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Martin Luther – Von der Freiheit eines Christenmenschen Die ...

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dr Tomasz Połomski<br />

<strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> <strong>–</strong> <strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Christenmenschen</strong><br />

<strong>Die</strong> Erläuterung <strong>Luther</strong>s <strong>Freiheit</strong>sideen<br />

Streszczenie<br />

Niniejszy artykuł wyjaśnia idee wolnościowe Marcina Lutra w oparciu o traktat pt. <strong>Von</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Christenmenschen</strong> (tłum. O wolności chrześcijanina). Traktat przedstawia<br />

poglądy M. Lutra, które wyraźnie rozróżniają wiarę w odniesieniu do Prawa i Ewangelii. M.<br />

Luter głosił, iż chrześcijanin jest całkowicie wolnym panem wszystkich rzeczy, nikomu nie<br />

podległym, jeśli chodzi o sprawy wiary. Natomiast inne zdanie: chrześcijanin jest<br />

najuleglejszym sługą wszystkich rzeczy i wszystkim podległy, w kontekście miłości do<br />

bliźniego. Zauważa się, że Luter mówi i pisze o pewnej abstrakcyjności swoich czasów i<br />

zakotwiczony jest myśleniu swojej klasy społecznej. Pojęcia pana i sługi nie mają w żadnym<br />

wypadku deprecjonującego charakteru. Dla Lutra najistotniejsza jest zatem wewnętrzna<br />

wolność, która umożliwia człowiekowi trzymanie się starych praw wynikających z jego wiary.<br />

Abstract<br />

The aim of this article is to elucidate <strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong>’s ideas of liberation on the basis of his<br />

Tractatus de libertate Christiana (<strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Christenmenschen</strong>). This treaty<br />

presents <strong>Luther</strong>’s views which clearly differentiate faith with reference to the Law and to the<br />

Gospel. <strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> preaches that a Christian man is a most free lord of all, subject to<br />

none, in respect of the matters of faith. However, a Christian man is a most dutiful servant of<br />

all, subject to all, in the context of the love of one’s neighbour. It is noted that <strong>Luther</strong> speaks<br />

and writes about a certain abstractness of his time and that he is rooted in the way of<br />

thinking characteristic to his social class. Thus the concept of master and servant does not<br />

hold demeaning connotation. For <strong>Luther</strong> the most crucial idea is that of inner freedom, which<br />

enables a person to adhere to the ancient laws arising from his faith.


2<br />

Biographie von <strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> 1<br />

<strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> wurde am 10. November 1483 als zweiter Sohn des Bergmannes Hans<br />

<strong>Luther</strong> und dessen Frau Margarethe in Eisleben geboren. 1484 übersiedelte die<br />

Familie nach Mansfeld, wo Hans <strong>Luther</strong> die Gelegenheit erhalten hatte, ein<br />

Hüttenwerk zu pachten. Aus dieser neuen Betätigung des Vaters resultierte ein<br />

gewisser Wohlstand, welcher es dem Schüler <strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> ermöglichte, eine gute<br />

Schulausbildung zu absolvieren. Nach <strong>der</strong> Grundschule in Mansfeld besuchte er<br />

1497 das Gymnasium in Magdeburg und trat 1498 in die Domschule St. Georg zu<br />

Eisenach ein, an <strong>der</strong> er innerhalb <strong>der</strong> folgenden drei Jahre ausgezeichnete<br />

Lateinkenntnisse erwarb. <strong>Von</strong> 1501 bis 1505 studierte er an <strong>der</strong> Universität Erfurt, wo<br />

er die Fakultät mit dem Magistergrad abschloss. Anschließend schrieb er sich an <strong>der</strong><br />

juristischen Fakultät <strong>der</strong> Universität ein, verblieb aber nur zwei Monate, da er nach<br />

einem schweren Gewitter mit Blitzeinschlag das Gelübde ablegte, Mönch zu werden.<br />

1505 trat er ins Erfurter Augustiner-Eremitenkloster ein, in dem beson<strong>der</strong>er Wert auf<br />

asketische Lebensführung und das Bibelstudium gelegt wurde. 1506 legte er das<br />

Mönchsgelübde ab, empfing 1507 die Priesterweihe und nahm das Studium <strong>der</strong><br />

Theologie auf. 1510 unternahm <strong>Luther</strong> in Ordensahngelegenheiten eine Reise nach<br />

Rom. 1512 legte er seine Doktorarbeit in Theologie vor und übernahm 1513 die<br />

Professur für Bibelauslegung am Konvent in Wittenberg.<br />

Seine Arbeiten und sein starkes religiöses Empfinden führten zum so genannten<br />

Turmerlebnis (benannt nach dem Turmzimmer des Wittenberger Klosters). <strong>Die</strong>ses<br />

Schlüsselerlebnis brachte ihn zu <strong>der</strong> Erkenntnis, dass <strong>der</strong> Mensch nicht aus<br />

eigener Kraft und durch seine Werke gerecht wird, son<strong>der</strong>n allein durch Gottes<br />

Gnade.<br />

Am 31. Oktober 1517 publizierte <strong>Luther</strong> seine berühmten 95 Thesen gegen die<br />

Bußpraxis <strong>der</strong> Kirche an <strong>der</strong> Schlosskirche zu Wittenberg. Sie hatte eine scharfe<br />

Kritik am Ablasshandel zum Inhalt, an <strong>der</strong> religiösen Praxis, dass Gläubige sich von<br />

ihren Sünden freikaufen konnten. Seine Glaubenssätze stießen in ganz<br />

Deutschland auf enormen Zuspruch.<br />

1520 verurteilte die Kurie <strong>Luther</strong>s Disputationen und exkommunizierte ihn ein Jahr<br />

später. Als er den Wi<strong>der</strong>ruf seiner Kritik an <strong>der</strong> verweltlichten Kirche ablehnte,<br />

wurde die Reichsacht über <strong>Luther</strong> verhängt. Zu seinem Schutz ließ ihn <strong>der</strong> Kurfürst<br />

1 <strong>Die</strong> Biographie von <strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> und seiner Werke kommen aus <strong>der</strong> Encarta-Enzyklopädie (1999).


3<br />

von Sachsen, Friedrich <strong>der</strong> Weise, entführen und brachte ihn auf die Wartburg.<br />

<strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong> begann das Neue Testament vom Griechischen ins Deutsche zu<br />

übersetzen. Im März 1521 in Wittenberg kam es aufgrund radikaler<br />

Reformbemühungen zu Unruhen und <strong>Luther</strong> kehrte in die Universitätsstadt zurück<br />

und trug durch seine Predigten mit zur Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> alten Ordnung bei.<br />

Im Jahr 1525 heiratete <strong>Luther</strong> die ehemalige Nonne Katharina von Bora, mit <strong>der</strong> er<br />

sechs Kin<strong>der</strong> erzog.<br />

1534 beendete <strong>Luther</strong> seine Übersetzung des Alten Testaments: <strong>Die</strong> erste<br />

deutschsprachige Gesamtausgabe <strong>der</strong> Bibel wurde veröffentlicht. <strong>Die</strong> Drucklegung<br />

seiner Werke in deutscher Sprache führte zu einer Aufwertung und<br />

Vereinheitlichung <strong>der</strong> deutschen Schriftsprache.<br />

1546 reiste <strong>Luther</strong> nach Eisleben, um im Streit <strong>der</strong> Grafen zu Mansfeld zu<br />

vermitteln. Dort starb er, inzwischen alt und krank geworden, am 18. Februar<br />

desselben Jahres.<br />

Werke:<br />

<strong>Die</strong> grundlegenden theologischen Gedanken <strong>Luther</strong>s finden sich in den Werken <strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>eines</strong> <strong>Christenmenschen</strong> (1519); An den christlichen Adel deutscher Nation (1520); De captivitate<br />

Babylonica Ecclesiae (1520; <strong>Von</strong> <strong>der</strong> babylonischen Gefangenschaft); De servo arbitrio (1525; Vom<br />

unfreien Willen); vom Abendmal Christi…(1528); Deutsche Messe und Ordnung (1529); Kleiner<br />

Katechismus (1529) und Wie<strong>der</strong> das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet (1545).


4<br />

<strong>Die</strong> Erläuterung <strong>Luther</strong>s <strong>Freiheit</strong>sideen<br />

Ausgehend von <strong>Luther</strong>s Leitgedanken seiner 1520 erschienen Schrift: "<strong>Von</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Freiheit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Christenmenschen</strong>" ist sein <strong>Freiheit</strong>sbegriff vom Gedanken des<br />

Glaubens und zu an<strong>der</strong>en von <strong>der</strong> Liebe geprägt.<br />

Denn man kann den seine Schrift einleitenden Gedanken: "Ein Christenmensch ist<br />

ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan", ergänzen durch: wenn es um<br />

die Dinge des Glaubens geht. Und man kann den an<strong>der</strong>en Satz: "Ein<br />

Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und je<strong>der</strong>mann untertan"<br />

ergänzen: wenn es um die Liebe zu den Mitmenschen geht. Einleitend sei<br />

angemerkt, dass <strong>Luther</strong> natürlich in <strong>der</strong> Begrifflichkeit seiner Zeit spricht und schreibt<br />

und im Standesdenken seiner Zeit verankert ist. <strong>Die</strong> Begriffe "Herr" und "Knecht"<br />

tragen darum keinerlei abwertenden Charakter.<br />

Aus den erläuternden Beispielen spricht das Bild, in dem die Kirche <strong>der</strong> damaligen<br />

Zeit sich ihm darstellte. Ohne auf diese im Einzelnen einzugehen und diese<br />

Begrifflichkeit zu benutzen, ist festzustellen, dass <strong>Luther</strong> - wie hätte er es auch<br />

an<strong>der</strong>s tun sollen - vom christlichen Menschenbild seiner Zeit ausgeht. Immer sieht<br />

<strong>Luther</strong> den Menschen unter dem 1. <strong>der</strong> Zehn Gebote stehen („Ich bin <strong>der</strong> Herr, dein<br />

Gott, du sollst keine an<strong>der</strong>en Götter neben mir haben“ 2 Mose 20, 3).<br />

<strong>Die</strong> Anerkennung dieser vorgegebenen Abhängigkeit ist für <strong>Luther</strong> die Grundlage<br />

je<strong>der</strong> menschlichen Existenz. In <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Gebot und Gesetz<br />

Gottes kommt <strong>Luther</strong> zu <strong>der</strong> Erkenntnis, dass Gesetze und Gebote nur dazu<br />

vorhanden sind, dass sie dem Menschen sein Unvermögen Gutes zu tun vor Augen<br />

halten sollen.<br />

Alle Anstrengungen, die Gebote und Gesetze Gottes zu erfüllen, bringt <strong>der</strong> Mensch<br />

nicht zustande. Mit den so genannten "Werken", also dem Tun des Guten, lässt sich<br />

die göttliche Gnade und Gerechtigkeit und <strong>der</strong> göttliche Frieden und die <strong>Freiheit</strong> nicht<br />

erarbeiten. Der Mensch stößt, wenn er kraft s<strong>eines</strong> eigenen Willens und Vermögens<br />

das beabsichtigt und beginnt, immer wi<strong>der</strong> an seine eigenen Grenzen und an sein<br />

absolutes Unvermögen. <strong>Die</strong> Rechtschaffenheit vor Gott kann <strong>der</strong> Mensch, nach<br />

<strong>Luther</strong>, nur gewinnen in dem Glauben an Christus. Solchen Glauben gewinnt <strong>der</strong><br />

Mensch durch das Wort Gottes. Dem <strong>Christenmenschen</strong> sollte alles allein nur um<br />

den Glauben gehen. Wer von solchem Glauben erfüllt ist, braucht keine Gesetze und<br />

Gebote mehr. <strong>Die</strong>ser Mensch ist frei. <strong>Die</strong>ser Glaube hat absoluten Vorrang vor allen<br />

selbst geleisteten guten Werken und Taten.


5<br />

<strong>Luther</strong> schätzt diesen Glauben so hoch ein, dass er <strong>der</strong> "Christenmensch" eben<br />

durch den Glauben über alle Dinge dieser Welt und dieser Zeit erhaben und<br />

erhoben ist. Er ist ein Herr, kein Knecht mehr. Jetzt muss alles einem Christen<br />

gefügig sein, jedenfalls nicht lästig, es muss ihm nach einem Bibelzitat, "alles zum<br />

Besten dienen".<br />

<strong>Luther</strong> bedient sich hier des Begriffs <strong>der</strong> "geistlichen Herrschaft" und spricht vom<br />

"innerlichen Menschen". In diesem Zusammenhang geht er dann auf die kirchlichen<br />

Zustände seiner Zeit ein.<br />

Er hebt in seiner Schrift noch einmal deutlich hervor: "Ein Christenmensch ist ein<br />

dienstbarer Knecht aller Dinge und je<strong>der</strong>mann untertan, d.h. soweit er frei ist, braucht<br />

er nichts zu tun; soweit er Knecht ist, muss er allerlei tun." In immer verschiedenen<br />

Wendungen drückt <strong>Luther</strong> aus, dass die menschlichen Aktivitäten, die Werke, nicht in<br />

<strong>der</strong> Überzeugung geschehen, dass <strong>der</strong> Mensch durch sie vor Gott sich Verdienste<br />

erwerben könne, dass <strong>der</strong> Mensch aber im Rahmen des irdischen Lebens durchaus<br />

verpflichtet bleibt, Gutes zu tun, allein nur um Gott zu gefallen aber auch um dem<br />

Mitmenschen zu dienen. Er schärft dem Leser immer wie<strong>der</strong> ein, dass gute Werke<br />

niemals einen guten o<strong>der</strong> gar besseren Menschen hervorbringen können. <strong>Die</strong><br />

menschlichen Taten erzeugen keinen Glauben, bewirken kein rechtschaffenes<br />

Leben. Allein die Gnade Gottes bewirkt das Gute, und das soll zur Ehre Gottes und<br />

zum <strong>Die</strong>nst an den Mitmenschen getan werden. Er verweist in diesem<br />

Zusammenhang auf die Gesinnung, in <strong>der</strong> Christus gelebt und gewirkt hat. In seiner<br />

Gesinnung sollen auch die, die an ihn glauben, leben und arbeiten, denn ein Christ<br />

hat niemals nur für sich, für sein Ich zu leben, son<strong>der</strong>n angetrieben durch die<br />

Gesinnung <strong>der</strong> Liebe, für seine Nächsten, für die Menschen, die mit ihm zusammen<br />

sind.<br />

Daraus ergibt sich für den Begriff <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> folgendes: <strong>Die</strong> wahre <strong>Freiheit</strong> hat ihren<br />

Grund und ihre Begründung in <strong>der</strong> Anerkennung von Bindung, in <strong>der</strong> Bindung an<br />

Gott. Gott hat dem Menschen einen freien Willen nur in soweit gegeben, dass dieser<br />

die Tatsache anerkennen kann und soll, ein geschaffenes und damit ein endliches<br />

Geschöpf zu sein, dass er sein Leben unter das Gebot Gottes stellen muss. Wahre<br />

<strong>Freiheit</strong> bleibt darum immer nur in dem Rahmen <strong>der</strong> Endlichkeit. Nicht <strong>der</strong> ist frei, <strong>der</strong><br />

tun kann, was er will, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> ist frei, <strong>der</strong> wollen kann, was er von Gott her<br />

tun soll.


6<br />

Wer in <strong>der</strong> Bindung an Gott und Christus lebt, wer dem glaubt, was verkündet und<br />

verheißen wird, ist frei, er braucht es nicht erst zu werden, und vor allem: er braucht<br />

diese <strong>Freiheit</strong> nicht erst zu erwerben, zu erarbeiten o<strong>der</strong> zu erkämpfen. Das lässt<br />

sich zwar nicht beweisen, aber es ist erfahrbar für jeden, <strong>der</strong> ein ihm auferlegtes<br />

Sollen zum Gegenstand des eigenen Wollens gemacht hat.<br />

Das Gesetz Gottes, die Zehn Gebote lassen uns keine an<strong>der</strong>e Wahl, son<strong>der</strong>n sie<br />

stellen einfach immer wie<strong>der</strong> unser Unvermögen fest. Im christlichen Verständnis<br />

<strong>Luther</strong>s wird durch das Gesetz die menschliche Verschuldung gegenüber Gott zum<br />

Ausdruck gebracht. Aus eigener Kraft kann <strong>der</strong> Mensch diese Verschuldung nicht<br />

überwinden o<strong>der</strong> abwerfen, das kann nur durch ein göttliches Urteil erfolgen. Durch<br />

göttliches Urteil erfolgt eine Freisprechung. Und das ist die christliche <strong>Freiheit</strong> zuerst,<br />

nämlich die <strong>Freiheit</strong> von <strong>der</strong> Schuld nach dem göttlichen Urteil.<br />

<strong>Die</strong> durch Gott und Christus bewirkte und vom Menschen glaubend empfangene<br />

Befreiung bedeutetet nicht, dass die Menschen jetzt etwas tun können, was sie<br />

vorher nicht konnten, nämlich das Gesetz Gottes erfüllen, son<strong>der</strong>n dass für sie jetzt<br />

dieses Gesetz eigentlich gar nicht mehr existiert. Jedenfalls existiert es nicht mehr in<br />

<strong>der</strong> Angst erzeugenden Art, durch viele Leistungen und gute Werke, die Gunst<br />

Gottes herabzuziehen in das menschliche Leben.<br />

Nach <strong>Luther</strong> sind die Menschen, die mit Gott verbunden sind, nicht frei für das<br />

Gesetz, son<strong>der</strong>n frei vom Gesetz. Solche christliche <strong>Freiheit</strong> ist die <strong>Freiheit</strong> des<br />

Zugangs zu Gott, <strong>der</strong> dem Menschen vorher durch die Drohungen des Gesetzes<br />

und durch den Zorn Gottes, ja durch die gesamte gesetzliche Ordnung und auf <strong>der</strong><br />

Seite des Menschen durch die Sünde, den Unglauben und die Furcht versperrt war.<br />

<strong>Luther</strong>s <strong>Freiheit</strong>sbegriff versteht die <strong>Freiheit</strong> gerade dort, wo wir sie am wenigsten<br />

vermuten, nämlich in <strong>der</strong> Bezogenheit auf Gott. Gott gegenüber ist <strong>der</strong> Mensch frei,<br />

weil ihn <strong>der</strong> göttliche Richter freigesprochen hat. <strong>Die</strong>ser Freispruch qualifiziert die<br />

ganze Person. Wer freigesprochen ist, lebt und wirkt als ein an<strong>der</strong>er Mensch, als<br />

eben ein freier Mensch. Solche <strong>Freiheit</strong> bedeutet ein Leben ohne den Zwang, ohne<br />

den Zwang des Gesetzes. Das könnte freilich irreführen, als ob <strong>Luther</strong> für ein<br />

gesetzesfreies o<strong>der</strong> gar ein gesetzloses Leben eintreten würde. Aber <strong>der</strong> Christ in<br />

seiner <strong>Freiheit</strong> bedarf einfach nicht mehr des Gesetzes, weil er vom Geist Gottes<br />

geleitet und von ihm erfüllt ist.<br />

Es wäre nach <strong>Luther</strong> unvorstellbar, dass <strong>der</strong> Geist Gottes als Gestalter des neuen<br />

Lebens irgendwie dem Gesetz o<strong>der</strong> den Gesetzen unterworfen wäre. Wo Gottes


7<br />

Geist regiert, dort ist <strong>Freiheit</strong>. Hier münden alle Wege ein in den freien Raum, <strong>der</strong><br />

durch kein Gesetz mehr eingeengt, bedroht o<strong>der</strong> abgesteckt wäre.<br />

Wenn das "Gesetz Christi" den Menschen erfüllt, wenn <strong>der</strong> Mensch „in Christus ist“,<br />

dann ist er erneuert, dann hat ihn <strong>der</strong> Freispruch Gottes befreit von <strong>der</strong> Schuld und<br />

eben auch von <strong>der</strong> immer nur anklagenden Macht des Gesetzes. In diesem Sinn hat<br />

das Gesetz überhaupt keinen Zugriff mehr auf den Menschen. Christliche <strong>Freiheit</strong><br />

meint dann auch die <strong>Freiheit</strong> von <strong>der</strong> Herrschaft, von <strong>der</strong> Übermacht des Gesetzes.<br />

Als „geglaubte“ <strong>Freiheit</strong> verwirklicht sie sich in <strong>der</strong> Gegenwart von Fall zu Fall, sie<br />

wird Fesseln durchbrechen und Wi<strong>der</strong>stände überwinden. Damit wird k<strong>eines</strong>wegs<br />

eine etwa eine Willkür o<strong>der</strong> Zügellosigkeit propagiert. Jede <strong>Freiheit</strong> kennt die<br />

Bindung, aber nicht eine Bindung, die dem Menschen von außen auferlegt wird,<br />

son<strong>der</strong>n eine, die sich in <strong>der</strong> Liebe erfüllt.<br />

Durch die Verkündigung des Wortes Gottes, mit dem Glauben an dieses Wort<br />

Gottes, kann die <strong>Freiheit</strong> immer wie<strong>der</strong> konkrete Gestalt annehmen.<br />

Für <strong>Luther</strong> ist nicht die äußere Lösung das Wesentliche, son<strong>der</strong>n die innere <strong>Freiheit</strong>,<br />

die es dem Menschen ermöglicht, sich mit Rücksicht auf die An<strong>der</strong>en dennoch<br />

wenigstens äußerlich an die alten Vorschriften zu halten. Um <strong>der</strong> Liebe willen ordnet<br />

sich - nach <strong>Luther</strong> - <strong>der</strong> Mensch unter die gegebenen Gesetzlichkeiten und<br />

Vorschriften, um den An<strong>der</strong>en keinen Anstoß und kein Ärgernis zu bereiten. So kann<br />

es auch heute noch Gültigkeit haben, dass ein Christenmensch ein freier Herr über<br />

alle Dinge und niemand untertan im Glauben ist und dass, ein Christenmensch ein<br />

dienstbarer Knecht aller Dinge und je<strong>der</strong>mann untertan in <strong>der</strong> Liebe ist.


8<br />

Literaturverzeichnis<br />

Bibel, <strong>Luther</strong>text (1991), nach <strong>der</strong> Übersetzung <strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong>s, in <strong>der</strong> revidierten<br />

Fassung von 1984, herausgegeben von <strong>der</strong> Evangelischen Kirche in<br />

Deutschland, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft.<br />

Encarta Enzyklopädie (1999), Program Manager Interaktive Media Division,<br />

bearbeitet von <strong>der</strong> Lexikonredaktion, © & ® 1993-1998 Microsoft Corporation.<br />

<strong>Martin</strong> <strong>Luther</strong>: <strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>eines</strong> <strong>Christenmenschen</strong>, Weimarer Ausgabe, 37.<br />

Band, 1911.<br />

Meyers Grosses Hand Lexikon (2000), 20., überarbeitete und aktualisierte Auflage,<br />

herausgegeben und bearbeitet von Meyers Lexikonredaktion: J. Arndt, K.<br />

Fehr, S. Filtzer, A. Zwahr, T. Handschel, J. Lange, Ch. Liewald. Mannheim,<br />

Leipzig, Wien, Zürich.<br />

Müller H.-M., Zusammenarbeit mit weiteren Autoren und <strong>der</strong> Brockhaus-Redaktion<br />

(2002): Deutsche Geschichte in Schlaglichtern. Leipzig, Mannheim: F. A.<br />

Brockhaus.

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