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Norwegen - HEYER Architekten, Bad Honnef

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<strong>Norwegen</strong><br />

2006<br />

Katja und Klaus Heyer<br />

1


Urlaub 2006<br />

Das Traumziel unseres knapp dreiwöchigen<br />

Jahresurlaubs 2006 ist diesmal Süd- bis Westnorwegen.<br />

Nach umfangreichem Studium der<br />

im Handel verfügbaren Literatur haben wir<br />

daher eine Route ausgearbeitet, die uns von<br />

Kristiansand an der Südküste entlang nach<br />

Stavanger, mit einem Abstecher über den berühmten<br />

Preikestolen nach Haugesund, um<br />

den Hardangerfjord herum nach Bergen und<br />

von dort zum nördlichsten Punkt unserer Reise,<br />

dem Sognefjord führen soll. Dann wollen<br />

wir wieder strikt nach Süden fahren, über die<br />

Hardangervidda in die Telemark und von dort<br />

durch das Setesdal zurück nach Kristiansand<br />

gelangen. So lautete der generelle Plan. Ob<br />

wir ihn einhalten, wird sich zeigen.<br />

Dienstag, 23. Mai<br />

Die Abfahrt von <strong>Bad</strong> <strong>Honnef</strong> gelingt uns gegen<br />

14°° Uhr in Richtung Norden.<br />

Vor lauter Hektik zur Erledigung der letzten<br />

Büroarbeiten haben wir bis zur Abreise völlig<br />

vergessen, irgend etwas zu essen, so daß der<br />

eigentliche Urlaubsbeginn im Restaurant der<br />

Raststätte Siegburg an der A3 mit einem<br />

Fischessen und einem Gläschen Weißwein<br />

stattfindet.<br />

Überquerung der dänischen Grenze schließlich<br />

gegen 23°° Uhr.<br />

Übernachtung nach ca. 800 km auf dem Parkplatz<br />

der Kirche und des Friedhofs von Egâ in<br />

der Nähe von Aarhus, da der im Bordatlas<br />

angegebene Stellplatz nicht aufzufinden war.<br />

Im Bauch des „Christian IV“ der Color Line<br />

findet unser Cooky auf der Seereise nach Kristiansand<br />

bei weitgehend schönem Wetter ganz<br />

vorn in der Bugspitze seinen Platz, während<br />

wir nach Inspektion sämtlicher begehbarer<br />

Außen- und Innendecks am großen Buffet des<br />

Restaurants unseren mächtigen Appetit und<br />

Hunger mit Fisch und Garnelen und nochmals<br />

mit Fisch und Garnelen stillen.<br />

Das Wetter wird wieder wechselhaft mit Sonne,<br />

Wind und Regen. So nähern wir uns der<br />

norwegischen Küste, die von weitem wie eine<br />

begrünte italienische Uferlandschaft anmutet.<br />

In Kristiansand verlassen wir als Erste die<br />

Fähre und werden vom Zoll problemlos durch<br />

die Schranken gewunken. Wie wir später erfahren,<br />

verlief die Kontrolle für andere dort<br />

nicht so harmlos.<br />

Mittwoch, 24. Mai<br />

Um pünktlich am Fährhafen in Hirtshals ohne<br />

Komplikationen anzukommen, starten wir die<br />

Weiterfahrt um 8°° Uhr und kommen gegen<br />

10°° Uhr im Hafen von Hirtshals an. Da die<br />

Fähre erst um 13.45 Uhr abfahren soll, haben<br />

wir genügend Zeit, uns im Hafen zu orientieren<br />

und den Betrieb zu beobachten.<br />

Nach Verlassen des Hafengeländes suchen<br />

wir den im Reiseführer empfohlenen Wohnmobilstellplatz,<br />

auf norwegisch „Bobilplatz“, am<br />

Yachthafen auf, um dort nach einem Spaziergang<br />

durch die alte Innenstadt mit ihren weißen<br />

Holzhäusern und nach Besichtigung der<br />

Reste der alten Festung zu übernachten.<br />

Kristiansand hinterläßt einen etwas schmuddeligen<br />

Eindruck und reizt uns nicht zu weiteren<br />

Unternehmungen.<br />

2


Donnerstag, 25. Mai<br />

Katja ist schon um 6.30 Uhr nach bewährtem<br />

Bürorhythmus wach und macht daher das Auto<br />

klar (Abwaschen etc.). Der Morgen beschert<br />

uns Sonnenschein bei friedlicher Wetterlage<br />

und Temperaturen von 6,5°C. Nach einem<br />

kurzen Frühstück machen wir uns auf die Räder<br />

durch <strong>Norwegen</strong>.<br />

Als erstes suchen wir nach einer Ver- und Entsorgungsstation<br />

und werden an einer Shell-<br />

Tankstelle am Rande von Kristiansand fündig.<br />

Getankt haben wir auch gleich für 10,32 NOK,<br />

also ca. 1,40 € pro Liter Diesel.<br />

Dann geht es auf Nebenwegen immer an der<br />

Südküste entlang in Richtung Mandal. Die<br />

vielseitige und zum Teil bizarre Landschaft<br />

wirkt stellenweise wie eine Mischung aus idyllischer<br />

Südschwarzwaldlandschaft mit irischem<br />

oder bretonischem Ambiente. Die meist farbigen<br />

Holzhäuser, Hytter, wie der Norweger<br />

sagt, stets an einem Fjord oder Binnensee<br />

gelegen, sind meist einfühlsam in die Landschaft<br />

gesetzt.<br />

Beim Betrachten der klassizistischen Holzkirche<br />

wird uns bewußt, daß der architektonische<br />

Stil Kanadas und Nordamerikas unter anderem<br />

auch von norwegischen Einwanderern geprägt<br />

worden ist, die ihre Kenntnisse im Holzbau<br />

mitgenommen hatten.<br />

Nach einem kurzen Rundgang durch das ansonsten<br />

nicht sonderlich anregende Örtchen ist<br />

unser nächstes Ziel: Lindesnes fyr, ein Leuchtturm<br />

an der Nordseeküste. Inmitten einer kargen<br />

Felslandschaft parken wir zwischen vielen<br />

anderen Fahrzeugen auf einem groß angelegten<br />

Parkplatz.<br />

Wohl gekleidete Norweger, einige in Tracht,<br />

zumeist mit Klappstühlen in der Hand pilgern<br />

auf den Leuchtturmberg. Bald erklingt von dort<br />

Musik. Wie wir bald feststellen, findet unterhalb<br />

des Leuchtturms eine Freiluft- Taufe mit Band<br />

und großem Publikum statt.<br />

In Mandal angekommen, dessen Ortskern fast<br />

nur aus weiß gestrichenen Holzhäusern besteht,<br />

wollen wir uns die alte Kirche ansehen.<br />

Doch leider können wir nur von Ferne Zuschauer<br />

sein, da Christi Himmelfahrt auch in<br />

<strong>Norwegen</strong> als Feiertag begangen wird und<br />

einige der vielen Kirchenbesucher sogar in<br />

Tracht zum Gottesdienst kommen.<br />

3


Der Aufstieg auf den Leuchtturm mit seiner<br />

phantastischen Weitsicht ist ein Muß.<br />

Also wird auch hier trotz des Sturms der<br />

Leuchtturm bestiegen, um von dort den Blick<br />

weit über die Küste und das angrenzende agrarisch<br />

stark genutzte und mit Hilfe aufgeschichteter<br />

Steinwälle aufgeteilte Land zu genießen.<br />

Und anschließend gibt es an seinem Fuß aus<br />

einer „Gulaschkanone“ die erste norwegische<br />

und sehr gehaltvolle Fiskesup.<br />

Als nächsten Übernachtungsplatz suchen wir<br />

Lista fyr auf. Wiederum ein Leuchtturm an der<br />

Nordseeküste, auch wenn es dort inzwischen<br />

mächtig windet oder besser: es stürmt.<br />

Klaus ist gleich zum Strand hinunter geklettert,<br />

um nach Muscheln zu suchen, findet dort aber<br />

nur Tangfelder zwischen runden Felsbrocken<br />

und die betonierten Reste der deutschen<br />

Kriegsbesatzung.<br />

Bei der abendlichen Wanderung parallel zur<br />

Küste finden wir ein handgeschriebenes verwaschenes<br />

Schild, das den 1941 dort angelegten<br />

Landeplatz der Deutschen Wehrmacht<br />

beschrieb. Überall stolpern wir über zum Teil<br />

erhebliche Reste der Deutschen Kriegsmaschinerie,<br />

bestehend aus Bunkern, Geschützfundamenten<br />

und endlosen Wehrgängen. Die<br />

unrühmliche Vergangenheit ist bei den Norwegern<br />

nicht vergessen. Auf sie wird überall hingewiesen,<br />

selbst bei Bombenkratern im Wald.<br />

Freitag, 26. Mai<br />

Aufstehen gegen 7°° Uhr. Um diese Zeit sind<br />

bereits mehrere Ornithologen unterwegs, die<br />

mit riesigen Fernrohren bewaffnet Wiesen und<br />

Strand nach Vögeln absuchen.<br />

4


Die anschließende Route führt durch dicht<br />

bewaldete Berge über äußerst schmale und<br />

weitgehend einspurige ungeteerte Straßen<br />

nach Liknes, anschließend parallel zum Pedalfjord<br />

nach Flekkefjord.<br />

daß der Winter hier während eines Großteils<br />

des Jahres vorherrschend ist.<br />

Die Weiterfahrt auf der „44“ führt nach Egersund.<br />

Es ist eine unserer beeindruckendsten<br />

Fahrten durch skurrile Berge, die stellenweise<br />

wie eine Mondlandschaft aus bizarren Felsen<br />

oder wie dicke schlafende Elefanten anmuten.<br />

Die Suche nach einem Fischgeschäft in Flekkefjord,<br />

in dessen Fjordhafen immerhin ein<br />

Fischkutter liegt, endet zwar leider ohne Erfolg,<br />

aber dafür zeigt sich uns der gepflegte Ort mit<br />

seinen überwiegend zweigeschossigen Holzhäusern<br />

und ihrer achteckigen Holzkirche als<br />

sehr hübsch und sehenswert, so daß sich der<br />

Spaziergang lohnt.<br />

Dann führt sie wieder durch dichte Wälder und<br />

entlang tiefer Fjordschluchten mit Blick hinaus<br />

auf das Meer.<br />

Den überwiegend weiß gestrichenen und weitgehend<br />

stilgleichen Häusern ist kaum anzusehen,<br />

wie alt sie sind. Sie können vor fünfzig,<br />

hundert, aber auch vor zweihundert Jahren<br />

errichtet worden sein. Das stellenweise geradezu<br />

südländische Flair läßt kaum erahnen,<br />

5


Nach einer kurvenreichen Auffahrt bis oberhalb<br />

des Jossingfjords kurz vor Hauge finden wir<br />

erneut ein großes Mahnmal mit detaillierten<br />

Angaben u.a. in deutscher Sprache über die<br />

Besatzung der Deutschen Wehrmacht im Jahre<br />

1941.<br />

Egersund empfiehlt sich zwar nicht als ein<br />

sonderlich schönes Städtchen, kann dafür aber<br />

unmittelbar neben einem Blues-Festival-Zelt<br />

mit einem Fischstand am Markt aufwarten, an<br />

dem wir den gesuchten gebackenen und geräucherten<br />

Fisch erwerben können. Die riesige<br />

Portion des gebackenen Schellfischs wird gierig<br />

beim Laufen durch die Einkaufsstraßen der<br />

kleinen Innenstadt, von der auf uns kein Funke<br />

überspringt, aufgefuttert.<br />

Die Wiesen und Felder werden mit Hilfe von<br />

Wällen aus aufgeschichteten Steinen voneinander<br />

getrennt. Die überall herumliegenden<br />

und z.T. mächtigen Steine werden auf den<br />

Wällen gesammelt, damit die Felder mit ihren<br />

fruchtbaren Böden urbar gemacht werden<br />

können, wobei dies in vollem Umfang erst<br />

durch den Einsatz schwerer Bagger möglich<br />

wurde.<br />

Die Überlegung, erneut am Meer zu übernachten,<br />

führt uns zum abseits der Hauptroute gelegenen<br />

Leuchtturm „Obrestad fyr“ in der Nähe<br />

von Bryne.<br />

Am späten Abend ziehen über dem Meer einige<br />

Wolken auf, doch der rot leuchtende Sonnenuntergang<br />

ist noch bis weit nach Mitternacht<br />

am Horizont zu sehen.<br />

Bei der Wanderung über die steinigen Strandweiden<br />

finden sich erneut große betonierte<br />

Mengen aus deutscher militärischer Vergangenheit.<br />

Samstag, 27. Mai<br />

Heute kommen wir nicht so schnell aus dem<br />

Bett, Katja ist erst um 8.00 Uhr auf den Beinen,<br />

wir haben ja schließlich Wochenende.<br />

Der Strandwanderung lassen wir noch eine<br />

Radtour auf dem „Königsweg“ durch eine friedlich<br />

anmutende und ausschließlich landwirtschaftlich<br />

genutzte Küstenlandschaft folgen.<br />

Als erstes müssen wir uns erneut auf die Suche<br />

nach einer Ver- und Entsorgungsstation<br />

machen. Wir beschließen, wegen des zu erwartenden<br />

Wochenendeinkaufverkehrs nicht<br />

wie vorgesehen nach Stavanger, sondern nach<br />

Âlgârd fahren. Dort gibt es eine vom ADAC<br />

angegebene Tankstelle mit einer Ver- und<br />

Entsorgungsstation, die wir nutzen wollen. Und<br />

was stellen wir fest: an der Tankstelle gibt es<br />

nicht nur Benzin und Diesel, sondern an einem<br />

Stand fangfrische riesige Garnelen! Katja kauft<br />

gleich anderthalb Kilo fürs heutige Abendessen.<br />

6


Von Âlgârd aus ist es nicht mehr weit bis zur<br />

Fähre über den Hoegsfjord und von dort bis<br />

zum Wanderparkplatz des Preikestolen, der<br />

berühmtesten Felsenkanzel <strong>Norwegen</strong>s.<br />

Nach einer aufgewärmten Dose weißer Bohnen<br />

mit Würstchen machen wir uns wanderfest<br />

mit Wanderstiefeln, Vliespullis und Regenjacken<br />

und ziehen los auf den „ausgetretenen“<br />

Weg zum Preikestolen.<br />

Klaus hat nach seinem Bücherstudium eine<br />

etwas aufwendigere Schwarzwaldwanderung<br />

erwartet, aber was nun folgt, ist Bergsteigen<br />

über eine regelrechte Steinwüste, die nur von<br />

verrückt gewordenen oder Kegel spielenden<br />

Trollen erzeugt worden sein kann.<br />

All die Anstrengung endet auf der oberen Plattform<br />

des Predigtstuhls, meist nur wenige Zentimeter<br />

vom ungesicherten Rand des 604m<br />

hohen Steilfelsens entfernt mit dem Ziel, sich<br />

einen Schauer wegen der eigenen Waghalsigkeit<br />

über den Rücken laufen zu lassen.<br />

Zudem beginnt es auch noch in Strömen zu<br />

regnen. Trotzdem marschiert eine Reihe Preikestolen-Verrückter<br />

den steilen und mit Felsbrocken<br />

übersäten „Wanderweg“ durch eine<br />

zwar menschenfeindliche, aber um so grandiosere<br />

Felslandschaft, über Felsplateaus, weite<br />

Hochmoore und entlang steiler Felsstürze.<br />

Auch wir können nicht anders und genießen<br />

schließlich keinen Meter vom Klippenrand<br />

entfernt eine Tafel Schokolade und eine Thermoskanne<br />

heißen Kaffees.<br />

Nur wer schwindelfrei ist, sollte sich auf die<br />

Wanderung zum Preikestolen wagen.<br />

7


Der Preikestolen, der zweifellos zu den<br />

schönsten Ausflugzielen Südwestnorwegens<br />

zählt, überragt den Lysefjord, der in früheren<br />

Jahrhunderten bei den Norwegern wegen seiner<br />

unerschließbaren Enge, Düsternis und<br />

Steilheit der über 1000m hohen kahlen Felswände<br />

große Ängste hervorgerufen hat.<br />

Wir überlegen, irgendwo an der N13 auf der<br />

Route in Richtung Sand einen Übernachtungsplatz<br />

zu suchen und landen schließlich auf<br />

dem vom ADAC im Jahr 2006 ausgezeichneten<br />

Campingplatz von Fister, der mit schöner<br />

Aussicht terrassenförmig oberhalb des Fisterfjords<br />

angelegt ist.<br />

Der Abstieg durch die berauschende Landschaft<br />

mit ihren sagenhaften Aussichten fällt<br />

dann doch leichter als erwartet. Wir hüpfen<br />

inzwischen von Stein zu Stein die Berge hinab<br />

und fühlen uns dabei stark und leichtfüßig.<br />

Und was gibt es zum Abendessen? – Nach<br />

dem erforderlichen Pulen und natürlich in Unmengen<br />

von Knoblauch (1 1/2 Knollen) gedünstete<br />

Garnelen! Wie gut daß wir allein unterwegs<br />

sind. Und damit andere Bewohner des<br />

Campingplatzes nicht umfallen, wenn sie zu<br />

nahe an unserem Cooky vorbeigehen, bleiben<br />

die Türen sicherheitshalber verschlossen.<br />

Sonntag, 28. Mai<br />

Der Urlaub wirkt bereits, denn wir stehen heute<br />

erst gegen 9°° Uhr auf und frühstücken dann in<br />

aller Ruhe. Uns beiden winkt anschließend<br />

noch die warme Dusche des Campingplatzes,<br />

denn auch kleine Ferkel wollen ab und zu mal<br />

richtig sauber sein.<br />

Am Schluß der Wanderung sind wir allerdings<br />

echt geschafft und treffen auf dem Parkplatz<br />

auf Urlaubsbekannte aus dem Ruhrgebiet, die<br />

den Aufstieg am Sonntag wagen wollen. Sie<br />

erzählen uns bei einem Glas Cognac, daß sie<br />

heute in Stavanger waren und wegen unendlich<br />

vieler Baustellen nicht einmal den Fuß aus<br />

dem Wagen setzen konnten, bis sie die Stadt<br />

nach mehrfacher Mautzahlung unverrichteter<br />

Dinge wieder verlassen haben. Wie gut, daß<br />

wir auf den Besuch Stavangers verzichteten.<br />

Während wir der Ver- und Entsorgung unseres<br />

Cookis nachgehen, gesellt sich ein Norweger<br />

zu uns und fragt auf Deutsch nach der geplanten<br />

Route. „Haugesund … Bergen … etc.“ Er<br />

fragt, warum wir nach Haugesund und drumherum<br />

wollten. Schließlich fahren da alle Touris<br />

in ihren Bussen hin. Die Straßen kosten endlos<br />

viel Maut und vom „richtigen“ <strong>Norwegen</strong> bekämen<br />

wir auch nichts zu sehen. Da könnten<br />

wir auch in Deutschland Urlaub machen. Er<br />

wohne in Stavanger und kenne die Gegend<br />

8


estens. Wir sollten lieber die Nationalstraße<br />

13 über Sand und Roeldal durch die Berge<br />

nach Odda fahren, von dort entlang des Sorfjods<br />

nach Utne, übersetzen und dann weiter in<br />

Richtung Bergen fahren. Auf dieser Route<br />

bekämen wir etwas vom „echten“ <strong>Norwegen</strong> zu<br />

sehen.<br />

Wenn uns also ein richtiger Norweger solche<br />

Infos zukommen läßt, müssen wir dem auch<br />

folgen. Aber Katja setzt noch einen drauf:<br />

Wenn wir den Tag nach Haugesund sparen,<br />

können wir doch von Roeldal über die Paßstraße,<br />

wenn sie denn geöffnet ist, mehr oder<br />

weniger wieder zurück nach Sauda und von<br />

dort an den Fjorden entlang nach Odda fahren.<br />

So wird es beschlossen.<br />

Entlang des Fisterfjords geht es daher erst<br />

einmal nach Hielmelandsvâgen, dort auf die<br />

Fähre nach Nesvigt und weiter die N13 nach<br />

Sand.<br />

Von nun an beginnt eine phantastische Fahrt<br />

bei immer schöner werdendem Wetter durch<br />

das Gebirge entlang des Suldansvatnet und<br />

des Roeldalsvatnet mit Atem raubenden Ausblicken,<br />

mit einer Fährfahrt und 17 bis zu 2,3<br />

Kilometer langen beleuchteten und unbeleuchteten<br />

Tunneldurchfahrten, bis wir schließlich<br />

Roeldal erreichen. Der Fotoapparat steht während<br />

der Fahrt beim ständigen Wechsel der<br />

Fotomotive kaum noch still.<br />

Die kleine Stabkirche von Roeldal wurde leider<br />

wenige Minuten vor unserer Ankunft geschlossen<br />

(bis 16.00 Uhr geöffnet), so daß wir ihren<br />

berühmten Altar nicht besichtigen können.<br />

Aber vielleicht können wir das noch nachholen.<br />

Also auf zur Paßstraße in Richtung Sauda –<br />

sie ist geöffnet!<br />

Bei anfangs 10°C und abschließend bei 3,5°C<br />

geht es auf einer extrem schmalen sich die<br />

Berge hinauf windenden Straße ca. 30 km lang<br />

an zum Teil abenteuerlichen Steilhängen entlang<br />

bis auf ca. 1400 m Höhe durchs Schneegebirge<br />

und dort mitten in die Wolken.<br />

9


Spannende, romantische, zum Teil skurrile und<br />

wilde Eislandschaft umgibt uns, bis wir hinter<br />

einem Staudamm durch erste verstreut liegende<br />

Hytter wieder menschliche Nähe spüren.<br />

Es ist schon bezeichnend für das Land, in<br />

welch rauher und einsamer Natur viele Norweger<br />

ihr Wochenendglück suchen.<br />

Wir nutzen heute erstmals das berühmte norwegische<br />

Jedermannsrecht, das jedem das<br />

Recht gibt, in freier Natur zu übernachten,<br />

ohne jemanden zu stören. Langsam senken<br />

sich die vom Meer herandrängen Wolken über<br />

das Tal, in dem wir stehen und zeitweise fällt<br />

leichter Regen.<br />

Montag, 29. Mai<br />

Gegen 8°° Uhr stehen wir wieder bei strahlendem<br />

Sonnenschein auf. Die Wolken sind verflogen.<br />

Nach einer Tasse Tee folgt die Abfahrt<br />

nach Sauda. Die einspurige Straße führt durch<br />

ein geradezu urweltlich anmutendes Felsental.<br />

Aus allen Ritzen und Spalten dringt Wasser,<br />

überall dampft und tropft es in der wärmenden<br />

Morgensonne, und die Natur versucht selbst<br />

auf der kleinsten Fläche, dem Leben in Form<br />

von Moosen, Farnen und Birken zu seinem<br />

angestammten Recht zu verhelfen.<br />

Ca. 16 km vor Sauda finden wir rechts neben<br />

der Straße oberhalb eines Tals, aus dem rauschend<br />

ein Wildbach heraufklingt, einen kleinen<br />

befestigten Grasplatz, den wir inmitten des<br />

Waldes als einsame Übernachtungsstelle aussuchen.<br />

Nach einem das einsame Tal überspannenden<br />

Wasserrohr eines Kraftwerks gelangen wir<br />

nach Sauda, einer nicht sonderlich schönen<br />

Kleinstadt mit mächtiger Schwerindustrie.<br />

Die Weiterfahrt erfolgt nunmehr mit ständig<br />

wechselnden berauschenden Aussichten entlang<br />

des Saudafjords, ab Ropeid entlang des<br />

Vindalfjords und schließlich entlang des Sandeigfjords.<br />

10


Wie haben sich Ort und Landschaft seit dem<br />

verändert! Wo einst einsame und „idyllische“<br />

Landschaft das Bild prägten, herrschen heute<br />

Industrie und Hektik.<br />

Nach Verlassen Oddas befahren wir unterhalb<br />

des bis zu 1400m hohen Folgefonnas mit seinen<br />

ganzjährigen Gletschern die Küstenstraße,<br />

bis wir plötzlich etwas abseits der Straße, aber<br />

unmittelbar am Ufer des Sorfjords einen neu<br />

angelegten Rastplatz mit Bänken entdecken,<br />

den wir sofort zum geeigneten Übernachtungsplatz<br />

erklären. Wir sind völlig allein.<br />

Über Oelen und Etne geht es weiter in Richtung<br />

Odda. Unmittelbar nach einem 7km langen<br />

Tunnel stehen wir auf einem Parkplatz<br />

voller Staunen am Fuße des Langfossens,<br />

eines mehrere hundert Meter hohen und<br />

mächtig breiten dampfenden Wasserfalls, der<br />

sich hier in den Akrafjord ergießt.<br />

Über uns die mit Schnee bedeckten Berge des<br />

Folgefonnas mit zahlreichen kleinen herunterprasselnden<br />

Wasserfällen und vor uns das türkisfarbene<br />

Wasser des Fjords unter blauem<br />

Himmel mit jagenden Wolken: etwas Schöneres<br />

können wir uns kaum noch vorstellen.<br />

Von nun an wird unsere Route durch ständig<br />

neue Tunnel und weitere Wasserfälle geprägt,<br />

bis wir den Industrieort Odda erreichen. In<br />

Odda können wir an der Feuerwehr ent- und<br />

versorgen.<br />

Wir holen einen der mitgenommenen Bildbände<br />

über <strong>Norwegen</strong> aus dem Schapp heraus, in<br />

dem ein Foto von Odda um ca. 1880 abgebildet<br />

ist: einige wenige Bauernhäuser um eine<br />

kleine Kirche geschart in einsamer Landschaft<br />

am Ufer des Sorfjords, in dem einer der ersten<br />

Passagierdampfer ankert.<br />

Nach dem Abendessen –natürlich Lachs– versucht<br />

sich Klaus vergeblich beim Angeln. Zwar<br />

hat eine Makrele kurz gebissen, sich aber wieder<br />

losreißen können. Die mehrfach sichtbaren<br />

Hornhechte mochten die angebotenen Köder<br />

nicht, die sie sich in aller Ruhe ansahen. Im<br />

Übrigen braucht man nicht nur eine tolle Angelausrüstung,<br />

sondern eine ganze Portion<br />

Kenntnis (oder Glück?). Aber vielleicht kommen<br />

beide ja noch mal vorbei. Also weiter<br />

versuchen und Petri Heil !<br />

11


Dienstag, 30. Mai<br />

Klaus ist um 5°° Uhr aufgestanden und erneut<br />

zum Angeln gegangen, leider wieder ohne<br />

Erfolg. Als Entschädigung erlebt er nach anfänglicher<br />

Bewölkung einen traumhaften Sonnenaufgang<br />

bei völlig blauem Himmel.<br />

In Jondal beginnt eine äußerst teure Fährüberfahrt<br />

über den Hardangerfjord nach Norheimsund,<br />

die wir nehmen müssen, damit wir von<br />

dort nach Bergen gelangen können.<br />

Nach dem gemeinsamen Frühstück führt die<br />

Route nach Utne mit Besuch des dortigen<br />

sehenswerten Heimat- und Freilichtmuseums.<br />

In der Nähe von Bergen suchen wir einen<br />

Campingplatz auf und übernachten dort.<br />

Die Weiterfahrt erfolgt entlang des Hardangerfjords<br />

auf einer kaum befahrenen, kurvenreichen<br />

einspurigen Straße nach Jondal, inmitten<br />

satter Wiesen und blühender Apfelplantagen<br />

unterhalb der anderen Seite des mit Eis bedeckten<br />

Folgefonnas, vorbei an gepflegten<br />

kleinen Orten, an schönen Hytter und kleinen<br />

Jachthäfen.<br />

Mittwoch, 31. Mai<br />

Gegen 8°° Uhr aufgestanden und gefrühstückt.<br />

Uns erwartet ein strahlend blauer Himmel,<br />

aber auch ein starker und recht kalter Wind.<br />

Bergen, die heimliche Hauptstadt <strong>Norwegen</strong>s,<br />

erreichen wir mit dem Linienbus.<br />

Beim Besuch des Fischmarkts am Hafen versorgen<br />

wir uns mit frischem und geräuchertem<br />

Lachs, Garnelen und Fischbrötchen zum Sofortverzehr.<br />

Auf den Erwerb von schwarzem<br />

geräuchertem Walfischfleisch haben wir dankend<br />

verzichtet.<br />

12


Da uns der Besuch des Informationszentrums<br />

keine zusätzlichen Erkenntnisse über Bergen<br />

bringt, schlendern wir entlang des Hafens mit<br />

seiner bekannten farbigen Kulisse zu den Resten<br />

der alten Hansestadt Bryggen.<br />

In einem Laden entdecken wir ein Modell<br />

Bryggens, das die enge Verflechtung der Satteldach-gedeckten<br />

Lagerhäuser deutlich werden<br />

läßt.<br />

Bei Bryggen handelt es sich um die Reste der<br />

auf engstem Raum errichteten Holzhäuser der<br />

weitgehend deutschen Hansestadt Bergen, die<br />

nunmehr als UNESCO - Weltkulturerbe erhalten,<br />

gepflegt und daher von uns und zigtausend<br />

anderen Touristen besucht werden.<br />

Katja sucht vergeblich in den zahlreichen Läden<br />

Bryggens nach einem Norweger-Pullover,<br />

aber sie sind ihr in Anbetracht des touristischen<br />

Andrangs bei weitem zu teuer. Statt<br />

dessen besuchen wir ein kleines dunkles und<br />

uriges Lokal in Bryggen und verzehren als<br />

mittägliche Stärkung eine typisch norwegische<br />

Fiskesup, dazu ein großes Glas Bier.<br />

Bryggen, früher auch Tyskebryggen =<br />

„Deutsche Brücke“ genannt, erhielt ihren Namen,<br />

weil die Holzhäuser zum Be- und Entladen<br />

der Schiffe direkt am Hafenbecken lagen.<br />

Hier standen einst die Höfe der deutschen<br />

Kaufleute. Nach dem großen Brand von 1702<br />

wurden die Kaufmannshäuser und Lagerhallen<br />

wieder neu errichtet. Leider vernichteten davon<br />

spätere Brände erneut einen großen Teil.<br />

Natürlich muß von einem altgedienten Segler<br />

des Ijsselmeers die im Hafen Bergens liegende<br />

Dreimastbark „Statsraad Lehmkuhl“ angesehen<br />

und kurz an Deck gegangen werden.<br />

13


Und dann haben wir plötzlich die Kreuzfahrtschiffe<br />

Amadea und Maxim Gorki von unserem<br />

Bauherrn Hans Zurnieden im Hafen entdeckt.<br />

Die Aussicht während der kurzen Fahrt und<br />

oben von den Floybergen ist phantastisch,<br />

zumal es heute mal nicht regnet.<br />

Das Wetter gestaltet sich unfaßbar: In Bergen<br />

regnet es statistisch an mindestens 270 Tagen<br />

im Jahr. Und wir besuchen diese trotz des<br />

häufig schlechten Wetters sehr südlich anmutende<br />

Stadt bei strahlendem Sonnenschein,<br />

begleitet von einer steifen kühlen Brise.<br />

Nach der Rückkehr in die Stadt erobern wir<br />

uns das zu Füßen der Floyberge liegende<br />

„Gammle Bergen“, der zur Jahrhundertwende<br />

aus weißen Holzhäusern panoramamäßig um<br />

die Hafenbucht errichteten Altstadt.<br />

Wir beschließen, uns die Stadt und ihre Hafenbucht<br />

Vâgen von oben anzusehen und<br />

fahren mit der Floy-Bahn, einer extrem steilen<br />

Standseilbahn, auf die 320m hohen Floyberge.<br />

14


Die alten und zum Teil sehr schön gepflegten<br />

Häuser, die nur über steile Straßen und endlos<br />

viele Treppen zu erreichen sind, werden heute<br />

offensichtlich bevorzugt von Studenten der<br />

Universitätsstadt Bergen bewohnt.<br />

Die Rückfahrt aus der quirligen, geradezu unnorwegischen<br />

Stadt Bergen zu unserem Campingplatz<br />

gestaltet sich als äußerst schwierig.<br />

Trotz des vielfältigen Bussystems finden sich<br />

nirgendwo Hinweistafeln oder Routenpläne,<br />

aus denen ein System der Buslinien zu erkennen<br />

wäre. Nach einer Stunde vergeblichen<br />

Suchens erklärt ein von uns auf Englisch befragter<br />

Busfahrer, er könne uns mitnehmen,<br />

denn er führe in Richtung des Campingplatzes.<br />

Obwohl seine Liniennummer an keiner der<br />

Haltestellen angegeben war, stiegen Leute ein<br />

und aus – in Bergen wird man mit dem Busplan<br />

im Kopf wohl geboren. Und plötzlich hält<br />

der Busfahrer unmittelbar vor unserem Campingplatz<br />

ohne eine sichtbare Haltestelle und<br />

sagt uns, daß wir aussteigen können – Puh –<br />

das ist Service – danke.<br />

Donnerstag, 1. Juni<br />

Die Sonne lugt schon wieder früh am Morgen<br />

ins Wohnmobil und fordert uns auf, aufzustehen<br />

und draußen zu frühstücken.<br />

Der nachfolgende Versuch, auch Bergens<br />

Kirchen einen Besuch abzustatten, mißlingt<br />

kläglich, da sie allesamt einschließlich des<br />

kleinen mittelalterlichen Doms verschlossen<br />

sind.<br />

Unser heutiges Ziel ist der nördlich von Bergen<br />

gelegene ca. 230 km lange Sognefjord. Wir<br />

erreichen ihn, während sich der Himmel zunehmend<br />

bewölkt, durch eine unwirtlich karge,<br />

stellenweise von Ölfördergesellschaften genutzte<br />

Fels- und Insellandschaft auf mehreren<br />

zwischen den Inseln verkehrenden Fähren.<br />

Anschließend fahren wir ostwärts am Ufer des<br />

Sognefjords entlang durch weitgehend einsame<br />

und kaum bewohnte Landschaften, eine<br />

schöne, aber kaum erlebnisreiche Fahrt.<br />

15


Aufregend war die Beobachtung einer Schule<br />

von Tümmlern, die angeregt spielend immer<br />

wieder aus dem Fjordwasser auftauchte.<br />

Am späten Nachmittag entdecken wir den neu<br />

angelegten, durch Bäume geschützten Rastplatz<br />

„Kvamsoey“ unmittelbar neben der Strasse,<br />

den wir als Übernachtungsplatz okkupieren.<br />

Nach Begutachtung durch mehrere Anwohner<br />

scheinen wir als ausreichend seriös<br />

beurteilt worden zu sein, denn es gibt trotz des<br />

schriftlichen Hinweises auf das Unerwünschtsein<br />

nächtigender Camper keinen Verweis.<br />

Freitag, 2. Juni<br />

Bei inzwischen einsetzendem Regen erreichen<br />

wir nach kurzer Fahrzeit den Ort Balestrand.<br />

Anlaß des romantischen „Baubooms“ war die<br />

Begeisterung von Kaiser Wilhelm II für <strong>Norwegen</strong><br />

und insbesondere für die Landschaft beidseits<br />

des Sognefords, der ursächlich die Errichtung<br />

eines großen Jugendstilhotels anregte,<br />

das heute noch in Betrieb ist.<br />

Balestrand verfügt über eine stattliche Zahl<br />

wunderschöner, meist rot gestrichener Jugendstilhäuser<br />

einschließlich einer Kirche im<br />

englischen Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts,<br />

die den Stabkirchen <strong>Norwegen</strong>s nachempfunden<br />

worden ist.<br />

In Balestrand werden wir in einem kleinen<br />

Geschäft fündig: Norwegerpullover in bester<br />

Qualität mit schönen und nicht kitschigen Mustern<br />

zu akzeptablen Preisen. Das Geschäft<br />

wird von der norwegischen Frau eines deutschen<br />

<strong>Architekten</strong> geführt, der direkt mit der<br />

Familienministerin „von der Leyen“ verwandt<br />

ist. Man kann sich denken: es gibt viel zu reden<br />

über Beruf, Politik usw..<br />

Unser nächstes Ziel ist die Stabkirche von<br />

Urnes am Ende des Sognefjords. Da die Fähre<br />

dorthin nicht in Betrieb ist, wollen wir sie über<br />

den Landweg erreichen, wobei der türkisfarbene<br />

Lustrafjord bei nieseligem Schmuddelwetter<br />

in ganzen Länge umfahren werden muß.<br />

16


Am Ende des Lustrafjords biegt von der<br />

Hauptstraße eine kleine einspurige Straße zur<br />

Stabkirche Urnes ab. Wir benutzen sie und<br />

finden am Ufer des Fjords einen wunderschönen<br />

ruhigen Übernachtungsplatz mit unmittelbarer<br />

Angelmöglichkeit.<br />

Auf unserem Weg liegt die von Frau von der<br />

Leyen empfohlene mittelalterliche Steinkirche<br />

in Dale, die wir uns natürlich ansehen, zumal<br />

Steinkirchen in <strong>Norwegen</strong> eine Rarität darstellen.<br />

Die Tür zur im Inneren wunderschön gestalteten<br />

und bemalten Kirche steht erstaunlicherweise<br />

offen, so daß wir den Kirchraum<br />

gegen ein freiwilliges in einen kleinen Kasten<br />

zu legendes Entgelt betreten können.<br />

Samstag, 3. Juni<br />

Heute ist ein richtiger Müßigtag. Wolken und<br />

Sonne halten sich die Waage. Regen ist bei<br />

einem solchen Himmel kaum zu erwarten.<br />

Nach erfolglosem Angeln und einem gemütlichen<br />

Frühstück machen wir uns auf in Richtung<br />

Stabkirche Urnes am Ende der Straße.<br />

Die Fahrt entlang des Lustrafjords durch die<br />

dünn besiedelte Landschaft mit blühenden<br />

Apfelbäumen ist gemütlich und wunderschön.<br />

Wir können auf der 30 km langen weitgehend<br />

einspurigen und zum Teil sehr schmale Straße<br />

kaum schneller als 30 km/h fahren. Zwei<br />

stockdustere einspurige Tunnel, einer 1,3 km<br />

lang und mit einer Kurve, müssen durchfahren<br />

werden. Jeweils an den Enden der Tunnel<br />

befinden sich Briefkästen, in denen Taschenlampen<br />

für Radfahrer liegen.<br />

17


Auf dem Parkplatz der Stabkirches Urnes, die<br />

als älteste und eine der schönsten der wenigen<br />

noch erhaltenen Stabkirchen <strong>Norwegen</strong>s gilt,<br />

erfahren wir, daß sie erst eine Woche später<br />

während des Sommers regelmäßig geöffnet<br />

wird. Dennoch marschieren wir im neu erworbenen<br />

Norwegerlook die drei Kilometer zwischen<br />

blühenden Apfelplantagen hindurch auf<br />

den Berg, um sie uns zumindest von außen<br />

anzusehen.<br />

und in Gruppen angeordneten, äußerst massiven,<br />

stets aber sehr ärmlichen Bauernhäuser<br />

antreten können.<br />

Da sämtliche an den Häusern angebrachte<br />

Beschreibungen über die Art und Dauer ihrer<br />

Nutzung auch in deutscher Sprache ausgeführt<br />

wurden, läßt sich ein sehr aufschlußreiches<br />

Verständnis für die Besiedelung der bergigen<br />

und abgeschiedenen Landschaft um den Sognefjord<br />

und seine Fjordarme gewinnen.<br />

Man kann es kaum glauben, aber mehrere der<br />

Häuser wurden mit der einfachsten Ausstattung<br />

aus der Zeit der Jahrhundertwende bis<br />

vor ca. 20 Jahren noch bewohnt.<br />

Schließlich müssen wir die Strecke rund um<br />

den Lustrafjord wieder zurückfahren und wählen<br />

dann nach der Entsorgung von WC und<br />

Abwasser an einer Tankstelle in Sogndal die<br />

Abfahrt Richtung Kaupanger.<br />

Ziel ist das wenige Kilometer hinter Sogndal<br />

befindliche „Norske Folkemuseum“. Diesmal<br />

haben wir Glück, denn es ist trotz der frühen<br />

Jahreszeit und trotz des fortgeschrittenen<br />

Nachmittags geöffnet, so daß wir eine Rundwanderung<br />

durch die bis zu 800 Jahre alten<br />

Im Hauptgebäude des Norske Folkemuseums<br />

ergänzen umfangreiche Detailausstellungen<br />

18


und Erläuterungen in deutscher Sprache über<br />

den Lebensunterhalt, die Schiffahrt auf den<br />

Fjorden, Handwerk, Feste und Gebräuche die<br />

neu gewonnenen Erkenntnisse. Der Besuch<br />

des Museums trägt zum Verständnis der bereisten<br />

Landschaft in erheblichem Umfang bei.<br />

Beim Verlassen des Museums ist es kurz vor<br />

17°° Uhr. Eigentlich rechnen wir nicht mehr<br />

damit, die Stabkirche von Kaupanger noch<br />

besichtigen zu können, da alle öffentlichen<br />

Einrichtungen um diese Zeit schließen. Doch<br />

sie ist geöffnet, da sich noch ein paar weitere<br />

Besucher eingefunden haben.<br />

Während wir den düsteren Kirchenraum besichtigen,<br />

läuten die blechern klingen Glöckchen<br />

des kleinen Kirchturms. Es herrscht eine<br />

fast bedrückende Atmosphäre von Armmut<br />

und gleichzeitig tiefer Gläubigkeit, die man nur<br />

erleben und nicht beschreiben kann.<br />

Nach dem Kirchenbesuch stellt sich mächtiger<br />

Hunger ein, so daß die übliche abendliche<br />

Stellplatzsuche angesagt ist. Im „Schulze“-<br />

Reiseführer wird hinter Kaupanger auf einen<br />

Selbstbedienungscampingplatz unmittelbar am<br />

letzten Ende des Sognefjords verwiesen, den<br />

wir aufsuchen. Nach Bezahlen des geforderten<br />

Beitrags in einen Briefkasten stehen wir mit<br />

unserem Cooky völlig allein unmittelbar am<br />

Wasser, um uns dann ein lukulisches Fischessen<br />

zuzubereiten. Später folgen unserem<br />

Vorbild noch zwei weitere deutsche Reisemobile.<br />

Ein sehr imposantes Bauwerk, das von einem<br />

jungen Mann „bewacht“ wird, der des Deutschen<br />

mächtig ist. Wir können uns mit ihm ein<br />

wenig unterhalten und bekommen die Erlaubnis,<br />

den Innenraum ohne Blitz zu fotografieren.<br />

Der abendliche Spaziergang entlang des<br />

Fjords läßt uns die herbe Schönheit dieses<br />

wasser- und bergereichen Landes tief mit in<br />

den Schlaf nehmen.<br />

Pfingstsonntag, 4. Juni<br />

In unmittelbarer Nähe unseres Übernachtungsplatzes<br />

besuchen wir als erstes ein kleines<br />

Museum, das eindrucksvoll die Schiffahrt<br />

auf dem Sognefjord bis Bergen in den vergangenen<br />

Jahrhunderten dokumentiert.<br />

19


Die Stabkirche von Borgund gilt als die am<br />

besten erhaltene und im Laufe der Jahrhunderte<br />

am wenigsten veränderte aller Stabkirchen.<br />

Ihre einsame Lage inmitten eines zu früheren<br />

Zeiten nur schwer erreichbaren Berglandes<br />

und die große Armut der Bevölkerung hat sie<br />

zum Glück für die heute lebenden Nachfahren<br />

vor sämtlichen Veränderungen bewahrt.<br />

Obwohl wir uns bereits eine ganze Reihe norwegischer<br />

Stabkirchen angesehen haben,<br />

wollen wir zu Pfingsten nach dem Besuch des<br />

Schiffahrtsmuseums auch noch einer weiteren<br />

Stabkirche einen Besuch abstatten. Wir brechen<br />

auf nach Borgund.<br />

Nach einer Fährfahrt über den Ârdalsfjord<br />

meiden wir die in den Jahren 2003 und 2004<br />

fertiggestellten Tunnel und wählen die noch<br />

erhaltene historische Route durch eine wilde,<br />

aber um so faszinierendere Landschaft. Die<br />

schmale Strasse windet sich um Felsen und<br />

überhängende Klippen, bei denen wir aufpassen<br />

müssen, sie nicht mit unserem überhohen<br />

Fahrzeugdach zu berühren. Wilde Flußläufe<br />

mit schmalen Steinbrücken begleiten uns.<br />

Der Innenraum ist eng und düster. Die eng<br />

stehenden tragenden Pfosten, eben die Stäbe,<br />

mit ihren geschnitzten Verstrebungen lassen<br />

kaum noch Raum für die wenigen Gläubigen.<br />

20


Der Stabkirche vorgelagert ist inzwischen ein<br />

neu errichtetes Museumsgebäude, in dem alle<br />

hoch interessanten Erläuterungen gleichberechtigt<br />

auf norwegisch, englisch und deutsch<br />

verfaßt sind.<br />

Diese beeindruckende Stabkirche mit ihrem<br />

aus statischen Gründen seitlich angeordneten<br />

Glockenturm wirkt auf Fotos durch ihre mehrfache<br />

Gliederung wesentlich größer, als wie<br />

sie dann tatsächlich vor uns stehen sehen.<br />

Dabei muß man berücksichtigen, daß es sich<br />

bei allen Stabkirchen zur Zeit ihrer Errichtung<br />

lediglich um kleine Dorfkirchen handelte.<br />

Beeindruckend ist, daß das Pech, das zur<br />

Abdichtung der Dachschindeln verwandt wurde,<br />

mit der Zeit durch die Sonneneinstrahlung<br />

weich geworden, allseitig am Gebäude herunterläuft.<br />

Der Auerlandsfjord empfängt uns bei strahlendem<br />

Sonnenschein mit einer hoch angelegten<br />

Aussichtskanzel.<br />

Der Blick von dieser Plattform auf den Auerlandsfjord<br />

mit seinem tiefblauen Wasser, der<br />

wegen seiner Schönheit von vielen Kreuzfahrtschiffen<br />

aufgesucht wird, ist grandios und nahezu<br />

einmalig.<br />

Unser nächstes Ziel ist das Flâmdalen am<br />

Auerlandsfjord. Da wir auch diesmal einen neu<br />

erstellten Tunnel mit der immensen Länge von<br />

24,5 km meiden wollen, wählen wir den alten<br />

Auerlandsvegen, eine wunderschöne Paßstraße,<br />

die über ein zu dieser Jahreszeit noch<br />

schneebedecktes, unbewohnbares und bis zu<br />

1809 m hohes Gebirge führt.<br />

So ist es nicht verwunderlich, daß wir unten im<br />

Tal am Bahnhof der Flâmbahn das dritte Schiff<br />

unseres Herrn Zurnieden, die „Alexander von<br />

Humboldt“ antreffen.<br />

21<br />

Die Nacht dieses sehr interessanten Tages<br />

verbringen wir neben dem Marktplatz von Undredal<br />

unmittelbar am Auerlandsfjord, nachdem<br />

wir den Inhaber des einzigen kleinen Lebensmittelladens<br />

um Erlaubnis gefragt haben.


Pfingstmontag, 5. Juni<br />

Was für ein herrlicher sonniger Tag, was für<br />

ein klarer blauer Himmel! Es ist genau das<br />

Wetter, das wir für unser heutiges Vorhaben<br />

benötigen.<br />

Doch vorher wollen wir in dem kleinen Laden<br />

den über <strong>Norwegen</strong>s Grenzen hinaus bekannten<br />

Ziegenkäse Undredals kaufen. Die Spezialität<br />

des Ortes ist ein brauner karamelisierter<br />

und leicht gesalzener Ziegenkäse mit leichtem<br />

Geschmack nach Salmiak und, wie wir feststellen,<br />

eine würzige Ziegensalami. Obwohl das<br />

Geschäft wegen des Pfingstmontags erst gegen<br />

Mittag öffnet, läßt uns der Inhaber herein,<br />

und seine Frau erläutert uns während des<br />

Verkaufens umfangreich auf Englisch Herstellung<br />

und Vorzüge ihrer Spezialitäten, die wir<br />

alle erst einmal ausführlich probieren dürfen.<br />

Also auf zum Bahnhof der Flâmbahn. Die ca.<br />

22km lange Flâmbahn wurde im Laufe von<br />

zwanzig Jahren weitgehend in Handarbeit vom<br />

Auerlandsfjord nach Myrdal auf 850m Höhe<br />

durch ein wildromantisches und nur schwerzugängliches<br />

Tal erbaut, um die einsamen und<br />

äußerst ärmlichen Orte des Fjords an die bereits<br />

existierende Oslo-Bergen-Bahn anzuschließen<br />

und so die Region wirtschaftlich zu<br />

stärken. Sie wurde im Jahre 1940 fertiggestellt<br />

und bis 1947 elektrifiziert. Inzwischen wirtschaftlich<br />

uninteressant, wurde die Bahn zu<br />

einer der bedeutendsten Touristenattraktionen<br />

<strong>Norwegen</strong>s, die insbesondere von Deutschen,<br />

Engländern und Japanern angenommen wird.<br />

Es folgt eine grandiose einstündige Fahrt<br />

durch das Flâmdalen entlang steiler Berghänge,<br />

vorbei an Wasserfällen und durch häufige<br />

Tunnel, in denen der Zug unter anderem durch<br />

eine 360°-Kehre nach oben klettert.<br />

Beim Stopp an einem mächtigen Wasserfall,<br />

währenddessen die Fahrgäste den Zug verlassen,<br />

ertönen alte norwegische Klänge und<br />

Elfen singen im Nebel des zerstäubenden<br />

Wassers für uns ihr Lied……… Kitsch? – Wer<br />

weiß, aber was soll´s. Zumindest die Japaner<br />

sind förmlich fasziniert und fotografieren und<br />

knipsen ……<br />

Im Bahnhof von Myrdal, einem 10-Seelen-Ort,<br />

angekommen, wartet bereits der Oslo-Bergen-<br />

Express auf die weinigen Umsteiger. Während<br />

die meisten Fahrgäste die Fahrt zurück zum<br />

Auerlandsfjord wählen, steigen wir aus, um<br />

den Rückweg auf der 23 km langen ehemaligen<br />

schotterigen Versorgungsstraße aus der<br />

Zeit des Eisenbahnbaus zu erwandern.<br />

22


Wir befinden uns an der unteren Schnee- und<br />

oberen Baumgrenze, während im Tal bereits<br />

die Bäume blühen. Vliespullis und Wanderstiefel<br />

an, den Rucksack aufgeschnallt, es kann<br />

losgehen.<br />

Der Weg der ehemaligen Transportstraße zur<br />

Errichtung der Fâmbahn kreuzt diese daher<br />

mehrfach. Ein rauschender Bach, der wegen<br />

der unzähligen ihm aus den Schneeregionen<br />

zulaufenden Wasserfälle, die von den oberen<br />

Bergkämmen herabstürzen, fast zu einem Fluß<br />

anschwillt, begleitet uns während der gesamten<br />

Wanderung.<br />

Während der sechs Stunden dauernden Wanderung<br />

ist eines immer wieder nötig: die Füße<br />

in eiskaltem Gletscherwasser zu kühlen!<br />

Die kurzen während der Eisenbahnfahrt aufgenommenen<br />

Eindrücke dieses wundervollen,<br />

wilden und im oberen Teil völlig naturbelassenen<br />

Tals mit seinen umgebenden bis zu<br />

1300m hohen steilen Berghängen und mit den<br />

unzähligen Wasserfällen können nun in aller<br />

Ruhe und Intensität aufgenommen werden.<br />

Von der Wanderung erschöpft, beschließen<br />

wir, heute keinen freien Stellplatz mehr zu<br />

suchen und genießen die Nachtruhe auf dem<br />

nahe beim Bahnhof der Flâmbahn gelegenen<br />

exzellenten Campingplatz.<br />

Dienstag, 6. Juni<br />

Da die Wanderung noch nicht alle Reserven<br />

erschöpft hat, fährt Klaus heute Morgen etwa<br />

die Hälfte der abgewanderten Strecke in umgekehrter<br />

Richtung mit dem Mountainbike bis<br />

auf ca. 350m Höhe ab. Er ist danach durchaus<br />

geschafft.<br />

23


Nach Duschen, Frühstück, Ent- und Versorgung<br />

des Cookis brechen wir gegen 11°° Uhr<br />

in Richtung Eidfjord auf. Diesmal können wir<br />

einen 11,5km langen Tunnel bei Gudvangen<br />

nicht umfahren und gelangen hinter Voss, um<br />

einen weiteren Tunnel zu umgehen, auf die<br />

serpentinenreiche Paßstraße, die über dicht<br />

bewaldete Berglandschaften führt, schließlich<br />

nach Eidfjord. Die umgebende, zwischen steilen<br />

Bergen eingebettete und in vergangenen<br />

Jahrhunderten von jeglicher wirtschaftlichen<br />

Entwicklung abgeschlossene Landschaft am<br />

Rande der Hardangervidda, einer Plateauähnlichen<br />

weitgehend unbewohnten Hochebene,<br />

hat sich inzwischen zu einem touristischen<br />

Magneten entwickelt, das selbst von Kreuzfahrtschiffen<br />

angesteuert wird.<br />

Obwohl es bereits 17°° Uhr ist, wollen wir noch<br />

eine ca. vierstündige Wanderung zum Wasserfall<br />

Valurfossen unternehmen. Daß Wandern in<br />

<strong>Norwegen</strong>s Bergwelt selten auf gepflegten<br />

Wegen stattfindet, wissen wir ja nun schon seit<br />

der Besteigung des Preikestolen. Daß solche<br />

Wanderungen jedoch ohne Weg und Steg<br />

durch eine seit Jahrhunderten unberührte Natur<br />

erfolgen, ist eine neue und für die eigene<br />

Gefühlswelt sehr bereichernde Erfahrung.<br />

Wir wollen hier wandern und wählen eine vom<br />

„WOMO-Schulz“ beschriebene extrem schmale<br />

und Haarnadelkurven reiche Auffahrt bis ca.<br />

800 m Höhe zur Hardangervidda. Vor der Benutzung<br />

der geschotterten Straße wird im Tal<br />

auf Norwegisch, Englisch und Deutsch gewarnt,<br />

doch das kann uns nicht abhalten. Wir<br />

landen in völliger Einsamkeit auf einem kleinen<br />

Wanderparkplatz unmittelbar neben einem<br />

reißenden Bach, wo wir zu übernachten gedenken.<br />

Nur geleitet durch einige wenige rote Felsmarkierungen<br />

oder aufeinandergesetzte Felsbrocken<br />

klettern wir durch eine wilde, absolut<br />

unberührte Natur-, Fels- und Moorlandschaft<br />

bis zur Baumgrenze auf 1040m, um uns<br />

schließlich in völliger Einsamkeit den tosend in<br />

eine Schlucht stürzenden Valurfossen ansehen<br />

zu können.<br />

Mittwoch, 7. Juni<br />

Am Morgen geht es ohne zu frühstücken die<br />

zahlreichen Kehren wieder hinab. Vor uns läuft<br />

eine Schar von Schafen, die wir eine ganze<br />

Weile vor uns hertreiben, bis sie endlich begreifen,<br />

daß sie sich besser seitlich des Wegerandes<br />

ihr Futter suchen sollten.<br />

24


Nach dem traumhaften gestrigen Wandererlebnis<br />

vom Fossenfieber erfasst, soll auf nüchternen<br />

Magen die nächste Fossenwanderung<br />

zum Vöringfossen folgen. Dick eingepackt in<br />

unsere neuen Norwegerpullis, marschieren wir<br />

bei noch etwas niedrigen Temperaturen in<br />

inmitten einer kargen Felslandschaft los. Aus<br />

dem Marschieren wird, wie bereits gewohnt,<br />

sehr schnell eine reine Klettertour über Steingeröllhalden<br />

einer wilden Felslandschaft, die<br />

uns zu dem donnernd herabstürzenden Vöringfossen<br />

führt. Je näher wir dem Fossen<br />

kommen desto nasser wird es durch seine<br />

Nebelschwaden. Beeindruckend…….<br />

Drei Tage nacheinander, jeden Tag eine Wanderung.<br />

Wir spüren all unsere verkümmert<br />

geglaubten Muskeln, so daß wir keine Lust<br />

mehr verspüren, das nahe gelegene, sicherlich<br />

lohnenswerte Naturkundecenter der Hardangervidda<br />

zu besuchen. Aber bestimmt ein anderes<br />

mal, bestimmt….!!! Diese Gegend hat<br />

noch soviel an Reizen, an Erfahrungen und an<br />

Freizeitaktivitäten zu bieten.<br />

Ab jetzt lassen wir uns genüßlich in unserem<br />

Cooky über Kinsarvik und Odda zur Stabkirche<br />

von Röldal mit ihrem bemerkenswerten<br />

Innenraum treiben, die wir schon einmal geschlossen<br />

vorgefunden haben.<br />

Diesmal können wir das Kirchlein betreten und<br />

treffen erneut einen dieser dunklen, tiefgläubig<br />

stimmenden und in starken Farben bemalten<br />

Kirchenräume an, die jeden Besucher unmittelbar<br />

zur inneren und äußeren Ruhe zwingen.<br />

Das Überqueren des tobenden Vöringbachs<br />

auf einer alterschwachen Hängebrücke erfordert<br />

schon einige Überwindung.<br />

Über die verschneiten Höhen der Hardangervidda,<br />

die für die Bewohner der Region in den<br />

vergangenen Jahrhunderten insbesondere<br />

während der endlos lang anhaltenden Wintermonate<br />

ein nahezu unüberwindliches Hindernis<br />

darstellten, führt uns die Reise heute im<br />

ach so bequemen Reisemobil in die wesentlich<br />

lieblichere Telemark. Der Zwischenstopp inmitten<br />

des Eises ist für den Reisenden reizvoll,<br />

aber nicht mehr gefährlich oder bedrohlich.<br />

25


Gegen Abend finden wir unseren nächtlichen<br />

Stellplatz unmittelbar vor dem einsam gelegenen<br />

Kirchlein von Nesland an der Strasse „38“<br />

in Richtung Dalen.<br />

Die Abfahrt durch das liebliche Setesdal in<br />

Richtung Kristiansand führt uns entlang der<br />

Otra zum Byglandfjord. Bereits am frühen<br />

Nachmittag reizt es uns, ein Plätzchen zum<br />

Verweilen und Relaxen zu finden. Während wir<br />

entlang des ca. 25km langen Byglandfjords<br />

fahren, stellen wir fest, daß die andere Seite<br />

des Sees nahezu unbewohnt ist, dort aber eine<br />

kleine Straße entlang führt. Die nächste Überquerung<br />

nutzend, fahren wir auf dieser kleinen<br />

Straße am See zurück und finden plötzlich<br />

hinter Bäumen versteckt unseren Traumplatz:<br />

ein kleiner Sandstrand unmittelbar am Wasser,<br />

mit unserem Cooky zwar schwierig anzusteuern,<br />

aber machbar. Ein richtiger Platz zum<br />

Genießen bei strahlendem Sonnenschein und<br />

inzwischen angenehmer Wärme. Hier bleiben<br />

wir.<br />

Donnerstag, 8. Juni<br />

Der Campingplatz Dalens am Ende des Telemarkkanals<br />

hilft uns bei der fälligen Ver- und<br />

Entsorgung. Anschließend genießen wir den<br />

sonnigen Morgen am Anleger des 100 Jahre<br />

alten Telemarkschiffes „Victoria“, das leider<br />

noch nicht in Betrieb ist, und frühstücken an<br />

einer der öffentlichen Bänke.<br />

Trotz des brrrr… eisig kalten Wassers – Katja<br />

läßt sich nicht davon abhalten, im See baden<br />

zu gehen.<br />

Zwar suchen wir die Stabkirche oberhalb von<br />

Dalen noch auf, verfügen aber über kein sonderliches<br />

Aufnahmevermögen mehr. Wir suchen<br />

nach etwas Entspannung und Ruhe.<br />

26


Und am Abend können wir ungestört am<br />

Strand sitzend essen und bis in die lange hell<br />

bleibende Nacht Karten spielen.<br />

Es macht fast ein wenig traurig, daß wir diese<br />

traumhaft schöne Landschaft so bald wieder<br />

verlassen müssen, aber die Fähre wartet nicht<br />

auf uns.<br />

Freitag, 9. Juni<br />

Der Morgen weckt uns mit strahlendem und<br />

schnell erwärmendem Sonnenschein.<br />

Nach der Rückfahrt nach Kristiansand verbringen<br />

wir die Nacht wieder auf dem uns bereits<br />

bekannten Bobilplatz und erleben dort, wie die<br />

Norweger den kurzen Sommer bis tief in die<br />

helle Nacht mit Motorbooten aller Art und anscheinend<br />

ausreichend Alkohol auf dem Wasser<br />

der Scheren-reichen Nordsee verbringen.<br />

Wir haben noch bis zum Nachmittag Zeit, bevor<br />

wir nach Kristiansand aufbrechen müssen.<br />

Und so genießen wir den Tag mit <strong>Bad</strong>en und<br />

Radeln entlang des wunderschönen Sees.<br />

Samstag, 10. Juni<br />

Bereits um 8°° Uhr stehen wir im Hafen, um<br />

rechtzeitig auf die Fähre zu gelangen. Es<br />

herrscht dichter Nebel. Rechts und links warten<br />

vollbepackte Kleinbusse mit deutschen<br />

Vereinsanglern, die in Thermospaketen, Kühlschränken<br />

und sonstigem Gepäck ihre Angelergebnisse<br />

nach Deutschland transportieren<br />

wollen. Die Stimmung zwischen den endlos<br />

Zigaretten rauchenden und etwas derben Zeitgenossen<br />

ist nicht nach unserem Geschmack<br />

und widerspricht den Erfahrungen und Empfindungen,<br />

die wir während der vergangenen<br />

Wochen in diesem eindrucksvollen Land aufgenommen<br />

haben. Wir sind daher froh, als wir<br />

in die Fähre fahren können.<br />

Die Reise durch das Skagerrak genießen wir<br />

wieder am Buffet des Restaurants, zumal der<br />

dichte Nebel keine Sicht auf das Meer freigibt.<br />

27


Kurz vor dem Hafen von Hirtshals reißt die<br />

Nebelwand schlagartig auf und läßt die Sonne<br />

mit voller Kraft scheinen. Bei bestem Wetter<br />

erreichen wir nach der Durchquerung von Dänemark<br />

wieder deutschen Boden, übernachten<br />

bei unseren Freunden Wolfgang und Agnes in<br />

Rümpel bei Hamburg, um am folgenden Sonntag<br />

wohlbehalten in <strong>Bad</strong> <strong>Honnef</strong> zu landen.<br />

Wir werden sicherlich einige Zeit brauchen,<br />

das Gesehene, Erlebte und Erfahrene zu verarbeiten,<br />

aber eines steht bereits fest: <strong>Norwegen</strong><br />

sieht uns bald wieder. Die Nordländer und<br />

ihre Fjorde, die Eisflächen des Jostedalsbreen,<br />

die Lofoten und vielleicht das Nordkap - all<br />

diese Landschaften mit ihrer nach Norden<br />

zunehmenden Einsamkeit und weitgehend<br />

ungestörten Natur warten nur darauf, von uns<br />

noch entdeckt zu werden.<br />

Also Du geschätztes <strong>Norwegen</strong> – bis bald!<br />

28

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