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Risiko - Business Risk Research

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Special I/2008<br />

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Inhalt<br />

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Sonderheft<br />

<strong>Risk</strong> & Compliance<br />

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Umfeld und Akteure im Bereich der Geldwäsche<br />

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Geldwäsche als globales Problem<br />

s gibt durchaus Indikatoren, die dafür<br />

sprechen (auch wenn sie nicht nachgewiesen<br />

sind) dass die Geldwäsche in<br />

dieser globalisierten Welt um jährlich 15<br />

Prozent zunimmt. Der frühere IMF-Geschäftsführer<br />

Michel Camdessus sagte,<br />

dass im Jahr 2002 die Summe der illegalen<br />

Gelder, die durch die Finanzsysteme floss,<br />

durchaus zwei bis fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes<br />

der Welt ausgemacht<br />

haben könnte [Clark/Burrell 2003, S. 5].<br />

Diese Vermutung wird auch von einigen<br />

Wissenschaftlern geteilt. Es muss allerdings<br />

darauf hingewiesen werden, dass<br />

eine rege wissenschaftliche Diskussion<br />

im Zusammenhang mit der Messung<br />

von Geldwäsche stattfindet. Die zu diesem<br />

Zweck entwickelten ökonomischen<br />

Modelle unterscheiden sich sehr stark<br />

in den Ergebnissen, weil Sie zum einen<br />

unterschiedliche Bemessungsgrundlagen<br />

haben und zum anderen unterschiedliche<br />

Parameter setzen (etwa Organisierte Kriminalität,<br />

Schattenwirtschaft, Gelder aus<br />

Steuerhinterziehung). Dies erklärt die diskutierten<br />

Spannbreiten der Schätzungen<br />

der weltweiten Geldwäsche, die von zwei<br />

bis 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

reichen. In Deutschland erhöhte sich<br />

nach Angaben des Bundeskriminalamtes<br />

die Anzahl der erfassten Fälle mit Bezug<br />

zur Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßiger<br />

Vermögenswerte von 802<br />

im Jahr 2005 auf 2997 im Jahr 2006 [BKA<br />

2007, S. 207].<br />

Eines der Kernprobleme ist, dass sich<br />

die Komplexität und die Verfeinerung der<br />

Geldwäschesysteme ebenso schnell entwickelt<br />

wie die globale Wirtschaft. Aus diesem<br />

Grund ist es wichtig, dass die Institutionen<br />

und Personen, die aktiv gegen Geldwäscheaktivitäten<br />

kämpfen, einen dynamischen<br />

und strukturierten Ansatz aufrecht erhalten<br />

– insbesondere wenn es darum geht,<br />

ihre Kunden und deren Transaktionen zu<br />

beurteilen. Dieses immer komplexer werdende<br />

Geschäftsumfeld beinhaltet häufig<br />

grenzüberschreitende Elemente, was die<br />

Sachlage noch schwieriger macht. Institutionen,<br />

die Best-Practice-Richtlinien erstellen<br />

und Gesetzgeber, die Gesetze gegen<br />

die Geldwäscherei verabschieden, haben<br />

erkannt, dass es zunehmend schwieriger<br />

wird, die Anforderungen an Anti-Geldwäsche-Maßnahmen<br />

mit einem Checklisten-<br />

Ansatz zu erfüllen. Daher bewegen sich<br />

diese Institutionen und Gesetzgeber weg<br />

von einem regel- und hin zu einem risikobasierten<br />

Ansatz [Pieth 2006, S. 53 f.].<br />

Aufgrund der wachsenden Komplexität<br />

der Geldwäschesysteme und des neu definierten<br />

risikobasierten Ansatzes müssen<br />

sich Institutionen die Frage der Methodik<br />

stellen. Welche Werkzeuge und Methoden<br />

können nun also eingesetzt werden,<br />

um das Thema Geldwäsche in der globalen<br />

Wirtschaft effektiv anzugehen und<br />

gleichzeitig die aktuellen rechtlichen Anforderungen<br />

und Best-Practice-Normen<br />

zu erfüllen?<br />

Die Schlüsselorganisation, die in nunmehr<br />

fast zwanzig Jahren das meiste<br />

bewegt hat, ist die Financial Action Task<br />

Force on Money Laundering (FATF), eine<br />

regierungsübergreifende Körperschaft, die<br />

bei der OECD angesiedelt ist. Die FATF<br />

hat die negativen Auswirkungen und die<br />

Risiken von Geldwäscheaktivitäten auf die<br />

Agenda von Gesetzgebern, Regierungen,<br />

Finanzinstitutionen gesetzt und entwickelt<br />

und fördert Verfahrensweisen zur<br />

Bekämpfung der Geldwäsche.<br />

Als „politiktreibende“ Institution ist es<br />

ihr oberstes Ziel, den politischen Willen<br />

zu fördern, der zur Durchsetzung nationaler<br />

Gesetzgebungs- und regulatorischer<br />

Reformen erforderlich ist. Ihr Erfolg wird<br />

in den Entwicklungen auf EU-Ebene deutlich,<br />

wo bereits drei Anti-Geldwäsche-Direktiven<br />

verabschiedet wurden. Weiterhin<br />

verfolgt die FATF die Fortschritte, die ihre<br />

Mitglieder beim Aufbau effektiver Anti-<br />

Geldwäsche-Systeme machen. Sie untersucht<br />

auch die Geldwäschetechniken und<br />

fördert die Übernahme und Umsetzung<br />

von Gegenmaßnahmen in Nichtmitgliedsländern.<br />

Die FATF führt ihre Aktivitäten in<br />

Zusammenarbeit mit anderen internationalen<br />

Organisationen durch, wie etwa dem<br />

Internationalen Währungsfonds (IWF)<br />

und der Weltbank. Alle diese Institutionen<br />

sind am Kampf gegen die Geldwäsche<br />

beteiligt.<br />

Da viele Gelder durch Finanzinstitute<br />

oder so genannte Gatekeeper („Torwächter“<br />

wie Anwälte, Notare, usw.) gewaschen<br />

werden, spielen die Berufsgruppen, die<br />

Beratungsleistungen für derartige Transaktionen<br />

erbringen, eine Schlüsselrolle bei<br />

der Bekämpfung von Geldwäsche.<br />

Auswirkungen der Geldwäsche<br />

Es ist schwierig, die negativen wirtschaftlichen<br />

Auswirkungen von Geldwäscheakti-


7<br />

<br />

vitäten zu quantifizieren oder den Umfang<br />

der Geldwäsche selbst abzuschätzen. Zu<br />

den Hauptkonsequenzen der Geldwäsche<br />

und der Terrorismusfinanzierung gehören<br />

der Anstieg von Straftaten und Korruption,<br />

Untergraben der Privatwirtschaft, Schwächung<br />

von Finanzinstituten durch rufschädigende,<br />

betriebliche und rechtliche Risiken,<br />

die erhöhte Konzentrationsgefahr,<br />

Kontrollverlust oder falsche geschäftspolitische<br />

Entscheidungen, wirtschaftliche<br />

Verzerrung und Instabilität, Verlust von<br />

Steuereinkommen, Risiken für Privatisierungsanstrengungen<br />

sowie Risiken für<br />

den Ruf des betroffenen Landes und soziale<br />

Kosten.<br />

Geldwäschekanäle<br />

Geldwäscher suchen immer nach Wegen<br />

mit den geringsten Hindernissen. Dadurch<br />

entwickeln sich die Kanäle und Strukturen,<br />

durch welche die Mittel fließen, ständig<br />

weiter. Anti-Geldwäsche-Spezialisten fassen<br />

die Modelle und Techniken, die hier<br />

zum Einsatz kommen, in Form von Geldwäsche-Typologien<br />

zusammen. Zu diesem<br />

Thema veröffentlicht die FAFT regelmäßig<br />

Berichte, welche die neuesten oder die<br />

geläufigsten Geldwäschethemen, -kanäle<br />

oder -strukturen behandeln.<br />

Vor der Betrachtung der Typologien<br />

lohnt sich ein Blick auf die Hauptkanäle,<br />

durch die die Mittel typischerweise fließen.<br />

Zu diesen gehört hauptsächlich folgende<br />

Sektoren:<br />

• Banken: Korrespondenzbanken; Payable-Through-Accounts<br />

(Sonderform<br />

von Konten, auf die in den USA Gelder<br />

zur Zahlung per Scheck eingezahlt<br />

werden); Konzentrationskonten und<br />

Privatbanken.<br />

• Finanzinstitutionen außerhalb des Bankgewerbes:<br />

Kreditkartenbranche; Anbieter<br />

von Überweisungs- und Geldumtauschdiensten;<br />

Versicherungsgesellschaften;<br />

Wertpapiermakler und -händler.<br />

• Unternehmen und Berufszweige außerhalb<br />

des Finanzdienstleistungsgewerbes:<br />

Casinos sowie Spiel- und Wettorganisationen;<br />

Händler, die Hochpreisartikel vertreiben<br />

(Edelmetalle, Schmuck, Kunst,<br />

usw.); Reisebüros; Automobilverkäufer;<br />

Gatekeeper (Notare, Buchhalter, Buchprüfer,<br />

Anwälte etc.); Investitions- und<br />

Warenhandelsberater; Treuhand- und<br />

Dienstleistungsunternehmen; Immobilienbranche.<br />

Geldwäscheexperten stellen übereinstimmend<br />

fest, dass sich in der Abwicklung<br />

internationaler Geldwäschegeschäfte ein<br />

signifikanter Wandel vollzogen hat – weg<br />

vom traditionellen Bankensektor hin zu<br />

Kanälen außerhalb der Banken und Finanzdienstleistungsbranche.<br />

Diese entwickeln<br />

sich zu immer attraktiveren Alternativen<br />

für das Einschleusen von illegal<br />

erworbenen Geldmitteln in die Finanzkanäle.<br />

Außerdem haben sich eine Reihe<br />

„neuer“ Gefahren herausgebildet, die an<br />

technologische Entwicklungen gebunden<br />

sind und die ebenfalls immer häufiger<br />

für Geldwäscheaktivitäten genutzt werden.<br />

Die entsprechenden Hauptkanäle sind das<br />

Online- oder Internetbanking, Internet Casinos,<br />

Smart-Cards und e-cash [Vogt 2006,<br />

S. 2 ff.].<br />

In diesem Zusammenhang werden<br />

die Finanzinstrumente und Strategien,<br />

die von alternativen Anlageklassen (etwa<br />

Private Equity, Hedge-Fonds und Managed<br />

Futures) eingesetzt werden, immer<br />

interessanter – zum Teil wegen ihres „kreativen“<br />

Ansatzes, aber auch wegen des<br />

vergleichsweise weniger streng regulierten<br />

und undurchsichtigen Umfeldes, in dem<br />

sie sich bewegen. Zu den zentralen Fragen,<br />

die sich hier stellen, gehören u. a.:<br />

Wissen die Fonds-Manager, wer die tatsächlichen<br />

Eigentümer der investierten<br />

Mittel sind? Könnten alternative Anlagen<br />

zu Transportmitteln für die high-end Finanzkriminalität<br />

werden? Könnten sie<br />

„politisch exponierten Personen“ (PEPs)<br />

Möglichkeiten zur Geldwäsche bieten,<br />

zumal Investoren in dieser Anlageklasse<br />

tendenziell Personen mit hohem Nettovermögen<br />

sind? Wenn man außerdem<br />

die globale Reichweite der Portfolios der<br />

Private-Equity-Unternehmen in Betracht<br />

zieht, drängt sich zudem die Frage auf, in<br />

welchem Ausmaß diese Portfolio-Firmen<br />

handelsbasierten Geldwäscheaktivitäten<br />

ausgesetzt sein könnten, insbesondere<br />

in den sich entwickelnden risikoreichen<br />

Märkten.<br />

Geldwäschetypologien<br />

Seit Mitte der neunziger Jahre erstellt die<br />

FATF Jahresberichte zum Thema Geldwäschetypologien<br />

[siehe hierzu die FATF-<br />

Website unter www.fatf-gafi.org]. Ziel ist<br />

es, „den Strafverfolgungsexperten … ein<br />

Forum zu geben, in dem sie die neuesten<br />

Trends bei der Aufdeckung kriminell<br />

erworbener Einkünfte, neu entstehender<br />

Bedrohungen und effektiver Gegenmaßnahmen<br />

diskutieren können.” [FATF 1996,<br />

S. 2] Die FATF-Berichte behandeln zum<br />

einen Bereiche, bei denen es Verdachtsmomente<br />

in Bezug auf Geldwäsche gibt<br />

(etwa Alternative Überweisungssysteme,<br />

Geldwäsche durch den Wertpapiersektor<br />

oder Neue Zahlungsmethoden), zum anderen<br />

präsentieren Sie ausgewählte Fallstudien<br />

zum Thema Geldwäsche (etwa zu<br />

den Themen Briefkastenfirmen, Anwälte,<br />

Wechselbüros, Goldschmuggel, etc.)<br />

Dank der Initiativen der FATF und der<br />

internationalen Durchsetzung von Best<br />

Practices und Gesetzen sind in Bezug auf<br />

Geldwäschewissen und -verständnis große<br />

Fortschritte zu verzeichnen – sowohl was<br />

die Methoden, als auch was die Techniken<br />

betrifft. Besonders konzentriert hat man<br />

sich dabei auf zwei der drei Hauptmethoden,<br />

die bei der Geldwäsche zum Einsatz<br />

kommen, d. h. auf Mittel, die durch die<br />

Finanzsysteme gewaschen werden und auf<br />

den physischen Transport der Mittel, etwa<br />

durch Bargeldkuriere. Im Vergleich dazu<br />

wurde nur ein geringes Augenmerk auf<br />

den Missbrauch der internationalen Handelssysteme<br />

durch Geldwäscher gelegt, so<br />

dass dieser Bereich im Folgenden genauer<br />

dargestellt wird.<br />

Handelsbasierte Geldwäsche<br />

Die Ursache für die handelsbasierte Geldwäsche<br />

ist das um ein Vielfaches gestiegene<br />

Handelsvolumen aufgrund der Globalisierung.<br />

Die steigende Zahl und Komplexität<br />

internationaler Handelsflüsse schafft<br />

ausreichend Kanäle, durch die Transaktionen<br />

verdeckt geschleust werden können.<br />

Das schließt u. a. Währungsumtauschgeschäfte,<br />

Handelsfinanztransaktionen und<br />

das Vermischen von illegalen Mitteln mit<br />

Bargeldflüssen aus legitimen Geschäften<br />

ein. Laut FATF-Typologiebericht werden<br />

hierbei u. a. die nachfolgenden Techniken<br />

eingesetzt [FATF 2006a]:<br />

Ausstellung von Rechnungen mit zu<br />

geringen oder zu hohen Preisen für Lieferungen<br />

und Leistungen: Eine der am<br />

häufigsten eingesetzten Methoden, um in<br />

betrügerischer Weise Werte über nationale<br />

Grenzen zu bringen, ist die Ausstellung<br />

von Rechnungen mit zu geringen oder<br />

zu hohen Preisen für Lieferungen und<br />

Leistungen. Das Hauptelement bei dieser


8<br />

<br />

<br />

Taktik ist die Falschangabe des Preises für<br />

Lieferungen oder Leistungen mit dem Ziel,<br />

zwischen Importeur und Exporteur einen<br />

Mehrwert zu übertragen. Dieser Kanal ist<br />

u. a. deshalb so lukrativ, weil es für die Zollbehörden<br />

oft schwierig ist, handelsbasierte<br />

Geldwäsche also solche zu identifizieren,<br />

insbesondere wenn die Preisstrukturen<br />

unklar und die Märkte undurchsichtig sind<br />

(etwa bei Kunst und Antiquitäten).<br />

t Abb. 01 zeigt ein Beispiel – basierend<br />

auf einer FATF-Fallstudie – für eine Rechnung,<br />

in der absichtlich zu tiefe Preise<br />

abgerechnet wurden. Bei Überberechnung<br />

wird nach einem ähnlichen Schema in umgekehrter<br />

Richtung verfahren. Das stark<br />

vereinfachte Beispiel soll nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass viele Geldwäschesysteme,<br />

bei denen es um Finanzkriminalität<br />

auf höchster Ebene geht, extrem ausgefeilt<br />

sind und eine Reihe von immer komplexer<br />

werdenden finanziellen Strukturen und<br />

Transaktionen beinhalten.<br />

Schwarzer Markt für den Pesoumtausch<br />

(Black Market Peso Exchange/„BMPE”):<br />

Der BMPE wurde ursprünglich von Oriana<br />

Zill und Lowell Bergman so benannt und<br />

dient als klassisches Beispiel zur Veranschaulichung<br />

einer Reihe verschiedener<br />

Techniken handelsbasierter Geldwäsche.<br />

Die Identifizierung des BMPE-Systems<br />

war das Ergebnis von Überprüfungen der<br />

Aktivitäten des Kolumbianischen Drogenkartells<br />

in den achtziger Jahren und gilt<br />

als ausgefeilte Alternative zu Geldwäscheaktivitäten<br />

über das US-amerikanische<br />

Bankensystem. Gemäß FATF-Angaben<br />

belief sich die Gesamtsumme an Geldern<br />

aus dem Drogenverkauf, die jährlich gewaschen<br />

wurden, auf 10 Mrd. US-Dollar, von<br />

der 40 Prozent durch das BMPE-System<br />

gewaschen wurden.<br />

Das System, das ursprünglich von Personen,<br />

die Güter nach Kolumbien schmuggelten,<br />

erfunden worden war, wurde von<br />

Drogenschmugglern übernommen [Sarmiento<br />

2007, S. 26]. Damals begann Kolumbien,<br />

Einfuhrgenehmigungen und<br />

Zahlungsnachweise über kolumbianische<br />

Zölle und Steuern zu verlangen, wenn man<br />

Zugang zu US-Dollars über die kolumbianischen<br />

Banken wollte. Die wichtigsten<br />

Schritte sind nachfolgend dargestellt bzw.<br />

t Abb. 02 zu entnehmen:<br />

• Das kolumbianische Drogenkartell<br />

schmuggelt illegal Drogen in die USA,<br />

die dort gegen Bargeld verkauft werden.<br />

Abrechnung von Lieferungen mit zu geringen Preisen<br />

• Das Drogenkartell veranlasst dann den<br />

rabattierten Verkauf der US-Dollar an<br />

einen Peso-Händler gegen kolumbianische<br />

Pesos. Es ist hierfür nicht erforderlich,<br />

dass der Peso-Händler seinen<br />

Sitz in den USA hat. In der Regel arbeitet<br />

er von Kolumbien aus. Allerdings<br />

hat der Händler immer eine Verbindung<br />

zu einer Korrespondenzinstitution in<br />

den USA, welche die Transaktion durchführt.<br />

• Der Peso-Händler bezahlt das Drogenkartell<br />

von seinem Bankkonto in Kolumbien.<br />

In dieser Phase ist das kolumbianische<br />

Drogenkartell nicht in den<br />

Prozess involviert.<br />

• Der Peso-Händler „strukturiert“ oder<br />

„smurft“ die US-Währung in das US-<br />

Bankensystem, um die Meldepflichten<br />

zu umgehen, und konsolidiert seine<br />

Gelder in seinem US-amerikanischen<br />

Bankkonto.<br />

• Der Peso-Händler findet einen kolumbianischen<br />

Importeur, der US-Dollar<br />

braucht, um Waren von einem US-<br />

Exporteur zu kaufen. Der von einem<br />

Peso-Händler angebotene Wechselkurs<br />

ist in der Regel erheblich besser als der,<br />

t Abb. 01<br />

Beispiel für Unterberechnung<br />

Firma A (ausländisches Unternehmen) liefert eine Mio. Vorrichtungen mit einem Wert<br />

von 2 US-Dollar/Stck., aber berechnet Firma B (einer mit ihr unter einer Decke steckenden<br />

nationalen Importfirma) nur einen US-Dollar/Stück. Firma B zahlt Firma A per Banküberweisung<br />

einen Betrag von einer Mio. US-Dollar. Firma B verkauft die Vorrichtungen<br />

dann auf dem freien Markt für einen Gesamtbetrag von zwei Mio. US-Dollar und zahlt die<br />

überschüssige Million auf ein Bankkonto ein, von dem Auszahlungen nach Anweisung<br />

von Firma A vorgenommen werden. Bei der Auszahlung der zusätzlichen einen Mio.<br />

US-Dollar beginnt die Wäsche der illegal generierten Gelder.<br />

den Kunden bei einer kolumbianischen<br />

Bank bekommen können.<br />

• Der Peso-Händler veranlasst die Zahlung<br />

an den US-Exporteur (im Auftrag des kolumbianischen<br />

Importeurs) von seinem<br />

US-amerikanischen Bankkonto.<br />

• Der US-Exporteur liefert die Ware nach<br />

Kolumbien. In vielen Fällen wird unterberechnet<br />

oder sogar geschmuggelt,<br />

um die anfallenden Importzölle zu reduzieren.<br />

• Der kolumbianische Importeur verkauft<br />

die Waren (oft teure Artikel wie<br />

beispielsweise Computer und Haushaltsgeräte)<br />

gegen Pesos und bezahlt<br />

damit den Peso-Händler. Dadurch wird<br />

wiederum der Peso-Vorrat des Händlers<br />

aufgefüllt.<br />

Hawala: Einer der Hauptkanäle, den Organisationen<br />

für die Finanzierung von Terrorismus<br />

verwenden, ist unter dem Namen<br />

„Hawala“ bekannt. Laut Aussagen von Interpol<br />

„ist Hawala ein alternatives oder paralleles<br />

Überweisungssytem, das außerhalb<br />

von, oder parallel zu ‚traditionellen‘ Bankoder<br />

Finanzkanälen existiert und operiert.”<br />

[Interpol 2000] In seiner einfachsten Form


9<br />

<br />

wird „das Hawala-System dafür benützt,<br />

Geld über ein Netzwerk von Hawala-Händlern<br />

(„Hawaladars“), zu überweisen.“ Normalerweise<br />

ist in diesen Prozess ein Kunde<br />

involviert, der einen Hawala-Händler in<br />

einer bestimmten Stadt kontaktiert und<br />

ihm einen Geldbetrag übergibt. Der Kunde<br />

möchte diesen Betrag an einen Empfänger<br />

– meist im Ausland – überweisen lassen.<br />

Der Hawala-Händler ruft einen anderen<br />

Hawala-Händler in der Stadt des Empfängers<br />

an, gibt ihm Verfügungsinstruktionen<br />

für die Mittel (normalerweise wird eine<br />

geringe Vermittlungsgebühr abgezogen)<br />

und das Versprechen, die Schuld zu einem<br />

späteren Zeitpunkt zu bezahlen.<br />

Eine Besonderheit des Systems ist,<br />

dass zwischen den Hawala-Händlern keine<br />

Schuldscheine ausgetauscht werden.<br />

Das System funktioniert ausschließlich<br />

auf Vertrauensbasis und ist nicht von der<br />

rechtlichen Durchsetzbarkeit von Ansprüchen<br />

abhängig. Es kommt sogar ohne jedes<br />

Rechts- oder juristische System aus. Zu<br />

den einzelnen Transaktionen werden keine<br />

Unterlagen erstellt; nur die laufende Summe<br />

der an einzelne Händler geschuldeten<br />

Beträge wird in Tabellenform fortgeführt.<br />

Die Bezahlung von Schulden zwischen<br />

Hawala-Händlern kann auf verschiedene<br />

Arten erfolgen. Barzahlung ist nicht unbedingt<br />

erforderlich. Es kommt oft vor,<br />

dass handelsbasierte Geldwäscheaktivitäten<br />

über einen Hawala-Mechanismus<br />

organisiert werden, wobei auch das oben<br />

diskutierte Über- und Unterberechnen zur<br />

Anwendung kommen.<br />

Missbrauch von Firmenkonstruktionen<br />

und wirtschaftlich Berechtigten<br />

Wie bereits in der Einführung erwähnt,<br />

gibt es eine Reihe von Bedenken in Bezug<br />

auf den Gebrauch von Firmenkonstruktionen<br />

für Geldwäschezwecke. Laut<br />

FATF „ist das herausragendste Merkmal<br />

des Missbrauchs von Firmenkonstruktionen<br />

das Verschleiern der tatsächlichen<br />

wirtschaftlich Berechtigten.“ [FATF 2006b]<br />

Missbrauch von Firmenkonstruktionen<br />

kann auf verschiedene Weise erfolgen.<br />

• Körperschaftsstrukturen mit mehreren<br />

Gerichtsständen werden oft benutzt,<br />

um Identitäten zu verschleiern oder ein<br />

betrügerisches System aufzubauen (in<br />

den meisten Fällen finanzieller Betrug<br />

und so genannte „Ponzi-Systeme“, also<br />

betrügerische Investitionsmethoden, bei<br />

Funktionsweise des „BMPE“<br />

denen durch nachfolgende Investoren<br />

übertrieben hohe Gewinne an die Investoren<br />

auf die eingezahlten Gelder ausgeschüttet<br />

werden – und nicht auf das Ergebnis<br />

aus echten Geschäften. Komplexe<br />

Strukturen mit mehreren Gerichtsständen<br />

können so aufgebaut sein, dass sie<br />

wie legitime Geschäftstätigkeiten aussehen.<br />

Sie sind daher ideale Instrumente<br />

zur Verschleierung von Aktivitäten, bei<br />

denen illegale Mittel „gewaschen“ werden.<br />

Solche Strukturen können auch<br />

genutzt werden, um Gelder umzuleiten,<br />

Zahlungssysteme zu kaschieren und die<br />

Spuren von Einkünften aus kriminellen<br />

Handlungen zu verwischen.<br />

• Spezialisierte Finanzvermittler und<br />

Fachleute sind häufig am Aufbau von<br />

Firmenkonstruktionen und komplexen<br />

Unternehmensstrukturen beteiligt, die<br />

für Geldwäscheaktivitäten genutzt werden.<br />

Diese Fachleute nutzen typischerweise<br />

– bewusst und unbewusst – rechtliche<br />

Schlupflöcher, die sich an einigen<br />

Gerichtsständen auftun. Insbesondere<br />

in solchen, die nicht streng reguliert<br />

sind und in denen nur ein Minimum an<br />

Finanz- und Eigentümerinformationen<br />

veröffentlich werden muss. Die spezialisierten<br />

Finanzvermittler und Fachleute<br />

können auch zum Aufbau von Strukturen<br />

eingesetzt werden, die illegalen<br />

Zwecken dienen und dafür verwendet<br />

werden, die tatsächlichen wirtschaftlich<br />

Berechtigten zu tarnen.<br />

• Strohmänner werden in erster Linie<br />

dann eingesetzt, wenn es darum geht,<br />

den tatsächlichen wirtschaftlich Berech-<br />

t Abb. 02<br />

tigten zu verbergen, indem entweder ein<br />

Bankkonto im Namen des Strohmannes<br />

eröffnet wird oder Strohmänner als Aktionäre<br />

oder Geschäftsführer eingesetzt<br />

werden.<br />

• Briefkastenfirmen werden ebenfalls<br />

hauptsächlich dazu eingesetzt, den Ursprung<br />

und die Identität der wirtschaftlich<br />

Berechtigten sowie die Quelle der<br />

Mittel zu verdecken. Eine Briefkastenfirma<br />

ist ein Unternehmen, das nach<br />

seiner Gründung über kein signifikantes<br />

Vermögen verfügt und keine Geschäfte<br />

betreibt.<br />

Geldwäscher, insbesondere solche, die in<br />

groß angelegte Finanzkriminalität verwickelt<br />

sind, bedienen sich zunehmend der<br />

Dienstleistungen von spezialisierten Fachleuten,<br />

auch „Gatekeepers“ genannt, die<br />

ihnen bei der Durchführung ihrer finanziellen<br />

Transaktionen behilflich sind. Dies<br />

geschieht nicht nur, weil diese Fachleute<br />

das erforderliche Know-how haben, sondern<br />

auch, weil sie den Straftätern den Deckmantel<br />

von Legitimität verleihen, insbesondere,<br />

wenn es um die Zusammenarbeit mit Finanzinstituten<br />

geht. Rechtsanwälte, Notare,<br />

Buchhalter und andere Fachleute geben<br />

nicht nur Rat im Investitionsbereich, bei<br />

der Gründung von Unternehmen, Kartellen<br />

oder anderen rechtlichen Ausgestaltungen<br />

und in Fragen der Steueroptimierung, sondern<br />

bereiten diese Firmenkonstruktionen<br />

auch vor bzw. bauen diese auf oder treffen<br />

andere rechtliche Absprachen. Einige dieser<br />

Gatekeeper können auch durchaus im<br />

Auftrag ihrer Kunden in die direkte Abwicklung<br />

bestimmter finanzieller Transaktionen


10<br />

<br />

<br />

verwickelt sein (etwa bei der Aufbewahrung<br />

oder Auszahlung von Mitteln für den Kauf<br />

oder Verkauf von Immobilien).<br />

Privatbanken & politisch exponierte<br />

Personen (PEPs)<br />

Im weitesten Sinne definiert der Begriff<br />

„politisch exponierte Personen“ Menschen,<br />

denen eine wichtige öffentliche Position<br />

in einem bestimmten Land anvertraut<br />

ist oder war. Zu dieser Gruppe gehören<br />

etwa Staatsoberhäupter oder Regierungschefs,<br />

Politiker in leitenden Funktionen<br />

und Regierungsmitglieder, Amtsträger<br />

bei Gerichten oder beim Militär, leitende<br />

Angestellte bei staatlichen Unternehmen<br />

sowie wichtige Vertreter der politischen<br />

Parteien. Da PEPs ständig im Licht der<br />

Öffentlichkeit stehen, engagieren sie häufig<br />

Mittler und Zwischenhändler, um in<br />

ihrem Auftrag finanzielle Transaktionen<br />

oder damit im Zusammenhang stehende<br />

Aktivitäten durchzuführen. Diese Mittelsmänner<br />

können sowohl enge Vertraute<br />

oder Geschäftspartner als auch Freunde<br />

und Familienmitglieder der PEPs sein.<br />

Privatbanken gelten in Bezug auf Geldwäscheaktivitäten<br />

als stark risikobehaftet<br />

und waren tatsächlich in die größten Geldwäschefälle<br />

der letzten Jahre verwickelt, besonders<br />

in den USA. Ein Grund dafür ist,<br />

dass der Privatbankenmarkt extrem lukrativ<br />

ist. Ein weiterer sind die Dienstleistungen,<br />

die diese Bankenbranche anbietet,<br />

nämlich sehr persönliche und vertrauliche<br />

Dienste für wohlhabende Kunden. Zu dieser<br />

Gruppe gehören auch die PEPs. Hinzu<br />

kommt, dass die Privatbankiers zum größten<br />

Teil auf Basis der von ihnen „verwalteten<br />

Vermögen“ bezahlt werden.<br />

Kunden von Privatbanken leben oft<br />

nicht in dem Land, in dem ihre Bank ihren<br />

Sitz hat. Ihr Vermögen wird in vielen<br />

Fällen nach Übersee transferiert, wo es<br />

unter den Namen von Firmen gehalten<br />

wird, die häufig durch lokale Banken unter<br />

dem Deckmantel des Bankgeheimnisses<br />

gegründet werden. Private Investitionsfirmen<br />

(PICs) sind Briefkastenfirmen, die<br />

gegründet werden, um dem Kunden Vertraulichkeit<br />

in Steuer- und Treuhandfragen<br />

zu gewährleisten. Das Bankgeheimnis in<br />

Steueroasen, wo PICs häufig gegründet<br />

werden, verdeckt die wahre Identität der<br />

wirtschaftlich Berechtigten. Viele Privatbanken<br />

gründen PICs für ihre Kunden<br />

häufig über eine verbündete Treuhandfirma<br />

in einer Steueroase.<br />

Aufgrund der Aktivitäten von NGOs wie<br />

beispielsweise Transparency International<br />

und UN Global Compact wurden Maßnahmen<br />

zur Bekämpfung von Korruption<br />

ergriffen. In Presseberichten wurde dabei<br />

immer häufiger enthüllt, dass PEPs in<br />

Korruptionsskandale verwickelt waren. Da<br />

dies mit Gefahren für den guten Ruf der<br />

Banken einherging, haben diejenigen, die<br />

mit PEPs in Geschäftsbeziehungen stehen,<br />

immer mehr Grund, im Umgang mit diesen<br />

Kunden besonders vorsichtig zu sein.<br />

Bekämpfung der Geldwäsche<br />

Nationale und internationale Gesetzgeber<br />

unternehmen ständig Anstrengungen, die<br />

bestehenden Gesetze so zu verbessern und<br />

auszudehnen, dass die Geldwäschegesetze<br />

über die Bankenbranche hinaus wirksam<br />

werden und die „Gatekeepers“ einschließen.<br />

Nach dem 11. September 2001 verabschiedete<br />

die amerikanische Bundesregierung<br />

einige durchgreifende Gesetze<br />

zur Bekämpfung der Geldwäsche und der<br />

Finanzierung von Terrorismus, einschließlich<br />

des US Patriot Act. Die dritte EU-Geldwäsche-Richtlinie<br />

wurde im Jahre 2005<br />

verabschiedet. Zur nationalen Umsetzung<br />

dieser Vorgaben hat das Bundeskabinett<br />

im März 2008 das „Gesetz zur Ergänzung<br />

der Bekämpfung der Geldwäsche und der<br />

Terrorismusfinanzierung“ auf den parlamentarischen<br />

Weg gebracht.<br />

Regelungen zum KYC-Prinzip<br />

t Tab. 01


11<br />

<br />

Kernmerkmale der dritten<br />

EU Geldwäschedirektive<br />

Mit der Modifizierung des Geldwäschegesetzes<br />

durch das Geldwäschebekämpfungsgesetz<br />

und die damit verbundene<br />

Verbreiterung und Vertiefung des Themas<br />

ergeben sich eine Reihe von Interpretations-<br />

und Umsetzungsschwierigkeiten für<br />

die Adressaten des Geldwäschegesetzes.<br />

Besonders betrifft dies die erweiterte Identifizierungspflicht<br />

und die Anwendung des<br />

risikoorientierten Ansatzes [Fuelbier et al.<br />

2006].<br />

In t Tab. 01 sind die Hauptmerkmale<br />

der dritten EU-Richtlinie in Bezug auf das<br />

sogenannte „Know Your Customer/KYC“-<br />

Prinzip dargestellt, das den tragenden<br />

Pfeiler der Geldwäscheprävention bildet.<br />

Die Tabelle zeigt, welche generellen Maßnahmen<br />

bei jeder Kundenüberprüfung zu<br />

treffen sind, und listet dann die Kriterien<br />

auf, die entweder eine vereinfachte oder<br />

eine erweiterte KYC-Due Diligence erfordern<br />

[Pieth 2006, S. 55 ff.].<br />

Zusätzliche Schwierigkeiten entstehen<br />

durch die Frage, wer gemäß der Richtlinie<br />

ein „wirtschaftlich Berechtigter“ ist, sowie<br />

durch die Vorgaben für die Behandlung<br />

von PEPs. Gemäß der dritten EU-Richtlinie<br />

soll der „wirtschaftlich Berechtigte“<br />

anhand der folgenden Eigenschaften bestimmt<br />

werden:<br />

• Eine natürliche Person, die direkt oder<br />

indirekt mehr als 25 Prozent der Aktien<br />

oder Stimmrechte einer Gesellschaft<br />

tatsächlich hält oder kontrolliert, oder<br />

wer auf andere Weise die Kontrolle über<br />

die Geschäftsleitung einer Rechtsperson<br />

ausübt.<br />

• Ein Begünstigter von mehr als 25 Prozent<br />

des Vermögens einer Rechtsvereinbarung<br />

(beispielsweise eines Trusts)<br />

oder Rechtsperson (beispielsweise einer<br />

Stiftung), die Gelder verwaltet oder verteilt.<br />

Wirtschaftlicher Eigentümer ist<br />

ferner eine natürliche Person, die 25<br />

Prozent oder mehr des Vermögens einer<br />

Rechtsvereinbarung oder Rechtsperson<br />

kontrolliert.<br />

Das Deutsche Geldwäschegesetz<br />

(„GwG“)<br />

In Deutschland unterliegen nach dem<br />

Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen<br />

aus schweren Straftaten (Geldwäsch-<br />

gesetz/GwG) vom 15. Dezember 2003<br />

(BGBI I, 2676, 2733) die u. g. Arten von<br />

Unternehmen oder Personen bei der<br />

Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit<br />

auch den allgemeinen Identifizierungspflichten.<br />

Das deutsche GwG basiert u.<br />

a. auf der zweiten EU-Richtlinie zur Geldwäschebekämpfung<br />

und wird nun an die<br />

dritte EU-Richtlinie angepasst. Der Kommentar<br />

zum Geldwäschegesetz [Fuelbier<br />

et al. 2006] nennt hierbei die folgenden<br />

Akteure: Kreditinstitute; Versischerungsunternehmen<br />

i. S. d. §1 Abs. 4; Versteigerer;<br />

Finanzdienstleistungsinstitute;<br />

Investmentaktiengesellschaften; Finanzunternehmen<br />

i. S. d. §1 Abs. 3 Satz 1<br />

Nr. 2 bis 5 des KWG; Edelmetallhändler;<br />

Rechtsanwälte und Rechtsbeistände, die<br />

Mitglied einer Rechtsanwaltskammer<br />

sind; Patentanwälte und Notare; wenn sie<br />

für ihre Mandanten an der Planung oder<br />

Durchführung bestimmter Geschäfte<br />

mitwirken; Wirtschaftsprüfer, vereidigte<br />

Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte;<br />

Immobilienmakler sowie<br />

Spielbanken, wenn Kunden die Spielmarken<br />

im Wert von 1.000 Euro oder mehr<br />

kaufen oder verkaufen.<br />

Zudem nennt der Kommentar zum<br />

Geldwäschegesetz „Gewerbetreibende,<br />

soweit sie in Ausübung ihres Gewerbes<br />

handeln und nicht den Pflichten zur Identifizierung<br />

nach §2 unterliegen, sowie<br />

Personen, die entgeltlich fremdes Vermögen<br />

verwalten und nicht der Pflicht zur<br />

Identifizierung nach Satz 1 in Verbindung<br />

mit §2 unterliegen, in Ausübung dieser<br />

Verwaltungstätigkeit, haben bei Annahme<br />

von Bargeld im Wert von 15,000 Euro<br />

oder mehr denjenigen zu identifizieren,<br />

der ihnen gegenüber auftritt.“ [Fuelbier et<br />

al. 2006, S. 181]<br />

Internationale Organisationen mit<br />

freiwilliger Mitgliedschaft<br />

Weiterhin haben sich auf anderer Ebene<br />

in den letzten zehn Jahren viele neue<br />

Vereinigungen gebildet, die internationale<br />

Normen für Best Practices festlegen. Als<br />

wichtige Institutionen, die sich mit der<br />

Bekämpfung von Geldwäscheaktivitäten<br />

beschäftigen, sind zu nennen:<br />

• Die Financial Action Task Force on Money<br />

Laundering („FATF“) [www.fatf-gafi.<br />

org] ist eine regierungsübergreifende<br />

Körperschaft, die während des G-7-Gipfels<br />

in Paris im Jahre 1989 gegründet<br />

wurde, mit dem Ziel, das politische Vorgehen<br />

gegen die Geldwäsche zu fördern.<br />

Die FATF beobachtet die Fortschritte,<br />

die ihre Mitglieder beim Aufbau effektiver<br />

Anti-Geldwäsche-Systeme machen.<br />

Sie untersucht auch die Geldwäschetechniken<br />

und Gegenmaßnahmen und<br />

fördert die weltweite Übernahme und<br />

Umsetzung von Gegenmaßnahmen zur<br />

Bekämpfung von Geldwäsche in Zusammenarbeit<br />

mit anderen internationalen<br />

Organisationen. Im April 1990 veröffentlichte<br />

die Taskforce eine Sammlung<br />

von „40 Empfehlungen“ – einen<br />

umfassenden Aktionsplan darüber, was<br />

zur Bekämpfung der Geldwäsche getan<br />

werden muss. Nach den Terroranschlägen<br />

vom 11. September 2001 wurde der<br />

Umfang der FATF-Aktivitäten auf die<br />

Terrorismus-Finanzierung ausgedehnt.<br />

Die Taskforce gab zudem acht speziell<br />

auf die Terrorismus-Finanzierung<br />

ausgerichtete Empfehlungen bekannt,<br />

die zur Ergänzung der bisherigen 40<br />

erarbeitet wurden (die „FATF 40+8“).<br />

Im Juni 2007 wurde die Volksrepublik<br />

China 34. Mitglied der FATF. Korea und<br />

Indien arbeiten derzeit auf eine FATF-<br />

Mitgliedschaft hin.<br />

• Das Basel Committee on Banking Supervision<br />

[http://www.bis.org/bcbs] wurde<br />

1974 durch die Zentralbankenchefs der<br />

G-10-Länder (USA, Kanada, Großbritannien,<br />

Frankreich, Deutschland, Italien,<br />

Belgien, die Niederlande, Schweden und<br />

Japan) gegründet mit dem Ziel, weltweit<br />

die Umsetzung von angemessenen<br />

Aufsichtsvorschriften zu fördern. Das<br />

Komitee hat keine offizielle länderübergreifenden<br />

Autoritäten, sondern erarbeitet<br />

weitreichende Aufsichtsrichtlinien<br />

und empfiehlt Best Practices. Die von<br />

ihm erarbeiteten Dokumente sind nicht<br />

rechtsverbindlich.<br />

• Die Wolfsberg Group [http://www.wolfsberg-principles.com]<br />

ist eine Vereinigung<br />

internationaler Finanzinstitute.<br />

In Kooperation mit Transparency International<br />

und Experten aus aller Welt entwickelten<br />

diese im Jahr 2000 Richtlinien<br />

für die Bekämpfung von Geldwäscheaktivitäten<br />

für internationale Privatbanken.<br />

Seit diesem Zeitpunkt hat die Vereinigung<br />

mehrere andere Richtlinien, u. a.<br />

zu den Themen Korrespondenzbanken<br />

und Finanzierung von Terrorismus, veröffentlicht.


12<br />

<br />

<br />

• Die Egmont Group of Financial Intelligence<br />

Units [http://www.egmontgroup.<br />

org] ist eine informell zusammengesetzte<br />

Arbeitsgruppe. Sie wurde 1995 durch<br />

eine Reihe nationaler Geheimdienstorganisationen<br />

gegründet. Ziel der Gruppe<br />

ist es, ein Forum für Finanzgeheimdienste<br />

(Financial Intelligence Units/<br />

FIU) bereitzustellen, um diesen mehr<br />

Unterstützung bei ihren nationalen Programmen<br />

gegen Geldwäscheaktivitäten<br />

zu geben und Protokolle für den Informationsaustausch<br />

zu entwickeln.<br />

• MONEYVAL [www.coe.int/moneyval]<br />

(ehemals PC-R-EV) ist ein Expertenausschuss,<br />

der sich mit der Evaluierung<br />

von Gegenmaßnahmen gegen die Geldwäsche<br />

beschäftigt und 1997 gegründet<br />

wurde. Er untersucht bestehende Maßnahmen<br />

gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung<br />

in Mitgliedsstaaten<br />

des Europarates (und Anwärtern, die<br />

einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt<br />

haben).<br />

• Weltbank und Internationaler Währungsfonds<br />

[www.worldbank.org bzw.<br />

www.imf.org] fordern seit dem Jahr<br />

2001, dass Länder, die Vergünstigungen<br />

aus Unterstützungsprogrammen<br />

beider Organisationen erhalten, wirksame<br />

Kontrollen zur Bekämpfung von<br />

Geldwäsche haben müssen. Weltbank<br />

und IWF haben auch dazu beigetragen,<br />

die Finanzaufsichten und die Regulierungen<br />

in diesen Ländern zu stärken.<br />

Außerdem arbeiten sie eng mit dem<br />

OECD und dem Basel Committee on<br />

Banking Supervision zusammen. In Kooperation<br />

mit der FATF haben Weltbank<br />

und IWF einen gemeinsamen Rahmen<br />

für die Durchführung umfangreicher<br />

Bewertungen geschaffen, und zwar unter<br />

Anwendung einer einzigen globalen<br />

Methodik zur Beurteilung der Einhaltung<br />

der FATF 40+8 Empfehlungen<br />

durch die einzelnen Länder.<br />

Programme zur Sicherstellung der<br />

Einhaltung der Geldwäschegesetze<br />

und -regelungen<br />

Um diese Grundsätze, Sicherungssysteme<br />

und Kontrollen zu gewährleisten, sind<br />

präventive Maßnahmen bei Institutionen<br />

und Personen, die dem Geldwäschegesetz<br />

unterliegen, ein zentrales Anliegen. Organisationsrichtlinien<br />

mit Leitsätzen zur Be-<br />

kämpfung der Geldwäsche müssen festgelegt<br />

und verbindliche Verhaltensrichtlinien<br />

für Mitarbeiter vorgegeben werden. Um<br />

dies erfolgreich durchzusetzen können Organisationsrichtlinien<br />

um Arbeitsablaufbeschreibungen<br />

für Legitimationsprüfung<br />

und Anzeigenerstattung ergänzt werden.<br />

Der risikoorientierte Ansatz im<br />

Kampf gegen die Geldwäsche<br />

Der Kampf gegen Geldwäscheaktivitäten<br />

unterliegt einem Wandel. Neue Regelungen,<br />

einschließlich der dritten EU-<br />

Richtlinie, führen dazu, dass der „Checklisten-Ansatz“<br />

nicht mehr als Best Practice<br />

gesehen wird und dass es eine starke Verlagerung<br />

weg von einem regelbasierten hin<br />

zu einem risiko-basierten Ansatz gegeben<br />

hat [Pieth 2006, S. 53 f.].<br />

Um einen solchen risiko-basierten Ansatz<br />

umsetzen zu können, ist es ganz entscheidend,<br />

dass die Institutionen <strong>Risiko</strong>einschätzungs-<br />

und -bewertungssysteme<br />

entwickeln, da der <strong>Risiko</strong>bewertungsprozess<br />

sich zu einer der wichtigsten Funktionen<br />

entwickelt hat, um die Erfüllung der<br />

Anti-Geldwäscheanforderungen zu überprüfen.<br />

Jede Institution muss auf der Basis<br />

einer Reihe von Faktoren ihre eigenen <strong>Risiko</strong>ebenen<br />

definieren, einschließlich des<br />

von ihrem Kundenstamm abhängigen <strong>Risiko</strong>s,<br />

der geografischen Ausdehnung ihres<br />

Betriebes und ihrer Geldwäscheaktivitäten,<br />

der <strong>Risiko</strong>anfälligkeit ihrer Produkte und<br />

Dienstleistungen und die Branchen, in der<br />

die Institution tätig ist.<br />

<strong>Risiko</strong>einschätzung<br />

Nach Aussage der BaFin sind die folgenden<br />

Punkte in allen <strong>Risiko</strong>einschätzungen von<br />

entscheidender Bedeutung [BaFin 2005]:<br />

• Die umfassende Bestandsaufnahme der<br />

betriebspezifischen Situation,<br />

• die Erfassung und Identifizierung der<br />

kunden-, produkt- und transaktionsbezogenen<br />

Risiken,<br />

• die Kategorisierung, d. h. Einteilung<br />

in <strong>Risiko</strong>gruppen, und ggf. zusätzliche<br />

Gewichtung, d. h. Bewertung, der identifizierten<br />

Risiken,<br />

• die Entwicklung geeigneter Parameter<br />

für die erforderlichen <strong>Research</strong>-Maßnahmen<br />

(vor allem für EDV-Systeme)<br />

aufgrund der Ergebnisse der betriebsinternen<br />

<strong>Risiko</strong>analyse sowie<br />

• die Überprüfung und Weiterentwicklung<br />

der bisher getroffenen Präventionsmaßnahmen<br />

unter Berücksichtigung der Ergebnisse<br />

der Gefährdungsanalyse.<br />

KYC/Identifizierungspflichten/<br />

Sorgfaltspflichten<br />

KYC-Verfahren sind das Herzstück aller<br />

Best-Practice-Programme. Die dritte EU-<br />

Richtlinie, die den risiko-basierten Ansatz<br />

unterstreicht, hebt auch hervor, dass es einen<br />

„einer-für-alles“ KYC-Ansatz nicht mehr<br />

gibt. Statt dessen sollte auf der Basis der <strong>Risiko</strong>einschätzung<br />

definiert werden, wie weit<br />

die KYC-Due-Diligence gehen soll.<br />

Das KYC-Prinzip beruht auf der fünften<br />

FATF-Empfehlung. Es hat diese von<br />

der reinen Feststellung der Identität eines<br />

Neukunden vertieft und zu einem prozesshaften<br />

Verfahren erweitert, bei dem die<br />

Sorgfaltspflichten nicht nur bei der Neuaufnahme<br />

eines Kunden gelten, sondern<br />

für die gesamte Dauer der Geschäftsbeziehung.<br />

Dies verpflichtet Institutionen und<br />

Personen, die dem Geldwäschegesetz unterstehen,<br />

sich ein möglichst „umfassendes<br />

und fortlaufendes Bild über den Kunden<br />

[zu] machen, insbesondere insoweit, als<br />

diese Informationen auf den Inhalt und<br />

Zweck der Geschäftsbeziehung Einfluss<br />

haben können.“ [FATF 1996, S. 375] Die<br />

Gefährdungsanalyse soll u. a. diejenigen<br />

Transaktionen identifizieren, die besondere<br />

Aufmerksamkeit verlangen. Durch ein<br />

laufendes Überwachungssystem sollen die<br />

Kunden und deren Geschäftsaktivitäten<br />

und Transaktionen in Bezug auf sogenannte<br />

„Red Flags“ regelmäßig nach ihrem <strong>Risiko</strong>-Grad<br />

überprüft werden.<br />

q<br />

Fazit


13<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Quellenverzeichnis:<br />

: Polizeiliche Kriminalstatistik 2006,<br />

Wiesbaden 2007.<br />

: Institutsinterne Implementierung<br />

angemessener <strong>Risiko</strong>managementsysteme zur Verhinderung<br />

der Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und<br />

Betrug zu Lasten der Institute gemäß §§ 25 a Abs. 1<br />

Satz 3 Nr. 6, Abs. 1a KWG, 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG<br />

– Anfertigung der institutsinternen Gefährdungsanalyse,<br />

Schreiben der BaFin 08/2005 vom 24.03.2005,<br />

Bonn 2005.<br />

: The Money<br />

Laundering Threat, in: Clark, Andrew; Burrell, Peter:<br />

A Practitioner’s Guide to International Money Laundering<br />

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Bjorn Lomborg [Hrsg.]: Solutions for the World’s Biggest<br />

Problems – Costs and Benefits, Cambridge 2007.<br />

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: Die internationale Entwicklung<br />

der Geldwäschebekämpfung, in: Herzog/Mühlhausen<br />

[Hrsg.]: Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung,<br />

Handbuch der straf- und wirtschaftsrechtlichen<br />

Regelungen, München 2006.<br />

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Vogt, Sabine (2006): Begriff, Phänomen und Erscheinungsformen<br />

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[Hrsg.]: Geldwäschebekämpfung und Gewinnabschöpfung,<br />

Handbuch der straf- und wirtschaftsrechtlichen<br />

Regelungen, München 2006.<br />

Autor:<br />

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