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perspektiv-wissen – Magazin für Insolvenz ... - perspektiv GmbH

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Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />

Die übertragende Sanierung in<br />

schwierigen Zeiten<br />

von RA Dr. Thomas C. Sittel<br />

Dr. Thomas C. Sittel<br />

Rechtsanwalt<br />

Partner<br />

<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />

München<br />

I. Einleitung<br />

Die wahre Güte eines Sanierungsinstruments zeigt sich<br />

erst dann, wenn es sich in der Praxis auch unter außergewöhnlichen<br />

Umständen bewähren kann. Einem solchen<br />

„Stress-Test“ wurde die übertragende Sanierung aufgrund<br />

des massiven Wirtschaftsabschwungs der zurückliegenden<br />

18 Monate unterzogen. Rückblickend lässt sich festhalten,<br />

dass das Sanierungsinstrument diesem Härtetest <strong>–</strong> bei Beachtung<br />

bestimmter Erfolgsfaktoren <strong>–</strong> stand gehalten hat.<br />

Der Fall der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> und Co. KG ist<br />

ein gutes Beispiel da<strong>für</strong>, dass eine übertragende Sanierung<br />

insolventer Unternehmen auch unter historisch schlechten<br />

Rahmenbedingungen möglich ist.<br />

Die Junghans Uhren <strong>GmbH</strong>, eine der wohl bekanntesten<br />

deutschen Uhrenmarken, musste Ende August 2008 <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

stellen. Anfang 2009 konnte das Unternehmen<br />

im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen<br />

neuen Investor übertragen werden. Schon im ersten Geschäftsjahr<br />

nach der Übertragung schreibt das neue Unternehmen<br />

wieder schwarze Zahlen.<br />

Bevor jedoch am Beispiel von Junghans die Erfolgsfaktoren<br />

einer übertragenden Sanierung dargestellt werden, wird<br />

zunächst noch einmal kurz auf die Historie bis zum <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

eingegangen:<br />

II. Ausgangssituation: <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

infolge des Zusammenbruchs des Egana<br />

Goldpfeil Konzerns<br />

Die Uhrenfabrik Junghans kann auf eine lange, aber auch<br />

bewegte Historie zurückblicken. Das 1861 gegründete Unternehmen<br />

aus Schramberg im Schwarzwald war einst die<br />

größte Uhrenfabrik der Welt. Mit über 3.000 Beschäftigten<br />

wurden Anfang des 20. Jahrhunderts mehr als 3 Millionen<br />

Uhren pro Jahr hergestellt.<br />

Doch diese ruhmreichen Jahre liegen weit zurück. Spätestens<br />

seit Ende der 90er Jahre kämpfte das Unternehmen<br />

mit einer schwerwiegenden strategischen Krise, die durch<br />

die extrem schwache Nachfrage im damaligen Kerngeschäftsbereich<br />

Funkuhren ausgelöst wurde. Im Jahr 2000<br />

wurde das Unternehmen aus dem Rüstungskonzern Diehl<br />

herausgelöst und in die Egana Goldpfeil Gruppe eingegliedert.<br />

Doch die erhofften positiven Effekte aus der Einbindung<br />

in den Konzern blieben aus. Da die strukturellen Defizite<br />

nicht beseitigt wurden, waren die Geschäftsergebnisse<br />

trotz kontinuierlicher Restrukturierungsversuche auch <strong>für</strong><br />

die neuen Eigentümer mehr als unbefriedigend. Im Jahre<br />

2006 entschloss man sich, den schleichenden Verfall von<br />

Unternehmen und Marke durch eine radikale strategische<br />

Neuausrichtung zu stoppen. Es wurde ein finanziell sehr<br />

aufwendiges Sanierungskonzept aufgesetzt, dass das damalige<br />

Geschäftsmodell fast komplett umkrempeln sollte.<br />

Dieser mutigen Initiative wurde jedoch der „Nährboden“<br />

entzogen, als der Mutterkonzern Egana Goldpfeil <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />

viele überraschend <strong>–</strong> im Jahre 2008 <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

stellen musste. Da die notwendigen finanziellen Mittel<br />

nicht mehr zur Verfügung standen, blieb der Junghans-<br />

Geschäftsführung nur der Gang zum Amtsgericht. Als vorläufiger<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter wurde am 29. August 2008 Dr.<br />

Georg Bernsau von der Kanzlei BBL Rechtsanwälte bestellt.<br />

III. Unmittelbare Initiierung eines „Gestaltenden<br />

Investorenprozesses“<br />

Als wesentlicher Erfolgsfaktor <strong>für</strong> die gelungene Umsetzung<br />

einer übertragenden Sanierung hat sich der unmittelbare<br />

Start mit dem Investorenprozess erwiesen. Bereits<br />

wenige Tage nach Antragstellung hat die vorläufige <strong>Insolvenz</strong>verwaltung<br />

einen spezialisierten M&A-Dienstleister<br />

mit der Durchführung eines „Gestaltenden Investorenprozesses“<br />

beauftragt.<br />

Dadurch konnte bereits innerhalb der ersten beiden Projektwochen<br />

eine Vielzahl potentieller Interessenten identifiziert<br />

und kontaktiert werden. Die Selektion der entsprechenden<br />

Kandidaten erfolgte mit der Zielsetzung, einen<br />

optimalen „Strategischen Fit“ mit dem Schuldnerunternehmen<br />

herzustellen. Die Kernkompetenzen von Junghans liegen<br />

neben dem einzigartigen technischen Know-how in der<br />

Uhrmacherkunst vor allem in der immer noch sehr starken<br />

Marke sowie dem umfangreichen Marktzugang.<br />

Am Ende waren es rund 100 potentielle Interessenten, die<br />

zunächst mit einem aussagekräftigen Kurzprofil („Teaser“)<br />

angesprochen wurden. Bei den adressierten Kandidaten<br />

handelte es sich zum einen um strategische und vorselektierte<br />

Finanzinvestoren. Aufgrund der konkreten Marktpositionierung<br />

von Junghans wurden zum anderen auch sog.<br />

„Family Offices“ und Marken-Holdings angesprochen.<br />

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