geschrieben, spannend<br />
und im Detail an Unvorstellbares<br />
und beinahe Unglaubliches von ihm<br />
erinnernd. Er betont immer wieder<br />
gegenüber dem Leser, dass er dem<br />
<strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong> | 9
Lesenwertes<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Fortsetzung: Buchvorstellung „Ich war I …“<br />
Geschehenen nichts hinzuzufügen<br />
hatte, weil selbst erlebt. Und<br />
trotzdem sind in seiner Erzählung<br />
weder Hass oder Anklage noch<br />
Ressentiments herauszulesen.<br />
Lange werden uns die Zeitzeugen,<br />
wie Prof. Gstettner schreibt, nicht<br />
mehr zur Seite stehen können. Es<br />
tritt an die Stelle des authentischen<br />
Zeugnisses die „sekundäre<br />
Zeugenschaft“, die aber<br />
voraussetzt, dass wir als „Zeugen<br />
zweiten Grades“ (Prof, Gstettner)<br />
uns „intensiv mit den Orten, die für<br />
Verfolgung, Entrechtung,<br />
Misshandlung und Leid stehen,<br />
aber auch für Überleben,<br />
Widerstand und Solidarität“ (Prof.<br />
Gstettner, im Buch S. 213),<br />
beschäftigen.<br />
Raymund Pajer hat mit seiner<br />
Erzählung dazu beigetragen, den<br />
nachfolgenden Generationen „den<br />
Zugang zum Verstehen zu öffnen,<br />
dass damals eine Welt möglich<br />
war, in der alle Wertvorstellungen<br />
hinsichtlich der Würde und<br />
Achtbarkeit des menschlichen<br />
Lebens nichtig und hinfällig<br />
waren,… was wir damals verloren<br />
haben, was wir betrauern müssen -<br />
und was aus der Geschichte zu<br />
lernen ist.“ (Prof. Gstettner, S. 214)<br />
Eine empfehlenswerte Lektüre für<br />
alle, die für dieses Thema offen<br />
sind.<br />
(ISBN: 978-3-902585-63-9,Kitab-<br />
Verlag Klagenfurt-Wien)<br />
Ludwig Einicke, Ballenstedt<br />
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong> <strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong> e.V.(DMK <strong>Ost</strong>), V.i.S.d.P. Dr. Ludwig Einicke (stellv.<br />
Vorsitzender)<br />
Anschrift: DMK <strong>Ost</strong> Büro Büro in den Räumen des Humanistischen Verbandes Brandenburg (mit VVN-BdA & VFKJ)<br />
Jägerstr. 36, 14467 Potsdam - Tel.: 0331/2 90 94 76 - E-mail: info@LAG-<strong>Mauthausen</strong>.de<br />
Internet: www.LAG-<strong>Mauthausen</strong>.de<br />
Redaktion: Dr. Ludwig Einicke, Martin Michalik, Rainer Zühlke Druck: Quedlinburg DRUCK GmbH<br />
Satz und Layout: Rainer Zühlke Redaktionsschluss: 30.09.<strong>2010</strong>; Auflage: 100 Stück; nä. Ausg. 12/<strong>2010</strong><br />
Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht immer die Meinung des Herausgebers wieder. Einsender stimmen<br />
redaktioneller Bearbeitung zu.<br />
Bankverbindung: GLS Gemeinschaftsbank - BLZ 43 060 967; Konto-Nr.: 1103 999 800<br />
Das DMK <strong>Ost</strong> dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken.<br />
10 | <strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong>
Wir gratulieren …<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Gratulation<br />
Wir gratulieren allen, die in den<br />
Monaten Juli bis September <strong>2010</strong><br />
ihren Geburtstag feierten.<br />
Wir wünschen ihnen eine gute<br />
Gesundheit, ein wenig Glück und<br />
Erfolg im Leben und noch viele<br />
gemeinsame Jahre in unserer<br />
antifaschistischen Gemeinschaft.<br />
Zum 88. Geburtstag geht<br />
ein Extra - Glückwunsch<br />
nachträglich an unsere<br />
Ehrenvorsitzende<br />
Elsa Rentmeister.<br />
Wir rufen unsere Mitglieder und<br />
Freunde auf, sich an dieser Stelle<br />
zu diesem Thema – vor allem aus<br />
aktuellem Erleben – zu äußern.<br />
Schickt Eure Meinungen und<br />
Erlebnisberichte an die Redaktion<br />
unserer „<strong>Mauthausen</strong> Information“!<br />
Herzliche Gratulation von allen Seiten:<br />
Bild oben: Elsa mit ihrem Sohn<br />
Michael;<br />
Impressionen<br />
Danke für die Spenden!<br />
Allen, die durch ihre Spenden dazu<br />
beitragen, dass wir unsere<br />
wichtigsten Aufgaben erfüllen und<br />
auch dieses Informations-Blatt<br />
finanzieren können, sagen wir auf<br />
diesem Wege ein herzliches<br />
Dankeschön. Jede Spende ist<br />
wichtig und willkommen. Für uns<br />
am sichersten, weil wir damit<br />
langfristig rechnen können, sind die<br />
Spenden, die mit Hilfe eines<br />
Dauerauftrages auf unser Konto,<br />
siehe Seite 10 unserer Ausgabe,<br />
überwiesen werden.<br />
Wir rechnen fest damit, dass Ihr<br />
diese Art der Mitfinanzierung<br />
unserer Arbeit auch künftig<br />
beibehalten werdet. Wir haben das<br />
in unserer Finanz- und<br />
Beitragsordnung entsprechend<br />
berücksichtigt.<br />
Herzlichen Dank allen Spendern!<br />
In eigener Sache:<br />
Wir wiederholen die Bitte an alle<br />
Mitglieder und FreundInnen des<br />
DMK <strong>Ost</strong>: Bitte beteiligt Euch an<br />
der Gestaltung der „<strong>Mauthausen</strong><br />
Information“ durch eigene Beitrage<br />
(Texte oder Fotos, Vorschläge für<br />
das Erscheinungsbild usw.)!<br />
Schickt Eure Texte an Ludwig<br />
Einicke oder Martin Michalik!<br />
L. Einicke<br />
„Zum Schmunzeln und<br />
Nachdenken“<br />
„Ein kluger Mann macht nicht alle<br />
Fehler selbst. Er gibt auch anderen<br />
eine Chance.“ (Winston Churchill)<br />
„Demokratie ist nicht das Recht der<br />
Mehrheit, sondern der Schutz der<br />
Minderheiten.“ (Albert Camus)<br />
„Wer so tut, als bringe er die<br />
Menschen zum Nachdenken, den<br />
lieben sie. Wer sie wirklich zum<br />
Nachdenken bringt, den hassen<br />
sie.“ (Aldous Huxley)<br />
„Wer über gewisse Dinge den<br />
Verstand nicht verliert, der hat<br />
keinen zu verlieren.“ (G.E.Lessing)<br />
Hinweis:<br />
Unsere nächste Zusammenkunft<br />
wird voraussichtlich die Fortsetzung<br />
des Kolloquiums zum Thema:<br />
„Widerstand aus religiöser<br />
Motivation“ am 06.11.<strong>2010</strong> im<br />
Niemöller-Haus in Berlin sein.<br />
Einladungen folgen.<br />
<strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong> | 11
Aktuelles<br />
<strong>Deutsches</strong> <strong>Mauthausen</strong><br />
<strong>Komitee</strong> <strong>Ost</strong><br />
Neues aus Österreich<br />
In letzter Minute erreichte uns<br />
eine Mail von Peter Gstettner<br />
aus Klagenfurt.<br />
Er grüßt alle unsere<br />
Freundinnen und Freunde vom<br />
<strong>Komitee</strong> herzlich und teilt erfreut<br />
mit, dass „der lange Weg zu<br />
einer würdigen Gedenkstätte“<br />
am Loibl Nord nun endlich<br />
Formen annimmt. Das ganze<br />
Gelände ist gerodet, die<br />
Fundamente der KZ-<br />
Wachbaracke sind freigelegt<br />
und abgedeckt.<br />
Dazu einige Fotos.<br />
Sichtlich erfreut: Unser Freund Prof.<br />
Peter Gstettner<br />
Ehrung seitens<br />
der VVN-BdA Brandenburg<br />
gefordert<br />
Straße soll Namen des<br />
Widerständlers Otto Wiesner<br />
tragen<br />
Anlässlich des 100. Geburtstags<br />
Otto Wiesners, den der 2006<br />
verstorbene Schriftsteller,<br />
Kommunist und Widerstandskämpfer<br />
am Samstag begangen<br />
hätte, fordern die Ortsvereinigung<br />
der Verfolgten des Naziregimes-<br />
Bund der Antifaschistinnen und<br />
Antifaschisten (VVN-BdA) und der<br />
Humanistische Verband Potsdam/<br />
Potsdam-Mittelmark eine Straße<br />
oder einen Platz in Potsdam nach<br />
ihm zu benennen.<br />
Zur Information an unsere<br />
Leser<br />
Wir beginnen in dieser Ausgabe mit<br />
einer neuen Rubrik mit dem Titel<br />
„Aktuelles von rechts“.<br />
Ausnahmsweise beginnen wir<br />
diese Rubrik mit einer Beilage in<br />
dieser Ausgabe.<br />
Künftig wird diese Rubrik in der<br />
Regel auf einer Seite der Info ihren<br />
Platz finden.<br />
Verantwortlich für diese Rubrik<br />
zeichnet unser Vorstandsmitglied<br />
Martin Michalik. Aktuelle<br />
Informationen zu diesem Thema<br />
aus Eurer Umgebung bitte an<br />
Martin<br />
(E-mail:<br />
michalik_martin@yahoo.de) geben!<br />
Verschiedene Bauphasen – Das<br />
Ergebnis eines mehr als zehnjährigen<br />
Kampfes für die Entstehung einer<br />
würdigen Gedenkstätte am Loibl-Nord<br />
Wir appellieren an alle unsere<br />
Mitglieder und Freunde sich mit<br />
Beiträgen für unsere Seite<br />
„Aktuelles von rechts“ zu<br />
beteiligen.<br />
12 | <strong>Mauthausen</strong>-Information 21/<strong>2010</strong>