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Info Verjährung Lenkzeitverstöße lfd. - Gekade.info

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und die, die es noch werden wollen<br />

Gemeinsam für eine bessere Zukunft<br />

Lenkzeit-Vergehen verjähren erst nach<br />

zwei Jahren<br />

Urteil des OLG Hamm<br />

AZ: III-5 RBs 158/10<br />

Verantwortlich für den Inhalt ist die<br />

GKD – Hauptverwaltung & <strong>Info</strong>rmation<br />

Postanschrift:<br />

95192 – Lichtenberg, Lobensteiner Str. 2<br />

Tel. 09288 – 550 740 Fax 09288 – 550 693<br />

Mobil 01520 – 65 376 61<br />

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gekade@gmx.de


2<br />

Lenkzeit-Vergehen verjähren erst<br />

nach zwei Jahren<br />

Gerichte können Lenkzeit-Vergehen auch dann ahnden, wenn sie<br />

länger als 28 Tage zurückliegen. Das geht aus einem Urteil des OLG<br />

Hamm hervor (AZ: III-5 RBs 158/10).<br />

Im vorliegenden Fall hat eine Stadt in Nordrhein-Westfalen einen<br />

Bußgeldbescheid über 8.010 Euro ausgestellt. Nach erfolgtem<br />

Einspruch hat das Gelsenkirchener Landgericht den Betrag um 80<br />

Prozent eingedampft. Die Richterin hat nur die letzten 28 Tage vor der<br />

betreffenden Kontrolle berücksichtigt. Das OLG Hamm hat das<br />

Verfahren nach einem Einspruch der Essener Staatsanwaltschaft neu<br />

aufgerollt. Demnach bezieht sich die Frist von 28 Tagen nur darauf, wie<br />

lange Fahrer die gespeicherten Daten vorhalten müssen, falls sie<br />

kontrolliert werden. Tatsächlich beträgt die <strong>Verjährung</strong>sfrist zwei<br />

Jahre. Unternehmer müssen die Daten nach einem Jahr archivieren.<br />

Auch das deutet laut Oberlandesgericht darauf hin, dass der<br />

Bemessungszeitraum deutlich über den besagten 28 Tagen liegt.<br />

Urteil: III 5 RBs 158/10 OLG Hamm<br />

Beschluss: Bußgeldsache<br />

Der 5. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm hat am 30.11.2010<br />

beschlossen:<br />

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden<br />

Feststellungen aufgehoben.<br />

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über<br />

die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht<br />

Gelsenkirchen zurückverwiesen.<br />

Gründe: I.<br />

Der Oberbürgermeister der Stadt H hat mit Bußgeldbescheid vom 26.<br />

Oktober 2009 gegen den Betroffenen wegen 36, davon 30 sog.<br />

"schweren" Verstößen gegen § 8a Abs. 2 Nr. 1 FPersG i.V.m. Art. 6 Abs.<br />

1, 7, 8 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 561/2006 (Nichteinhaltung der Lenk-


3<br />

und Ruhezeiten) Geldbußen in Höhe von insgesamt 8.010,00 Euro<br />

festgesetzt.<br />

Auf den hiergegen rechtzeitig eingelegten Einspruch des Betroffenen<br />

hat das Amtsgericht Gelsenkirchen ihn durch das angefochtene Urteil<br />

wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 8 a Abs. 2 Nr. 1 FPersG i.V.m. Art.<br />

7 VO (EG) Nr. 561/2006 in acht Fällen, für den Verstoß am 16.07.2009<br />

zu einer Geldbuße von 144 Euro, Verstoß am 17.07.2009 zu einer<br />

Geldbuße von 126 Euro, Verstoß am 20.07.2009 zu einer Geldbuße von<br />

18 Euro, Verstoß am 22.07.2009 zu einer Geldbuße von 54 Euro,<br />

Verstoß am 25.07.2009 zu einer Geldbuße von 18 Euro, Verstoß am<br />

05.08.2009 zu einer Geldbuße von 36 Euro, Verstoß am 07.08.2009 zu<br />

einer Geldbuße von 144 Euro, Verstoß am 10.08.2009 zu einer<br />

Geldbuße von 144 Euro, Verstoß am 10.08.2009 zu einer Geldbuße von<br />

144 Euro sowie wegen Verstoßes gegen § 8 a Abs. 2 Nr. 1 FPersG i.V.m.<br />

Art. 6 VO (EG) Nr. 561/2006 in drei Fällen, für den Verstoß am<br />

29.07.2000 zu einer Geldbuße von 18 Euro, Verstoß am 03.08.2009 zu<br />

einer Geldbuße von 378 Euro und Verstoß am 07.08.2009 zu einer<br />

Geldbuße von 9 Euro verurteilt.<br />

Es hat u.a. folgende persönliche und tatsächliche Feststellungen<br />

getroffen:<br />

I. Der 56 Jahre alte Betroffene verfügt nach eigenen Angaben über ein<br />

Nettoeinkommen von 1.300,00 Euro und hat Schulden in Höhe von<br />

20.000,00 Euro.<br />

II. Der Betroffene ist Fahrer für die U GmbH. Am 11.08.2009 um 12:07<br />

Uhr führte das Polizeipräsidium H auf der X-Allee/X-Straße eine<br />

Kontrolle durch. Der Betroffene führte zu den folgenden Zeitpunkten<br />

einen Sattelzug mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX sowie mit dem<br />

amtlichen Kennzeichen XXXXXXXXXXX, wobei sich die Lenk- und<br />

Ruhezeiten wie folgt darstellen:<br />

1) Die Tagesruhezeit vom 07.01.2009, 05:39 Uhr bis 08.01.2009, 05:39<br />

Uhr betrug 4 Stunden und 30 Minuten.<br />

2) Die Tagesruhezeit vom 08.01.2009, 05:39 Uhr bis 09.01.2009, 05:39<br />

Uhr betrug 4 Stunden und 48 Minuten.<br />

3) Die Tageslenkzeit vom 07.01.2009, 05:39 Uhr bis 08.01.2009, 20:16<br />

Uhr betrug 27 Stunden und 32 Minuten.


4<br />

4) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 19.01.2009, 04:55 Uhr bis<br />

19.01.2009, 18:50 Uhr betrug 7 Stunden und 39 Minuten.<br />

5) Die Tagesruhezeit vom 22.01.2009, 05:25 Uhr bis 22.01.2009, 05:25<br />

Uhr betrug 0 Stunden und 0 Minuten.<br />

6) Die Tageslenkzeit vom 03.02.2009, 05:11 Uhr bis 04.02.2009, 19:04<br />

Uhr betrug 14 Stunden und 31 Minuten.<br />

7) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 17.02.2009, 06:57 Uhr bis<br />

17.02.2009, 16:54 Uhr betrug 6 Stunden und 49 Minuten.<br />

8) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 23.02.2009, 06:29 Uhr bis<br />

23.02.2009, 16:46 Uhr betrug 7 Stunden und 26 Minuten.<br />

9) Die Tagesruhezeit vom 05.03.2009, 05:56 Uhr bis 06.03.2009, 05:56<br />

Uhr betrug 0 Stunden und 0 Sekunden.<br />

10) Die Tageslenkzeit vom 21.04.2009, 07:11 Uhr bis 22.04.2009, 19:97<br />

Uhr betrug 14 Stunden und 11 Minuten.<br />

11) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 06.05.2009, 09:08 Uhr bis<br />

06.05.2009, 21:19 Uhr betrug 6 Stunden und 53 Minuten.<br />

12) Die Tagesruhezeit vom 13.05.2009, 04:26 Uhr bis 14.05.2009, 04:26<br />

Uhr betrug 0 Minuten und 0 Sekunden.<br />

13) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 13.05.2009, 12:13 Uhr bis<br />

14.05.2009, 12:54 Uhr betrug 9 Stunden und 38 Minuten.<br />

14) Die Tagesruhezeit vom 14.05.2009, 04:26 Uhr bis 15.05.2009, 04:26<br />

Uhr betrug 0 Stunden und 0 Minuten.<br />

15) Die Tageslenkzeit vom 13.05.2009, 04:26 Uhr bis 15.05.2009, 19:14<br />

Uhr betrug 18 Stunden und 35 Minuten.<br />

16) Die Tagesruhezeit vom 25.05.2009, 05:42 Uhr bis 26.05.2009, 05:42<br />

Uhr betrug 0 Stunden und 0 Minuten.<br />

17) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 25.05.2009, 18:25 Uhr bis<br />

26.05.2009, 14:20 Uhr betrug 7 Stunden und 43 Minuten.<br />

18) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 28.05.2009, 05:40 Uhr bis<br />

28.05.2009, 14:59 Uhr betrug 6 Stunden und 44 Minuten.<br />

19) Die Tagesruhezeit vom 02.06.2009, 00:01 Uhr bis 03.06.2009, 00:01<br />

Uhr betrug 5 Stunden und 12 Minuten.<br />

20) Die Tagesruhezeit vom 03.06.2009, 00:01 Uhr bis 04.06.2009, 00:01<br />

Uhr betrug 0 Stunden und 0 Minuten.<br />

21) Die Tagesruhezeit vom 04.06.2009, 00:01 Uhr bis 05.06.2009, 00:01<br />

Uhr betrug 0 Stunden und 0 Minuten.


5<br />

22) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 04.06.2009, 14:09 Uhr bis<br />

05.06.2009, 20:25 Uhr betrug 10 Stunden und 12 Minuten.<br />

23) Die Tageslenkzeit vom 02.06.2009, 00:01 Uhr bis 05.06.2009, 20:26<br />

Uhr betrug 29 Stunden und 48 Minuten.<br />

24) Die Tagesruhezeit vom 05.06.2009, 00:01 Uhr bis 06.06.2009, 00:01<br />

Uhr betrug 3 Stunden und 35 Minuten.<br />

25) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 08.06.2009, 05:11 Uhr bis<br />

08.06.2009, 18:20 Uhr betrug 6 Stunden und 53 Minuten.<br />

26) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 1607.2009, 06:15 Uhr bis<br />

16.07.2009, 17:43 Uhr betrug 9 Stunden und 1 Minute.<br />

27) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 17.07.2009, 05:00 Uhr bis<br />

17.07.2009, 15:46 Uhr betrug 8 Stunden und 19 Minuten.<br />

28) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 20.07.2009, 10:55 Uhr bis<br />

20.07.2009, 16:50 Uhr betrug 5 Stunden und 16 Minuten.<br />

29) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 22.07.2009, 07:53 Uhr bis<br />

22.07.2009, 16:11 Uhr betrug 6 Stunden und 10 Minuten.<br />

30) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 25.07.2009, 06:05 Uhr bis<br />

25.07.2009, 12:41 Uhr betrug 5 Stunden und 12 Minuten.<br />

31) Die Tageslenkzeit betrug vom 29.07.2009, 04:44 Uhr bis 29.07.2009,<br />

18:04 Uhr 9 Stunden und 58 Minuten.<br />

32) Die Tageslenkzeit vom 03.08.2009, 05:00 Uhr bis 04.08.2009, 17:32<br />

Uhr betrug 20 Stunden und 25 Minuten.<br />

33) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 05.08.2009, 05:03 Uhr bis<br />

05.08.2009, 13:23 Uhr betrug 5 Stunden und 45 Minuten.<br />

34) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 07.08.2009, 05:02 Uhr bis<br />

07.08.2009, 15:50 Uhr betrug 8 Stunden und 48 Minuten.<br />

35) Die Tageslenkzeit vom 07.08.2009, 05:02 Uhr bis 07.08.2009, 17:56<br />

Uhr betrug 9 Stunden und 52 Minuten.<br />

36) Die ununterbrochene Lenkzeit vom 10.08.2009, 06:06 Uhr bis<br />

10.08.2009, 15:54 Uhr betrug 8 Stunden und 43 Minuten.<br />

Zur rechtlichen Würdigung und zum Rechtsfolgenausspruch ist<br />

Folgendes ausgeführt:<br />

III.<br />

Das Gericht hat nur die letzten 28 Tage vor dem Kontrollzeitpunkt<br />

berücksichtigt. Gemäß Vorbemerkung (14) der VO (EG) Nr. 561/2006<br />

sollten die zuständigen Behörden, um eine wirksame Durchsetzung zu


6<br />

gewährleisten, bei Straßenkontrollen nach einer Übergangszeit in der<br />

Lage sein, die ordnungsgemäße Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten<br />

des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage zu kontrollieren.<br />

Der Kontrollzeitraum beschränkt sich demnach allein auf die 28 Tage<br />

vor dem Kontrollzeitpunkt. Dass der Kontrollzeitraum über die 28 Tage<br />

vor dem Kontrollzeitpunkt hinaus erweitert werden kann, ergibt sich<br />

aus der Verordnung nicht.<br />

Gemäß Art. 7 VO (EG) Nr. 561/2006 hat ein Fahrer nach einer<br />

Lenkdauer von viereinhalb Stunden eine ununterbrochene<br />

Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er<br />

keine Ruhezeit einlegt. Diese Unterbrechung kann durch eine<br />

Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer<br />

Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die<br />

Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1<br />

eingehalten werden.<br />

Der Betroffene hat, indem er am 16.07.2009 den Sattelzug 9 Stunden<br />

und 1 Minute ununterbrochen führte, fahrlässig gegen § 8 a Abs. 2 Nr. 1<br />

FPersG i.V.m. Art. 7 VO (EG) Nr. 561/2009 verstoßen. Ferner hat der<br />

Betroffene indem er am 17.07.2009 den Sattelzug 8 Stunden und 19<br />

Minuten, am 20.07.2009 5 Stunden und 16 Minuten, am 22.07.2009 6<br />

Stunden und 10 Minuten und am 25.07.2009 5 Stunden und 12<br />

Minuten ununterbrochen führte, fahrlässig gegen § 8 a Abs. 2 Nr. 1<br />

FPersG i.V.m. Art 7 VO (EG) Nr. 561/2006 verstoßen, denn gemäß Art. 7<br />

VO (EG) Nr. 561 /2006 war der Betroffene verpflichtet, nach einer<br />

Lenkdauer von viereinhalb Stunden eine Fahrtunterbrechung von 45<br />

Minuten bzw. eine Fahrunterbrechung von 15 Minuten und eine<br />

weitere von 30 Minuten einzulegen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr.<br />

561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Die<br />

tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf<br />

höchstens 10 Stunden verlängert werden.<br />

Der Betroffene hat in 3 Fällen fahrlässig gegen Art. 6 Abs. 1 VO (EG)<br />

Nr. 561/2006 verstoßen, denn er hat am 29.07.2009 das Fahrzeug 9<br />

Stunden und 58 Minuten gelenkt und damit die Lenkzeit um 58<br />

Minuten überschritten. Ferner hat er in der Zeit vom 03.08.2009 bis<br />

zum 04.08.2009 die Lenkzeit um 10 Stunden und 25 Minuten<br />

überschritten. Schließlich hat er am 07.08.2009 die Lenkzeit um 52<br />

Minuten überschritten.


7<br />

Bei der Bemessung der Geldbuße hat das Gericht die wirtschaftlichen<br />

Verhältnisse des Betroffenen berücksichtigt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG),<br />

die immer dann in Betracht zu ziehen sind, wenn es sich um eine nicht<br />

geringfügige Ordnungswidrigkeit handelt, die bei einer Ahndung mit<br />

einer Geldbuße von mehr als 250,00 Euro vorliegt. Der Betroffene hat<br />

ein Nettoeinkommen von 1.30,00 Euro und hat Schulden in Höhe von<br />

20.000,00 Euro. Angesichts dessen erschien die Minderung der<br />

einzelnen Geldbußen um jeweils 40 Prozent als angemessen,<br />

insbesondere im Hinblick darauf, dass Zahlungserleichterungen zur<br />

Begründung einer gemessen an der Leistungsfähigkeit des Betroffenen<br />

übermäßigen Bußgeldhöhe herangezogen werden können."<br />

Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft Essen mit ihrer<br />

Rechtsbeschwerde.<br />

Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel der<br />

Staatsanwaltschaft Essen mit ergänzenden Ausführungen beigetreten.<br />

II.<br />

Das Rechtsmittel ist als Rechtsbeschwerde statthaft.<br />

Die Verstöße sind als eine prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO<br />

anzusehen, so dass die in der Summe verhängten Bußgelder mit<br />

1.233,00 Euro die Rechtsbeschwerdegrenze gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1<br />

OWiG überschreiten (vgl. hierzu OLG Frankfurt, NStZ-RR 2010, 355 ff.).<br />

Die somit zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist auch<br />

in der Sache begründet. Die auf die erhobene Rüge der Verletzung<br />

materiellen Rechts gebotene Überprüfung des Urteils deckt<br />

Rechtsfehler auf. Die Tatrichterin hat zu Unrecht lediglich die letzten 28<br />

Tage vor dem Kontrollzeitpunkt berücksichtigt.<br />

Die Staatsanwaltschaft Essen hat ihre Rechtsbeschwerde wie folgt<br />

begründet:<br />

"Das Amtsgericht hat zu Unrecht nur die letzten 28 Tage vor dem<br />

Kontrollzeitpunkt bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt.<br />

Die Stadt H hatte in dem Bußgeldbescheid einen Zeitraum vom<br />

07.01.2009 bis zum 10.08.2009 festgelegt und eine Geldbuße von<br />

8.010,00 Euro verhängt.<br />

Das Amtsgericht ist nunmehr der Auffassung, dass nur die letzten 28


8<br />

Tage vor dem Kontrollzeitpunkt am 12.08.2009 zu berücksichtigen<br />

seien. Eine derartige Einschränkung sieht das Gesetz nicht vor.<br />

Das Amtsgericht Gelsenkirchen will die Einschränkung der<br />

Vorbemerkung (14) der VO (EG) NR.561/2006 entnehmen. Bei dieser<br />

Vorbemerkung handelt es sich jedoch nicht um eine Ahndungsnorm.<br />

Die Ahndung bestimmt allein § 8 a Abs. 1 und 2 FPersG und zwar ohne<br />

die Bestimmung eines Ahndungszeitraumes. Die einzige Beschränkung<br />

der Ahndung ist die <strong>Verjährung</strong>szeit von 2 Jahren. Doch macht eine<br />

solche keinen Sinn, wenn ohnehin nur ein Zeitraum von 28 Tagen<br />

geahndet werden könnte.<br />

Eine Beschränkung der Ahndung auf die letzten 28 Tage vor dem<br />

Kontrollzeitpunkt ist auch nicht mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes<br />

vereinbar. Letztlich dienen die Lenk- und Kontrollzeiten der Erhöhung<br />

der Straßenverkehrssicherheit durch Vermeidung von Übermüdungen.<br />

Solche gilt es auch über einen Zeitraum von 28 Tagen vor dem<br />

Kontrollzeitpunkt hinaus zu ahnden. Aufgrund neuerer Technik werden<br />

nunmehr vermehrt digitale Fahrtenschreiber eingesetzt, die auch<br />

größere Datenmengen enthalten. Durch die europäische Union wurde<br />

in dem Anhang 1 b der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 auch nur ein<br />

Mindestdatensatz)jedoch kein Höchstdatensatz bestimmt. Ferner regelt<br />

Artikel 4 der Richtlinie 2006/22 EG grundsätzlich die Art und Weise der<br />

Durchführung von Straßenkontrollen, nennt jedoch keinen<br />

höchstzulässigen Ahnungszeitraum, so dass davon auszugehen ist, dass<br />

ein solcher gerade nicht besteht.<br />

Ferner haben die Aufsichtsbehörden nach dem Fahrpersonal und<br />

Güterkraftverkehrsrecht alle umfassende Prüfungsrechte, so dass es<br />

unsinnig erscheint, Behörden mit derartigen Rechten auszustatten,<br />

wenn ohnehin nur ein Ahnungszeitraum von 28 Tagen bestünde.<br />

Ein Argument dahingehend, dass bei Nichtbegrenzung des<br />

Ahndungszeitraumes auf 28 Tage eine unangemessene Behandlung des<br />

Betroffenen, der über digitale Datenerfassung verfügt, erfolgen würde,<br />

ist nicht sachgerecht. Schließlich sieht die Richtlinie 2006/22/EG die<br />

Einteilung der Zuwiderhandlungen nach den Lenk- und<br />

Ruhevorschriften in geringfügige, schwerwiegende und sehr


9<br />

schwerwiegende Verkehrsverstöße vor, so dass eine Begrenzung auf<br />

diese Weise erfolgen kann.<br />

Ferner sind gem. § 10 Abs. 2 a FPersG die für die Durchführung von<br />

Bußgeldverfahren zuständigen Behörden den Genehmigungsbehörden<br />

gegenüber verpflichtet Zuwiderhandlungen mitzuteilen, die Anlass<br />

geben an der Zuverlässigkeit des Unternehmers bzw. der zu Führen der<br />

Geschäfte bestellten Personen zu zweifeln. Dieser Verpflichtung können<br />

die Behörden nur dann gewissenhaft und differenziert genug<br />

nachkommen, wenn die Kontrolle nicht auf 28 Tage beschränkt ist."<br />

Diese zutreffenden Ausführungen macht sich der Senat zu eigen und<br />

zum Gegenstand seiner Entscheidung.<br />

In § 1 der Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes<br />

(FahrpersonalVerordnung – FPersV) ist bestimmt, dass Fahrer von<br />

bestimmten Fahrzeugen die Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr<br />

nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung<br />

bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der<br />

Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates<br />

sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates<br />

(ABl. EU Nr. L 102 S.1) einzuhalten haben. Er hat alle Eintragungen<br />

jeweils unverzüglich zu Beginn und am Ende der Lenkzeiten,<br />

Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten vorzunehmen. Die<br />

Aufzeichnungen der laufenden Woche und der der laufenden Woche<br />

vorausgegangenen 15 Kalendertage sind vom Fahrer mitzuführen und<br />

den zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen;<br />

ab dem 01. Januar 2008 umfasst dieser Zeitraum den laufenden Tag<br />

und die vorausgegangenen 28 Kalendertage (§ 1 Abs. 6 S. 3 u. 4 FPersV).<br />

Gemäß § 1 Abs. 6 S.6 FPersV hat der Fahrer dem Unternehmer alle<br />

Aufzeichnungen unverzüglich nach Ablauf der Mitführungspflicht<br />

auszuhändigen. Dieser hat die Aufzeichnungen sodann u.a. ein Jahr lang<br />

nach Aushändigung durch den Fahrer in chronologischer Reihenfolge<br />

und in lesbarer Form außerhalb des Fahrzeugs aufzubewahren und den<br />

zuständigen Personen auf Verlangen vorzulegen.<br />

Danach ist der Fahrer eines der in Rede stehenden Fahrzeuge seit dem<br />

01. Januar 2008 verpflichtet, die Aufzeichnungen über die Lenk- und<br />

Ruhezeiten lediglich 28 +1 Tage mit sich zu führen. Dadurch sollen die


10<br />

zuständigen Behörden bei Straßenkontrollen in der Lage sein, die<br />

ordnungsgemäße Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten des laufenden<br />

Tages und der vorausgehenden 28 Tage zu kontrollieren. Hierauf kann<br />

jedoch keine Beschränkung der Auswertung der Fahrerkarte auf 28 + 1<br />

Tage gestützt werden. Es ist insoweit lediglich die "Mitführungspflicht"<br />

geregelt, nicht hingegen eine zeitliche Beschränkung, für welchen<br />

Zeitraum eventuelle Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten<br />

geahndet werden dürfen. Welche Zuwiderhandlungen letztendlich<br />

verfolgt werden sollen, liegt vielmehr allein im pflichtgemäßen<br />

Ermessen der zuständigen Behörden.<br />

Daß dieser "Mitführzeitraum" von 28 und 1 Tagen nicht zugleich<br />

identisch ist mit dem "Ahndungszeitraum", zeigt sich auch darin, dass §<br />

10 Abs. 2a FPersG die zur Durchführung von Bußgeldverfahren<br />

zuständigen Behörden verpflichtet, den nach § 3 Abs., 7 GüKG bzw. § 11<br />

Abs. 1 PBefG zuständigen Genehmigungsbehörden Zuwiderhandlungen<br />

mitzuteilen, die Anlass geben, an der Zuverlässigkeit des Unternehmers<br />

bzw. der zur Führung der Geschäfte bestellten Person zu zweifeln.<br />

Dieser Verpflichtung können die Verfolgungsbehörden nach § 9 FPersG<br />

nur dann in ausreichendem Maß nachkommen, wenn sie nicht nur die<br />

letzten 28 Tage vor dem Kontrolldatum berücksichtigen dürfen.<br />

Die Sache war daher an das Amtsgericht Gelsenkirchen zur erneuten<br />

Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des<br />

Rechtsmittels, zurückzuverweisen.<br />

Der Senat gibt zu bedenken, dass auch eine vorsätzliche<br />

Begehungsweise in Betracht kommt. Das Amtsgericht ist vorliegend<br />

lediglich von einem fahrlässigen Verstoß ausgegangen. Art. 6 Abs. 5 der<br />

VO (EG) Nr. 561/2006 statuiert die Pflicht des Fahrers, alle Lenk- und<br />

Ruhezeiten täglich festzuhalten. In der Regel wird man davon ausgehen<br />

können, dass die Lenk- und Ruhezeitverstöße durch den Fahrer<br />

vorsätzlich begangen werden, weil er nämlich entweder durch das<br />

eingesetzte technische Kontrollgerät über die Verstöße <strong>info</strong>rmiert wird<br />

oder ihm die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten gleichgültig ist, was<br />

aber zumindest bedingten Vorsatz begründet.<br />

Da die in dem Buß- und Verwarnungsgeldkatalog angegebenen<br />

Regelsätze bei vorsätzlicher Begehungsweise in der Regel verdoppelt<br />

werden, können nicht selten Bußgelder entstehen, die leicht den


11<br />

Monatsverdienst des Fahrers übersteigen. Auch wenn das<br />

Gefährdungspotential übermüdeter Fahrer von Lkws im Straßenverkehr<br />

erheblich ist, muss jedoch das Sanktionsgefüge zum Einen innerhalb der<br />

Norm, aber auch im Ganzen, im Blick behalten werden. Vorliegend<br />

handelt es sich (nur) um Ordnungswidrigkeiten, die bei Anwendung des<br />

Buß- und Verwarnungsgeldkatalogs Bußgelder ergeben, die Geldstrafen<br />

übersteigen, die für wesentlich gefährlichere Verkehrsstraftaten wie<br />

z.B. Trunkenheit im Verkehr verhängt werden. Darüber hinaus ist zu<br />

berücksichtigen, dass sich die Zielsetzung in Art. 1 der VO (EG) Nr.<br />

561/2006 in erster Linie auf den Unternehmer bezieht, und der Fahrer<br />

über die "Verbesserung der Arbeitsbedingungen im<br />

Straßenverkehrsgewerbe" in den Schutzbereich der VO einbezogen ist.<br />

Dies muss auch bei der Bemessung der einzelnen Bußgelder,<br />

insbesondere im Vergleich zum Unternehmer, Berücksichtigung finden.

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