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Menschen stehen im<br />
Mittelpunkt<br />
Gesundheitsberatung<br />
auf dem Dorfplatz von<br />
Xianma.<br />
Schwerpunkt<br />
Chris Gong Sheng<br />
(Mitte) vor der<br />
Kirche in Xianma.<br />
<strong>Sie</strong> wird als<br />
Versammlungsort<br />
genutzt und<br />
sechsmal im Jahr<br />
als Krankenstation.<br />
Die Amity Foundation zählt heute zu den größten<br />
sozialen Organisationen in China<br />
Bereits seit drei Tagen sitzt der<br />
Arzt jeden Vormittag ab neun<br />
Uhr am kleinen Holztisch auf dem<br />
Dorfplatz von Xianma mitten im<br />
Hochland von Guizhou. Die meisten,<br />
<strong>die</strong> kommen, sind junge Mütter<br />
mit Kindern und ältere Menschen.<br />
Manchmal sind es bis zu 200 Patienten<br />
am Tag. Die Dorfbewohner<br />
gehören zu den Miao, einer nationalen<br />
Minderheit in China. Vielen<br />
kann ambulant geholfen werden.<br />
Aber immer noch erkranken gerade<br />
in <strong>die</strong>ser Provinz, <strong>die</strong> zu den ärmsten<br />
Chinas gehört, viele Menschen an<br />
Hepatitis B. In Regionen wie <strong>die</strong>ser<br />
liegt der Prozentsatz gar bei achtzig<br />
Prozent. In dem Fall könnten <strong>die</strong><br />
Leiden <strong>die</strong>ser chronischen Krankheit<br />
nur gelindert werden. Zusammen<br />
mit einem Team von acht Kollegen<br />
versorgt, impft und berät der<br />
Arzt <strong>die</strong> Menschen auch aus den<br />
umliegenden Dörfern.<br />
Ulrike Plautz<br />
Die Mediziner wollen nicht nur<br />
Symptome behandeln, sondern auch<br />
darüber aufklären, mit welchen –<br />
manchmal sehr einfachen – Maßnahmen<br />
man sich vor schwerwiegenden<br />
Krankheiten schützen kann. Plakate<br />
auf dem Marktplatz informieren in<br />
Wort und Bild über geeignete Hygienemaßnahmen,<br />
und erreichen so<br />
auch <strong>die</strong>, <strong>die</strong> nicht lesen können. In<br />
der Kirche, <strong>die</strong> zugleich als Versammlungsraum<br />
genutzt wird, hält eine<br />
Ärztin vor einer bunten Ernährungspyramide<br />
einen Vortrag über <strong>die</strong> Vorzüge<br />
gesunder Ernährung mit viel<br />
Obst und Gemüse und weist dabei auf<br />
das uralte medizinische Wissen hin,<br />
das man „zu Recht“ wieder entdeckt<br />
habe und nun nutzen müsse.<br />
Sechs mal im Jahr macht sich das<br />
Ärzteteam aus dem naheliegenden<br />
Krankenhaus in <strong>die</strong> umliegenden<br />
Dörfer auf, um Kranke zu versorgen.<br />
Ehrenamtlich. <strong>Sie</strong> übernachten in<br />
einem Bus am Fuß des abgelegen<br />
Bergdorfes. Trotzdem ist ihre Arbeit<br />
auch auf finanzielle Unterstützung<br />
angewiesen. Es müssen nicht nur<br />
Impfstoffe, Medikamente und Verbandsmaterial<br />
für <strong>die</strong> zahlreichen<br />
Patienten gekauft werden, „<strong>die</strong> Ärzte<br />
müssen in den Wochen, in denen sie<br />
sich um <strong>die</strong> Menschen in den Dörfern<br />
kümmern, ja auch essen“, erklärte<br />
Chris Gong Sheng, einer der Mitglieder<br />
Amity Foundation. Er hatte unsere<br />
kleine Delegation nach Xianma<br />
begleitet, um eines der zahlreichen<br />
medizinischen Projekte vorzustellen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Organisation finanziell unterstützt.<br />
Die Gewährleistung medizinischer<br />
Grundversorgung vor allem in<br />
den armen Landregionen gehört zu<br />
den wichtigsten Säulen der Entwicklungsorganisation.<br />
So finanziert<br />
Amity auch <strong>die</strong> Ausbildung von „Barfußärzten“.<br />
In einem 18-monatigen<br />
praktisch ausgerichteten Stu<strong>die</strong>ngang<br />
werden Dorfärzte ausgebildet, um <strong>die</strong><br />
medizinische Grundversorgung in<br />
den Dörfern sicherzustellen.<br />
Die Amity Foundation (chin. Aide<br />
Jijinhui) wurde im April 1985 gegründet<br />
mit der offiziellen Zielsetzung „zu<br />
Chinas sozialer Entwicklung und Öffnung<br />
zur Außenwelt beizutragen;<br />
christliches Engagement und <strong>die</strong> Teilnahme<br />
von Christen an der Befriedigung<br />
gesellschaftlicher Bedürfnisse<br />
im chinesischen Volk bekannter werden<br />
zu lassen, als Brücke für Kontakte<br />
zu <strong>die</strong>nen und <strong>zum</strong> ökumenischen<br />
Teilen von Ressourcen beizutragen“.<br />
Neben dem sozialen Engagement geht<br />
es folglich darum, christliches Engagement<br />
in der chinesischen Gesellschaft<br />
sichtbar zu machen und zu<br />
fördern. Hatten chinesische Christen<br />
sich vordem sehr auf das Leben innerhalb<br />
der Gemeinde und damit auf<br />
Bibellektüre, Gebet und Gemeindearbeit<br />
konzentriert, so rückte damit <strong>die</strong><br />
tätige Nächstenliebe über <strong>die</strong> Gemeindegrenzen<br />
hinaus in den Mittelpunkt<br />
christlichen Handelns. Das war für<br />
viele chinesische Christen in den 80er<br />
Jahren neu. Heute versteht sich <strong>die</strong><br />
unabhängige Nichtregierungsorganisation<br />
(NGO) als Brücke und Bindeglied<br />
zwischen Kirche und Gesellschaft.<br />
Durch ihre Unabhängigkeit,<br />
den pragmatisch-unideologischen<br />
Ansatz, genießt <strong>die</strong> Organisation<br />
sowohl eine hohe Akzeptanz bei der<br />
Bevölkerung als auch bei den zuständigen<br />
lokalen Regierungsbeauftragten.<br />
Neben der Position als NGO ist<br />
<strong>die</strong> Arbeit von Amity vor allem auch<br />
Fotos: U. Plautz (3)<br />
durch <strong>die</strong> kirchliche Anbindung<br />
bestimmt. Über <strong>die</strong> Vorstandsmitglieder,<br />
<strong>die</strong> vielfach auch Vertreter des<br />
Chinesischen Christenrates (CCC)<br />
sind, fließen kirchliche Interessen in<br />
<strong>die</strong> Arbeit ein. Ebenso wichtig für <strong>die</strong><br />
Arbeit von Amity sind <strong>die</strong> internationalen<br />
Kontakte und Sponsoren. Insofern<br />
versteht sich <strong>die</strong> NGO auch als<br />
internationale Organisation. Von<br />
Anfang an gehörte auch das Zentrum<br />
für Mission und Ökumene (ehemals:<br />
Nordelbisches Missionszentrum) zu<br />
ihren den Unterstützern. Das ist bis<br />
heute so geblieben. Regelmäßige<br />
Besuche und der Austausch von<br />
Freiwilligen fördern <strong>die</strong> Beziehung.<br />
So werden in <strong>die</strong>sem Jahr<br />
vier Freiwillige nach China gehen,<br />
um über Amity an einer chinesischen<br />
Mittelschule Englisch zu<br />
unterrichten. Umgekehrt wird<br />
eine Mitarbeiterin von<br />
Amity in der Gästewohnung<br />
des Zentrums<br />
für Mission und<br />
Ökumene<br />
im ökumeni-<br />
schen Forum HafenCity wohnen und<br />
in Deutschland einen Bundesfreiwilligen<strong>die</strong>nst<br />
absolvieren.<br />
Die Arbeit der Organisation hat<br />
sich in den vergangenen 26 Jahren<br />
sehr gewandelt. Nicht nur, dass aus<br />
einem kleinen Drei-Personen-Betrieb<br />
eine Organisation geworden ist, in der<br />
Dutzende von Mitarbeitenden tätig<br />
sind. Auch <strong>die</strong> Arbeitsschwerpunkte<br />
haben sich deutlich erweitert und an<br />
gesellschaftliche Herausforderungen<br />
angepasst. Ein aktuelles Problem,<br />
so Chris Gong Sheng, seien vor allem<br />
<strong>die</strong><br />
zunehmende<br />
Landflucht<br />
und <strong>die</strong><br />
Urbanisierung.<br />
Es gehe<br />
darum,<br />
auch den<br />
Menschen<br />
auf dem<br />
Land eine<br />
Perspektive<br />
zu bieten.<br />
Hier möchte<br />
Amity ansetzen,<br />
wiederum<br />
getreu ihrer Leitlinie Hilfe zur<br />
Selbsthilfe. So gehört zur Förderung<br />
von Eigeninitiativen vor allem auch<br />
<strong>die</strong> Aus- und Weiterbildung der am<br />
Projekt Beteiligten.<br />
Neben der Sicherung der medizinischen<br />
Grundversorgung auf dem<br />
Land, zu der neben der allgemeinmedizinischen<br />
Schulung auch Kurse für<br />
Geburtshelfer, Gynäkologen und Chirurgen<br />
gehören, werden soziale, technische<br />
und Bildungsprogramme in<br />
allen Provinzen Chinas entwickelt,<br />
begleitet und unterstützt. Das reicht<br />
vom Bau von Bewässerungs- und Biogasanlagen,<br />
Vergabe von Mikrokrediten<br />
an Frauen, Soforthilfe nach Katastrophen<br />
wie dem Erdbeben in Sichuan<br />
bis hin zur Durchführung und<br />
Entwicklung von Bildungsprojekten<br />
und Lernprogrammen. Zu den „best<br />
practice“ Modellen, <strong>die</strong> von den lokalen<br />
Regierungen als Vorzeigeprojekt<br />
anerkannt werden und bereits Nachahmer<br />
in den Nachbarprovinzen <strong>finden</strong>,<br />
gehört das Ausbildungsprogramm<br />
für Kinder mit körperlicher<br />
Beeinträchtigung, wie <strong>die</strong> Blindenschule<br />
in Guiyang. <strong>Sie</strong> wird unter<br />
anderem auch vom Zentrum für Mission<br />
und Ökumene unterstützt. „Körperlich<br />
und geistig beeinträchtigte<br />
Kinder wurden früher totgeschwiegen<br />
und von Eltern schamhaft versteckt“,<br />
erklärte Chris Gong Sheng. Dass es<br />
nun eine ganze Schule gebe, <strong>die</strong> nicht<br />
nur <strong>die</strong> Defizite sehe, sondern ihre<br />
Fähigkeiten fördere, Töpfer- und<br />
Tanzkurse oder Unterricht für<br />
Massage oder Akupunktur<br />
anbiete und damit Blinden<br />
ermögliche, ihren Lebensunterhalt<br />
selbst zu ver<strong>die</strong>nen, das<br />
sei „wirklich wegweisend“, so<br />
Gong Sheng. „Es geht bei der<br />
Arbeit doch schließlich vor<br />
allem darum, den Menschen<br />
als Geschöpf Gottes<br />
zu sehen – unabhängig<br />
von gesellschaftlicher Anerkennung.“<br />
Die Miao gehören<br />
zu den indigenen<br />
Völkern Chinas. Die<br />
Mehrzahl der neun<br />
Millionen Miao,<br />
darunter viele<br />
Christen, lebt in<br />
den bewaldeten<br />
Berggebieten der<br />
Provinz Guizhou.<br />
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