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Artlab: Medienhöhle 1–x Abschlussbericht - projektklasse

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<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

Modellversuch im Rahmen des BLK-Programms<br />

"Kulturelle Bildung im Medienzeitalter" (KuBiM)<br />

<strong>Abschlussbericht</strong><br />

vorgelegt von Prof. Lutz Dammbeck und Dr. Stefan Weber,<br />

September 2004<br />

Zuwendungsempfänger:<br />

Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK)<br />

Land: Freistaat Sachsen<br />

Projektleitung: Prof. Lutz Dammbeck • Mail: lutz.dammbeck@hamburg.de<br />

Wissenschaftliche Begleitung: Dr. Stefan Weber • Mail: cyberwriter@utanet.at<br />

Förderkennziffer: A 6681 ASN02


2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

1. Kurzdarstellung des Modellversuchs 4<br />

1.1 Zentrale Aufgabenstellung 4<br />

1.2 Zu den institutionellen und sozioökonomischen Voraussetzungen 8<br />

1.3 Planung und Ablauf des Vorhabens 16<br />

1.4 Zusammenarbeit mit anderen Stellen und Projekten 20<br />

1.5 Darstellung der wesentlichen Ergebnisse 21<br />

1.5.1 Offenheit 22<br />

1.5.2 Teamorientierung 24<br />

1.5.3 Projektorientierung 26<br />

1.5.4 Konkurrenz alte/neue Medien 27<br />

1.5.5 Konkurrenz Tafelbild/Bewegtbild 30<br />

1.5.6 Offene Zukunftsoptionen 32<br />

2. Der Beitrag von "<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>"<br />

zu den Zielen des KuBiM-Programms 35<br />

2.1 Zuordnung der Aktivitäten zu den Zielen von KuBiM 35<br />

2.2 Erläuterung der Maßnahmen und Reflexion der Erfahrungen 39<br />

2.3 Arbeiten, die zu keiner Lösung geführt haben 39<br />

3. Transfer und Verstetigung 41<br />

3.1 Transferkonzept und Dissemination 41<br />

3.2 Verbindung zu anderen Projekten,<br />

Nutzung der Ergebnisse nach Projektende 45<br />

3.3 Verwertbarkeit der Ergebnisse 46<br />

3.4 Erfolgte oder geplante Veröffentlichungen 47<br />

4. Anhang 1: Gesamtverzeichnis der Veranstaltungen 49<br />

4.1 Mediensalons 50<br />

4.2 Seminare 51<br />

4.3 <strong>Medienhöhle</strong>n 55


3<br />

5. Anhang 2: Die Medien(technik) und die Kunst.<br />

Ein medientheoretisch-medienphilosophischer Essay<br />

im Kontext von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> 59<br />

5.1 Kunst und Wissenschaft – Kunst als Wissenschaft? 59<br />

5.2 <strong>Medienhöhle</strong>n: Zur Autopoiesis mediengenerierter Wirklichkeiten<br />

und zur Frage nach dem Neuen der 'neuen Medien' 63<br />

5.3 Medienzeitalter: Makro-Trend Medialisierung? 69<br />

5.4 Medien – Kunst – Kultur 72<br />

5.5 Theorie – Technik – Praxis 74<br />

5.6 Fluchtpunkt: Das Netz 78<br />

6. Anhang 3: Statements des Studierenden N.N. zu <strong>Artlab</strong> 82<br />

Literaturverzeichnis 85


4<br />

"Keine technische Entwicklung kann die Zeichnung ablösen."<br />

(Alfred Hrdlicka in RÖTZER/ROGENHOFER 1991, 334) 1<br />

1. Kurzdarstellung des Modellversuchs<br />

1.1 Zentrale Aufgabenstellung<br />

"Kompetenzgewinnung inhaltlich und visuell an der Schnittstelle Kunst –<br />

Kommunikation – Neue Medien. Erlangung von Medienkompetenz der Bildenden Kunst<br />

im Verhältnis zu neuen Kommunikationsmitteln (Bezug 'neue' mit 'alten' Medien) [...]" –<br />

dies war eine der zentralen Zielvorgaben von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Damit ist auch<br />

bereits eine der entscheidenden Problemstellungen angesprochen, die der<br />

Modellversuch bearbeiten sollte: Es ging um die zentrale Frage, inwieweit Studierende,<br />

die sich primär für die 'alten' bzw. 'klassischen' Medien interessieren bzw. primär mit<br />

diesen arbeiten wollen, sinnvoller Weise auch Medienkompetenz(en) in Bezug auf die<br />

'neuen Medien' vermittelt bekommen sollen bzw. inwieweit eine derartige Medien-<br />

Schulung im Hinblick auf ihre eigenen anstehenden Arbeiten, ihre Qualifikationen und<br />

Interessenslagen Sinn macht.<br />

Die Unterscheidung 'alte' versus 'neue Medien' wird hier nicht in einem streng<br />

medientheoretischen bzw. kommunikationswissenschaftlichen Sinne getroffen, sondern<br />

ist eher pragmatisch-empirisch an den gewachsenen Strukturen der Hochschule für<br />

Bildende Künste Dresden (im Folgenden immer: HfBK) orientiert: Mit 'alten Medien'<br />

werden im Folgenden primär jene Medien bezeichnet, die bereits vor der<br />

Elektrifizierung im 19. Jahrhundert und vor der Digitalisierung im 20. Jahrhundert<br />

bestanden haben und auch künstlerisch eingesetzt wurden: Derartige Medien wären also<br />

etwa der Pinsel oder der Meißel, derartige Medienprodukte das klassische Tafelbild<br />

(und dies im primär mimetisch-abbildenden Sinne) oder die Skulptur. Die Medien des<br />

Buchdrucks, deren Printwelten in der Retrospektive gerne als 'Gutenberg-Galaxis'<br />

bezeichnet werden, werden in dieser Definition von 'alten Medien' mit inkludiert. Die<br />

Grenze zwischen 'alten' und 'neuen Medien' wird mit dem Aufkommen der elektrischen<br />

1<br />

Dieses Zitat wird hier nicht unterschrieben, es sollte vielmehr als offene Frage gelesen werden,<br />

die <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> zu beantworten versuchte.


5<br />

(und später der digitalen) Apparaturen gezogen. Damit fällt die Ausbildung zum Maler,<br />

Zeichner, Druckgraphiker, Restaurator oder Bildhauer primär unter 'alte Medien', auch<br />

wenn freilich – etwa gerade im Bereich der Restaurierung – selbstverständlich auch<br />

neueste digitale Verfahren verwendet werden. – Bereits die Fotografie, später dann<br />

Kino und Film, und schließlich Fernsehen, Video und Computer wären somit die 'neuen<br />

Medien'.<br />

Die Frage, die <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> zugespitzt stellte, lautete in aller Drastik und<br />

Radikalität formuliert: Kann ein potenziell angehender Maler oder Zeichner, der eine<br />

Grundlagenausbildung in Komposition, Anatomie, figürlichem Zeichnen, Farbenlehre<br />

und ähnlichen Bereichen erhalten hat oder gerade erhält, auch von einem Kurs über<br />

'Photoshop', digitalen Schnitt, Web-Programmierung oder auch 'nur' Fotografie<br />

profitieren, und wenn ja: inwiefern und in welchen Dimensionen?<br />

Diese zentrale Aufgabenstellung von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> berührte damit<br />

gleichsam eine fast kunstphilosophische Frage, die auf eine mögliche Totalität des<br />

Medienbegriffs (zunächst im Sinne einer 'Wahl der technischen Mittel' verstanden)<br />

abzielt: Müssen angehende Maler, Zeichner oder Bildhauer zumindest einmal und<br />

irgendwie mit den neuen Medien wie Computer oder Internet in Berührung gekommen<br />

sein – oder genügt es, sie nur die 'alten Medien' zu lehren? Wie 'holistisch' bzw.<br />

ganzheitlich muss eine Kunsthochschule zu Beginn des 21. Jahrhunderts lehren? Ist eine<br />

Kunsthochschule immer auch gleich eine Medienhochschule, und damit eine<br />

Hochschule der alten und der neuen Medien? Sind Kunst und Medien in Opposition<br />

oder gar in einer Dichotomie zueinander stehend zu denken, in dem Sinne, dass die<br />

(klassische) Kunst das zeitüberdauernd Wahre und Schöne hervorbringt, während die<br />

Medien immer bloß auf den letzten Stand der technologischen Evolution verweisen und<br />

damit dem Künstler, der mit seinem Werk gerade das Hier und Jetzt zumindest in einem<br />

gewissen Sinne transzendieren will, letztlich immer ein wenig verdächtig und suspekt<br />

erscheinen müssen?<br />

Die Ausgangsfrage von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> und damit seine zentrale<br />

Aufgabenstellung soll noch einmal geschärft werden: In unserem gegenwärtigen<br />

Zeitalter der zunehmenden Massen- und Multimedialisierung, d.h. der zunehmenden<br />

ubiquitären Präsenz der (hyper-)kommerziellen Massenmedien, der Mobilisierung und<br />

Individualisierung der Endgeräte und diverser anderer Makro-Trends der


6<br />

Medienevolution herrschen grundsätzlich andere Bedingungen als – sagen wir es<br />

drastisch – im Zeitalter der Gründung der Kunstakademie Dresden am 6. Februar 1764.<br />

Die Medien-Evolution ist zu Beginn des 21. Jahrhunderts längst nicht mehr nur<br />

evolutionär, sondern war gerade in den vergangenen zehn Jahren – Stichwort: Siegeszug<br />

des Internet und insbesondere von WWW und E-mail – eigentlich revolutionär. Und<br />

damit lautet die Frage: Hat sich eine Kunsthochschule – und hier: die HfBK mit ihrem<br />

traditionell und historisch gewachsenen Schwerpunkt auf Malerei – damit in irgendeiner<br />

Weise auseinanderzusetzen, und wenn ja: wie?<br />

Die Frage hat zumindest zwei Dimensionen: Einerseits eine hochschulpolitische bzw. -<br />

strategische, andererseits eine am Bedarf und damit letztlich auch 'arbeitsmarktpolitisch'<br />

orientierte. Hochschulpolitisch scheint im Hinblick auf die zunehmende Konkurrenz<br />

von Universitäten, Hochschulen, Akademien, Fachhochschulen, privaten Universitäten<br />

und diversen anderen zunehmend auch internationalisierten bzw. globalisierten<br />

Ausbildungsmöglichkeiten außer Frage zu sein, dass Hochschulen klare lokale<br />

Schwerpunkte und Akzente setzen müssen (Stichwort Profilbildung). Ein solcher<br />

Schwerpunkt wird sich zwangsläufig mit den historischen Traditionen und Kontexten<br />

vor Ort beschäftigen müssen (so setzt man etwa an der Universität Salzburg und an der<br />

Universität Mozarteum auf Grund der geographischen und historischen<br />

Rahmenbedingungen in Lehre und Forschung vermehrt auf – wen wundert's –<br />

Tourismus und Mozart). Dementsprechend kann es für Dresden keinesfalls anrüchig,<br />

unmodisch oder 'out' sein, sich auf seine Malertradition – von Canaletto bis zu A.R.<br />

Penck – zu besinnen, auf seine Landschaft oder die Spezifik der Farben oder einen<br />

vermeintlichen 'Dresdner Stil'. 2 Hochschulstrategisch und im Sinne der<br />

Schwerpunktbildung scheint die Entscheidung klar: Die HfBK hat einen Schwerpunkt<br />

in der Malerei, und diesen gilt es zu bewahren und auszubauen. Eine heuchlerische<br />

Distanzierung von der Tradition – nur, um nicht in den Geruch des 'Unmodischen' zu<br />

kommen – wäre wohl der ganz falsche Weg.<br />

Andererseits stellt sich die Frage nach dem Bedarf einer Medienausbildung an einer<br />

Hochschule, die den klassischen Kunst-Traditionen verpflichtet ist: Hier wäre – noch<br />

genauer, als dies im Rahmen des Modellversuchs geschehen ist und möglich war – zu<br />

prüfen, ob die Studierenden selbst im Zuge ihrer Grundlagenausbildung eine derart<br />

2<br />

Vgl. dazu auch die Debatten in PERES/SCHMIDT 1997.


7<br />

'holistische' Medien- und Kunstausbildung überhaupt erhalten wollen, die eben auch die<br />

neuen elektronischen bis digitalen Medien mit einbeziehen würde. Zur Diskussion<br />

müsste auch stehen, ob diese Grundlagenausbildung im Bereich der 'neuen Medien'<br />

substitutiv oder komplementär zum bisherigen Curriculum erfolgen sollte.<br />

An der HfBK ist eine erste wichtige Entscheidung in Bezug auf die Verortung der<br />

neuen Medien bereits vor <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> gefallen: Im Mai 2000 wurde eine<br />

Projektklasse Neue Medien unter der Leitung von Prof. Lutz Dammbeck eingerichtet.<br />

Der Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>, der in der Folge am 1. Oktober 2000<br />

startete, stellte dann zugespitzt die Frage nach der Positionierung und Relationierung<br />

der möglichen Angebote im Rahmen dieser Medienklasse im Kontext der klassischen<br />

Ausbildung im Bereich der alten Medien. Dies war, wenn man so will, die zentrale<br />

Aufgabenstellung von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>: zu prüfen, ob und inwieweit eine<br />

Ausbildung im Bereich der neuen Medien für potenziell alle Studierende an einer<br />

Kunsthochschule Sinn macht, die ihren traditionellen Schwerpunkt deutlich im Bereich<br />

der alten Medien hat, welche Dynamiken, Prozesse, Reibungen und Irritationen dabei<br />

entstehen, ob es zu Win-Win-Situationen zwischen Anwendern bzw. Vertretern alter<br />

und neuer Medien kommt oder vielmehr zu wechselseitigen Blockaden und<br />

Hemmnissen.<br />

Das eingangs aus dem Projektantrag zitierte Ziel der Medienkompetenz war dabei von<br />

zentraler Bedeutung: Damit ist nicht nur angesprochen, dass eine kritisch-künstlerische<br />

Position gegenüber den neuen Medien nur dann möglich und sinnvoll ist, wenn man<br />

diese Medien zumindest in ihren Grundzügen technisch kennen gelernt hat und<br />

beherrscht. Viele der herkömmlichen Technik-Phobien resultieren, wie selbstreflexive<br />

und -kritische Medienforschung immer wieder belegt hat, großteils aus der schlichten<br />

Unkenntnis oder der Nicht-Bereitschaft der 'Befallenen', sich mit den neuen und<br />

neuesten Technologien, die dann oft als hermetisch-unerreichbares Terrain erscheinen,<br />

auseinander zu setzen. Viele (kultur)kritische und (kultur)pessimistische<br />

Medientheorien von Adorno bis zu Postman haben ihren psychologischen Ursprung<br />

auch in einer gewissen Technik-Phobie, d.h. in einer pauschalen A-Priori-Ablehnung<br />

eines neu aufkommenden Mediums (in beiden genannten Fällen: des Fernsehens als ein<br />

Medium, das die Massen betrügt, das von deren wahren Bedürfnissen ablenkt oder<br />

durch welches sie sich 'zu Tode amüsieren'). Im Bereich der Kunst geht es darum, das


8<br />

Verhältnis von klassisch-alten zu neuen bis neuesten Medien ähnlich kritisch zu<br />

überprüfen: Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass jemand klassischer Maler oder<br />

Zeichner werden möchte, nur weil ihm/ihr Computergraphik zu mühsam ist oder weil<br />

er/sie schlichtweg in seiner/ihrer Ausbildung keine Möglichkeit erhalten hatte, mit<br />

digitalen Technologien zu arbeiten.<br />

Zwei Sichtweisen sind möglich: In einem 'holistischen Modell' einer Medienausbildung<br />

an einer Kunsthochschule steht am Anfang eine möglichst breite Vermittlung von<br />

Medientechniken und Technikkompetenzen, die dann auch a priori und immer schon<br />

den letzten Stand der Dinge mit einbeziehen würde, also naturgemäß auch neueste<br />

digitale Techniken und Verfahren – bis etwa zu Mixed- und Augmented-Reality-<br />

Systemen und dem semantischen Web, um nur zwei aktuelle und zukunftsweisende<br />

Forschungs- und Anwendungsfelder in den Bereichen Virtuelle Realität und<br />

Netzmedialität zu nennen.<br />

In einem 'reduktionistischen Modell' einer Medienausbildung an einer Kunsthochschule<br />

wäre dieser generalistisch-allumfassende Start nicht notwendig, weil es in der<br />

betreffenden Kunsthochschule bereits einen spezifischen Schwerpunkt gibt, von dem<br />

aus gestartet wird (etwa: Malerei und/oder Bildhauerei und/oder Bühnenbild und/oder<br />

Restaurierung).<br />

Es war die Frage und Aufgabenstellung von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>, zu prüfen, ob<br />

und inwieweit ein holistisches Modell Sinn macht, ob und inwieweit dieses auch im<br />

Sinne eines qualitativen Sprungs, gleichsam 'emergent' installiert werden kann oder ob<br />

sich eine solche Installierung nicht auch an den gewachsenen Strukturen (auf)reibt. Die<br />

Antworten auf diese Fragen werden – siehe weiter unten – ambivalent ausfallen.<br />

1.2 Zu den institutionellen und sozioökonomischen Voraussetzungen<br />

Die institutionellen Voraussetzungen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> an der HfBK<br />

Dresden können analytisch in mehrere Dimensionen gegliedert werden: Einerseits ist<br />

die historische Tradition der HfBK in die Analyse mit einzubeziehen, andererseits auch<br />

ihre gegenwärtige Verfasstheit und Struktur. Drittens muss auch die<br />

Institutionalisierung der Projektklasse Neue Medien im Jahr 2000 als entscheidende<br />

Determinante für <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> angesehen werden.


9<br />

Bereits 1680 wurde in Dresden eine "Zeichen- und Malerschule" gestiftet, im Jahr 1764<br />

schließlich wurde die "Allgemeine Kunst-Academie der Malerei, Bildhauer-Kunst,<br />

Kupferstecher- und Bau-Kunst" ins Leben gerufen. In ihrer wechselvollen Geschichte<br />

über die Jahrhunderte hinweg haben in der Akademie (bzw. ab 1950: Hochschule), die<br />

zu den ältesten Kunstakademien im deutschsprachigen Raum gehört, zahlreiche<br />

weltbekannte Künstler wie Canaletto, Caspar David Friedrich oder Gottfried Semper als<br />

Professoren gelehrt. Die lang anhaltende 'Malertradition' zieht sich wie ein roter Faden<br />

von Gotthardt Kuehl, Oskar Kokoschka und Otto Dix bis zu A.R. Penck. Im Zuge einer<br />

Standortbestimmung und expliziteren Selbstreflexion nach der Wende kam es in den<br />

vergangenen Jahren vermehrt zu kritischen Diskussionen über diese Traditionen (vgl.<br />

den Sammelband PERES/SCHMIDT 1997). Es wird u.a. erörtert, ob diese Tradition<br />

heute noch Kraft besitzt und Relevanz hat – die Urteile sind mitunter skeptisch bis<br />

pessimistisch, was aber aus einer gewissen Außenperspektive und Distanz heraus wenig<br />

verwundern mag (der eigene Lebensmittelpunkt bzw. die eigene geographische<br />

Herkunft erscheint alleine schon auf Grund der eigenen Vergangenheits-Bezüge wohl<br />

immer schon als Ort der Tradition und damit auch der Stagnation – nur ein Beobachter<br />

zweiter Ordnung mag diesen blinden Fleck erkennen). So bemerkt etwa Ralf Lehmann:<br />

"Realismus war jahrzehntelang das Aushängeschild für Dresdner Kunst. Dieses auch<br />

besonders von der Kunsthochschule vertretene Dogma ist gebrochen, eine gewisse<br />

Ratlosigkeit vorhanden." (LEHMANN 1997, 189)<br />

Oft wird in diesen und ähnlichen Diskussionen beklagt, dass hic et nunc kein<br />

einheitlicher 'Dresdner Stil', keine Schule mehr zu erkennen sei, dass es an 'großen<br />

Künstlern' oder herausragenden Talenten mangle etc. etc. Man mag nun im Kontext von<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> auch die (vielleicht zunächst unverschämt klingende) Frage<br />

stellen, ob eine Ausbildung im Bereich der neuen Medien – und sei es auch nur als eine<br />

Art 'Kontrastfolie' – hier aus einer tatsächlichen oder vermeintlichen Stagnation der<br />

Malerei in Dresden heraus führen könnte: Ändern sich künstlerische Techniken,<br />

Fertigkeiten, Herangehensweisen und auch Themenstellungen durch die Konfrontation<br />

mit den Eigenlogiken moderner technologischer Apparate, oder sind dies – die Malerei<br />

und die Apparate – zwei unvereinbare Welten? Ein Zitat aus einer Podiumsdiskussion


10<br />

zur Frage nach der 'Dresdner Kunst' bringt die Ambivalenz dieser Problematik sehr<br />

schön auf den Punkt:<br />

"Das Problem ist [...] natürlich, daß in Dresden der Nachholbedarf unglaublich groß ist,<br />

also, daß die Leute Performances machen, mit Video arbeiten wollen usw. [...]<br />

Ich halte es aber auch, genau wie in der Museumspolitik, für wichtig, daß jede Schule<br />

doch auch ihren Charakter behält. Dresden hat eben seine Malertradition auch durch die<br />

lokale Umgebung." (Diskussionsbeitrag, zitiert aus PERES/SCHMIDT 1997, 227)<br />

Zu den institutionellen Voraussetzungen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> gehörte genau<br />

der Versuch eines Meisterns dieses Spagats, eines 'bridging the gap': Sind neue Medien<br />

und Malereitradition überhaupt irgendwie vereinbar? Könnte auch durch eine<br />

produktive Reibung, Spannung oder Irritation aufregende und neue Kunst entstehen?<br />

Oder werden durch eine solche Konfrontation die Gräben noch größer, werden aus<br />

ohnedies schon dichotomischen Stellungen schließlich polarisierende Grabenkämpfe?<br />

Gibt es eine produktive oder eine destruktive Konkurrenz zwischen alten und neuen<br />

Medien, zwischen Malerei und PC, zwischen Zeichnen und Virtual Reality, zwischen<br />

Bildhauerei und dem Netz? Begründen die neuen Medien überhaupt einen<br />

technologischen Verbund, der mit den alten Medien etwas zu tun hat, oder 'gehören' sie<br />

kategorisch gar nicht an eine Kunsthochschule dieses Typs? – Nochmals muss erwähnt<br />

werden, dass die HfBK die Frage nach dem Stellenwert der neuen Medien bereits<br />

positiv beantwortet hat, da eine Projektklasse Neue Medien bereits vor <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> eingerichtet wurde. <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> stellte somit eine<br />

Zuspitzung und Radikalisierung der Positionierungs- und Relationierungsfrage im<br />

Kontext der Kunsthochschule dar.<br />

Mit diesen Überlegungen gerät die gegenwärtige Verfasstheit und Struktur der HfBK<br />

ins Blickfeld: Es gibt einen Studiengang 'Malerei • Grafik • Bildhauerei • andere<br />

bildnerische Medien', der sich in drei Fachklassen für 'Malerei • Grafik' und drei<br />

Fachklassen für Bildhauerei unterteilt. In diesem Studiengang (oder Fachbereich I)<br />

befinden sich auch eine Fachklasse für 'übergreifendes künstlerisches Arbeiten' sowie<br />

die Projektklasse Neue Medien. Ein zweiter Studiengang widmet sich dem Schwerpunkt<br />

Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung von Kunst- und Kulturgut


11<br />

(gehörend zum Fachbereich II). Beide Studiengänge können auf 'USPs' verweisen: Der<br />

wissenschaftliche Studiengang für Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung<br />

war bei seiner Gründung im Jahre 1974 eine der ersten Studienmöglichkeiten dieser Art<br />

in Deutschland, er zählt heute deutschlandweit zu den renommiertesten<br />

Ausbildungseinrichtungen dieser Art auf universitärem Niveau. Der Studiengang<br />

'Malerei • Grafik •Bildhauerei' hat die bereits erwähnte große Tradition, auf Grund derer<br />

sich zahlreiche Studierende in Dresden für ein Studium mit diesem Schwerpunkt<br />

entscheiden. Auch der Studiengang Bühnen- und Kostümbild kann mit einer wohl<br />

europaweit in dieser Form einzigartigen Verknüpfung von entwerfenden und<br />

umsetzenden Disziplinen im Theaterbereich einen deutlichen USP aufweisen.<br />

Schließlich sind auch der Fachhochschulstudiengang Theaterausstattung und der<br />

postgraduale Studiengang Kunst-Therapie an der HfBK zu finden (und letzterer ist, erst<br />

seit 1996 zugelassen, der erste in den neuen Bundesländern).<br />

Die einzelnen Studiengänge an der HfBK verfügen also allesamt über einen distinkten,<br />

jeweils variierenden USP und setzen damit einen jeweils deutlichen Akzent mit<br />

hinreichender Profilbildung. Hochschulpolitisch führt dies zu der Frage, wie sich die<br />

neuen Medien in einem solchen Gefüge positionieren könnten: Einerseits ist darauf<br />

hinzuweisen, dass die einzelnen Studiengänge an der HfBK nicht ausschließlich<br />

historisch gewachsene Strukturen sind, an denen mehr oder weniger seit Jahrzehnten,<br />

wenn nicht gar seit Jahrhunderten relativ starr und innovationsresistent festgehalten<br />

wird. Immerhin wurde der Studiengang Kunsttechnologie, Konservierung und<br />

Restaurierung 'erst' 1974 gegründet, und der postgraduale Studiengang Kunst-Therapie<br />

wurde 1993 zunächst sogar ebenfalls als Modellversuch genehmigt und erst 1996<br />

zugelassen. So gesehen wäre es also durchaus möglich und realistisch, auch die neuen<br />

Medien nach dem Modellversuch von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> ähnlich an der<br />

Hochschule zu verankern. Um eine Profilbildung im Bereich der neuen Medien – die<br />

etwa im Bereich des experimentellen Trickfilms angesiedelt werden könnte, aber auch<br />

z.B. im Sinne eines allgemeineren Schwerpunkts im Bereich Bewegtbild im Gegensatz<br />

zum klassischen Tafelbild (dazu ausführlicher weiter unten) – wird man andererseits<br />

aber nicht herumkommen, da es in Deutschland ja bereits mehrere Kunsthochschulen<br />

für Medien oder zumindest mit schwerpunkthafter Medienausbildung gibt.


12<br />

Die hochschulpolitische und auch institutionsinterne Frage, die mit <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> aufgeworfen wurde, ist aber nicht nur die nach der adäquaten<br />

Positionierung (eben auch im Sinne einer Schwerpunkt- und Profilbildung) einer<br />

Medienklasse, sondern vor allem die nach der curricularen Verankerung einer<br />

Ausbildung im Bereich der neuen Medien im Grundstudium für (nahezu) alle<br />

Studiengänge. Immer wieder wurde und wird von Seiten der HfBK betont, dass es nicht<br />

darum gehe, einen eigenen Studiengang zu den neuen Medien einzurichten (mit einem<br />

spezifischen Profil wäre dies jedoch m.E. langfristig durchaus eine denkbare Option).<br />

Vielmehr ist die Kernfrage jene, ob – wie oben bereits erwähnt – technische<br />

Kompetenzen im Bereich der neuen Medien an einer Kunsthochschule 'klassischen<br />

Zuschnitts' vermittelt werden sollten oder nicht.<br />

Diese Frage führt zur dritten Dimension des institutionellen Kontexts von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>: zur Einrichtung einer Projektklasse Neue Medien. Am 15.<br />

Dezember 1998 wurde Lutz Dammbeck auf den Lehrstuhl für Neue künstlerische<br />

Medien berufen. Mitte März 1999 erhielt Dr. habil. Gregor Stemmrich einen Ruf als<br />

Professor für Kunst des 20. Jahrhunderts mit Schwerpunkt Kunst der Gegenwart. Die<br />

HfBK setzte damit bereits zwei deutliche Akzente in Bezug auf Medien- und<br />

Gegenwartskunst. Am 9. Mai 2000 wurde die Projektklasse Neue Medien mit einem<br />

telepräsenten Vortrag von Prof. Peter Weibel (im Kontext der Veranstaltungsserie<br />

"influence") offiziell eröffnet. Gleich in der ersten Vortragsserie ging es deutlich um die<br />

Schwerpunkte Bewegtbild und Bildwissenschaft (also um jene Akzentverlagerung, die<br />

heute zunehmend unter iconic oder pictorial turn verhandelt wird) sowie um Kunst als<br />

kritischer Barometer aktueller Tendenzen in der Gesellschaft. Gerade mit Peter Weibels<br />

Statement und Vortrag war der Versuch angesprochen, eine Medienkunst zu etablieren,<br />

die nicht bloß affirmativ auf den letzten technologischen Schrei aufspringt (= Künstler<br />

als bloße PR-Agenten für Medientechnologie), sondern vielmehr kritisch und<br />

selbstreflexiv (Stichwort: 'Medien in den Medien') die soziale Funktion von<br />

Medientechnologie(n) beobachtet.<br />

Bedingung der Möglichkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit den neuen Medien<br />

ist jedoch die zumindest basale Kenntnis der dahinter liegenden Techniken und<br />

Technologien. Wenn eine Kunsthochschule gewillt ist, dass eine derartige kritische<br />

Auseinandersetzung stattfindet, dann muss sie sich auch um die adäquate


13<br />

medientechnische Ausbildung der Studierenden kümmern. (Und umgekehrt: Wenn sie<br />

zu dem Entschluss kommt, dass dies unter Rücksichtnahme auf ihr spezifisches Profil<br />

nicht erforderlich ist, dann ist eine derartige Medienausbildung nicht notwendig.)<br />

Diese Überlegungen führen (zurück) zu den soziokulturellen und sozioökonomischen<br />

Kontexten, in die der Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> eingebettet war.<br />

Zunächst ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass 'Medienkunst' kein neuer<br />

Begriff ist, sondern bereits seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts (und vielleicht<br />

sogar schon seit den Siebzigern) kursiert. Je nach technologischem Stand der Dinge<br />

wurden dann unterschiedliche Sub-Begriffe zur Markierung des Terrains verwendet:<br />

Videokunst in den achtziger Jahren, "Cyber-Art" mit Aufkommen der VR-Technologien<br />

zu Beginn der Neunziger, schließlich "Netzkunst" und spezifisch "Web-Art" ab ca.<br />

Mitte der Neunziger. Der allumfassende Begriff Medienkunst bezieht sich in seiner<br />

diskursiven Verwendung dabei sowohl auf ganz aktuelle Medientechnologien als auch<br />

immer wieder auf 'ältere' Medien wie Fotografie, Film und Fernsehen. Medienkunst<br />

meint in der Regel – als kleinster gemeinsamer Nenner – Kunst mit (und oft zudem auch<br />

über) Medien, wobei mit Medien dann in der Regel (elektro)technische (und später<br />

digitale) Apparate der Informationsvermittlung und/oder -konstruktion gemeint sind.<br />

Man kann versuchen, 'Medien' auf verschiedene Arten und Weisen dann weiter zu<br />

differenzieren, etwa über die Leitunterscheidungen alte Medien/neue Medien, analoge<br />

Medien/digitale Medien, reale Medien/virtuelle Medien, auditive Medien/visuelle<br />

Medien, Monomedien/Multimedien usw. usf. Es erscheint bereits an dieser Stelle nicht<br />

unwesentlich, dass im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> nicht von einem bloß auf<br />

Digitalmedien verengten Medienbegriff ausgegangen wurde, sondern auch analoge<br />

Apparate (wie etwa analoge Trickfilmtechnik oder analoge Fotografie) unter 'neue<br />

Medien' subsumiert wurden. Die Bandbreite neuer Medien bei <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong><br />

<strong>1–x</strong> beginnt also nicht erst beim Computer und der aufkommenden Digitalisierung,<br />

sondern setzt bereits bei den analogen Apparaten ein. Von besonderem didaktischem<br />

Interesse war dann konsequenter Weise auch die Konfrontation von analogen mit<br />

digitalen Medien.<br />

Der Projektantrag zu <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> war dabei noch in wesentlichen Teilen<br />

vom Community-Geist der frühen Netzkunst-Bewegung durchdrungen. Dort war unter<br />

anderem die Rede von einem periodischen "Mediencamp" oder gar einem


14<br />

"Medienfeldlager", bei dem sich ein kreativer Spirit alleine schon durch die Vielfalt der<br />

Gäste einstellen sollte:<br />

"Medienwissenschaftler, Kunsthistoriker, Kryptologen, Techniker, Filmemacher,<br />

Musiker, Hirnforscher – vor Ort präsent und virtuell zugeschaltet aus Orten in<br />

verschiedenen Teilen der Welt."<br />

"Ein pulsierender Nervenknoten im weltweiten Netz, der nach 'außen' zur Welt und dem<br />

globalen unendlichen Raum offen ist [...]. [...] Schlafmöglichkeiten und technischer<br />

Dauerbetrieb rund um die Uhr." (Quelle: Projektantrag)<br />

Solche Zielvorstellungen – ja fast schon Utopien – eines freien, ubiquitären und<br />

permanenten Festivals sind nicht von ungefähr an die Glanzzeiten der "ars electronica",<br />

des Linzer Festivals für Kunst, Technologie und Gesellschaft, angelehnt – wie vor allem<br />

bei "Im Netz der Systeme" (1987) beispielhaft durchexerziert. Es erscheint wichtig, auf<br />

solche Utopien einer Ent-Dualisierung von Realität und Virtualität sowie von<br />

Leben/Alltag und Kunst immer wieder hinzuweisen, auch wenn sie nur selten in dieser<br />

Form realisiert werden können.<br />

Der Community-Geist der frühen Netzkunst aus dem Projektantrag wich bei <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> schließlich konsequenter Weise praktisch-pragmatischen<br />

Überlegungen zur Sequenzierung und Modulierung von medientechnologischen<br />

Ausbildungsangeboten sowie zu ihrer Verdichtung in jährlich stattfindenden<br />

"<strong>Medienhöhle</strong>n". Konkret waren drei prinzipielle Module im Modellversuch <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> enthalten:<br />

1) Die sogenannten Mediensalons, d.h. Vorträge im Feld von Medientechnologie<br />

und Medienkunst sowie Präsentationen von Künstlern und ihren Werken<br />

(vorwiegend Einzeltermine);<br />

2) Seminare und Workshops, bei denen es fast ausschließlich um die Vermittlung<br />

und Anwendung medientechnologischer Kompetenzen ging; sowie<br />

3) die eigentlichen <strong>Medienhöhle</strong>n, ein jährliches Konglomerat aus Vorträgen und<br />

Diskussionsrunden, Ausstellungen, Performances und Filmen zu einem<br />

jeweiligen Generalthema bzw. am Anfang auch in Form von Personalen.


15<br />

Zu Beginn von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> Ende 2000 war die Virtualisierung der<br />

Realität der weithin bestimmende Makro-Trend einer zunehmend massenmediatisierten<br />

Gesellschaft. Die Krise der New Economy und der Zusammenbruch zahlreicher<br />

Dotcoms waren Mitte bis Ende 2000 in dieser Form noch nicht antizipierbar. Auch so<br />

erklären sich zu einem Gutteil die Techno-Euphorie und der deutliche Akzent auf<br />

Netzkunst im Projektantrag. Das Internet – und mit ihm Online-Publishing sowie<br />

Online-Werbung – waren die großen ökonomischen Hoffnungsfelder;<br />

medientheoretisch wurden Konturen einer 'Ökonomie der Aufmerksamkeit' und einer<br />

'Internet-Ökonomie' publiziert. Postmoderne Simulakra-Diskurse stammten zwar schon<br />

aus den frühen achtziger Jahren, waren aber immer noch relativ hoch im Kurs.<br />

Die zunehmend 'vercyberte' Welt bzw. der Pfad einer Virtualisierung der Realität erlitt<br />

seinen großen Schock mit dem 11. September 2001. Die Rückkehr des Realen hat in<br />

unmittelbarer Folge nicht nur Slavoj _i_ek ausgerufen – und keine Frage, nach einem<br />

derartigen Ereignis machte es medienphilosophisch wenig Sinn mehr, epistemologische<br />

Zweifel am Realitätsgehalt des 'Ereignisses an sich' anzumelden. Dass der Golfkrieg<br />

nicht stattfand, war vielleicht noch eine medienkritische Pointe Baudrillards. Dass es<br />

den 11. 9. nur als Medieninszenierung gegeben habe, wäre indes ein Kurzschluss. Die<br />

Rückkehr der Realität (so auch FOSTER 1996) bedeutete aber gerade nicht, auf die<br />

medienkritische Analyse massenmedialer Konstruktivitäts- und Fiktionalisierungs-<br />

Strategien zu verzichten. Diese Trendwende (von der Virtualität zurück zur Realität)<br />

markierte aber sehr wohl den epistemologischen Kontext von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong><br />

<strong>1–x</strong>, wobei im Rahmen des Modellversuchs auch immer wieder die Frage Realismus<br />

versus Konstruktivismus bei Vorträgen diskutiert wurde.<br />

Mittlerweile ist 'nüchterner Realismus' in der Cyber-Welt eingekehrt: Die großen<br />

virtuellen Seifenblasen sind geplatzt, aber die Virtualisierung der Realität geht dennoch<br />

weiter – allerdings nunmehr angereichert um eine Realisierung der Virtualität. Man<br />

bastelt wieder an Business Modellen in der Netz-Ökonomie, Paid-Content für die<br />

Content-Industrie wird diskutiert, und Online-Marketing ist wieder – oder ungebrochen<br />

– ein wichtiges Verkaufstool.<br />

Und die Kunst? Im Kunstsystem ist seit jeher immer schon auch vom Ende der Kunst<br />

die Rede. Das Ende der Netzkunst wurde verkündet, noch bevor sie sich auch nur<br />

ansatzhalber durchgesetzt hat. Die Begriffe flottieren frei: Medienkunst, Netzkunst,


16<br />

Web Art, Cyber Art, virtuelle Kunst, Kunst mit neuen Medien, auch Genetic Art, Bio-<br />

Kunst, Kontext-Kunst u.v.a. Aus heutiger Sicht kann nur festgestellt werden, dass etwa<br />

Festivals wie die "ars electronica" in Linz oder das EMAF in Osnabrück beweisen, dass<br />

die Medienkunst alles andere als 'tot' ist (zumindest quantitativ gesehen). Und auch<br />

qualitativ bezieht sie neue und neueste Technologien mit ein (zuletzt etwa Augmented<br />

Reality, Semantic Web oder Weblogs). Was die Inhalte anbelangt, ist hingegen m.E. ein<br />

nicht unbedenklicher Trend zur verstärkten Techno-Affirmativität abzulesen. Die<br />

Techno-Affirmativität großer Teile der gegenwärtigen Medienkunst steht der Techno-<br />

Skepsis der traditionellen Künste diametral entgegen. Genau in der Mitte zwischen<br />

diesen beiden Polen situiert sich <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>: Es ging nicht nur um einen<br />

kritischeren, zumindest aber reflektierteren Umgang mit den neuen Medien, sondern<br />

immer auch um einen Abbau der Schwellenängste und Hemmnisse, die ihrer Nutzung<br />

relativ beharrlich entgegenstehen.<br />

1.3 Planung und Ablauf des Vorhabens<br />

Zu Beginn von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> stand nicht nur die Erkenntnis, dass in der<br />

aktuellen Kunstproduktion Hybridisierungs-Tendenzen zunehmen: "Ehemals distinkte<br />

Gattungen verschmelzen zu multi-medialen Hybriden und bilden ganz unterschiedliche<br />

Schnittstellen, Synergien und eine veränderte Ästhetik", schreibt etwa das Wiener<br />

Diskurs-Forum "depot" aktuell zum Auftakt seiner neuen Serie "Crossings. Neue<br />

Kategorien der Kunst" (Programmfolder, Herbst 2004). Diese sog. neuen Kategorien<br />

sind also ganz wesentlich von der Gestalt, dass sie eigentlich keine Kategorien mehr<br />

sind. Viele Künstler sind heute gleichzeitig DJs und Literaten, sie sind parallel Hacker<br />

und Musiker, sie 'tanzen auf mehreren Hochzeiten' bzw. 'spielen auf vielen Klaviaturen'.<br />

Der Hybrid-Künstler könnte in Zukunft zum neuen künstlerischen Prototyp werden: Ein<br />

Künstler wäre dann, wer zumindest zwei verschiedene Medientechnologien beherrscht<br />

(so wie es in früheren Zeiten auffallende Crossings zwischen Kunst und Wissenschaft<br />

gab: gute Musiker waren oft auch gute Mathematiker; Filmemacher besonders an<br />

Biologie interessiert usw.). An der HfBK wird diesem Trend zu einem Gutteil durch die<br />

Fachklasse für übergreifendes künstlerisches Arbeiten Rechnung getragen. Da Hybrid-<br />

Künstler sich oft auch mit neuen oder neuesten Technologien beschäftigen und diese


17<br />

mitunter auch subversiv einzusetzen verstehen, wäre es interessant, 'Hybrid-<br />

Künstlertum' mit Medienausbildung zusammen zu denken. Dies führt zu einem Konzept<br />

der künstlerischen "Grenzgänge" oder des – positiv konnotierten – "Dilettierens", das<br />

nicht nur zu Beginn der Projektklasse Neue Medien, sondern auch am Beginn von<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> stand.<br />

Beides war für die HfBK ein Novum, und es war nicht möglich, auf vergangene<br />

Entwicklungen oder Präzedenzfälle zurückzugreifen. Ein Experiment in Form eines<br />

Modellversuchs birgt somit immer auch die Gefahr des Scheiterns. Dennoch ist das<br />

Vorhaben im Großen und Ganzen geglückt, was auch die tabellarische Auflistung aller<br />

Veranstaltungen (d.h. der <strong>Medienhöhle</strong>n, Seminare und Mediensalons) von 2000 bis<br />

2004 im Anhang 1 (Kapitel 4) beweist.<br />

Der Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde von Prof. Lutz Dammbeck<br />

geleitet. Aus den Mitteln des Modellversuchs wurde die Halbtagsstelle (BAT-O IIa)<br />

einer Projektmanagerin finanziert (Harriet Maria Meining), zusätzlich stand dem<br />

Modellversuch der künstlerisch-technische Assistent der Projektklasse, Karsten Heim,<br />

zur Verfügung. Für weitere Aufgaben wurden studentische Hilfskräfte engagiert. Die<br />

eingeladenen Vortragenden und Seminarleiter waren durchwegs deutschlandweit bis<br />

international renommierte Künstler und Dozenten aus ihren jeweiligen Fachbereichen.<br />

Es ist darauf hinzuweisen, dass für einen dreijährigen Modellversuch dieser<br />

Komplexität ein Gesamtbudget von 424.994 DM keine Summe ist, mit der es von<br />

vornherein möglich ist, nachhaltige Strukturen aufzubauen (dieser Gesamtbetrag<br />

ermöglichte etwa auch nur die Finanzierung einer Halbtagskraft aus dem Topf des<br />

Modellversuchs, während Prof. Dammbeck und der künstlerisch-technische Assistent<br />

dem Modellversuch zusätzlich zu ihren eigentlichen dienstvertraglichen Pflichten zur<br />

Verfügung standen).<br />

Der Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hatte seinen zentralen Nervenknoten im<br />

Raum der Projektklasse Neue Medien, einem adaptierten ehemaligen Maleratelier an<br />

der Brühlschen Terrasse. Von mehreren Mac-Rechnern bis zu einem Tonstudio standen<br />

hier alle notwendigen technischen Devices zur Verfügung.<br />

Die Mediensalons (Auflistung siehe Anhang 1) waren fast durchwegs sehr gut besucht<br />

und stießen auf erfreuliche Resonanz innerhalb und außerhalb der Hochschule. Im<br />

Durchschnitt nahmen pro Veranstaltung 40 bis 50 Besucher teil.


18<br />

Größer war die Fluktuation und die Bandbreite der Teilnehmerzahl bei den Seminaren:<br />

Ein Core-Team von ca. zwölf Studierenden nahm an vielen Seminaren teil, oft<br />

schwankte jedoch die Teilnehmeranzahl innerhalb eines Seminars beträchtlich.<br />

Es erwies sich als Vorteil wie auch als Nachteil, dass die allermeisten Veranstaltungen<br />

im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> offen für alle Studierenden aus dem<br />

Grundstudium waren. Einerseits hatten so beinahe alle die Möglichkeit, sich die neuen<br />

Technologien in Form von zahlreichen, aufeinander aufbauenden Seminaren<br />

anzueignen. Andererseits führte die offene Struktur der Lehrangebote auch zum Typus<br />

des 'Seminar-Flaneurs', der sich seine kritische Distanz zu den Medientechnologien<br />

behielt, weil er/sie kaum einmal bereit war, sich mit der Materie vertieft auseinander zu<br />

setzen.<br />

Im Zuge von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde schon bald die Website<br />

http://www.<strong>projektklasse</strong>.de eingerichtet. 3 Sie bietet bis heute als virtuelles Archiv<br />

einen Überblick über alle Veranstaltungen im Rahmen des Modellversuchs. Mehrere<br />

Studierende präsentieren sich mit einer Auswahl ihrer Arbeiten und mit Lebensläufen.<br />

Zusätzlich finden sich Links zu Webseiten von den ersten Seminaren von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Verwiesen sei nur auf<br />

http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/html/archiv/webdesign/www.neue-mediendresden.de/start/index.html,<br />

die Projektseite zum Seminar "Webdesign" (29. November<br />

2001 bis 16. Februar 2002), einer der Auftakt-Veranstaltungen des Modellversuchs.<br />

Auch zu Peter Dittmers "Affairen mit Apparaten" (18. April bis 25. Juli 2001) gibt es<br />

eine Überblicksseite unter http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/html/archiv/dittmer/index.html.<br />

Im Zuge von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> fanden insgesamt vier "<strong>Medienhöhle</strong>n" statt,<br />

die erste 2001 mit dem Computer/Audio/Video/Lärm-Künstler Peter Dittmer 4<br />

(Ausstellung "Die Amme" – ein Projekt, das bis zum heutigen Tag immer weiter<br />

ausdifferenziert wurde, vgl. http://www.dieamme.de – sowie das oben bereits erwähnte<br />

Seminar "Affairen mit Apparaten") und die zweite 2002 ebenfalls in Form einer<br />

Personale mit dem international renommierten Medienkünstler und Filmemacher Harun<br />

Farocki unter dem Titel "Erkennen und Verfolgen". Die medientheoretischen wie -<br />

3<br />

4).<br />

4<br />

Und zwar als Ergebnis des Seminars "Webdesign" im Wintersemester 2001/2002 (siehe Kapitel<br />

Peter Dittmer, geboren 1958, hat ein Jahr Malerei und Grafik an der HfBK Dresden studiert.


19<br />

technologischen Hintergründe der dritten und vierten <strong>Medienhöhle</strong> werden im<br />

Folgenden exemplarisch etwas ausführlicher geschildert:<br />

Im dritten Jahr (2003) fand die dritte <strong>Medienhöhle</strong> in Form einer interdisziplinären<br />

Veranstaltung statt, die sich dem Generalthema "Gibt es eine Kunst jenseits des<br />

Bildes?" widmete. Das "jenseits" im Titel war dabei sowohl zeitlich als auch kategorial<br />

zu verstehen. In seiner zeitlichen Dimension fragte der Titel nach einer Kunst der<br />

Zukunft, die jenseits des klassischen Tafelbildes – und mit ihm verbunden: jenseits der<br />

klassischen Ideen und Ideale von Mimesis und Repräsentation – angesiedelt wäre: Wie<br />

würde diese aussehen, welche Funktion hätte sie, was würde sie (wenn überhaupt)<br />

darstellen? Da jedoch auch die Kunst des Bewegtbilds immer noch eine Bilderkunst ist,<br />

wird die Frage umso prekärer und futuristischer. Wäre eine Kunst nach dem Bild eine<br />

Kunst der sozialen Happenings, der Interventionen, oder gar eine politische Kunst des<br />

gestaltenden Eingriffs in die Gesellschaft? – Zweitens ging es aber auch um die Frage<br />

nach der kategorialen Verschiedenheit von Bild und Text, wie dies das Thema der<br />

linguistic turn- wie auch der pictorial turn-Debatten ist: Gibt es eine kategoriale<br />

Differenz von Sprache und Bild, oder aber ist alles Sprache (etwa die Sichtweise Lacans<br />

oder der non-dualistischen Philosophie Josef Mitterers) oder gar alles Bild<br />

(Vorstellungs- und Lautbilder als Bilder)?<br />

Der besondere Reiz und das durchaus kühne Experiment der Veranstaltung lag vor<br />

allem in der Zusammenarbeit zwischen Medienklasse und einer Fachklasse für Malerei<br />

– und damit in der Konfrontation von aktuellen bildtheoretischen Diskursen aus dem<br />

Bereich der Neuen Medien mit 17 Zeichnungen und Aquarellen von Schülern Ludwig<br />

Richters. Erneut waren damit die Fragen nach dem Verhältnis von 'alten' und 'neuen<br />

Medien', von klassischer Malereitradition und den Möglichkeiten digitaler<br />

Bildkonstruktion virulent. 5 Die thematischen Klammern "Feier des Bildes", "Flucht aus<br />

dem Bild" sowie "Bild – Text" korrespondierten mit den oben dargestellten<br />

Überlegungen. Auch aktuell treffen wir beide Denkbewegungen an: jene der<br />

Bildzentriertheit, des Bilder-Fetischismus wie auch jene der Bilderverweigerung, des<br />

Bildersturms, des Ikonoklasmus, der bekanntlich eine lange Geschichte aufweist.<br />

Wissenschaftlich waren deshalb im Kontext dieser <strong>Medienhöhle</strong> auch Vorträge zum<br />

5<br />

So hieß es auch im Programmheft zur <strong>Medienhöhle</strong> 2003: "Untersucht werden die Grenzlinien<br />

zwischen traditionellen künstlerischen Mitteln und neuen audiovisuellen und digitalen Medien an einer<br />

Kunsthochschule."


20<br />

Themenkontext Bild und Bildersturm sowie zu Realismus und Konstruktivismus in<br />

Kunst und Wissenschaft zu hören.<br />

Im vierten und letzten Jahr (2004) fand die vierte <strong>Medienhöhle</strong> zum resümierenden<br />

Generalthema "Medienausbildung an einer Kunsthochschule" statt. Dabei wurden nicht<br />

nur aus mehreren Seminaren ("Von Muybridge zu Matrix – und zurück" mit Lutz<br />

Garmsen, "Kunst mit Gerätschaften" und "Fotografisches Fundbüro" mit Thomas<br />

Bachler und Christoph Irrgang, "Flash_Kurs" mit Holger Lippmann sowie "Film und<br />

Musik " mit Peter Sempel) künstlerische Ergebnisse vorgeführt, es wurde auch eine<br />

mögliche Fortführung des Modellversuchs <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> beim Namen<br />

genannt. In den wissenschaftlichen Vorträgen ging es noch einmal um das<br />

Spannungsfeld von Kunst und Medien(theorie), ein besonderer Schwerpunkt der<br />

Veranstaltung lag auf dem Netz – sozialhistorisch wie computertechnisch.<br />

1.4 Zusammenarbeit mit anderen Stellen und Projekten<br />

Das Projekt <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> stand nicht nur während seiner gesamten<br />

Laufzeit in Kontakt und Informationsaustausch mit ähnlichen Projekten des KuBiM-<br />

Programms, wie etwa transmedien an der Hochschule für bildende Künste Hamburg<br />

oder auch KIT an der Kunsthochschule für Medien Köln. Speziell im Kontext der<br />

vierten <strong>Medienhöhle</strong> zum Generalthema "Medienausbildung an einer Kunsthochschule"<br />

(2004) wurde versucht, den Horizont explizit zu öffnen und die künstlerischen<br />

Ergebnisse und Erfahrungen anderer Kunsthochschulen in ähnlichen Bereichen zu<br />

diskutieren: Es wurden Filme des Lehr- und Forschungsbereichs Film/digitales Kino der<br />

HfbK Hamburg gezeigt; des weiteren wurden Arbeiten der Trickfilmklasse der<br />

Kunsthochschule für Medien Köln präsentiert. Schließlich wurden die<br />

Forschungsergebnisse des Modellprojekts "Visuelle Kompetenz im Medienzeitalter" der<br />

Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart vorgestellt und diskutiert.<br />

Der Teilnehmerkreis bei zahlreichen Mediensalons und insbesondere bei den<br />

<strong>Medienhöhle</strong>n bestand nicht nur aus Studierenden der HfBK Dresden, es nahmen<br />

überdies auch immer wieder Studierende der TU Dresden, der Hochschule für Musik<br />

"Carl Maria von Weber" Dresden sowie sogar der Hochschule für Grafik und<br />

Buchkunst Leipzig teil.


21<br />

Eine informelle Kooperation fand auch mit dem Cynet Art Festival und dem<br />

Medienreferenten der Stadt Dresden, Dr. Klaus Nikolai, statt. Eine Zusammenarbeit mit<br />

dem Internationalen Filmfest Dresden führte schließlich zur Präsentation von Arbeiten<br />

der Medienklasse im Rahmen des Internationalen Filmfestivals "NewYorkExpo" im<br />

Dezember 2004.<br />

Ein direkt vergleichbarer Modellversuch fand relativ parallel zu <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong><br />

<strong>1–x</strong> an der HfbK Hamburg statt: Während es dort sehr stark um das Aufbrechen des<br />

Antagonismus von Kunst und Medien (mit allen wechselseitig negativ besetzten<br />

Konnotationen) ging, war das Ziel des Dresdner Modellversuchs eine Heranführung der<br />

'alten' an die 'neuen Medien'. Dies ist eine kategorial unterschiedliche Zielsetzung,<br />

wenngleich beide Modellversuche vor der Folie Tradition/Innovation bzw.<br />

Tradition/Aktualität zu lesen sind.<br />

1.5 Darstellung der wesentlichen Ergebnisse<br />

Der Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> verfolgte zwei primäre Ziele: ein formalstrukturelles<br />

und ein inhaltlich-thematisches. Formal-strukturelles Ziel war es, zu<br />

überprüfen, inwieweit ein 'offenes' Curriculum, das sich an alle Studierende einer<br />

Kunsthochschule richtet – und gleichwohl von der Projektklasse Neue Medien ausgeht<br />

– Sinn macht. Inhaltlich-thematisches Ziel war es, zu überprüfen, inwieweit<br />

Studierende, die in den 'klassischen' bzw. 'alten Medien' ausgebildet werden, ein<br />

Interesse daran haben und in der Folge auch davon profitieren könnten, sich<br />

Kompetenzen im Bereich der neuen Medien(technologien) anzueignen. Beide Ziele, das<br />

formale wie das inhaltliche, sind miteinander logisch verknüpft: Die inhaltliche Anfrage<br />

nach dem Dialog von alten und neuen Medien kann nicht ohne ein offenes Curriculum<br />

beantwortet werden – und umgekehrt. Die generelle Frage von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong><br />

<strong>1–x</strong> lautete somit: Welchen Sinn macht eine offene Ausbildung im Bereich neuer<br />

Medientechnologien an einer Kunsthochschule klassischen Typs?<br />

Dabei soll jedoch eine derartige 'Kunsthochschule klassischen Typs' nicht von<br />

vornherein gleich mit tradierten bis überkommenen Konzepten von Künstler-<br />

Ausbildung assoziiert werden. Eine reflexartige Absage an sogenannte 'tradierte'<br />

künstlerische Werte wie Original, Schöpfergeist oder auch 'Werktreue' im Zuge einer


22<br />

postmodernen Huldigung der radikalen Kontingenz von Kunst ist m.E. nicht der Sinn<br />

der Sache. Vielmehr stellte sich ja gerade im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

die Frage nach einem produktiven (und auch sich wechselseitig irritierenden)<br />

Nebeneinander von alt und neu, von tradiert und avanciert, von klassisch und<br />

(post)modern, von analog und digital, von Künstlerindividuum und Teamarbeit, von<br />

abgeschlossenem Objekt (Produkt) und offenem Prozess, von (Inter-)Passivität und<br />

Interaktivität usw.<br />

Die folgende Darstellung der wesentlichen Ergebnisse von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

gliedert sich in sechs Unterpunkte: (1) Offenheit (der curricularen Struktur), (2)<br />

Teamorientierung (in den Seminaren), (3) Projektorientierung (in den Seminaren und<br />

Workshops), (4) Konkurrenz bzw. Schnittstelle alte/neue Medien, (5) Konkurrenz bzw.<br />

Schnittstelle Tafelbild/Bewegtbild sowie (6) Offene Zukunftsoptionen.<br />

1.5.1 Offenheit<br />

Die erprobte Offenheit des Curriculums bedeutete, dass jene Seminare und Workshops,<br />

die nicht auf bereits anderen, vorher angebotenen aufbauten, für alle Studierende des<br />

Grundstudiums aus allen Fachklassen offen waren. Nur mit dieser radikalen Offenheit<br />

konnte die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Ausbildung in alten und neuen Medien<br />

empirisch sinnvoll beantwortet werden.<br />

Das Ergebnis dieser Offenheit ist zwiespältig: Einerseits hatte zwar potenziell jeder<br />

Studierende der HfBK im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> die (in einem<br />

gewissen Sinne auch einmalige) Chance, sich relativ umfassende Kompetenzen im<br />

Bereich der neuen Medien – von Schnitt-Technik bis zu Flash-Animation – anzueignen.<br />

Andererseits führte diese 'basisdemokratische' Ausgangssituation zu einer relativ hohen<br />

Fluktuation der SeminarteilnehmerInnen. Mehrmals kam es auch zu einer relativ starken<br />

Abwanderung aus einem Seminar oder Workshop nach der ersten Einheit: entweder,<br />

weil die Erwartungshaltungen der Studierenden andere waren oder auch, weil die<br />

technischen Einstiegs-Voraussetzungen als unbewältigbar erschienen. Der Versuch, die<br />

Studierenden der Projektklasse Neue Medien mit den Studierenden der anderen<br />

Fachklassen zusammen zu führen, ist leider kaum geglückt. So nahmen etwa am ersten


23<br />

Kompaktseminar "Affären mit Apparaten" von Peter Dittmer nur zwei Studierende der<br />

Projektklasse teil.<br />

Dennoch ist das Experiment, mit <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> ein offenes Curriculum zu<br />

erproben, als wertvoll und wichtig einzuschätzen: Immerhin versuchen so gut wie alle<br />

Hochschulen derzeit, Alternativen zum rigiden – und gerade in Anbetracht der neuen<br />

integrativen Multi-Medien wohl auch partiell überkommenen – Meisterklassen-Modell<br />

zu testen (siehe etwa die Rijks Akademie Amsterdam). Summer Academies oder Artistsin-Residence-Modelle<br />

sind derzeit bei allen Versuchsanordnungen hoch im Kurs. Lehre<br />

und Lernen findet zunehmend in Kleingruppen, projekt- und teamorientiert sowie mit<br />

zeitlicher Befristung statt – aber innerhalb dieses zeitlichen Rahmens tendenziell frei<br />

und unverschult. Der konkrete Wert dieser Versuchsserien für eine Weiterentwicklung<br />

der Kunst lässt sich beim derzeitigen Stand der Dinge noch schwer einschätzen.<br />

Möglich erscheint es aber auch durchaus, dass nach einem Experimentieren mit offenen,<br />

flexiblen Strukturen wieder eine Rückkehr zu einem tendenziellen Meisterklassen-<br />

System (Stichworte: 'Guru-Modell', 'Lernen von den Besten') zu beobachten sein wird.<br />

Wie oben bereits erwähnt, soll nicht im Zuge einer A-Priori-Geringschätzung<br />

gewachsener Strukturen alles Tradierte reflexartig abgelehnt werden: der Original- und<br />

Werks-Begriff in der Kunst oder die Künstlerpersönlichkeit als Genie ebenso wie das<br />

Meisterklassen-System. Die Antwort kann so far wohl nur sein, dass unterschiedliche<br />

Modelle situativ in unterschiedlichen Kontexten zu präferieren sein werden.<br />

Im Kapitel "Problembeschreibung und Innovationsbedarf" heißt es im Pazzini-<br />

Gutachten unter der Überschrift "Überschreitung der institutionellen Grenzen":<br />

"Die neuen Medien lassen sich oft nicht in den Grenzen herkömmlicher Institutionen<br />

sinnvoll nutzen (z.B. Vernetzung), sie stellen andere Anforderungen an die<br />

Konstruktionen curricularer Abfolgen, sie stellen neue Anforderungen in bezug auf<br />

Arbeitsorganisation und Hierarchie in den Institutionen." (PAZZINI 1999, 21)<br />

Und weiter:<br />

"Angesichts der hohen Anforderungen an eine gleichermaßen didaktische, ästhetische<br />

und technologische Kompetenz lohnt daher z.B. die wissenschaftlich begleitete


24<br />

Erforschung der Konsequenzen für die überkommenen institutionellen Grenzen bei der<br />

intensiven Nutzung der neuen medialen Möglichkeiten und Institutionen übergreifenden<br />

Experimente." (Ebenda)<br />

Ein derartiges Institutionen übergreifendes didaktisch-technologisches Experiment war<br />

auch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Und damit ist schon die Frage nach der adäquaten<br />

Wissensvermittlung, nach einer Didaktik im Bereich der neuen Medientechnologien<br />

und schließlich nach der Vermittlung von 'Neue-Medien-Kompetenz' angesprochen.<br />

Diese sollte, wie <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> gezeigt hat, auf zumindest zwei<br />

Standbeinen fußen: Teamorientierung und Projektorientierung.<br />

1.5.2 Teamorientierung<br />

Die tendenzielle Ablösung der sich als autonom und schöpferisch tätig begreifenden<br />

Künstler-Persönlichkeit durch eine anti-individualistische, kontext- und soziokulturell<br />

orientierte Sichtweise ist ein wichtiger Topos in der gegenwärtigen Kunsttheorie (etwa<br />

WEIBEL 1996, KRIEGER 1997, FEUERSTEIN 1997 und WEBER 1999). Wie Kunst<br />

im Netzwerk von Kunstkritik, Institutionen der Kunst (wie Galerien oder Museen),<br />

Beobachtern zweiter Ordnung (wie Kunstkritikern oder Kuratoren), Institutionen der<br />

Kunstausbildung (wie Akademien oder Hochschulen) u.a. Kontextfaktoren entsteht, ist<br />

Gegenstand der genannten und zahlreicher anderer gegenwärtiger Monographien und<br />

Sammelbände. Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Publikationen ist es, dass der<br />

Künstler selbst lediglich als Restgröße in einem relativ kontingenten Spiel zahlreicher<br />

Umwelt-Faktoren gesehen wird. Die ontologisch-realistische Frage, was Kunst ist, hat<br />

sich längst in die epistemologisch-konstruktivistische Frage gewandelt, wer oder was<br />

Kunst als Kunst konstruiert. Antworten können mit Pierre Bourdieu (Kunst als Feld)<br />

oder Niklas Luhmann (Kunst als Funktionssystem) gegeben werden, aber auch mit<br />

vielen anderen: Es kursieren Vorstellungen von Kunst als Kommunikationssystem (D. J.<br />

Krieger), von Kunst als Sprachspiel (so W. Zinggl in Anwendung des Begriffs von<br />

Wittgenstein) u.v.a. 6<br />

6<br />

Dazu kommen die bekannten Debatten rund um den "Tod des Autors" (Roland Barthes) und die<br />

Dekonstruktions-Versuche des Original-Begriffs, deren deutliche Spuren sich schon in der Kunst der<br />

sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts finden lassen (vgl. METZGER 1995).


25<br />

Die Kunstausbildung reagiert auf diese und ähnliche Überlegungen wiederum rekursiv<br />

mit einer Abkehr von einer individuenzentrierten Didaktik. Kunstproduktion im<br />

seminaristischen Lehrkontext ereignet sich zunehmend in Kleingruppen, d.h. im Team.<br />

Als nicht unbedeutendes Ergebnis von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> mag festgehalten<br />

werden, dass Teamorientierung gerade im Bereich der neuen Medien unerlässlich ist,<br />

weil sich die technologische Komplexität der Apparaturen und Programme kaum noch<br />

von einem einzigen Generalisten bewältigen lässt. 7<br />

Dabei ist der technologisch-apparative 'Zwang', im Team zu arbeiten oder auch mit<br />

'Nur-Technikern' zu kooperieren, freilich zu unterscheiden von einem Willen zum<br />

Kollektiv, um die Vorstellung von einem kreativ-autonomen Künstler-Genius<br />

intentional zu dekonstruieren: Gegenwärtige Debatten um die Dekonstruktion von<br />

Autorschaft in der Kunst (Stichworte: Appropriation, Sampling und Plunder Culture,<br />

vgl. aktuell BIDNER/FEUERSTEIN 2004) haben nicht unbedingt etwas mit dem<br />

Teamwork im Kontext der neuen Medien zu tun (und führen auch etwa in den<br />

Wissenschaften – dies sei nur am Rande angemerkt – zu eher bedenklichen Praxen,<br />

Stichworte Plagiarismus, Copy/Paste-Texte usw.).<br />

In der Mehrzahl der Seminare von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde jedenfalls diese<br />

Teamorientierung sehr real gelebt – insbesondere etwa bei "Affären mit Apparaten"<br />

oder "Kunst mit Gerätschaften". Stellvertretend für zahlreiche Ergebnisse dieser<br />

Teamorientierung sei auf die Subprojekte des Kompakt-Seminars "Affären mit<br />

Apparaten" von Peter Dittmer verwiesen:<br />

Nach Neigung, Vorwissen und persönlichem Bezug bildeten sich im Verlauf der<br />

Veranstaltung innerhalb kürzester Zeit Kleingruppen von jeweils zwei bis drei Leuten,<br />

die gemeinsam an jeweiligen Modulprojekten (sog. "Projektobjekten") arbeiteten:<br />

• "Madonna HTTP", ein im Sprach- und Bildreservoir des Internet sowohl<br />

sammelndes als auch ordnendes und manipulierendes Instrument.<br />

7<br />

Dies zeigt sich gerade in der Netz- und Webkunst, bei der Kunstprojekte fast ausschließlich von<br />

einem Team an Webdesignern, Programmierern, Streaming-Experten, Content-Managern etc. entstehen<br />

und nicht mehr von einer einzigen, originären Person (vgl. auch die geschilderten Projekte und<br />

Erfahrungen in STATION ROSE 2000 oder FASSLER/HENTSCHLÄGER/WIENER 2003). Zur<br />

Teamorientierung gesellt sich zunehmend oft auch noch eine real-geographische Disloziertheit des<br />

Teams: Eine künstlerische Webkunst-Gruppe kann theoretisch über die ganze Welt verstreut sein.


26<br />

• "Fitness", ein geschlossener rechnerinterner Ansatz, der mit der durch<br />

Darstellungsarbeit erzeugten Temperatur im Rechner wiederum auf eben diese<br />

Darstellung rückwirkt.<br />

• "Gemütsschachtel", ein im allerersten Stadium sehr romantisches, auf medial<br />

vermittelte und manipulierte Interaktion zwischen Publikumsgruppen zielendes<br />

Konzept, das den Computer wieder auf seinen Schaltercharakter zurückführt.<br />

• Und als gemeinsamer, rein konzeptioneller Ansatz: "Shared Personality", eine<br />

Konstruktion von Mischpersönlichkeiten, die nur auf der Basis von<br />

stellvertretender, also quasi-wirklicher persönlicher Präsenz aufbaut und<br />

gleichzeitig bis dahin die Dynamik der Workshopgruppe am adäquatesten<br />

aufzunehmen schien.<br />

Diese vier Beispiele für kontextgesteuerte, kybernetisch-rekursive Rechner-Kunst<br />

zeigen, dass im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> die Frage des "Kunst-Machens"<br />

(RÖTZER/ROGENHOFER 1991) zu einer Frage der Teamorientierung wie auch der<br />

Teamfähigkeit wurde. Der Künstler, der mit den neuen Medien arbeitet, ist somit im<br />

Regelfall kein egomanischer Autist mehr, sondern ein im sozialen Kontext arbeitender<br />

und teamorientiert denkender Mensch.<br />

Hinzuweisen ist schließlich in diesem Zusammenhang noch darauf, dass auch die<br />

Website http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/, erstellt im Rahmen des Seminars "Webdesign",<br />

zunächst auf Teamwork fußte.<br />

1.5.3 Projektorientierung<br />

Analog zum oben genannten Topos vom 'Verschwinden' des autonomen, schöpferischen<br />

Künstler-Genius in einem soziokulturellen Netzwerk oder zumindest in einem Akteure-<br />

Netzwerk wird im Rahmen aktueller Kunsttheorie-Debatten auch eine zweite<br />

Verschiebung immer wieder zentral diskutiert: die Überlagerung des (statischen,<br />

invarianten) Objekts (Produkts) durch den (dynamischen, variablen) Prozess. Prozessund<br />

Projektorientierung, d.h. die Arbeit an einer konkreten Fragestellung und auf ein<br />

konkretes Ziel hin orientiert, war eines der Haupt-Charakteristika von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Lediglich technologische Einführungsseminare haben sich (noch)<br />

nicht einem spezifischen (Kunst-)Projekt gewidmet, sondern es stand eine breite


27<br />

Einführung im Vordergrund. Die übrigen Seminare – etwa insbesondere auch "Das<br />

fotografische Fundbüro" oder " Light@Time" – gingen von einer sehr spezifischen<br />

Fragestellung, von einem Forschungsinteresse aus, das es im Rahmen des Seminars zu<br />

beantworten bzw. zu erkunden galt. Im Idealfall standen am Ende eines Seminars oder<br />

Workshops künstlerische Objekte als Ergebnis dieses Prozesses.<br />

Projekt- und Objektorientierung konstituieren gerade keinen Widerspruch (siehe auch<br />

Peter Dittmer). Oft wird der aktuellen (Medien-)Kunst eine zu starke Akzentuierung des<br />

Prozessualen vorgeworfen (kaum eine medienkünstlerische Performance, die sich nicht<br />

"work-in-progress" nennt). Dabei wird zweierlei vergessen: Zum einen ist daran zu<br />

erinnern, dass auch in anderen Funktionssystemen – wie etwa in der Wissenschaft – das<br />

Objekt/Produkt (etwa in Form einer Publikation, eines Buches) fast ausschließlich das<br />

Ergebnis eines vorher laufenden Projekts/Prozesses ist/war (etwa eines empirischen<br />

Forschungsprojekts oder einer Recherche-/Erhebungsphase). Nicht viel anders verfährt<br />

die Kunst, wie die Seminare "Affären mit Apparaten" oder "Das fotografische<br />

Fundbüro" eindrucksvoll demonstrierten. Zum anderen sollte nicht vergessen werden,<br />

dass tatsächlich zahlreiche Medienkunst-Werke a priori "works-in-progress" sind, weil<br />

ihre interaktive Dimension das Kunstwerk selbst durch jeden Kontakt mit dem<br />

Publikum ändert. Sobald das Medienkunst-Objekt selbst nicht statisch, sondern<br />

dynamisch ist (und vielleicht, wie in der Netz- und Webkunst, nicht lokal, sondern<br />

sogar noch disloziert), ist die Rede von einem work-in-progress grundsätzlich wohl<br />

berechtigt.<br />

Eine derartige Kunst verfolgt dann in der Regel auch nicht das Ziel der invarianten<br />

Wahrheit, sondern das der permanenten Veränderung, des Wandels. Mehrere<br />

Kunstwerke, die Resultate von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> sind, illustrieren dieses<br />

Kunst-Verständnis, wie auf der zu erstellenden DVD-Dokumentation wohl noch<br />

ersichtlich sein wird.<br />

1.5.4 Konkurrenz alte/neue Medien<br />

Im Pazzini-Gutachten heißt es unter der Überschrift "Analyse älterer mittels neuer<br />

Medien":


28<br />

"Besonders reizvoll erscheint auch das Problem der Rekonstruktion und Erschließung<br />

des Gebrauchs alter Medien mit den Möglichkeiten der neuen Medien. Oft lassen sich<br />

beispielsweise die Gesetzmäßigkeiten des Films mit den neuen Medien besser<br />

analysieren als mit den herkömmlichen." (PAZZINI 1999, 21)<br />

Auch diese Frage stand im Zentrum von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>, insbesondere auch<br />

der theoretischen Debatten im Kontext der <strong>Medienhöhle</strong>n: Inwieweit führen die<br />

modernen digitalen Text/Bild-Technologien dazu, dass auch die 'älteren' Medien in<br />

einem anderen Licht gesehen werden? Diese Frage lässt sich dahingehend beantworten,<br />

dass es vor allem die neuen digitalen Medientechnologien sind, die den<br />

konstruktivistischen Aspekt medialer Bild- und Textproduktion hervorheben. Bei<br />

diesem Argument ist jedoch immer fein zwischen einem 'Immer-Schon' der<br />

Konstruiertheit durch Medialität und einer zunehmenden Konstruiertheit – gleichsam<br />

einem empirischen Trend – durch die neuen Medien zu unterscheiden.<br />

Den älteren Medien – wie Fotografie oder Film – wird tendenziell die Fähigkeit<br />

zugeschrieben, die Wirklichkeit zumindest unter den Bedingungen ihrer jeweiligen<br />

Medialität darstellen, repräsentieren zu können. Die neuen Medien stellen einerseits<br />

eine Verfeinerung dieses Repräsentations-Ideals dar (man denke nur an farbechte oder<br />

hochauflösende Bilder am PC oder bei HDTV), andererseits ermöglichen sie aber auch<br />

alle Arten und Weisen der Bild-Manipulation: Dem konstruktivistischen Aspekt ist<br />

prinzipiell Tür und Tor geöffnet (siehe etwa Photoshop). Im Zuge einer<br />

kontextorientierten, integrierten Medienausbildung und in Fortführung der<br />

Ausgangsidee von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wäre eine Medienausbildung im Bereich<br />

der neuen Medien letztlich nicht ohne Epistemologie denkbar (wie auch in einigen<br />

<strong>Medienhöhle</strong>n-Vorträgen zu Konstruktivismus und Kybernetik erprobt). Das<br />

Realismus/Konstruktivismus-Problem in epistemologisch-philosophischer Hinsicht und<br />

die Frage nach der Nutzung alter/neuer Medien im Kunstkontext scheinen relativ<br />

untrennbar miteinander verknüpft zu sein:


29<br />

Tab. 1:<br />

Kopplung Realismus/Konstruktivismus<br />

mit alten/neuen Medien<br />

'Alte Medien':<br />

Zeichnung, Malerei,<br />

Fotografie (?), Film (?)<br />

Abbildung der Wirklichkeit<br />

Repräsentations-Modell<br />

Fremd-/Weltbezug<br />

Wahrheits-Orientierung<br />

MIMETISCHES Begriffsfeld<br />

Natur – Individuum – Original<br />

'Neue Medien':<br />

Fotografie (?), Film (?),<br />

Fernsehen, Computer, Netz<br />

Konstruktion der Wirklichkeit<br />

Generierungs/Herstellungs-Modell<br />

Autopoiesis<br />

Viabilitäts-Orientierung, Änderung<br />

POIETISCHES Begriffsfeld<br />

Kultur – Kontext – Kopie<br />

(Eigene Systematik S.W.)<br />

Dabei ist es nicht nur in obiger Aufstellung fraglich, ob die Medien Fotografie und Film<br />

nun zu den alten oder zu den neuen Medien gehören. Ihr apparativer Aspekt und die<br />

Möglichkeit zur technischen Reproduktion lassen beide eher als 'neue Medien'<br />

erscheinen. Wenn man hingegen die neuen Medien nur als digitale Medien versteht,<br />

dann wäre auch das Fernsehen, das derzeit noch analog betrieben wird, ein altes<br />

Medium (diese wenigen Gedanken zeigen erneut das Problem einer adäquaten<br />

Grenzziehung von alten und neuen Medien auf – im medientheoretischen Essay wird<br />

später dargelegt, dass eine strikte Grenzziehung empirisch unmöglich ist). 8<br />

Wie ändert sich aber nun das Wirklichkeits-Verständnis und damit das Verständnis von<br />

der Funktion der Kunst durch den Einsatz der neuen (jetzt primär: digitalen)<br />

Medientechnologien? Diese Frage wäre wissenschaftlich nur durch eine empirische<br />

Befragung der Studierenden von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> zu beantworten. Es ist an<br />

dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass das Angebot einer E-Mail-Befragung durch die<br />

Studierenden jedoch nicht angenommen wurde (bis auf eine Ausnahme, siehe Anhang<br />

3). Möglich wäre es, dies auch noch einmal mit Hilfe eines alternativen Kanals, etwa in<br />

8<br />

Über die logische Paradoxie (bzw. eigentlich Unmöglichkeit) eines radikal Neuen im Kunst-<br />

Kontext vgl. auch PERES 1997, 22 f. sowie LUHMANN 1995b.


30<br />

Form von Face-to-Face-Interviews oder als schriftliche Befragung im Rahmen eines<br />

Seminars, zu versuchen.<br />

Ziel von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> war es jedenfalls, etwaige Vorurteile und Barrieren<br />

auf Seiten der Vertreter und Anwender alter Medien und auf Seiten der Vertreter und<br />

Anwender neuer Medien abzubauen. Ein klassisches Vorurteil der Anwender alter<br />

Medien gegenüber den Anwendern neuer Medien ist es, dass diese keine genialen<br />

Künstler, sondern eben bloß Techniker, Bastler, Tüftler oder Ingenieure seien. Ein<br />

klassisches Vorurteil der Anwender neuer Medien gegenüber den Anwendern alter<br />

Medien ist es, dass diese anachronistische Kunst betreiben würden und sich mit den<br />

neuen Technologien lediglich nicht auskennen würden (ansonsten würden sie sie wohl<br />

auch einsetzen). Ziel von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> war es, diese beiden Vorurteile<br />

abzubauen zugunsten eines möglichen neuen, dialogischen und pro-aktiven<br />

Miteinanders.<br />

1.5.5 Konkurrenz Tafelbild/Bewegtbild<br />

Die Konkurrenz von alten und neuen Medien kann auch als Konkurrenz zwischen<br />

statischem Tafelbild und bewegten Bildern gelesen werden. Erneut sollte jedoch<br />

vermieden werden, einen zu starken Dualismus, d.h. eine Dichotomie oder gar eine<br />

Polarität zu sehen (immerhin besteht etwa auch jeder Film aus statischen Einzelbildern).<br />

Dennoch gab und gibt es theoretische Ansätze, die zwischen den klassischen<br />

Tafelbildern und den neuen bewegten Medienbildern gar eine Art 'Klassenkampf' um<br />

den rechten Kunst-Begriff heraufbeschwören wollen. Zu diesen gehört etwa Peter<br />

Weibels dennoch lesenswerte Theorie von der Beschleunigung der Bilder (WEIBEL<br />

1987). Darin schreibt er:<br />

"Der kulturelle Kampf um die Beschleunigung geht aber weiter. Während die<br />

Chronokraten in der Oper sitzen und Gemälde besitzen, weil sie eingestandenermaßen<br />

die Ästhetik der Ruhe, des Statischen, des Stabilen, die 'zeitlose' Kunst bevorzugen,<br />

erfreuen sich die Zeitknechte der bewegten Bilder. Malerei ist zur Salon- und Hofkultur<br />

der Zeitaristokraten geworden [...]." (WEIBEL 1987, 152)


31<br />

Und an anderer Stelle:<br />

"Die konservativen Zeitinseln namens Museen rücken in der Chronokratie<br />

logischerweise in das Zentrum der Kultur. Diese Museen sind klarerweise auch<br />

ausschließlich dem Tafelbild und der Skulptur gewidmet und haben keinen Platz für die<br />

bewegten Bilder, die Maschinen-, Wahrnehmungs- und Medienkunst, also für alle<br />

Formen fortschrittlicher Zeitkunst." (Ebenda, 155 f.) 9<br />

Derartige kulturkämpferische Töne würde man heute kaum noch explizit hören oder<br />

lesen. Eher wird der Grabenkampf zwischen klassischer Kunst und neuer Medienkunst<br />

im Stillen ausgetragen. Wenn es <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> gelungen ist, dass hier<br />

einige der wichtigen Debatten entlang dieser Trennlinien offen und manifest an einer<br />

Kunsthochschule geführt werden, dann hat das Projekt bereits einen Gutteil seines<br />

Zwecks erreicht. Eine endgültige 'versöhnliche' Antwort oder gar eine vollständige<br />

Aufnahme der Medienkunst in den Kanon klassischer Kunstformen kann hier freilich<br />

nicht proklamiert werden bzw. ist nicht in Sicht.<br />

Viel zu dynamisch entwickeln sich gegenwärtig die neuen Medientechnologien, als dass<br />

ein endgültiges Urteil möglich wäre: Viele Kunstwerke aus der Medienkunst lesen sich<br />

in der Retrospektive lediglich wie ein Zur-Schau-Stellen des zu einem jeweiligen<br />

Zeitpunkt technisch Möglichen und Machbaren. Viele technische Träger, Plattformen<br />

oder auch Software-Programme sind längst überholt oder vom Markt. Gegenwärtige<br />

Medienkunst beginnt sogar bereits, sich einer Kulturgeschichte der Digitalisierung zu<br />

widmen und frühe Personal Computers oder erste Software nostalgisch zu reinterpretieren.<br />

Alles ist im Fluss: Webkunst-Seiten verschwinden von Servern, werden<br />

geschlossen oder werden durch neue Tools oder Programm-Verbesserungen rasend<br />

schnell veraltet und flugs kaum noch besucht.<br />

Es ist eine der zentralen Fragen von Medienkunst(theorie), wie mit dieser Dynamik und<br />

Rasanz der Entwicklung umzugehen ist. Im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

konnten hier keine klaren Antworten gefunden werden (außer jener, dass ein Offline-<br />

9<br />

Peter Weibel schrieb diesen Text freilich rund zehn Jahre vor der Gründung des "Museums of<br />

the Future" durch die Linzer "ars electronica", eines Museums, das sich sehr wohl der neuen Medienkunst<br />

widmet (mit Schwerpunkten auf Interaktivität, Installationen und VR-Technologien).


32<br />

Produkt/eine DVD immer noch das derzeit beste Mittel zur Archivierung und<br />

Dokumentation darstellt).<br />

Die Frage nach Tafelbild versus Bewegtbild kann man auch dahingehend auflösen, als<br />

beide Oppositionsglieder von einem Bildbegriff ausgehen. Hiermit stellt sich aber noch<br />

nicht die Frage, die in <strong>Medienhöhle</strong> 3 gestellt wurde: nämlich jene nach einer Kunst<br />

jenseits des Bildes. Eine Kunst jenseits des Tafelbildes wie des bewegten Bildes wäre<br />

etwa eine reine Text- oder auch eine reine Datenkunst. 10<br />

Die Frage nach der Relationierung von Bild und Text, von Vorstellungsbild und<br />

Sprache betrifft letztlich nicht nur die Medienkünstler und Kunstwissenschaftler,<br />

sondern auch und vor allem Philosophen und Erkenntnistheoretiker, Bildwissenschaftler<br />

und Sprachwissenschaftler. Ein inter- und transdisziplinärer Polylog über diese Themen<br />

wäre auch ein möglicher Fluchtpunkt und eine mögliche Fortsetzung von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Diese Überlegung führt zu den derzeit noch offenen Zukunfts-<br />

Perspektiven.<br />

1.5.6 Offene Zukunftsoptionen<br />

Der Modellversuch hat nicht ganz ohne Hintergrund ein 'x' am Schluss seines Titels<br />

stehen: <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Mit dem Auslaufen des Modellversuchs halten wir<br />

bei <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> 1–4. Das 'x' steht dabei nicht nur für die Offenheit der weiteren<br />

Medien-Evolution und für die Einsicht, dass die neuen Medien im Zuge der weiteren<br />

Konvergenz der Technologien und Plattformen und der weiter fortschreitenden<br />

Divergenz bzw. Segmentierung der Inhalte einen noch wichtigeren Stellenwert im<br />

Alltag wie in der Gesellschaft – und damit wohl auch in der Kunst – einnehmen werden.<br />

Das 'x' steht auch als Plädoyer für eine Nachhaltigkeit über den dreijährigen<br />

Modellversuch hinaus: Sollte <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> mehr als bloß 'ein Tropfen auf<br />

den heißen Stein' gewesen sein, dann stellt sich die drängende Frage, wie es denn mit<br />

den neuen Medien an der HfBK Dresden weitergehen soll. Soll die Projektklasse Neue<br />

Medien ein relativ hermetisches Dasein, abgekoppelt von den 'klassischen Künsten'<br />

10<br />

Wobei auch hier wieder, dies sei nur am Rande vermerkt, begriffliche Probleme auftauchen: Der<br />

erweiterte semiotische Textbegriff, der 'Texte' als strukturierte Zeichenmengen versteht, begreift dann<br />

etwa auch Bilder als Texte. Jede kulturell interpretierte Information wird somit zum Text, der encodiert<br />

und decodiert werden kann. Dieser Text-Begriff findet auch in den Cultural Studies breite Anwendung.


33<br />

führen, oder soll es auch weiterhin fruchtbare Dialoge und Reibungen zwischen Neuen<br />

Medien hier und Malerei/Bildhauerei dort geben? Soll eine Medienausbildung in das<br />

Grundstudium für alle Studierenden aufgenommen werden? Dies ist die eine Frage.<br />

Die andere offene Frage ist die nach der adäquaten Dokumentation von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>. Mit diesem <strong>Abschlussbericht</strong> inkl. des medientheoretischen Essays<br />

zu Medien/Kunst wurde der erste Schritt in diese Richtung getan. Zweitens ist es aber<br />

auch unbedingt notwendig, das Archiv zu den <strong>Medienhöhle</strong>n 1-4 von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> sowie ausgewählte Arbeiten von Studierenden aus den Seminaren<br />

und Workshops idealer Weise auf einer DVD darzustellen, die wohl das derzeit<br />

geeignetste Medium für eine derartige Dokumentation darstellt. Texte zur Medienkunst<br />

sowie von wissenschaftlichen Vorträgen aus den <strong>Medienhöhle</strong>n 1-4 könnten eventuell<br />

als begleitendes Buch oder Heft zur DVD publiziert werden. Wichtig erscheint bei<br />

diesen Überlegungen, dass Print-Beiträge weiterhin in Buchform erscheinen und<br />

Bewegtbild- bzw. Web-Beiträge sich auf der DVD finden sollen. Eine solche<br />

Dokumentation wäre unerlässlich. Leider reichte der Projektzeitraum für die Erstellung<br />

einer derartigen Dokumentation nicht mehr aus, weshalb es dringend erforderlich wäre,<br />

hier mit Restmitteln aus dem Modellversuch eine Verlängerung für zumindest diese<br />

noch ausstehenden Arbeiten anzustreben.<br />

Nunmehr aber zur ersten Frage, zur Frage nach der Nachhaltigkeit von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> an der HfBK, d.h. noch einmal zur Frage nach der curricularen<br />

Platzierung der im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> erprobten<br />

Medienausbildung: Hier wäre zu fordern, dass bereits im Grundstudium Grundlagen des<br />

medialen Gestaltens vermittelt werden, auf die dann später im Fachklassenstudium<br />

aufgebaut werden kann. Dafür wäre es notwendig, eine offene "Medienwerkstatt<br />

Grundstudium" einzurichten (provisorische Bezeichnung). Einführungsseminare sind in<br />

diesem Zusammenhang wohl von besonderer Bedeutung.<br />

Für die Fortführung der Projektklasse Neue Medien an der HfBK ergibt sich die<br />

Notwendigkeit einer Schwerpunkt- bzw. Profilbildung, die zur Sicherung des<br />

Hochschulstandortes und zum Erreichen (bzw. Bewahren) eines USPs in der<br />

Ausbildung mittel- bis langfristig unerlässlich ist (siehe vorne). Insofern kann die<br />

Akzeptanz von Seminaren und Workshops aus dem Modellversuch <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> durch die Studierenden als wertvoller Gradmesser für eine mögliche


34<br />

zukünftige Schwerpunktbildung dienen: Es zeichnet(e) sich ab, dass sich ein derartiger<br />

neuer Schwerpunkt im Bereich Animationsfilm/experimenteller Trickfilm ergeben<br />

könnte. Das Profil der Medienklasse könnte sich also in die Richtung 'animiertes<br />

Bewegtbild' entwickeln. Eine derartige Schwerpunkt- bzw. Profilbildung bedarf freilich<br />

der hochschulinternen Diskussion, die nunmehr – nach dem Modellversuch – allerdings<br />

schleunigst beginnen sollte. Dabei wäre von folgenden Parametern auszugehen: Mit<br />

dem Leiter der Projektklasse Neue Medien, Prof. Lutz Dammbeck, verfügt die Klasse<br />

über einen international bekannten und arrivierten Filmemacher und Medienkünstler.<br />

Insofern passt die mögliche Schwerpunktbildung zur Biographie des Klassen-Leiters.<br />

Zum anderen wäre durchaus auch an eine Tradition des Standortes Dresden selbst<br />

anzuschließen: Immerhin war Dresden bis 1989 ein europaweit gefragter Standort für<br />

den Animationsfilm. Mit dem Defa-Studio für Trickfilme befand sich in der Stadt eines<br />

der größten Studios für Animationsfilme in Europa. Es wäre zu prüfen, inwieweit diese<br />

Profilbildung auch von heutiger kommunalpolitischer Seite bzw. aus heutiger<br />

entwicklungsplanerischer Sicht als sinnvoll angesehen wird und erwünscht wäre.<br />

Freilich wäre auch an andere Profilbildungen zu denken, die mit dem Bewegtbild zu tun<br />

haben: So etwa 3D-Animation im Web mittels Flash-Technologien oder<br />

digitaler/virtueller Film bzw. virtual beings im Film. Solche Fluchtpunkte sind freilich<br />

mit den entsprechenden technischen Grundausstattungen verknüpft. Sie können im<br />

Rahmen dieses <strong>Abschlussbericht</strong>s nur kursorisch angerissen werden und bedürfen<br />

weiterer Diskussionen hochschulinterner wie kommunalpolitischer Art.<br />

Schließlich ist auch an die Kopplung von Neuer-Medien-Kunst und Medientheorie<br />

unter der Leitfrage des Bild-Begriffs bzw. der Text/Bild-Relation zu erinnern, wobei<br />

sich hier aktuell mehrere Partner anbieten würden, die derzeit und in der nahen Zukunft<br />

im bildwissenschaftlichen Kontext forschen und lehren.


35<br />

2. Der Beitrag von "<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>"<br />

zu den Zielen des KuBiM-Programms<br />

2.1 Zuordnung der Aktivitäten zu den Zielen von KuBiM<br />

"Ziel des Programms ist die Entwicklung und Erprobung innovativer Modelle für den<br />

kreativen und kompetenten Umgang mit den neuen Medientechnologien in der<br />

kulturellen Bildung/Ausbildung und die Förderung der ästhetischen Erfahrung durch<br />

Schulung der Sinne und Arbeit in interdisziplinären und medialen Projekten."<br />

(http://www.kubim.de/home/programm.html)<br />

Es sind also zwei primäre KuBiM-Ziele auseinander zu halten: 1) Innovative Lehr/Lern-<br />

Modelle für den kreativen Umgang mit den neuen Medientechnologien und 2) eine<br />

Schulung der Sinne, ein Stimulieren der ästhetischen Erfahrung(en), wobei Punkt 2)<br />

eine Konsequenz von Punkt 1) sein kann. Im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

war Ziel 1) vorrangig. Dabei ging es aber nicht um die Erprobung neuer Lehr/Lern-<br />

Modelle mit Hilfe der neuen Technologien (wie etwa E-Learning), auch nicht um<br />

Lehr/Lern-Modelle an der Schnittstelle von Realität und Virtualität, von Face-to-Face-<br />

Situation und Medienprodukt (wie etwa im Blended Learning), sondern um ein<br />

curriculares Ausbildungsmodell für eine Medien(technik)ausbildung an einer<br />

Kunsthochschule, das durch folgende Charakteristika gekennzeichnet war:<br />

• Curriculare Offenheit und Adressierung an alle Fachklassen<br />

• Teamorientierung statt Fokus auf singulären Künstlerpersönlichkeiten<br />

• Projektorientierung statt von der Praxis abgekoppelte Theorie-/Technik-Module<br />

• Dialog alte/neue Medien<br />

• Dialog Tafelbild/Bewegtbild<br />

Diese einzelnen Punkte wurden in den Abschnitten 1.5.1 bis 1.5.5 bereits ausführlich<br />

beschrieben.<br />

Mit dem KuBiM-Ziel 1) vereinbar ist somit auch die Produktion einer<br />

Abschlussdokumentation auf DVD, die auch Lern-Tools für Kunst-Studierende (etwa<br />

im Bereich Webgestaltung, Flash-Design etc.) enthalten sollte.


36<br />

Als weiterer KuBiM-Schwerpunkt ist die "Entwicklung neuer Studienbausteine/-<br />

angebote im Bereich künstlerischer Arbeit mit und an den Medien" genannt<br />

(http://www.kubim.de/home/programm.html). Dieses neue Kompakt-Angebot hat<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> mit den Seminaren und Workshops, die unter Abschnitt 4.2<br />

aufgelistet sind, vorgelegt. Dabei erschien es wichtig, auf renommierte Dozenten und<br />

ausgewiesene Experten ihres jeweiligen Fachbereichs zurückzugreifen.<br />

Die Sinnhaftigkeit und besondere Relevanz, den Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong><br />

<strong>1–x</strong> gerade an der Hochschule für Bildende Künste Dresden auszurichten, ergibt sich<br />

ebenfalls durch die KuBiM-Programmatik:<br />

"Die Hochschulprojekte zielen auf die Entwicklung neuer Studienbausteine/-angebote<br />

im Bereich künstlerischer Arbeit mit und an den Medien. Kunsthochschulen, die sich<br />

den Neuen Medien bislang eher zögerlich zugewandt haben, sind im Programm ebenso<br />

vertreten wie Hochschulen, die auf z.T. technisch hohem Niveau die Medien in ihre<br />

Arbeit integrieren." (Aus: "Kulturelle Bildung im Medienzeitalter. Projekte – Praxis –<br />

Perspektiven", S. 6)<br />

Auf die generelle und spezielle Problematik einer (Neue-)Medien-Ausbildung an einer<br />

(traditionellen) Kunsthochschule wurde in diesem Bericht bereits verschiedentlich<br />

eingegangen, vor allem aber in Abschnitt 1.2.<br />

An dieser Stelle soll als ein besonderes Ergebnis von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> der<br />

Versuch hervorgehoben werden, einen kritischen Umgang mit den neuen<br />

Medientechnologien zu lehren, der allerdings die Kenntnis der Techniken voraussetzt.<br />

Diesbezügliche Überlegungen von Peter Weibel zur sogenannten "Computer-<br />

Kritikalität" waren dazu handlungsanleitend:<br />

"Mit Computer-Kritikalität meine ich zweierlei. Erstens ein kritisches Verhältnis zum<br />

eigenen Medium, zur Ästhetik des eigenen Mediums. In diesem Sinne auch ein<br />

sozialkritisches Bewußtsein gegenüber der historisch hervorgebrachten und<br />

bevorzugten, etwas glatten Computer-Ästhetik. Zweitens meine ich eine spezifische<br />

Methode fraktaler Muster der Unordnung, eine technisch-mathematische Methode,


37<br />

unordentliche Systeme mit Hilfe hochkomplexer Datenkonfigurationen zu erzeugen."<br />

(WEIBEL 1993, 53)<br />

Mit ersterer Vorstellung von Computer-Kritikalität (und erweitert dann: Medien-<br />

Kritikalität) sind insbesondere die Veranstaltungen mit Peter Dittmer und Harun<br />

Farocki (<strong>Medienhöhle</strong>n 1 und 2) vereinbar. Die Vermittlung von technischem Basis-<br />

Know-how und die Befähigung zu einer kritischen Reflexion des eigenen Mediums<br />

waren die beiden grundlegenden didaktischen Ziele von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>.<br />

Die künstlerischen Ergebnisse des Modellversuchs sollen nunmehr auf einer DVD der<br />

Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.<br />

Was nun die erreichten Ziele (und offenen Fragen) von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> im<br />

Vergleich zum Projektantrag und zu den Zielen des KuBiM-Programms angeht, so<br />

sollen im Folgenden noch einmal kurz resümierend Ausgangslage, Verlauf und die<br />

mögliche Zukunft des Modellversuchs dargestellt werden:<br />

• Ausgangslage war eine mangelnde 'Tradition' der Ausbildung im Bereich der<br />

Medien oder der neuen Medien an der HfBK. Es ging darum, einen neuen<br />

Kontext, einen neuen Raum zu schaffen, der mit der Eröffnung der<br />

Projektklasse Neue Medien im Mai 2000 erstmals aufgestoßen wurde.<br />

• Zu einer anfänglich eher opaken Bedarfs-Situation ('Interessieren sich die<br />

Dresdner Studierenden überhaupt für die neuen Medien?') kam bald die<br />

Einsicht, dass basale PC-Kenntnisse und Erfahrungen mit digitalen<br />

Technologien großteils fehlten, was später zur Forderung nach der<br />

Notwendigkeit einer Medien-Grundlagenausbildung führte.<br />

• Es wurde versucht, <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> offen, inter- und transdisziplinär<br />

anzulegen, aber dennoch in das Lehrangebot der Projektklasse im Sinne<br />

erweiternder Module einzubetten. Angesprochen waren jedoch die Studierenden<br />

im Grundstudium aller Fachklassen.<br />

Was waren die wichtigsten Ergebnisse im Verlauf des Modellversuchs?<br />

• Die Kombination von jährlich einmaligen Kulminationen/Verdichtungen (den<br />

sogenannten "<strong>Medienhöhle</strong>n") und ganzjährig verstreuten Workshops,


38<br />

Seminaren und Mediensalons (Vorträgen, Diskussionen, Präsentationen) hat<br />

sich grundsätzlich bewährt.<br />

• Kritikalität in der Medienkunst wurde in Ansätzen eingeübt, ein kritisches<br />

Bewusstsein war bei zahlreichen Studierenden jedoch bereits von vornherein<br />

vorhanden. 11<br />

• Der Versuch eines Best-Practice-Modells, eines 'Lernens von den Besten', mag<br />

grundsätzlich ebenfalls positiv betrachtet werden.<br />

Welche Zukunftsoptionen brachte <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> für die HfBK?<br />

• Medientechnik sollte bereits in die Grundlagenausbildung aller Fachklassen<br />

integriert werden.<br />

• Für die Projektklasse Neue Medien bietet sich eine neue Schwerpunktsetzung<br />

und Profilbildung im Bereich der Animation und des experimentellen Trickfilms<br />

an (siehe dazu die Überlegungen im Abschnitt 1.5.6).<br />

• Eine Fortsetzung des Dialogs mit Kultur- und Medienwissenschaftlern, wie er<br />

im Rahmen der <strong>Medienhöhle</strong>n erprobt wurde, ist anzustreben. Die<br />

"Kunstforschung" (PAZZINI 1999, 51 ff.) sollte unbedingt intensiviert werden,<br />

ebenso die künstlerisch-wissenschaftliche Forschung, die auf ein Teamwork<br />

zwischen Künstlern und Wissenschaftlern, auf gemeinsames Forschen, abzielt.<br />

Eine Projektklasse Neue Medien bedarf auch der wissenschaftlichen Begleitung durch<br />

die Medienwissenschaft, und zwar in ihrer medientheoretisch-medienphilosophischen<br />

wie auch in ihrer empirisch-sozialwissenschaftlichen Orientierung (dazu ebenfalls mehr<br />

in Abschnitt 3.1).<br />

11<br />

So schreibt etwa der <strong>Artlab</strong>-Teilnehmer David Buob in seiner Selbstdarstellung auf<br />

http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/html/personen/studierende/davidbuob.html: "Meine Arbeit stellt stets die<br />

Frage, wie sie sich in einem ästhetischen Wertekanon verorten kann, woher dieser seine Berechtigung<br />

erlangt und ob sie sich nicht einem solchen widersetzen muss. Das Hinterfragen von Institutionen und<br />

kulturellen Netzwerken, in denen meine Arbeit ausgestellt wurde, ist ein zentrales Moment der<br />

Selbstreflexivität meines künstlerischen Schaffens. Darüber hinaus werden den Kunstbetrieb<br />

überschreitende kulturelle Phänomene und soziale Strukturen beleuchtet und nach ihrem Wahrheitswert<br />

in einem angeblich bestehenden Wertesystem befragt. Es ist aber stets die Frage nach der möglichen<br />

Konstruktion unserer Wirklichkeit, die durch ein aktives Konstruieren meinerseits exemplarisch<br />

vorgeführt wird, um damit eine Wahrheit a priori zu bezweifeln."<br />

Freilich sollten solche und ähnliche Überlegungen nicht zu einer Selbstblockade oder inneren Emigration<br />

jener Art führen, dass Kunstproduktion – gleichwohl mit dem Anspruch, 'Künstler' zu sein – von<br />

vornherein verweigert wird. Denn damit würde die Inklusions-Paradoxie des Kunst-Systems übersehen<br />

werden: Man muss ein Teil des Systems sein, um den Ausstieg aus ihm feiern zu können. Der "Ausstieg<br />

aus der Kunst als höchste Form der Kunst" (Peter Weibel) macht nur Sinn, wenn man bereits im System<br />

ist. Ansonsten handelt es sich einfach um einen von der Umwelt nicht bemerkten Berufs- oder auch nur<br />

Diskurswechsel...


39<br />

2.2 Erläuterung der Maßnahmen und Reflexion der Erfahrungen<br />

Die Reflexion der Erfahrungen im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde<br />

ausgegliedert. Sie findet sich in diesem Bericht als eigenes Kapitel (Kapitel 5) mit dem<br />

Titel "Die Medien(technik) und die Kunst. Ein medientheoretischmedienphilosophischer<br />

Essay im Kontext von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>". Es wurde<br />

der Versuch unternommen, den Modellversuch im Kontext gegenwärtiger medien- und<br />

kunsttheoretischer Debatten zu lesen und ihn somit in wissenschaftliche Diskurse aus<br />

der Medien- und Kunstwissenschaft einzubetten. Eine derartige Reflexionsebene<br />

erschien gerade im Kontext dieses Modellversuchs als besonders geeignet.<br />

Eine Reflexion von Erfahrungen (= von Empirie) kann subjektiv oder objektiviert – also<br />

nach wissenschaftlichen Kriterien – erfolgen. Da zeitlich und organisatorisch keine<br />

streng empirische Auswertung im Rahmen des Methodenarsenals der empirischen<br />

Sozialwissenschaften möglich war, blieb der medien- und kunsttheoretische<br />

Anknüpfungspunkt zur Reflexion übrig.<br />

2.3 Arbeiten, die zu keiner Lösung geführt haben<br />

Diese wurden in verschiedenen Teilen dieses <strong>Abschlussbericht</strong>s bereits erwähnt und<br />

sollen an dieser Stelle lediglich noch einmal zusammengefasst werden. Nicht gelungen<br />

sind:<br />

• der Versuch, die Mehrheit der Studierenden der Projektklasse Neue Medien<br />

auch nachhaltig über den Projektzeitraum hinweg für das zusätzliche<br />

Lehrangebot im Rahmen des Modellversuchs zu interessieren und an diesen zu<br />

binden<br />

• bis dato der Versuch, eine Nachhaltigkeit des Angebots von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> über den Projektzeitraum hinaus zu erreichen, indem etwa<br />

von der HfBK zusätzliche Mittel für die Seminare und Workshops im Rahmen<br />

des Ausbildungsmoduls bereitgestellt werden<br />

• eine befriedigende Lösung der Frage nach den technologischen<br />

Einstiegsvoraussetzungen bei der Medienkunst-Ausbildung: Ist ein minimales<br />

Wissen über digitale Technologien und sind basale PC-Kenntnisse erforderlich,


40<br />

oder kann ein Einstieg auch gleichsam bei Null erfolgen (tendenziell verwies<br />

der Modellversuch darauf, dass ein Einstieg bei Null wenig effizient ist)?<br />

• der Einbau interaktiver Content-Management-Systeme in die Projektklassen-<br />

Webseite (wie etwa Weblogs, Wikis, Mailingliste, Feedback-Forum). Dies wäre<br />

eine potenzielle Aufgabe für eine zukünftige Architektur/Erweiterung der<br />

Webseite bzw. einen kompletten Relaunch ebendieser.<br />

• die Publikation einer Abschlussdokumentation auf DVD innerhalb des<br />

Projektzeitraums. Die Erstellung einer solchen DVD ist auch nach Ablauf der<br />

regulären Projekt-Laufzeit unbedingt notwendig und sinnvoll.


41<br />

3. Transfer und Verstetigung<br />

3.1 Transferkonzept und Dissemination<br />

Mit 'Transfer' ist die Frage nach der Übertragbarkeit der Ergebnisse von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> angesprochen, mit 'Dissemination' der Aspekt der Streuung.<br />

Beginnen wir mit der Frage nach einem möglichen 'Transfer': In der<br />

Wissensgesellschaft ist die Frage nach dem Wissenstransfer, d.h. der Ver- und<br />

Übermittlung von Wissen von einer Einheit (Person, Instanz, Organisation) zu einer<br />

anderen von großer Bedeutung, um der zunehmenden Segmentierung und<br />

Partikularisierung in abgeriegelte Wissensprovinzen zu entgehen. Die Frage des<br />

Transfers ist somit immer auch eine Frage nach Verbindungslinien, nach dem Sehen<br />

oder Schaffen von größeren Kontexten und Zusammenhängen. Dennoch ist<br />

einzuschränken, dass mit der Transfer-Metapher immer schon ein realistischontologisches<br />

Verständnis von Information, Kommunikation und Wissen nahe gelegt<br />

wird. Lassen sich Inhalte und Ergebnisse – gerade, wenn es sich um Experimente, um<br />

Versuchsreihen mit Modellcharakter handelt – von einer Instanz oder Institution auf<br />

eine andere 1:1 übertragen, wie im Container-Modell der Kommunikation? Diese Frage<br />

ist zu verneinen.<br />

So gibt es auch für <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> keinen direkten Transfer-Aspekt. Es<br />

können aber sehr wohl einige indirekte Hinweise gegeben werden, die jedoch auch über<br />

die konkrete Konzipierung von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hinausreichen. Dazu<br />

folgende Überlegungen:<br />

1) Alle Kunsthochschulen und Kunstakademien stehen in der Gegenwart und erst<br />

recht in der nahen Zukunft vor dem drängenden Problem einer adäquaten<br />

Kunstausbildung. Völlig unabhängig von dem Problem alte versus neue Medien stellt<br />

sich die Frage nach der zukünftigen Kunst-Didaktik: Beibehalten des Meisterklassen-<br />

Systems aus dem 18. Jahrhundert, flexiblere Strukturen mit offenen curricularen<br />

Modellen, oder gar explizite Mitbestimmungs-Modelle der Studierenden bei der Lehre?<br />

Radikale Kritiker halten Kunsthochschulen heute generell für einen Anachronismus und<br />

fordern deren Abschaffung (vgl. etwa BONK 2001, 69). Diese – auch immer wieder<br />

polemisch geführte – Debatte hat wohl ihren Höhepunkt noch gar nicht erreicht.


42<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> steht als Fallbeispiel für eine mögliche offene Struktur. Um<br />

den Erfolg des Modellversuchs zur Beantwortung einer möglichen Transfer-Frage<br />

adäquat bemessen zu können, bedürfte es jedoch einer Evaluierung mit<br />

sozialwissenschaftlichen empirischen Methoden.<br />

2) Alle Kunsthochschulen, die (noch primär) traditionelle 'Malerakademien' sind,<br />

werden sich die Frage stellen (müssen), wie sie mit den neuen Medien umzugehen<br />

gedenken. Im Sinne einer (bereits) erfolgreichen Profilbildung kann man sein<br />

klassisches Profil – das etwa im Bereich der Malerei, des Bühnenbilds oder der<br />

Bildhauerei liegen kann – beibehalten und die neuen Medien getrost den<br />

Medienkunsthochschulen (wie Köln oder Karlsruhe) überlassen. Man kann aber auch<br />

zur Entscheidung gelangen, dass man trotz eines distinkten Profils im Bereich der 'alten<br />

Medien' den Dialog mit den neuen Medien suchen möchte. Für eine solche Öffnung<br />

stand und steht die HfBK Dresden nicht nur mit dem Modellversuch <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>, sondern auch mit der Projektklasse Neue Medien und der Fachklasse<br />

für übergreifendes künstlerisches Arbeiten. So far lässt sich schwerlich beurteilen,<br />

welcher Weg der bessere ist: Tendenzielle Schließung und damit Rekurs und<br />

Konzentration auf das althergebrachte Profil oder Öffnung im Hinblick auf die neuen<br />

Medientechnologien. Die HfBK Dresden steht jedenfalls für den Versuch einer<br />

Öffnung.<br />

Der Transfer-Wert von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> besteht somit viel eher darin, Fragen<br />

aufgeworfen und – auch mit Hilfe dieses <strong>Abschlussbericht</strong>s noch einmal – zugespitzt<br />

bzw. pointiert zu haben. Definitive Antworten lassen sich aus dem Modellversuch<br />

hingegen nicht ableiten. Er gibt lediglich Anstöße zur weiteren Diskussion über<br />

Mediendidaktik an Kunsthochschulen, aber keine vorgefertigten Antworten und<br />

empirisch valide Ergebnisse.<br />

Der Zusammenhang zwischen Transfer-Frage und möglicher Schwerpunktbildung bzw.<br />

-beibehaltung verlangt eine Diskussion des Problems im größeren Kontext, die hier den<br />

Rahmen sprengen würde. Es sei nur ein kursorischer Vergleich mit der Universität für<br />

künstlerische und industrielle Gestaltung Linz (A) gestattet: Diese insbesondere für die<br />

Studiengänge Industrial Design und Architektur bekannte frühere Kunsthochschule 12<br />

(nach dem neuen Gesetz in Österreich: Universität) hat etwa unlängst einen<br />

12<br />

Es werden aber auch die Studienrichtungen Bildhauerei, Malerei und Grafik oder etwa Textiles<br />

Gestalten angeboten.


43<br />

Entwicklungsplan beschlossen, der drei neue Schwerpunktbildungen vorsieht:<br />

Intermedialität, Raumstrategien und künstlerisch-wissenschaftliche Forschung. 13 Zum<br />

dritten Schwerpunkt wird bemerkt:<br />

"In den nächsten Jahren soll daher, teilweise in Zusammenarbeit mit anderen<br />

Einrichtungen des tertiären Bildungssektors [...], mit ausgewählten internationalen<br />

Kooperationspartnern, aber auch mit anderen Kultur- bzw. Bildungsinstitutionen die<br />

künstlerisch-wissenschaftliche Forschung (Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte,<br />

Kunsttheorie, Medientheorie, Kunst und gender studies...) stärker als bisher<br />

wesentlicher Bestandteil des Profils der Kunstuniversität werden." (S. 3)<br />

Eine ähnliche Erweiterung in Richtung künstlerisch-wissenschaftlicher Forschung wäre<br />

wohl auch für die HfBK Dresden sinnvoll und letztlich allen Kunsthochschulen<br />

anzuraten, die sich mit den neuen Medien beschäftigen. Was in Linz die Kooperation<br />

mit der "ars electronica" ist, wäre in Dresden die verstärkte Einbindung der CYNETart<br />

und der Trans-Media-Akademie Hellerau (http://www.body-bytes.de/tma/index.htm),<br />

deren Schwerpunkt im Bereich der Interaktivitäts- und Schnittstellen-/Mixed-Reality-<br />

Forschung liegt. Ein mögliches neues künstlerisch-wissenschaftliches Forschungscluster<br />

könnte somit im Bereich der "Theorie und Empirie der Transmedialität" anzusiedeln<br />

sein.<br />

Freilich beziehen sich diese Überlegungen erneut primär auf den Standort Dresden und<br />

die HfBK, sie müssten für jede Kunsthochschule an einem anderen Ort adaptiert<br />

werden. Insofern scheint der direkte Transfer kaum gegeben zu sein; ähnliche<br />

Überlegungen wären jeweils situativ adaptiert anzustellen.<br />

Dennoch ist aber darauf hinzuweisen, dass mit dem Package an Seminaren und<br />

Workshops, wie es in Kapitel 4 tabellarisch aufgelistet wird, sehr wohl ein Tool zur<br />

Verfügung steht, das auch für die Neue-Medien-Ausbildung an anderen<br />

Kunsthochschulen und auch künstlerischen Fachhochschulen Verwendung finden<br />

könnte. Die Seminare und Workshops bauen aufeinander auf, und die durchwegs<br />

äußerst lehrerfahrenen Dozenten stammen selbst von anderen Kunst- und<br />

13<br />

Der Entwicklungsplan findet sich online unter<br />

http://www1.internet.ufg.ac.at/pls/public/docs/WWWMBL983.


44<br />

Medienhochschulen (wie Köln, Kassel oder Hamburg). Ein Transfer-Aspekt ist somit<br />

auch die Einsicht, dass auf Grund der Breite und hardware- wie softwaretechnischen<br />

Vielfalt der neuen Medientechnologien sich ein derartiges Curriculum nicht ohne<br />

Rückgriff auf nationale oder gar internationale Experten planen lässt.<br />

Schließlich ist auf die folgenden sekundären Transfer-Effekte von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hinzuweisen:<br />

1) Es zeigte sich, dass die Frage nach einer adäquaten Didaktik zur Vermittlung<br />

von Techno-Kompetenzen im Bereich der neuen Medien noch nicht hinreichend geklärt<br />

ist. Hier bedarf es noch einer vertieften Zusammenarbeit zwischen Künstlern,<br />

Technikern und Didaktik-Experten. Die Frage nach einer spezifischen Neue-Medien-<br />

Didaktik ist noch so gut wie offen. Im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde<br />

ein seminaristischer, teamorientierter und projektorientierter Zugang mit offenem<br />

Curriculum gewählt – mit allen geschilderten Vor- und Nachteilen.<br />

2) Kunstausbildung im Bereich der neuen Medien sollte nicht bloß den letzten<br />

möglichen technologischen Stand zur Schau stellen, Neue-Medien-Kunst ist mehr als<br />

eine bloße Spielwiese des High-Tech. Die Befähigung zur Kritikalität im Umgang mit<br />

den Medien (und auch zur profunden Medienkritik) ist in der Mediengesellschaft<br />

essentiell, und es stellt sich die durchaus prekäre Frage, wie diese vermittelt werden<br />

kann. <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hat in diesem Kontext vorgeschlagen, von medienund<br />

gesellschaftskritischen Zugängen (wie etwa in den Arbeiten Harun Farockis) zu<br />

lernen.<br />

3) <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hat zumindest mit einigen Seminaren versucht, ein<br />

Lernen an Best Practice, das üblicherweise eher in der Wirtschaft und in der Technik<br />

angesiedelt ist, auch in der Kunst zu etablieren (Harun Farocki, Peter Sempel u.a.).<br />

Dabei geht es nicht um wohlklingende Namen, um das Einladen von 'Stars', sondern<br />

eben um einen möglichen Transfer von Künstlern, die sich bereits klar positioniert<br />

haben und ein distinktes Œuvre aufweisen können, auf die Studierenden bzw. den<br />

künstlerischen Nachwuchs.<br />

Ein situatives Best-Practice- bzw. Artists-in-Residence-Modell könnte zu einer<br />

tendenziellen Ablösung der Bindung an einen einzigen Künstler, also des<br />

Meisterklassen-Modells führen. Je nach Medientechnologie und inhaltlichen Aspekten


45<br />

wäre nach Beispielen für Best Practice in der Kunst bzw. nach herausragenden<br />

Künstlerpersönlichkeiten zu suchen, die dann an die jeweilige Kunsthochschule<br />

eingeladen werden. So wird für eine Pluralität in der Lehre und für eine<br />

Multioptionalität auch für die Studierenden gesorgt, die gerade im Bereich der neuen<br />

Medien (Stichwort: Vielfalt der möglichen Medienkanäle) unerlässlich ist.<br />

Zum Aspekt der Streuung (Dissemination) ist anzuführen, dass während des<br />

Modellversuchs ein erfreulich großes mediales Echo bei den lokalen Medien gegeben<br />

war. Insbesondere die <strong>Medienhöhle</strong>n als Aufhänger-Events fanden großen medialen<br />

Anklang. Die Webseite http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/ wurde auch über die<br />

hochschulinterne Verwendung hinaus als schwarzes Brett für Informationen und<br />

Veranstaltungen verwendet. Kritisch anzumerken ist aber, dass das Potenzial des Netzes<br />

im Rahmen des Projekts noch nicht voll ausgenutzt wurde, weil auf interaktive<br />

Applikationen wie etwa ein Weblog oder eine Mailingliste verzichtet wurde. Ein<br />

weiterer wichtiger Aspekt der Dissemination – und wahrscheinlich sogar der zentrale –<br />

wäre die Produktion einer DVD, die sowohl Lehrbeispiele als auch künstlerische<br />

Projekte aus <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> in sich vereinen würde: die also ein Lern-<br />

Tutorial wie auch eine Medienkunst-Dokumentation gleichermaßen wäre.<br />

3.2 Verbindung zu anderen Projekten,<br />

Nutzung der Ergebnisse nach Projektende<br />

Die wohl direkteste inhaltliche Verbindung besteht mit dem Modellversuch<br />

"transmedien" an der Hamburger HfbK (vgl. auch das medientheoretische Essay mit<br />

Verbindungslinien zum Hamburger Modellversuch in VORKOEPER 2004). Aber auch<br />

mit dem Modellprojekt "Visuelle Kompetenz im Medienzeitalter" (Staatliche Akademie<br />

der Bildenden Künste Stuttgart) wurde im Rahmen der <strong>Medienhöhle</strong> 4 kooperiert<br />

(Vorstellung des Modellprojekts durch Prof. Dr. Hans Dieter Huber und Bettina<br />

Lockemann am 28. April 2004). Auch Prof. Dr. Hans Ulrich Reck vom<br />

Bildtechnologie-Forschungsprojekt "KIT" an der Kunsthochschule für Medien Köln –<br />

ebenfalls im Rahmen von KuBiM – war bei der <strong>Medienhöhle</strong> 4 zu Gast (Vortrag am 29.


46<br />

April 2004). Insofern gab es konkrete Vernetzungen und Kommunikationen mit drei<br />

von insgesamt sechs weiteren KuBiM-Projekten im Hochschulbereich.<br />

Die Nutzung der Ergebnisse nach Projektende hängt sehr stark davon ab, wie es mit der<br />

Projektklasse Neue Medien bzw. mit einer Medienwerkstatt an der HfBK Dresden<br />

weitergeht. Damit verknüpft ist auch die Frage, inwieweit die Seminare und<br />

Workshops, die im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> angeboten wurden, in ein<br />

fixes Curriculum aufgenommen werden können. Diese Frage ist zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt noch nicht entschieden.<br />

Audio- (MP3-)Dateien der meisten Vorträge aus den <strong>Medienhöhle</strong>n, Videoaufnahmen<br />

von den <strong>Medienhöhle</strong>n sowie zahlreiche Stunden Filmmaterial zum dreijährigen<br />

Modellversuch liegen derzeit im Archiv des Projektraums Neue Medien. Dazu kommen<br />

noch viele Arbeiten von Studierenden, die bislang lediglich in einer Selektion bei der<br />

Abschlussveranstaltung gezeigt wurden. Dieses Material wäre in der Summe die Basis<br />

für eine Abschlussdokumentation auf DVD, komplettiert durch Lern-Beispiele von den<br />

Seminarleitern aus den einzelnen medientechnologischen Anwendungsbereichen.<br />

Bei der Abschlussveranstaltung wurden pars pro toto Ergebnisse aus folgenden<br />

Seminaren der Öffentlichkeit vorgestellt:<br />

• Lutz Garmsen: Seminar "Von Muybridge zu Matrix – und zurück"<br />

• Thomas Bachler/Christoph Irrgang: Seminar "Kunst mit Gerätschaften" sowie<br />

"Das fotografische Fundbüro"<br />

• Holger Lippmann: Seminar "Flash_Kurs"<br />

• Peter Sempel: Seminar "Film und Musik"<br />

Weitere künstlerische Arbeiten aus anderen Seminaren und Workshops wären für die<br />

DVD zu ergänzen.<br />

3.3 Verwertbarkeit der Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> sind insofern verwertbar, als (siehe<br />

oben) mit den abgehaltenen Seminaren und Workshops ein komplettes Tool zur<br />

Medienausbildung an einer Kunsthochschule im Bereich analoger wie digitaler<br />

Medientechnologien zur Verfügung steht (direkter Transfer-Aspekt).


47<br />

Eine sekundäre Verwertbarkeit im diskursiven Sinne ergibt sich auch durch diesen<br />

<strong>Abschlussbericht</strong>, eine weitere Verwertbarkeit im dokumentarischen Sinne durch die<br />

noch zu erstellende Abschlussdokumentation auf DVD.<br />

Schließlich ist die Frage nach der Verwertbarkeit (ökonomisch, sozial, soziokulturell)<br />

jedweder (Medien-)Kunst untrennbar damit verknüpft, welchen Stellenwert (Medien-<br />

)Kunstproduktion in der Gesellschaft einnimmt bzw. einnehmen soll. Als Vorbild für<br />

eine fortschrittliche Sichtweise mögen hier nur Versuche von Nordrhein-Westfalen und<br />

von Österreich erwähnt werden, Kunstproduktion und auch Medienkunstproduktion<br />

unter "Kulturwirtschaft" (D) oder "Kreativwirtschaft" (A) zu clustern 14 , um auch<br />

insbesondere den ökonomischen Wert von Kunstproduktion (Stichworte Arbeitsplätze,<br />

Umwegrentabilität, Kunstmarkt) zu akzentuieren.<br />

Wichtig erscheint in unserem Zusammenhang, dass unter Begriffe wie 'Kulturwirtschaft'<br />

oder 'Kreativwirtschaft' nicht nur die Content-Industrie bzw. die Multimedia-Branche,<br />

sondern eben auch Kunst in und mit neuen Medien subsumiert werden (können). Diese<br />

veränderte Sichtweise könnte dazu beitragen, den Stellenwert von Medienkunst für<br />

Ökonomie, Kultur und Gesellschaft positiver und transparenter zu bestimmen.<br />

3.4 Erfolgte oder geplante Veröffentlichungen<br />

Folgende Veröffentlichungen sind bereits erfolgt:<br />

• Webseite http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/<br />

• Webseite des Kompakt-Seminars "Affären mit Apparaten" (Peter Dittmer)<br />

http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/html/archiv/dittmer/index.html<br />

• Webseite des Seminars "Webdesign" (Birgit Tümmers, Isabella Dornbach)<br />

14<br />

Siehe etwa die Initiative http://www.creativwirtschaft.at/. In Österreich werden unter dem relativ<br />

jungen Cluster 'Kreativwirtschaft' sowohl Kunsthandwerk als auch Modedesign, sowohl Restaurierung als<br />

auch die Filmbranche, sowohl das Verlagswesen als auch die neuen Medien subsumiert. Kleinster<br />

gemeinsamer Nenner all dieser Branchen ist 'Innovation durch Kreativität'. Siehe auch den 'Ersten<br />

Österreichischen Kreativwirtschaftsbericht' 2003: http://wko.at/kreativwirtschaftsbericht/kwb_2003.pdf.<br />

Die Konvergenz von Ökonomie, Kultur und Kunst mag zunächst ein wenig befremdlich klingen und auch<br />

in Widerspruch zu der anderswo erhobenen Forderung stehen, die Kunst möge (mitunter) auch kritischer<br />

Beobachter der gegenwärtigen Ökonomisierung sein. Dies wäre getrennt zu diskutieren. An dieser Stelle<br />

nur der Hinweis, dass die österreichische Definition von 'Kreativwirtschaft' die folgenden Segmente<br />

umfasst: (1) Kulturelles Erbe (inkl. Denkmalpflege, Restaurierung), (2) Darstellende Kunst, (3)<br />

Audiovisueller Bereich (inkl. der neuen Medien), (4) Visuelle Kunst, (5) Buch und Presse sowie (6)<br />

Transversale Bereiche (siehe Kreativwirtschaftsbericht 2003, S. 23).


48<br />

http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/html/archiv/webdesign/www.neue-mediendresden.de/start/index.html<br />

• Broschüre zur <strong>Medienhöhle</strong> 3 "Gibt es eine Kunst jenseits des Bildes?" (2003)<br />

• Broschüre zur <strong>Medienhöhle</strong> 4 "Medienausbildung an einer Kunsthochschule"<br />

(2004)<br />

Des weiteren:<br />

• Zwischenberichte an die BLK 2003 und 2004<br />

• Schriftliches Resümee des Modellversuchs von Prof. Lutz Dammbeck,<br />

http://www.<strong>projektklasse</strong>.de/html/konzept/konzept.html (2004)<br />

• Vorliegender <strong>Abschlussbericht</strong> an die BLK (2004)<br />

Folgende Veröffentlichung ist geplant:<br />

• DVD "<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>", Abschlussdokumentation des<br />

Modellversuchs mit Lern-Tutorials und künstlerischen Fallbeispielen<br />

(2005, in Vorbereitung, ev. mit Broschüre [medientheoretischem Essay])


49<br />

4. Anhang 1:<br />

Gesamtverzeichnis der Veranstaltungen<br />

Das vielfältige Angebot von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> ging von drei grundsätzlichen<br />

didaktischen Anordnungen aus: Erstens von der Möglichkeit, mit Hilfe von Vorträgen<br />

und Präsentationen einen geeigneten Diskussions-, Diskurs- und Reflexionsort zu<br />

schaffen, in dem auch ausführlich die Möglichkeit zum Feedback der Anwesenden<br />

gegeben war (die sogenannten Mediensalons). Zweitens von der Möglichkeit, projektund<br />

teamorientiert in flexiblen Kleingruppen mit Künstlern, Dozenten und technischen<br />

Experten des jeweiligen Feldes zusammen zu arbeiten (die Seminare). Und drittens von<br />

der Möglichkeit, zumindest einmal pro Jahr den gesamten Modellversuch zu verdichten<br />

in inter- und transdisziplinären Kulminationen, die aus einer fruchtbaren Mischung aus<br />

weiteren Lectures, aus Performances, Clubbings, Filmpräsentationen und Ausstellungen<br />

bestanden und sich jeweils um ein Leitthema anordneten (die sogenannten<br />

<strong>Medienhöhle</strong>n).<br />

Im Projektantrag war vorgesehen:<br />

"Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Wie im Gutachten von Herrn Prof. Pazzini<br />

gefordert, trägt es einen experimentellen Charakter in Form einer Mischung von<br />

Kurssystem und offener Versuchungsanordnung."<br />

Der Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> bot dabei die Möglichkeit, das gerade im<br />

Aufbau begriffene Kurssystem der Projektklasse Neue Medien zu erweitern – dazu<br />

folgendes Zitat aus dem Projektantrag:<br />

"Ergänzt wird dieses Angebot [das der Projektklasse Neue Medien – Anm.] ab Oktober<br />

2000 durch Angebote im Bereich der 'Internetgestaltung' und 'Grundlagen der<br />

Animation' (als Vorstufe für das Programm Maya) und die Durchführung eines<br />

'Mediensalons', der das Lehrangebot durch Veranstaltungen mit Gästen im Bereich<br />

Film – Neue Medien – Musik – Philosophie – Mediengeschichte ergänzen soll. Der<br />

Modellversuch soll an dieses Lehrangebot anschließen und die inhaltliche und<br />

technische Struktur der Projektklasse verdichten und erweitern."


50<br />

Die folgende tabellarische Auflistung folgt der Struktur (1) Mediensalons, (2) Seminare<br />

und (3) <strong>Medienhöhle</strong>n.<br />

4.1 Mediensalons<br />

2000<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

26.10. Avantgarde und Film I: "La Sarraz" – Vortrag mit<br />

Filmbeispielen der klassischen Avantgarde<br />

2.11. Dokumentarfilm I: "Dreckfresser"<br />

Mit einer Einführung in das Genre Dokumentarfilm<br />

16.11. Avantgarde und Film II: Vortrag<br />

"Traditionen der Verweigerung"<br />

Thomas Thode<br />

Fred Gehler<br />

Claus Löser<br />

7.12. Künstlergruppen I: Abbildungszentrum Silke Fischer, Peter<br />

Ott, Jan Peters<br />

Hamburg<br />

2001<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

19.4. Die Quay Brothers im Gespräch mit André Eckardt<br />

(in Zusammenarbeit mit dem Dresdner Filmfest)<br />

25.10. Dokumentarfilm II: Montage, meine schönste Sorge<br />

2002<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

6.6. "Abschied" – Film und Vortrag Jan Schütte


51<br />

2003<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

29.1. "Alle Macht für Super-8? Aufstieg und Niedergang<br />

der filmischen Subkultur in den 80er Jahren"<br />

(Avantgarde und Film V)<br />

Jörg Buttgereit,<br />

Claus Löser<br />

29.10. Filme von Peter Sempel Peter Sempel<br />

18.11. Filme und Medienarbeiten von Lutz Garmsen Lutz Garmsen<br />

4.12. Film "Die Sammler und die Sammlerin" von Agnes<br />

Varda, Einführungsvortrag von Thomas Thode<br />

Thomas Thode<br />

2004<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

8.1. R.U.S.H. – Vortrag, Filme, Filmausschnitte Gusztáv Hámos<br />

6.–9.4. Filme von Hans-Dieter Grabe<br />

Mediensalon, Gespräch mit Prof. Dammbeck,<br />

div. Filme im Kino Metropolis<br />

14.4. Veranstaltung "HFF Potsdam zu Gast im<br />

Mediensalon" im Rahmen des 16. Filmfestes<br />

Dresden<br />

Hans-Dieter Grabe<br />

Prof. Weinberg,<br />

Dekan Animation &<br />

diverse Gäste<br />

4.2 Seminare<br />

2001<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

18.–20.4.,<br />

2.–4.5.,<br />

23.–25.5.,<br />

30.5.–1.6.,<br />

6.–8.6.,<br />

20.–22.6.,<br />

27.–29.6.,<br />

Kompakt-Seminar "Affairen mit Apparaten"<br />

Einführungsveranstaltung zu kontextgesteuerter<br />

Kunst (Verknüpfung Sensorik/Elektrik/<br />

Programmierung), Erstellung von Websites,<br />

HTML.<br />

Peter Dittmer


52<br />

6.–8.6.,<br />

20.–22.6.,<br />

27.–29.6.,<br />

23.–25.7.<br />

HTML.<br />

Konstruktion diverser Projektobjekte; Hypertext;<br />

Literatur im Netz u.v.a. Themen<br />

22.10.–6.11. Tonseminar Prof. Jörg U.<br />

Lensing<br />

25.10.–27.10. Schnittseminar Margot Neubert-<br />

Maric<br />

29. & 30.11.,<br />

14. & 15.12.<br />

Seminar "Webdesign"<br />

Einführungsveranstaltung zu<br />

Webprogrammierung, Net-Art, Design und<br />

Architektur von Websites<br />

Birgit Tümmers/<br />

Isabella Dornbach<br />

2002<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

25. &<br />

26.1.;<br />

15. &<br />

16.2.<br />

Seminar "Webdesign"<br />

Fs. der Einführungsveranstaltung zu<br />

Webprogrammierung, Net-Art, Design und<br />

Architektur von Websites<br />

Birgit Tümmers/<br />

Isabella Dornbach<br />

30.10. Einführungsveranstaltung zu<br />

"Kunst mit Gerätschaften"<br />

Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang<br />

4.–9.11. Seminar "Script für Film/Video/Multimedia" Tamara Trampe<br />

12.–13.11. Seminar "Avid Grundkurs"<br />

Grundkurs für Maler, Bildhauer und Grafiker am<br />

Avid-Schnittsystem<br />

Ullrich Backa<br />

20.–22.11. Seminar "Film- und Videoschnitt"<br />

Aufbauseminar zum ersten Schnittseminar 2001<br />

Margot Neubert-<br />

Maric<br />

25.–29.11. Seminar "Kunst mit Gerätschaften, Teil 1" Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang<br />

4.–6.12. Seminar "Tongestaltung, Teil 1" Prof. Jörg U.<br />

Lensing


53<br />

Aufbauseminar zum ersten Tonseminar 2001<br />

Lensing<br />

9.–13.12. Seminar "Kunst mit Gerätschaften, Teil 2" Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang<br />

9.–14.12. Seminar "Animation"<br />

Zweites Blockseminar zum künstlerischen<br />

Animationsfilm<br />

Thomas Bartels<br />

2003<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

9.–10.1. Seminar "Tongestaltung, Teil 2"<br />

Aufbauseminar zum ersten Tonseminar 2001,<br />

zweiter Teil<br />

Prof. Jörg U.<br />

Lensing<br />

20.–24.1.,<br />

3.–7.2.,<br />

7.–11.4.<br />

Seminar "Kunst mit Gerätschaften. WARUM<br />

FOTOGRAFIE an einer Malerakademie?"<br />

Einführung in die Fotografie als künstlerisches<br />

Medium; Geschichte und Theorie der Fotografie<br />

Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang<br />

28.–30.1. Seminar "Experimentelle Filmgestaltung" Wilhelm Hein<br />

4.–6.3. Seminar "Flash_Kurs"<br />

Einführung in die Programmierung von<br />

multimedialen Projekten mit dem Authoringtool<br />

Flash<br />

7.–9.10. Seminar "Grundlagen und Techniken der<br />

Tonaufnahme für Audio- und Videoproduktionen"<br />

14.–16.10. Seminar "Grundlagen und Techniken der digitalen<br />

Audiobearbeitung und -restaurierung"<br />

20.10. Seminar "Grundlagen und Technik der digitalen<br />

Panorama- und VR-Fotografie"<br />

22.–24.10. Seminar "Grundlagen zum Authoring von DVDs<br />

mit DVD-StudioPro"<br />

Holger Lippmann<br />

Hendrik Meyer<br />

Hendrik Meyer<br />

Hendrik Meyer<br />

Hendrik Meyer<br />

27.–30.10. Seminar "Das fotografische Fundbüro, Teil 1" Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang


54<br />

Künstlerische Umwertung bereits vorhandener<br />

Fotografien: Theorie/Praxis/Exkursion<br />

3.–7.11. Seminar "Digitale Schnittsysteme (AVID, FinalCut<br />

Pro)"<br />

Christoph Irrgang<br />

Stefan Urlaß<br />

10.–14.11. Seminar "Film und Musik" Peter Sempel<br />

24.–28.11. Seminar "Von Muybridge zu Matrix – und zurück.<br />

Animationstechniken analog und digital"<br />

Einführung in Basics im Bereich Animation,<br />

Kameratechnik, Lichttechnik, Montage;<br />

darauf aufbauend 2D- und 3D-Animation<br />

1.–4.12. Seminar "Das fotografische Fundbüro, Teil 2"<br />

Fotografien und Bild/Text-Konstruktionen in<br />

Massenmedien; Fotografie und Phantombild<br />

Lutz Garmsen<br />

Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang<br />

2004<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

12.–14.1. Light@Time<br />

Eine Analyse von Licht-Dramaturgien in Filmen<br />

20.–22.1. Fs. Seminar "Von Muybridge zu Matrix und zurück.<br />

Animationstechniken analog und digital"<br />

Einführung in Basics im Bereich Animation,<br />

Kameratechnik, Lichttechnik, Montage;<br />

darauf aufbauend 2D- und 3D-Animation<br />

Gusztáv Hámoz<br />

Lutz Garmsen<br />

2.2.–5.2.,<br />

23.2.–26.2.<br />

Seminar "Das fotografische Fundbüro:<br />

Über das Sammeln"<br />

Ein Streifzug durch die Fotoarchive Dresdens<br />

Thomas Bachler,<br />

Christoph Irrgang,<br />

Wolfgang Hesse<br />

9.–13.2. Seminar "Combustion"<br />

Einführung in das Videocompositing-Programm Combustion<br />

1.–5.3. Seminar "Flash_Kurs"<br />

Einführung in die Programmierung von<br />

multimedialen Projekten mit dem Authoringtool<br />

Flash<br />

Johannes ?<br />

Holger Lippmann


55<br />

multimedialen Projekten mit dem Authoringtool<br />

Flash<br />

15.–19.3. Seminar "Maya"<br />

Einführung in das 3D-Programm Maya mit<br />

Schwerpunkt auf 3D-Modeling<br />

Wieland Wotte<br />

4.3 <strong>Medienhöhle</strong>n<br />

2001<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

6.4.–6.5. "Die Amme" –<br />

Ausstellung im Oktogon der HfBK<br />

Peter Dittmer<br />

2002<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

2.–23.5.<br />

"Erkennen und Verfolgen" –<br />

Ausstellung, Filme, Lectures<br />

Harun Farocki<br />

2.–19.5.<br />

Filme, Videos und Installationen von<br />

Harun Farocki im Oktogon der HfBK<br />

16.5. Vortrag "Bildsprache bei Otto Neurath und<br />

Symbolik bei Heinz von Foerster"<br />

Dr. Karl Müller<br />

17.5. Vortrag "Zur Geschichte des Wissens" Dr. Helmut<br />

Kohlenberger<br />

17.5. Vortrag "Maschinenwesen" Claudia Lenssen<br />

23.5. "Zur Industrialisierung des Denkens" –<br />

Präsentation von Recherche-Ergebnissen<br />

für ein neues Filmprojekt<br />

Harun Farocki<br />

2003


56<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

10.4.–12.5. "Gibt es eine Kunst jenseits des Bildes?" –<br />

Ausstellungen, Filme, Vorträge, Diskussionen<br />

Diverse, s.u.<br />

10.4. Ausstellungseröffnung Ludwig-Richter-Schüler und<br />

Daniel Richter, Eröffnungsvortrag Prof. Bazon<br />

Brock<br />

11.4. Ateliergespräch Daniel Richter<br />

15.4. Filmpräsentationen "Kubla Khan" und<br />

"Die kritische Masse"<br />

Christian Bau<br />

16.4. Filme von Kurt Kren, Expanded Cinema u.a. Wilhelm &<br />

Birgit Hein<br />

17.4. "Drei Generationen: Estnische Animationen"<br />

22.4. Vortrag "Auf der Suche nach der Natur" Jenns Howoldt<br />

22.4. Filmpräsentation "Dürers Erben" Prof. Lutz<br />

Dammbeck<br />

22.4. Vortrag "Nach der Arbeit ist gut ruhn..." Dr. Eckhart Gillen<br />

23.4. Vortrag "Konstruktivismus in der Wissenschaft,<br />

Realismus in der Kunst?"<br />

Dr. Karl Müller<br />

24.4. Filmpräsentation "Der Todesking" Jörg Buttgereit<br />

6.5. Vortrag "Bild und Bildersturm in der Moderne.<br />

Assoziationen"<br />

Dr. Helmut<br />

Kohlenberger<br />

7.5. "Film und Text" – Filmpräsentationen und Vortrag Prof. Marc Adrian<br />

7.5. Filmpräsentation "Carrousel deux" Linda Christanell<br />

8.5. Filmpräsentationen und Vortrag "Spießen &<br />

Keimen", "Picasso (Le Mystère Picasso)"<br />

12.5. Vortrag "Es gibt nichts zu erfinden, aber viel zu<br />

entdecken..."<br />

(+ Filmpräsentation "The Dealer – Über Geld,<br />

Kunst und Leidenschaft", Jean Luc Léon)<br />

Thomas Thode<br />

Prof. Dr. Jean<br />

Christophe<br />

Ammann


57<br />

14.4.–10.5. Atelierreihe, u.a. mit Prof. Thomas Kapielski,<br />

Live-Concert von Rechenzentrum, Diskussion<br />

"Bilderzwang? Produktions- und<br />

Vermittlungsstrategien an der HfBK Dresden" u.v.a.<br />

2004<br />

DATUM TITEL DER VERANSTALTUNG PERSON(EN)<br />

26.4.–30.4. "Medienausbildung an einer Kunsthochschule"<br />

– Symposium<br />

26.4. Resümee des Modellversuchs,<br />

Ergebnisse der Seminare,<br />

Ausstellungseröffnung "Kunst mit Gerätschaften"<br />

Diverse, s.u.<br />

Prof. Lutz<br />

Dammbeck &<br />

Studierende<br />

26.4. "Kino X-trem" Peter Sempel<br />

27.4. Vortrag "Ins Netz: Zu Vorgeschichte und Kontext<br />

der Modernisierung"<br />

Dr. Helmut<br />

Kohlenberger<br />

27.4. Filmpräsentation "Das Netz" Prof. Lutz<br />

Dammbeck<br />

28.4. "Medienausbildung an einer Kunsthochschule" –<br />

Filme, Videos, Gespräche<br />

• HfbK Hamburg, Lehr- und Forschungsbereich<br />

Film/digitales Kino<br />

• Kunsthochschule für Medien Köln,<br />

Trickfilmklasse<br />

• HfBK Dresden, Projektklasse Neue Medien, "Die<br />

NY-Rolle"<br />

• Staatliche Akademie der Bildenden Künste<br />

Stuttgart, Modellprojekt "Visuelle Kompetenz im<br />

Medienzeitalter"<br />

28.4. Talk & Screening & Diskussion "Fernsehen macht<br />

schön"; anschließend Party<br />

Diverse<br />

Carsten Möller,<br />

Barbara Wurm,<br />

Luc-Carolin<br />

Ziemann


58<br />

Luc-Carolin<br />

Ziemann<br />

29.4. Vortrag "Kunst braucht nicht Wissenschaft,<br />

aber Wissenschaft Kunst"<br />

29.4. Vortrag "Kunst als Medientheorie.<br />

Vom Zeichen zur Handlung"<br />

Dr. Eckhart Gillen<br />

Prof. Dr. Hans<br />

Ulrich Reck<br />

29.4. microscope session – Audiovisionen<br />

30.4. Vortrag "Eine 'wahre Geschichte des Kinos' aus der<br />

Sicht Jean-Luc Godards"<br />

30.4. Underground-Filmabend<br />

"XSCREEN. FUCK THE IDIOT BOX"<br />

30.4. "Szpital Polski" – Projektion, Performance,<br />

Chanson, Karaoke; anschließend italienische Nacht<br />

(Abschlussparty)<br />

Claus Löser<br />

Wilhelm Hein<br />

Mariola Brillowska


59<br />

5. Anhang 2:<br />

Die Medien(technik) und die Kunst.<br />

Ein medientheoretisch-medienphilosophischer Essay im Kontext von<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

Von Dr. Stefan Weber, Medienwissenschaftler, Salzburg<br />

"Ist der Film gut?"<br />

"Ja, sehr gut besucht."<br />

Dialogszene aus "Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit"<br />

(Alexander Kluge)<br />

Der nachfolgende Essay beschäftigt sich aus medienwissenschaftlicher – genauer:<br />

medientheoretisch-medienphilosophischer – Sicht mit einigen Aspekten einer<br />

Medienausbildung an einer Kunsthochschule. Ein grundsätzliches Problem – nämlich<br />

die adäquate Relationierung bzw. zeitgemäße Gewichtung des Verhältnisses von<br />

Theorie-, Technik- und Praxisausbildung – beschäftigt curriculare Überlegungen in den<br />

Medien- und Kunstwissenschaften wie auch an Kunsthochschulen gleichermaßen. Ziel<br />

des Essays ist es, im Folgenden einige medientheoretische und -empirische<br />

Differenzierungen und Analysen für Debatten im Kontext von<br />

Medien/Kunst(ausbildung) fruchtbar zu machen.<br />

5.1 Kunst und Wissenschaft – Kunst als Wissenschaft?<br />

Ein möglicher Start- und Anknüpfungspunkt der Überlegungen wäre die Systemtheorie<br />

Niklas Luhmanns: Ihrer soziologischen Analyse zufolge (grundlegend LUHMANN<br />

1997) haben sich im Zuge der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft im 18.<br />

Jahrhundert einzelne soziale Systeme wie Wissenschaft, Kunst oder Wirtschaft<br />

ausdifferenziert, die längst über je eigene Systemrationalitäten und Zurechnungsmodi<br />

verfügen (so traten in früheren Jahrhunderten noch die Kunst und die Wissenschaft als<br />

gemeinsame Unternehmung auf). Seitdem stellt sich in der Soziologie, d.h. in der<br />

wissenschaftlichen Beobachtung der Gesellschaft in der Gesellschaft, die Frage, ob


60<br />

Ausdifferenzierungs- oder Entdifferenzierungsaspekte überwiegen. Diese Frage ist nicht<br />

theoretisch-generalistisch, sondern nur jeweils empirisch-situativ zu beantworten. Ein<br />

Maler wie Carl Gustav Carus etwa, der auch Physiologe war, steht noch an der<br />

Schwelle zu einer beginnenden Abspaltung von Kunst und Wissenschaft (auch Goethe<br />

hat bekanntlich Farbenlehre betrieben). Heute, nach rund 200 Jahren der<br />

Ausdifferenzierung und der getrennten Systemrationalitäten, erleben wir ein erneutes<br />

Zusammenwachsen von Kunst und Wissenschaft: In naturwissenschaftlichen Journals<br />

werden Gedichte und Bilder publiziert, kaum eine Konferenz, die in den vergangenen<br />

Jahren nicht das Thema "art & science" behandelt hätte, und kaum eine Studie, in der<br />

nicht irgendwo von "Kunstforschung" (etwa auch PAZZINI 1999, 51 ff.) oder "Kunst<br />

als Wissenschaft" oder auch "Wissenschaft als Kunst" die Rede wäre (Denker von Paul<br />

Feyerabend bis Heinz von Foerster stehen für diese Gedanken Pate). – Florian Rötzer<br />

bemerkte schon 1991 zurecht, es...<br />

"[...] geraten durch die neuen Technologien, die einen einzigen Code zur Übermittlung<br />

jeder Information verwenden, die geheiligten Ausdifferenzierungen der Moderne<br />

durcheinander.<br />

Kunst, Wissenschaft und Technik rücken nicht zuletzt durch das gemeinschaftliche<br />

ökonomische Geflecht einander näher." (RÖTZER 1991, 38)<br />

Was also ist geschehen? Driften Kunst und Wissenschaft wieder unaufhörlich<br />

aufeinander zu? Waren sie am Ende gar nie getrennt, und ist das fein säuberliche<br />

autopoietische Denken in mehr oder weniger hermetisch abgeriegelten analytischen<br />

Einheiten namens 'sozialen Systemen' am Ende nur ein Spiel auf der Theorie-Klaviatur,<br />

fernab der Empirie? Ist Kunst überhaupt noch ein autopoietisches System der<br />

Gesellschaft (wie in LUHMANN 1995a)? Und ist der Code der Kunst, wie es Niklas<br />

Luhmann ganz klassisch expliziert, immer noch "schön/hässlich"; ist er es denn je<br />

gewesen? Geht es der Wissenschaft um Wahrheit, und der Kunst um Schönheit? Oder<br />

geht es der Wissenschaft – den poststrukturalistischen, radikal-konstruktivistischen und<br />

vielmehr noch non-dualistischen Theoriebemühungen zufolge – eben gerade nicht mehr<br />

um Wahrheit (verstanden als Übereinstimmung zwischen wissenschaftlicher<br />

Beschreibung und beschriebenem Objekt bzw. Sachverhalt), sondern um Wandel


61<br />

und/oder Kontingenz? Will nicht auch die Kunst eigentlich immer verändern und nicht<br />

nur Schönheit zeigen – und wäre der Wille zur Veränderung am Ende der kleinste<br />

gemeinsame Nenner von Kunst und Wissenschaft?<br />

Ist, wie Peter Weibel mutmaßt, die Schönheit (und mit ihr vor allem der schöne Körper)<br />

längst aus der Kunst ausgewandert, und hat sie sich in der Werbung eingenistet? 15 Ist es<br />

demzufolge die tendenzielle Aufgabe und Funktion aktueller Kunst, die Hässlichkeit<br />

(und damit den hässlichen Körper), das Monströse, das Negative, das, was den<br />

Menschen ansonsten wegschauen lässt, zu zeigen? Was heißt überhaupt 'zeigen', was<br />

heißt 'darstellen' (so auch die Frage des Sammelbandes NIBBRIG 1994)?<br />

Fragen der Darstellung, der Repräsentation und Konstruktion, der Mimesis und Poiesis<br />

sind untrennbar verknüpft mit der dualistischen Voraussetzung (und anschließend dem<br />

Verhältnis) von Text und Realität (d.h. Zeichen und Referenten) oder von Bild und<br />

Wirklichkeit. Und wenn man von einer Seite der Unterscheidung ausgeht, lässt sich<br />

dann immer fragen: Hat der Text eine Vormachtstellung gegenüber dem Bild (linguistic<br />

turn), oder ist es das Bild, das aus seiner linguistischen Umklammerung gelöst werden<br />

muss und autonom gedacht werden soll (pictorial turn)? 16 Nicht umsonst stellte die<br />

<strong>Medienhöhle</strong> 2003 im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> die spekulative Frage<br />

nach dem Jenseits des Bildes. 17<br />

Auch die epistemologische Frage nach Realismus oder Konstruktivismus ist in diesem<br />

Kontext angesprochen: Bildet ein System namens Kunst (ob nun in Divergenz oder<br />

Konvergenz zur Wissenschaft gedacht) die Wirklichkeit ab, oder erzeugt sie sie erst?<br />

Oder stimmt immer schon situativ beides? Ist das Abbild ein Konstrukt? Wäre dies<br />

erkenntnistheoretisch betrachtet logisch konsistent, oder muss man sich für die eine<br />

oder die andere Seite entscheiden: Realismus oder Konstruktivismus? Heinz von<br />

Foerster sagt, nur die prinzipiell unentscheidbaren Fragen müssen wir entscheiden. Ist<br />

die Frage nach Realismus oder Konstruktivismus so eine Frage?<br />

Die Antwort kann nur lauten: Wenn man sie so stellt – also als erkenntnistheoretisch<br />

binäre Opposition, als Entweder/Oder –, dann ja. Stellt man die Frage hingegen<br />

15<br />

"Der schöne Körper, der ideale Körper, ist von der Kunst an die Werbung abgegeben worden.<br />

Die Schönheit ist kein Arbeitsfeld der Kunst mehr." (WEIBEL 2004, 41)<br />

16<br />

Zur in diesem Zusammenhang sich gegenwärtig in den Medienwissenschaften neu<br />

konstituierenden Bildwissenschaft vgl. statt mehrerer FASSLER 2002.<br />

17<br />

Und die Frage nach dem Jenseits des Bildes kann auch als Frage nach dem Jenseits der Medien<br />

überhaupt gestellt werden – wie etwa von Jean Baudrillard oder Peter Weibel.


62<br />

empirisch, dann lassen sich Trendbehauptungen zu ± Realismus oder ±<br />

Konstruktivismus aufstellen. In den achtziger und neunziger Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts schlug das Pendel in Richtung eines empirischen Konstruktivismus: "Aus<br />

dem Bild der Wirklichkeit ist die Wirklichkeit des Bildes geworden", schrieb der<br />

Konstruktivist Siegfried J. Schmidt 1992 (SCHMIDT 1992, 446). Und weiter: "Was in<br />

– vor allem audiovisuellen – Medien erscheint, erscheint als Bild und nicht mehr als<br />

Abbild." Diese These impliziert aber, dass es früher Abbilder gegeben habe. Die These<br />

markiert also einen empirischen Trend und keinen generellen Sachverhalt, der als<br />

Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis immer schon gegeben gewesen wäre.<br />

Heutige, über den (radikalen) Konstruktivismus hinaus gehende Erkenntnistheorien<br />

versuchen hingegen, den Dualismus von Wirklichkeit und Bild selbst zu sprengen (vgl.<br />

MITTERER 1992, WEBER 2005). Dem Non-Dualismus zufolge ist die Wirklichkeit<br />

nichts anderes als die Summe der so far basiskonsensuell akzeptierten<br />

Bilder/Beschreibungen. Ein 'Trend' weg von der Wirklichkeit findet somit mit jeder<br />

neuen Beschreibung, mit jedem neuen (Medien-)Bild statt: Philosophie des Wandels<br />

anstelle der Wahrheit.<br />

Im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> war mit der direkten Anspielung auf Platons<br />

Höhlengleichnis nicht nur der ur-konstruktivistische, aber gleichsam dualistische<br />

Verdacht angesprochen, dass wir in einer Welt der Schatten gefangen seien, während<br />

'da draußen' (in der kognitiv wie körperlich unzugänglichen Außenwelt) die 'wahre<br />

Realität' sei. 18 Florian Rötzer schrieb zu diesem Kurzschluss von Höhlengleichnis und<br />

virtuellen Welten:<br />

"Die Höhlenszene, die in den Anfängen der Philosophie bereits als Vorstellungsbild<br />

eines vom Außen abgeschlossenen Systems die Schwierigkeit des Lebens in virtuellen<br />

Räumen behandelte und in der Neuzeit wieder aktuell wurde, ist Metapher des<br />

elektronischen Zeitalters, auch wenn sie heute vernetzt ist und etwa in der Form einer<br />

Simulationskabine, eines Cockpits oder eines Gehirns einer anderen<br />

18<br />

Nicht umsonst gibt es im Bereich der immersiven VR-Installationen auch die sogenannten Cavelike-Environments:<br />

Auch der CAVE der Linzer "ars electronica", ein kleiner dreidimensionaler<br />

Cyberspace in einem realen schwarzen Kubus, ist eine solche <strong>Medienhöhle</strong>.


63<br />

Informationszentrale gleicht, in der Wahrnehmung mit Konstruktion oder Imagination<br />

verschmilzt." (RÖTZER 1991, 48 f.) 19<br />

Es ging aber – damit eng verbunden – auch um den Verdacht, dass die Medien selbst es<br />

sind, die autopoietische Wirklichkeiten (Höhlen, Blasen, Uni- und Pluriversen – wie<br />

auch immer die Metaphern heißen mögen) zunehmend hermetisch erzeugen. Um diesen<br />

Verdacht geht es im nächsten Unterabschnitt.<br />

5.2 <strong>Medienhöhle</strong>n: Zur Autopoiesis mediengenerierter Wirklichkeiten<br />

und zur Frage nach dem Neuen der 'neuen Medien'<br />

Der Begriff "<strong>Medienhöhle</strong>n" setzt eine Klärung oder zumindest hinreichende Definition<br />

des Begriffs "Medien" voraus. Die Frage, was "Medien" sind, ist derzeit<br />

medientheoretisch 20 wieder hoch im Kurs (wie auch in anderen Bereichen eine<br />

verstärkte Hinwendung zu Grundsatzfragen der Begriffsklärung zu beobachten ist – dies<br />

gilt für Begriffe wie "Information", "Kommunikation", "das Netz" usw.). Grundsätzlich<br />

lassen sich die Pole weiter versus enger Medienbegriff unterscheiden (vgl. auch<br />

LAGAAY/LAUER 2004, 21 f.). Ein weiter Medienbegriff (wie etwa bei Flusser, für<br />

den auch ein Wartesaal oder ein Fußball ein Medium sein kann) versteht unter Medium<br />

tendenziell alles, was als Mittler zwischen Subjekt und Objekt fungieren kann – oder<br />

lediglich zwischen zwei Aktanten. Einen derart breiten Medienbegriff vertritt auch<br />

Pazzini, wenn er schreibt:<br />

"Im Prozeß der Änderung der medialen Möglichkeiten ändert sich das gesamte<br />

kulturelle Umfeld, die Art und Weise, wie Subjekte auf Objekte Bezug nehmen, weil –<br />

so könnte man kurz sagen – die Medien als Mittlere vermitteln." (PAZZINI 1999, 6)<br />

19<br />

Rötzer liefert in dem Kapitel "Die Welt ist ein Traum" (RÖTZER 1991, 40 ff.) im Übrigen eine<br />

schöne Kurzgeschichte von Platons Höhlengleichnis über den kartesischen Wachtraum bis zu Putnams<br />

'Gehirne im Tank' und zum Radikalen Konstruktivismus unserer Tage – immer in Kopplung an virtuelle<br />

Medientechnologien.<br />

20<br />

Für einen Überblick über aktuelle Medientheorien siehe LAGAAY/LAUER 2004, WEBER 2003<br />

und PIAS et al. 1999.


64<br />

Ein derartiger Medienbegriff geht von der Immer-schon-Vermitteltheit von Erkenntnis<br />

und Erfahrung (zunächst durch die Sinne, später dann durch Aufschreibesysteme im<br />

Sinne Kittlers) aus und hält nicht-medialisierte Erkenntnisbedingungen generell für<br />

undenkbar. 21 Dieser Medienbegriff ist weit verbreitet, und wenn man Medien allgemein<br />

als Mittler versteht, ist immer auch eine Denkrichtung vom Subjekt auf das Objekt<br />

(siehe auch das obige Zitat von Pazzini) vorausgesetzt:<br />

erkennt via Medium (z.B. Auge, Licht)<br />

Subjekt<br />

Objekt<br />

(z.B. Beobachter A) Richtung des Denkens (z.B. Tisch)<br />

(Eigene Systematik S.W.)<br />

Diese Denkrichtung der Objektorientierung ist jedoch durch die non-dualistische<br />

Philosophie Josef Mitterers umgedreht worden: Objekte können nämlich auch als<br />

'letzter Stand der Dinge' verstanden werden, an den durch weitere<br />

Beschreibungen/Beobachtungen angeschlossen wird. Wenn es keinen Objektbezug<br />

mehr gibt, wird jedoch auch der Medienbegriff – zumindest in dieser Fassung – obsolet.<br />

Ganz anders verhält es sich mit einer Konzeption von apparativ-technischen Medien,<br />

d.h. letztlich immer massenhaft hergestellten (und Massen herstellenden!) Medien, also<br />

Massenmedien. Man sollte den engen Massenmedien-Begriff der empirischen<br />

Kommunikationswissenschaft deshalb immer von einem philosophischen, breiten<br />

Medien- oder Medialitäts-Konzept unterscheiden. Interessanter Weise ist es ja<br />

offensichtlich so, dass wir in unserem Kontext – wenn wir von einer<br />

"Medienausbildung" an einer Kunsthochschule reden – uns nicht auf allgemeine<br />

Medialität als Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis beziehen. Denn ansonsten<br />

würden ja Medienausbildung und Kunstausbildung zusammen fallen, es gäbe kein<br />

Problem, keine Reibung und keinen Antagonismus zwischen Medien und Kunst: Kunst<br />

wäre immer schon medial und mediatisiert; durch die Wahl der Medien (= Mittel)<br />

entscheidet sich der Künstler, über welchen Kanal er Wirklichkeit<br />

21<br />

Zu diesem breiten Medienbegriff vgl. des weiteren auch PAZZINI 1999, 35-39.


65<br />

transportiert/generiert. 22 Im Kontext von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde diese<br />

Sichtweise, die immer ins erkenntnistheoretische Realismus/Konstruktivismus-Problem<br />

mündet, in mehreren Vorträgen von Dr. Karl Müller (Wien) erörtert: Wird von einer<br />

breiten Vorstellung von Medialität ausgegangen, dann stellt sich die Frage, ob Medien<br />

Abbildner oder Generatoren sind, ob sie mimetisch repräsentieren oder erst<br />

konstituieren, ob Wirklichkeit Voraussetzung oder Folge der Medien ist. Außer Frage<br />

stünde dann aber immer: Es gibt keine Kunst ohne Medien – wie es keine Wahr- oder<br />

Falschnehmung und generell keine Erkenntnis ohne Medien gibt.<br />

Ganz anders sieht es bei einem engen Medienbegriff aus: Wenn im Rahmen von<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> von 'alten' und 'neuen Medien' die Rede war, so war<br />

eigentlich immer gemeint: 'alte technische Medien' und 'neue bis neueste = jüngste<br />

technische Massenmedien'. Wagt man einen Rückblick auf die Debatte um 'neue<br />

Medien', wird man schnell erkennen, dass die 'neuen Medien' jeweils nichts anderes<br />

umfassten als den jeweiligen letzten Stand der technologischen Entwicklung (in den<br />

achtziger Jahren etwa Fax und Btx, in den neunziger Jahren etwa VR-Systeme). Von<br />

diesen jeweiligen 'Medien so far' setzt sich nicht einmal jedes Medium durch, und viele<br />

Medien gelten heute bereits als (stein)alt, obwohl sie noch vor wenigen Jahrzehnten als<br />

neu begriffen wurden (man denke etwa nur an den Cassettenrecorder).<br />

Im Übrigen sind gar nicht alle Medientheoretiker mit der Vokabel 'neue Medien'<br />

zufrieden. Der Audiovisions-Archäologe Siegfried Zielinski etwa bemerkt sehr<br />

subjektiv:<br />

"Das Neue hat immer das Angesicht des Schrecklichen (ein Gedanke Kierkegaards). Ich<br />

kann mit dieser Bezeichnung im Kontext der Mediendebatte nichts mehr anfangen. Seit<br />

Anfang der 70er Jahre wird die Vokabel von den Neuen Medien strapaziert, um sie<br />

marktstrategisch durchzusetzen." (ZIELINSKI 2000, 317)<br />

Wenn man sich indes vergegenwärtigt, dass es gar nicht anders gehen kann – dass also<br />

das Neue immer schon der letzte Stand der Dinge ist (also eigentlich: das 'Jüngste', die<br />

22<br />

In einer noch radikaleren Ansicht wäre Kunst selbst ein Medium, das Formenbildung<br />

(Kunstwerke) ermöglicht. Zu Kunst als Medium vgl. etwa RECK 1999. In einem Vortrag im Rahmen von<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hat Hans Ulrich Reck sogar vorgeschlagen, Kunst als Medientheorie zu<br />

verstehen. Diese und ähnliche Denkbewegungen lösen den Antagonismus von Kunst und Medien von<br />

vornherein auf.


66<br />

Entwicklung so far) –, dann wird man auch kein Problem mit der Rede von den 'neuen<br />

Medien' haben. – Werfen wir somit auf diese Art und Weise – also<br />

kommunikationswissenschaftlich-empirisch – einen Blick auf die Medien-Evolution, so<br />

gelangen wir zu folgendem Schaubild:<br />

(Quelle: MERTEN 1999, 21)<br />

Mit dieser Graphik sind gleich mehrere Aspekte angesprochen – Aspekte irritierender<br />

wie 'futuristischer' Art: Außer Frage steht, dass in den vergangenen Jahrzehnten und<br />

Jahrhunderten neue technologische Medien exponentiell gewachsen sind: Klaus<br />

Mertens daraus abgeleitetes Gesetz lautet nun, dass neue Medien dazu führen, dass<br />

immer noch mehr neue Medien entstehen. Merten bemerkt:<br />

"Ein Ende dieser Entwicklung ist überhaupt noch nicht abzusehen, im Gegenteil:<br />

Kommunikation boomt wie nie zuvor. Das erkennt man nicht nur an der Vermehrung<br />

der Zahl der Medien, sondern auch an der Steigerung von Auflagen, der Entstehung<br />

neuer Kommunikationsberufe [...]". (MERTEN 1999, 20)


67<br />

Für das Kunstsystem bedeutet dies, dass die Freiheitsgrade – im Sinne einer Anzahl der<br />

verfügbaren Mittel – drastisch gestiegen sind. Die Kunst hat sich bislang fast jedes<br />

Mittels auf dem obigen Graphen bedient, also gäbe es offenbar keinen Grund, dass dies<br />

in Zukunft anders werden sollte. Andererseits ist aber auch nicht verbürgt, dass die<br />

Kurve – wie Merten dies annimmt – immer weiter nach oben gehen wird und in immer<br />

kürzeren Zeiten immer noch mehr neue Medien entstehen, bis es gleichsam mit jedem<br />

Augenschlag zu medientechnologischen Neuerfindungen käme. Mitunter realistischer<br />

ist m.E. ein Szenario, in dem sich viele klassische (materiell-analoge) Medien zu einem<br />

digitalen Universalmedium der Zukunft (etwa dem Netz) vereinen werden.<br />

Eine andere Relativierung ist angebracht: Im großen evolutionsgeschichtlichen Kontext<br />

betrachtet, sind nicht nur die neuen Medien neu, sondern alle Medien. Dies hat Wilbur<br />

Schramm mit seiner 'Medien-Stunde' so schön illustriert: Rafft man die gesamte Zeit,<br />

seit der es Medien gibt (hier: seit der Einführung der Schrift) zu einer Stunde<br />

zusammen, so entstehen unsere modernen Massenmedien erst in den letzten Minuten:<br />

(Quelle: MERTEN 1999, 20)


68<br />

Sind unsere gegenwärtigen Medien – und insbesondere der Computer und das WWW –<br />

also nur "Zwischenspiele in der Geschichte", wie dies Siegfried Zielinski einmal für<br />

Kino und Fernsehen geltend machte (vgl. ZIELINSKI 1989). Die Frage von <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> und damit auch allgemeiner von einer Medienausbildung an einer<br />

Kunsthochschule muss es daher sein, ob unsere gegenwärtigen Medien – plakativ<br />

gesagt – überhaupt eine Zukunft haben: Wird es gewisse Medien – wie etwa den<br />

Buchdruck oder den Film – immer geben, weil sie ein unumgängliches haptisches<br />

(Buch) oder audiovisuelles (Film) Bedürfnis befriedigen, oder werden auch sie im<br />

Universal- und Hypermedium der Zukunft aufgelöst werden? In der<br />

Kommunikationswissenschaft wird dies unter der Frage "Substitution oder<br />

Komplementarität" diskutiert, und es wird gerne auf das "Rieplsche Gesetz" aus dem<br />

Jahre 1913 verwiesen, wonach neue Medien alte nicht ersetzen, sondern ergänzen. Doch<br />

dieses Gesetz wurde Jahrzehnte vor der Digitalisierung von Information und Wissen<br />

und vor dem World Wide Web aufgestellt.<br />

Die Antwort auf diese – und ähnliche – Fragen kann daher nur lauten: Die Medien-<br />

Evolution verläuft emergent und kontingent – mit anderen Worten: Wir haben allesamt<br />

nicht die geringste Ahnung, was die Zukunft bringen wird. Nichts ist so unwissbar wie<br />

die Zukunft, und damit auch die Zukunft der Medien – sie ist, wenn man so will, unser<br />

letztes großes metaphysisches Geheimnis (eine Pointe Niklas Luhmanns).<br />

Machen in Anbetracht der geschilderten Fakten rund um die Medien-Evolution und der<br />

unklaren weiteren Entwicklung nun Modellversuche wie <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

Sinn oder nicht? Gerade weil sich die Medien-Evolution in emergenten Sprüngen (=<br />

qualitativ Neues lässt sich nicht aus Bisherigem ableiten) und kontingent (= oft<br />

basierend auf zufälligen Erfindungen und Transfers) vollzieht, ist eine<br />

Auseinandersetzung mit den 'neuen Medien' – verstanden als der jeweils letzte<br />

technologische Stand der Dinge – unumgänglich und gefordert. Eine Reflexion wie jene<br />

im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> kann dann dazu führen, dass erkannt wird,<br />

dass die 'neuen Medien' für die 'alten Medien' wenig bis keine Relevanz haben<br />

(tendenzielles Komplementaritäts-Modell: die 'alten Medien' überleben die 'neuen<br />

Medien' relativ unbeschadet). Sie kann aber auch dazu führen, dass ein Effekt der 'neuen<br />

Medien' auf alle bisherigen festgestellt wird (tendenzielles Substitutions-Modell:


69<br />

Werden die 'neuen Medien' die alten doch ersetzen, wird die Graphiksoftware den<br />

realen Pinsel eines Tages ablösen? usw. usf.).<br />

Fassen wir die Erträge dieses Abschnitts kurz zusammen: Ob ein Medium als neu oder<br />

alt gilt, hängt ausnahmslos von der jeweiligen zeitlichen Perspektive, vom<br />

eingenommenen Beobachtungsstandpunkt ab. Der Begriff 'neue Medien' wird in der<br />

Kommunikationswissenschaft eher differenzlos gehandhabt, d.h. er schließt nicht mit<br />

ein, dass auch Konsens darüber herrschen würde, was denn die 'alten Medien' seien (ist<br />

etwa Fernsehen schon ein 'altes Medium'? Was aber wäre dann mit HDTV? usw.). Die<br />

'neuen Medien', so der Vorschlag, sind immer der technologisch letzte Stand der Dinge,<br />

das technisch Erreichte und so far Machbare. Eine Beschäftigung mit diesen neuen<br />

Medien – etwa im Kontext einer klassischen 'Malerakademie' – kann folglich nicht<br />

zwingend sein, solange die Medien-Evolution nicht sichtbar in jene Richtung geht,<br />

tatsächlich alle bisherigen Medien in einem universalen Multi- oder Hypermedium zu<br />

integrieren (Substitutionsmodell). Solange es real-haptische Medien gibt, ist es eher<br />

eine Frage des Willens zum Experiment, ob eine derartige Beschäftigung erfolgen soll.<br />

Ein Blick auf die Zeit-Skala – gemäß der oben skizzierten Schramm-Uhr – lehrt uns die<br />

relative Bedeutung der neuen technologisch-apparativen Massenmedien. Diese relative<br />

Bedeutung steht letztlich sogar in einem gewissen Kontrast zur weit verbreiteten<br />

Auffassung (von der auch etwa das Pazzini-Gutachten ausgeht), dass wir in einem<br />

Medienzeitalter und in einer Mediengesellschaft leben.<br />

5.3 Medienzeitalter: Makro-Trend Medialisierung?<br />

Wenn von einem Makro-Trend der Medialisierung die Rede ist, von einem<br />

"Medienzeitalter" oder einer "Mediengesellschaft", dann ist damit keinesfalls Medialität<br />

als Bedingung der Möglichkeit von Erfahrung und Erkenntnis gemeint. Vielmehr ist der<br />

empirische Sachverhalt angesprochen, dass wir zunehmend das, was wir wissen, durch<br />

die Massenmedien wissen (vgl. LUHMANN 1996, 9). Die steigende Medialisierung<br />

von Information und Wissen zeigt sich tagtäglich anhand der Quellen, aus denen wir<br />

unsere Informationen beziehen: Tageszeitungen, Fernsehnachrichten, Videotext-Seiten,<br />

Webseiten, Mailkorrespondenz usw. Zur Medialisierung von Information gesellt sich


70<br />

zunehmend und einhergehend eine Virtualisierung von Information. Ein Ende dieses<br />

Umbaus von Materialität zu Immaterialität ist in der Tat noch nicht abzusehen. 23<br />

Die zunehmende Medialisierung von Information ist ein empirischer Trend, der für eine<br />

Kunsthochschule zumindest von Interesse sein muss – unabhängig davon, ob sie die<br />

neuen Medien selbst als Kunstmittel lehrt, als Lehrmittel einsetzt oder beides (noch) gar<br />

nicht tut. Sie betrifft eine Kunsthochschule letztlich auch in Fragen der<br />

Aufmerksamkeitsökonomie und der zunehmenden Medialisierung von Images.<br />

Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass Medialisierung nicht der einzige Makro-Trend<br />

der gegenwärtigen Gesellschaft ist. Einiges spricht dafür, über der Medialisierung die<br />

Ökonomisierung/Kommerzialisierung der neoliberalistischen bis turbokapitalistischen<br />

Gesellschaft als die gegenwärtig bestimmende Triebkraft anzusiedeln: Wenn die Kunst<br />

also die zunehmende Mediatisiertheit von Information und Wissen reflektiert, so kann<br />

sie dies m.E. nicht tun, ohne wiederum die zunehmende Ökonomisierung und<br />

Kommerzialisierung der Medien in die Analyse mit ein zu beziehen.<br />

Und damit gelangen wir zu der entscheidenden – und wohl auch im Rahmen von<br />

<strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> noch zu wenig beleuchteten – Frage, was aktuelle Kunst<br />

überhaupt dem gegenwärtigen Bilder- und Aufmerksamkeits-Regime (bis -Terror) der<br />

hyperkommerziellen Massenmedien entgegen setzen kann. Wenn wir nicht – in einem<br />

naiven Kurzschluss – Reality-TV zu Kunst und Gerichts-Shows zu partizipativem<br />

Bürgerfernsehen erklären wollen, dann stellt sich die drängende Frage nach der<br />

(mutmaßlich völlig veränderten) Funktion der Kunst im Zeitalter der Massenmedien.<br />

Freilich sind heterogene Antworten denkbar: 'Schmutzige Kunst' und Kritikalität (Peter<br />

Weibel), der Künstler als "retardierende Kraft", als "Bremsmasse" (Lutz Dammbeck),<br />

aber auch eine Renaissance des Naturschönen, eine Entnetzung anstelle der Vernetzung,<br />

eine Entschleunigung anstelle der Beschleunigung, oder Kunst als Sozialpolitik, als<br />

Intervention usw. usf.<br />

Die Frage, was Kunst heute leisten kann und welche Funktionen möglich sind bzw.<br />

auch erfüllt werden können, ist untrennbar verknüpft mit dem Kontext, der Kunst als<br />

'Kunst' konstruiert (vgl. WEBER 1999) bzw. mit den institutionellen-ökonomischen-<br />

23<br />

Man sollte, beflügelt von der Rasanz der Entwicklungen, dennoch nicht<br />

mediengeschichtsvergessen werden: Noch vor fünfzehn Jahren schlug man Stichwörter im<br />

Stichwortkatalog realer Bibliotheken nach. Heute tippt man Suchbegriffe auf google ein. Die<br />

Wissenskultur ändert sich mit einer unglaublichen Dynamik, und mit ihr verändern sich auch die<br />

Standards und Referenzen für glaubwürdige und verlässliche Informationen.


71<br />

medialen Spielregeln der Kunst (vgl. ZINGGL 2001). Diese können selbst rekursiv zum<br />

Thema werden, und werden es auch in steigendem Maße. Besteht die Funktion der<br />

Kunst dann mitunter zunehmend darin, ihren eigenen institutionellen Kontext zu<br />

hinterfragen oder zumindest zu thematisieren? Soll Kunst den Transfer von der<br />

Hinterbühne auf die Vorderbühne der Realität leisten? Soll sie Verborgenes, Latentes<br />

manifest werden lassen, bislang noch nicht gesehene Zusammenhänge darstellen? Ginge<br />

es am Ende auch darum, die Konstruktivitäts- und Fiktionalisierungs-Strategien der<br />

Massenmedien kritisch zu durchleuchten?<br />

Noch einmal soll ein Blick auf die sogenannte "Mediengesellschaft" geworfen werden.<br />

Soziologisch betrachtet sollte nicht vergessen werden, dass heute zahlreiche<br />

Gesellschafts-Semantiken existieren – und es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht<br />

eine neue Monographie zur nächsten Bindestrich-Gesellschaft erscheinen würde:<br />

(Quelle: WEBER 2002, 124)<br />

In Anbetracht dieser – nunmehr schon zweiten – Relativierung der 'neuen Medien'<br />

erscheint die 'Mediengesellschaft' als ein mögliches Beobachtungs-Szenario auf die<br />

Gesellschaft, aber nicht als das exklusive. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass sich<br />

mit den Reden von einer Informationsgesellschaft, einer Mediengesellschaft, einer


72<br />

Kommunikationsgesellschaft, einer Cybergesellschaft oder einer Netzgesellschaft sehr<br />

wohl ein 'Cluster' innerhalb der Gesellschafts-Semantiken gebildet hat (siehe die obige<br />

Abbildung), das als kleinster gemeinsamer Nenner von einer zunehmenden<br />

Medialisierung der Gesellschaft ausgeht. – Doch was bedeuten nun all diese<br />

Überlegungen – die Relativität der neuen Medien, die Rede von der<br />

"Mediengesellschaft" u.ä. – für die Kunst und in der Folge: für die Medienausbildung<br />

an einer Kunsthochschule?<br />

5.4 Medien – Kunst – Kultur<br />

Im Zuge einer zunehmend radikalen Ausweitung des Kunst-Begriffs seit Beginn des 20.<br />

Jahrhunderts (Stichworte 'offenes Kunstwerk', die Erkenntnis, dass 'alles' zur Kunst<br />

deklariert werden kann usw.) ist es zunehmend schwieriger geworden, Kunst als<br />

autopoietisches System – zumal im Hinblick auf Kunstwerke – von der Umwelt<br />

abzugrenzen (siehe auch 5.1). Dementsprechend ist es heute unmöglich geworden, eine<br />

gültige oder allgemein akzeptierte Definition von Kunst anzugeben. Um Kunst dennoch<br />

definitorisch hinreichend von 'Kultur' und 'Medien' abzugrenzen (und um in einem<br />

zweiten Schritt eine pragmatisch-empirische Definition von 'Medienkunst'<br />

vorzuschlagen), folgende kursorische Überlegungen:<br />

• Kunst unterscheidet sich von Kultur insofern, als Kultur ein wesentlich breiterer<br />

Begriff ist, der auf viele soziale Systeme anwendbar ist (Wirtschaftskultur, Sportkultur,<br />

Trinkkultur, Massenkultur usw.). Es gibt wohl ähnlich viele Definitionsversuche von<br />

'Kultur' wie von 'Kommunikation' (der Kommunikationswissenschaftler Klaus Merten<br />

hat in den siebziger Jahren in einer Studie einmal 160 [!] Definitionen aufgelistet). Das<br />

Spektrum der Kulturtheorien reicht von Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen<br />

Formen über Raymond Williams' Definition von Kultur als Signifikations-System bis<br />

zu den Cultural Studies mit ihrem Verständnis von Kultur als Zeichenmengen und zum<br />

Radikalen Konstruktivismus. 24 Letzterer, vor allem sein Proponent Siegfried J. Schmidt,<br />

versteht unter Kultur, wie er in verschiedenen Publikationen immer wieder dargelegt<br />

hat, das Programm für Verhalten in Bezug auf die sozial sanktionierte Interpretation des<br />

24<br />

Systemtheoretisch ist der Kultur-Begriff – wie im Übrigen auch der Technik-Begriff – hingegen<br />

etwas unterdefiniert. Es gibt auf alle Fälle in Luhmanns Systemtheorie kein System der Kultur (vgl.<br />

BAECKER 2000) und auch kein System der Technik.


73<br />

Wirklichkeitsmodells einer Gesellschaft. Wenn Kultur also das ist, was sich für eine<br />

gewisse Gesellschaft 'gehört', dann wäre Kunst eher genau die Brechung (oder<br />

zumindest die Hinterfragung) dieses Verhaltens-Programms (wobei damit kein<br />

normativer Kunst-Begriff eingeführt werden soll, der Kunst immer schon als Anti-<br />

Programm zur gängigen Kultur definieren will).<br />

Das, was in der kulturellen Dynamik im Untergrund ist, also die Sub- oder Gegenkultur,<br />

wird oft als Kunst bezeichnet. Kulturen, und insbesondere dann Medienkulturen, lassen<br />

sich generell anhand des Differenzschemas von Main und Sub beobachten (vgl. jüngst<br />

JACKE 2004). Die Sub-Kultur ist gleichsam oft Ort der Schnittmenge (also: Interface)<br />

zwischen Kultur und Kunst: Kunst als Differenzprogramm zum Mainstream.<br />

Reden wir von kultureller Bildung, dann meinen wir also – zumindest in der<br />

konstruktivistischen Interpretation – Bildungsprogramme für Kulturprogramme, also<br />

eigentlich: Programme zur Vermittlung von Programmen. "Kulturelle Bildung" und<br />

"Kunstausbildung" sind somit keinesfalls deckungsgleich, sondern eher in einer<br />

produktiven Spannung zu denken. Diese Differenz zwischen Kultur und Kunst erscheint<br />

mir nicht unwesentlich für weitere, analytisch geschärfte Debatten.<br />

• Die (Massen-)Medien unterscheiden sich von der Kunst insofern, als erstere in<br />

stark steigendem Maße radikalen ökonomischen Imperativen gehorchen. Viele<br />

empirische Studien der vergangenen Jahre belegen deutlich, dass es kaum noch Medien<br />

gibt, die nicht ausnahmslos von kommerziellen Erwägungen gesteuert wären. Kunst und<br />

Kommerz befinden sich seit jeher in einem Reibungsverhältnis, wenngleich es auch hier<br />

mit Werbung, Mode und Design eine Schnittmenge gibt, bei der sich die Ränder<br />

zwischen dem Kunstsystem und dem Wirtschaftssystem entgrenzen. Die Existenz eines<br />

Kunstmarktes (bzw. seine zunehmende Dominanz) soll mit diesem<br />

Differenzierungsvorschlag freilich ebenfalls nicht bestritten werden. 25<br />

• "Medienkunst" wäre dann ganz simpel jene Kunst, die sich der modernen<br />

(tendenziell digitalen) technischen Apparate bedient. Zu denken wäre aber auch an<br />

Kunst in oder mit Hilfe von Massenmedien. Die apparathaft-technikzentrierte Definition<br />

von Medienkunst ist oft kritisiert worden (vgl. etwa RECK 1999, 123). Medienkunst<br />

nicht über die verwendeten Technologien, sondern über die Inhalte zu definieren,<br />

erscheint mir indes noch viel schwieriger. Es gibt interaktive Computergraphiken, die<br />

25<br />

Zu einer konstruktivistischen Analyse des Kunstsystems im Kontext von Medienwirklichkeiten<br />

und Kunstmarkt vgl. auch SCHMIDT 1987.


74<br />

Pflanzen darstellen – wäre dies dann keine Medienkunst? Und umgekehrt wäre an ein<br />

klassisches gemaltes Tafelbild zu denken, das einen User vor einem Computer darstellt<br />

– ist das dann Medienkunst?<br />

Wie in Abschnitt 5.2 ansatzhalber gezeigt wurde, sollen mit einem relativ engen<br />

Medienbegriff, der im Wesentlichen deckungsgleich mit den technischen<br />

Verbreitungsmedien – wie Luhmann sie bezeichnet – bzw. den Massenmedien ist,<br />

gewisse Aporien und argumentative Unschärfen vermieden werden. Sind ein Film und<br />

eine Fotografie nun Medienkunst oder nicht? Im Lichte der präsentierten definitorischen<br />

Entscheidungen wäre dies jeweils zu bejahen.<br />

Was unterscheidet (Medien-)Kunst also von (Medien-)Kultur und (Medien-)Ökonomie?<br />

Wem die präsentierten Definitionen zu spröde sind: Das zu Beginn dieses Essays<br />

erwähnte Zitat aus "Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit" birgt ebenfalls die<br />

Antwort in sich.<br />

5.5 Theorie – Technik – Praxis<br />

Kunstausbildung über Medien ist nicht immer zwangsläufig auch Kunstausbildung mit<br />

Hilfe von Medien: Der Einsatz der neuen und neuesten Medien ist in der<br />

Kunstausbildung noch kaum verankert. E-Learning oder Blended Learning machen im<br />

Kontext einer Kunstausbildung, bei der es – zumindest im Kontext der neuen Medien –<br />

auch fast immer um Team- und Projektorientierung geht, auch wenig Sinn, weil<br />

virtuelle Lernformen vor dem PC (auf CD-ROM, DVD oder im Web) erst recht wieder<br />

Individualisierungs-Tendenzen stärken und soziale Prozesse tendenziell ausklammern.<br />

Dies bedeutet, dass Kunstausbildung über die neuen Medien bis auf weiteres an<br />

klassische Face-to-Face-Lehr- und Lernsituationen wie Vortrag, Seminar oder<br />

Workshop gebunden sein wird. <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> hat diese These wohl<br />

bestätigt.<br />

In Bezug auf die Vermittlung der komplexen technischen Kompetenzen stellte <strong>Artlab</strong>:<br />

<strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> die nicht unschwierige Frage, wie diese am besten zu bewältigen sei.<br />

Diese Frage wird im Übrigen nicht nur in der Kunstausbildung, sondern auch in der


75<br />

Medien- und Kommunikationswissenschaft derzeit rege diskutiert. 26 Die<br />

Themenkomplexe sind erstaunlich ähnlich:<br />

• Zunächst geht es um den Stellenwert von Theorie: Brauchen wir überhaupt noch<br />

Theorien (in diesem Fall: Medientheorien, Kunsttheorien, Techniktheorien), oder ist<br />

einer Diagnose des amerikanischen Literaturwissenschaftlers Stanley Fish zu folgen,<br />

wonach sich Theorieproduktion längst in heiße Luft, in belanglosen 'theory talk'<br />

aufgelöst habe? Ist am Ende Theorie bereits zum reinen 'bullshit' (Harry Frankfurt)<br />

geworden?<br />

Die Frage ist freilich differenziert nach dem jeweiligen Abstraktionsgrad von Theorie<br />

zu beantworten: Das Spektrum reicht von einem Verständnis von 'Theorie', das lediglich<br />

jenes Wissen umfasst, das der anschließenden Praxis vorgeschaltet ist, bis zu Makround<br />

Supertheorien wie Systemtheorie oder Dekonstruktion. – An dieser Stelle wäre ein<br />

Plädoyer abzugeben für Theoriekompetenz als Fähigkeit zum analytischen,<br />

differenzierenden und logisch konsistenten Denken. Theoriekompetenz bedeutet auch,<br />

einem allzu freien Flottieren der Begriffe, einem postmodernen Schwadronieren und<br />

Begriffs-Wirrwarr Struktur und Konsistenz entgegen zu setzen. Diese Fähigkeit<br />

erscheint gerade im gegenwärtigen Zeitalter einer zunehmenden Verflachung von<br />

Inhalten und Trivialisierung von Zusammenhängen unerlässlich.<br />

• Zweitens geht es um den Stellenwert von Technik. Da auf Grund von immer<br />

rascheren neuen Erfindungen die digitale Technik zunehmend 'eigensinniger' wird (vgl.<br />

JOKISCH 1999), ja bereits zu Recht von einer 'Eigenwelt der Apparatewelt' (Peter<br />

Weibel) gesprochen werden kann, ist Technikkompetenz meines Erachtens ebenso<br />

unumgänglich wie Theoriekompetenz. 27 Technik sollte nicht zunehmend autopoietisch<br />

abgeschotteten Techno-Freaks überlassen werden; ihre zumindest basale Kenntnis ist<br />

heute wohl Voraussetzung für Künstler wie für Medientheoretiker, die direkt oder<br />

indirekt mit den neuen Technologien zu tun haben.<br />

• Drittens geht es um den Stellenwert der Praxis. In einem Idealmodell bleibt<br />

(künstlerische wie etwa medienwissenschaftliche) Ausbildung nicht bei der<br />

26<br />

Siehe etwa auch die Ausgabe 1/2004 "Medien.Transformationen. Technik und<br />

Theoriekompetenz" der Fachzeitschrift "Medien Journal".<br />

27<br />

Der ideale Theoretiker ist zugleich Ingenieur und Tüftler (siehe Friedrich Kittler). Dies kann<br />

freilich nicht jeder leisten. Eine Kenntnis der Innenwelt der Technik, ihrer Schaltungen sowie der<br />

Computerprogramme beeinflusst freilich die Theoriebildung. Im Zuge von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong><br />

stand in dem Kompakt-Seminar mit Peter Dittmer deshalb auch ein 'Aufschrauben' des PCs auf dem<br />

Programm, um sein Innenleben kennen zu lernen. Vgl. in diesem Kontext auch MANFÉ 2004.


76<br />

vorgeschalteten Theorie (beim geistigen Überbau) und bei der anschließenden<br />

Vermittlung von technischen Basics stehen, sondern das dritte und entscheidende<br />

Ausbildungs-Mosaik muss der Anwendungs-Kontext sein (dieser kann objekt- oder<br />

prozessorientiert sein). Die empirische Realität der Anwendung bzw. Praxis hat dann<br />

ihrerseits eine Rückkopplung auf die Theorie, d.h. die empirische Realität beeinflusst<br />

die theoretischen Prämissen.<br />

Erst diese drei Faktoren im Zusammenspiel führen zu einer adäquaten, umfassenden<br />

Ausbildungs-Situation. – Für die Medien- und Kommunikationswissenschaft wäre die<br />

Triade von Theorie, Technik und Praxis rekonfiguriert zu denken als Regelkreis von<br />

Theorie, Empirie, Method(ologi)e (= 'Technik') und Praxis:<br />

(Quelle: WEBER 2001b, 177)<br />

Der Vermittlung von Methodenkompetenz, die in der Medien- und<br />

Kommunikationswissenschaft ebenfalls immer wichtiger wird, entspräche die<br />

Vermittlung von Technikkompetenz im Rahmen einer (medientechnisch orientierten)<br />

Kunstausbildung. Im idealtypischen Modell einer derartigen Kunstausbildung ginge<br />

kein Bereich zu Lasten eines anderen. Die drei Segmente Theorie, Technik und Praxis<br />

wären vielmehr gleichberechtigt zueinander relationiert:


77<br />

Elemente einer Kunstausbildung<br />

KUNSTWISSENSCHAFT<br />

KRITISCHE GESELLSCHAFTSTHEORIE(N)<br />

Objekt-<br />

Orientierung<br />

THEORIE<br />

PRAXIS<br />

PHILOSOPHIE<br />

ÄSTHETIK<br />

ERKENNTNISTHEORIE(N)<br />

TECHNIK<br />

Prozess-<br />

Orientierung<br />

‚Alte‘ Medien/<br />

analoge Medien<br />

‚Neue‘ Medien/<br />

digitale Medien<br />

Eigene Systematik (Weber 2004)<br />

Freilich ist kritisch festzuhalten, dass <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> diesen Anspruch einer<br />

paritätischen Verteilung von Theorie, Technik und Praxis nicht immer 1:1 erfüllt hat:<br />

Immer wieder stand auch die Vermittlung technischer Kompetenzen in einem etwas<br />

luftleeren Raum, was aber in Anbetracht der Unmöglichkeit eines Anschlusses an<br />

bisherige Erfahrungen relativ unvermeidlich war. In einigen Fällen kam auch die<br />

Dimension der Praxis-Anwendung zu kurz, d.h. bei mehr Zeit oder Kontinuität wären<br />

auch mehrere und qualitativ noch überzeugendere künstlerische Projekte und Produkte<br />

zustande gekommen.<br />

Dennoch ist anzumerken, dass mit <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> der Versuch<br />

unternommen wurde, im Rahmen eines Modellversuchs eine adäquate Platzierung der<br />

didaktischen Vermittlung von Technik-Kompetenzen im geschilderten Kontext zu<br />

erreichen. Neben einem Schwerpunkt auf Bewegtbild, also auf dem Film – in<br />

Kontrastfolie zum klassischen Tafelbild –, lag ein weiterer Schwerpunkt auf dem Netz.<br />

Und das Netz ist gleichsam auch Teleologie bzw. Fluchtpunkt der möglichen weiteren<br />

Medien-Evolution. Ihm ist deshalb der abschließende Abschnitt gewidmet.


78<br />

5.6 Fluchtpunkt: Das Netz<br />

Es gibt gegenwärtig keine Theorie des Netzes. Man kann zwar Spurenelemente – vom<br />

frühen Systemtheoretiker Ludwig von Bertalanffy über Michel Serres bis zu Manuel<br />

Castells – zusammentragen und versuchen, diese für eine Theorie des Netzes und der<br />

Netzmedialität fruchtbar zu machen, kommt damit aber über ein Flickwerk von Theorie-<br />

Ansätzen kaum hinaus. Ein möglicher Zugang zu einer Theorie des Netzes wäre der<br />

Ausgangspunkt bei den Begrifflichkeiten von Knoten (nodes) und Fäden (threads). Im<br />

Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurde versucht, das Netz nicht nur<br />

technologisch zu verstehen, sondern auch als soziales Netzwerk (etwa im Vortrag von<br />

Dr. Helmut Kohlenberger). 28 Die Zusammenführung von computertechnologischen<br />

Netzen (Internet/WWW), sozialen Netzen sowie Kybernetik, Systemtheorie und<br />

Informationstheorie war dabei ein besonderes Anliegen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong>.<br />

Die aus dem amerikanischen Funktionalismus hervorgegangenen Theorien der<br />

Kybernetik erster und zweiter Ordnung (Norbert Wiener, Heinz von Foerster) wurden<br />

dabei als Nährboden für die spätere (R)evolution des Netzes interpretiert. Insbesondere<br />

die Nähe zum Militär sollte dabei explizit gemacht werden.<br />

Eine kritische Auseinandersetzung mit 'dem Netz' im Rahmen der Kunst setzt allerdings<br />

die Begriffsklärung voraus, welche Ebene wir nunmehr mit 'dem Netz' adressieren (oder<br />

wir verwenden den Begriff gleichsam holistisch als Metapher für manifeste und latente<br />

Netzwerke). Ein möglicher Anknüpfungspunkt zu einer medientheoretisch<br />

hinreichenden Differenzierung des Netzbegriffs ist der neuere soziokulturelle<br />

Konstruktivismus Siegfried J. Schmidts. Dieser Theorie zufolge entsteht Wirklichkeit<br />

poietisch im kybernetischen Regelkreis von Kognition, Kommunikation, Medien und<br />

Kultur:<br />

28<br />

Zum Zusammenhang von Vernetzung und Erlösungshoffnungen vgl. des weiteren PAZZINI<br />

1999, 50.


79<br />

(Quelle: SCHMIDT 2000, 98)<br />

Wenn wir in dieser Weise einmal zwischen Kognition, Kommunikation, Medien und<br />

Kultur unterschieden haben, dann legt dies nahe, zumindest die Begriffe<br />

Netzkommunikation(en), Netzmedien und Netzkultur(en) mit jeweils hinreichendem<br />

Abstraktionsgrad und möglichen empirischen Referenten einzuführen:


80<br />

(Quelle: WEBER 2001a, 45)<br />

"Netzmedien" würde dann den genuin technischen Bereich umfassen, der von<br />

Netzkulturen, Netzkommunikationen, Netzgemeinschaften und Netzgesellschaften<br />

abgrenzbar wäre. Damit wird eine Differenzierung in technische und soziokulturelle<br />

Netzphänomene geleistet, die aber nicht ausschließt, dass im Anschluss daran wieder<br />

Zusammenführungen, Konvergenzen und Parallelisierungen gesehen werden können.<br />

Für die aktuelle Medienkunst stellt die Kunst im Netz und über das Netz eine zentrale<br />

Herausforderung dar. Oft hört man, im Zuge der zunehmenden Kommerzialisierung des<br />

Internets seien Web-Art oder Netzkunst verschwunden. Es gibt jedoch einen immer<br />

noch lebendigen Kunst-Untergrund im Netz (vgl. etwa den Überblick von<br />

FASSLER/HENTSCHLÄGER/WIENER 2003), der durch neue Content-Management-<br />

Systeme wie Wikis oder Weblogs bereits wieder neue technische Devices zur<br />

Konstruktion von Netz-Wirklichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt. Web-<br />

Streaming-Projekte (beispielhaft etwa die Webcastings von Station Rose, vgl.<br />

STATION ROSE 2000) stehen auf Grund der immer noch niedrigen Bandbreiten erst<br />

am Anfang, und auch E-Mail-Kunst steckt immer noch in den Kinderschuhen.


81<br />

Kunst am Puls der Zeit, Kunst an der Front der letzten technologischen Entwicklung<br />

sieht sich freilich immer der Gefahr ausgesetzt, zum bloßen affirmativen Annex von<br />

High-Tech-Industrie, Computerkonzernen oder Genlabors zu werden. Ein kritischsubversiver<br />

Umgang mit den neuen Technologien scheint daher unumgänglich, aber<br />

einmal mehr sei erwähnt: dieser setzt die technologische Beherrschung voraus.<br />

***<br />

Seit Jahrhunderten wird vieles totgesagt: die Wissenschaft, die Kunst, der Autor, das<br />

Original, das Subjekt. Peter Weibel hat einen Aufsatz mit dem Titel "Transformationen<br />

der Techno-Ästhetik" so schön beschlossen, und im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong><br />

<strong>1–x</strong> möchten wir uns diesem Schluss ohne weiteren Kommentar anschließen:<br />

"Wo das Ende der Kunst, des Schönen, des Wissens, der Wahrheit, der Natur, der<br />

Geschichte ständig angerufen wird, handelt es sich [...] nur um das Ende ihrer<br />

historischen Diskursformen. In Wirklichkeit beginnt erst alles." (WEIBEL 1991, 246)


82<br />

6. Anhang 3: Statements des Studierenden N.N. zu <strong>Artlab</strong><br />

Liebe (ehemalige) Studierende!<br />

Im Auftrag der HfBK Dresden bereite ich derzeit einen <strong>Abschlussbericht</strong> an die BLK<br />

über den dreijährigen Modellversuch <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> textlich auf. Ich würde<br />

gerne in den Bericht schriftliche Statements der Studierenden einbauen, die sich mit der<br />

folgenden zentralen Frage beschäftigen:<br />

Wie haben Sie von der Ausbildung im Rahmen von <strong>Artlab</strong> profitiert? – Und zwar<br />

nach den vier Kategorien<br />

1) PERSÖNLICH (persönliche Weiterentwicklung)<br />

2) SOZIAL (neue Kontakte, Mentoring, Networking...)<br />

3) TECHNISCH (neue technische Kompetenzen)<br />

4) KREATIV-KÜNSTLERISCH (neue Ausdrucksweisen, Themen und Inhalte)<br />

Spezifizierung:<br />

1) Erfahrungsgemäß ändern sich in der Kunst (wie in der Wissenschaft)<br />

Sichtweisen auf die und Einstellungen zur Welt. Wie haben Sie sich in den<br />

vergangenen drei Jahren (weiter)entwickelt? Ich lade Sie auch gerne ein, diese<br />

Frage als Chance zur Selbstreflexion zu sehen.<br />

Bezogen auf meine künstlerische Tätigkeit in der Projektklasse hat sich mein<br />

Schwerpunkt mehr auf eine Arbeit mit dem Medium Video verlagert. Was aber<br />

natürlich auch der Grund war, warum ich mich für den Wechsel von der<br />

Bildhauerei in die Projektklasse entschieden hatte. Da meine bildhauerische<br />

Arbeit schon immer konzeptuell ausgerichtet war, zu einem großen Teil<br />

computergestützt ist und sich in den letzten Jahren auf das Medium Video<br />

ausgeweitet hat, war die Entscheidung für die Klasse von Prof. Dammbeck nicht<br />

schwer.<br />

Ich hatte zwar schon vor dem offiziellen Wechsel in die Projektklasse einige<br />

Seminare und Workshops der Klasse besucht, die natürlich auch für alle<br />

anderen Klassen zugänglich waren, doch ab 2002 konnte ich diese noch<br />

intensiver nutzen, was mir vor allem weitere Fertigkeiten mit den „Neuen<br />

Medien“ verschaffte. Daraus resultierte allerdings nicht eine direkte<br />

Veränderung meiner Sichtweise auf die Welt, man könnte es allerdings als einen<br />

Zugewinn von Erfahrungen bezeichnen, der aus den vielen Gesprächen mit den<br />

meist sehr interessanten Referenten und Kursleitern entstand. Diese sind aber<br />

nur in gewisser Weise direkt mit einem medialen Weltverständnis in<br />

Zusammenhang zu bringen, sie bezogen sich oftmals eher auf eine allgemeinere<br />

Einstellung zur Welt.<br />

2) Welche neuen (und u.U. interessanten oder für Sie wichtigen) Menschen haben<br />

Sie kennen gelernt? Welche Kontakte haben Sie insbesondere im Rahmen der<br />

"<strong>Medienhöhle</strong>n", der Seminare und der Workshops geknüpft? Und was haben<br />

Ihnen diese Kontakte gebracht?


83<br />

Ihnen diese Kontakte gebracht?<br />

Allgemein steht das wohl schon unter Punkt 1). Konkret kann ich einige<br />

Beispiele nennen, wo sich aus manchen Seminaren dauerhafte Kontakte<br />

entwickelt haben, nicht nur in fachlicher Hinsicht, also was gelegentliche<br />

Rückfragen und Hilfestellung bei späteren Projekten betrifft, sondern auch<br />

freundschaftliche Beziehungen und gegenseitiges Interesse an der<br />

künstlerischen Arbeit, das besteht unter anderem hauptsächlich in meinem Fall<br />

mit Peter Dittmer (Affären mit Apparaten) und mit Holger Lippmann<br />

(Flashkurs). Was mir die Kontakte gebracht haben, karrieristisch? Nun, in<br />

erster Linie sind die Kursleiter auch nach dem Workshop immer offen für<br />

weitere Fragen und Hilfestellungen, außerdem auch für weitergehende<br />

fachfremde Gespräche offen und zeigen durchaus reges Interesse für die eigene<br />

Arbeit. Ich könnte aber nun nicht behaupten, dass es irgendwelche konkrete<br />

Vernetzung oder Support für Ausstellungsmöglichkeiten oder ähnliches gegeben<br />

hätte, was aber auch sicherlich nicht Sinn der Sache war.<br />

3) Welche neuen technischen Kompetenzen haben Sie sich in den vergangenen drei<br />

Jahren angeeignet? Im Rahmen von <strong>Artlab</strong>: <strong>Medienhöhle</strong> <strong>1–x</strong> wurden ja<br />

zahlreiche Veranstaltungen angeboten – vom Animationsfilm bis zum<br />

Webdesign. Was haben Sie absolviert, und inwiefern haben Sie die neu erlernten<br />

Techniken/Technologien für Ihre Belange sinnvoll einsetzen können?<br />

Wie gesagt habe ich unter anderem eine allgemeine Auseinandersetzung mit<br />

computergestützter Kunst im Falle Peter Dittmers erfahren, Grundzüge der<br />

Programmierung mitbekommen und mich auf weitere<br />

Programmiermöglichkeiten vorbereiten können. Da der Kurs recht breit<br />

angelegt war – von Internetprogrammierung und einfacher<br />

Basicprogrammierung bis hin zu komplexen Sprachen wie Delphi –, war es<br />

leider nicht möglich, von allem so viel mitzunehmen, wie vielmehr einen breiten<br />

Einblick zu erlangen.<br />

Der Flashkurs war im Besonderen in meinem Falle sehr interessant, da ich<br />

schon vorher und immer noch in diesem Programm arbeite, sowohl in Richtung<br />

einfacher Programmierung mit Action-Script, aber ich nutze dieses<br />

Anwenderprogramm auch für einfache Animationen, webbasiert wie auch für<br />

Videoarbeiten. Außerdem waren natürlich die Schnittseminare sehr hilfreich,<br />

die eigentlich eine Grundlage einer Medienklasse bilden müssten.<br />

4) Die wahrscheinlich zentrale Frage: Inwiefern haben sich in den vergangenen<br />

drei Jahren Ihre Kreativität und Ihre künstlerischen Zugänge verändert? Haben<br />

Sie das Spektrum der (Medien-)Techniken auch für Ihre persönliche Arbeit<br />

erweitern können, und hatte dies eventuell auch Auswirkungen auf die Inhalte<br />

und Themenstellungen? Wie haben sich diese verändert – in Abhängigkeit oder<br />

auch Unabhängigkeit von den Techniken?<br />

Ich denke nicht, dass sich durch die Medienklasse allzu viel an meinen<br />

künstlerischen Zugängen verändert hat, es war vielmehr eine fruchtbare<br />

Plattform, um manche technischen und inhaltlichen Auseinandersetzungen zu<br />

führen und diese zu unterstützen. Es ist ja auch so, zumindest in meinem Fall,<br />

dass es schon einen gewissen Zugang zu einer Arbeitsweise mit den Medien gab,<br />

der dann natürlich vertieft werden kann, oder eben technisch und theoretisch<br />

weiterentwickelt werden kann. Es ist natürlich so, dass man neue Techniken


84<br />

führen und diese zu unterstützen. Es ist ja auch so, zumindest in meinem Fall,<br />

dass es schon einen gewissen Zugang zu einer Arbeitsweise mit den Medien gab,<br />

der dann natürlich vertieft werden kann, oder eben technisch und theoretisch<br />

weiterentwickelt werden kann. Es ist natürlich so, dass man neue Techniken<br />

kennen lernt und so manche künstlerische Ansätze auf eine andere<br />

medienspezifische Weise umsetzen kann, was nun meist nicht so sehr den Inhalt<br />

angeht, wenn man nicht gerade davon überzeugt ist, dass das Medium die<br />

Botschaft ist. Ich denke, diese Fragen haben für eine Medienklasse immer eine<br />

überbewertete Bedeutung, denn es verhält sich nun bei mediengestützter Kunst<br />

nicht anders als bei Malerei und Bildhauerei. Was zählt ist, ob jemand etwas zu<br />

sagen hat und wie das formuliert werden kann, das andere sind handwerkliche<br />

Techniken, die an sich natürlich eine gesellschaftliche und damit künstlerische<br />

Bedeutung haben, aber niemand würde einen Bildhauer fragen, ob der<br />

Bronzeguss-Workshop die künstlerischen Zugänge verändert hat. Also ich<br />

möchte nicht behaupten, dass das technische Werkzeug nicht relevant sei und<br />

durchaus Teil der künstlerischen Auseinandersetzung, aber möchte doch der<br />

oftmals allzu großen Bedeutung widersprechen, der dieser künstlerischen<br />

Produktion anheim gelegt wird. Es ist nun mal so, dass sich Gesellschaft<br />

verändert, Bilder auch anders produziert werden als nur mit Farbe und Pinsel,<br />

das ist ganz normal, dass Computer oder Videokameras benützt werden – und<br />

dennoch handelt es sich eben immer noch um Bilder.<br />

Ich darf Sie dazu einladen, mir diese Fragen bis spätestens Mittwoch, 15. September<br />

2004, zu beantworten. Bitte benutzen Sie wenn möglich Word und attachen Sie einfach<br />

das File ihrem Reply-Mail an cyberwriter@utanet.at. Sie können pro Kategorie bis zu<br />

einer halben Seite antworten, d.h. das ganze Dokument sollte nicht länger als zwei<br />

Seiten sein (ca. 6.000 Zeichen inkl. Leerzeichen). Ihre Statements werden dann in den<br />

Bericht integriert (wenn Sie dies wünschen, gerne auch anonym).<br />

Für Rückfragen zum <strong>Abschlussbericht</strong> bin ich auch telefonisch erreichbar unter<br />

0043 – 662 – 45 10 10.<br />

Vielen Dank für Ihre Mitarbeit!<br />

PS: Sollten Sie auf Urlaub oder offline sein und dieses Mail zu spät lesen, bitte schicken<br />

Sie mir dennoch ein kurzes Reply! Danke.<br />

>>>>>>><br />

Dr. Stefan Weber Medienwissenschaftler<br />

Aktuelles Buch: (Hg.) <br />

http://www.uvk.de/db/detailk.asp?WKorbUID=46556891&TITZIF=1227<br />

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3825224244/<br />

NEU 2005: (UVK)<br />

>>>>>>>


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