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Die pflegerische Haltung am Ende des Lebens - Institut für Pflege ...

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Mir fiel das Herz in die Hose und ich dachte, um<br />

Gotteswillen, gute Frau, wie sollen wir das<br />

schaffen, das ist unmöglich. Gleichzeitig<br />

erwachte in mir eine andere Stimme, die dann<br />

auch in den Worten ihr gegenüber zum Ausdruck<br />

k<strong>am</strong>: „Ich kann überhaupt nichts versprechen.<br />

Aber wir werden alles tun, um diesem Ziel so<br />

nahe wie möglich zu kommen. Wir können den<br />

Weg aber nur Schritt <strong>für</strong> Schritt gehen und wir<br />

müssen schauen, wie weit wir kommen.“<br />

<strong>Die</strong>ses Beispiel möchte ich als Einstimmung<br />

geben, um zu verdeutlichen, was da so im<br />

Ärztlichen vorgeht, wenn alle Zeichen auf <strong>Ende</strong><br />

zeigen.<br />

„Ach, das war aber ein langes Telefonat.“<br />

Ein Beispiel, das gut zeigt, dass in bestimmten<br />

Situationen der Einzelne sich nicht nur auf sein<br />

Te<strong>am</strong> berufen kann, sondern die Last alleine tragen<br />

muss: Ich hatte gerade eine Visite bei einem<br />

fast neunzigjährigen Herrn und wurde durch<br />

einen Anruf unterbrochen. Eine Kollegin übernahm<br />

netterweise meine Visite und ich kehrte<br />

nach dem Telefonat nicht mehr zu dem alten<br />

Herrn zurück. Drei Wochen später hatte ich wieder<br />

<strong>Die</strong>nst und k<strong>am</strong> ins Zimmer <strong>des</strong> 90jährigen.<br />

Seine ersten Worte werde ich nicht vergessen:<br />

„Ach, das war aber ein langes Telefonat.“ In<br />

einer solchen <strong>Lebens</strong>phase besitzt der Mensch<br />

eine sehr feine Waagschale <strong>für</strong> das, was wir<br />

sagen. Das ist etwas, was wir ganz alleine in uns<br />

tragen müssen. Und da nützt und hilft uns kein<br />

Te<strong>am</strong>.<br />

In der Fachzeitschrift <strong>für</strong> Palliativmedizin wurde<br />

kürzlich eine Untersuchung veröffentlicht. Einige<br />

wichtige Aspekte daraus: Es geht in der<br />

Kommunikation nicht so sehr um das Beherrschen<br />

einer Methodik, sondern die Gesprächsfähigkeit<br />

ist Ausdruck der inneren <strong>Haltung</strong>. Aus ihr ergeben<br />

sich Handlungsfähigkeit, Flexibilität und<br />

Kreativität im Umgang mit dem Patienten. Hierzu<br />

ist die Selbsterkenntnis, im Sinne <strong>des</strong> Spruchs<br />

aus Delphi: „Erkenne Dich selbst“, von<br />

Bedeutung. <strong>Die</strong> eigene Leidfähigkeit, die<br />

Leidspuren im eigenen Leben zu kennen und<br />

ihnen nachgegangen zu sein. In meiner Tätigkeit<br />

in der Biografiearbeit ist das ein zentraler Punkt,<br />

insbesondere auch in der Begleitung von<br />

Menschen, die <strong>am</strong> <strong>Lebens</strong>ende stehen.<br />

Klaschnik und Husebö fassen in ihrem Buch zur<br />

Palliativmedizin zus<strong>am</strong>men, wie es bei den<br />

Ärzten wirklich ist: Es herrschen Angst,<br />

Unsicherheit, Depression, Süchte, Suizid.<br />

Strategien, die im Gespräch mit dem Patienten<br />

aus einer solchen <strong>Haltung</strong> heraus entwickelt<br />

wurden, sind gefälschte Botschaften, Lügen statt<br />

Ehrlichkeit. Themen werden vermieden, es<br />

herrscht keine Empathie, unnötige<br />

Untersuchungen werden durchgeführt.<br />

<strong>Die</strong> Gesundheit der Ärzte<br />

In der letzten Woche war in der Schweizer<br />

Ärztezeitung das Ergebnis einer Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

verschiedener Untersuchungen zur Gesundheit<br />

der Ärzte zu lesen. Im Vergleich zu anderen<br />

Berufsgruppen und der Ges<strong>am</strong>tbevölkerung leiden<br />

sie vermehrt unter emotionaler Erschöpfung bzw.<br />

einer burn-out-Symptomatik. Sie haben viel häufiger<br />

Suizidgedanken und Süchte. <strong>Die</strong> allgemeine<br />

<strong>Lebens</strong>zufriedenheit ist sehr reduziert.<br />

Meine Ausbildung zur Palliativmedizinerin habe<br />

ich in Deutschland absolviert. Wir waren ca. 40<br />

Allgemeinmediziner und 40 Anästhesisten.<br />

Ungefähr 80 % von ihnen haben den Standpunkt<br />

vertreten: Wenn ich in diese Situation komme,<br />

dann nehme ich mir das Leben‘. Das hat mich<br />

sehr erschüttert.<br />

Noch verstärkt wird die ganze Problematik, die in<br />

einer Untersuchung über das „Ärztliche Denken<br />

und Handeln im Spital im Wandel“ deutlich<br />

wurde. Im Zus<strong>am</strong>menhang mit der Einführung<br />

der DRG in deutschen Krankenhäusern sind eine<br />

Reduktion der Kommunikation zwischen Arzt und<br />

Patient sowie zwischen Arzt und Arzt und der<br />

interdisziplinären Kommunikation eingetreten.<br />

<strong>Die</strong> innere <strong>Haltung</strong> wird zunehmend von der<br />

Frage bestimmt, ob ein Patient gewinn- oder verlustbringend<br />

ist. <strong>Die</strong> Diskontinuität in der<br />

Patientenversorgung und die Zergliederung <strong>des</strong><br />

Behandlungsprozesses nehmen zu.<br />

Was Patienten uns lehren können – ein ermutigen<strong>des</strong><br />

Beispiel<br />

In einem Aachener Projekt wurde die Rolle <strong>des</strong><br />

Patienten als Lehrer untersucht. Studenten hatten<br />

während eines Semesters jeweils einen<br />

schwerkranken Patienten zu besuchen, ausgestattet<br />

mit Raum und Zeit, ohne Zielvorgaben im<br />

engeren Sinne. Einfach Begegnung. Begleitet<br />

wurden die Studenten in Supervision mit<br />

Kleingruppenarbeit, und im Anschluss hatten sie<br />

eine schriftliche Arbeit anzufertigen. Dazu einige<br />

Weleda <strong>Pflege</strong>forum 18 * August 2007 29

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