Buddhismus in China
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<strong>Buddhismus</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />
von Carsten Krause<br />
Der <strong>Buddhismus</strong> fand <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />
vor rund 2000 Jahren se<strong>in</strong>e<br />
erste Verbreitung. Die buddhistische<br />
Geschichte <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a hatte<br />
nicht zur Herausbildung e<strong>in</strong>er landesweiten<br />
buddhistischen Vere<strong>in</strong>igung<br />
geführt, nicht zu e<strong>in</strong>er autoritativen<br />
Leitfigur und nicht e<strong>in</strong>mal zu e<strong>in</strong>em,<br />
etwa der Bibel oder dem Koran vergleichbaren<br />
Kanon. Was unter „<strong>Buddhismus</strong>“<br />
gefasst werden kann, mag<br />
mit der M<strong>in</strong>destforderung der Zufluchtnahme<br />
zu den „Drei Kostbarkeiten“,<br />
Buddha, Dharma und<br />
Sa‡gha, zu umreißen se<strong>in</strong>. So war die<br />
buddhistische Religion <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a stets<br />
e<strong>in</strong> heterogenes Phänomen, das sich<br />
durch unterschiedliche Organisationsformen<br />
sowie regionale und doktr<strong>in</strong>äre<br />
Unterschiede auszeichnete. Historisch<br />
stand der <strong>Buddhismus</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a<br />
von Anfang an im Spannungsverhältnis<br />
zwischen staatlicher Kontrolle<br />
und religiöser Selbstbehauptung. Zunächst<br />
wurde er als Fremdkörper im<br />
ch<strong>in</strong>esischen System angesehen.<br />
Durch die sich etablierenden klösterlichen<br />
Strukturen und den klerikalen<br />
Anspruch auf Unabhängigkeit von<br />
weltlicher Macht stellte er nicht selten<br />
e<strong>in</strong>e sichtbare Herausforderung für<br />
den staatlichen Apparat dar. Die<br />
Dynamik und Popularität unter den<br />
dezentral organisierten buddhistischen<br />
Laien wurde vielfach als<br />
unsichtbare Bedrohung empfunden.<br />
Buddhisten wurden <strong>in</strong> der Geschichte<br />
Ch<strong>in</strong>as mehrfach zu Opfern<br />
religiös bzw. politisch motivierter<br />
Verfolgung, gerade dann, wenn der<br />
<strong>Buddhismus</strong> zu e<strong>in</strong>em unübersehbaren<br />
wirtschaftlichen oder politischen<br />
Machtfaktor geworden war. Vor diesem<br />
H<strong>in</strong>tergrund hatten sich auf staatlicher<br />
wie auf buddhistischer Seite<br />
schon früh Diskurse entwickelt, um<br />
e<strong>in</strong>e Machtbalance herzustellen.<br />
Während sich zu Blütezeiten des<br />
<strong>Buddhismus</strong> <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a, etwa während<br />
der Liang-Dynastie (502-557), der<br />
Tang-Dynastie (618-907) und der<br />
Q<strong>in</strong>g-Dynastie (1644-1911), e<strong>in</strong>ige<br />
Kaiser selbst als Buddhisten verstanden,<br />
zum Teil sogar aus strategischen<br />
Motiven als Re<strong>in</strong>karnationen von<br />
Bodhisattvas betrachteten, war die<br />
Situation für die Buddhisten zu<br />
Anfang des 20 Jh. ernüchternd:<br />
Konfrontiert mit der Moderne waren<br />
reformerische Bemühungen zur<br />
Rettung des von vielen Seiten als antiquiert,<br />
abergläubisch und unsozial<br />
e<strong>in</strong>geschätzten <strong>Buddhismus</strong> erforderlich.<br />
Während e<strong>in</strong>ige die buddhistische<br />
Praxis als staatsfern betrachteten,<br />
bemühten sich andere um <strong>in</strong>stitutionelle<br />
Reformen, um e<strong>in</strong>e bessere<br />
Integration des <strong>Buddhismus</strong> <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Gesellschaft und auch um e<strong>in</strong>e<br />
Anerkennung beim Staat, allen voran<br />
der Mönch Taixu (1889-1947).<br />
Religion im neuen<br />
kommunistischen Staat<br />
Mit der Machtübernahme durch die<br />
Kommunistische Partei Ch<strong>in</strong>as (KPCh)<br />
im Jahr 1949 und der Gründung der<br />
VR Ch<strong>in</strong>a standen die ch<strong>in</strong>esischen<br />
Buddhisten e<strong>in</strong>er dezidiert materialistischen<br />
und damit religionsfe<strong>in</strong>dlichen<br />
Führung gegenüber. Während die<br />
KPCh ke<strong>in</strong>e ausgearbeitete Strategie<br />
für den Umgang mit der buddhistischen<br />
Religionsgeme<strong>in</strong>schaft besaß,<br />
strebten so manche namhafte<br />
Buddhisten nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong><br />
das neue staatliche System. E<strong>in</strong>e zentrale<br />
Rolle bei der Vermittlung spielte<br />
der Mönch Juzan (1908-1984). Er war<br />
e<strong>in</strong> Schüler des reformorientierten<br />
Mönchs Taixu (1889-1947) und<br />
knüpfte an viele se<strong>in</strong>er staatskonformen<br />
Ideen an.<br />
Juzan suchte nach e<strong>in</strong>er Grundlage<br />
für die Existenzberechtigung des<br />
<strong>Buddhismus</strong> <strong>in</strong> dem kommunistisch<br />
regierten Staat. Er unterstrich, dass<br />
der <strong>Buddhismus</strong> e<strong>in</strong>e atheistische<br />
Religion sei und mit se<strong>in</strong>em Ideal der<br />
Selbstlosigkeit dem kommunistischen<br />
Zeitgeist entspreche.<br />
Die Erhaltung und Förderung des<br />
<strong>Buddhismus</strong>, so Juzan, könnten von<br />
positiver Wirkung für die <strong>in</strong>nenpolitische<br />
E<strong>in</strong>heit und die außenpolitischen<br />
Beziehungen se<strong>in</strong>, da der <strong>Buddhismus</strong><br />
<strong>in</strong> den „zu befreienden“ Gebieten<br />
wie zum Beispiel Tibet und<br />
Taiwan e<strong>in</strong>e prom<strong>in</strong>ente Rolle spiele.<br />
Diese Argumentation trug maßgeblich<br />
zu e<strong>in</strong>em wohlwollenden Grundverhältnis<br />
zwischen Staat und <strong>Buddhismus</strong><br />
bei.<br />
Die Kommunisten nutzten staatstreue<br />
buddhistische Vertreter wie<br />
Juzan, um über sie die Kontrolle der<br />
buddhistischen Geme<strong>in</strong>schaft voranzutreiben.<br />
Juzan gelang es durch se<strong>in</strong>e<br />
Mitwirkung <strong>in</strong> verschiedenen politischen<br />
Gremien im Jahr 1950 die<br />
Zeitschrift Xiandai Foxue („Moderner<br />
<strong>Buddhismus</strong>“) als offizielles buddhistisches<br />
Organ zu etablieren. 1953<br />
wurde die nationale Ch<strong>in</strong>esische<br />
Buddhistische Vere<strong>in</strong>igung (CBV,<br />
Zhongguo Fojiao Xiehui) gegründet –<br />
mit dem buddhistischen Laien Zhao<br />
Puchu (1907-2000) als treibender<br />
Kraft und faktischem Generalsekretär<br />
auf Lebenszeit.<br />
Die Gründung dieser Organisation<br />
stimmte mit dem Ziel der KPCh übere<strong>in</strong>,<br />
die Vielzahl der gesellschaftlichen<br />
Gruppen zu koord<strong>in</strong>ieren und zu<br />
kontrollieren. In der Vere<strong>in</strong>igung<br />
waren von Anfang an auch die Buddhisten<br />
der tibetischen und südostasiatischen<br />
Strömungen vertreten. Für<br />
Tibet und <strong>Buddhismus</strong> 3/09<br />
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