Sparen
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Die Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und des<br />
Verschuldens<br />
Zwei Seiten derselben Medaille, oder doch verschieden?
Was ist hier schief gelaufen?<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 2
Gliederung<br />
I. Grundlagen<br />
II.<br />
III.<br />
IV.<br />
1. Motive und Arten des <strong>Sparen</strong>s<br />
2. Locus of Control<br />
3. Die Life-Cycle Hypothese<br />
4. <strong>Sparen</strong> und Belohnungsaufschub<br />
<strong>Sparen</strong><br />
1. Myopischer Effekt<br />
2. Sparverhalten<br />
3. Interkulturelle Sparmentalitäten<br />
4. Überleitung: Verschuldung<br />
Verschuldung<br />
1. Kredit als Strafreiz<br />
2. Vergleich: Schuldner vs. Nicht-Schuldner<br />
3. Mögliche Ursachen für Verschuldung<br />
4. Ergebnisse<br />
Fazit und Diskussion<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 3
1.1 Sparmotive (I)<br />
Sicherheitsmotiv (Vorsorge)<br />
• Den einmal erworbenen Lebensstandard beibehalten wollen<br />
Kontrollmotiv (Macht)<br />
• Unabhängig von anderen sein<br />
• Die Situation jetzt und in der Zukunft unter Kontrolle haben<br />
Leistungsmotiv (Ertrag)<br />
• Anreiz- und Herausforderungscharakter<br />
Prestigemotiv (Anerkennung)<br />
• Stolz auf angesammeltes Vermögen<br />
(Wiswede, 2007)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 4
1.1 Sparmotive: <strong>Sparen</strong> als Selbstzweck (II)<br />
• Sparverhalten wirkt<br />
intrinsisch belohnend<br />
• Parallelen zum Verhalten<br />
von Sammlern<br />
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1.1 Arten des <strong>Sparen</strong>s (I)<br />
• Diskretionäres <strong>Sparen</strong><br />
• Kontraktuelles <strong>Sparen</strong><br />
<br />
<br />
<br />
Unterliegt noch der Disposition<br />
Sparbeiträge sind verfügbar<br />
Beiträge stehen der<br />
psychologischen Beeinflussung<br />
offen<br />
<br />
<br />
<br />
Vertraglich festgelegte Form<br />
des <strong>Sparen</strong>s<br />
Sparbeiträge werden direkt<br />
vom Einkommen abgebucht,<br />
sind nicht mehr verfügbar<br />
Z.B.: Lebensversicherung,<br />
Bausparvertrag<br />
(Katona, 1975)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 6
1.1 Arten des <strong>Sparen</strong>s (II)<br />
I. Vorsorgesparen<br />
1. Für bestimmte, genau<br />
vorauszusehende Ereignisse (z.B.<br />
für die Ausbildung der Kinder)<br />
2. Für unbestimmte Zwecke (z.B. für<br />
evtl. Krankheiten oder<br />
Arbeitslosigkeit)<br />
(Wiswede, 2007)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 7
1.1 Arten des <strong>Sparen</strong>s (III)<br />
II. Konsumsparen<br />
1. Konsumnahes <strong>Sparen</strong>:<br />
- begehrtes Objekt ist konkret<br />
erfasst<br />
2. Konsumfernes <strong>Sparen</strong>:<br />
- Umkreis der begehrten<br />
Objekte nicht genau definiert<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 8
1.2 Locus of Control (I)<br />
Locus of Control, beschreibt das Ausmaß, mit dem eine<br />
Person Ereignisse auf ihr eigenes Verhalten zurückführt.<br />
Menschen mit internem Locus of Control glauben, dass<br />
ihre eigenen Handlungen die eintretenden Ereignisse<br />
beeinflussen.<br />
Menschen mit externem Locus of Control, sehen<br />
Ereignisse als Ergebnis des Schicksals, oder anders<br />
gearteter externer Kräfte.<br />
(Rotter, 1966; Levenson, 1973; Tokunaga, 1993)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 10
1.2 Locus of Control (II)<br />
• Beispiel:<br />
Herr M. spekuliert mit hohem Risiko an der asiatischen Börse.<br />
Nach einem Jahr muss er feststellen, dass all sein investiertes<br />
Geld verloren gegangen ist.<br />
• Herr M. ist der Meinung, dass er sich das selber zuzuschreiben hat.<br />
Er hätte sich besser über die Entwicklung der asiatischen<br />
Börsenkurse informieren müssen.<br />
interner Locus of Control<br />
• Herr M. ist der Meinung, dass ihn persönlich keine Schuld trifft. Die<br />
Ursache für seinen Verlust sieht er vielmehr in der allgemein<br />
schlechten, und nicht zu erfassenden Weltkonjunktur.<br />
externer Locus of Control<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 11
1.3 Die Life-Cycle Hypothese (I)<br />
• Warum verändert sich die Sparquote bedingt durch die<br />
verschiedenen Rollenstadien des Lebens?<br />
Annahmen:<br />
• Der Mensch handelt sehr vorausschauend und möchte seinen<br />
Konsum optimal über seinen Lebenszyklus verteilen.<br />
In einkommensstarken Jahren wird für schwächere<br />
Lebensabschnitte gespart<br />
BSP: In der Erwerbsphase des Menschen wird für das Rentenalter<br />
gespart<br />
(Modigliani, 1988)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 12
1.3 Die Life-Cycle Hypothese (II)<br />
Das Modell scheint sinnvoll zu sein, aber trifft es in der Praxis auch<br />
zu?<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 13
1.4 <strong>Sparen</strong> und Belohnungsaufschub (I)<br />
Menschen neigen dazu, Bedürfnisse sofort befriedigen zu wollen<br />
und empfinden das Aufschieben von Belohnungen (delay of<br />
gratification) als unangenehm<br />
<strong>Sparen</strong> bedeutet delay of gratification (die Belohnung [Konsum]<br />
wird auf späteren Zeitpunkt verschoben)<br />
Prinzip der „Unmittelbarkeit der Kräfte“ (künftige<br />
Belohnungen werden abgezinst)<br />
Failure to „delay of gratification“<br />
Ist ein Handeln nach dem Prinzip der Unmittelbarkeit der Kräfte<br />
grundsätzlich ein Versagen (failure) und irrational?<br />
(Lea et al. 1987; Wiswede, 2007)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 14
1.4 <strong>Sparen</strong> und Belohnungsaufschub (II)<br />
• Ökonomisch betrachtet ist das sogar sinnvoll, weil…<br />
Der Nutzen eines verderblichen Gutes im Zeitverlauf stark<br />
abnehmen kann<br />
mögliche Inflationen könnten Ersparnisse abwerten<br />
Konsumgüter, die Trends folgen, könnten bei aufgeschobenen<br />
Käufen out sein<br />
Das Leben ist zeitlich begrenzt (Life-Cycle-Hypothese)!<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 15
Teil 2: <strong>Sparen</strong><br />
II.<br />
<strong>Sparen</strong><br />
1. Myopischer Effekt<br />
2. Sparverhalten<br />
3. Interkulturelle Sparmentalitäten<br />
4. Überleitung: Verschuldung<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 16
2.1 Myopischer Effekt (I)<br />
• Experimente, die Mischel/Mischel durchgeführt haben<br />
zeigen diesen Effekt<br />
Versuche, an denen meist Kinder als Vpn zwischen kleineren<br />
Belohnungen sofort (1 Marshmallow) und größeren Belohnungen<br />
später (2 Marshmallows) wählen durften, sprachen für die<br />
Unmittelbarkeitsthese<br />
Vor allem durch das Zeigen des Wunschobjektes stieg das<br />
Begehren auf sofortigen Zugriff enorm an<br />
Erst bei Versuchen mit älteren Kindern und Erwachsenen wurde<br />
eher Belohnungsaufschub<br />
in Erwägung gezogen.<br />
(Mischel/Mischel, 1983)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 17
2.1 Myopischer Effekt (II)<br />
Def. Myopischer Effekt (Myopie (gr.) = Kurzsichtigkeit)<br />
Menschen sind oft so kurzsichtig, dass sie zukünftige<br />
Verhaltenskonsequenzen nicht hinreichend in ihrem aktuellen<br />
Verhalten berücksichtigen<br />
eigentlich müssten wir in einer „non-saving economy“ leben<br />
Wie entgehen wir aber dem myopischen Effekt und der<br />
„Unmittelbarkeit der Kräfte“ und sparen doch?<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 18
2.1 Myopischer Effekt (III)<br />
• Welche Faktoren heben die „Unmittelbarkeit der Kräfte“ auf?<br />
1. Abnehmende Dringlichkeit der Bedürfnisbefriedigung<br />
2. Soziale Normen schreiben dem Bedürfnisaufschub einen Selbstwert zu<br />
(puritanischer Ethos)<br />
3. Strategien begünstigen Selbstkontrolle, z.B.<br />
schwer auflösbarer Sparvertrag oder auch<br />
schon das Sparschwein Zugriffs-Hemmschwelle<br />
4. Nicht nur quantitative Erhöhung der Ziele, sondern<br />
auch qualitativ nicht nur CDs, sondern auch neuen<br />
CD-Player; Nicht nur Auto mieten, sondern kaufen, etc.<br />
5. „Unmittelbarkeit“ der Zukunft plastisch vor Augen führen<br />
Wunschobjekt nur durch <strong>Sparen</strong> realisierbar<br />
(Alternativen: Kredit oder abweichendes Verhalten z.B. Diebstahl).<br />
Konkrete aversive Stimuli können als Strafreize Sparaktivitäten beeinflussen,<br />
z.B. Erwartung niedriger Renten, Ausbildungskosten der Kinder, drohende<br />
Arbeitslosigkeit.<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 19
2.2 Sparverhalten (I)<br />
• Bedingt durch Wertewandel<br />
und gestiegenen finanziellen<br />
Möglichkeiten, ändert sich<br />
auch die Sparmentalität in den<br />
westlichen Industrienationen.<br />
• Betrachten wir zuerst<br />
Deutschland:<br />
Die SAVE- Studie beschäftigt<br />
sich mit Sparverhalten der<br />
Deutschen – deshalb nach<br />
ihrem Sujet - „SAVE Studie“<br />
genannt.<br />
• Sie zeigt die tatsächliche<br />
<strong>Sparen</strong>twicklung in<br />
Deutschland.<br />
(Bösch/Supan, 2001)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 20
2.2 Sparverhalten (II)<br />
Die Save-Studie zeigte: Sparquote, als auch absolute Ersparnis, steigen<br />
zunächst an und erreichen im Alter von 30 - 39 Jahren ihr Maximum.<br />
Danach fallen sie wieder ab, bleiben aber auch im Alter positiv.<br />
entgegen der Life-Cycle Hypothese entsparen die sog. „Alten“ also<br />
nicht ihr komplettes Vermögen! Grundprämisse der Life-Cycle<br />
Hypothese (Menschen sparen im mittleren Alter, um das Gesparte im<br />
hohen Alter wieder auszugeben) nicht erfüllt!<br />
Wie kommt es zur Diskrepanz zwischen ökonomischer Theorie und<br />
empirischer Evidenz?<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 21
2.2 Sparverhalten (III)<br />
Erklärungsansätze:<br />
Habitualisierung<br />
<strong>Sparen</strong> kann über die verschiedenen Lebensstadien zur<br />
Gewohnheit werden. <strong>Sparen</strong> wird zum Reaktionsautomatismus.<br />
<strong>Sparen</strong> erzeugt fortlaufend positive Konsequenzen, was dazu<br />
führt, das Stimulus und Reaktion fest miteinander verbunden<br />
werden.<br />
SR<br />
C<br />
(Wiswede, 2002)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 22
2.2 Sparverhalten (IV)<br />
Alternative Erklärungsansätze:<br />
• Rentnerjahrgänge konnten die politisch<br />
bedingten hohen Renten während<br />
ihrer Erwerbsphase nicht antizipieren.<br />
Unverhoffte extreme Lohn- und<br />
besonders Rentensteigerungen in der<br />
Nachkriegszeit bis 1980.<br />
• Phänomene, wie „Verlustaversion“,<br />
„hyperbolische Diskontierung“ oder<br />
„Ambiguitätseffekte“ könnten die<br />
unbefriedigende Theorie des <strong>Sparen</strong>s<br />
ergänzen.<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 23
2.3 Interkulturelle Sparmentalitäten (I)<br />
<br />
Viele Studien haben sich mit dem Sparverhalten unterschiedlicher Nationen<br />
auseinandergesetzt.<br />
<br />
Vor allem das Konsumverhalten Jugendlicher wurde schon ausgiebiger<br />
untersucht: Eine Studie von Lange et al., die Ende 2005 erschien, erforschte<br />
das Konsummuster von deutschen, polnischen und koreanischen<br />
Jugendlichen.<br />
<br />
Dabei stellte sich heraus, dass viele Faktoren, wie etwa familiärer,<br />
schulischer und beruflicher Kontext, Wohnverhältnisse uvm. das Verhalten<br />
stark beeinflussen.<br />
<br />
Als Ergebnis wurde u.a. festgestellt, dass in Korea ein hohes Ausmaß an<br />
kompensatorischem Konsum und an Kaufsucht im Vergleich zu deutschen<br />
Jugendlichen herrschte.<br />
<br />
In Polen neigten Jugendliche im Unterschied zu Deutschland in höherem<br />
Maß zu demonstrativen Konsum.<br />
(Lange et al. 2005)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 24
2.3 Interkulturelle Sparmentalitäten (II)<br />
Erklärungsansätze:<br />
• Sowohl in Korea, als auch in Polen<br />
finden sich starke<br />
Abhängigkeitsverhältnisse der<br />
Jugendlichen von den Eltern und<br />
umgekehrt, so dass die Ablösung der<br />
Kinder von den Eltern relativ spät, in<br />
der Regel erst nach der Heirat, erfolgt.<br />
• So wohnen insgesamt von den 15-<br />
24jährigen Deutschen nur noch 53%<br />
bei ihren Eltern, in Korea 76% und in<br />
Polen sogar 87%<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Miete Kosmetik Computer<br />
Deutschland<br />
Korea<br />
Polen<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 25
2.3 Interkulturelle Sparmentalitäten (III)<br />
Erklärungsansätze II:<br />
• In den Ländern Korea und Polen hat die Marktwirtschaft noch nicht so lange<br />
Tradition, wie in Deutschland, wo die Wirtschaft als eigenständiges,<br />
gesellschaftliches Subsystem stärker ausgeprägt ist, als in den beiden anderen<br />
Gesellschaften<br />
<br />
<br />
<br />
Jugendliche lernen früh marktkonforme Verhaltensmuster von den Eltern; eher<br />
leistungsorientierte Handlungsmuster („Kannst du was, dann bist du was“)<br />
Statusfördernder Konsum lässt sich durch die nachwirkende sozialistische<br />
Tradition in Polen erklären, in der eher Ansehen über Konsum erzielt wird („Hast<br />
du was, dann bist du was.“)<br />
Konservativere Normen in Korea zum vergleichsweise liberalen Deutschland<br />
hindern Jugendliche in größerem Ausmaß, eigenständige Entscheidungen zu<br />
treffen und Autonomie zu entwickeln. Stärkere Überbehütung behindern<br />
Selbstständigkeit. Erheblich höherer Leistungs- und Konkurrenzdruck fördert<br />
externe Kontrollorientierung und schwächt die Selbstwertstärke.<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 26
2.4 Überleitung: Verschuldung (I)<br />
Wie sieht es bei der Verschuldung<br />
der Jugendlichen aus?<br />
20<br />
Höhe der Verschuldung,<br />
insbesondere Überschuldung<br />
(Schuldenhöhe übersteigt<br />
monatliche Einkünfte)<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Überschuldung<br />
Deutschland<br />
Korea<br />
Polen<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 27
2.4 Überleitung: Verschuldung (II)<br />
Ursachen für Verschuldung:<br />
A rbeitsplverlust<br />
Erhöhg fixer Lebenskosten<br />
unzulängl. Wirtsplang<br />
Korea<br />
Deutschland<br />
größere A nschaffg<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 28
2.4 Überleitung: Verschuldung (III)<br />
Verschuldungsanlässe bei größeren Anschaffungen:<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Deutschland<br />
Korea<br />
Kleidg Handy Einrichtg Auto/Motorrad<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 29
2.4 Überleitung: Verschuldung (IV)<br />
Entschuldungsstrategien der Jugendlichen:<br />
Verschiebg gr. Anschaffgen<br />
Einschränkg<br />
Gaststättenbesuch<br />
mehr Taschengeld<br />
Korea<br />
Deutschland<br />
nichts<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
Wie stark man sich für welche Güter verschuldet ist auch kulturell bedingt:<br />
• Probleme der Ver- bzw. Überschuldung ist bei koreanischen gravierender als bei<br />
deutschen Jugendlichen<br />
• Anstatt die unzureichende Wirtschafsplanung oder die hohen Ausgaben für<br />
Kleidung/Handy anzugehen, stecken sie eher den Kopf in den Sand, oder bauen auf<br />
die Eltern.<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 30
Teil 3: Verschuldung<br />
III.<br />
Verschuldung<br />
1. Kredit als Strafreiz<br />
2. Vergleich: Schuldner vs. Nicht-Schuldner<br />
3. Mögliche Ursachen für Verschuldung<br />
4. Ergebnisse<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 31
10.000 Euro mit nur 7 Klicks<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 32
3.1 Kredit als Strafreiz<br />
• Kredit kann als Strafreiz angesehen werden<br />
Kredite erzeugen psychische Verschuldungskosten, die der<br />
Kreditnehmer nach Möglichkeit reduziert:<br />
• Faktisch durch Rückzahlung des Kredits<br />
• Kognitiv, bspw. durch eine Abwertung der erhaltenen Leistung<br />
• Mögliche gegenläufige Tendenzen:<br />
Kredite als positive Stimuli<br />
• Selbstwertgefühl: man ist „kreditwürdig“<br />
• „delay of costs“: Kredite müssen nicht sofort zurückgezahlt werden,<br />
der Strafreiz bleibt vorher aus und verliert dadurch an<br />
Unmittelbarkeit<br />
• Fehlende moralische Instanz: Kreditaufnahme bei Banken ist<br />
weitestgehend depersonalisiert siehe Easy Credit<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 33
3.2 Vergleich: Schuldner vs. Nicht-Schuldner (I)<br />
• Welche Unterschiede bestehen zwischen Schuldnern und<br />
Leuten die sich nicht verschulden?<br />
Gibt es signifikante Unterschiede bei wesentlichen<br />
psychologischen Variablen, z.B. Einstellung zu Krediten, Locus of<br />
Control oder Selbstwirksamkeit?<br />
Warum sind manche Menschen in der Lage ihren Gebrauch von<br />
Kredit besser zu kontrollieren, als andere?<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 34
3.2 Vergleich: Schuldner vs. Nicht-Schuldner (II)<br />
• In einer Studie kommt Tokunaga zu dem Ergebnis, dass:<br />
Schuldner ein größeres externes Kontrollempfinden haben<br />
als Nicht-Schuldner<br />
Schuldner Geld im Gegensatz zu Nicht-Schuldnern mehr als ein<br />
Instrument der Macht und des Prestige sehen<br />
Schuldner hatten aber auch eine niedrigere Risikotendenz als<br />
Nicht-Schuldner<br />
Sind diese Ergebnisse stabil?<br />
(Tokunaga, 1993)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 35
3.3 Ursachen für Verschuldung<br />
• Man kann die Ursachen für eine Verschuldung grob in<br />
drei Kategorien unterteilen:<br />
Ökonomische Gründe:<br />
• Zu geringes Einkommen, finanzielle Engpässe<br />
• Außerordentliche kritische Ereignisse (z.B. Scheidung)<br />
• Probleme beim Finanzmanagement<br />
Soziale Gründe:<br />
• Unangemessener sozialer Vergleich<br />
• Soziale Unterstützung für Schulden<br />
• Sozialisation für Schulden (durch Eltern, Peers)<br />
Psychologische Gründe:<br />
• Positive Einstellung zum Eingehen von Schulden<br />
• Geringe Fähigkeit zur Aufschiebung von Bedürfnissen<br />
• Externe Kontrollüberzeugungen<br />
(Wiswede 2007; Lea et al. 1993, 1995)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 36
3.3 Ursachen für Verschuldung: Hypothesen (I)<br />
Soziale Unterstützung für Schulden<br />
„culture of indebtedness“: Ein wichtiger Faktor für die<br />
Vorhersage eines Schuldenstandes ist, ob die Schuldner<br />
Bekannte haben, die selber Schulden haben oder diese tolerieren<br />
Ökonomische Sozialisation<br />
Umgang der Eltern mit Kredit beeinflusst die eigene Fähigkeit<br />
Kredite erfolgreich zu nutzen<br />
Soziale Vergleiche<br />
Vergleiche mit unpassenden (hier: reicheren) Referenzgruppen<br />
können eine Ursache für Verschuldung sein<br />
(Lea et al. 1993, 1995; Tokunaga 1993; Livingstone 1991)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 37
3.3 Ursachen für Verschuldung: Hypothesen (II)<br />
Finanzmanagement<br />
fehlendes Verständnis von finanziellen Angelegenheiten<br />
Konsumentenverhalten<br />
falsche Kaufmuster: Nicht notwendige Güter (bspw. Luxusgüter)<br />
werden als notwendig erachtet und erworben, wobei eine<br />
Verschuldung in Kauf genommen wird<br />
Zeithorizont<br />
Wichtig bei intertemporalen Entscheidungen: Menschen mit<br />
einem kurzen Zeithorizont sind eventuell weniger in der Lage<br />
Belohnungen aufzuschieben (defer gratification) und zu sparen<br />
(myopischer Effekt!)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 38
3.3 Ursachen für Verschuldung: Hypothesen (III)<br />
Einstellungen<br />
Mögliche Korrelation zwischen positiven Einstellungen zu<br />
Krediten und akuter, faktischer Verschuldung<br />
Locus of Control<br />
Menschen mit einem externen Kontrollüberzeugungen (d.h.<br />
solche, die die möglichen Ursachen für Ereignisse – hier: die<br />
Verschuldung – außerhalb ihrer eigenen Person sehen)<br />
verschulden sich möglicherweise öfter als solche mit internen<br />
Kontrollüberzeugungen.<br />
(Lea et al. 1995; Fischer/ Wiswede, 2002)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 39
3.3 Ursachen für Verschuldung<br />
• Postalische Untersuchung von Faktoren die mit<br />
Verschuldung korrelieren:<br />
Die Befragung richtete sich an die Kunden von Welsh Water,<br />
dessen Versorgungsgebiet sich über ganz Wales erstreckt<br />
2250 Fragebögen wurden verschickt<br />
Drei Kategorien von Kunden:<br />
• Keine Schulden<br />
• Leichte Schulden (mild debt)<br />
• Hohe Schulden (serious debt, Kunden die Welsh Water auf Zahlung<br />
verklagt hatte)<br />
(Lea et al. 1995)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 40
3.4 Ursachen für Verschuldung: Ergebnisse (I)<br />
• Unterschiede zwischen den Gruppen:<br />
Ökonomisch und demographisch<br />
Schuldner waren in Mehrheit Frauen, ohne Vollzeitjob, oder<br />
arbeitslos<br />
Soziale Unterstützung<br />
Schuldner gaben öfter an, dass ihre Freunde und Bekannte es<br />
verstehen würden, dass sie Schulden haben<br />
Sozialer Vergleich<br />
Schuldner gaben öfter an, weniger Geld zu haben als ihre<br />
Freunde, Verwandten und Arbeitskollegen<br />
(Lea et al. 1995)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 41
3.4 Ursachen für Verschuldung: Ergebnisse (II)<br />
• Unterschiede zwischen den Gruppen:<br />
Finanzmanagement<br />
Schuldner schätzten sich selbst schlechter ein als Nicht-<br />
Schuldner, legten seltener Geld für regelmäßige Rechnungen<br />
beiseite, nutzten öfter den Ratenkauf<br />
Konsumentenverhalten<br />
Schuldner besaßen weniger häufig ein Auto oder Telefon,<br />
kauften häufiger Zigaretten und Weihnachtsgeschenke für ihre<br />
Kinder, wobei sie letzteres als notwendig erachteten<br />
Zeithorizont<br />
Schuldner benötigten bei einem Gut eine größere Preissenkung<br />
um zu einer Sofortzahlung zu wechseln und eine größere<br />
Preissteigerung um auf ein Gut vorerst zu verzichten<br />
Einstellung zu Schulden / Locus of Control<br />
Keine Unterschiede zwischen den Gruppen!<br />
(Lea et al. 1995)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 42
3.4 Ursachen für Verschuldung: Ergebnisse (III)<br />
Die Untersuchung stellte keine Verbindung von Einstellungen zu<br />
Verschuldung fest (im Gegensatz zu einer älteren Studie von<br />
1993!)<br />
Im Rahmen dieser Studie erscheint Verschuldung als ein Teil von<br />
allgemein dysfunktionalem ökonomischen Verhalten<br />
• Ökonomische Variablen wiesen (erwartungsgemäß) eine hohe<br />
Korrelation mit Verschuldung auf<br />
Faktoren des Finanzmanagements hatten den größten Einfluss<br />
(Lea et al. 1995)<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 43
Teil 4: Fazit und Diskussion<br />
IV.<br />
Fazit und Diskussion<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 44
4. Fazit und Diskussion<br />
• <strong>Sparen</strong>, als auch Verschuldung sind zentrale Themen einer jeden<br />
Ökonomie<br />
• Psychologische Variablen wie Locus of Control oder myopischer<br />
Effekt stehen mit beiden Verhaltensformen in Verbindung<br />
• Angesichts von Faktoren wie z.B. der Sozialisation, liegt es nahe die<br />
Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und des Verschuldens als die 2 Seiten ein<br />
und derselben Medaille zu betrachten<br />
• Sparverhalten und Verschuldung unterliegen starken, kulturellen<br />
Differenzen<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 45
4. Fazit und Diskussion<br />
Abschließender Hinweis:<br />
• Alle hier diskutierten Studien geben wenig Information<br />
über die Kausalität zu <strong>Sparen</strong> und Verschulden. D.h., es<br />
ist bspw. unklar, ob ein hohes externes<br />
Kontrollempfinden Ursache oder Wirkung von<br />
Verschuldung ist!<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 46
4. Fazit und Diskussion<br />
Vielen Dank für Eure<br />
Aufmerksamkeit!<br />
14.06.2007 Psychologie des <strong>Sparen</strong>s und Verschuldens 47
4. Fazit und Diskussion<br />
• Wer von Euch hat schon einmal einen Kredit<br />
aufgenommen?<br />
z.B. für die Studiengebühren?<br />
• Inwieweit lässt sich sowohl <strong>Sparen</strong>, als auch Verschulden<br />
mit Hilfe des myopischen Effekts erklären?<br />
• Wie können Eltern die Verschuldung ihrer Kinder<br />
verhindern?<br />
Sim-Karte, Kreditkarten ohne Dispo, gutes Vorbild sein?<br />
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