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WirtschaftsReport<br />
2 Juni 2010<br />
Deutschland überlebt <strong>de</strong>n Wirtschaftskonkurrenten China<br />
Planung, Stahlbau, innovative Beleuchtung und das futuristische Dach <strong>de</strong>r Arena in Durban (Südafrika) <strong>de</strong>monstrieren <strong>de</strong>utsches Knowhow.<br />
China ist, glaubt man <strong>de</strong>n Medien,<br />
auf <strong>de</strong>m Vormarsch.<br />
Jetzt wur<strong>de</strong>n sogar schon die<br />
Bälle für die Fußballweltmeisterschaft<br />
in Südafrika im Auftrag von<br />
Adidas in China hergestellt. Beim Shopping<br />
ist „Ma<strong>de</strong> in China“ allgegenwärtig<br />
– ob Bratpfanne o<strong>de</strong>r Schuhlöffel bei<br />
IKEA, Zusatzgeräte für Kenwood-Küchenmaschinen<br />
o<strong>de</strong>r Sportschuhe – China<br />
ist Bestandteil unseres Alltages. Kann<br />
das Reich <strong>de</strong>r Mitte die Riege <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n<br />
Wirtschaftsnationen anführen?<br />
Viele halten bereits heute die Frage falsch<br />
gestellt; das Land sei real auf vielen Gebieten<br />
bereits vorn und selbst Hightech-<br />
Produkte wie Hochgeschwindigkeitszüge<br />
biete China bereits auch außerhalb<br />
<strong>de</strong>r asiatischen Märkte an.<br />
Ist die Überschrift dieses Beitrages ein<br />
Wi<strong>de</strong>rspruch, wenn ganz aktuell VW riesige<br />
Investitionen über 6 Milliar<strong>de</strong>n Euro<br />
in China ankündigt, die <strong>de</strong>m Heimatstandort<br />
<strong>de</strong>s Mobilitätskonzerns, Deutschland,<br />
verloren gehen? Hat <strong>de</strong>r Standort<br />
China schon wie<strong>de</strong>r vernichtend zugeschlagen?<br />
Nun könnte man ja beruhigend<br />
sagen, dass es immerhin <strong>de</strong>utsche<br />
Investitionen sind und dass <strong>de</strong>r VW-Konzern<br />
<strong>de</strong>m neuen Projekt die Auflage mitgegeben<br />
hat, von China aus nicht zu exportieren.<br />
Immerhin sind ja zwei Drittel<br />
<strong>de</strong>r chinesischen Exporte von westlichen<br />
Firmen getrieben, die in China selbst<br />
produzieren bzw. produzieren lassen.<br />
Die Wahrheit über China liegt in <strong>de</strong>r Mitte.<br />
Ja, sie sind eine Gefahr auch für die<br />
<strong>de</strong>utsche Industrie, wenn sie weiterhin<br />
ungestraft <strong>de</strong>utsche Technologien via<br />
Technologieklau über Blaupausen „abkupfern“.<br />
Dennoch wird das Land<br />
Deutschland substanziell nicht gefähr<strong>de</strong>n<br />
können. In <strong>de</strong>r Tat ist China – siehe<br />
auch WirtschaftsReport-Letter Mai 2010<br />
unter www.zielgruppen-<strong>medien</strong>.<strong>de</strong> –<br />
noch insgesamt sehr weit zurück und<br />
muss ganz im Gegenteil befürchten, dass<br />
es innere Unruhen gibt, wenn die Zuwachsraten<br />
auch nur geringfügig zurückgehen.<br />
Die Millionenheere <strong>de</strong>r weitgehend<br />
rechtlosen Wan<strong>de</strong>rarbeiter sind<br />
ein gewaltiges Pulverfass. Wenn sich dieses<br />
entzün<strong>de</strong>t, und erste Anzeichen <strong>de</strong>uten<br />
darauf hin, kann China seinen Aufholprozess<br />
vergessen. Auch <strong>de</strong>shalb muss<br />
das Regime in Peking trotz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>monstrativ<br />
zur Schau gestellten Macht eigentlich<br />
<strong>de</strong>n ausländischen Investoren dankbar<br />
sein und noch stärker weiter darauf<br />
hoffen, dass die Nachfrage, etwa aus <strong>de</strong>n<br />
USA, nicht sinkt. Geschieht dies, vielleicht<br />
auch durch bewusste Drosselungen,<br />
hat China sofort Probleme.<br />
Aber – und auch dies ist richtig – die<br />
Kommunistische Partei und die von ihr<br />
diktierten Behör<strong>de</strong>n fühlen sich dann<br />
stark, wenn westliche Firmen in <strong>de</strong>r<br />
übertriebenen Angst, mit Aufträgen nicht<br />
bedacht zu wer<strong>de</strong>n, zu viele Vorgaben<br />
und auch Schikanen <strong>de</strong>s Regimes in Peking<br />
akzeptieren. Es wur<strong>de</strong> bereits auch<br />
in einem an<strong>de</strong>ren Beitrag dieser Son<strong>de</strong>rseiten<br />
darauf hingewiesen, dass die Metho<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Technologiediebstahls nicht<br />
akzeptierbar sind. Wenn aber <strong>de</strong>utsche<br />
Firmen einknicken und an<strong>de</strong>rerseits China<br />
die Spielregeln eines geordneten fairen<br />
Welthan<strong>de</strong>ls nicht einhalten will,<br />
dann, aber nur dann, ist tatsächlich eine<br />
Gefahr auch für <strong>de</strong>utsche Positionen auf<br />
<strong>de</strong>n Weltmärkten gegeben.<br />
Rezepte gegen Technologiediebstahl<br />
China ist nur <strong>de</strong>shalb eine „billige Werkbank“,<br />
weil die Menschen dort zu Bedingungen<br />
arbeiten, die hier auch nicht<br />
ansatzweise vorstellbar sind. Und das<br />
Land kann nur <strong>de</strong>shalb mit Nachahmungen<br />
im höherwertigen Sektor günstiger<br />
anbieten, weil die enormen Entwicklungskosten,<br />
etwa für Hochgeschwindigkeitszüge,<br />
über die Blaupausen<br />
von Siemens „beschafft“ wur<strong>de</strong>n. Es<br />
gibt aber durchaus Rezepte, um <strong>de</strong>m<br />
Technologiediebstahl zu begegnen.<br />
Schlüsselkomponenten, z.B. komplizierte<br />
elektronische Antriebssteuerungen,<br />
dürfen im Interesse <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Wettbewerbsfähigkeit<br />
nicht in China hergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n. Deutschland ist ja nach<br />
wie vor – bereinigt – mit großem Abstand<br />
Exportweltmeister, wenn man die<br />
„chinesischen“ Exporte (rechnerisch<br />
zählt dazu ganz aktuell das iPad von<br />
Apple) <strong>de</strong>r westlichen Firmen herausrechnet.<br />
Real ist in einigen Branchen und Bereichen<br />
<strong>de</strong>r westliche Vorsprung, etwa in<br />
<strong>de</strong>r forschen<strong>de</strong>n Pharmaindustrie, <strong>de</strong>rart<br />
groß, dass es noch Jahrzehnte dauert, bis<br />
China aufgeschlossen hat. Weitere Gebiete<br />
wären etwa die Messtechnik, die<br />
bildgeben<strong>de</strong> Diagnostik und vor allem<br />
Nischenprodukte, <strong>de</strong>ren Wissen in<br />
Deutschland bei familiengeführten Firmen<br />
liegt. Was nützen alle spektakulären<br />
Hochhäuser in Shanghai, wenn in <strong>de</strong>r<br />
Bauphase etwa die Firma Putzmeister<br />
mit ihren Spitzentechnologien und Spezialpumpen<br />
<strong>de</strong>n Beton nicht auf eine<br />
Höhe von etwa 500 Meter bringt? Einfache<br />
Schiffe bauen kann heute je<strong>de</strong><br />
neue chinesische Werft. Wenn es aber<br />
darauf ankommt, Reibungswi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong><br />
beim Schiffsrumpf per Windkanal zu justieren,<br />
dann ist auch hier <strong>de</strong>utsches<br />
Knowhow auch über die Antriebe gefragt.<br />
Es ist kein Zufall, dass bei Meyer<br />
in Papenburg Schiffe sozusagen als Luxusliner<br />
am „Fließband“ produziert<br />
wer<strong>de</strong>n, trotz asiatischer Konkurrenz. Es<br />
wur<strong>de</strong> einleitend beklagt, dass jetzt<br />
schon die Bälle für die Fußball-WM<br />
2010 in China produziert wur<strong>de</strong>n, aber<br />
genau für die WM hat die <strong>de</strong>utsche Wirtschaft<br />
Flagge gezeigt.<br />
Referenz für <strong>de</strong>utsches Knowhow:<br />
Stadion Durban in Südafrika<br />
Ein Beispiel dafür lässt sich vielleicht am<br />
vermutlich schönsten Stadion im südafrikanischen<br />
Durban festmachen. Mit einem<br />
futuristischen 2.700 Tonnen schweren<br />
Stahlbogen, in Höhe eines 30-stöckigen<br />
Hauses, <strong>de</strong>r ein ebenso spektakuläres<br />
Dach in Seiltechnologie trägt, ist<br />
das Stadion bereits das Wahrzeichen <strong>de</strong>r<br />
WM. Es strahlt durch 15.000 innovative<br />
Leuchtdio<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Siemens-Tochter<br />
Osram. Die Planung, <strong>de</strong>r Stahlbau und<br />
die Seiltechnik <strong>de</strong>monstriert herausragend<br />
„Ma<strong>de</strong> in Germany“. Man könnte<br />
weitere Beispiele bringen, in <strong>de</strong>nen die<br />
<strong>de</strong>utsche Wirtschaft chinesische Konkurrenz<br />
nicht fürchten muss. Dazu gehört<br />
die Beschichtungs- und Strömungstechnik,<br />
neue Materialien (aber auch<br />
Hightech-Stahl für <strong>de</strong>n Kraftwerke- o<strong>de</strong>r<br />
© www.stahl-info.<strong>de</strong><br />
U-Boot-Bau) und schlussendlich natürlich<br />
intelligente Netze, Hochspannungs-<br />
Gleichstrom-Übertragungen (HGÜ) über<br />
lange Entfernungen (z.B. für China), und<br />
natürlich Technologien für mehr Energieeffizienz.<br />
Ein Exportschlager Deutschlands<br />
wer<strong>de</strong>n wohl künftig auch Kraftwerke mit<br />
<strong>de</strong>r Abscheidung von CO 2 durch die CCS-<br />
Technik (hier spielt die Lin<strong>de</strong> AG eine wesentliche<br />
Rolle) sein.<br />
Deutscher Erfin<strong>de</strong>r- und Tüftlergeist, bei<br />
aller Anerkennung <strong>de</strong>s Fleißes und <strong>de</strong>r<br />
Tüchtigkeit junger chinesischer Ingenieure,<br />
wird wohl auch künftig für die Qualität<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Wirtschaft stehen. Sie<br />
wird, dies gilt auch für die Wirtschaft <strong>de</strong>r<br />
Schweiz, noch Jahrzehnte die Maßstäbe<br />
setzen. Die Vereinigten Staaten wer<strong>de</strong>n –<br />
um wenige Beispiele zu nennen – mit Intel,<br />
Apple, IBM, Texas Instruments, Microsoft<br />
o<strong>de</strong>r Google, die Welt <strong>de</strong>r Informatik<br />
und <strong>de</strong>s Internets weiterhin bestimmen.<br />
Resümee: Es besteht für übertriebene<br />
Zukunftsängste gegenüber China kein<br />
Grund, wenngleich man <strong>de</strong>n Ehrgeiz <strong>de</strong>s<br />
Lan<strong>de</strong>s, eine maßgebliche Rolle zu spielen,<br />
anerkennen muss. Wenn China sich<br />
partnerschaftlich in die Weltwirtschaft<br />
einfügt, wird das Land an echter Be<strong>de</strong>utung<br />
noch zulegen können.<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Das Land muss energischer<br />
gegen <strong>de</strong>n Technologiediebstahl<br />
vorgehen und unterbin<strong>de</strong>n.<br />
China – siehe<br />
Beitrag Exporte als Subunternehmer auf<br />
<strong>de</strong>r Titelseite – ist viel stärker auf <strong>de</strong>n<br />
Westen angewiesen, als man hierzulan<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>n Medien glaubt. Ohne unsere<br />
Hilfe, ohne die Exporte westlicher Firmen<br />
aus China, bricht immer noch die<br />
wirtschaftliche Struktur Chinas zusammen.<br />
Es besteht daher für westliche Firmen<br />
überhaupt keinen Grund, im Lan<strong>de</strong><br />
ängstlich um Aufträge zu buhlen. Es gibt<br />
nur einen vernünftigen Rat: Notfalls auf<br />
Aufträge verzichten, China braucht <strong>de</strong>n<br />
Westen, <strong>de</strong>r Westen nicht China.<br />
Wenn die politische Führung nicht fairer<br />
wird, müssen bestimmte strategische Innovationen<br />
<strong>de</strong>s Westens über Instrumente<br />
<strong>de</strong>r Außenhan<strong>de</strong>lsgesetze auf die<br />
Chip-Technologie von Intel.<br />
© Intel<br />
„Watch-List“ genommen wer<strong>de</strong>n, d.h.<br />
insbeson<strong>de</strong>re die USA, die EU, die<br />
Schweiz und Japan müssen ihren Firmen<br />
auferlegen, China mit ausgesuchten Technologien<br />
nicht mehr zu beliefern. Was mit<br />
<strong>de</strong>r „Watch-List“ gemeint ist, lässt sich<br />
am Beispiel <strong>de</strong>s neuen chinesischen Superrechners<br />
Nebulae skizzieren.<br />
Dieser Computer <strong>de</strong>s chinesischen Herstellers<br />
Dawning rechnet mit Intel x5650<br />
Prozessoren und 4640 Testa-Karten von<br />
Nvidia (bei<strong>de</strong> US-Firmen haben ihren<br />
Sitz in Santa Clara in Kalifornien). Ohne<br />
die Komponenten von Intel und Nvidia<br />
ist China noch lange nicht in <strong>de</strong>r Lage,<br />
eine „Computermacht für Großrechner“<br />
zu wer<strong>de</strong>n. Dieses Wissenspotenzial<br />
und die Überlegenheit in <strong>de</strong>r<br />
Schlüsseltechnologie Prozessoren <strong>de</strong>r<br />
neuesten Generation, wie sie eben Intel<br />
hat, darf <strong>de</strong>r Westen nicht preisgeben. Intel<br />
stellt daher auch ganz bewusst die<br />
neuesten Entwicklungen in seinen Chip-<br />
Fabriken in <strong>de</strong>n USA her. Da spielen in<br />
<strong>de</strong>r Tat sicherheitsstrategische und wirtschaftliche<br />
Überlegungen eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Rolle. Auch aus diesen Grün<strong>de</strong>n<br />
prüfen die Vereinigten Staaten <strong>de</strong>rzeit,<br />
ob China noch mit bestimmten innovativen<br />
Technologien beliefert wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Es ist – auch daran müssen die Verantwortlichen<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Industrie unter<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>r langfristigen<br />
Entwicklung <strong>de</strong>r Märkte <strong>de</strong>nken – im<br />
Zweifelsfalle besser, auf temporäre Verkaufschancen<br />
in China zu verzichten<br />
und dafür neue und dankbare Absatzgebiete<br />
zu entwickeln. Dazu gehört etwa<br />
<strong>de</strong>r afrikanische Kontinent, mit bereits<br />
einer Milliar<strong>de</strong> Menschen. Wir dürfen in<br />
<strong>de</strong>r westlichen Hemisphäre inklusive Japan<br />
<strong>de</strong>n Chinesen nicht <strong>de</strong>n berühmten<br />
Strick liefern …<br />
Freier Welthan<strong>de</strong>l ja, aber die Spielregeln<br />
müssen eingehalten wer<strong>de</strong>n und dies<br />
machen die Chinesen, je<strong>de</strong>nfalls <strong>de</strong>rzeit,<br />
lei<strong>de</strong>r noch nicht.<br />
Einige <strong>de</strong>utsche Firmen gehen an<strong>de</strong>re<br />
Wege in China. Sie grün<strong>de</strong>n Joint-Ventures<br />
ausschließlich für die Belieferung<br />
<strong>de</strong>s lokalen Marktes wie etwa <strong>de</strong>r Ludwigshafener<br />
Chemieriese BASF. Einige<br />
Produkte lassen sich im Übrigen auch<br />
nicht mehr in einem kostenintensiven<br />
Land wie Deutschland herstellen. Dazu<br />
gehören etwa Produkte <strong>de</strong>r Sportartikel-Konzerne<br />
Adidas und Puma. Bei<strong>de</strong><br />
Unternehmen lassen Textilien und<br />
Schuhe in China und in benachbarten<br />
Län<strong>de</strong>rn herstellen. Allerdings müssen<br />
hier soziale und ethische Prinzipien beachtet<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine kostengünstige<br />
Produktion darf nicht unter einer Vernachlässigung<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsbedingungen<br />
vonstatten gehen.