Immobilienerwerb in Frankreich - Grützmacher Gravert Viegener
Immobilienerwerb in Frankreich - Grützmacher Gravert Viegener
Immobilienerwerb in Frankreich - Grützmacher Gravert Viegener
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
<strong>Immobilienerwerb</strong> <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
von<br />
Thomas Führlbeck<br />
Rechtsanwalt / Steuerberater<br />
Lehrbeauftragter Univ. Paris III - Sorbonne Nouvelle<br />
GGV - <strong>Grützmacher</strong> <strong>Gravert</strong> <strong>Viegener</strong><br />
Avocats à la Cour - Rechtsanwälte<br />
12 rue d’Astorg F-75008 Paris<br />
Tel. : (+ 33) 1 44 51 05 71<br />
Fax : (+ 33) 1 42 66 33 68<br />
E-mail: paris@gg-v.net<br />
Stand:<br />
1. März 2004
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Vorbemerkung<br />
Diese Broschüre faßt e<strong>in</strong>en vor deutschen Investoren und Kredit<strong>in</strong>stituten<br />
bereits mehrmals gehaltenen Vortrag zusammen und br<strong>in</strong>gt dessen Inhalt auf<br />
den neuesten Stand.<br />
Der Inhalt wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. E<strong>in</strong>e Haftung für die<br />
Richtigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Daher sollte ke<strong>in</strong>e<br />
Entscheidung oder rechtliche Beurteilung nur auf die hier zusammengestellten<br />
Informationen und Angaben gestützt werden. Wir empfehlen, <strong>in</strong><br />
jedem E<strong>in</strong>zelfall zuvor den Rat Ihres rechtlichen Beraters e<strong>in</strong>zuholen.<br />
<strong>Grützmacher</strong> <strong>Gravert</strong> <strong>Viegener</strong><br />
Avocats à la Cour - Rechtsanwälte<br />
Paris, den 1. März 2004
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Inhaltsübersicht<br />
I. <strong>Immobilienerwerb</strong> <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
A. Das französische Immobilienrecht<br />
B. Hypothekenregister / Kataster<br />
C. Formvorschriften<br />
D. Prüfungshandlungen und Vorverträge<br />
E. Praxis der Vorverträge<br />
F. Besonderheiten bei der Vertragsgestaltung<br />
G. Doma<strong>in</strong>e public<br />
H. Erschließungsvorhaben<br />
I. Typische Regelungen im Verkaufsversprechen<br />
J. Notarlasten und steuerliche Aspekte<br />
II.<br />
III.<br />
IV.<br />
Vertragsabwicklung<br />
A. Formales Vorgehen<br />
B. Kaufpreiszahlung<br />
C. Kaufpreissicherung<br />
D. Gewährleistung / Nachträgliche Vertragsänderungen<br />
Mietrechtliche Aspekte<br />
A. Ausführliche gesetzliche Regelungen<br />
B. Formvorschriften bei Mietverträgen<br />
C. Höhe der Miete / Lastenverteilung<br />
D. Änderungen der Miethöhe ohne Preisgleitklausel<br />
E. Untervermietung<br />
F. Laufzeit von Mietverträgen<br />
G. Kündigung durch den Mieter während der Laufzeit<br />
H. Außerordentliche Kündigung durch den Vermieter<br />
während der Laufzeit<br />
I. Ordentliche Kündigung durch den Vermieter während<br />
der Laufzeit<br />
J. Ende der Laufzeit<br />
K. Inhalt des Anschlußmietvertrages<br />
Objektgesellschaften<br />
A. Rechtsformen von Objektgesellschaften<br />
B. Besonderheiten beim Erwerb von<br />
Objektgesellschaften<br />
C. Mehrgliedriger Kaufvertrag bei Objektgesellschaften<br />
D. Steuerliche Aspekte bei Objektgesellschaften
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
I. <strong>Immobilienerwerb</strong> <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
A. Das französische Immobilienrecht<br />
Der französische Immobilienmarkt ist heute für ausländische Investoren<br />
grundsätzlich ohne E<strong>in</strong>schränkungen geöffnet. Es bestehen ke<strong>in</strong>e an die<br />
Staatsangehörigkeit oder den Sitz des Käufers geknüpften Erwerbsbeschränkungen.<br />
Unter Umständen kann allerd<strong>in</strong>gs der <strong>Immobilienerwerb</strong> <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
steuerliche Konsequenzen haben, auch wenn aus der Immobilie ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>künfte<br />
erzielt werden. Bei Privatpersonen kann es, wenn e<strong>in</strong> Wohnsitz begründet<br />
wird, zu e<strong>in</strong>er fiktiven pauschalierten E<strong>in</strong>kommensbesteuerung auf den 3-fachen<br />
Jahrese<strong>in</strong>heitsmietwert e<strong>in</strong>er französischen Wohnung kommen. Bei Gesellschaften<br />
(auch bei Objektgesellschaften) kann e<strong>in</strong>e jährliche Besitzsteuer von<br />
3% des Verkehrswerts erhoben werden. Im Verhältnis zu Deutschland spielen<br />
diese Gesichtspunkte allerd<strong>in</strong>gs aufgrund der ausdrücklichen Regelungen im<br />
deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommen ke<strong>in</strong>e Rolle, wenn man<br />
bestimmte Formvorschriften beachtet.<br />
Das französische Zivilrecht gehört dem romanischen Rechtskreis an. Es kennt<br />
e<strong>in</strong> kodifiziertes Recht. Anders als das deutsche Recht sieht allerd<strong>in</strong>gs der<br />
französische Code Civil ke<strong>in</strong>e dem deutschen Abstraktionspr<strong>in</strong>zip entsprechende<br />
Trennung von schuldrechtlichem und d<strong>in</strong>glichem Geschäft vor.<br />
Außerdem verlangt er für den Kauf und Verkauf von Immobilien ke<strong>in</strong>e<br />
besondere Form. Das Eigentum an der betreffenden Immobilie geht von e<strong>in</strong>er<br />
Partei auf die andere über, sobald die entsprechende E<strong>in</strong>igung vorliegt.<br />
Die Beurkundung durch e<strong>in</strong>en Notar ist also nicht Voraussetzung, sondern Folge<br />
des Abschlusses e<strong>in</strong>es wirksamen Kaufvertrags. Sie ist vor allem erforderlich,<br />
um die hypothekenregisterrechtlichen Formalitäten durchzuführen, um dem<br />
Kaufvertrag auch im Verhältnis zu Dritten volle Wirksamkeit zu verleihen und<br />
nicht zuletzt, um die ordnungsgemäße Abführung der Grunderwerbsteuer und<br />
(durch entsprechende Kontrollmitteilungen) die Versteuerung von Veräußerungsgew<strong>in</strong>nen<br />
sicherzustellen.<br />
Verträge s<strong>in</strong>d also selbst dann, wenn sie Immobilien betreffen, zwischen den<br />
beteiligten Vertragsparteien auch ohne schriftliche Vere<strong>in</strong>barung gültig.<br />
Daher müssen bereits <strong>in</strong> dem <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> immer üblichen Vorvertrag (vgl.<br />
dazu die nachstehenden Abschn. D und E) nicht nur die wesentlichen, sondern<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
alle Punkte des später zu beurkundenden Kaufvertrages e<strong>in</strong>deutig und klar<br />
geregelt werden.<br />
Sehr verbreitet ist <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> die Methode, Immobilienbesitz nicht direkt,<br />
sondern über Objektgesellschaften zu halten. Dies betrifft vor allem gewerblich<br />
genutzte Immobilien, ist aber auch bei Wohngebäuden anzutreffen. Solche<br />
Gestaltungen s<strong>in</strong>d oft durch die steuerlichen Parameter aus der Vergangenheit<br />
bed<strong>in</strong>gt. So konnte man z.B. durch die Zwischenschaltung e<strong>in</strong>er Objektgesellschaft<br />
die früher sehr hohe Grunderwerbsteuerbelastung absenken oder ganz<br />
umgehen. Die Möglichkeit zur Umgehung hat der Gesetzgeber <strong>in</strong>zwischen<br />
weitgehend beseitigt. Dennoch bestehen, abhängig von den Umständen des<br />
E<strong>in</strong>zelfalls, oft steuerlich bed<strong>in</strong>gte Gründe, welche die Zwischenschaltung e<strong>in</strong>er<br />
Objektgesellschaft rechtfertigen.<br />
B. Hypothekenregister / Kataster<br />
Alle Grundstücke s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kataster erfaßt. Sie werden so bezeichnet, daß<br />
die e<strong>in</strong>zelnen Parzellen e<strong>in</strong>deutig identifiziert werden können. Die dort<br />
genannten Eigentumsverhältnisse s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nicht verb<strong>in</strong>dlich.<br />
<strong>Frankreich</strong> kennt mit Ausnahme von Elsaß-Lothr<strong>in</strong>gen ke<strong>in</strong> Grundbuch.<br />
Statt des Grundbuchs besteht e<strong>in</strong> Hypothekenregister. Dieses enthält <strong>in</strong> etwa die<br />
im deutschen Grundbuch enthaltenen Angaben. Se<strong>in</strong> Inhalt genießt allerd<strong>in</strong>gs<br />
ke<strong>in</strong>en öffentlichen Glauben.<br />
E<strong>in</strong>träge im Hypothekenregister s<strong>in</strong>d mit wenigen Ausnahmen nur aufgrund<br />
notariell beurkundeter Rechtsakte möglich.<br />
C. Formvorschriften<br />
Wie bereits ausgeführt, s<strong>in</strong>d Verträge, welche die Übertragung von Immobilien<br />
betreffen, zwischen den beteiligten Vertragsparteien grundsätzlich auch ohne<br />
schriftliche Vere<strong>in</strong>barung oder notarielle Mitwirkung gültig und b<strong>in</strong>dend. Soll<br />
die B<strong>in</strong>dungswirkung erst mit der Beurkundung e<strong>in</strong>treten, so muß dies<br />
ausdrücklich im Vertrag vere<strong>in</strong>bart werden.<br />
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Gegenüber Dritten wirken Immobilienkaufverträge jedoch erst nach E<strong>in</strong>tragung<br />
im Hypothekenregister und Bekanntmachung.<br />
Da das französische Recht ke<strong>in</strong> Abstraktionspr<strong>in</strong>zip kennt, erfolgt der<br />
Eigentumsübergang beim Abschluß des Kaufvertrages. Der Kaufvertrag kann<br />
allerd<strong>in</strong>gs dazu besondere Bestimmungen treffen. Ob e<strong>in</strong> Eigentumsvorbehalt<br />
im Kaufvertrag vere<strong>in</strong>bart werden kann, wird von den Notaren teilweise kritisch<br />
beurteilt. Er ist aber wohl wirksam.<br />
Schon vor der notariellen Beurkundung ist e<strong>in</strong>e freiwillige Registrierung e<strong>in</strong>es<br />
Vorvertrages beim zuständigen F<strong>in</strong>anzamt <strong>in</strong> bestimmten Fällen zw<strong>in</strong>gend und<br />
<strong>in</strong> allen anderen Fällen möglich. Bei e<strong>in</strong>er freiwilligen Registrierung beträgt die<br />
dann anfallende Registersteuer ca. 75 Euro. Die sofortige freiwillige Registrierung<br />
kann s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, da sie von ihrer Beweiswirkung mit der notariellen<br />
Beurkundung vergleichbar, aber kaum mit Kosten verbunden ist. Dies ist<br />
<strong>in</strong>sbesondere im Streitfall wichtig, da <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> geführten<br />
Rechtsstreit der Zeugenbeweis praktisch kaum möglich ist und der Prozeß fast<br />
wie e<strong>in</strong> Urkundsprozeß geführt wird. Die freiwillige Registrierung entb<strong>in</strong>det<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht von der Verpflichtung zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer<br />
im Anschluß an die notarielle Beurkundung.<br />
Auch wenn e<strong>in</strong>e neutrale Beratungspflicht besteht, werden <strong>in</strong> der französischen<br />
Praxis oft zwei Notare, e<strong>in</strong>er auf Seiten des Käufers und e<strong>in</strong>er auf Verkäuferseite,<br />
e<strong>in</strong>geschaltet. Dies ist allgeme<strong>in</strong> üblich und empfehlenswert. Die<br />
Gesamtkosten werden dadurch <strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen nach der Gebührenordnung<br />
für Notare abgerechnet wird, nicht erhöht, da diese dann Gebührenteilung<br />
vorsieht. Die Honorare für e<strong>in</strong>e notarielle Beurkundung hängen vom<br />
Gegenstandswert ab. Sie betragen ca. 0,85% des Kaufpreises plus Umsatzsteuer.<br />
Im allgeme<strong>in</strong>en Sprachgebrauch versteht man <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> unter der Bezeichnung<br />
“frais de notaire” oft den Gesamtbetrag der an den Notar zu zahlenden<br />
Summe, d.h. die eigentlichen Honorare zuzüglich der Steuern und Abgaben.<br />
Jedoch ist zwischen dem eigentlichen Honorar für den Notar und den vom Notar<br />
e<strong>in</strong>gezogenen, aber an den Staat abzuführenden Steuern und Abgaben zu<br />
unterscheiden. Diese Unterscheidung spielt <strong>in</strong>sbesondere dann e<strong>in</strong>e Rolle, wenn<br />
die Notargebühren gerade nicht nach der Gebührenordnung berechnet, sondern<br />
zwischen den Parteien und den Notaren ausgehandelt werden. In der Praxis<br />
kommt dies vor allem bei größeren Transaktionen <strong>in</strong> Betracht; wenn sich die<br />
Notarhonorare bei e<strong>in</strong>er Abrechnung nach der Gebührenordnung auf mehr als<br />
76.250 Euro belaufen würden, können sie frei vere<strong>in</strong>bart werden. Der M<strong>in</strong>dest-<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
satz bleibt dann weiterh<strong>in</strong> bei 76.250 Euro (vgl. zu den Erwerbsnebenkosten im<br />
e<strong>in</strong>zelnen den folgenden Abschn. K).<br />
Der eigene Notar sollte bereits vor der Unterzeichnung e<strong>in</strong>es Vorvertrages mit<br />
e<strong>in</strong>gebunden werden. Nur so kann dessen Beratungskompetenz voll genutzt<br />
werden. Zusätzliche Kosten entstehen dadurch meist nicht.<br />
E<strong>in</strong> notarieller Kaufvertrag kann von e<strong>in</strong>em Vertreter auch aufgrund e<strong>in</strong>er<br />
privatschriftlichen Vollmacht abgeschlossen werden. Diese kann z.B. auch<br />
e<strong>in</strong>em Notariatsangestellten erteilt werden. Theoretisch kann daher e<strong>in</strong><br />
<strong>Immobilienerwerb</strong> ohne physische Präsenz <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> auf dem Postweg<br />
abgewickelt werden.<br />
D. Prüfungshandlungen und Vorverträge<br />
Die Praxis der Vorverträge hat sich u.a. deswegen entwickelt, weil zwischen<br />
dem Abschluß des Vorvertrages und der notariellen Beurkundung des<br />
Hauptvertrages e<strong>in</strong> Zeitraum von mehreren Monaten vergeht. Diese Zeit<br />
benötigen die Notare, um die ihnen obliegenden Prüfungspflichten zu erfüllen.<br />
Sie müssen umfangreiche Prüfungshandlungen vornehmen, die sich auf Eigentum,<br />
Belastung, baurechtliche Genehmigungen, Vorkaufsrechte und weitere<br />
Punkte erstrecken.<br />
Will e<strong>in</strong> Verkäufer e<strong>in</strong>e Transaktion schnell abwickeln, sollte er se<strong>in</strong>en Notar<br />
schon vor Beg<strong>in</strong>n der eigentlichen Verkaufsverhandlungen mit dieser Prüfungen<br />
beauftragen. Die Zeitersparnis kann mehrere Monate betragen, wenn der<br />
Verkauf sorgfältig vorbereitet wird.<br />
Übliche Vorverträge s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiges Verkaufsversprechen (d.h. die<br />
E<strong>in</strong>räumung e<strong>in</strong>er Kaufoption), e<strong>in</strong>e gegenseitige Kauf- und Verkaufs-Option<br />
oder e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiges Kaufversprechen (d.h. die E<strong>in</strong>räumung e<strong>in</strong>er Verkaufsoption).<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
E. Praxis der Vorverträge<br />
Führer galt als Faustregel, daß die Notare im Süden <strong>Frankreich</strong>s eher die<br />
gegenseitige Option (promesse synallagmatique de vente / compromis de vente)<br />
favorisierten, während <strong>in</strong> Nordfrankreich und Paris dem e<strong>in</strong>seitigen Verkaufsversprechen<br />
(promesse unilatérale de vente) der Vorzug gegeben wurde. Heute<br />
geht die Tendenz vor allem bei größeren gewerblichen Objekten von vornhere<strong>in</strong><br />
zum gegenseitigen Vorvertrag. Dieser wird unter Beteiligung beider Notare<br />
ausgehandelt und unterzeichnet, aber zunächst noch nicht beurkundet und meist<br />
nicht registriert. Er enthält typischerweise e<strong>in</strong>e Reihe von aufschiebenden<br />
Bed<strong>in</strong>gungen. Erst wenn alle aufschiebenden Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt s<strong>in</strong>d, erfolgt<br />
die Beurkundung. Diese löst dann auch die Zahlung der Grunderwerbsteuer aus.<br />
Lokale Vermittler drängen gelegentlich auf re<strong>in</strong> privatschriftliche Vorverträge.<br />
E<strong>in</strong>em solchen Verlangen sollte man <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall nachgeben, da dies für den<br />
Erwerber ke<strong>in</strong>e wesentlichen Vorteile aufweist und im Ergebnis auch ke<strong>in</strong>e<br />
Kostene<strong>in</strong>sparung zur Folge hat.<br />
F. Besonderheiten bei der Vertragsgestaltung<br />
Gegenüber dem deutschen Recht bestehen e<strong>in</strong>e Reihe von <strong>in</strong> der Praxis<br />
bedeutsamen Abweichungen und Besonderheiten, von denen im folgenden<br />
e<strong>in</strong>ige kurz angesprochen werden:<br />
Auch <strong>Frankreich</strong> kennt den Grundsatz: “Kauf bricht nicht Miete”. Dieser gilt<br />
jedoch nur, wenn der Erwerber Kenntnis von dem Mietverhältnis hat oder dieses<br />
bei den F<strong>in</strong>anzbehörden registriert wurde. Besonderheiten bestehen bei<br />
Mietverträgen, die länger als 12 Jahre laufen.<br />
Beim Erwerb von Wohngebäuden oder gemischt freiberuflich genutzten<br />
Gebäuden gibt es besondere Verbraucherschutzbestimmungen. Dies gilt<br />
<strong>in</strong>sbesondere dann, wenn Vorauszahlungen vor Fertigstellung geleistet werden.<br />
Der Verbraucherschutz kennt bei Privatpersonen außerdem e<strong>in</strong>e 7-tägige<br />
Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften, e<strong>in</strong>e 7-tägige Widerrufsfrist bei<br />
privatschriftlichen Verträgen betreffend neue Wohngebäude und e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>monatige<br />
Frist bei der F<strong>in</strong>anzierung von Wohnraumerwerb. Abgesehen von<br />
E<strong>in</strong>zelgewerbetreibenden können <strong>in</strong>sbesondere Personengesellschaften u.U.<br />
vom Verbraucherschutz erfaßt werden.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Wird e<strong>in</strong>e Vertragsstrafe vere<strong>in</strong>bart, so unterliegt deren Höhe stets der<br />
richterlichen Überprüfung. Diese Bestimmung ist nicht abd<strong>in</strong>gbar.<br />
Die Erstattung von Kosten der Rechtsverfolgung, <strong>in</strong>sbesondere von Anwaltskosten<br />
als Schadensersatz, wird auch bei ausdrücklichen vertraglichen<br />
Regelungen von französischen Gerichten grundsätzlich nur <strong>in</strong> beschränktem<br />
Umfang zugesprochen. Dies liegt daran, daß das französische Zivilprozeßrecht<br />
ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Pflicht der unterlegenen Partei kennt, die wesentlichen Kosten<br />
des Rechtstreites zu tragen.<br />
Das Pr<strong>in</strong>zip der Miteigentumsordnung bei Teileigentum entspricht <strong>in</strong> groben<br />
Zügen dem <strong>in</strong> Deutschland bekannten Verfahren. Im Detail muß allerd<strong>in</strong>gs<br />
sorgfältig geprüft werden, da z.B. möglicherweise versteckte Nutzungs- oder<br />
Betriebsbeschränkungen vorliegen.<br />
Potestativbed<strong>in</strong>gungen, d.h. Vertragsbestimmungen, nach denen e<strong>in</strong>e Partei<br />
wesentliche Vertragsbed<strong>in</strong>gungen wie z.B. den Kaufpreis e<strong>in</strong>seitig festlegen<br />
kann, s<strong>in</strong>d im französischen Recht unwirksam.<br />
Aufschiebende Bed<strong>in</strong>gungen verschieben den Anfall der Grunderwerbsteuern<br />
bis zum E<strong>in</strong>tritt der Bed<strong>in</strong>gung. Sie s<strong>in</strong>d häufig anzutreffen.<br />
Oft f<strong>in</strong>det sich vor allem <strong>in</strong> Vorverträgen die im französischen Recht eröffnete<br />
Möglichkeit, die Rechte aus der Option durch e<strong>in</strong>seitige Erklärung auf e<strong>in</strong>e<br />
dritte Person zu übertragen (substitution). Dies kann auch im notariellen Vertrag<br />
noch vorgesehen se<strong>in</strong> und erfolgt <strong>in</strong>sbesondere bei Objektgesellschaften, wenn<br />
diese bei Vertragsschluß noch nicht gegründet s<strong>in</strong>d.<br />
Vorbehaltlich besonderer Vertragsbestimmungen erfolgt der Gefahrenübergang<br />
bei Vertragsabschluß.<br />
Die beim <strong>Immobilienerwerb</strong> anfallenden Steuern und Gebühren, d.h. die<br />
Notargebühren, die Grunderwerbsteuern und -abgaben e<strong>in</strong>schließlich der<br />
Hypothekenregistergebühren und ggf. die Vermittlerprovision trägt üblicherweise<br />
der Käufer. Dies ist jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend.<br />
Empfehlenswert ist es, die ausdrückliche Überleitung von Altforderungen, z.B.<br />
noch nicht beglichene Mietforderungen aus der Zeit vor dem Eigentumserwerb,<br />
auf den Käufer im Vertrag mit vorzusehen. Diese gehen sonst nicht mit über.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
E<strong>in</strong> besonderer Vertragstyp ist die VEFA (Vente en état futur d'achèvement).<br />
Bei e<strong>in</strong>er VEFA überträgt der Veräußerer dem Erwerber bereits im Zeitpunkt<br />
des Vertragschlusses typischerweise alle Rechte, die er an dem betroffenen<br />
Grundstück hält, sowie das Eigentum an allen darauf bereits errichteten<br />
Bauwerken. Bei den später auf dem Grundstück noch zu errichtenden Bauwerken<br />
geht das Eigentum im Zuge ihrer Errichtung nach und nach ebenfalls auf<br />
den Erwerber über.<br />
Der Erwerber schuldet die Zahlung des Kaufpreises nach Baufortschritt. Die<br />
Zahlung des Kaufpreises muß direkt an den Veräußerer des Grundstücks<br />
erfolgen. E<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>terlegung des Betrages oder dessen Zahlung an e<strong>in</strong>en<br />
Treuhänder wird <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> als nicht ausreichend angesehen.<br />
E<strong>in</strong>e VEFA ist e<strong>in</strong> Dauerschuldverhältnis. E<strong>in</strong>e Besonderheit besteht dar<strong>in</strong>, daß<br />
der Veräußerer bis zur Abnahme der Bauarbeiten die Stellung e<strong>in</strong>es Bauherren<br />
<strong>in</strong>nehat, ohne daß er Eigentümer des Grundstücks oder der darauf von ihm<br />
errichteteten Bauwerke ist.<br />
Das bestehende gesetzliche Leitbild der VEFA wird beim Erwerb von<br />
Wohnraum, soweit es Käuferschutzvorschriften enthält, als nicht abd<strong>in</strong>gbar<br />
angesehen. Bei e<strong>in</strong>er VEFA über e<strong>in</strong> gewerblich genutztes Grundstück kann<br />
demgegenüber auch zu Lasten des Erwerbers von diesem Leitbild wirksam<br />
abgewichen werden.<br />
G. Doma<strong>in</strong>e public<br />
Bei bestimmten, im Staatseigentum stehenden Grundstücken (doma<strong>in</strong>e public)<br />
ist ke<strong>in</strong> Eigentumserwerb möglich. In diesen Fällen wird üblicherweise e<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>geschränktes Nutzungsrecht (titre d’occupation de sol) oder neuerd<strong>in</strong>gs<br />
vermehrt e<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er stärkeren Rechtsposition ausgestattetes, belastbares<br />
Erbbaurecht (bail emphytéotique) gewährt.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
H. Erschließungsvorhaben<br />
Bei Erschließungsvorhaben (aménagement foncier) werden oft besondere<br />
Auflagen erteilt. Sie können hier im e<strong>in</strong>zelnen nicht dargestellt werden.<br />
Außerdem bestehen auch hier bei der Beteiligung von Endverbrauchern<br />
spezielle Verbraucherschutzbestimmungen.<br />
I. Typische Regelungen im Verkaufsversprechen<br />
E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiges Verkaufsversprechen (promesse unilatérale de vente) ist die wohl<br />
immer noch meist verbreitete Art des Vorvertrags. Es enthält typischerweise u.a.<br />
die folgenden Bestimmungen. Die meisten Klauseln f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> vergleichbarer<br />
Form auch <strong>in</strong> gegenseitigen Verträgen, auch wenn die Vertragstechnik<br />
dann e<strong>in</strong>e andere ist (aufschiebende Bed<strong>in</strong>gung statt Option etc).<br />
1. Die Option zugunsten des Käufers<br />
Diese ist üblicherweise befristet.<br />
2. Die Höhe der Anzahlung bzw. Stillhalterprämie<br />
Diese beträgt üblicherweise 10 % des Kaufpreises, bei hohen Beträgen auch<br />
weniger. Für die Zahlung werden oft Treuhandvere<strong>in</strong>barungen z.B. mit e<strong>in</strong>em<br />
der beteiligten Notare geschlossen. Vere<strong>in</strong>baren die Parteien e<strong>in</strong>e Anzahlung,<br />
so wird diese bei Ausübung der Option auf den Kaufpreis angerechnet. Wird die<br />
Option nicht ausgeübt, so verfällt die Anzahlung zugunsten des Verkäufers. Es<br />
handelt sich also wirtschaftlich um e<strong>in</strong>e Stillhalterprämie. Es besteht jedoch ke<strong>in</strong><br />
rechtlicher Zwang, e<strong>in</strong>e solche Anzahlung bzw. Stillhalterprämie zu vere<strong>in</strong>baren.<br />
Daraus folgt u.a., daß auch deren Höhe zwischen den Parteien frei<br />
vere<strong>in</strong>bart werden kann. Anders als e<strong>in</strong>e Vertragsstrafe kann sie nicht durch e<strong>in</strong><br />
Gericht abgeändert werden.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
3. Die Bekanntmachung<br />
E<strong>in</strong>e Bekanntmachung der Option im Hypothekenregister ist rechtlich nicht<br />
erforderlich. Sie ist <strong>in</strong> der Praxis auch nicht üblich, da e<strong>in</strong>e solche Bekanntmachung<br />
die Rechtsstellung des Begünstigten nicht wesentlich verstärkt. Sie<br />
kann <strong>in</strong>sbesondere nicht mit der Wirkung e<strong>in</strong>er Auflassungsvormerkung nach<br />
deutschem Recht verglichen werden.<br />
4. Die Beurkundung bzw. die steuerliche Registrierung<br />
E<strong>in</strong>e Beurkundung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>seitigen Verkaufsversprechens oder zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e<br />
steuerliche Registrierung desselben beim zuständigen F<strong>in</strong>anzamt muß, anders<br />
als der endgültige Kaufvertrag, <strong>in</strong>nerhalb von 10 Tagen nach Annahme des<br />
Versprechens (und nicht erst nach Ausübung der Option) erfolgen. Andernfalls<br />
ist die Vere<strong>in</strong>barung <strong>in</strong>sgesamt nichtig. Diese Bestimmung ist nicht abd<strong>in</strong>gbar.<br />
Die Registersteuer beträgt ca. 75 Euro.<br />
Die volle Grunderwerbsteuer fällt im Zeitpunkt der Ausübung der Option. E<strong>in</strong>e<br />
Ausnahme gilt für Transaktionen, die nicht der Grunderwerbsteuer, sondern der<br />
Umsatzsteuer unterliegen (vgl. dazu Abschn. I J).<br />
Beim privatschriftlichen Vorvertrag ist die Registrierung selten, wenngleich<br />
manchmal s<strong>in</strong>nvoll (vgl. dazu Abschn. I.C).<br />
5. Das Ausüben der Option<br />
Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen erfolgt die Ausübung der<br />
Kaufoption formlos.<br />
6. Die Laufzeit der Option<br />
Die Optionslaufzeit ist nicht gesetzlich bestimmt. Bei unbestimmter Laufzeit ist<br />
e<strong>in</strong>e Kündigung der Option durch den Versprechenden grundsätzlich möglich.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
J. Notarlasten und steuerliche Aspekte<br />
Das Honorar des Notars sowie die Grunderwerbsteuer richten sich grundsätzlich<br />
nach dem Kaufpreis. Es entstehen folgende Erwerbsnebenkosten:<br />
Notarhonorar<br />
Grunderwerbsteuer<br />
Registersteuer<br />
(taxe de publicité foncière)<br />
Vergütung des Registrators<br />
(salaire du conservateur)<br />
0,825 % des Kaufpreises;<br />
liegt das so berechnete Notarhonorar über<br />
75.000 €, so kann es frei vere<strong>in</strong>bart werden;<br />
es muß jedoch m<strong>in</strong>destens 75.000 € erreichen.<br />
Auf das Honorar fällt Umsatzsteuer<br />
an.<br />
4,89 % des Kaufpreises oder des ggf. höheren<br />
Verkehrswertes;<br />
0,615 % des Kaufpreises<br />
0,1% des Verkehrswertes<br />
Das Honorar des Notars ist unabhängig davon, ob an der Beurkundung e<strong>in</strong> oder<br />
zwei Notare beteiligt s<strong>in</strong>d. Bei Beteiligung von zwei Notaren teilen diese sich<br />
das Honorar.<br />
Beim Ersterwerb e<strong>in</strong>er Immobilie <strong>in</strong>nerhalb von 5 Jahren nach Fertigstellung der<br />
darauf bef<strong>in</strong>dlichen Gebäude fällt ke<strong>in</strong>e Grunderwerbsteuer an. In diesem Fall<br />
unterliegt der Erwerb der Umsatzsteuer i.H.v. 19,6 %. Diese kann als Vorsteuer<br />
abgezogen werden, wenn der Eigentümer der Liegenschaft im Wege e<strong>in</strong>er<br />
Option se<strong>in</strong>erseits die Mieterträge der Umsatzsteuer unterwirft.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 13
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
II.<br />
Vertragsabwicklung<br />
Die Abwicklung des Vertrages umfaßt im wesentlichen folgende Schritte:<br />
A. Formales Vorgehen<br />
Zunächst wird e<strong>in</strong> privatschriftlicher Vorvertrag geschlossen. Bereits zu diesem<br />
Zeitpunkt s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> bzw. (besser) zwei Notare beteiligt.<br />
Anschließend erfolgt die Zahlung der Anzahlung bzw. Stillhalterprämie zu<br />
treuen Händen an e<strong>in</strong>en Notar.<br />
Hiernach prüft der Notar die bauplanungsrechtliche Situation (urbanisme), die<br />
Eigentumsverhältnisse und die Belastungen. Bei den Eigentumsverhältnissen<br />
müssen, mangels Grundbuchs, die Eigentumsübertragungen <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />
mitgeprüft werden. Zw<strong>in</strong>gend ist die Prüfung der letzten 30 Jahre.<br />
Die Prüfung betrifft vor allem Grundpfandrechte (situation hypothécaire),<br />
Dienstbarkeiten (servitudes) und behördliche Genehmigungen wie Baugenehmigungen.<br />
H<strong>in</strong>zu kommen bei bestimmten Objekten Genehmigungen bzgl. der<br />
Erschließung, besondere Höhe der Gebäude, Zulässigkeit von Publikumsverkehr,<br />
Genehmigungslage von gefahrgeneigten Anlagen (z.B. Klimaanlagen<br />
bei Bürogebäuden), Legionellen, Teilungsvorgänge bei Miteigentum, Denkmalschutzauflagen,<br />
Wegerechte und anderes mehr. Oft muß e<strong>in</strong>e Insektenbefallprüfung<br />
(Termiten) vorgenommen werden. Neuerd<strong>in</strong>gs werden auch bestimmte<br />
Asbestbelastungen und die Bleibelastung der Tr<strong>in</strong>kwasserleitungen überprüft.<br />
Diese Prüfungen s<strong>in</strong>d auch dann s<strong>in</strong>nvoll, wenn sie nicht vorgeschrieben s<strong>in</strong>d.<br />
Gelegentlich scheitert trotz negativer Belastungsprüfung e<strong>in</strong> Erwerb von<br />
unbelastetem Eigentum <strong>in</strong>folge der langsamen Arbeit der Hypothekenregister,<br />
da zwischenzeitlich andere, dem Eigentum des Käufers vorangehende Rechte<br />
e<strong>in</strong>getragen werden.<br />
Für diese Fälle hat man e<strong>in</strong>e verschuldensunabhängige Haftung des Notars<br />
geschaffen, da <strong>in</strong> der Vergangenheit aufgrund der langsamen Arbeit des<br />
Hypothekenregisters der Immobilienmarkt immer mehr zum Erliegen kam. Die<br />
Käufer wollten sich immer öfter erst nach Abschluß aller Prüfungen über die<br />
Belastungen der Immobilie (z. B. durch Hypotheken) endgültig b<strong>in</strong>den. Dies hat<br />
sich durch die verschuldensunabhängige Notarhaftung erledigt.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 14
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Weiter prüft der Notar gesetzliche Vorkaufsrechte. Sie können sich <strong>in</strong>sbesondere<br />
aus e<strong>in</strong>em Flächennutzungs- und Bebauungsplan (plan d’occupation<br />
du sol POS bzw. seit e<strong>in</strong>er Gesetzesänderung im Frühjahr 2001 plan local<br />
d’urbanisme PLU), aus der Lage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Erschließungsgebiet (zone<br />
d’aménagement différé ZAD) oder e<strong>in</strong>em Schutzgebiet (zone de préemption),<br />
aus forstwirtschaftlichen Besonderheiten (SAFER) und bei Wohnraummietverträgen<br />
aus dem Mietverhältnis ergeben.<br />
Wird, was sehr häufig der Fall ist, e<strong>in</strong> gesetzliches Vorkaufsrecht festgestellt,<br />
so wird zunächst der Berechtigte benachrichtigt. Oft wird dieser auf se<strong>in</strong><br />
Vorkaufsrecht verzichten. Verzichtet der Vorkaufsberechtigte nicht, so muß er<br />
nicht zw<strong>in</strong>gend den zwischen Verkäufer und Käufer vere<strong>in</strong>barten Preis zahlen,<br />
sondern kann e<strong>in</strong> (niedrigeres) Gegenangebot unterbreiten. Erfolgt ke<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>igung, so wird der angemessene Preis gerichtlich festgelegt.<br />
Bei der Beurkundung e<strong>in</strong>es Immobilienkaufs durch e<strong>in</strong>en Notar (acte authentique)<br />
entsteht e<strong>in</strong> gesetzliches Grundpfandrecht des Verkäufers zur Sicherung<br />
des Kaufpreises.<br />
Für die F<strong>in</strong>anzierung kann die Käufer-Bank u.a. dieses Grundpfandrecht <strong>in</strong><br />
Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>em besonderen ihr selbst zustehenden Grundpfandrecht<br />
(privilège du prêteur de deniers) nutzen. Dies kann zu wesentlichen E<strong>in</strong>sparungen<br />
bei den sonst für die E<strong>in</strong>tragung e<strong>in</strong>er Hypothek <strong>in</strong> Höhe von ca.<br />
1,5 % vom Kaufpreis anfallenden Steuern und Gebühren führen. Dies setzt<br />
allerd<strong>in</strong>gs nach e<strong>in</strong>er weit verbreiteten Me<strong>in</strong>ung u.a. e<strong>in</strong>en dem französischem<br />
Recht unterliegenden Darlehensvertrag voraus. Nach den Erfordernissen der<br />
Praxis muß dieser auch <strong>in</strong> französischer Sprache gehalten werden.<br />
E<strong>in</strong> besonderer Eigentumsübertragungsakt ist nicht zw<strong>in</strong>gend, da das Abstraktionspr<strong>in</strong>zip<br />
dem französischen Recht unbekannt ist. Häufig wird zwischen<br />
den Parteien vere<strong>in</strong>bart, daß der Eigentumsübergang erst beim notariell<br />
beurkundeten Vertragsschluß erfolgt. Der Eigentumsübergang ist gegenüber<br />
Dritten <strong>in</strong> jedem Fall erst bei Erfüllung der registerrechtlichen Formalitäten<br />
(Bekanntmachung) wirksam.<br />
Der E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong>s Hypothekenregister hat grundsätzlich <strong>in</strong>nerhalb von 2 Monaten<br />
zu erfolgen.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 15
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
B. Kaufpreiszahlung<br />
Üblich ist e<strong>in</strong>e Zahlung an e<strong>in</strong>en Notar im Rahmen e<strong>in</strong>er Treuhandvere<strong>in</strong>barung.<br />
Der Kaufpreis wird regelmäßig am Tag der Beurkundung dem Veräußerer zur<br />
Verfügung gestellt und muß dazu vom Erwerber im voraus angeschafft werden.<br />
Dies erfolgt oft noch per bestätigtem Bankscheck. Bei Banküberweisungen s<strong>in</strong>d<br />
die Valuta und die Transfergebühren zu beachten. Dies betrifft auch die<br />
Entscheidung über das zum Transfer verwendete Zahlungssystem (z.B. SWIFT,<br />
TARGET, etc.). Um vollständige Rechtsmittel zu schaffen, muß der Kaufpreis<br />
über die Bücher beider Notare laufen. Viele Notare außerhalb des Großraums<br />
Paris verfügen allerd<strong>in</strong>gs ausschließlich über Postgiroverb<strong>in</strong>dungen, die mit den<br />
<strong>in</strong> Deutschland unter Geschäfts- und Teilzahlungsbanken verwendeten<br />
Systemen nicht immer kompatibel s<strong>in</strong>d. Dies kann zu entsprechenden Verzögerungen<br />
führen. Bei e<strong>in</strong>er F<strong>in</strong>anzierung durch ausländische Banken ist vorab zu<br />
klären, wer die Z<strong>in</strong>sen während des Transferzeitraums trägt. Weiter muß die<br />
beabsichtigte Valutierung mit allen Beteiligten e<strong>in</strong>schließlich der Transfer-<br />
Banken im voraus abgesprochen werden. S<strong>in</strong>d z.B. beide Notare <strong>in</strong> Paris<br />
ansässig, so kann bei guter Vorbereitung auch bei e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> Deutschland<br />
ansässigen Verkäufer und e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> Deutschland ansässigen Käufer taggleiche<br />
Valuta erreicht werden.<br />
C. Kaufpreissicherung<br />
Die Kaufpreissicherung des Veräußerers erfolgt durch e<strong>in</strong> gesetzliches Veräußererpfandrecht.<br />
Die Sicherung der f<strong>in</strong>anzierenden Bank bei fremdf<strong>in</strong>anziertem<br />
Erwerb erfolgt durch e<strong>in</strong>e Hypothek oder e<strong>in</strong> ihr zustehendes gesetzliches<br />
Grundpfandrecht (privilège) sowie durch die Abtretung des dem Verkäufer<br />
zustehenden gesetzlichen Veräußerungspfandrechts. Die Praxis, Hypotheken zur<br />
Gebührene<strong>in</strong>sparung nicht e<strong>in</strong>tragen zu lassen, ist unter Sicherungsaspekten<br />
bedenklich. Dies gilt mit Abstufungen auch für die Nicht-Registrierung von<br />
Mietabtretungen über mehr als 3 Jahre im voraus. Hier s<strong>in</strong>d andere rechtliche<br />
Gestaltungen vorzuziehen.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 16
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
D. Gewährleistung / Nachträgliche Vertragsänderungen<br />
Die Haftung des Verkäufers umfaßt <strong>in</strong>sbesondere Rechtsmängel und versteckte<br />
Sachmängel.<br />
Bei Rechtsmängeln (garantie contre l’éviction) ist der Verkäufer e<strong>in</strong>erseits<br />
verpflichtet, Störungen des Eigentums zu unterlassen (garantie du fait<br />
personnel) und muß andererseits bei Rechten, die von Dritten geltend gemacht<br />
werden und dem Verkäufer zuzurechnen s<strong>in</strong>d, Schadensersatz leisten (garantie<br />
du fait des tiers). Die E<strong>in</strong>zelheiten der Gewährleistung s<strong>in</strong>d weitgehend<br />
vertraglich gestaltbar.<br />
Bei versteckten Mängeln (vices cachés) besteht vere<strong>in</strong>facht ausgedrückt e<strong>in</strong><br />
Wahlrecht zwischen Schadensersatz und Mängelbeseitigung. Die<br />
Gewährleistung für versteckte Mängel greift nicht, wenn sowohl der Käufer als<br />
auch der Verkäufer dieselbe gewerbliche Tätigkeit auf dem Immobiliensektor<br />
ausüben. Allerd<strong>in</strong>gs haftet der Verkäufer immer bei Vorsatz und bei nicht<br />
offensichtlichen Mängeln, da se<strong>in</strong>e Kenntnis von nicht offensichtlichen Mängeln<br />
unwiderlegbar vermutet wird.<br />
Die Gewährleistung ist grundsätzlich vertraglich abd<strong>in</strong>gbar. E<strong>in</strong>e Ausnahme<br />
bildet die besonders weitgehende Haftung der gewerblichen Verkäufer. Diese<br />
ist grundsätzlich nicht abd<strong>in</strong>gbar, es sei denn, der Erwerber übt die gleiche<br />
Tätigkeit aus wie der Verkäufer. E<strong>in</strong>e weitere Ausnahme bildet der Verbraucherschutz<br />
bei Endverbrauchern.<br />
Bei Neubauten besteht e<strong>in</strong>e erweiterte Haftung des Bauträgers für die ersten<br />
zwei Jahre nach Errichtung (garantie biennale) und e<strong>in</strong>e besondere Haftung der<br />
Werkunternehmer während der ersten zehn Jahre (garantie décennale).<br />
Für umweltschutzrelevante Altlasten existiert e<strong>in</strong>e Informationspflicht, wenn auf<br />
dem Grundstück früher e<strong>in</strong> genehmigungspflichtiger gefahrgeneigter Betrieb<br />
betrieben wurde. Dies gilt jedoch nur bei Kenntnis des Verkäufers, so daß im<br />
Ergebnis der Käuferschutz für Umweltlasten <strong>in</strong>soweit h<strong>in</strong>ter der allgeme<strong>in</strong>en<br />
Gewährleistung für versteckte Mängel zurückbleibt. Hier bleibt die Rechtsprechung<br />
abzuwarten. Bei nur anmeldepflichtigen gefahrgeneigten Betrieben<br />
besteht wohl ke<strong>in</strong>e ausdrückliche Informationspflicht, so daß es hier bei der<br />
rechtlich stärkeren Gewährleistung für versteckte Mängel (vices cachés) bleibt.<br />
Wir empfehlen ggf. e<strong>in</strong>en Umweltaudit.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 17
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Ist e<strong>in</strong> nicht nach Quadratmeter spezifizierter Gesamtpreis vere<strong>in</strong>bart, so ist u.U.<br />
e<strong>in</strong>e anteilige Preiskorrektur möglich, wenn e<strong>in</strong>e Flächenabweichung von mehr<br />
als 1/20 vorliegt.<br />
Besondere Schutzvorschriften bestehen bei Übervorteilung des Verkäufers<br />
(lésion). Weicht der Kaufpreis um mehr als 7/12 vom Verkehrswert der<br />
Immobilie ab, so kann der Verkäufer Schadensersatz oder Rückgängigmachung<br />
des Kaufvertrags verlangen.<br />
III.<br />
Mietrechtliche Aspekte<br />
A. Ausführliche gesetzliche Regelungen<br />
Im folgenden werden die für die Praxis bedeutsamen Vorschriften des<br />
gewerblichen Mietrechts kurz dargestellt, während auf das Wohnraummietrecht<br />
nicht weiter e<strong>in</strong>gegangen wird.<br />
Im französischen Recht bestehen auch für gewerbliche Mietverträge und damit<br />
für Büroraummietverträge ausführliche gesetzliche Regelungen. Als vom<br />
deutschen Recht abweichend hervorzuheben ist das grundsätzliche Recht des<br />
Mieters auf Verlängerung des Mietvertrages und e<strong>in</strong>e damit e<strong>in</strong>hergehende<br />
Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten durch den Vermieter.<br />
Grund für das Bestehen dieser Regelungen ist das französische Verständnis des<br />
“fonds de commerce”. Unter “fonds de commerce” versteht man <strong>in</strong> etwa den<br />
funktionierenden, e<strong>in</strong>gerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb e<strong>in</strong>schließlich<br />
des Firmenwertes. Nach e<strong>in</strong>er zur vorletzten Jahrhundertwende <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
entwickelten Rechtsansicht entsteht alle<strong>in</strong> auf Grund der Tatsache, daß e<strong>in</strong><br />
Gewerbebetrieb <strong>in</strong> bestimmten Räumlichkeiten ausgeübt wird, und der daraus<br />
resultierenden Bekanntheit bei den <strong>in</strong>teressierten Marktkreisen, der “fonds de<br />
commerce” als besonderes immaterielles Wirtschaftsgut. Er ist an den Ort<br />
gebunden, an dem das Gewerbe ausgeübt wird. Wird der Mietvertrag gekündigt<br />
und zieht der gewerbetreibende Mieter deswegen um, so geht dieses immaterielle<br />
Wirtschaftsgut für ihn verloren. Daher wird der Vermieter als schadensersatzbzw.<br />
ausgleichspflichtig angesehen, wenn er den Verlust dieses Wirtschaftsguts<br />
zum Beispiel durch e<strong>in</strong>e Kündigung des Mietvertrages zu vertreten hat.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus hat der Vermieter nach dieser Betrachtungsweise die Möglichkeit,<br />
sich dieses immaterielle Wirtschaftsgut ungerechtfertigt selbst anzueignen.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 18
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Er könnte etwa selbst e<strong>in</strong>en Gewerbebetrieb <strong>in</strong> den betreffenden Räumlichkeiten<br />
betreiben und so von dem vom gekündigten Gewerbetreibenden geschaffenen<br />
“fonds de commerce” profitieren. Außerdem kann der Vermieter nach dieser<br />
Auffassung auch <strong>in</strong>direkt den nicht von ihm geschaffenen “fonds de commerce”<br />
ausbeuten, <strong>in</strong>dem er die Räumlichkeiten an e<strong>in</strong>en anderen Gewerbetreibenden<br />
zu e<strong>in</strong>em entsprechend höheren Preis vermietet. Dies ist nach dieser Rechtsansicht<br />
möglich, da alle<strong>in</strong> die Existenz e<strong>in</strong>es “fonds de commerce” den Mietwert<br />
der Räumlichkeiten erhöht.<br />
Nach französischer Auffassung ist der Mieter damit erpreßbar und gegenüber<br />
dem Vermieter besonders schutzbedürftig. Dieser Schutzbedürftigkeit wird<br />
<strong>in</strong>sbesondere durch die E<strong>in</strong>schränkung des Kündigungsrechts des Vermieters<br />
Rechnung getragen.<br />
Ausnahmen von den für Mietverträge geltenden, weitgehend nicht abd<strong>in</strong>gbaren<br />
Bestimmungen gelten für die jeweils erstmalige Vermietung an e<strong>in</strong>en neuen<br />
Mieter. Hier kann e<strong>in</strong> kurzfristiger Zeitmietvertrag (bail précaire) abgeschlossen<br />
werden, der e<strong>in</strong>e Laufzeit von maximal 2 Jahren aufweisen darf und damit den<br />
vorgenannten Bestimmungen nicht unterliegt. Kündigungsmöglichkeiten<br />
während der Laufzeit e<strong>in</strong>es solchen Zeitmietvertrages können weitgehend frei<br />
vere<strong>in</strong>bart oder ausgeschlossen werden.<br />
B. Formvorschriften bei Mietverträgen<br />
Grundsätzlich können Mietverträge mangels gesetzlicher Formvorschriften<br />
mündlich abgeschlossen werden.<br />
Der Vorteil e<strong>in</strong>es notariell beurkundeten Mietvertrages kann allerd<strong>in</strong>gs dar<strong>in</strong><br />
liegen, daß beurkundete Verträge nach französischem Recht sofort vollstreckbare<br />
Titel darstellen.<br />
Für e<strong>in</strong>e Kündigung, gleich ob durch den Mieter oder den Vermieter, bestehen<br />
strenge Formvorschriften.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 19
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
C. Höhe der Miete / Lastenverteilung<br />
Mangels besonderer gesetzlicher Vorschriften kann die Miethöhe bei Abschluß<br />
des ersten Mietvertrages zwischen den Parteien frei vere<strong>in</strong>bart werden.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs darf die vere<strong>in</strong>barte Miete nicht wucherisch se<strong>in</strong>.<br />
Demgegenüber besteht bei Ablauf des Mietvertrages h<strong>in</strong>sichtlich der Miethöhe<br />
des Folge-Mietvertrages e<strong>in</strong>e gesetzliche Begrenzung der Miethöhe.<br />
Die schuldrechtliche Lastenverteilung ist weitgehend frei vere<strong>in</strong>bar. Auch<br />
substantielle Arbeiten am Gebäude s<strong>in</strong>d auf den Mieter umlegbar. Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />
<strong>in</strong> diesem Fall e<strong>in</strong>e sorgfältige Formulierung der Vertragsklauseln unabd<strong>in</strong>gbar.<br />
Wenn ke<strong>in</strong>e ausdrücklichen vertraglichen Vere<strong>in</strong>barungen vorliegen, hat der<br />
Mieter die Aufwendungen <strong>in</strong> Höhe der effektiv anfallenden Kosten zu tragen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist auch e<strong>in</strong>e Pauschalierung der Nebenkosten <strong>in</strong> Höhe e<strong>in</strong>es<br />
Prozentsatzes der Hauptmiete von der Rechtsprechung als zulässig angesehen<br />
worden. Hierbei ist darauf zu achten, daß die Pauschalierung unter Berücksichtigung<br />
der vertraglich auf den Mieter abgewälzten Aufwendungen nicht überhöht<br />
se<strong>in</strong> darf.<br />
D. Änderungen der Miethöhe ohne Preisgleitklausel<br />
S<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Preisgleitklauseln im Vertrag vere<strong>in</strong>bart, so kann jede Partei nach<br />
Ablauf von drei Jahren e<strong>in</strong>e Änderung der Miethöhe entsprechend der<br />
Änderungen des nationalen Baukosten<strong>in</strong>dexes verlangen.<br />
Daneben kann die Miethöhe während der Laufzeit des Vertrages <strong>in</strong> diesem<br />
Rhythmus angepaßt werden, wenn sich der Mietwert der vermieteten Räumlichkeiten<br />
durch E<strong>in</strong>- oder Umbauten um m<strong>in</strong>destens 10 % erhöht oder verm<strong>in</strong>dert<br />
hat. Allerd<strong>in</strong>gs bildet der absolut festzustellende Mietwert der Räume e<strong>in</strong>e<br />
Obergrenze für die Erhöhung.<br />
E<strong>in</strong>e vertragliche Indexierung der Miethöhe ist gestattet und allgeme<strong>in</strong> üblich.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 20
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
E. Untervermietung<br />
E<strong>in</strong>e Untervermietung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Vermieters.<br />
Im Falle e<strong>in</strong>er entgeltlichen Untervermietung, bei der die vom Untermieter zu<br />
zahlende Miete die vom Hauptmieter zu zahlende Miete übersteigt, ist der<br />
Vermieter grundsätzlich zu entsprechenden Mieterhöhungen berechtigt.<br />
F. Laufzeit von Mietverträgen<br />
Die M<strong>in</strong>destlaufzeit e<strong>in</strong>es Mietvertrages beträgt neun Jahre. Mangels gesetzlicher<br />
Regelung können längere Laufzeiten grundsätzlich vertraglich frei<br />
vere<strong>in</strong>bart werden. Dies erfolgt <strong>in</strong> der Praxis üblicherweise für e<strong>in</strong>e durch 3<br />
teilbare Anzahl von Jahren.<br />
Beträgt die Laufzeit e<strong>in</strong>es Mietvertrages mehr als zwölf Jahre, so ist er beim<br />
Hypothekenregister zu h<strong>in</strong>terlegen und zu veröffentlichen. Auf die H<strong>in</strong>terlegung<br />
beim Hypothekenregister fällt e<strong>in</strong>e Registersteuer (Taxe de publication foncière)<br />
<strong>in</strong> Höhe von ca. 0,6 % an. Bemessungsgrundlage ist die Summe aller während<br />
der Laufzeit vertraglich vere<strong>in</strong>barten Mietzahlungen. E<strong>in</strong>e Sonderbestimmung<br />
zur Kappung der Bemessungsgrundlage besteht für Mietverträge, die mehr als<br />
20 Jahre laufen.<br />
E<strong>in</strong>e Verletzung dieser Vorschriften bee<strong>in</strong>trächtigt die Gültigkeit des Mietvertrages<br />
im Innenverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien grundsätzlich<br />
nicht. Jedoch können sich die Parteien gegenüber Dritten nicht auf den Vertrag<br />
berufen.<br />
Grundsätzlich besteht e<strong>in</strong> Recht auf e<strong>in</strong>en Anschlußvertrag (vgl. dazu die<br />
folgenden Abschnitte).<br />
G. Kündigung durch den Mieter während der Laufzeit<br />
Der Mieter kann den Mietvertrag jeweils zum Ende e<strong>in</strong>er Dreijahresperiode<br />
unter E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er sechsmonatigen Kündigungsfrist auch ohne Kündigungsgrund<br />
ordentlich kündigen.<br />
Die Kündigung muß dem Vermieter zw<strong>in</strong>gend durch e<strong>in</strong>en Gerichtsvollzieher<br />
(huissier) zugestellt werden. Diese Regelung ist vertraglich nicht abd<strong>in</strong>gbar.<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 21
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Das Kündigungsrecht des Mieters als solches während der Vertragslaufzeit ist<br />
jedoch vertraglich abd<strong>in</strong>gbar.<br />
Ansonsten ist der Mieter bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen des<br />
Vermieters aufgrund allgeme<strong>in</strong>er Rechtsgrundsätze nach fruchtloser Abmahnung<br />
jederzeit zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.<br />
H. Außerordentliche Kündigung durch den Vermieter während der<br />
Laufzeit<br />
Die Eröffnung des gerichtlichen Konkurs- und Vergleichsverfahrens (redressement<br />
judiciaire) über das Vermögen des Mieters als solche stellt <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
ke<strong>in</strong>en wichtigen Grund dar, der den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses<br />
berechtigen würde. E<strong>in</strong>e anders lautende Klausel im Mietvertrag ist<br />
nichtig.<br />
Ansonsten ist auch der Vermieter bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen<br />
des Mieters aufgrund allgeme<strong>in</strong>er Rechtsgrundsätze jederzeit nach fruchtloser<br />
Abmahnung zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.<br />
I. Ordentliche Kündigung durch den Vermieter während der Laufzeit<br />
Die ordentliche Kündigung während der Vertragslaufzeit durch den Vermieter<br />
ist ebenfalls nur unter E<strong>in</strong>haltung e<strong>in</strong>er sechsmonatigen Kündigungsfrist zum<br />
Ende e<strong>in</strong>es Dreijahreszeitraums und nur bei Vorliegen besonderer Kündigungsgründe<br />
möglich. Zusammenfassend ist als Kündigungsgrund erforderlich, daß<br />
der Vermieter das betreffende Gebäude aufstockt oder abreißt und neu errichtet.<br />
Dabei fällt die Zahlung e<strong>in</strong>er Entschädigung an den Mieter an.<br />
J. Ende der Laufzeit<br />
Grundsätzlich hat der Mieter am Ende des Mietvertrags, d.h. regelmäßig nach<br />
neun Jahren, e<strong>in</strong> Recht auf Abschluß e<strong>in</strong>es neuen Mietvertrags.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs kann der Vermieter unter E<strong>in</strong>haltung der bereits genannten Formalien<br />
(sechs Monate Kündigungsfrist, Zustellung durch Gerichtsvollzieher) den<br />
Mietvertrag zu dessen Ablauf kündigen. Dies entspricht wirtschaftlich der<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 22
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Weigerung, am Ende e<strong>in</strong>es Altmietvertrages e<strong>in</strong>en neuen Mietvertrag abzuschließen.<br />
Kündigt der Vermieter formell ordnungsgemäß zum Ende e<strong>in</strong>es Altmietvertrages,<br />
so muß der Mieter die Räume verlassen. Der Vermieter wird aber<br />
schadensersatz- bzw. ausgleichspflichtig.<br />
Das Recht auf Abschluß e<strong>in</strong>es weiteren Mietvertrages ist im Mietvertrag selbst<br />
vertraglich nicht abd<strong>in</strong>gbar. Erst zeitlich nach Abschluß des Mietvertrages kann<br />
e<strong>in</strong> Mieter wirksam auf das Recht zum Abschluß e<strong>in</strong>es neuen Mietvertrages<br />
gegenüber dem Vermieter verzichten.<br />
Der vom Vermieter zu zahlende Schadensersatz bei e<strong>in</strong>er von ihm ausgesprochenen<br />
Kündigung dient vor allem dem Ausgleich dafür, daß dem Mieter der<br />
weitere Betrieb se<strong>in</strong>es Gewerbebetriebs und damit die Nutzung des von ihm<br />
geschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts “fonds de commerce” <strong>in</strong> den<br />
vermieteten Räumen nicht mehr möglich ist. Dieser Schadensersatz entspricht<br />
grundsätzlich dem Wert des verlorenen “fonds de commerce”. Die Höhe der<br />
fälligen Ausgleichszahlung kann daher e<strong>in</strong>en Jahresumsatz des Mieters und<br />
mehr erreichen. Jedoch kann der Vermieter se<strong>in</strong>e Schadensersatzverpflichtung<br />
m<strong>in</strong>dern oder vermeiden, wenn dem Mieter nachweisbar ke<strong>in</strong> Schaden<br />
entstanden ist.<br />
K. Inhalt des Anschlußmietvertrages<br />
Der Anschlußmietvertrag unterliegt <strong>in</strong> etwa denselben Bestimmungen wie der<br />
ursprüngliche Mietvertrag. Für die Höhe der Miete des Anschlußmietvertrages<br />
ist e<strong>in</strong> Verfahren zur Begrenzung der Mietsteigerung im neuen Mietvertrag<br />
vorgesehen.<br />
IV.<br />
Objektgesellschaften<br />
A. Rechtsformen von Objektgesellschaften<br />
Als französische Objektgesellschaften kommen die folgenden Gesellschaftsformen<br />
<strong>in</strong> Betracht. Dabei ist bei allen hier genannten Gesellschaftsformen die<br />
Mitwirkung e<strong>in</strong>es Notars weder bei der Gründung noch bei der laufenden<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 23
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Verwaltung erforderlich. Dies kann jeweils privatschriftlich erfolgen. Lediglich<br />
zum <strong>Immobilienerwerb</strong> bzw. bei e<strong>in</strong>er Sache<strong>in</strong>lage der Immobilie ist e<strong>in</strong>e<br />
Beurkundung erforderlich.<br />
Vorab ist festzuhalten, daß das Recht der Kapitalgesellschaften derzeit<br />
überarbeitet wird und die entsprechenden Entwürfe zum Teil e<strong>in</strong>schneidende<br />
Änderungen vorsehen.<br />
Die Dauer der jeweiligen Gesellschaft kann, e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en Grundsatz des<br />
französischen Gesellschaftsrechts folgend, bei der Gründung auf maximal 99<br />
Jahre festgelegt werden.<br />
1. SARL / EURL Société à responsabilité limitée (GmbH)<br />
Die SARL wird als Objektgesellschaft oft mit variablem Kapital gegründet.<br />
Die Satzung enthält <strong>in</strong> weiten Teilen häufig die ohneh<strong>in</strong> zw<strong>in</strong>gend anwendbaren<br />
Bestimmungen. Nur wenige Klauseln können frei gestaltet werden. Das<br />
Stammkapital betrug früher m<strong>in</strong>destens 7.500 Euro. Heute kann theoretisch e<strong>in</strong>e<br />
GmbH ohne Kapital gegründet werden.<br />
Die SARL wird durch e<strong>in</strong>en oder mehrere Geschäftsführer vertreten. Sie haben<br />
nach außen h<strong>in</strong> zw<strong>in</strong>gend Alle<strong>in</strong>vertretungsmacht.<br />
Beschlüsse werden durch die Gesellschafter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Versammlung gefaßt.<br />
Ordentliche Beschlüsse (z.B. Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführer)<br />
werden mit e<strong>in</strong>facher Mehrheit des Kapitals gefaßt. Außerordentliche Beschlüsse<br />
(z.B. Sitzverlegung, Kapitaländerungen) erfordern die Mehrheit von<br />
drei Vierteln des Kapitals. Daher liegt bei der Rechtsform der Gesellschaft mit<br />
beschränkter Haftung die Sperrm<strong>in</strong>orität bei 25 v.H. der Anteile plus e<strong>in</strong><br />
Geschäftsanteil.<br />
2. SA - Société anonyme (AG)<br />
Bei der Aktiengesellschaft (société anonyme; S.A.) stehen zwei Organisationsformen<br />
zur Verfügung: Die klassische Aktiengesellschaft mit e<strong>in</strong>em Ver-<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 24
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
waltungsrat und die dem deutschen Recht nachgebildete Form der Aktiengesellschaft<br />
mit Vorstand und Aufsichtsrat.<br />
E<strong>in</strong>e SA muß <strong>in</strong> jedem Fall über m<strong>in</strong>destens sieben Aktionäre verfügen. Unter<br />
anderem müssen die <strong>in</strong> den Verwaltungs- oder Aufsichtsrat bestellten Personen<br />
Aktionäre mit m<strong>in</strong>destens je e<strong>in</strong>er Aktie se<strong>in</strong>. Das Grundkapital muß m<strong>in</strong>destens<br />
37.000 Euro betragen.<br />
a. Klassische SA<br />
Die klassische Aktiengesellschaft ist mit e<strong>in</strong>em Verwaltungsrat (conseil<br />
d'adm<strong>in</strong>istration) ausgestattet. Dieser besteht aus m<strong>in</strong>destens drei und höchstens<br />
zwölf Aktionären. Der Verwaltungsrat wählt aus se<strong>in</strong>er Mitte e<strong>in</strong>en Vorsitzenden,<br />
der trotz e<strong>in</strong>es abweichenden gesetzlichen Leitbildes typischerweise<br />
als Generaldirektor bestellt wird und dann die Gesellschaft auch nach außen<br />
vertritt.<br />
b. Zweigliedrige SA<br />
Die zweigliedrige Aktiengesellschaft wird durch e<strong>in</strong>en Vorstand geleitet. Er<br />
wird von e<strong>in</strong>em Aufsichtsrat überwacht. Die Vertretung nach außen erfolgt<br />
durch den Vorstandsvorsitzenden, der zw<strong>in</strong>gend Alle<strong>in</strong>vertretungsmacht hat.<br />
c. Beschlußfassung bei der SA<br />
Die Beschlüsse der Aktionäre werden bei beiden Formen der SA <strong>in</strong> Hauptversammlungen<br />
gefaßt. Die Hauptversammlung entscheidet mit e<strong>in</strong>facher Mehrheit<br />
der anwesenden oder vertretenen Stimmrechte. Satzungsänderungen bedürfen<br />
e<strong>in</strong>er Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der anwesenden oder vertretenen<br />
Stimmrechte. Damit liegt die Sperrm<strong>in</strong>orität bei e<strong>in</strong>er Aktiengesellschaft bei<br />
e<strong>in</strong>er Beteiligung von 34 v.H.<br />
In der Praxis werden auch bei SA’s, <strong>in</strong>sbesondere bei konzernangehörigen<br />
Gesellschaften, die Hauptversammlungen nicht physisch abgehalten, sondern<br />
Immobilien<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> - Rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen Seite 25
<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
nur durch entsprechende Beschlußprotokolle dargestellt. Allerd<strong>in</strong>gs ist der<br />
laufende Verwaltungsaufwand auch <strong>in</strong>soweit größer als bei der SARL.<br />
3. SAS Société par actions simplifiée (Vere<strong>in</strong>fachte AG)<br />
Die vere<strong>in</strong>fachte Aktiengesellschaft (société par actions simplifiée - SAS) kann<br />
<strong>in</strong> ihrer Organstruktur weitgehend frei gestaltet werden und bietet daher für die<br />
Besetzung der Leitungsfunktionen flexible Möglichkeiten. Das M<strong>in</strong>destkapital<br />
beträgt 37.000 Euro.<br />
Die Gesellschaft wird durch e<strong>in</strong>en Vorsitzenden (président) gegenüber Dritten<br />
vertreten.<br />
Die Hauptversammlung entscheidet mit der <strong>in</strong> der Satzung festgelegten<br />
Mehrheit.<br />
Die SAS kann seit e<strong>in</strong>er Gesetzesänderung im Sommer 1999 auch als E<strong>in</strong>manngesellschaft<br />
gegründet werden. Auch natürliche Personen können jetzt<br />
Aktionäre se<strong>in</strong>.<br />
4. SC / SCI Société Civile bzw. Société Civile Immobilière (GbR)<br />
Das französische Zivilrecht kennt im Gegensatz zur Term<strong>in</strong>ologie des<br />
französischen Steuerrechts grundsätzlich nur e<strong>in</strong>e Form der Société Civile.<br />
Diese kann privatschriftlich errichtet werden, obwohl bei bestimmten Fallkonstellationen<br />
e<strong>in</strong>e notarielle Beurkundung empfehlenswert ist.<br />
Die SC, die unter Verwendung der steuerlichen Begriffe <strong>in</strong> der Praxis oft als<br />
“SCI”bezeichnet wird, ist selbst juristische Person. Der Gesellschaftszweck muß<br />
sorgfältig def<strong>in</strong>iert werden, um zu vermeiden, daß die Tätigkeit zivil- oder<br />
steuerrechtlich als gewerblich zu qualifizieren ist.<br />
Sämtliche Anteilseigner haften gegenüber Dritten unbegrenzt. Jedoch ist die<br />
Haftung auch im Außenverhältnis ke<strong>in</strong>e gesamtschuldnerische, sondern auf die<br />
Quote der Beteiligung an der Gesellschaft beschränkt.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Die Beschlußfassung erfolgt nach dem Gesetz e<strong>in</strong>stimmig. Dieser Grundsatz ist<br />
jedoch <strong>in</strong> der Satzung abd<strong>in</strong>gbar. Die Gesellschaft kann über e<strong>in</strong> festes oder e<strong>in</strong><br />
variables Stammkapital verfügen.<br />
Die SC wird durch e<strong>in</strong>en oder mehrere Geschäftsführer vertreten.<br />
5. SNC Société en nom collectif (oHG)<br />
Diese spielt <strong>in</strong> der Praxis nur selten e<strong>in</strong>e Rolle als Objektgesellschaft.<br />
B. Besonderheiten beim Erwerb von Objektgesellschaften<br />
Für den Erwerb ist die Mitwirkung e<strong>in</strong>es Notars nicht erforderlich.<br />
Beim Erwerb der Anteile ist wie bei jeder Gesellschaftsakquisition zu<br />
empfehlen, e<strong>in</strong>e Due Diligence durchzuführen, die neben der Rechnungslegung<br />
auch die rechtliche Seite mit abdecken muß. Da Objektgesellschaften regelmäßig<br />
weder gewerblich tätig s<strong>in</strong>d, noch eigenes Personal haben, kann<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> der Praxis e<strong>in</strong> großer Teil der grundsätzlich von e<strong>in</strong>er Due<br />
Diligence erfaßten Punkte auch durch Garantieerklärungen im Kaufvertrag<br />
abgedeckt werden. Besonders problematisch aus Sicht des Käufers ist die<br />
angemessene Gewährleistung. Gegenüber e<strong>in</strong>em Direkterwerb ist die Rechtsposition<br />
des Käufers beim "share deal" fast immer schlechter.<br />
C. Mehrgliedriger Kaufvertrag bei Objektgesellschaften<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die notwendige Registrierungspflicht für Übertragungsvere<strong>in</strong>barungen<br />
von Anteilen an Immobilien-Objektgesellschaften sowie die bei<br />
bestimmten Gesellschaftsformen zusätzlich erforderliche H<strong>in</strong>terlegung beim<br />
Handelsregister und die damit verbundenen Veröffentlichungen, werden <strong>in</strong> der<br />
Praxis häufig mehrgliedrige Kaufverträge erstellt. Dabei wird e<strong>in</strong> zur Registrierung<br />
und H<strong>in</strong>terlegung bestimmter Standard-Vertrag, der gängige Klauseln<br />
enthält, um getrennte Zusatzvere<strong>in</strong>barungen erweitert.<br />
Letztere enthalten z.B. oft besondere Preiskorrekturklauseln.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Soweit die Gesellschaft durch Gesellschafterdarlehen f<strong>in</strong>anziert wird, ist parallel<br />
die Abtretung dieser Forderungen erforderlich. Dies hat nach den <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong><br />
bestehenden besonderen Formvorschriften (meist Zustellung durch Gerichtsvollzieher)<br />
zu erfolgen und wird deshalb ebenfalls mit separaten Dokumenten<br />
vorgenommen.<br />
Daneben bestehen oft separate Verträge bezüglich der von den Veräußerern<br />
gegebenen Garantien.<br />
Außerdem s<strong>in</strong>d die gesellschaftsrechtlichen Formalitäten wie Wechsel der<br />
Geschäftsführung, ggf. Satzungsänderungen im Zusammenhang mit dem<br />
Anteilseignerwechsel und oft e<strong>in</strong>e Änderung des Geschäftsjahres nicht zuletzt<br />
im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e steuerliche Konsolidierung (<strong>in</strong>tégration fiscale) getrennt<br />
zu erfassen.<br />
Hatte der Veräußerer die Immobiliengesellschaft fremdf<strong>in</strong>anziert, so s<strong>in</strong>d die<br />
Anteile <strong>in</strong> der Regel verpfändet. Die dafür notwendige Freigabeerklärung wird<br />
regelmäßig ebenfalls <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er getrennten Unterlage festgehalten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus hat der Erwerber unter Umständen e<strong>in</strong> besonderes Interesse<br />
daran, bestehende Mietverträge getrennt mit aufzuführen.<br />
Oft wird h<strong>in</strong>sichtlich der französischen Umsatzsteuer besonders vere<strong>in</strong>bart,<br />
welche Partei bei e<strong>in</strong>er Betriebsprüfung das Risiko e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>stufung des<br />
Verkäufers als kaufmännisch tätigen Grundstückshändler und somit die mit der<br />
auf die Händlermarge anfallenden Umsatzteuer (TVA) verbundenen Steuerrisiken<br />
trägt.<br />
D. Steuerliche Aspekte bei Objektgesellschaften<br />
Steuerlich ist die Objektgesellschaft bezüglich der Grunderwerbsteuern dem<br />
Direkterwerb weitgehend gleichgestellt.<br />
Die Besteuerung der laufenden Erträge ist im E<strong>in</strong>zelfall zu prüfen.<br />
Um die steuerliche Abzugsfähigkeit der F<strong>in</strong>anzierungsz<strong>in</strong>sen für den Erwerb<br />
e<strong>in</strong>er Objektgesellschaft <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong> zu ermöglichen, wird häufig e<strong>in</strong>e Hold<strong>in</strong>g<br />
zwischengeschaltet. Diese wird durch Banken- oder durch Gesellschafterdarlehen<br />
f<strong>in</strong>anziert. Daraufh<strong>in</strong> vere<strong>in</strong>bart die Hold<strong>in</strong>g mit der Immobiliengesellschaft<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
i.d.R. e<strong>in</strong>e steuerliche Konsolidierung (<strong>in</strong>tégration fiscale). Dies ist grundsätzlich<br />
möglich, wenn sich die Beteiligung auf m<strong>in</strong>destens 95% beläuft, die<br />
Geschäftsjahre gleichlaufend s<strong>in</strong>d und die Verpflichtung übernommen wird, die<br />
Konsolidierung für 5 Jahre aufrechtzuerhalten.<br />
Bei Errichtung e<strong>in</strong>er Immobilie kann über die Objektgesellschaft unter<br />
Umständen e<strong>in</strong>e wesentlich schnellere Vorsteuervergütung erreicht werden.<br />
Die Objektgesellschaft erlaubt u.U. die Verlagerung von Veräußerungsgew<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong>s Ausland.<br />
_______________________________________________<br />
Der Inhalt dieser Schrift wurde sorgfältig zusammengestellt.<br />
E<strong>in</strong>e Haftung für die Richtigkeit kann jedoch nicht übernommen werden.<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Anlage :<br />
Beispielhafte Übersicht über den Aufbau e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>seitigen<br />
Kaufversprechens (promesse unilatérale de vente)<br />
• Bezeichnung der Immobilie<br />
• Früherer Eigentumserwerb (m<strong>in</strong>d. 30 Jahre)<br />
• Dauer der Option<br />
• Verpflichtungen des Stillhaltverkäufers<br />
• Form und Umstände der Optionsausübung<br />
• Übergang von Nutzen und Lasten<br />
• Verweis auf zukünftige notarielle Beurkundung<br />
• Kaufpreis<br />
• Inhalt des zukünftigen Kaufvertrags im e<strong>in</strong>zelnen<br />
• Darlehensklausel bei Wohnräumen (Verbraucherschutz)<br />
• Anzahlung / Stillhalterprämie<br />
• Treuhandvere<strong>in</strong>barung bezüglich der Anzahlung /<br />
Stillhalterprämie<br />
• Abtretungsrechte des Begünstigten aus der Option<br />
• E<strong>in</strong>trittsklausel betreffend dritte Parteien (substitution)<br />
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• aufschiebende Bed<strong>in</strong>gungen:<br />
- Lastenfreiheit<br />
- baurechtliche / bauplanungsrechtliche Lage, Dienstbarkeiten,<br />
Gefahrenpunkte<br />
- ke<strong>in</strong>e privatrechtliche Dienstbarkeit<br />
- kommunales Vorkaufsrecht<br />
- F<strong>in</strong>anzierung<br />
• Vollmacht bezüglich der Registrierung<br />
• Verteilung der Gebühren zwischen den Parteien<br />
• Zustelladressen<br />
• Verfügungsmacht und Geschäftsfähigkeit der Parteien<br />
• Erstellung <strong>in</strong> ... Orig<strong>in</strong>alen (m<strong>in</strong>destens 3)<br />
• Unterschriften<br />
• Paraphierung jeder Seite des Vertrages<br />
• Paraphierung handschriftlicher Änderungen<br />
• H<strong>in</strong>weis auf Registrierungspflicht<br />
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<strong>Grützmacher</strong> / <strong>Gravert</strong> / <strong>Viegener</strong><br />
Autor<br />
Thomas Führlbeck<br />
GGV <strong>Grützmacher</strong> <strong>Gravert</strong> <strong>Viegener</strong><br />
12, rue d’Astorg<br />
F-75008 Paris<br />
Tel. + 33 1 44 51 05 71<br />
Fax + 33 1 44 51 70 18<br />
E-mail: paris@gg-v.net<br />
Lebenslauf<br />
Thomas Führlbeck, geboren 1959, wurde nach Banklehre und Studium 1989 als<br />
Rechtsanwalt und 1992 als Steuerberater zugelassen. Er war zunächst für e<strong>in</strong>e<br />
der großen Prüfungsgesellschaften <strong>in</strong> Frankfurt tätig.<br />
Dort beriet er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie große Banken, Kapitalanlagegesellschaften und<br />
F<strong>in</strong>anzdienstleister. Daneben spezialisierte er sich im <strong>in</strong>ternationalen Steuerrecht.<br />
1992/93 wechselte er endgültig nach Paris.<br />
Heute ist er Partner der deutsch-französischen Sozietät <strong>Grützmacher</strong> <strong>Gravert</strong><br />
<strong>Viegener</strong> mit Standorten <strong>in</strong> Frankfurt, Hamburg, Leipzig und Paris. Deren<br />
Pariser Büro betreut seit 30 Jahren deutsche Investoren <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong>. Herr<br />
Führlbeck begleitet <strong>in</strong>sbesondere deutschsprachige Investoren und Unternehmen<br />
bei ihren Aktivitäten und Niederlassungen <strong>in</strong> <strong>Frankreich</strong>. Daneben berät er<br />
deutsche Kredit<strong>in</strong>stitute <strong>in</strong> Bezug auf die entsprechenden F<strong>in</strong>anzierungen. Se<strong>in</strong>e<br />
persönlichen Schwerpunkte liegen im Akquisitions- und Immobilienbereich und<br />
dem damit verbundenen Steuerrecht. Ziel der Beratung ist es, das französische<br />
Recht <strong>in</strong> die deutsche Sprache und die deutsche Begriffswelt verständlich<br />
umzusetzen.<br />
Herr Führlbeck ist seit 1995 Lehrbeauftragter an der Universität PARIS III -<br />
Sorbonne Nouvelle.<br />
Er lebt und arbeitet <strong>in</strong> französischer, deutscher und englischer Sprache.<br />
______________________<br />
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