Berliner Zustände 2012 - Mbr
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Ereignisse in Berlin <strong>2012</strong>, Reaktionen und notwendige Konsequenzen<br />
Islamfeindlichkeit als wachsendes<br />
gesellschaftliches Phänomen<br />
von Lydia Nofal, „Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen“<br />
Kaum mehr als die Hälfte der Westdeutschen<br />
und sogar weniger als die Hälfte<br />
der Ostdeutschen sieht in der zunehmenden<br />
Vielfalt religiöser Gemeinschaften eine kulturelle<br />
Bereicherung. In der Studie „Wahrnehmung und<br />
Akzeptanz religiöser Vielfalt“ heißt es: „Geradezu<br />
dramatisch sind die Unterschiede zwischen<br />
Deutschland und den anderen westeuropäischen<br />
Ländern, wenn man nach der persönlichen<br />
Haltung der Menschen zu den Mitgliedern unterschiedlicher<br />
religiöser Gruppen fragt.“ 1 Es gibt<br />
einen Zusammenhang zwischen Wort und Tat<br />
und so bietet die bis weit in die Mitte der Gesellschaft<br />
hineinreichende Haltung einen Nährboden<br />
für islamfeindliche Taten, deren Anwachsen wir<br />
<strong>2012</strong> beobachten mussten.<br />
v<br />
Islamfeindliche Aktionen gegen Moscheen<br />
in Berlin<br />
„Eure Moscheen werden wir umbauen in Konzentrationslager<br />
und dann werdet ihr so konzentriert, dass<br />
man euch im Asche-Eimer entsorgen kann.“ So<br />
klang es in einem Drohbrief, der im Juni <strong>2012</strong> an<br />
das Islamische Kultur-und Erziehungszentrum (IKEZ)<br />
in Neukölln gesendet wurde. Als Absender war die<br />
„Bundesregierung“ angegeben worden. Auch die Islamische<br />
Föderation Berlin hat dieses Schreiben im<br />
April <strong>2012</strong> erhalten und auch die As-Sahaba Moschee<br />
berichtet von einem Drohbrief in <strong>2012</strong>, nachdem sie<br />
2010 bereits Opfer von zwei Anschlägen geworden<br />
war, bei denen einmal der Täter die Scheiben mit einem<br />
Hammer eingeschlagen, „Krieg“ an die Wände<br />
geschrieben und einen Moscheebesucher bedroht hatte.<br />
Im zweiten Fall waren blutende Körperteile eines<br />
frisch geschlachteten Wildschweins vor der Moschee<br />
abgelegt worden.<br />
In einem weiteren Drohbrief, einem achtseitigen<br />
Pamphlet der „Reichsbewegung“, das nach Angaben<br />
der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für<br />
Religion e.V.) <strong>2012</strong> 60 mal an Moscheen und Adressen<br />
von muslimischen Privatpersonen, aber auch an<br />
jüdische Einrichtungen versandt wurde, werden „alle<br />
Türken, Muslime und Neger“ aufgefordert, Deutschland<br />
zu verlassen. Sein Inhalt erinnert an die wirren<br />
Gedanken des norwegischen Attentäters Anders<br />
Breivik. In dem rassistischen Schreiben wird sowohl<br />
gegen Muslime, gegen Juden als auch gegen weitere<br />
gesellschaftliche Gruppen gehetzt. Es enthält esoterische<br />
Spinnereien und spricht von einem „Heiligen<br />
Atlantischen Reich Europäischer Völker“. In Rot geschrieben<br />
heißt es: „Wir weisen Sie hiermit unmißverständlich<br />
und mit sofortiger Wirkung aus Deutschland<br />
aus und fordern Sie auf, Deutschland innerhalb der<br />
nächsten sechs Monate (allerspätestens bis zum 1.<br />
August <strong>2012</strong>) zu verlassen.“<br />
Dem „Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen“<br />
wurden im April <strong>2012</strong> auch ein Farbanschlag<br />
auf die Sehitlik , Moschee in Neukölln und die Ablage<br />
von Schweineköpfen vor selbiger gemeldet. (Der<br />
rechtsradikale Täter konnte 6 Monate später von<br />
der Polizei gefasst werden.) Im Juli wurde die Bilal<br />
Moschee im Wedding mit Hakenkreuzen beschmiert,<br />
im Oktober die in der Nähe liegende Al Rahman Moschee<br />
und auch an der Kocatepe Moschee in Spandau<br />
gab es rechtsradikale Schmierereien.<br />
Bei der Ayasofya Moschee ging im Dezember <strong>2012</strong><br />
eine islamfeindliche und überaus ekelige Karikatur<br />
ein. Auch am Eingang der Moschee „Haus der Weisheit“<br />
in Moabit wurden im Dezember <strong>2012</strong> zum<br />
zweiten Mal innerhalb weniger Wochen Karikaturen,<br />
die den Prophet Mohammed diskreditieren, angebracht.<br />
Der Vorsitzende der Sehitlik , Moschee berichtete<br />
dem Netzwerk von mehreren volksverhetzenden<br />
Karikaturen, die ihnen <strong>2012</strong> zugefaxt wurden. Außerdem<br />
erhielt die , Sehitlik Moschee einen Drohanruf.<br />
Des Weiteren berichten mehrere Moscheen über<br />
Hass-Mails oder Mails mit beleidigendem Inhalt, denen<br />
zumeist aber wenig Beachtung geschenkt wird<br />
und die dann einfach gelöscht werden.<br />
Gesellschaftlicher Umgang mit islamfeindlichen<br />
Aktionen gegen Moscheen<br />
Bei diesen Vorfällen handelt es sich nur um die<br />
Meldungen, die <strong>2012</strong> von den Moscheen an das<br />
„Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen“<br />
gemeldet wurden. Meldungen von Einzelpersonen<br />
sind hier nicht enthalten. Es gibt keine verlässlichen<br />
Angaben über das Dunkelfeld, wir gehen allerdings<br />
davon aus, dass bisher nur ein kleinerer Teil der Vor-<br />
BERLINER ZUSTÄNDE<br />
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