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Argentinienreise mit Abstechern nach Uruguay ... - Klaus' Homepage

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2011<br />

Klaus Wohlert<br />

www.klaus-wohlert.de<br />

[ <strong>Argentinienreise</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Abstechern</strong><br />

<strong>nach</strong> <strong>Uruguay</strong> und<br />

Nordchile ]<br />

[Geben Sie hier das Exposee für das Dokument ein.<br />

Das Exposee ist meist eine Kurzbeschreibung des<br />

Dokumentinhalts. Geben Sie hier das Exposee für<br />

das Dokument ein. Das Exposee ist meist eine<br />

Kurzbeschreibung des Dokumentinhalts.]


Reisebericht01:<br />

Buenos Aires- Sacramento- Montevideo-<br />

Casa Pueblo<br />

2<br />

Inhalt<br />

Reisebericht01: ............................ 2<br />

Reisebericht02 ............................. 6<br />

Boots- und Kajaktour .............. 7<br />

Liebeserklärung an Rosario ...... 9<br />

Richtung: Cordoba .................. 9<br />

Cristina gewinnt haushoch ..... 10<br />

In die Sierra von Córdoba ...... 11<br />

Auf Che Guevaras Spuren ...... 11<br />

Reisebericht04 ........................... 12<br />

Kontakt <strong>mit</strong> den<br />

„Einheimischen“ ................... 13<br />

Am Arsch der Welt ................ 13<br />

Ab in die Höhe ..................... 14<br />

Luxusfahrt im Lastwagen ....... 16<br />

Wieder in Fiambalá ............... 17<br />

Reisebericht05: .......................... 18<br />

Aktuelles zur Schulbildung ..... 19<br />

18.11.:Fahrt <strong>nach</strong> San Pedro<br />

de Atacama ......................... 20<br />

Mit dem Rad ins Mondtal ....... 22<br />

Fahrt zum Geisir Tatio ........... 23<br />

Fahrt zu den Lagunen ........... 23<br />

23.11.11 TOCO 5616 m ........ 24<br />

Reisebericht06: .......................... 26<br />

Tilcara-San Lucas-Iruya-Zwei<br />

Trekkingtouren........................ 26<br />

Naturpark Calilegua .............. 26<br />

Weg <strong>nach</strong> Mololu??? ............. 28<br />

Was macht man in Tilcara? .... 29<br />

Dokumentarfilm über Salvador<br />

Allende................................ 30<br />

Freitag 9.12. Wieder in Tilcara-<br />

Trekking in Iruya .................. 30<br />

Christof, Lucho und Klaus ...... 31<br />

Auf den Weg <strong>nach</strong> San Juan... 32<br />

Gut zwei südamerikanische Wochen<br />

sind verstrichen. Zeit, das Erlebte<br />

sacken zu lassen und durch Aufschreiben<br />

ein bisschen Struktur einzubringen.<br />

Der Urlaub begann in<br />

Buenos Aires, eine Stadt, die man<br />

entweder schätzt oder hasst. Auch<br />

<strong>nach</strong> dem sechsten oder siebten Besuch<br />

entscheide ich mich für das Erste.<br />

Obwohl fünf Jahre seit meinem<br />

letzten Besuch verstrichen sind, ist<br />

mir die Stadt vertraut. Ich kenne die<br />

Straßen und Plätze wieder, weiß, wo<br />

es ruhiger ist, wo die schönen Gegenden<br />

sind. So sind Sabine und ich<br />

erstmal zum Hafen Madero gegangen,<br />

der sich stark verändert hat. Die<br />

Hafenbecken waren schon in den 20<br />

Jahren zu klein geworden. Zum Glück<br />

riss man die Speicher nicht ab, sondern<br />

wandelte sie in Restaurants,<br />

auch ein Teil der Universität ist hier<br />

untergekommen. Die größte Veränderung<br />

ist auf der Südseite, die dem<br />

Rio de la Plata zugewandt ist. Das<br />

war vor 5 Jahren noch fast unbebaut<br />

und heute stehen dort die großen<br />

Wohntürme, die von internationalen<br />

Architekten entworfen wurden und<br />

Quadratmeterpreise haben, die über<br />

Hamburger Niveau liegen. Woher das<br />

Geld kommt, meine kritische, gut<br />

informierte Bekannte Daisy, von der<br />

noch später zu berichten ist, meint<br />

es viel „gewaschenes „ Drogengeld.<br />

Die Cafés und Restaurants sind gut<br />

besucht, nicht nur von Touristen. Von<br />

den vielen alten Kräne von VEB<br />

Eberswalde (für die Jüngeren: Volkseigener<br />

Betrieb=VEB) stehen noch<br />

einige, schön angestrichen und erinnern<br />

an die alten Zeiten. Buenos Aires<br />

hat natürlich einen m0dernen<br />

Containerhafen. Schön ist die von<br />

dem spanischen Architekten entworfene<br />

Drehbrücke, die nur für Fußgänger<br />

ist. Calatrava versteht es,<br />

ästhetisch schöne Brücke zu entwer-


fen. Obwohl Buenos Aires eine große<br />

Stadt ist, sind die sehenswerten Bauten<br />

dicht beieinander und wir gehen<br />

viel zu Fuß ab. Vor dem Regierungssitz,<br />

der casa rosada, demonstrieren<br />

immer noch donnerstags die Großmütter<br />

der Verschwundenen. In der<br />

Zeitung beklagt sich Astiz, ein Folter<br />

er und Hauptverantwortlicher, dass<br />

er ein politisches Opfer der Regierung<br />

ist. Er hätte nur seine patriotische<br />

Pflicht getan! Ein bisschen Foltern!<br />

Was mich wundert, Veteranen<br />

des Falklandkrieges kampieren seit<br />

Wochen auf diesem Platz und verlangen<br />

Anerkennung und Entschädigung<br />

für ihre Zeit, in<br />

der sie auf den<br />

Malvinas gekämpft<br />

haben. In<br />

Transparenten<br />

weisen sie darauf<br />

hin, dass die Malvinas<br />

natürlich zu<br />

Argentinien gehören,<br />

was nicht so<br />

einfach <strong>nach</strong>zuvollziehen<br />

ist. Sie<br />

liegen immerhin<br />

400 km entfernt.<br />

Wenn sich die<br />

Inselbewohner<br />

entscheiden würden,<br />

stimmen sie<br />

für England. Was<br />

machen Touristen In Colonia de Sacramento<br />

am Sonntagmorgen?<br />

Wer mal hier war, weiß es, alles<br />

fen von der Schule zurück. Für die<br />

kleineren gib es eine Grundschule.<br />

strömt über die lange Straße Defensa,<br />

auf der ein Flohmarktstand neben<br />

Wir wollen eigentlich eine kleine<br />

zweistündige Wanderung auf einer<br />

dem anderen steht, zum wunderschönen<br />

Platz Dorrega, auf der na-<br />

dieser Inseln im Delta unternehmen,<br />

sind auch mutig und müssen auf<br />

türlich vor dem sehenswerten Café<br />

Baumstämmen kleine Flüsse überqueren,<br />

aber irgendwann wird der<br />

Dorrego Tango getanzt wird. Wir gehen<br />

wieder Richtung Puerto Madero<br />

Weg zu unübersichtlich und wir entscheiden<br />

uns, lieber zurückzukehren,<br />

und wollen eigentlich in den ökologischen<br />

Park gehen, der ist aber leider<br />

denn dort hätte uns keiner gesucht<br />

geschlossen. Da Sabine schon viel<br />

und auch nicht gefunden. Die Argentinier<br />

sind nicht gerade große Wan-<br />

beim ersten Besuch vor 5 Jahren gesehen<br />

hat, möchte ich <strong>mit</strong> ihr und<br />

derfreunde, sonst wäre der Weg auch<br />

dem tren de la costa ins Tigre-Delta<br />

besser ausgetreten gewesen.<br />

fahren. Um zum Bahnhof zu kom-<br />

Ausflug <strong>nach</strong> <strong>Uruguay</strong><br />

3<br />

men, fahren wir <strong>mit</strong> einem öffentlichen<br />

Bus für ungefähr 40 Cent mehr<br />

als eine Stunde, aber dann beginnt<br />

eine schöne Bahnfahrt, wo der Zug<br />

an vielen kleinen Bahnhöfen, die revitalisiert<br />

wurden und auf den Bahnsteigen<br />

Cafés haben. Nach mehr als<br />

einer halben Stunde sind wir in Tigre<br />

und fahren <strong>mit</strong> einem kleinen „Alsterschiff“<br />

durch das Delta, wo nicht<br />

nur viele Wochenendhäuser sind,<br />

sondern auch viele Menschen wohnen.<br />

In dieser Idylle gibt es keine<br />

Straßen, der gesamte Transport erfolgt<br />

<strong>mit</strong> Schiffen. Mittags kehren die<br />

größeren Schüler auch <strong>mit</strong> den Schif-


Der Rio de la Plata hat es uns angetan.<br />

Wir fahren <strong>mit</strong> dem Schiff über<br />

den Fluss, der nicht als Fluss zu erkennen<br />

ist <strong>nach</strong> Colonia Sacramento,<br />

<strong>nach</strong> <strong>Uruguay</strong>. Ich hatte eine dreistündige<br />

Schifffahrt geplant, aber<br />

leider ist das Schiff im Dock und so<br />

müssen wir <strong>mit</strong> der ausgebuchten<br />

Schnellfähre fahren. Nur ganz wenige<br />

bleiben in Sacramento, die meisten<br />

fahren <strong>mit</strong> dem Bus weiter <strong>nach</strong><br />

Montevideo. leider ist unser Hotel<br />

nicht so schön, und als ich Sabine<br />

später das Hotel zeige, wo Rudi und<br />

ich vor 8 Jahren untergebracht waren,<br />

ist sie neidisch- aber es war alles<br />

ausgebucht wegen der bevorstehenden<br />

Feiertage. Sacramento ist<br />

verschlafen, es hat einen kleinen Altstadtkern<br />

und natürlich denkt man,<br />

am Meer zu sein, so breit ist der Rio<br />

de la Plata. Weiterfahrt <strong>nach</strong> Montevideo<br />

am Samstag. Vom Busbahnhof<br />

<strong>mit</strong> dem Taxi zum vorgebuchten Hotel<br />

in der Altstadt. Von der Besitzerin<br />

war ich per Mail vorgewarnt und ich<br />

hatte ihre Mail so verstanden, dass<br />

vor dem Haus ein Gerüst steht, aber<br />

als ich die Fassade sah, dachte ich es<br />

bricht alles zusammen. Meiner armen<br />

Sabine so etwas zu bieten, ich sah<br />

uns schon auf der Suche <strong>nach</strong> einer<br />

neuen Unterkunft, aber Sabine ging<br />

mutig hinein und kam freudig zurück.<br />

Wir hatten das fast große Los gezogen.<br />

Ein liebevoll eingerichtetes Hotel<br />

<strong>mit</strong> 4 Zimmern von einem Künstler<br />

gestaltet. Alles stilvoll alt und <strong>mit</strong><br />

vielen Gemälden und wunderschönen<br />

Möbeln eingerichtet. Unser Zimmer<br />

ging auf einen kleinen Hof. Die Häuser<br />

stehen unter Denkmalschutz und<br />

die Fassade muss der Bauepoche<br />

entsprechend renoviert werden, was<br />

teuer ist. Mich hatte auch verwirrt,<br />

dass kein Hotelschild angebracht<br />

war, aber ein kleiner Junge soll das<br />

durch einen gezielten Schuss <strong>mit</strong><br />

seinem Fußball zu Fall gebracht hat.<br />

Auch Montevideo war mir durch meine<br />

Reise <strong>mit</strong> Rudi vertraut. Wir hatten<br />

Glück, denn 2011 wird das gan-<br />

4<br />

ze Jahr lang die 200 -Jahrfeier der<br />

Befreiung von den Spaniern gefeiert.<br />

So wie jedes Dorf in Venezuela einen<br />

Simon Bolivar hat, ist in <strong>Uruguay</strong> Artigas<br />

gegenwärtig. Wie ihr wisst hat<br />

<strong>Uruguay</strong> eine linke Regierung und die<br />

hatte sich gegen große militärische<br />

Aufmärsche entschieden, sondern für<br />

ein großes Fest <strong>mit</strong> vielen Künstlern.<br />

Wir waren am Sonntag auf dem<br />

Hauptplatz der Hauptstadt waren<br />

sehr erstaunt, was wir da an akrobatischen<br />

Darbietungen sahen. Am<br />

Montag war uns klar, was los war.<br />

Wir hatten die Generalprobe der katalanischen<br />

Gruppe fur de bauls gesehen.<br />

Die <strong>Uruguay</strong>er hatten den in<br />

Spanien immer noch genannten Feiertag<br />

Día de la raza, der 12.Oktober<br />

(am 12.10.1492 hat Kolumbus Amerika<br />

„entdeckt“) von Mittwoch auf<br />

Montag vorverlegt. Ich habe noch nie<br />

so viele Menschen in Montevideo gesehen.<br />

Es war eine gute Stimmung.<br />

Wir harrten bis Mitter<strong>nach</strong>t aus, um<br />

die furia zu sehen und das war<br />

atemberaubend. An der 50 m hohen<br />

Fassade eines Regierungsgebäudes<br />

tanzte ein Paar, das natürlich angeseilt<br />

war einen Tango im Scheinwerferlicht.<br />

Eine Sängerin schwebt Arien<br />

singend über den Platz und abgeschlossen<br />

wurde alles durch ein gewaltiges<br />

Feuerwerk. Ja und dann<br />

konnte ich mein Geburtstagsgeschenk<br />

für Sabine endlich übergeben.<br />

Casapueblo<br />

Wir fuhren <strong>mit</strong> einem schönen Bus<br />

Richtung Punta del Este und <strong>mit</strong> dem<br />

Taxi zu casapueblo, einem Hotel, einem<br />

Künstlertraum. Also, wenn ihr<br />

euch mal was Besonderes gönnen<br />

wollt, das können wir dieses Hotel<br />

empfehlen. Uns hatte nur noch der<br />

traumhafte Sonnenuntergang gefehlt-<br />

Bekanntlich kann man das<br />

Wetter ja nicht <strong>mit</strong>buchen. Ein weite-


er Tag hätte auch nicht<br />

Tango in 50 m Höhe<br />

geschadet, denn wir sind, da wir kein<br />

Auto hatten nicht dazu gekommen,<br />

uns das vornehme Seebad Punta del<br />

Traumziel: Casa Pueblo 1<br />

Este anzusehen. Es fällt auf, dass die<br />

wirtschaftliche Lage sich in Brasilien<br />

verbessert hat, die meisten Gäste<br />

kamen aus Brasilien und was ja auch<br />

bezeichnend ist, in Montevideo waren<br />

die Erklärungen fast immer dreisprachig.<br />

spanisch, englisch, portugiesisch<br />

und fast überall hätte man <strong>mit</strong><br />

der brasilianischen Währung bezahlen<br />

können. Casapueblo ist das Haus<br />

des bekannten uruguayischen Künstlers<br />

Carlos Páez Vilaró. Der lebt neben<br />

dem Hotel und war <strong>mit</strong> vielen<br />

Künstlern bekannt, besuchte Picasso,<br />

Dali, aber auch Albert Schweitzer in<br />

Lambarene. Von Picasso und Dali<br />

sind Werke dort ausgestellt. Er vermarktet<br />

alles zu sehr hohen Preisen.<br />

Es kommen jeden Tag viele Busladungen<br />

<strong>mit</strong> Interessierten, die sich<br />

sein Museum ansehen wollten. Die<br />

zwei Tage dort waren schnell vorbeigegangen<br />

und am späten Nach<strong>mit</strong>tag<br />

flogen wir <strong>mit</strong> einer Propellermaschine<br />

über den Rio de la Plata und<br />

brauchten für die relativ kurze Strecke<br />

wegen einiger Warteschleifen viel<br />

Zeit.<br />

Wieder im vertrauten Buenos Aires<br />

5<br />

Für Sabine brechen die letzten beiden<br />

Tage an, wieder langes Straßentreten,<br />

aber auch ein Besuch im erst<br />

10 Jahre alten Museum für lateinamerikanische<br />

Kunst (MALBA) und<br />

da<strong>nach</strong> wieder zu einem unserer<br />

Lieblingsplätze: Puerto Madero. Leider<br />

gelang es uns nicht, einen Fahrradverleih<br />

ausfindig zu machen. Den<br />

entdeckte ich erst per Zufall am<br />

Sonntag in San Telmo. Nach meinen


heutigen Erfahrungen weiß ich gar<br />

nicht, ob ich es empfehlen soll. Buenos<br />

Aires ist in dieser Hinsicht ein<br />

rückständiges Land. Man hat in der<br />

Stadt einige wenige, aber ganz<br />

schmale Fahrradstreifen eingerichtet,<br />

aber die Auto- und Busfahrer brauchen<br />

noch Zeit, sich daran zu gewöhnen.<br />

Ich hatte so viel schon geschrieben,<br />

es aber leider nicht gesichert,<br />

so versuche ich es noch einmal,<br />

sicherlich kürzer. Zu meinen<br />

Lieblingsbeschäftigungen gehört das<br />

Zeitungslesen, am liebsten zwei Zeitungen.<br />

Inzwischen musste ich erfahren,<br />

dass meine sonst bevorzugte<br />

Zeitung Pagina 12 von der Regierung<br />

aufgekauft wurde, so dass ich bei<br />

Clarin und La Nación hängen bleibe.<br />

Clarin berichtet kritisch über die Regierung<br />

und stellt so einige Zahlen in<br />

ein anderes Licht. Offiziell beträgt die<br />

Inflation 8 %, Clarin schrieb von<br />

25% und welche Anstrengungen die<br />

ärmeren Menschen unternehmen, um<br />

zu überleben. Sie fahren lange <strong>mit</strong><br />

den Bussen, schon sehr früh in die<br />

Stadt, um günstig einzukaufen. Die<br />

Lehrer der staatlichen Schulen werden<br />

auch wieder streiken, da ihre<br />

Gehälter sehr spät ausgezahlt werden.<br />

Wie sehr sich die Situation in<br />

den letzten 18 Jahren verändert hat,<br />

erkenne ich bei Daisy. 1993 fuhr sie<br />

mich noch <strong>mit</strong> ihrem Auto, dass in<br />

einer Garage stand <strong>nach</strong> La Boca,<br />

einem „Muss-Stadtteil“. 2003, als ich<br />

sie zusammen <strong>mit</strong> Camila und Rudi<br />

besuchte, fuhr sie <strong>nach</strong> unserem<br />

Treffen <strong>mit</strong> dem Taxi <strong>nach</strong> Hause,<br />

2006 auch noch. Am letzten Sonntag<br />

fuhr sie <strong>mit</strong> dem Bus, der 20 Cent<br />

kostet in ihre Wohnung. Sie ist 67<br />

Jahre alt und arbeitet immer noch<br />

jedem Tag für eine Universität, wo<br />

Architekten ausgebildet werden. Ihre<br />

Rente reicht nicht, an Urlaub denkt<br />

sie auch nicht. Da kann ich nur froh<br />

sein, dass ich nicht in Argentinien<br />

geboren wurde. Natürlich gibt es hier<br />

eine sehr große reiche Oberschicht,<br />

was sich allein schon an den Wohntürmen<br />

am Hafen Puerto Madero<br />

6<br />

zeigt. Und es entstehen laufend neue<br />

25 Stockwerke hohe Wohngebäude.<br />

Reisebericht02<br />

Rosario und Córdoba<br />

der „klassische“ <strong>Argentinienreise</strong>nde<br />

beginnt seine Rundreise in Buenos<br />

Aires, dann geht es in die Kälte, je<br />

<strong>nach</strong> Zeit <strong>nach</strong> Ushuaia oder gleich<br />

<strong>nach</strong> Calafate, um den Gletscher Perrito<br />

Moreno zu bewundern, dann Flug<br />

Richtung Peninsula Valdéz, um Wale<br />

zu beobachten, vielleicht noch ein<br />

Abstecher in die „Schweiz“, <strong>nach</strong> Bariloche<br />

und zum Abschluss ins warme<br />

Iguazu, um sich von den Wasserfällen<br />

beeindrucken zu lassen, Das ist<br />

sicherlich eine zweifellos schöne Argentinienrundreise,<br />

die auch wegen<br />

der Entfernungen viel Zeit in Anspruch<br />

nimmt. Kein Wunder, dass in<br />

meinen beiden Reiseführern (Dumont<br />

und Polyglott) Rosario, die drittgrößte<br />

Stadt nicht erwähnt wird. Das ist<br />

bedauernswert und ist dringend einer<br />

Korrektur bedürftig.


Schiffsverkehr auf dem Paraná<br />

Die Busfahrt vom großen Busbahnhof<br />

Retiro in Buenos Aires war nicht<br />

so aufregend. Leider kam eine Zugfahrt<br />

für mich nicht in Frage, da der<br />

Zug um 20 Uhr in Buenos Aires abfährt,<br />

um gegen 3 Uhr in der Nacht<br />

in Rosario anzukommen. Kurz vor<br />

Rosario sah ich etliche Elendsviertel,<br />

wie ich sie aus Peru kenne, aber das<br />

war schon bestürzend. Na ja, wenn<br />

man <strong>mit</strong> dem Bus in eine neue Stadt<br />

kommt, ist es nicht so berauschend<br />

und ich dachte schon, ein Tag in Rosario<br />

würde genügen und dann weiter<br />

<strong>nach</strong> Córdoba. Ich hatte mir auch<br />

noch ein billiges Hotel gebucht und<br />

habe wohl ein bisschen unglücklich<br />

beim Anblick des Zimmers ausgesehen.<br />

Jedenfalls wollte die schöne<br />

Angestellte mir gern behilflich sein<br />

was Besseres zu finden. Nein, ich<br />

blieb dort und habe es auch nicht<br />

bedauert. Die jungen Leute waren<br />

sehr freundlich und hilfsbereit <strong>mit</strong><br />

dem Dinosaurier. Das Hotel liegt in<br />

der Nähe des Flusses Paraná und<br />

<strong>nach</strong> 6 Wohnblöcken sah ich den<br />

Fluss und das dahinter sich anschließende<br />

Delta. Ich war in der schönsten<br />

Bar an der Uferpromenade und<br />

sah auf den Fluss. In 10 km war die<br />

7<br />

imposante Brücke Nuestra Señora de<br />

Rosario zu sehen. Die Bar war gut<br />

besucht. Im Hintergrund war ein sehr<br />

gut besuchtes Fitnesscenter, dessen<br />

Musik und die Anweisungen der Trainer<br />

zu uns herüber schallten. Dieser<br />

Bar bin ich jeden Tag treu geblieben.<br />

Ich bin dann die Uferpromenade entlang<br />

geschlendert und habe dermaßen<br />

viele Jogger gesehen. In weitem<br />

Bogen zurück zum Hotel, wo ich mir<br />

noch mühsam Programme geladen<br />

habe, um meine <strong>Homepage</strong> zu bearbeiten.<br />

Am nächsten Tag habe ich mir ein<br />

Fahrrad geliehen und war einer der<br />

wenigen Radfahrer. Ich fuhr lieber<br />

<strong>mit</strong> Helm, denn der Verkehr ist nicht<br />

so einfach, aber es ging ganz gut.<br />

Boots- und Kajaktour<br />

Natürlich bin am Paraná flussaufwärts<br />

gefahren, wo enorm gebaut<br />

wird, riesige Wohnblöcke entstehen<br />

in der Nähe des Flusses <strong>mit</strong> natürlich<br />

schönen Ausblicken. Sicherlich gibt<br />

es genügend reiche Leute, die sich<br />

das leisten können. Sebastian, mein<br />

Verleiher, erzählte mir, dass man<br />

keine Kredite von den Banken bekommt<br />

wie bei uns, um sich eine<br />

Wohnung zu kaufen. Nach der Krise


von 2001 gibt es keine Sicherheit<br />

mehr. Er hat ein kleines Unternehmen,<br />

bietet Fahrrad-, Kajak- und<br />

Bootstouren an und verlor 2002 über<br />

4000 Dollar. Zum Glück hatte ein<br />

Freund ihn auf die kommende Krise<br />

hingewiesen und er konnte die Hälfte<br />

seines gesparten Geldes retten. Ihr<br />

könnt euch noch erinnern, dass damals<br />

viele Menschen ihr Erspartes<br />

verloren und in der heißen Fase in 14<br />

Tagen drei Präsidenten gab aber<br />

auch leider 38 Menschen in Buenos<br />

Aires erschossen wurden. Was machen<br />

die Argentinier? Sie sparen<br />

zwar noch, sofern sie können und<br />

legen das Ersparte in Dollar an, aber<br />

nicht auf der Bank, sondern haben es<br />

zu hause. Viele konsumieren, kaufen<br />

Autos, um Wertgegenstände zu haben.<br />

Er hat sich für seine Arbeit ein<br />

neues Motorboot gekauft.<br />

Ich konnte es nicht vermeiden, das<br />

größte Monument in Rosario zu sehen:<br />

Monumento de la Bandera, ein<br />

riesiger Monumentalbau, um daran<br />

Schulklassen aus anderen Provinzen<br />

hergekarrt, um der Geschichte nahe<br />

zu sein und sich die sicherlich langweiligen<br />

Heldentaten von Belgrano<br />

anzuhören. Ich fuhr an meiner Bar<br />

vorbei, auch an einigen alten Speichern.<br />

Immerhin war Rosario ein bedeutender<br />

Hafen. Hier gab es achtstöckige<br />

Getreidespeicher, große<br />

Kaianlagen, von denen der Weizen<br />

dann verschifft wurde. In einem der<br />

alten Speicher ist ein Museum für<br />

neuere Kunst eingerichtet. Ich sah<br />

Jachthäfen und da tiempo de poco<br />

ropa war (Zeit für wenig Kleidung)<br />

lagen auch schon die ersten Frauen<br />

am Strand. Männer sah ich nicht.<br />

Immer wieder große Baustellen, offensichtlich<br />

geht es Argentinien nicht<br />

schlecht. Der offiziell veröffentlichten<br />

Arbeitslosenquote von 12% vertraue<br />

ich nicht. Auf meiner Rückfahrt war<br />

ein kurzer Besuch in meiner Bar angesagt,<br />

da ich sehr erkältet war, verschrieb<br />

ich mir einen Orangensaft.<br />

Auf meiner Tour habe ich auch den<br />

zu erinnern, dass<br />

Die Skyline von Rosario<br />

hier der General<br />

Belgrano 1 die argentinische Fahne<br />

kreiert hat. Natürlich werden hier<br />

1 Manuel Belgrano 1770-1820: Um die Truppen<br />

der argentinischen Unabhängigkeitsbewegung<br />

zu kennzeichnen, entwarf er eine<br />

weiß-hellblaue Flagge, die aber von der Regierung<br />

zunächst nicht genehmigt wurde.<br />

Erst später wurde sie als Flagge der Provincias<br />

Unidas del Río de la Plata (um 1816 der<br />

Name des heutigen Argentiniens und <strong>Uruguay</strong>s)<br />

durch den Kongress von Tucumán akzeptier.<br />

Er starb am, 20.Juni 1820. Der<br />

20.Juni, Día de la Bandera, ist einer der vielen<br />

Feiertage in Argentinien.<br />

8<br />

alten Bahnhof erkundet.<br />

Welch Abglanz, wenn man<br />

bedenkt, dass Rosario mal ein Eisenbahnknotenpunkt<br />

war. Jetzt fahren<br />

nur noch wenige Züge und auch nicht<br />

jeden Tag: <strong>nach</strong> Córdoba, Buenos<br />

Aires und Tucuman. Argentinien hatte<br />

mal ein von den Engländern gebautes<br />

riesiges Schienennetz, das<br />

35000 km umfasste. Man konnte von<br />

der argentinischen Hauptstadt bis La<br />

Paz oder <strong>nach</strong> Chile fahren! Die Regierungen<br />

versprechen immer wieder<br />

Teile des Schienennetzes zu erneuern,<br />

aber die Busunternehmen haben<br />

daran kein Interesse und so wird alles<br />

beim Alten bleiben. Ich, der gerne


<strong>mit</strong> dem Zug fahre, war enttäuscht,<br />

<strong>nach</strong>ts um 3 Uhr <strong>nach</strong> Córdoba zu<br />

fahren ist nicht so berauschend,<br />

oder?<br />

Liebeserklärung an Rosario<br />

Warum mir Rosario so gut gefällt, es<br />

ist nicht nur die schöne Lage, es gibt<br />

noch sehr viele schöne Bauten. Die<br />

Stadt ist nicht so hektisch wie Buenos<br />

Aires. Ich fühlte mich sehr sicher.<br />

So habe ich meinen ursprünglichen<br />

Abreisetag um einen weiteren<br />

verlängert, musste das Hotel verlassen,<br />

weil kein Raum frei war und<br />

wechselte in ein Hotel am Platz Sarmiento,<br />

war auch wieder schön, ein<br />

eigenes Bad zu haben.<br />

Nach<strong>mit</strong>tags hatte ich eine Kombitour<br />

bei dem schon erwähnten Sebastian<br />

gebucht. Wir fuhren <strong>mit</strong> seinem<br />

Motorboot, das erst in Wasser<br />

gelassen wurde und auf dem die beiden<br />

Kajaks transportiert wurden den<br />

Paraná flussaufwärts bis zur beeindruckenden<br />

Brücke, die von holländischen<br />

Firmen gebaut wurde. Wir fuhren<br />

in einen etwas ruhigeren Seitenarm<br />

des Flusses und vom Motorboot<br />

stiegen wir, das waren zwei Spanier<br />

und ein Rosario auf oder in das Kanu.<br />

Ich befürchtete schon das Schlimmste,<br />

aber es ging gut. Das Paddeln<br />

war leicht, weil die Strömung schnell<br />

war und trotz der Wellen, die Motorboote<br />

verursachten, war das Kanu<br />

ganz stabil. Aber <strong>nach</strong> weniger als<br />

einer Stunde wollten die Jungs nicht<br />

mehr paddeln und so beschlossen<br />

wir, das Paddeln einzustellen. Es war<br />

nur das Problem vom Kanu ins Motorboot<br />

zu gelangen. Meinen Mitpaddlern<br />

gelang es, ich stellte mich<br />

zu dumm an und fiel ins Wasser und<br />

wurde von denen ins Boot gezogen,<br />

muss sicherlich sehr witzig ausgesehen<br />

haben! Dann gab es Mate-Tee<br />

und Kuchen (zur Belohnung). Die<br />

Sonne schien und meine Hose trocknete<br />

ein wenig. Vom Wasser aus<br />

sieht Rosario spektakulär aus. Wie<br />

Miami schwärmte meine Gruppe. Bevor<br />

ich zu meiner Lieblingsbar ging,<br />

9<br />

habe ich aber doch im Hotel mir trockene<br />

Sachen angezogen.<br />

Richtung: Cordoba<br />

Die Busfahrt <strong>nach</strong> Córdoba an einem<br />

verregneten Samstag war nicht so<br />

aufregend und da die Strecke weitgehend<br />

an der Bahnlinie vorbeifährt,<br />

wäre die Eisenbahnfahrt, was die<br />

Landschaft betrifft, auch nicht so aufregend<br />

gewesen. Überwiegend flaches<br />

Land. Hier sind die großen Anbauflächen<br />

für Getreide. Hier hatte<br />

sicherlich der Reichtum des Landes<br />

seinen<br />

Anfang.<br />

Arme argentinische Präsidenten?<br />

Was mich zum Reichtum der Präsidentenkandidaten<br />

geschickt überleiten<br />

lässt. Die renommierte Zeitung<br />

Clarin veröffentlichte einen Tag vor<br />

der Wahl, welche „Besitztümer“ die<br />

Kandidaten zugaben. Frau Kirchner<br />

ist <strong>mit</strong> 70,5 Millionen Pesos also 15<br />

Millionen Euro die reichste Kandidatin.<br />

Bezeichnend ist auch, dass von<br />

den 7 Kandidaten 2 Frauen sind. Es<br />

kandidieren 5 Anwälte, der sozialistische<br />

Kandidat Binner, ein Mediziner<br />

aus Rosario und ein Journalist. Ich<br />

bin ja immer wieder erstaunt, welche<br />

Perspektiven ein Jurastudium eröffnet.<br />

Mann oder Frau kann Präsidentin<br />

werden, Außenminister oder Firmen<br />

und Stiftungen leiten! Zum Reichtum<br />

der Cristina ist noch hinzuzufügen,<br />

dass sie seit 2009 ihr Vermögen<br />

noch um 20% vergrößern konnte und<br />

im Vergleich zu 2003 hat sich ihr<br />

Vermögen verzehnfacht. Sie und ihr<br />

verstorbener Gatte haben eine Firma,<br />

der ein riesiger Hotelkomplex in Calafate<br />

gehört, einem der größten<br />

Touristenorte. Von hier starten die<br />

Touren, um den riesigen Gletscher<br />

Perrito Moreno zu sehen. Außerdem<br />

bestätigt sie, 27 Eigentumswohnungen,<br />

6 Häuser und Ländereien zu besitzen.<br />

Die anderen bekannten Kandidaten<br />

wie Eduardo Duhalde, der<br />

2001 dann als Übergangspräsident<br />

eingesetzt wurde. Ricardo Alfonsin<br />

(Sohn des ehemaligen und wohl ein-


zigen nicht-korruppten Präsidenten,<br />

der Sozialist Hermes Binner und Elisa<br />

Carrio haben alle unter 1 Million Peso<br />

angegeben. Das Vermögen der Präsidentin<br />

ist natürlich nicht durch das<br />

Präsidentengehalt erwirtschaftet<br />

worden, sondern ein Beispiel der<br />

Korruption. Die beiden Kirchner haben<br />

ihr Imperium gut aufgebaut.<br />

Vielleicht ist ja der übernächste Präsident<br />

wieder ein Kirchner: Maximilian,<br />

der älteste Sohn.<br />

Der bekannte Präsidentschaftskandidat<br />

Rodriguez Saá, der Gobernador<br />

von San Luis weigerte sich Angaben<br />

zu machen. In den 90er Jahre wurde<br />

er beschuldigt sich bereichert zu haben.<br />

Übrigens ist diese Angaben des<br />

persönlichen Vermögens nicht so<br />

ganz freiwillig: die Convención Interamericana<br />

contra la corrupción bestimmt,<br />

dass die Regierenden ihr<br />

Vermögen offenlegen müssen. Wie<br />

ich Südamerika erlebt habe, halten<br />

viele diese Bereicherungen für gerecht.<br />

In Argentinien gibt es ja kaum<br />

kritische Presse weder Zeitungen<br />

noch Fernsehen. Und aus Peru ist mir<br />

noch gut das Argument bekannt, warum<br />

Alan Perez, der sich so bereichert<br />

hatte, trotzdem wiedergewählt<br />

wurde: er hätte ja jetzt alles und<br />

brauchte sich jetzt nicht mehr bereichern.<br />

Ich sitze jetzt schon 6 Stunden im<br />

Bus. Der Fahrer lässt auch nicht die<br />

kleinste Stadt aus. Immer noch plattes<br />

Land. Ich kann mir gar nicht vorstellen,<br />

dass irgendwann die zweitgrößte<br />

Stadt des Landes kommen<br />

soll. Riesige Ländereien ohne dass<br />

mal ein Haus zu sehen ist und immer<br />

noch Regen. Die Busse sind sehr bequem<br />

und die Zeit vergeht ganz gut<br />

beim Tippen.<br />

Ich komme dann abends in Córdoba<br />

an, wohne relativ zentral und mache<br />

erst mal einen kleinen Stadtbummel,<br />

um mir das Zentrum anzusehen. Ich<br />

vermisse ein bisschen Rosario und<br />

auch in den nächsten Tagen kann ich<br />

mich nicht so richtig <strong>mit</strong> der 3-<br />

10<br />

Millonenstadt anfreunden. Für mich<br />

ist Córdoba kein „Muss“.<br />

Cristina gewinnt haushoch<br />

Ich kriege natürlich gut den Wahlkampf<br />

<strong>mit</strong> und gehe am Wahltag, am<br />

23.10 in ein Wahllokal. Überall sind<br />

lange Schlangen vor den Lokalen.<br />

Und am späten Abend feiern die Anhänger,<br />

nicht nur von Cristina, auch<br />

andere. Ihr kennt ja das Ergebnis.<br />

Sie hat im ersten Wahlgang <strong>mit</strong> 53%<br />

ganz klar gewonnen, so gut hatte<br />

Alfonsin 1983 <strong>nach</strong> der Militärdiktatur<br />

nicht abgeschlossen. In 23 von 24<br />

Provinzen hat Kirchner die Mehrheit.<br />

Die beiden Kammern des Kongresses<br />

sind auch in ihrer Hand und es gibt<br />

schon Überlegungen, die Verfassung<br />

zu ändern, dass sie 2015 noch mal<br />

antreten kann. Wie der ehemalige<br />

brasilianische Präsident Cardoso<br />

sagt, mehr als 2 Regierungsperioden<br />

sind Monarchie. Also wir hatten 8<br />

Jahre unseren Monarchen Helmut<br />

Kohl, der ja 16 Jahre an der Macht<br />

war. Wenn man bedenkt, dass in Argentinien<br />

Wahlpflicht besteht, nur<br />

über 70jährige und Leute, die mehr<br />

als 500 km von ihrem gemeldeten<br />

Wohnort wohnen, befreit sind, ist die<br />

Wahlbeteiligung <strong>mit</strong> 78% nicht so<br />

hoch.<br />

Ich bin ja gern in Argentinien aber<br />

über die politische Einstellung der<br />

Argentinier hat mich schon seit meinem<br />

ersten Besuch 1993 verwirrt,<br />

die damals diesen Kasper Menem<br />

gewählt hatten, der korrupt war Argentiniens<br />

„Tafelsilber“ verkaufte und<br />

später wiedergewählt wurde. Er<br />

überlegt, ob er 2015 kandieren wird!<br />

Vielleicht war den Argentiniern wichtig,<br />

dass alles beim Alten bleibt. Und<br />

die Frage ist, was wird Cristina <strong>mit</strong><br />

dieser Machtfülle anstellen. Der unterlegene<br />

Kandidat Saá sagte. „La<br />

Señora presidente está en la linea<br />

Khadafi-Chavez en el fundamentalismo“.<br />

Der Vergleich <strong>mit</strong> Gaddafi ist<br />

sicherlich daneben, aber was die<br />

Machtanhäufung und Ausübung der


Macht betrifft, ist Chavez sicherlich<br />

ein guter Vergleich, nur dass seine<br />

Regierung soziale Projekte fördert.<br />

In die Sierra von Córdoba<br />

Ich sitze wieder im Bus<br />

und fahre einige hundert<br />

Kilometer nordwestlich<br />

<strong>nach</strong> Chilecito,<br />

um von dort aus Touren<br />

in die beiden Nationalparks<br />

zu machen.<br />

Ich war fünf Tage i<br />

Córdoba, habe einen<br />

Tag eine Tour in die<br />

Sierra von Córdoba gebucht.<br />

Ich liebe diese Ausflüge a la<br />

Argentinien: eine kleine Gruppe von<br />

Argentiniern, ein Kleinbus <strong>mit</strong> Fahrer<br />

und Reiseführer, der viel redet. Ich<br />

werde als einziger Ausländer sehr<br />

zuvorkommend behandelt. Es gibt<br />

immer Extraerklärungen für mich.<br />

Wir fahren sehr viel, insgesamt 320<br />

km an diesem Tag, Die Sierra ist<br />

schön, karg, wenig Wasser und ich<br />

bin froh, mich doch nicht für eine<br />

Wanderung entschieden zu haben.<br />

Das werde ich im Norden <strong>nach</strong>holen,<br />

Hoffentlich, sonst hätte ich meine<br />

Zeltausrüstung umsonst <strong>mit</strong>geschleppt.<br />

Mittags wird immer auf solchen<br />

Touren in einem Restaurant<br />

eine größere Pause eingelegt. Das<br />

kenne ich schon. Ich ziehe es vor mir<br />

den Ort Mina Clavada anzusehen, um<br />

einiges zu fotografieren.<br />

Die Weiterfahrt geht dann zu dem<br />

wahnsinnigen Museums ROCSEN des<br />

französischen Malers Juan Santiago<br />

Bouchon, der Kostbarkeiten aus allen<br />

Bereichen sammelt, insgesamt gibt<br />

es mehr als 30000 Ausstellungsstücke:<br />

ein in den 20erjahren in Italien<br />

gebautes Fahrrad aus Holz, aber<br />

auch eine deutsche Landakutsche,<br />

die 1895 gebaut wurde, ein Ford T<br />

von 1922, viele Werkzeuge, alte<br />

Drehmaschinen, landwirtschaftliche<br />

Geräte, Fotoapparate. Ich hätte dort<br />

Stunden zubringen können. Erst<br />

11<br />

Rennrad <strong>mit</strong> Hilfsmotor<br />

abends sind wie wieder in Córdoba,<br />

wo ich <strong>mit</strong>tlerweile im Buén Retiro,<br />

nicht weit von meinem Hotel enthabe.<br />

Das ist für als Alleinreisender<br />

wichtig in einem schönen Restaurant<br />

oder in einem schönen Café zu sitzen.<br />

Auf Che Guevaras Spuren<br />

Gestern habe ich mir dann eine eigene<br />

Tour gestaltet und bin <strong>nach</strong> Alta<br />

Gracia gefahren Warum? Dort steht<br />

das Haus der Eltern von Che Guevara,<br />

wo sie wegen seines Asthmas <strong>mit</strong><br />

ihm hingezogen sind. Es ist ein Museum<br />

seit 10 Jahren, sehr informativ<br />

gemacht.<br />

Das berühmte Motorrad steht dort,<br />

aber auch sein wie ein Rennrad aussehen<br />

Fahrrad <strong>mit</strong> Hilfsmotor. Viele<br />

Fotos aus seiner Jugend und aus<br />

verschieden politischen Stationen/Standorten.<br />

1955 hat er versucht<br />

in Mexiko den Vulkan Popocatepetl<br />

zu besteigen, ist ihm wegen<br />

des Asthmas nicht gelungen. Jetzt<br />

muss ich ein wenig angeben: Ich habe<br />

es 23 Jahre später als Che, auch<br />

schon im hohen Alter von 38 Jahren<br />

geschafft, was damals sehr leichtsinnig<br />

war, aber ich wusste es damals<br />

nicht besser. Ich bin am Samstag<strong>nach</strong><strong>mit</strong>tag<br />

von Cuernavaca aus, wo<br />

ich in der Sprachschule war auf 3500<br />

m Höhe gefahren, habe einige weni-


ge Stunden geschlafen und bin dann<br />

im Schein der Taschenlampe um 3<br />

Uhr losgegangen, um in 7 Stunden<br />

bis auf 5200 m zu steigen, <strong>mit</strong> Steigeisen<br />

und Hacke. Habe es geschafft.<br />

Dass Che ein ungewöhnlicher Mensch<br />

gewesen ist, belegen viele Aussagen<br />

seiner Mitschüler, Hausangestellten<br />

und Freunde. Zum Glück hat die Anerkennung<br />

und Faszination für Che<br />

nicht <strong>nach</strong>gelassen. 2006 waren zwei<br />

Che-Bewunderer in seinem Elternhaus:<br />

Hugo Chavez und Fidel Castro,<br />

übrigens zusammen, die durch eine<br />

Bronzeplatte in Alta Gracia geehrt<br />

wurden. Sein Tagebuch, ein in von<br />

ihm in Deutschland gekaufter DIN<br />

A5-Jahreskalender, ist auch ausgestellt.<br />

Von 1923-42 hat er dort gelebt,<br />

bevor die Familie <strong>nach</strong> Córdoba<br />

zog.<br />

Ein kleiner Spaziergang, auch in die<br />

Vergangenheit. Es gibt dort eine große<br />

Estancia, die fast 200 Jahre lang<br />

von den Jesuiten genutzt wurde. Ein<br />

Museum <strong>mit</strong>ten in der Stadt, <strong>mit</strong> einem<br />

schönen Innenhof, unbedingt<br />

einen Besuch wert. Die Jesuiten haben<br />

viele, noch heute gut erhaltenen<br />

Bauten in Südamerika hinterlassen<br />

und haben die Indianer auch würdig<br />

behandelt.<br />

Mein Bus klettert jetzt. Es ist herrliches<br />

Wetter. nicht nur Zeit für poca<br />

ropa. Es beginnt der Frühling: die<br />

Jacarandabäume stehen in voller Blüte<br />

und die Temperaturen gehen an<br />

30 Grad heran.<br />

So weit für heute.<br />

Herzliche Grüße<br />

Klaus<br />

Reisebericht04<br />

Fiambalá, Sonntag 6.11.2011<br />

Das extrem warme Rioja habe ich<br />

verlassen. Mit zwei Bussen erreichte<br />

ich am Samstagabend den winzigen<br />

Ort Fiambalá. Bevor mein Bus startete<br />

konnte ich noch die Vorbereitungen<br />

für den Karneval begutachten.<br />

Das war schon zu heftig, viele junge<br />

12<br />

Mädchen, die ihre blanken Pobacken<br />

zeigten, da sie nur einen Tanga anhatten,<br />

über den ein Miniröckchen<br />

gespannt war, der aber nichts verdeckte.<br />

Begleitet wurden die von einer<br />

Trommelgruppe, deren Lärm<br />

oder Musik sogar einen einsamen<br />

Applefreak, der beim chatten war,<br />

vertrieb. Das hat mich doch in diesem<br />

katholischen Land gewundert.<br />

Ich hätte es meiner Tochter nicht<br />

erlaubt, was aber nicht bedeutet,<br />

dass sie es trotzdem gemacht hätte.<br />

Etwas zum Reisen in Argentinien: Es<br />

fällt auf, dass es ganz wenige Bettler<br />

gibt, auch kaum Kinder, die betteln,<br />

was nicht heißt, dass es keine Armut<br />

gibt: Die zeigt sich nicht nur in den<br />

Elendsvierteln, die hier beschönigend<br />

villas heißen, sondern, dass viele<br />

immer in den Cafés oder Bussen Essen,<br />

Süßigkeiten, Kugelschreiber<br />

oder Socken verkaufen wollen. Viele<br />

Rentner sind dabei, ein Zeichen, dass<br />

die Renten nicht ausreichen. An den<br />

Busbahnhöfen arbeiten viele, die das<br />

Gepäck ein- und ausladen und auch<br />

die Gepäckscheine der Busunternehmen<br />

befestigen. Es ist üblich immer<br />

einen Peso (ungefähr 20 Cent)<br />

zu geben. An den Taxiständen wird<br />

das Gepäck von Leuten ausgeladen,<br />

die natürlich auch eine Entlohnung<br />

verlangen. Da kann man sich nur<br />

retten, wenn man ihnen sagt, man<br />

hätte kein Kleingeld. Dann holen sie<br />

auch nichts aus dem Kofferraum.<br />

Ein anderer Aspekt, der mir einfällt<br />

und mich positiv stimmen lässt, ist<br />

die Ehrlichkeit. Ich habe statt eines<br />

2-Pesoscheins 5-Pesoscheine gegebenen<br />

und der Taxifahrer hat mich<br />

auf den Irrtum hingewiesen. Das wäre<br />

mir in Peru oder Bolivien nicht<br />

passiert. Auch in den Hotels wird<br />

immer der korrekte Preis verlangt.<br />

Da die meisten Busbahnhöfe eine<br />

kleine Touristeninformation haben,<br />

kann man sich schon dort ein Hotel<br />

aussuchen.<br />

Sollte jemand von euch mal <strong>nach</strong><br />

Argentinien fahren, so kann ich nur<br />

gut zureden <strong>nach</strong> meinen bisherigen


positiven Erfahrungen. In den Städten<br />

sieht man sehr viel Polizei. In La<br />

Rioja waren sogar einige <strong>mit</strong> dem<br />

Fahrrad unterwegs. In den Zeitungen<br />

steht natürlich jeden Tag etwas von<br />

Einbrüchen oder Überfällen, aber das<br />

gibt es ja bei uns auch. Sogar ich,<br />

der wie Sabine sagt, perugeschädigt<br />

bin, werde unvorsichtiger und lasse<br />

im Hotel meine Sachen etwas sorglos<br />

liegen, was in den schon genannten<br />

Andenstaaten nicht tun würde. Oder<br />

ich lasse auf den Busbahnhöfen meinen<br />

großen Rucksack eine Zeit lang<br />

stehen.<br />

Kontakt <strong>mit</strong> den „Einheimischen“<br />

Was mich als Alleinreisender fasziniert,<br />

wie schnell man in Kontakt<br />

kommt. In Tingogasta muss ich den<br />

Bus wechseln. Ein etwas korpulenter<br />

junger Mann spricht mich an, der<br />

einen Kasten in der einen Hand trägt,<br />

so dass ich erst an einen Schuhputzer<br />

dachte, von denen es nicht sehr<br />

viele gibt. Nein im Gespräch stellte<br />

sich heraus, dass ich <strong>mit</strong> einem<br />

Elektriker ins Gespräch kam, der in<br />

einer Außenstelle seiner Firma arbeitete<br />

und wieder <strong>nach</strong> Rioja zurück<br />

wollte. Natürlich war nicht nur ein<br />

Elektriker, sondern hatte an der Universität<br />

Elektrotechnik und Elektronik<br />

studiert. Zu gern hätte ich in seinen<br />

Werkzeugkasten geschaut, welche<br />

Werkzeuge er gehabt hätte, aber das<br />

verhinderte meine gute Erziehung,<br />

die doch trotz gegenteiliger Meinungen<br />

von Sabine genossen habe. Wegen<br />

der großen Hitze, unter der ich<br />

in La Rioja litt, fragte ich ihn <strong>nach</strong><br />

seiner Klimaanlage und erfuhr, dass<br />

er sie nur sehr gezielt einsetzt, weil<br />

die Energiekosten hoch sind und er<br />

sich nicht erleben kann, sie durchgängig<br />

in Betrieb zu haben.<br />

Liebe Freunde, <strong>nach</strong> Fiambalá fahren<br />

nur Bergverrückte! Das war bisher<br />

der kleinste Ort <strong>mit</strong> der schlechtesten<br />

Internetabdeckung. Mein erstes<br />

Hotel,das kein W-Lan hatte. Im Internetcafé<br />

dauerte es 10 Minuten, bis<br />

ich meine erste Mail lesen konnte. Es<br />

13<br />

war ein großer Saal und viele Kinder<br />

spielen ihre Ballerspiele, aber neben<br />

mir saßen auch zwei Schüler, die sich<br />

auf ein Referat oder einen Test über<br />

den MERCOSUR vorbereiten.<br />

Hier in Fiambalá hat Cristina noch<br />

eine Aufgabe zu erfüllen. In diesem<br />

Kaff muss ich sogar auf CLARIN verzichten.<br />

Was ich aus schon in Villa<br />

Union feststellte, lässt sich fast verallgemeinern,<br />

je kleiner der Ort desto<br />

größer der Busbahnhof.<br />

Am Arsch der Welt<br />

Jetzt sitze ich vor meiner einfachen<br />

Herberge, gegenüber vom Busbahnhof<br />

und tippe in meinen kleinen Laptop.<br />

Gestern Abend grüßte mich sogar<br />

der Busfahrer, der <strong>nach</strong> Catamarca<br />

fuhr. Warum bin ich hier in<br />

der Einöde? Fiambalá ist der Ausgangspunkt<br />

für die 6000er. Nach<br />

dem Aconcagua, der in der Nähe von<br />

Mendoza steht, sind hier die höchsten<br />

Berge der Anden <strong>mit</strong> fast 7000 m<br />

Höhe, eine Herausforderung für einen<br />

Flachländler wie mich. Hier<br />

wohnt ein in der Bergwandererliteratur<br />

bekannter Argentinier Jonson<br />

Reynoso, den ich schon aufgesucht<br />

habe und mich beraten lassen habe,<br />

dann habe ich den Rat von anderen<br />

argentinischen Bergwanderern eingeholt<br />

und heute habe ich noch den<br />

Schlaumeier Oswaldo aus Tirol getroffen,<br />

der gerade aus dem Gebirge<br />

zurückkam und mir riet, mich zwei<br />

Tage auf 4000 m Höhe in einer<br />

Schutzhütte aufzuhalten, ohne groß<br />

zu wandern, schon gar nicht schnell<br />

und dann erst am dritten Tag mein<br />

Zelt dort in der Pampa aufbauen und<br />

dann <strong>nach</strong> der Höhengewöhnung<br />

vom Pass San Francisco, wo es <strong>nach</strong><br />

Chile geht auf den 6100 m hohen<br />

Francisco zu steigen. So werde ich<br />

es wohl machen. Da die Schutzhütte<br />

an der Straße liegt, kann ich auch<br />

relativ schnell bei Höhenproblemen in<br />

das nur 1500m hohe Fiambalá mich<br />

fahren lassen. Von der Bergsteigerlegende<br />

Johnson bekomme ich ein Satellitensignalgeber<br />

ausgeliehen, wo


ich mich zweimal am Tag melden<br />

muss und er sieht auf Google-Earth<br />

meine aktuelle Position. Es gibt auch<br />

ein Notsignal, so dass er mich suchen<br />

wird. Spannend nicht?<br />

Wie einfach ist doch das Bergwandern<br />

in der weißen Kordillere in Peru,<br />

wo es auf über 4000m noch Dörfer<br />

gibt, wo es genügend Wasser gibt,<br />

man immer wieder Campesinos trifft.<br />

Viele schöne Wanderungen auch auf<br />

fast 5000 m Höhe habe ich dort <strong>mit</strong><br />

Sabine und Camila gemacht. Hier<br />

muss ich zum Ausgangspunkt<br />

erstmal mich 170 km fahren lassen,<br />

was auch nicht ganz billig ist. Nach<br />

so vielen Stadtbesuchen<br />

in<br />

Buenos Aires,<br />

Rosario, Córdoba,<br />

Chilecito und<br />

La Rioja freue<br />

ich mich auf die<br />

menschenleere<br />

Bergwelt.<br />

Heute habe ich<br />

immer wieder<br />

Abends an der Lagune<br />

Gespräche über<br />

das Bergwandern<br />

geführt<br />

und in meinem<br />

Kopf ist noch<br />

keine klare Entscheidung<br />

für<br />

morgen gefallen.<br />

Ich war am<br />

Sonntag<strong>nach</strong><strong>mit</strong>tag<br />

auf dem Hauptplatz in Fiambalá<br />

und das war ein Schauspiel, wie immer<br />

wieder Mopedfahrer oder auch<br />

Mopedfahrerinnen diesen Platz umkreisten,<br />

relativ leicht begleitet und<br />

alle natürlich ohne Helm. Einige junge<br />

Männer fuhren in ihrem Auto hinterher.<br />

Jugendliche tranken ihr Bier.<br />

Welch langweile für mich, aber ich<br />

bin ja auch hier nicht geboren. Alle,<br />

ob jung oder alt, sehr freundlich,<br />

hilfsbereit. Ich sitze vor einem Kiosk,<br />

der gut besucht wird, die Autofahrer,<br />

die hier ihre Runden drehen, grüßen<br />

mich. Na ja, das ist doch auch schön!<br />

Mein Hotel ist direkt an der Straße,<br />

14<br />

die <strong>nach</strong> Chile führt. Weshalb die hier<br />

ein Riesenlaufbild, das über die Straße<br />

gebaut ist und wo immer die Kilometer<br />

in Laufschrift angezeigt werden:<br />

96 bis Cortaderos, 197 km Paso<br />

San Francisco, 471 Copiapó (Chile)<br />

544 km Chaneral (Chile). Was für<br />

diese Gegend spricht. Die Tür vom<br />

Hotel wird nicht abgeschlossen, wo<br />

gibt es das noch!<br />

Ab in die Höhe<br />

7.11.2011<br />

Heute bin ich zusammen <strong>mit</strong> dem<br />

jungen 2m-Mann Dominik aus Maine/USA<br />

von Fiambalá <strong>mit</strong> einem Taxi<br />

in die Berge gefahren. Ich hatte in<br />

den letzten Tagen <strong>mit</strong> vielen gesprochen,<br />

was ich hier unternehmen<br />

kann. Nach 100 km legten wir eine<br />

Pause in Cortaderos ein, wo ein<br />

schönes Hotel auf 3400 m Höhe<br />

steht. Ich war hin- und hergerissen,<br />

ob ich <strong>mit</strong> ihm noch höher fahren<br />

sollte oder doch lieber mich in diesem<br />

Hotel akklimatisiere. Es ist nicht<br />

sehr billig und um höher zu kommen<br />

muss ich mir ein Taxi in Fiambalá<br />

ordern. Aber dann habe ich an mein<br />

Alter gedacht und mir doch dieses<br />

Hotel ausgesucht. Die Höhe ist mir


isher auch ohne Schwierigkeiten gut<br />

bekommen. Ich habe langsamen<br />

Schritts zwei kleinere Wanderungen<br />

unternommen, die letzte war schön.<br />

Sie ging an einen kleinen See, an<br />

dem sogar Flamingos, verschiedene<br />

Gänsearten sich aufhielten. Keine<br />

Menschenseele nur kleine Eselsherden.<br />

Als ich im Hotel <strong>nach</strong> den Eseln<br />

(burros) erkundigte sagte mir der<br />

Angestellte, der dort <strong>mit</strong> zwei Minenarbeitern<br />

saß, dass die burros in der<br />

15<br />

Abendstimmung auf 4000<br />

m<br />

Mine arbeiten wurde. Er meinte natürlich<br />

die Mineros. Die Esel sind<br />

Wildtiere, sehr scheu. Der Hengst<br />

hatte mehrere Eselinnen und auch<br />

junge Tiere und bewachte sie sehr<br />

aufmerksam. Bei meinem Annährern<br />

stieß er Drohlaute aus. Ich bin lange<br />

an der Lagune entlang gegangen und<br />

habe die Vögel mir angesehen. Die<br />

einzigen Geräusche in dieser Wildnis.<br />

So eine menschenleere Gegend habe<br />

ich noch nie gesehen. Aber hier in<br />

dieser fast vegetationslosen Gegend<br />

kann ja auch niemand leben, zumal<br />

es hier kaum Wasser gibt. Was vermisse<br />

ich mein Peru.<br />

Der zweite Tag war schon besser, ich<br />

dehnte meine Wanderung aus. Es<br />

war sehr stürmisch. Abends wieder<br />

eine Wanderung an der Lagune. Im<br />

Hotel waren außer Minenarbeiter<br />

abends denn noch Jungs <strong>mit</strong> ihren<br />

schweren Maschinen gekommen, die<br />

am nächsten Morgen dann über den<br />

5000 m hohen Pass <strong>nach</strong> Chile fahargentinischer<br />

Seite sehr gut ausgebaut,<br />

asphaltiert, aber auf der chilenischen<br />

Seite „ripio“, Piste. Die<br />

ehemalige Rallye<br />

Paris Dakar, verläuft<br />

ja jetzt über<br />

Peru, Bolivien,<br />

Chile und Argentinien<br />

und geht jedes<br />

Jahr auch<br />

durch Fiambalá.<br />

Das muss eine<br />

harte Strecke sein,<br />

immerhin geht es<br />

auf 5000 m.<br />

Im Hotel fiel das<br />

Netz aus, so auch<br />

das Telefonnetz.<br />

Ich konnte mir<br />

also kein Taxi<br />

bestellen, was<br />

auch gut war.<br />

Hernán, der Administrator<br />

des Hotels<br />

fragte Pancho, ob er mich zur<br />

Grenzstation La Gruta auf 4000 m<br />

Höhe fahren könnte, nicht umsonst,<br />

ich solle mich an den Benzinkosten<br />

beteiligen. Das war besser als jedes<br />

Taxi. Pancho und sein Helfer nahmen<br />

mich erstmal <strong>mit</strong> zu deren Behausung,<br />

die 50 km weiter war. Ich hatte<br />

nicht gedacht, dass in dieser Einöde<br />

jemand leben könnte. Doch, er<br />

hatte in Fiambalá eingekauft, zeigte<br />

mir stolz seine Hütte, ohne Licht, nur<br />

ein Notstromaggregat, bot sich auch<br />

gleich als Bergführer an. Wie aus<br />

dem Nichts kamen noch zwei weitere<br />

Männer, einer <strong>mit</strong> einer Flinte, sie<br />

luden Werkzeuge ein, um Zäune zu<br />

setzen. Der Hund wurde <strong>mit</strong>genommen<br />

und wir fuhren höher. Von was<br />

lebt Pancho? Sie setzen Zäune, ich


denke sie haben vom Staat Land gepachtet<br />

und fangen im Januar die frei<br />

lebenden Alpakas ein, um sie zu<br />

scheren. Die Wolle ist ja sehr begehrt.<br />

Kurz vor der argentinischen<br />

Grenzstation setze er seine 4 Helfer<br />

aus, die Löcher <strong>mit</strong> den Eisenstangen<br />

für die Zaunpfosten einschlagen<br />

mussten. Alles harte Arbeit und das<br />

in der Höhe. Mich fuhr an<br />

die Grenzstation. Was ich<br />

ihm schuldig sei? Das sei<br />

mein Belieben. Ich gab<br />

ihm 60 Pesos ungefähr 10<br />

€ und er war sehr zufrieden.<br />

Nun in dieser kleinen<br />

Zollstation, ein etwas hilfloser<br />

junger Polizist, was<br />

solle er eintragen, da ich<br />

doch keinen Pass, sondern<br />

nur meinen Personalausweis<br />

dabei hatte, wann ich<br />

in Argentinien eingereist<br />

sei. Ich sagte ihm, dass<br />

ich doch gar nicht <strong>nach</strong><br />

Chile wolle und die nächsten<br />

20 km sowieso noch<br />

Argentinien sei. Na ja, irgendwann<br />

ging es und ich wanderte<br />

bis zur Hütte, die <strong>mit</strong> mehr als 20<br />

Betten gut ausgestattet war.<br />

Hütte in La Gruta<br />

Ich war der einziger Gast, Dominik,<br />

der US-Amerikaner war nicht dar,<br />

wohl schon auf dem Weg <strong>nach</strong> Chile.<br />

So war ich allein auf 4000 m Höhe.<br />

Die beiden Hüttenwarte waren auch<br />

nicht die gesprächigsten. Die Flasche<br />

Wein, die ich für sie <strong>mit</strong>genommen<br />

hatte, wurde angenommen. Immerhin<br />

es gab einen großen Trinkwasserbehälter,<br />

einen Gasofen und<br />

abends a 17 Uhr bis Mitter<strong>nach</strong>t<br />

elektrisches Licht. Bei 4000 m musste<br />

ich mich langsam bewegen und<br />

habe erstmal nur kurze Spaziergänger<br />

gemacht. Am nächsten Tag wagte<br />

ich mich denn schon ein bisschen<br />

höher, aber es war sehr anstrengend,<br />

obwohl ich nicht viel zu tragen<br />

hatte. Und die einzigen Lebewesen<br />

waren wieder viele Alpakaherden, die<br />

16<br />

sehr scheu sind. Ich musste viele<br />

Pausen einlegen und habe nur 300<br />

Höhenmeter geschafft, ein Zeichen,<br />

dass ich mehr Höhengewöhnung<br />

brauche Ich hätte dort 1 Woche bleiben<br />

sollen, jeden Tag ein wenig höher<br />

gehen und dann irgendwie mich<br />

auf den 5000 m hohen Pass fahren<br />

lassen sollen <strong>mit</strong> 6 oder mehr Liter<br />

Mein chilenischer Lastwagen<br />

Wasser, dort dann wieder das gleiche<br />

Schauspiel. dann hinunter <strong>nach</strong> Fiambalá,<br />

einen Ruhetag und dann <strong>mit</strong><br />

einem 4x4-Wagen mich an den Incahuasi<br />

fahren lassen, um dann in 4-6<br />

Tagen mich auf den Gipfel zu quälen.<br />

Jetzt musste ich meine Rückfahrt<br />

<strong>nach</strong> Fiambalá organisieren. Per Funk<br />

ein Taxi für 80 € ordern oder trampeln.<br />

Da ich in den letzten Tagen<br />

immer wieder chilenische Lastwagen<br />

an der Grenzstation sah, wollte ich<br />

einen Lastwagenfahrer fragen, ob er<br />

mich <strong>mit</strong>nimmt. Von 9 Uhr bis 12<br />

kam kein einziges Auto aus Chile.<br />

Gegen Mittag dann zwei Lastwagen.<br />

Schon der erste Fahrer war nicht abgeneigt,<br />

wollte aber erstmal eine<br />

Stunde schlafen.<br />

Luxusfahrt im Lastwagen<br />

So fuhr ich <strong>mit</strong> Jorge, einem viel-


leicht 35 Jahre alten Chilenen, der<br />

aus der 6.Region, also südlich von<br />

Santiago lebt und im Norden arbeitet.<br />

Ihr glaubt gar nicht, wie bequem<br />

es sich in einem 460-PS Lastwagen<br />

sitzt. Wir haben uns drei Stunden<br />

lang unterhalten. Ich habe mal wieder<br />

chilenisches Spanisch gehört. In<br />

drei Stunden erfährt man allerhand,<br />

besser als <strong>mit</strong> dem Taxi. Was transportieren<br />

die 460 PS? Er hatte 27<br />

Tonnen Stahlkugeln verschiedener<br />

Durchmesser geladen, die er aus<br />

Norden von Chile <strong>nach</strong> Tinogasta zu<br />

bringen hatte. Die Stahlkugeln oder<br />

vielleicht sind es auch gusseiserne<br />

werden zum Malen der Erze benötigt.<br />

Angeblich werden sie nur in Chile<br />

oder Mexiko hergestellt. Jeden Tag<br />

fahren mehrere Laster <strong>mit</strong> dieser<br />

Last zu den Minen. Es ist ein harter<br />

Job. Es gibt keinen Fahrtenschreiber<br />

und so fahren die 12 Stunden, allein,<br />

schlafen manchmal eine Stunde zwischendurch.<br />

Er fuhr sehr sicher, fuhr<br />

die Strecke seit zwei Jahren. Ich erfuhr,<br />

dass er Surfer ist und eine<br />

schöne 4jährige Tochter hatte. In<br />

Tingogasta, wo er immer Ruhetage<br />

hat, hatte er auch eine „novia“, eine<br />

Braut. Natürlich weiß seine Frau davon<br />

nichts. Muss man ihn beneiden?<br />

Eigentlich hat man doch schon <strong>mit</strong><br />

einer Frau genug. Wie kompliziert ist<br />

sein Leben. Seine Frau möchte mal<br />

<strong>mit</strong>fahren, aber das geht natürlich<br />

nicht, er erklärte ihr, es wäre zu gefährlich!<br />

Jetzt hat er außer dem Handy<br />

seiner Firma ein chilenischen<br />

Handy und ein argentinisches für die<br />

Geliebte. Das Handy muss er in Chile<br />

verstecken. Nicht einfach so ein Leben.<br />

Er wird nicht allzu viel verdienen,<br />

aber sagte mir im Norden Chiles<br />

verdient man mehr als im Süden.<br />

Wenn er in Chile frei hat muss er 16<br />

Stunden <strong>mit</strong> dem Bus zu seiner Familie<br />

fahren. Eine Schweinerei, die<br />

ich an der argentinischen Grenze<br />

auch beobachtet habe, dass die<br />

Grenzer immer etwas verlangen. Er<br />

muss von seinem Gehalt Pisco, eine<br />

Art Grappa kaufen, da<strong>mit</strong> die Gren-<br />

17<br />

zer ihn zügig abfertigen. Während ich<br />

auf einen Lastwagen wartete, habe<br />

ich gesehen, wie der argentinische<br />

Grenzer einen chilenischen Wagen<br />

kontrolliert und denen eine Flasche<br />

Whisky wegnahm. Das wäre in Chile<br />

nicht möglich. Diese Korruption gibt<br />

es dort nicht. In Fiambalá verabschiedeten<br />

wir uns. Wir fotografierten<br />

uns. Ich zahlte ihm 18 €, also<br />

100 argentinische Peso und er<br />

schenkte mir einen neuen 5000 chilenischen<br />

Pesoschein. So waren drei<br />

angenehme Stunden vergangen und<br />

ich war wieder in Fiambalá.<br />

Wieder in Fiambalá<br />

Meine Entscheidung war gefallen, auf<br />

keinen Fall wollte ich allein die Besteigung<br />

des 6600m hohen Incahuasi<br />

machen. Vielleicht findet sich ja unter<br />

den Lesern jemand animiert, mal<br />

<strong>mit</strong>zukommen. Ich weiß jetzt, was<br />

auf mich zukommt. So könnte es<br />

aussehen. Von Fiambalá auf 4000 m<br />

Höhe, <strong>nach</strong> La Gruta. Dort eine Woche<br />

lang bleiben. Dann rauf auf den<br />

Pass in 5000 m. 4 bis 5 Tage dort<br />

aufhalten, runter <strong>nach</strong> Fiambalá. Ein<br />

zwei Genusstage, dann rauf <strong>mit</strong> einem<br />

4x4-Wagen und sich über la<br />

Gruta an den Fuß des Vulkans fahren<br />

lassen und dann in 4 oder 5 Tagen<br />

den Incahuasi besteigen. Bekommt<br />

jemand Lust?<br />

Im Büro von Jonson habe ich mir Bilder<br />

der Besteigung des Pissis angesehen<br />

und auch das Foto eines jungen<br />

Argentiniers, der im letzten Jahr<br />

beim Zelten in der Nacht von einem<br />

herabstürzenden Stein erschlagen<br />

wurde. Das Foto war sehr grausam.<br />

Die Polizei hat dann den Leichnam<br />

ins Tal gebracht.<br />

Ich habe mich auf meiner Wanderung<br />

sehr sicher gefühlt, weil ich den<br />

Spot dabei hatte. Wir hatten abgemacht,<br />

dass Jonson mich bei drei<br />

Signalen, die ich innerhalb einer<br />

Stunde senden sollte, mich suchen<br />

würde. Er hatte ja meine genauen<br />

Koordinaten.


So habe ich abends <strong>mit</strong> Jonson und<br />

Radu, einem gebürtigen Rumänen,<br />

der in Neuseeland lebt, zu Abend gegessen.<br />

Radu war schon mehrfach in<br />

dieser Region und wollte innerhalb<br />

von weniger als 10 Tagen den Incahuasi<br />

besteigen. Nicht allein, von chilenischer<br />

Seite wollte noch ein<br />

Freund einreisen. Selbst wenn die<br />

mich <strong>mit</strong>genommen hätten, hätte ich<br />

deren Tempo nicht durchgehalten.<br />

Die müssen 20 kg tragen, außer der<br />

üblichen Ausrüstung Zelt und Kocher,<br />

was sonst noch dazugehört, Steigeisen<br />

für die Schuhe und Eispickel.<br />

Ich hoffe, dass in meinem Fall aufgeschoben<br />

heißt nicht aufgehoben zutrifft.<br />

Den letzten Teil habe ich in San<br />

Fernando Valle de Catamarca, der<br />

Provinzhauptstadt geschrieben.<br />

Reisebericht05:<br />

Salta-Tilcara-Trekking-San Pedro<br />

de Atacama<br />

Liebe Freunde,<br />

einige Tage war ich in San Fernando<br />

del Valle de Catamarca, in der Provinzhauptstadt,<br />

in die man nicht unbedingt<br />

reisen muss. Sie hat einen<br />

sehr schönen Hauptplatz <strong>mit</strong> einigen<br />

Cafés und Restaurants. Die umliegende<br />

Gegend ist sehr schön, weshalb<br />

ich mal wieder eine organisierte<br />

Tour gebucht habe. Wegen des wolkenverhangenen<br />

Himmels wurde die<br />

Tour um einige Stunden verschoben<br />

und wir fuhren auf einer straßenbautechnisch<br />

beachtenswerten Straße<br />

auf einen nicht sonderlich hohen Pass<br />

<strong>nach</strong> Puertezuelo und hatten Glück,<br />

dass sich die Wolkendecke lichtete<br />

und wir einen schönen Blick auf Catamarca<br />

hatten und sogar einige<br />

Kondore beobachten konnten.<br />

Am Dienstag bin ich dann mehr als 8<br />

Stunden <strong>mit</strong> dem Bus <strong>nach</strong> Salta<br />

gefahren, eine Stadt, die Gerd S. und<br />

Gerd R. kennen. Sie hat den<br />

Beinamen, la Linda, das brauche ich<br />

nicht zu übersetzen, ob es zutrifft, ist<br />

jedem überlassen. Auf jeden Fall ist<br />

18<br />

der Zusatz nicht ganz so anspruchsvoll<br />

wie der von Córdoba, la ducta,<br />

die Gelehrte. Ich war schon 1993,<br />

dann 2003 und 2006 in Salta.<br />

So geht es einem, reist man wie ich<br />

<strong>mit</strong> einem großen Rucksack, wird<br />

man am Busbahnhof angesprochen<br />

und in ein Backpacker-Hotel gelost.<br />

So ließ ich mich treiben und sitze am<br />

großem Gemeinschaftstisch, wo eigentlich<br />

meine Tochter sitzen könnte<br />

und nicht ich. Ich bin hier der Dino,<br />

obwohl ich mich beim Eintrag schon<br />

10 Jahre jünger gemacht habe. Es<br />

sind wohl nur junge Israelis hier.<br />

Soldatinnen und Soldaten, die ihre<br />

Wehrzeit beendet haben, der in Israel<br />

obligatorisch ist: Zwei Jahre für<br />

Frauen und drei Jahre für Männer.<br />

Jetzt reisen sie um die Welt. Sie haben<br />

wenig Geld, sind in Gemeinschaftszimmern<br />

untergebracht, kochen<br />

gemeinsam, die Wasserpfeife<br />

kreist und sie spielen Karten. Israelis<br />

sind in Argentinien nicht so beliebt,<br />

weil sie wenig Geld haben und dann<br />

oft Zimmer überbelegen oder im gemieteten<br />

Auto <strong>mit</strong> entsprechend<br />

mehr Leuten fahren. Typisch für dieses<br />

Billighotel ist, dass die Außentür<br />

bis 11 Uhr von innen geschlossen ist,<br />

weil schon einige abgehauen sind<br />

ohne zu zahlen.<br />

Der Fernseher ist nicht nur sehr laut,<br />

sondern auch die ganze Zeit an, wird<br />

auch als Spielkonsole genutzt. Warum<br />

tue ich mir das an? Ich bin zu<br />

faul zu wechseln und tröste mich<br />

da<strong>mit</strong>, dass ich am Freitag sowieso<br />

<strong>nach</strong> Chile fahre. Wechsle ich morgen<br />

oder warte ich bis ich <strong>nach</strong> San Pedro<br />

de Atacama fahre? Dann habe ich in<br />

meiner „kurzen“ Zeit eine Dreistaatenreise<br />

geschafft: Argentinien, <strong>Uruguay</strong><br />

und Chile.<br />

Gestern war ein Regentag und ich<br />

war einige Stunden im Internetcafé,<br />

da<strong>mit</strong> beschäftigt, meinen Reisebericht<br />

in meine <strong>Homepage</strong> einzubinden,<br />

habe es nicht geschafft, da ich<br />

einige HTML-Kenntnisse vergessen<br />

habe. Mein armer Webmaster Peter<br />

Jäger muss ganz schön oft meine


Fragen beantworten. Ich hätte in<br />

Hamburg das vorher in Internetcafés<br />

üben sollen. Ein Nachteil meines<br />

Asus-Notebooks ist, dass es Linux als<br />

Betriebssystem hat undich viele Programme<br />

nicht installieren kann. Es<br />

ist ein schon historisches Modell. Es<br />

war das erste, dass 2007 für 299 €<br />

auf den Markt kam. Das Betriebssystem<br />

ist sehr stabil. Es hat mir bisher<br />

gute Dienste geleistet, nur bei<br />

web.de kann ich keine Mails schreiben,<br />

weil der Monitor zu klein ist.<br />

Hier in Salta fällt auf, dass die Leute<br />

wesentlich dunkler sind, auch anders<br />

als die porteños (die Bewohner von<br />

Buenos Aires) sprechen, verschlossener<br />

sind.<br />

Ich habe gestern das Haus wiedergefunden,<br />

wo ich 2003 bei einer Familie<br />

eine Woche lang gewohnt hatte und<br />

guten Familienanschluss gefunden<br />

hatte. Die Besitzerin hatte ich auf der<br />

Zugfahrt in Bolivien kennengelernt.<br />

Inzwischen hat ihr Sohn aus erster<br />

Ehe wohl das Regime übernommen.<br />

Obwohl ich ihn damals gar nicht getroffen<br />

hatte, wusste er von mir. Ich<br />

muss wohl damals einen guten Eindruck<br />

hinterlassen haben. Seine Mutter<br />

war wieder in Cochabamba/Bolivien.<br />

Damals hatte sie 5 Taxis,<br />

die sie vermietete. Jetzt, wo er<br />

wohl das Sagen hat, haben die ins<br />

relativ große Eckhaus zwei Läden<br />

integriert und vermieten langfristig<br />

Zimmer. Die Familie besitzt noch<br />

Land in der Nähe und in Cochabamba/Bolivien.<br />

So lässt es sich leben!<br />

Ich hätte gern die inzwischen<br />

24jährige Tochter Agustina Zuviria,<br />

die Tiermedizin studiert, getroffen.<br />

Aber leider hat sie sich nicht gemeldet.<br />

Erst als ich schon abgereist waroder<br />

vielleicht gerade deswegen.<br />

Ich habe meine Visitenkarte brav<br />

abgegeben, mal sehen, ob die sich<br />

melden.<br />

Heute ist Stadtbummel <strong>mit</strong> Museumsbesuchen<br />

angesagt. Das Wetter<br />

ist leider etwas unbeständig. In San<br />

Pedro de Atacama, meiner nächsten<br />

Station ist es bestimmt gut, sehr<br />

warm und ganz trocken.<br />

Aktuelles zur Schulbildung<br />

Noch mal was zur Schulbildung: Argentinien<br />

gibt fast 7% des Bruttoinlandsprodukts<br />

für Erziehung aus. Der<br />

Staat hat 1,8 Millionen Notebooks an<br />

die Oberschüler von 4800 Schulen<br />

verteilt und 45 Millionen Schulbücher.<br />

Aber nur 17% der Schüler des<br />

Landes haben Zugang ans Internet.<br />

Alles läuft unter dem Motto „Connector-Iqualdad“<br />

(frei übersetzt: Internetanschluss<br />

schafft gleiche Voraussetzungen.<br />

Der 15.11. war übrigens<br />

Tag der Erziehung. Das <strong>mit</strong> den Notebooks<br />

hat auch die Lehrer gefordert,<br />

viele waren wohl erst dagegen,<br />

auch deswegen, weil natürlich viele<br />

Schüler besser da<strong>mit</strong> umgehen konnten<br />

als ihre Lehrer, die Weiterbildungskurse<br />

besuchen müssen.<br />

Mit der Seilbahn auf den Hügel San<br />

Bernardo. Das kann ich jedem Saltabesucher<br />

nur nahe legen. Man hat<br />

einen sehr schönen Blick auf die<br />

Stadt Salta, die vielleicht auch deshalb<br />

die Schöne genannt wird, weil<br />

die Lage in<strong>mit</strong>ten von Gebirgsketten<br />

sehr schön ist. Die Stadt dehnt sich<br />

weit aus, weil sie eine relativ flache<br />

Bebauung aufweist. Im 19. Jahrhundert<br />

war es so, dass Salta mehr<br />

zweistöckige Bauten aufwies als<br />

Buenos Aires!<br />

Oben auf den Hügel angekommen,<br />

war ich erstaunt, wie gepflegt alles<br />

ist, ungewöhnlich sauber. Das könnte<br />

nicht nur wegen der Seilbahn ein Teil<br />

der Schweiz sein. Ein künstlicher<br />

Wasserfall, ein Restaurant <strong>mit</strong> einer<br />

Aussichtsplattform. Clevere Geschäftsmänner,<br />

die Mountainbikes<br />

zum Herunterfahren anbieten. Ich<br />

ziehe die Seilbahn vor. Es ist Mittagszeit,<br />

Zeit, um die köstlichen Empanadas,<br />

für die Salta berühmt ist,<br />

zu genießen. Natürlich an Saltas<br />

schönsten Platz, dem Platz 9 de Julio.<br />

19


Besuch des wunderschönen Cabildos,<br />

einem Regierungssitz, der 1676 gebaut<br />

wurde und jetzt ein Museum ist.<br />

Eine kleine Oase der Ruhe. Man kann<br />

hier einen Renault von 1911 ansehen.<br />

Das größte Auto, das je von Renault<br />

gebaut wurde.<br />

Bei einem typischen Salta-Tag darf<br />

die Siesta nicht fehlen. Zum Glück<br />

kann ich auch bei größtem Lärm<br />

schlafen und die Israelis hier sind bis<br />

in die späte Nacht sehr laut.<br />

Ich reise zwar <strong>mit</strong> Rucksack, habe<br />

aber immer ein Reisejackett für besondere<br />

Gelegenheiten dabei und<br />

heute ist bei mir Kultur angesagt.<br />

Um 21.30 gibt das Symphonische<br />

Orchester von Salta ein Konzert:<br />

Str<br />

auß<br />

und<br />

die<br />

4.<br />

Sinfonie<br />

von<br />

Ma<br />

h-<br />

.<br />

Das<br />

The<br />

ater<br />

von<br />

Salta<br />

ste<br />

ht<br />

am Hauptplatz. ich habe mir<br />

die zweitteuerste Karte geleistet:<br />

5 € und sitze sehr bequem. Die<br />

mehr als 15 Minuten bis zum Beginn<br />

sind eine Zumutung: das Einstimmen<br />

der Instrumente. Witzig ist welche<br />

körperlichen Übungen der kleine<br />

Trommler ausführt. Man könnte denken,<br />

vor ihm liegt eine Schwerarbeit.<br />

Vielleicht ist es ja auch eine<br />

Schwerstarbeit. Aber dann beginnt<br />

ein schönes Konzert und die Musikgebildeten<br />

von euch wissen ja auch,<br />

dass in der 4. Sinfonie eine Sopranistin<br />

in einen Part zu singen hat. Dann<br />

20<br />

kam eine so dicke Sängerin auf die<br />

Bühne, die auf der Stelle von Fellini<br />

unter Vertrag genommen wäre, um<br />

in einem seiner Filme ihre voluminöse<br />

Figur zeigen zu können.<br />

Im Saal war natürlich wie bei uns das<br />

Bildungsbürgertum vertreten. Man<br />

sah, viele kannten sich. Ich habe<br />

mich da<strong>nach</strong> zu einem Bier an die<br />

Plaza gesetzt und den Abend genossen.<br />

Obwohl es schon Mitter<strong>nach</strong>t<br />

war, konnte man noch gut draußen<br />

sitzen. Seit meinem letzten Besuch<br />

ist nicht nur die Kathedrale beleuchtet,<br />

auch das Theater, das Cabildo<br />

und noch andere Gebäude.<br />

18.11.:Fahrt <strong>nach</strong><br />

San Pedro de<br />

Atacama<br />

Das kann ich<br />

jedem nur<br />

empfehlen. Sicherlich<br />

bisher<br />

die schönste<br />

Busfahrt, die<br />

ich gemacht<br />

habe. Morgens<br />

um 7 Uhr von<br />

Salta los, erst<br />

durch die<br />

Quebrada de<br />

Huamaca, dann<br />

durch Purmamarca<br />

in einer<br />

Das alte Cabildo en Salta atemberaubenden<br />

Fahrt<br />

auf den Pass La Jama <strong>mit</strong> 4200 m<br />

Höhe und dann in dieser Höhe <strong>nach</strong><br />

der argentinischen Grenze noch auf<br />

fast 4800 m! Ein bisschen mulmig<br />

wurde mir doch. Der Frau eines holländisch-norwegischen<br />

Paares ging<br />

es gar nicht gut. Was ich nicht verstehe,<br />

dass die Busse wegen dieser<br />

Höhe keine Sauerstoffflaschen dabei<br />

haben. Auch wenn der Busfahrer<br />

tröstete, es ging jetzt bergab, so fuhren<br />

wir noch lange auf dieser Höhe,


was ich ja dank meines Garmins gut<br />

prüfen kann. Der Blick auf den wunderschön<br />

geformten Vulkan Licancabur,der<br />

5916 m hoch ist und im Krater<br />

einen großen 30 Grad warmen<br />

See hat. Angeblich kann man den<br />

von chilenischer Seite aus nicht<br />

besteigen, weil er vermint ist. Haben<br />

die Chilenen immer noch Angst, dass<br />

die Bolivier ihren im Salpeterkrieg<br />

weggenommenen Zugang zum Pazifik<br />

gewaltsam erobern wollen? Ein<br />

Reiseleiter erzählte mir später, dass<br />

die chilenische Seite vermint wäre,<br />

weil man Grenzstreitigkeiten <strong>mit</strong> Argentinien<br />

befürchtete.<br />

Bei gewaltsam fällt mir ein, am<br />

18.11.1974 war die Beerdigung von<br />

RAF-Mitglied Holger Meins in Hamburg,<br />

der <strong>nach</strong> dem Hungerstreik<br />

starb. Ich habe damals in einer WG<br />

in der Osterstraße gewohnt und uns<br />

besuchten „Genossen“ aus Berlin, die<br />

zur Beerdigung anreisten. Lange ist<br />

es her.<br />

. Am zweiten<br />

Tag habe ich<br />

dann einen ausführlichen Stadtbummel<br />

gemacht. Ich hatte mir von Rubén<br />

ein gutes Mountainbike geliehen<br />

und bin die 7 km bis San Pedro geradelt,<br />

was ja keine große Entfernung<br />

ist. San Pedro wimmelt von Touristen<br />

21<br />

Die alte Adobekirche in<br />

San Pedro de Atacama<br />

aus allen möglichen Ländern. Ich<br />

hörte auch viel brasilianisch. Auf jeden<br />

Fall sind mehr Touristen als Einwohner<br />

in dem Ort, der auch nur im<br />

engeren Dorfkern schön ist, <strong>mit</strong> seiner<br />

alten aus Adobe gebauten Kirche.<br />

Es gibt ein schönes archäologisches<br />

Museum, das von einem belgischen<br />

Jesuitenpater aufgebaut wurde und<br />

bis vor wenigen Jahren auch Mumien<br />

ausgestellt hatte. Die indigenen Einwohner<br />

haben <strong>mit</strong> Erfolg dagegen<br />

protestiert und die Mumien sind<br />

glaube ich beigesetzt worden. Es gibt<br />

hier eine „Mönkebergstraße“, sie<br />

heißt hier Caracoles, in der sich eine<br />

Reiseagentur an die andere reiht und<br />

unzählige Hotel. Der Ort lebt vom<br />

Tourismus. ich hatte wie so oft per<br />

Internet gebucht, weil ich wusste,<br />

dass der Ort überlaufen ist. Das war<br />

auch gut so, nur dass ich nicht richtig<br />

gelesen hatte, dass mein Hotel 7 km<br />

von San Pedro, in der indigenen 200<br />

Einwohner zählenden<br />

Kommune Coyo liegt. Als<br />

ich <strong>mit</strong> dem Taxi ankam<br />

war ich erstmal geschockt.<br />

Der Eigentümer war nicht<br />

da. Ich war der einzige<br />

Gast, aber das Zimmer<br />

war sehr geschmackvoll<br />

eingerichtet. Es gibt einen<br />

kleinen Innenhof, na ja<br />

wechseln konnte ich nicht,<br />

da ich verbindlich für zwei<br />

Tage gebucht hatte. Als ich<br />

die junge Familie <strong>mit</strong> der<br />

kleinen reizenden Tochter<br />

Maira denn kennen lernte<br />

und sie sagten, dass ich<br />

abends da auch essen<br />

kann, war ich beruhigt.<br />

Rubén fuhr in die Stadt<br />

und kaufte, Wasser Wein und<br />

Bier für mich. Inzwischen bin<br />

ich froh, dass ich hier in der<br />

Ruhe ohne weitere Touristen lebe<br />

und habe auch nicht die Absicht zu<br />

wechseln.


Die Atacamawüste soll ja die trockenste<br />

Wüste der Erde sein, was<br />

man auch sofort sieht. In der gibt es<br />

denn so Oasen, wie San Pedro oder<br />

auch wie mein Dorf Coyo, wo es<br />

schön grün ist, wo Gärten sind. Ich<br />

bin am Sonntag 60 km <strong>mit</strong> dem<br />

Fahrrad gefahren und habe mir die<br />

alte Festung Pukara angesehen, dann<br />

ein ehemaliges Dorf, von dem nur<br />

noch Grundmauern zu sehen sind,<br />

die vom Wüstensand zugeschüttet<br />

sind und es wurden zwei Rundhäuser<br />

<strong>nach</strong>gebaut. In dieser unwirtlichen<br />

Gegend haben mal Menschen gewohnt.<br />

Der in der Nähe liegende,<br />

jetzt trockene Fluss muss mal Wasser<br />

gehabt haben. Es muss mal Gärten<br />

und Bäume gegeben haben. Ein<br />

früher Klimawandel hat hier Veränderungen<br />

gebracht. Jetzt haben sogar,<br />

obwohl in der Wüste einige Hotels<br />

Schwimmbäder! Es gibt hier fünf 5-<br />

Sterne-Hotels.<br />

Mit dem Rad ins Mondtal<br />

Der späte Nach<strong>mit</strong>tag war prädestiniert<br />

für die Radtour in das Tal des<br />

Mondes (valle de la luna). Ein Muss<br />

für jeden Besucher der Atacamawüste.<br />

Ich schwang mich auf das<br />

Fahrrad und musste nicht nur einige<br />

kleine Steigungen bewältigen, sondern<br />

auch gegen den jeden Nach<strong>mit</strong>tag<br />

einsetzenden Wind antreten, was<br />

<strong>mit</strong> 9 km/h schaffte. Vor mir fuhren<br />

viele Busse und wo die hielten, wusste<br />

ich war etwas Besonderes zu sehen.<br />

Bizarre Steinformationen in einer<br />

total menschenleeren Gegend.<br />

Weil die Oberfläche<br />

des Mondes<br />

wohl ähnlich beschaffen<br />

ist, bekam<br />

dieses Tal<br />

den Namen. Angeblich<br />

hätten<br />

hier auch Astronauten<br />

der NASA<br />

trainiert. Auf der<br />

Rückfahrt bin ich<br />

dann auf die<br />

große Düne gegangen<br />

und habe<br />

den Sonnenuntergang<br />

genossen.<br />

Es war witzig,<br />

auf allen in<br />

der Nähe der<br />

Straße gelegenen<br />

Bergen sah man<br />

Ganz früh an den Geysiren Touristen. Die Farben<br />

der Berge und der<br />

Düne veränderten sich schnell. Es<br />

gab schöne Schattenbildungen. Ich<br />

konnte nicht warten, bis die Sonne<br />

untergegangen war, vor mir lagen<br />

noch 7 km, die ich ungern im Dunkeln<br />

fahren wollte. Der Wind hatte<br />

<strong>nach</strong>gelassen und meistens ging es<br />

bergab.<br />

22


Fahrt zum Geisir Tatio<br />

Abends hieß es für mich früh in die<br />

Federn, da ich heute schon um 4 Uhr<br />

in der Frühe abgeholt wurde für eine<br />

lange Fahrt zu den Geysiren von Tatio.<br />

Es wurde langsam hell als wir,<br />

eine Gruppe aus zwei Französinnen,<br />

zwei brasilianischen Paaren und zwei<br />

Chilenen, dort ankamen. Überall<br />

schossen hohe Dampffontänen in den<br />

Himmel. Dies Phänomen gibt es nur<br />

in den frühen Morgenstunden. Das<br />

hochschießende Wasser war wohl 70<br />

Grad heiß und die Außentemperatur<br />

war -5 Grad! Ich war der Erste, der<br />

sich in das aufgestaute Becken traute:<br />

Genussvoll in dem 30 oder mehr<br />

Grad warmen Wasser, das entsprechend<br />

dampfte zu liegen bei dieser<br />

Außentemperatur und gleichzeitig<br />

Fotoobjekt für andere Touristen zu<br />

sein. Später, als die Sonne durchkam,<br />

nutzen viele diese Gelegenheit.<br />

Diese Geysire in 4200 m Höhe sollen<br />

die höchst gelegenen der Erde sein.<br />

Auf der Rückfahrt konnten wir jetzt<br />

im Hellen die Schönheit dieser Vulkanlandschaft<br />

genießen. Wir sahen<br />

auch viele Alpakas, die gar nicht so<br />

scheu waren.<br />

Wie alle anderen Unternehmen fuhren<br />

wir ins Dorf Machuca, der Name<br />

mag euch vielleicht auch den sehr<br />

sehenswerten chilenischen Film Machuca<br />

erinnern. Hier hat der chileni-<br />

23<br />

sche Staat es geschafft, ein schon<br />

verlassenes Dorf zu reaktivieren und<br />

es leben schon relativ viele Familien<br />

dort wieder in den Lehmziegelbauten.<br />

Es gibt elektrisches Licht und die<br />

wohl 500 oder mehr Tages-Touristen<br />

verschaffen eine Einnahme.<br />

Fahrt zu den Lagunen<br />

Heute hieß es zum Glück nicht so<br />

früh aufstehen, schließlich habe ich<br />

Urlaub. Patricio, der Fahrer und Reiseleiter<br />

war auch für die heutige Tour<br />

zuständig und die beiden brasilianischen<br />

Paare aus Porto Alegre waren<br />

auch dabei, neu ein spanisches Paar<br />

(?), <strong>mit</strong> dem ich mich viel unterhielt.<br />

Sebastián Àlvaro 2 und Esther sind<br />

begeisterte Kletterer. Sie klettern<br />

nicht nur in den Pyrenäen, in Nepal<br />

und Südamerika und beim Nachfragen<br />

stellte ich fest, dass ich Sebastian<br />

1993 in Chalten, im argentinischen<br />

Patagonien gesehen haben<br />

muss, weil damals die<br />

spanische Gruppe von<br />

der mehrwöchigen Eistour<br />

des patagonischen<br />

Eises zurückkam<br />

und ich dort zu einer<br />

mehrtägigen Wanderung<br />

startete Er ist<br />

Journalist schreibt für<br />

El País und AS, eine<br />

Sportzeitung, forscht<br />

über Ovellana 3 , ist viel<br />

in Nepal und China,<br />

hält Konferenzen in<br />

verschiedenen Ländern.<br />

Beide waren<br />

politisch sehr gut in-<br />

2Sebastián Àlvaro, 1950 in Madrid<br />

geboren ist<br />

Schöpfer der Fernsehserie „Al Filo de<br />

lo Imposible“ (frei: am Grad des Unmöglichen.<br />

Er schreibt auch viel für<br />

die Sportzeitung AS<br />

3 Francisco de Orellano, ein Spanier aus<br />

Trujillo, der von 1511 bis 1546 lebte,<br />

<strong>mit</strong> Pizarro kämpfte und <strong>mit</strong> dem<br />

jüngeren Bruder von Pizarro den<br />

Amzonas von West <strong>nach</strong> Ost fuhr


24<br />

Klaus auf dem Toco<br />

formiert. Im Gespräch verging die<br />

Fahrt sehr schnell, links von uns immer<br />

der dominierte Schichtvulkan<br />

Licancabur <strong>mit</strong> seinen 5916 Metern,<br />

den sie an den beiden Vortagen von<br />

chilenischer Seite bestiegen hatten.<br />

Mit den Minen scheint es wohl doch<br />

nicht zu stimmen. Sie sind beide gut<br />

durchtrainiert und haben die mehr<br />

als 1000 Höhenmeter in 7 Stunden<br />

bezwungen.<br />

Wir sind an der Laguna Chaxa ausgestiegen,<br />

zahlten unsere 8 € Eintritt<br />

und konnten die Flamingos Chilenos<br />

von sehr nahe bewundern, wo man<br />

sich fragt, von was leben die in diesem<br />

salzhaltigem Salar von Atacama?<br />

Schön, wie sich die vielen Vulkane<br />

in der Lagune spiegeln. Wir sind<br />

die ersten Besucher an diesem Morgen.<br />

Inzwischen hatte Patricio den<br />

Frühstückstisch gedeckt. Wir konnten<br />

Kaffee trinken und tauschten uns<br />

über das spanische Wahlergebnis<br />

aus. Zapatero hatte abgewirtschaftet<br />

und war wohl auch kein sehr fähiger<br />

Regierungschef. Auf den neuen, Rajoj,<br />

kommen harte Jahre zu.<br />

Die ersten 62 km unserer 260 km<br />

langen Tour hatten wir geschafft. Es<br />

sollten noch zwei weitere Höhepunkte<br />

auf uns zukommen: die Lagunen<br />

Miskanti und Miñiques, die auf mehr<br />

als 4000 m Höhe liegen.<br />

An die Höhe hatten wir<br />

uns alle gewöhnt.<br />

Ein kurzer Halt am südlichen<br />

Wendekreis. Wir<br />

waren 2600 km südlich<br />

des Äquators. Man hatte<br />

den Wendekreis durch<br />

einige Steinhügel markiert.<br />

Gleichzeitig war ein<br />

alter Inkaweg durch diese<br />

Wüste markiert. Patricio<br />

meinte wegen der Trockenheit<br />

könne man hier<br />

300 km weit sehen. Der<br />

Anblick war überwältigend.<br />

Der heutige Tag<br />

war sicherlich einer der<br />

Höhepunkte meiner<br />

„kurzen“ Reise. Die blaue<br />

Lagune in<strong>mit</strong>ten der Vulkane, am<br />

Rande „grasten“ Vicuñas. Es ist unvorstellbar,<br />

dass diese Lagune vor<br />

einigen Jahren <strong>mit</strong> Motorbooten befahren<br />

wurde. Jetzt untersteht sie<br />

einer indigenen Kommune und dem<br />

Staat. Man darf sich nur auf einigen<br />

wenigen Wegen fortbewegen, um das<br />

Ökosystem nicht zu schädigen.<br />

Den Abschluss bildete die Lagune<br />

Miniques, an der auch wieder Vicuñas<br />

standen. Und für Ornithologen interessant<br />

hier brütet der/die Tagua<br />

Cornuda 4 , ein vom Aussterben bedrohte<br />

Vogel. Auch hier nur auf abgrenzten<br />

Wegen sich fortbewegen.<br />

Ich kann einen mehrtägigen Aufenthalt<br />

in San Pedro de Atacama nur<br />

jedem empfehlen. Trotz Wüste ist<br />

man in einer atemberaubenden<br />

Landschaft, die sich in Jahrmillionen<br />

geformt hat.<br />

23.11.11 TOCO 5616 m<br />

Heute ist mein ganz gr0ßer Tag. Er<br />

beginnt nicht so wie geplant: Ich soll<br />

um 9 Uhr abgeholt werden, gegen 10<br />

Uhr werde ich von einer Nachbarin<br />

informiert, dass etwas Dazwischengekommen<br />

wäre, aber auf jeden Fall<br />

4 Der wissenschaftliche Name ist: Folica<br />

Cornudo


werde ich abgeholt. Ich habe Urlauballes<br />

halb so schlimm. Gegen 10.30<br />

kam Felipe, mein Fahrer und Bergführer<br />

etwas verschmutzt an, da er<br />

sich vor seinem Haus, wo Kanalisationsarbeiten<br />

ausgeführt wurden, festgefahren<br />

hatte. In Chile ist eigentlich<br />

alles gut organisiert, aber bei ihm<br />

nicht so, nicht nur, dass wir noch in<br />

das Büro mussten, sondern auch<br />

noch zum Tanken fahren musste,<br />

was dauerte, da es in San Pedro nur<br />

eine Tankstelle gibt. Ein Freund von<br />

ihm, Juan stieg noch hinzu und dann<br />

ging es Richtung Vulkan Toco, der<br />

mir als Anfänger empfohlen wurde.<br />

Immerhin kamen wir <strong>mit</strong> dem etwas<br />

klapprigen Wagen auf 5200 Meter,<br />

wo es trotz Sonne ziemlich kalt war.<br />

Nach einer kurzen Pause ging es los.<br />

Er ging vor mir, langsam und <strong>mit</strong><br />

relativ <strong>mit</strong> kleinen Schritten, was<br />

gut war in mehr als 5000 m Höhe.<br />

Jede halbe Stunde legten wir eine<br />

kleine Pause ein und <strong>nach</strong> eineinhalb<br />

Stunden hatten wir die 400 Höhenmeter<br />

geschafft und standen auf dem<br />

Gipfel des Toco. Mein Garmin maß<br />

5616 m. So hoch war ich noch nie.<br />

Zuletzt vor über dreißig Jahren in<br />

Mexico war ich auf dem Popocatepetl<br />

auf 5200 m.<br />

Von Gipfel hatten wir einen atemberaubenden<br />

Blick über die umliegenden<br />

Vulkane, auf eine große Lagune,<br />

die in Bolivien liegt. Traditionell<br />

dankten wir der pachamama. Ein<br />

Stück Schokolade wurde eingegraben,<br />

darauf einige Tabakkrümel gestreut<br />

und da wir keinen Alkohol hatten,<br />

wurde erst <strong>mit</strong> der rechten Hand<br />

und dann <strong>mit</strong> der linken etwas Wasser<br />

drüber gegossen. So dankten wir<br />

ihr, weil sie uns sicher den Berg hat<br />

besteigen lassen.<br />

Für Bergsteiger sind diese 400 m<br />

Höhe natürlich lächerlich. Ich war<br />

froh, dass ich es ohne Probleme geschafft<br />

hatte, was auch ein Zeichen<br />

war, dass ich gut an die Höhe gewöhnt<br />

war. Der Abstieg ging wegen<br />

des eisigen Windes sehr schnell. Im<br />

Auto gab es ein kleines Frühstück<br />

25<br />

und dann ging es Richtung bolivianischer<br />

Grenze, um drei Spanier von<br />

dort abzuholen. Auf dem Weg dahin<br />

habe ich das erste Mal einen Andenfuchs<br />

gesehen, der um sein Leben<br />

fürchtete, denn er wurde von einem<br />

Alpaka verfolgt!<br />

An der Grenze hieß es warten, die<br />

Spanier waren noch nicht dort. Das<br />

ist eine armselige bolivianische<br />

Grenzstation- ohne Toilette, die Leute<br />

gehen ins freie Feld. Ein einziger<br />

Grenzbeamter. Der Wagen, <strong>mit</strong> dem<br />

die Spanier unterwegs waren, ging<br />

unterwegs kaputt und sie mussten<br />

auf einen Ersatzwagen warten. So<br />

kam ich erst gegen 19 Uhr in meine<br />

kleine Oase.<br />

Jetzt müsste ich eigentlich noch einige<br />

Tage bleiben. Heute den Vulkan<br />

Lascar besteigen, was bedeuten würde<br />

in 3 bis 5 Stunden 600 Höhenmeter<br />

zu überwinden und dann mich an<br />

den Licancabur, der <strong>mit</strong> 5916 m hier<br />

der höchste und schönste Vulkan ist,<br />

herantrauen. Innen ist ein großer<br />

See. Diesen Vulkan schafft man nur<br />

in zwei Tagen und ich brauchte bestimmt<br />

vom 4800 m hoch gelegenen<br />

Basislager 9 Stunden bis zum Gipfel.<br />

Würde ich mir jetzt zutrauen- aber<br />

ich will jetzt am Freitag zurück <strong>nach</strong><br />

Argentinien. Ich habe Minenwarntafeln<br />

an der Straße gesehen. Ein Gebiet<br />

vor dem Licancabur ist tatsächlich<br />

vermint.<br />

Am Freitag nahm ich Abschied von<br />

Rubén, seiner Frau Bianca und der<br />

hübschen kleinen Tochter Maira. Rubén<br />

setze mich an der Bushaltestelle<br />

ab. Der Bus aus Antofagasta kam<br />

auch relativ pünktlich, war bis auf<br />

den letzten Platz belegt. Ich hatte<br />

das Glück oben neben einem spanisch<br />

sprechenden Franzosen zu sitzen<br />

und wir beide hatten einen schönen<br />

Blick auf diese atemberaubende<br />

Landschaft. Nervig war, dass wir in<br />

San Pedro de Atacama eineinhalb<br />

Stunden warten mussten, bis wir unsere<br />

Stempel im Pass hatten, da nur<br />

ein einziger Beamter dort arbeitete!<br />

Eine Zumutung.


Der Bus quälte sich <strong>mit</strong> 35 km/h auf<br />

die 4000 und mehr Meter hoch. Unterwegs<br />

überholten wir viele Lastwagen,<br />

die mehr als 20 gebrauchte Autos<br />

geladen hatten, aus der chilenischen<br />

Hafenstadt Iquique kamen.<br />

Dort die aus Japan stammenden Gebrauchtwagen<br />

geladen hatten und<br />

diese <strong>nach</strong> Paraguay bringen. Später,<br />

auf der linken Seite hat wohl ein eingeschlafener<br />

Lastwagenfahrer die<br />

Leitplanke durchbrochen und landete<br />

in der Wüste. Fahrer von anderen<br />

Lastern versuchten ihn <strong>mit</strong> ihren<br />

schweren Zugmaschinen, den „gestrandeten“<br />

Laster wieder auf die<br />

Straße zu ziehen. Am späten Nach<strong>mit</strong>tag<br />

ging es denn von 4000 m runter<br />

<strong>nach</strong> Purmamarca. Das ist Straßenbaukunst.<br />

Da kann man nur hoffen,<br />

dass der Fahrer nicht einschläft.<br />

Von Purmamarca <strong>mit</strong> einem Minibus<br />

<strong>nach</strong> Tilcara in mein Hotel Malka.<br />

Herzlicher Empfang von Teresa.<br />

Abends im Restaurant habe ich zu<br />

einem guten Wein Lamafleisch gegessen,<br />

was aber nicht so gut wie<br />

bife de chorizo schmeckt.<br />

26<br />

So weit so gut. Das reicht erstmal.<br />

Seid alle herzlichst gegrüßt und<br />

schreibt gern mal.<br />

Un abrazo Klaus<br />

Reisebericht06:<br />

Tilcara-San Lucas-Iruya-Zwei<br />

Trekkingtouren<br />

Freitag, 2.12.2011<br />

Ich sitze in meinem Lieblingshotel<br />

Malka auf der Terrasse und blicke in<br />

das Tal von Huamaca, das sich fast<br />

bis zur bolivianischen Grenze hinzieht<br />

und trinke meinen Matetee während<br />

ich tippe. Heute ist mein Ruhetag,<br />

den ich mir verdient habe, da ich am<br />

letzten Montag mutig für eine mehrtägige<br />

Wanderung aufgebrochen bin.<br />

Ich bin am frühen Morgen <strong>mit</strong> einem<br />

Remis, so nennt man hier die kleinen<br />

Privatwagen, die als Sammeltaxi fahren:<br />

Fahrer, Beisitzer und hinten<br />

quetschen sich drei Leute hin. Eigentlich<br />

eine gute Sache, relativ billig<br />

und man kommt schneller als <strong>mit</strong><br />

einem Bus zum Ziel. Ich war früh in<br />

Jujuy und von dort bin ich <strong>mit</strong> einem<br />

weiteren remis <strong>nach</strong> Liberador General<br />

San Martín gefahren, die Stadt ist<br />

aber unter Ledesma bekannter. In<br />

Argentinien war mal wieder Feiertag.<br />

Es gibt mehrere Feiertage, die trasladable<br />

sind, also verschiebbar. So<br />

wurde der Tag der Soberanía, eigentlich<br />

in Erinnerung an den 20.11.<br />

1845, einer Schlacht am Río Paraná<br />

auf den 28. November gelegt, um<br />

den Tourismus anzukurbeln, was<br />

man auch merkte. Wie weiter von<br />

Ledesma <strong>nach</strong> San Francisco, so<br />

heißt der kleine Bergort? Ein einziger<br />

Bus fuhr nur am frühen Morgen. Ich<br />

entschied mich für ein Taxi, das mich<br />

in den wunderschönen Naturpark<br />

Calilegua brachte.<br />

Naturpark Calilegua<br />

Der Taxifahrer war sehr jung. Das<br />

war nicht sein eigenes Taxi, sondern<br />

er „mietet“ das Auto für 120 Peso am<br />

Tag, ungefähr 22 € und verdient am


Tag zwischen 60 und 80 Pesos. Angeblich<br />

fährt er zwischen 5 Uhr und<br />

21 Uhr am Tag. Er fragte mich, was<br />

ein Flug von Europa <strong>nach</strong> Buenos<br />

Aires kostet. Eine Summe, die außerhalb<br />

seiner Vorstellung ist. Dort<br />

am Eingang des Parks gibt es zwei<br />

Campingplätze, etwas rustikal, aber<br />

ein kleiner Fluss zum Baden und<br />

Wasserschöpfen ist in der Nähe. Ich<br />

baute mein kleines Zelt auf und war<br />

mal wieder der einzige Zelter. In diesem<br />

Park sollen viele Tiere leben.<br />

Vom Nasenbär, Bergfuchs, Tapir,<br />

Bergkatze und Lugaro Colorado. Den<br />

letzteren habe ich auf dem Campingplatz<br />

gesehen, einen Leguan, der<br />

mehr als einen Meter maß und wohl<br />

die letzten Reste der Campinggäste<br />

verspeiste. Es sollen dort viele Vogelarten<br />

leben, u.a, auch der Tukan.<br />

Ich habe die sehr direkte Nachbarschaft<br />

der Urraca común, für die Gebildeten<br />

Cyanocorax chrysops erlebt,<br />

die sehr dreist waren und mir fast<br />

meinen Keks geklaut hätten. Ein Zeichen,<br />

dass sie dort gefüttert werden.<br />

Was den Baumspezialisten Harald<br />

Meine Begleiterinnen.<br />

Rechts Elisabeth<br />

interessieren wird. In einem Prospekt<br />

des Parkes sind 78 Bäume aufgelistet.<br />

Der Park ist ein subtropischer<br />

Regenwald. Wenn man von Tilcara<br />

oder Jujuy kommt, aus den trocke-<br />

27<br />

nen Gebieten kommt ist man erstaunt<br />

urplötzlich in der Selva zu<br />

sein, wo alles grün ist, dicht bewachsen<br />

ist. Der Regenwald geht bis<br />

auf 2000 m. So wachsen bestimmte<br />

Bäume nur in einer begrenzten Höhenlage.<br />

Einige wachsen nur unten<br />

im Tal während andere nur in den<br />

Höhen anzutreffen sind. Was stört ist<br />

die Straße, die durch den Calilegua-<br />

Park führt und ziemlichen Lärm<br />

macht, auch wenn wenig Verkehr ist.<br />

Zum Glück wird es hier 22 Grad südlicher<br />

Breite (am 21.12. steht hier<br />

die Sonne direkt über dem Wendekreis<br />

und es ist der längste Tag, in<br />

der Nähe des Wendekreises des<br />

Steinbocks nicht so früh dunkel, aber<br />

die Mücken trieben mich in mein Zelt<br />

und dann regnete es die ganze<br />

Nacht. Morgens ein irrer Vogellärm,)<br />

alles dampfte. Nach einem kargen<br />

Frühstück, immerhin <strong>mit</strong> heißem Tee<br />

stellte ich mich an die Straße, die<br />

durch den Park führt und hatte bald<br />

Glück, das mich ein kleiner Kombi<br />

<strong>mit</strong>nahm. Typisch war, dass der Fahrer<br />

eine junge stillende Mutter in den<br />

Laderaum verfrachten<br />

wollte, um mir vorne<br />

einen Platz anzubieten,<br />

was ich natürlich<br />

ablehnte. So stand ich<br />

im Laderaum und<br />

schaute in den Park,<br />

der sich von 450 m bis<br />

über 1000 Meter hochzog.<br />

Die Straße war<br />

sehr schlecht. Die<br />

Fahrt dauerte lange<br />

bis San Francisco.<br />

Nach einem Frühstück<br />

in einem „Café“ wanderte<br />

ich los, um die<br />

Stelle zu finden, wo es<br />

<strong>nach</strong> San Lucas ging.<br />

Auf <strong>nach</strong> San Lucas<br />

Ich hatte meine Wanderung<br />

schon zweimal gemacht, aber<br />

immer von Tilcara aus. Zwischendurch<br />

konnte ich immer mal wieder<br />

Leute fragen, wo denn der Weg zum<br />

Fluss war. Hier ist ja nichts ausge-


schildert. Der Weg kam mir sehr lang<br />

vor, aber man sagte mir, dort seien<br />

zwei kleine Unterstände und es wären<br />

auch Leute dort, was stimmte.<br />

Ich war froh, endlich dort angekommen<br />

zu sein. Drei Lehrerinnen aus<br />

Schule von San Lucas waren dort<br />

und halfen <strong>mit</strong> die Verpflegung für<br />

die Schüler auf Pferden zu laden. Als<br />

sie mir sagten, sie würden langsam<br />

gehen und wir wären gegen 18 Uhr<br />

in San Lucas, war mir schon klar,<br />

dass ich es bei meinem schweren<br />

Rucksack in der Zeit nicht schaffen<br />

würde. Ich ging voraus, wollte eigentlich<br />

unten im San-Lucas-Fluss<br />

baden, aber der war nicht wegen des<br />

Regens mächtig angeschwollen, sondern<br />

auch lehmig braun, so dass ich<br />

auf die Abkühlung verzichtete. Ich<br />

ließ Zelt und Schlafsack von der<br />

Sonne trocknen, maß die Höhe <strong>mit</strong><br />

meinem Garmin: 1046 m, wusste<br />

zum Glück noch nicht die Höhe von<br />

San Lucas. Ich traute meinen Augen<br />

nicht, als ich einen Mountainbikefahrer<br />

den schmalen Pfad herunterkommen<br />

sah. Ein junger Argentinier<br />

war in Tilcara gestartet und nun auf<br />

der Rückfahrt. Wahnsinnige Leute<br />

gibt es. Und dann ging es hinauf,<br />

irgendwann traf ich drei Lehrerinnen<br />

bei einer kleinen Pause. Wir gingen<br />

ein Stück gemeinsam, aber sie waren<br />

schneller als ich, warteten aber immer<br />

mal wieder auf mich, gaben mir<br />

Tipps, wo Wasserstellen waren. Inzwischen<br />

kam auch der Campesino<br />

<strong>mit</strong> den Pferden, die das Essen für<br />

die Schüler transportierte. Ich fragte<br />

meine Begleiterinnen immer wieder,<br />

wie lange es noch dauern würde bis<br />

zu ihrer Schule, noch vier Stunden,<br />

dann drei Stunden, irgendwann angeblich<br />

nur noch eine Stunde. Ich<br />

konnte nicht mehr. Es war schon<br />

19.30 Uhr. Ich war auf 1680 m Höhe<br />

und hatte seit dem frühem Morgen,<br />

seit San Francisco nur 12,7 km geschafft.<br />

Ich baute mein Zelt auf und<br />

schlief auch sofort ein. Am nächsten<br />

Morgen kam ich in der Schule an. Die<br />

Lehrerinnen begrüßten mich recht<br />

28<br />

herzlich. Ich bekam einen Tee und<br />

selbst gebackenes Brot. Eine Campesina<br />

arbeitete dort als Köchin. Ich<br />

wiederholte meinen Respekt für diese<br />

entbehrungsreiche pädagogische Arbeit.<br />

Sie wohnen in Ledesma oder<br />

Jujuy, reisen am Sonntag <strong>mit</strong> dem<br />

Bus an, gehen 7-8 Stunden zu ihrer<br />

Schule und gehen am Freitag<strong>mit</strong>tag<br />

zurück, um den 16-Uhr-Bus <strong>nach</strong><br />

Ledesma zu erreichen! Da San Lucas<br />

auf mehr als 1800 m Höhe liegt müssen<br />

sie nicht nur lange gehen, sondern<br />

auch noch 800 Höhenmeter<br />

überwinden. Die kleine Schule wirkte<br />

nicht sehr gepflegt. Sie ist für einige<br />

Schüler gleichzeitig Internat. Es gibt<br />

nur 14 Schüler aller Altersklassen.<br />

Diese Dörfer sterben langsam aus. Es<br />

werden nur noch die alten Leute dableiben.<br />

Die Schüler gehen in die<br />

Städte. Licht gab es in allen Häusern,<br />

da alle Solarpaneele hatten, auch<br />

fließend Wasser, aber kein WiFi und<br />

auch kein Handysignal. Per Funk<br />

können sie Hilfe bei schweren Krankheiten<br />

anfordern, so dass ein Hubschrauber<br />

kommen kann. Hier haben<br />

die Schüler keine Laptops und die<br />

Schule hat auch keinen Internetanschluss.<br />

Elisabeth, die junge schöne<br />

Vorschullehrerin erzählte mir, dass<br />

sie bei der Fußballweltmeisterschaft<br />

den Schulfernseher und einen Generator<br />

<strong>mit</strong> auf den Gebirgskamm genommen<br />

hätten und dort einige Spiele<br />

verfolgen. Welch hartes Lehrerdasein!<br />

Die Lehrerinnen beklagten,<br />

dass weder im Innenhof der Schule<br />

noch auf den Toiletten Licht gab. Da<br />

muss Cristina, die Präsidentin, auch<br />

noch einiges <strong>nach</strong>holen.<br />

Weg <strong>nach</strong> Mololu???<br />

Ich ließ mir dann von zwei Schülern<br />

der 7.Klasse, die übrigens keinen<br />

Englischunterricht erhalten, den Weg<br />

<strong>nach</strong> Molulo zeigen. Es ist ja nichts<br />

ausgeschildert und bald verlief ich<br />

mich auch. Ich war sicher den richtigen<br />

Weg gefunden zu haben, schließlich<br />

bin ich 2003 und 2006 die Strecke<br />

gegangen, nur von der anderen


Seite aus. Zwei Campesinos, die ihre<br />

Pferde auf eine hoch gelegene Weide<br />

brachten, deuteten mir an, wo der<br />

richtige Weg sei. Ich war vom Aufstieg<br />

des Vortages geschafft. Es zogen<br />

dunkle Wolken auf und die ersten<br />

Regentropfen fielen. Im Regen<br />

musste ich schnell das Zelt aufbauen.<br />

Es war erst 15 Uhr als ein gewaltiges<br />

Gewitter über den Kamm zog, und es<br />

regnete ohne Unterbrechung bis 6<br />

Uhr. Das war ein langer Zeltaufenthalt,<br />

was nicht so schlimm gewesen<br />

wäre, hätte es nicht in mein Northface-Zelt<br />

rein geregnet. Es bildeten<br />

sich Pfützen. Ich musste immer wieder<br />

den Schwamm ausdrücken. Mein<br />

Schlafsack wurde ziemlich nass, aber<br />

irgendwie habe ich die Nacht überstanden<br />

und war froh, dass ich mir<br />

um 6 Uhr einen Tee kochen konnte<br />

und meine nassen Sachen alle im<br />

Rucksack verstauen konnte, der jetzt<br />

noch schwerer war als vorher. Die<br />

Sicht war wegen der Dampfbildung<br />

sehr schlecht. Molulo, der nächste<br />

Ort war für mich „gestorben“ wegen<br />

des Zeltes. Ich musste ja wieder <strong>mit</strong><br />

Regen rechnen. Ich schied mich für<br />

einen Abstieg und eine Rückkehr<br />

<strong>nach</strong> San Francisco. Durch den Regen<br />

war alles glitschig. Ohne Teleskopstöcke<br />

wäre ich wohl andauernd<br />

hingefallen. Zwischendurch kochte<br />

ich mir eine Suppe. Und dann tauchte<br />

wie im Märchenwald wieder Elisabeth<br />

auf, die <strong>nach</strong>dem sie einen Tag<br />

in der Schule war irgendwelche<br />

Schulunterlagen in Jujuy besorgen<br />

sollte. Mit ihrem Tempo konnte ich<br />

nicht <strong>mit</strong>halten. Ich hoffte sie an der<br />

Straße wieder zu treffen, um den Bus<br />

zu nehmen. Unterwegs traf ich noch<br />

einen Lehrer, der aus dem Dorf Santa<br />

Barbara kam. Die beiden Lehrer<br />

traf ich an der Straße, wo wir gemeinsam<br />

auf den Bus warteten. Es<br />

kam aber vorher ein Kombi, der uns<br />

drei bis Ledesma <strong>mit</strong>nahm. Die Seitentür<br />

schloss nicht, so dass sie weit<br />

aufstand und ich noch einmal den<br />

schönen Bergwald des Calilegua-<br />

Parkes genießen konnte.<br />

29<br />

Das Bergdorf Iruya<br />

Von Ledesma bin ich dann <strong>mit</strong> zwei<br />

Remis spät abends in Tilcara angekommen<br />

und konnte wieder in mein<br />

Hotelzimmer ziehen und musste<br />

erstmal meine total verdreckte Kleidung,<br />

einschließlich des Rucksacks<br />

waschen.<br />

Was macht man in Tilcara?<br />

bin das vierte Mal in Tilcara: 1993,<br />

2003, 2006 und jetzt im Dezember<br />

2011. Es hat sich viel verändert. Es<br />

gibt viele neue Restaurants, Hotels<br />

und man hat den Eindruck, ähnlich<br />

wie in San Pedro de Atacama, die<br />

Investoren sind nicht die Leute aus<br />

Tilcara, sondern viele aus Buenos<br />

Aires. Man hört oft den besonderen<br />

Sprachklang der porteños. Abends<br />

gibt es viel Andenmusik. Ingrid würde<br />

das als Andendudelei bezeichnen.<br />

In Tilcara gibt es natürlich kein Kino,<br />

aber ein kleines Kulturinstitut, das<br />

samstags immer Filme zeigt. Ich sah<br />

am ersten Samstag einen Woody


Allen-Film, den Titel habe ich vergessen,<br />

aber ein typischer Film <strong>mit</strong> vielen<br />

Cliches: ein älterer Mann trennt<br />

sich von seiner Frau, heiratet eine<br />

junge Edelprostituierte, seine Tochter<br />

ist <strong>mit</strong> einem erfolglosen Schriftsteller<br />

verheiratet, der seinem im Koma<br />

liegenden Freund das Romanmanuskript<br />

klaut, eine neue Freundin. Seine<br />

Exfrau möchte durch einen mütterlichen<br />

Kredit eine Galerie eröffnet.<br />

Zum Schluss scheitern alle.<br />

Dokumentarfilm über Salvador Allende<br />

Gestern gab es von dem bekannten<br />

chilenischen Dokumentarfilme Patricio<br />

Guzman, <strong>mit</strong> dem ich das Geburtsjahr<br />

gemeinsam habe einen Dokumentarfilm<br />

über Salvador Allende.<br />

Leider nur 5 Zuschauer. Guzman war<br />

Anhänger und Unterstützer von Allende,<br />

war <strong>nach</strong> dem Putsch 15 Tage<br />

im Nationalstadion eingesperrt. Allende<br />

wird als sehr integere Person<br />

dargestellt, was wohl auch stimmt.<br />

Er hat ja erst im 4. Anlauf auch <strong>mit</strong><br />

nur 36,3 % der Stimmen die Präsidentenwahl<br />

gewonnen. Außer den<br />

bürgerlichen Kreisen haben die USA<br />

alles mögliche getan, um diese Wahl<br />

zu verhindern und sie sind beteiligt<br />

an dem Mord des Obersten Chefes<br />

des Heeres, René Schneider, der sich<br />

strikt für die Einhaltung der Verfassung<br />

ausgesprochen hatte. Er sollte<br />

zweimal entführt werden und wurde<br />

beim zweiten Versuch so stark verwundet,<br />

dass er kurz darauf starb.<br />

Seine Kinder haben 2001 in Washington<br />

Henry Kissinger und Helms,<br />

den ehemaligen CIA-Chef verklagt.<br />

Während der Regierungszeit von Allende<br />

wurden nicht nur die großen<br />

Kupferminen, die den Familien Rockefeller<br />

und Rothschild gehörten,<br />

verstaatlicht, sondern auch 2 Millionen<br />

Hektar Land wurde an Kleinbauern<br />

verteilt. Wir alle wissen, wie die<br />

Geschichte ausging, dass der Regierungssitz,<br />

die Moncloa, bombardiert<br />

wurde und Allende sich erschoss. Das<br />

Angebot der Militärs ihn außer Land<br />

zu fliegen nahm er nicht an. Er war<br />

30<br />

der gewählte Präsident des chilenischen<br />

Volkes. Obwohl die Militärs<br />

wussten, dass Allende sich nicht in<br />

seinem Wohnhaus aufhielt, wurde es<br />

auch angegriffen und die Nachbarn<br />

haben zusammen <strong>mit</strong> den Militärs<br />

das Haus geplündert! Guzman befragte<br />

2010 einige Nachbarn, doch<br />

die meisten verweigerten die Auskunft!<br />

Ich kann mich noch gut an den<br />

11.9.1973, den Tag des Putsches<br />

erinnern. Ich war in einer WG irgendwo<br />

am Deich in Over, an der<br />

Elbe. Später gab es immer wieder<br />

Diskussionen, wie der Putsch hätte<br />

verhindert werden können. Hätte die<br />

Unidad Popular Waffen an die Anhänger<br />

verteilen sollen? Allende war<br />

zu sehr Pazifist. Auch Fidel Castro,<br />

der sich 3 Wochen in Chile aufhielt,<br />

gab Allende Ratschläge. Er hätte gegen<br />

die protestierenden bürgerlichen<br />

Frauen seine Anhängerinnen mobilisieren<br />

sollen. Allende wurde dann<br />

still in Viña del Mar beigesetzt, nur<br />

seine engsten Familienangehörigen<br />

durften der Beisetzung folgen. Erst in<br />

den 90er Jahren wurde er offiziell in<br />

Valparaiso(?) begraben. Am kommenden<br />

Samstag gibt es wieder einen<br />

Hollywood-Allen-Film, mal sehen,<br />

ob ich da noch in Tilcara bin.<br />

Freitag 9.12. Wieder in Tilcara- Trekking<br />

in Iruya<br />

Seit gestern wieder in Tilcara, meiner<br />

Basisstation für kleinere Ausflüge.<br />

Am letzten Montag bin ich <strong>mit</strong> Christof,<br />

einem Schweizer, der in Bern für<br />

das Parlament arbeitet, <strong>nach</strong> Iruya<br />

<strong>mit</strong> dem Bus gefahren, auch wieder<br />

auf einer atemberaubenden Schotterstraße,<br />

die sich bis auf 4000 m<br />

hochschraubt und dann runter geht<br />

auf 2400 m Höhe. Dort suchten wir<br />

einen Bergführer und kamen gleich in<br />

eine brisante politische Diskussion.<br />

Nach meinen Internetrecherchen war<br />

es möglich eine fünftägige Wanderung<br />

zu dem Ort Nazareno zu starten,<br />

wo es einen Straßenanschluss<br />

gab. Barnabe, ein indigener Führer,


der <strong>mit</strong> einer Gruppe argentinischer<br />

Wanderung dort stand, belehrte uns<br />

eines besseres. Die Dorfbewohner<br />

von Nazareno hatten sich als Gemeinde<br />

gegen den Tourismus entschieden<br />

und hatten den Bau eines<br />

größeren Hotels verhindert, was man<br />

in Iruya damals noch nicht geschafft<br />

hatte. Oben in Iruya gibt es ein 4-<br />

Sterne-Hotel auf dem Berg, was auch<br />

nicht zu dem kleinen Ort Iruya passt.<br />

Ich hatte dort 2003 mal gewohnt.<br />

Preise wie in Buenos Aires. Zurück zu<br />

unserer Wanderung, also <strong>mit</strong> Nazareno<br />

würde es nichts werden. Wir<br />

hatten die Entscheidung der Bevölkerung<br />

zu akzeptieren. Barnabo suchte<br />

für uns einen Bergführer aus und wir<br />

wurden <strong>mit</strong> Luis Zambareno, genannt<br />

Lucho, schnell einig. Der angehende<br />

Geschichtslehrer stammt aus dem<br />

Dorf San Juan, kennt die Gegend und<br />

schlug uns vor, am kommenden Tag<br />

ins Dorf Chiyayoc zu gehen, von dort<br />

aus in sein Heimatdorf San Juan und<br />

dann am dritten Tag <strong>nach</strong> San Isidro<br />

und von dort aus zurück<br />

<strong>nach</strong> Iruya. Er würde alles<br />

<strong>mit</strong> den Unterkünften und<br />

den Essen regeln.<br />

Christof, Lucho und Klaus<br />

Am Dienstagmorgen starteten<br />

wir drei, angenehm nur<br />

<strong>mit</strong> einem Tagesrucksack zu<br />

wandern, den man kaum<br />

spürt. Nachdem wir einen<br />

Fluss überquert hatten, ging<br />

es doch ganz schön bergauf,<br />

aber immer auf mehr<br />

oder minder ausgetretenen<br />

Maultierpfaden. Erste Pause<br />

auf der abra (Kamm) <strong>mit</strong><br />

einem beeindruckenden<br />

Blick auf die umliegenden Berge.<br />

Dann mehrere Hunderte Meter hinab<br />

zum Fluss. Ich habe mich so auf den<br />

schmalen Pfad konzentriert, dass ich<br />

gar nicht <strong>mit</strong>bekommen habe, wie<br />

steil es abging. Christof hatte es besser<br />

<strong>mit</strong>bekommen und fand es riskant.<br />

Man kann es sich nicht vorstellen,<br />

dass hier die Campesinos <strong>mit</strong><br />

31<br />

Pferden oder Eseln langgehen können.<br />

Wohlverdiente Pause am Fluss<br />

und dann ging es in ewigen Serpentinen<br />

<strong>nach</strong> oben, vorbei an einem<br />

„Fußballplatz“ in mehr als 3000 m,<br />

der nicht nur steinig war, sondern<br />

kein bisschen eben. Wenn da ein Ball<br />

nicht gehalten wird, der fliegt weit.<br />

Irgendwann am Nach<strong>mit</strong>tag hatten<br />

wir unsere Unterkunft erreicht- nur<br />

es war niemand dort, alles abgeschlossen<br />

und dann fing es noch an<br />

zu regnen. Lucho wanderte ins Dorf<br />

und kam <strong>nach</strong> einiger Zeit <strong>mit</strong> der<br />

Mitteilung <strong>mit</strong>, dass es inzwischen<br />

eine neue Unterkunft gab, die näher<br />

an der Schule lag. Da mussten wir<br />

erstmal hinkommen. Wieder bergab<br />

zum Fluss und dann wieder hinauf<br />

und dass <strong>nach</strong> 7 Stunden Wanderung.<br />

Die Unterkunft war gut. Ein aus<br />

Adobe gebautes Haus, das <strong>mit</strong> Zementputz<br />

versehen wurde. Und was<br />

einem Wunder glich. Es gab einen<br />

Sanitärbereich, der an ein Zwei- oder<br />

Dreisternehotel erinnerte. Dusche<br />

und Bidet! Es gab keinen Strom und<br />

natürlich kein Warmwasser. Leider<br />

begann es an zu regnen. Ein Dauerregen<br />

bis zum nächsten Morgen. Lucho<br />

und Leonardo, der Campesino,<br />

dem das Haus gehörte kochten einen<br />

leckeren Eintopf, den wir beim<br />

Schein einer relativ hellen Kerosinlampe<br />

verspeisten. Man muss sich


vorstellen, dass alles Baumaterial <strong>mit</strong><br />

Maultieren hier hoch getragen wurde.<br />

Vieles muss auf den Schultern getragen<br />

werden, z. B. die Balken aber<br />

auch ein Tisch oder einen Schrank,<br />

was Tiere nicht tragen können. Für<br />

uns unvorstellbar, aber wir haben ja<br />

in den folgenden Tagen Jugendliche<br />

gesehen, die Balken und Zinkbleche<br />

in die Dörfer trugen. Wie ist es <strong>mit</strong><br />

Kranken? Sie werden, wenn es geht,<br />

auf dem Pferd zum Krankenhaus<br />

<strong>nach</strong> Iruya gebracht oder sonst auf<br />

einer Bahre auf den Schultern getragen.<br />

In der Zeitung Clarin stand, dass 60<br />

% der Argentinier keine sportlichen<br />

Tätigkeiten ausüben, kaum zu Fuß<br />

gehen, einige nicht mal ihren Hund<br />

ausführen, sondern dafür Hundesitter<br />

angagieren. Alle Dorfbewohner zählen<br />

zu den 40%, was die so laufen<br />

und dabei enorme Höheunterschiede<br />

bewältigen. Ich habe auch keinen<br />

dicken Menschen im Gebirge gesehen.<br />

In diesem Dorf wie auch in anderen<br />

kann mal als Wanderer gehen, allerdings<br />

nur <strong>mit</strong> Führern. Ohne Lucho<br />

hätten wir nie den Weg gefunden.<br />

Auch müssen die Unterkünfte vorher<br />

gebucht werden. Im Gespräch <strong>mit</strong><br />

den Campesinos erfährt man viel von<br />

ihren harten Lebensbedingungen.<br />

Unser „Wirt“ wollte an diesem Morgen<br />

pflügen, <strong>mit</strong> einem Pflug, wie es<br />

bei uns auch Bauern vor 100 Jahren<br />

taten. Wegen des abschüssigen Gefälles<br />

muss er <strong>mit</strong> dem Pflug mühsam<br />

Furchen ziehen, um Kartoffeln<br />

zu pflanzen. Was eine 5- 6jährige<br />

Kuh einbringt? Wenn er sie, <strong>nach</strong>dem<br />

er sie <strong>nach</strong> Iruya gebracht hat, erhält<br />

er ungefähr 220 € dafür. Kühe, Pferde,<br />

Esel oder Ziegen weiden in bestimmten<br />

Gebieten, weit ab von den<br />

Dörfern. Als Lucho ein Kind war,<br />

musste er manchmal die Esel seines<br />

Vaters im Gebirge suchen, da sie für<br />

einen Transport gebraucht wurden.<br />

In der Nacht regnete es fast ununterbrochen.<br />

Als wir am frühen Morgen<br />

aufwachten war das Tal wolken-<br />

32<br />

verhangen. Wir hofften auf die Kraft<br />

der Sonne und schauten immer wieder<br />

in das Tal, wo sich langsam die<br />

Wolken verzogen. Nach einem sehr<br />

kargen Frühstück zogen wir los. Die<br />

Schule hatte noch nicht begonnen.<br />

Heute war hier der letzte Schultag.<br />

Erst am 1.März müssen die Schüler<br />

wieder ihren Unterricht beginnen. Wir<br />

zogen los.<br />

Auf den Weg <strong>nach</strong> San Juan<br />

Unser Tagesziel war das Geburtsdorf<br />

von Lucho, San Juan, zu erreichen.<br />

Unterwegs begegneten uns Schüler,<br />

die aus den umliegenden Dörfern<br />

kamen. Lucho kaufte unterwegs Ziegenkäse<br />

in einem „Gehöft“ ein. Unser<br />

Weg ging höher, leider waren die<br />

Regenwolken noch nicht von der<br />

Sonne verdampft und schränkten<br />

den Blick so stark ein, so dass unser<br />

Führer die Orientierung verlor und<br />

zum Glück Schulkinder ihm den richtigen<br />

Weg wiesen. Wir waren auf<br />

3800 m angelangt und dann begann<br />

ein mühsamer Abstieg, weil der Weg<br />

kaum zu sehen war. Der Dauerregen,<br />

verbunden <strong>mit</strong> Erdrutschen hatte viel<br />

zugeschüttet. Wir mussten uns sehr<br />

auf den schmalen Pfad konzentrieren.<br />

Zum Glück wurde die Sicht besser<br />

und wir konnten in der Ferne das<br />

Dorf San Juan, unser Tagesziel erkennen,<br />

aber wir mussten noch weit<br />

zum Fluss absteigen, stolpernd, rutschend<br />

bis wir unten ankamen. Ein<br />

Campesino aus San Juan war auf<br />

dem Weg zwei Kühe <strong>nach</strong> Chiyayoc<br />

zu bringen. Jede deutsche oder<br />

schweizerische Kuh wäre hier an ihre<br />

Grenze gekommen und hätte <strong>mit</strong> Sicherheit<br />

einen Herzinfarkt erlitten.<br />

Uns war es ein Rätsel, wie diese Tiere<br />

es schaffen, die schmalen Pfade zu<br />

gehen. Als wir vom Fluss zum Dorf<br />

aufsteigen mussten, war der Weg so<br />

schmal, dass wir uns an der Wand<br />

entlang tasteten. Wie können hier<br />

behäbige Kühe entlang gehen können?<br />

Irgendwann hatten wir es geschafft<br />

und waren in San Juan am<br />

frühen Nach<strong>mit</strong>tag angekommen.


Erst setzte ein Nieselregen ein, In<br />

der von Lucho angemieteten Unterkunft<br />

war niemand und er fragte<br />

schon <strong>nach</strong> einer Ersatzunterkunft<br />

bei seiner Tante, die dann glücklicherweise<br />

einen Schlüssel hatte und<br />

erst mal in der Küche Feuer machte,<br />

um uns einen Tee zu kochen. Inzwischen<br />

goss es in Strömen. Die Sicht<br />

war gleich Null und wir waren besorgt,<br />

wie wir am nächsten Tag weiter<br />

kommen können. Es war klar, bei<br />

Regen konnten wir nicht gehen, weil<br />

die Gefahr des Steinschlags zu groß<br />

war, Ausharren in San Lucas, ohne<br />

elektrisches Licht, ohne Heizung. Die<br />

kleinen Kinder der Tante leisteten<br />

uns ein wenig Gesellschaft, waren<br />

froh über die Abwechselung. Irgendwann<br />

legten wir uns vor lauter Verzweiflung<br />

über den Regen ins Bett<br />

und dösten vor uns hin, bis wir das<br />

Abendessen, eine einfache Suppe <strong>mit</strong><br />

Reis, Kartoffeln, Tomaten bekamen.<br />

Dann begann eine frühe Nacht. Die<br />

ganze Nacht Regen. Am frühen Morgen<br />

zum Glück ein wenig Sicht und<br />

welche frohe Botschaft, die Bergspitzen<br />

sonnenbeschienen. Das weckte<br />

Klaus <strong>mit</strong> zwei Kleinen in<br />

San Juan<br />

Hoffnung. Schon um 8 Uhr früh starteten<br />

wir Richtung San Isidro/ Iruya.<br />

Auch wieder zum Fluss hinab, der<br />

durch den Regen angeschwollen war<br />

und dann langsam auf einem relativ<br />

guten Weg auf den 3200 m hohen<br />

Pass. Schon auf dem Aufstieg hatte<br />

sich die Vegetation verändert, es war<br />

trockener. Das Gebirge wirkte wie<br />

eine Wetterscheide. Oben machten<br />

wir Pause, die Seite <strong>nach</strong> San Juan<br />

war im Nebel, die <strong>nach</strong> Iruya offen.<br />

Aus der Ferne kamen aus dem Nebel<br />

Jugendliche, die Baumaterialien für<br />

die Schule in San Juan trugen. Jeder<br />

von ihnen hatte mehr als 20 km auf<br />

den Schultern und das bergauf bergab!<br />

Für uns ging es lange bergab. Als wir<br />

den Pfad <strong>nach</strong> San Isidro erreicht<br />

hatten, entschieden wir uns nicht<br />

33<br />

dort hinzugehen, weil das Tal wolkenverhangen<br />

war und wir keine Lust<br />

hatten, <strong>nach</strong><strong>mit</strong>tags wieder im Regen<br />

zu laufen. So ging es hinab an den<br />

Fluss, wo wir noch zu Mittag aßen:<br />

andine Kartoffeln und Ziegenkäse,<br />

dazu gefiltertes Flusswasser <strong>mit</strong><br />

Magnesium.<br />

In Iruya angekommen bezahlten wir<br />

erstmal unser Hostal vom Montag.<br />

Inzwischen war auch der schweizerisch-argentinischer<br />

Besitzer dar. Ein<br />

bisschen wortkarg, bei ihm war wohl<br />

der schweizer Anteil größer als der<br />

argentinische. Wir nahmen den 14-<br />

Uhr Bus und kamen am frühen<br />

Abend in Tilcara an, wo wir uns<br />

erstmal ein Bier genehmigten.<br />

Christof, der erfahrene Wanderer<br />

meinte im Nachhinein, dass die Tour<br />

doch sehr gefährlich war und unser<br />

Lucho Glück hatte, dass wir beiden<br />

doch gut trainiert waren und beide<br />

Trekkingerfahrung hatten. Für Anfänger<br />

wäre das zu gefährlich. Was<br />

wäre gewesen, wenn jemand in Panik<br />

geraten wäre und sich geweigert hätte,<br />

weiterzugehen?

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