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Frequenzabhängige Impedanz im versorgenden Stromnetz

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Elektromagnetische Verträglichkeit<br />

<strong>Frequenzabhängige</strong> <strong>Impedanz</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>versorgenden</strong> <strong>Stromnetz</strong><br />

Bei der Abnahme einer neu ausgeführten Bus-Installation wurden<br />

unübliche Störungen festgestellt: das Einschalten des Lichts<br />

führte zur kompletten Blockade des Busses. Anhand von Versuchen<br />

konnte <strong>im</strong> <strong>versorgenden</strong> <strong>Stromnetz</strong> ein unerwarteter Resonanzeffekt<br />

<strong>im</strong> Langwellenbereich nachgewiesen werden, der vor<br />

allem be<strong>im</strong> Betrieb getakteter Stromversorgungen durch kapazitive<br />

Kopplung das Bussystem beeinträchtigen kann. Der Effekt<br />

entsteht bei Verwendung von Versorgungskabeln unterschiedlicher<br />

Bauart, wie sie in modernen Installationen überall anzutreffen<br />

sind.<br />

Im Rahmen der Renovation eines Geschäftsgebäudekomplexes<br />

wurde unter<br />

anderem die Erschliessung einer Büroetage<br />

mit einer neuen LON-Bus-Installation<br />

1) vorgenommen, wobei neben den<br />

Adrian E. Weitnauer<br />

üblichen Beleuchtungskörpern zusätzlich<br />

vier Leuchtenkombinationen aus Fluoreszenz-<br />

und Kleinspannungshalogenlampen<br />

eingebaut wurden.<br />

Das Einschalten mindestens einer dieser<br />

Leuchtenkombinationen blockierte<br />

den LON-Bus reproduzierbar, was die<br />

Entscheidung nahe legte, die fraglichen<br />

Leuchten einfach zu entfernen. Eine<br />

Nachprüfung ergab jedoch, dass die<br />

Leuchten die EMV-Normen nur geringfügig<br />

verletzten; somit hätte eigentlich<br />

die abgegebene Leistung nicht ausreichen<br />

dürfen, um ein Problem in dieser Grössenordnung<br />

zu verursachen.<br />

Im Rahmen von Messungen und Versuchen<br />

vor Ort und <strong>im</strong> Labor wurde der<br />

Effekt genauer untersucht und wurden<br />

Möglichkeiten zu seiner Beseitigung aufgezeigt.<br />

Bild 1 Ersatzschaltbild für die Störungseinkopplung<br />

EVG: elektronisches Vorschaltgerät<br />

tieren muss, das durch eingekoppelte<br />

Energie <strong>im</strong> richtigen Frequenzbereich in<br />

Resonanz gebracht werden kann. Da die<br />

Leuchten weit vom Buskabel entfernt<br />

sind, wurde das in Bild 1 dargestellte Ersatzschaltbild<br />

zur Störungseinkopplung<br />

verwendet.<br />

Geht man davon aus, dass das aus Vorschaltgerät<br />

und Leuchte bestehende System<br />

die Störenergie erzeugt, muss diese<br />

zwischen der Parallelschaltung aus Polund<br />

Neutralleiter und dem Schutzleiter<br />

ins <strong>Stromnetz</strong> eingespeist werden. Damit<br />

die entstehenden Spannungen in vertretbarem<br />

Rahmen bleiben, muss dort eine<br />

möglichst kleine <strong>Impedanz</strong> vorliegen.<br />

Die Störspannung wird auf kapazitivem<br />

Wege auf den Bus weitergeleitet. Die einseitige<br />

Erdung des Schirms vermag die<br />

Kopplung nicht zu verhindern, weil zwischen<br />

dem Erdpunkt und dem Kopplungspunkt<br />

einige Dutzend Meter liegen<br />

und <strong>im</strong>mer leichte Unsymmetrien vorhanden<br />

sind. Eine induktive Störfeldeinkopplung<br />

kann ausser Acht gelassen werden,<br />

da die wirksamen Induktivitäten in<br />

diesem Frequenzbereich bereits eine<br />

hohe <strong>Impedanz</strong> aufweisen.<br />

Diese Erkenntnis legte den Schluss<br />

nahe, dass das <strong>Stromnetz</strong> oder vielmehr<br />

dessen frequenzabhängige Quell<strong>im</strong>pedanz<br />

den Effekt mit verursachte.<br />

Verfahren zur Best<strong>im</strong>mung<br />

der Quell<strong>im</strong>pedanz des<br />

<strong>Stromnetz</strong>es<br />

Da das Messverfahren zur Best<strong>im</strong>mung<br />

der frequenzabhängigen Quell<strong>im</strong>pedanz<br />

des <strong>Stromnetz</strong>es auch bei in Betrieb<br />

stehenden Versorgungssträngen mit<br />

frei durchst<strong>im</strong>mbarer Messfrequenz<br />

funktionieren muss, scheiden herkömmliche<br />

Komponententester 2) aus.<br />

Deshalb wurde für die Prüfung ein<br />

Verfahren nach dem Prinzip der Vektorvoltmeter-Methode<br />

3) angewendet, welches<br />

die komplexe <strong>Impedanz</strong> bei einer<br />

beliebigen Frequenz zu best<strong>im</strong>men vermag<br />

und ihren Betrag jeweils grafisch<br />

darstellt.<br />

Ein Funktionsgenerator liefert ein Sinussignal<br />

mit einstellbarer Frequenz und<br />

Amplitude über eine Koppelbrücke an<br />

die unbekannte komplexe <strong>Impedanz</strong> Z X,<br />

(<strong>Stromnetz</strong>) und die bekannte reelle <strong>Impedanz</strong><br />

Z 0 . Die entsprechenden Spannungen<br />

Y X und Y 0 werden durch ein computergesteuertes<br />

Oszilloskop erfasst und<br />

durch eine speziell für diesen Zweck entwickelte<br />

Software analytisch ausgewertet<br />

(Bild 2).<br />

DSO<br />

Modell der Störungseinkopplung<br />

Aus den ersten Messungen konnte geschlossen<br />

werden, dass <strong>im</strong> Gebäudekomplex<br />

ein schwingfähiges System exis-<br />

Signalanalyse<br />

Bild 2 Messanordnung zur Best<strong>im</strong>mung der frequenzabhängigen<br />

Quell<strong>im</strong>pedanz des <strong>Stromnetz</strong>es<br />

Z 0 : Referenz<strong>im</strong>pedanz; Z X : Quell<strong>im</strong>pedanz des <strong>Stromnetz</strong>es;<br />

Y 1 : Spannung über Z 0 ; Y 2 : Spannung über Z X ;<br />

DSO: digitales Speicheroszilloskop<br />

36<br />

Bulletin SEV/AES 23/02


Praxisbericht<br />

Quell<strong>im</strong>pedanzmessungen<br />

<strong>im</strong> Gebäude<br />

Das versuchsweise Einspeisen von geringen<br />

Störenergien zeigte recht bald,<br />

dass tatsächlich Überhöhungen der<br />

Quell<strong>im</strong>pedanz durch Resonanzeffekte<br />

<strong>im</strong> <strong>Stromnetz</strong> vorhanden sein müssen.<br />

Daraufhin wurde an einigen Punkten der<br />

Etage die Quell<strong>im</strong>pedanz über den gesamten<br />

interessierenden Frequenzbereich<br />

zwischen 100kHz und 1,5MHz best<strong>im</strong>mt<br />

(Bild 3).<br />

Mit einer ersten Messung wurde der<br />

<strong>Impedanz</strong>verlauf nahe der Hauptverteilung<br />

ermittelt. Diese ist völlig unproblematisch:<br />

ihre <strong>Impedanz</strong>en liegen <strong>im</strong> ganzen<br />

Messbereich unterhalb von 10 Ω<br />

(Kurve a in Bild 3).<br />

Rund 40 m von der Hauptverteilung<br />

entfernt konnten jedoch <strong>Impedanz</strong>en zwischen<br />

Neutral- und Schutzleiter <strong>im</strong> Langwellenbereich<br />

bei etwa 360 kHz gemessen<br />

werden (Kurve b in Bild 3). Diese<br />

müssten sich auch zwischen Pol- und<br />

Neutralleiter zeigen; allerdings steht das<br />

Gebäude in Vollbetrieb und weist entsprechend<br />

viele Lasten auf, welche den<br />

<strong>Impedanz</strong>verlauf selbst bei hohen Frequenzen<br />

bereits stark beeinflussen.<br />

Auch an einer anderen Stelle in der<br />

Etage lässt sich zwischen Neutral- und<br />

Schutzleiter eine Resonanz <strong>im</strong> unteren<br />

Langwellenbereich ermitteln, diesmal<br />

liegt diese bei 280 kHz deutlich nahe bei<br />

einer Oberwelle, die die Leuchten aussenden<br />

(Kurve c in Bild 3).<br />

Bild 3 Quell<strong>im</strong>pedanz in Abhängigkeit der Frequenz<br />

a: Messort «Hauptverteilung», Neutralleiter gegen Erde; b: Messort «Empfang», Neutralleiter gegen Erde;<br />

c: Messort «Garderobe», Neutralleiter gegen Erde<br />

Immunitätsprüfungen<br />

Um die Störung auf dem Bus nachträglich<br />

zu reproduzieren, wurde eine Messreihe<br />

mit direkter Störeinkopplung ins<br />

<strong>Stromnetz</strong> bei Resonanzfrequenz durchgeführt.<br />

Dabei wurde an einem ersten<br />

Punkt zwischen Neutral- und Schutzleiter<br />

über eine Ankopplung hochfrequente<br />

Störenergie eingekoppelt. Der Messort<br />

war rund 40 m entfernt und wurde zudem<br />

durch einen getrennten Starkstromstrang<br />

versorgt. Trotzdem liess sich die Störung<br />

über diese verhältnismässig grosse Distanz<br />

sowohl auf dem Bus als auch auf<br />

dem <strong>Stromnetz</strong> nachweisen (Bild 4).<br />

Zur Signalaufbereitung wurde ein<br />

Funktionsgenerator mit nachgeschaltetem<br />

Linearverstärker verwendet. Interessant<br />

ist der strenge Zusammenhang zwischen<br />

den be<strong>im</strong> Messort gemessenen<br />

Spannungen einerseits auf dem Bus und<br />

andererseits zwischen Neutral- und<br />

Schutzleiter (Erde). Aus Bild 4 ist ersichtlich,<br />

dass die Störspannung auf<br />

dem Bus rund ein Drittel der Spannung<br />

zwischen Neutral- und Schutzleiter beträgt,<br />

was auf eine starke Kopplung hinweist.<br />

Es zeigt sich, dass der Bus reproduzierbar<br />

gestört werden kann, wenn in das<br />

<strong>Stromnetz</strong> Störenergie bei Resonanzfrequenz<br />

eingespeist wird. Am Ort der Einkopplung<br />

wurde eine <strong>Impedanz</strong> bei Resonanz<br />

ebenfalls von weit über 100 Ω gemessen.<br />

Daher treten schon bei geringen<br />

Leistungen Störeffekte auf.<br />

Laborversuche: Übersicht<br />

Die ungewöhnlichen <strong>Impedanz</strong>verläufe<br />

mussten unter Laborbedingungen<br />

nachprüfbar sein. Dazu wurde ein zu den<br />

Bild 4 Direkte Störeinkopplung ins <strong>Stromnetz</strong> bei Resonanzfrequenz<br />

V pp : Voltage Peak to Peak (Spitzenspannung)<br />

<strong>im</strong> untersuchten Stockwerk installierten<br />

Versorgungssträngen identischer Kabelstrang<br />

konstruiert. Jeder Strang besteht<br />

dabei aus einem Rundkabel zur Einspeisung<br />

und einem Flachkabel zur Erschliessung<br />

der Dosen <strong>im</strong> Hohlboden. Die Einspeisung<br />

erfolgt bei den Flachkabelsträngen<br />

jeweils an einem Ende; <strong>im</strong> Gegensatz<br />

dazu gibt es Stockwerke, in denen die<br />

Einspeisung in der Mitte erfolgt, wobei<br />

dort allerdings keine wesentlich anderen<br />

<strong>Impedanz</strong>verläufe ermittelt wurden.<br />

Für die Laborversuche wurden ein<br />

Rundkabel sowie ein Flachkabel (beide<br />

33 m) samt den üblichen Systemklemmen<br />

verwendet, die – wo gestrecktes<br />

Bulletin SEV/VSE 23/02 37


Elektromagnetische Verträglichkeit<br />

Mit den weiter unten erläuterten Messreihen<br />

zur Reproduktion des Effekts in<br />

anderen Stockwerken <strong>im</strong> selben Gebäude<br />

wird diese Laborhypothese auch bei<br />

praktisch ausgeführten Installationen<br />

nachgewiesen.<br />

Laborversuche auf Blechplatte<br />

Für die Messungen wurde eine Blechplatte<br />

von 10 m ×5 m verwendet.<br />

Bild 5 Modellierung der Stromquelle<br />

a: nur Flachkabel; b: nur Rundkabel; c: Kabelkombination von Flachkabel und Rundkabel; MP 1 : Messpunkt 1;<br />

MP 2 : Messpunkt 2<br />

Auslegen nicht möglich war – ohne Bildung<br />

geschlossener Schleifen grossflächig<br />

ausgelegt wurden. Damit eine Abschätzung<br />

der Unterschiede bezüglich der<br />

Umgebungsbedingungen möglich war,<br />

wurden alle Versuche auf trockenem Asphalt<br />

– zur Modellierung eines schwach<br />

leitfähigen, nicht metallischen Untergrundes<br />

– sowie auf einer grossflächigen<br />

Blechplatte – zur Modellierung einer leitfähigen<br />

ferromagnetischen Umgebung<br />

zur Nachbildung der Armierung und der<br />

Deckenbleche – durchgeführt. Die Modellierung<br />

der Stromquelle (Hauptverteilung,<br />

ideale Spannungsquelle mit 0 Volt<br />

Quellenspannung) am Ende des Kabels<br />

ist ein einfacher Kurzschluss aller fünf<br />

Leiter (Bild 5).<br />

Laborversuche auf trockenem Asphalt<br />

Die nachfolgend beschriebenen Messungen<br />

wurden jeweils am Ende des Kabels<br />

bei kurzgeschlossenem Eingang<br />

durchgeführt.<br />

weisen einen breiteren Bereich hoher <strong>Impedanz</strong><br />

auf (Kurven c und d in Bild 6).<br />

Messungen an der Kombination<br />

von Rundkabel und Flachkabel<br />

Diese Versuchsreihe bei einem unbelasteten<br />

Kabelstrang zeigt deutliche Unterschiede<br />

zwischen den einzelnen Beschaltungsarten<br />

(Bild 7). Die bei allen<br />

Beschaltungsarten auftretende ausgeprägte<br />

Resonanzstelle bei 550 kHz weist<br />

allerdings jeweils eine deutlich erkennbare<br />

unterschiedliche Güte 4) auf.<br />

Selbst direkt an der Koppelstelle (MP 1 in<br />

Bild 5c) lässt sich diese Resonanzstelle<br />

<strong>im</strong> oberen Langwellenbereich nachweisen,<br />

wenn auch mit deutlich niedrigerer<br />

<strong>Impedanz</strong>.<br />

Der in Bild 7 dargestellte Effekt zeigt<br />

sich, sobald Kabelstränge verschiedener<br />

Bauart miteinander gekoppelt werden.<br />

Messungen an der Kombination von<br />

Rundkabel und Flachkabel<br />

Auf der Blechplatte zeigt die Kabelkombination<br />

zwei Resonanzstellen bei<br />

540 kHz und bei 750 kHz, die beide<br />

<strong>im</strong> unteren Mittelwellenbereich liegen<br />

(Kurve a in Bild 8).<br />

Der Vergleich zu den Messreihen auf<br />

dem trockenen Asphalt zeigt deutliche<br />

Unterschiede bei den Frequenzen <strong>im</strong><br />

Mittelwellenbereich und höher. Aber die<br />

bereits vorher gemessene erste Resonanzstelle<br />

bei etwa 550 kHz tritt ebenfalls<br />

deutlich hervor. Sie scheint unabhängig<br />

von der Umgebung zu sein.<br />

Messung am ungeerdeten Flachkabel<br />

Auf der Blechplatte ändert sich be<strong>im</strong><br />

Flachkabel (Kurve b in Bild 8) nur die<br />

Lage der Resonanzstelle geringfügig<br />

gegenüber der Messreihe auf trockenem<br />

Asphalt (Kurve d in Bild 6).<br />

Reproduktionsversuche <strong>im</strong><br />

Gebäude<br />

Diese letzte Messreihe dient der Reproduktion<br />

des eingangs erwähnten Ef-<br />

Messung am Rundkabel<br />

Be<strong>im</strong> Rundkabel zeigen sich keine wesentlichen<br />

Unterschiede zwischen den<br />

verschiedenen Leitern. Die Resonanzfrequenzen<br />

liegen bei 1,2 MHz und – weniger<br />

ausgeprägt – bei 1,45 MHz (Kurven a<br />

und b in Bild 6). Dieses Verhalten liegt<br />

darin begründet, dass das Kabel rotationssymmetrisch<br />

aufgebaut ist; dies <strong>im</strong><br />

Gegensatz zum Flachkabel, dessen Leiter<br />

verschiedene, aber genau definierte Abstände<br />

aufweisen.<br />

Messung am Flachkabel<br />

(Phase gegen Erde)<br />

Wird das Flachkabel allein verwendet,<br />

sind die Unterschiede deutlich ausgeprägt.<br />

Die weiter auseinander liegenden<br />

Leiter (Phasenleiter und Erdleiter) zeigen<br />

zwei recht scharfe Resonanzen bei<br />

900 kHz und bei 1300 kHz. Die benachbarten<br />

Leiter (Neutralleiter und Erdleiter)<br />

Bild 6 Quell<strong>im</strong>pedanz für Rund- und Flachkabel: trockener Asphalt<br />

a: Rundkabel mit Phase gegen Erde; b: Rundkabel mit Neutralleiter gegen Erde; c: Flachkabel mit Phase gegen<br />

Erde; d: Flachkabel mit Neutralleiter gegen Erde<br />

38<br />

Bulletin SEV/AES 23/02


Praxisbericht<br />

Bild 7 Quell<strong>im</strong>pedanz für Kombination von Rund- und Flachkabel: trockener Asphalt<br />

a: Neutralleiter gegen Erde, Messung bei MP 1 ; b: Neutralleiter gegen Erde, Messung bei MP 2 ; c: Phase gegen<br />

Erde, Messung bei MP 1 ; d: Phase gegen Erde, Messung bei MP 2<br />

fektes in anderen Stockwerken mit zum<br />

Teil anderen Bussystemen. Dieser Effekt<br />

lässt sich <strong>im</strong>mer dann nachweisen, wenn<br />

die wirksame Kabellänge mehrere Meter<br />

beträgt und zwei verschiedene Kabeltypen<br />

(z.B. Rund- und Flachkabel) miteinander<br />

gekoppelt sind.<br />

Falls Resonanzfrequenzen festgestellt<br />

werden können, liegen diese <strong>im</strong>mer <strong>im</strong><br />

Bereich der Langwelle oder unteren<br />

Mittelwelle. Dann lässt sich jedes Bussystem<br />

durch Einspeisung genügend<br />

hoher Störenergie reproduzierbar beeinträchtigen.<br />

Die dazu notwendige Störleistung<br />

betrug in jedem Fall weniger als ein<br />

Watt.<br />

Bild 9 zeigt die gegenseitige Abhängigkeit<br />

von Quell<strong>im</strong>pedanz und Einkopplung<br />

in das Buskabel bei konstanter Störspannung.<br />

Die Versuchsergebnisse stützen<br />

die Hypothese erneut: nur bei kurzen<br />

Kabelsträngen, wo die <strong>Impedanz</strong>überhöhungen<br />

noch nicht sehr deutlich ausgeprägt<br />

sind, liegt die Einkopplung in<br />

einem vertretbaren Rahmen.<br />

Ergebnisse und Diskussion<br />

Reproduzierbarkeit des Effektes<br />

Weitere Messungen bestätigten die<br />

Vermutung, dass die Störung von der <strong>Impedanz</strong><br />

des <strong>Stromnetz</strong>es abhängt. Die Resonanzen<br />

– jedes Kabel zeigt ein best<strong>im</strong>mtes<br />

Resonanzverhalten, das unter<br />

anderem von der Länge und der Verlegeart<br />

abhängt – sind üblicherweise <strong>im</strong><br />

Grenzwellenbereich, also <strong>im</strong> Bereich von<br />

1 bis 2 MHz, festzustellen. Werden Kabel<br />

verschiedener Bauart miteinander gekoppelt,<br />

führen die unterschiedlichen Parameter<br />

der Kabel zu Resonanzerscheinungen<br />

<strong>im</strong> Langwellenbereich. Dieses Verhalten<br />

lässt sich sowohl <strong>im</strong> Labor als<br />

auch bei praktisch ausgeführten Installationen<br />

reproduzieren. Die so entstandenen<br />

Resonanzen sind sowohl stark abhängig<br />

von den Längen der einzelnen Kabel<br />

als auch von der aktuellen Belastung, so<br />

dass der Effekt in einem unbenutzten<br />

Stockwerk ausgeprägter ist als bei Normalbetrieb.<br />

Kopplung über Streukapazitäten<br />

Die Buskabel sind Kommunikationsleitungen<br />

mit normierten Hochfrequenzeigenschaften;<br />

sie besitzen also einen<br />

definierten Wellenwiderstand und sind<br />

geprüft für den spezifizierten Frequenzbereich.<br />

Obwohl die Leiter paarverdrillt<br />

und überdies abgeschirmt sind, lassen<br />

sich kleine Unsymmetrien nicht vermeiden.<br />

Alle Bauteile sind zudem üblicherweise<br />

durch kleine Streukapazitäten, die<br />

physikalisch gegeben und damit unvermeidbar<br />

sind, miteinander gekoppelt.<br />

Sobald aber in das <strong>Stromnetz</strong> Störsignale<br />

eingespeist werden, welche Frequenzen<br />

<strong>im</strong> Resonanzbereich enthalten,<br />

können dort Störspannungen recht hoher<br />

Amplitude gemessen werden. Dies wird<br />

heute bereits allgemein akzeptiert, denn<br />

die breite Verwendung von elektronischen<br />

Stromrichtern und getakteten<br />

Stromversorgungen oder Vorschaltgeräten<br />

bedeutet eine zunehmende Belastung<br />

des <strong>Stromnetz</strong>es durch Verzerrungsblindleistung.<br />

Üblicherweise liegen die Taktfrequenzen<br />

mit rund 50 kHz noch in<br />

einem tiefen Bereich, wo sie noch keine<br />

Funktionsprobleme verursachen. Die<br />

Wechselwirkungen entstehen bei eher höheren<br />

Frequenzen, da die Streukapazitäten<br />

mit zunehmender Frequenz niederohmiger<br />

werden und dadurch besser koppeln.<br />

Das beschriebene Resonanzverhalten<br />

gilt ausnahmslos für jede Installation;<br />

und jedes System lässt sich durch Einkopplung<br />

von Energie in seiner Funktion<br />

beeinträchtigen. Während der durchgeführten<br />

Versuche wurde beispielsweise<br />

ein Systembus dauerhaft lahm gelegt, so<br />

dass er durch einen Reset neu gestartet<br />

werden musste; oder eine Zugangstüre<br />

Bild 8 Quell<strong>im</strong>pedanz für Kombination von Rund- und Flachkabel und Flachkabel alleine: Blechplatte<br />

Messungen jeweils an MP 2 ; a: Kabelkombination von Flachkabel und Rundkabel, Phase gegen Erde; b:<br />

Flachkabel alleine, Neutralleiter gegen Erde<br />

Bulletin SEV/VSE 23/02 39


Elektromagnetische Verträglichkeit<br />

0<br />

Bild 9 Quell<strong>im</strong>pedanz und Einkopplung<br />

Versuch in einem leer stehenden Stockwerk, Phase<br />

gegen Erde; a: Quell<strong>im</strong>pedanz; b: Einkopplung;<br />

Versuch in einem belegten Stockwerk, Neutralleiter<br />

gegen Erde; c: Quell<strong>im</strong>pedanz; d: Einkopplung<br />

blieb nach den Versuchen verriegelt. Dies<br />

wirft die Frage auf, wie stark die Automatisierung<br />

in einem Gebäude, in dem<br />

sich Menschen aufhalten, gehen darf. Ein<br />

Gebäude sollte in erster Linie Sicherheit<br />

bieten – sowohl <strong>im</strong> Störungsfalle wie<br />

auch bei mutwilligem Vandalismus.<br />

Richtlinien in der Elektroinstallation<br />

Es gibt keine Aspekte in den Netzinstallationsvorschriften,<br />

die die Problematik<br />

der Hochfrequenz anschneiden, somit<br />

gibt es auch keine Vorschriften zur Quell<strong>im</strong>pedanz<br />

<strong>im</strong> <strong>Stromnetz</strong> jenseits der niedrigen<br />

Frequenzen. Die Netzinstallation<br />

dient zur Übertragung von Energie und<br />

war nie dazu gedacht, dass sie auch als<br />

Störsenke verwendet werden darf. Insbesondere<br />

der Schutzleiter hat die Aufgabe,<br />

den Schutz vor Stromschlägen bei Erdschlüssen<br />

oder Isolationsmangel sicherzustellen.<br />

In der Gegenwart hat es sich<br />

leider ergeben, dass <strong>im</strong>mer mehr Hersteller<br />

den Schutzleiter als Ableitsystem für<br />

hochfrequente Signale verwenden.<br />

Stromversorgung in elektronischen<br />

Systemen<br />

Ein Gebäude stellt mit seinen Leitsystemen<br />

ein elektronisches System dar. In<br />

der Vergangenheit war die Elektronik auf<br />

einzelne Geräte beschränkt, deren Versorgung<br />

vom <strong>Stromnetz</strong> entkoppelt über<br />

Netztransformatoren sichergestellt wurde.<br />

Heute treten getaktete Netzteile an<br />

deren Stelle.<br />

Es liegt somit nahe, die Richtlinien bezüglich<br />

Stromversorgung und Erdung für<br />

elektronische Systeme auch für Gebäude<br />

anzuwenden und zu übernehmen. Analoge<br />

Systeme werden sternförmig geerdet,<br />

so dass sich keine Induktionsschleifen<br />

bilden können. Die <strong>Impedanz</strong> des<br />

Versorgungssystems muss vor Ort bei<br />

allen Frequenzen möglichst niedrig sein,<br />

was in elektronischen Systemen durch<br />

sogenannte «Stützkondensatoren» erreicht<br />

wird.<br />

Weitere Störquellen und<br />

Zukunftsaussichten<br />

Der zunehmende Einsatz getakteter<br />

Systeme wird dazu führen, dass die Störleistung<br />

auf dem <strong>Stromnetz</strong> zunehmen<br />

wird. In neuer Zeit kommen sogar Geräte<br />

auf den Markt, die durch Ändern der<br />

Taktfrequenz ihre Störenergie <strong>im</strong> Frequenzbereich<br />

gewissermassen «verteilen»,<br />

damit die EMV-Normen leichter<br />

eingehalten werden. Auf dem Bauteilemarkt<br />

lassen sich bereits Powermanager-<br />

IC finden, die neben der Leistungsfaktorregelung<br />

auch eine gewobbelte 5) Taktfrequenz<br />

für geschaltete Netzteile bereitstellen.<br />

In umgekehrter Weise macht<br />

sich die «Powerline Communication» 6)<br />

die unklaren <strong>Impedanz</strong>verhältnisse des<br />

<strong>Stromnetz</strong>es sogar zu Nutze 7) .<br />

Getaktete Netzteile verursachen auf<br />

Grund der hohen Flankensteilheit Oberwellen,<br />

die <strong>im</strong> Langwellenbereich liegen.<br />

Die üblichen Filtermassnahmen mit Ferritkernen<br />

und vergleichsweise kleinen<br />

Kapazitäten bewirken erst <strong>im</strong> Kurzwellenbereich<br />

einen deutlichen Effekt. Der<br />

Langwellenbereich scheint vergessen gegangen<br />

zu sein.<br />

Die vielen Versuche zeigten überdies<br />

keinen wesentlichen Unterschied, ob der<br />

Kurzschlusspunkt geerdet ist oder nicht.<br />

Dies deutet auch darauf hin, dass <strong>im</strong> betrachteten<br />

Frequenzbereich die Erdung<br />

auf den in diesem Beitrag beschriebenen<br />

Effekt keinen Einfluss hat. Die <strong>im</strong>mer<br />

noch nicht abgeschlossene Grundsatzdiskussion<br />

bezüglich Erdung und Schirmung<br />

dürfte also weitergehen.<br />

Eine Verminderung des Effekts kann<br />

dadurch erreicht werden, dass <strong>im</strong> Bereich<br />

der möglichen Störquellen und in den<br />

Koppelstellen Netzwerke zur <strong>Impedanz</strong>korrektur<br />

des Versorgungsnetzes eingebaut<br />

werden. Diese schliessen die Signale<br />

hoher Frequenz kurz und beseitigen sie<br />

somit. Die Wirkungsweise einer solchen<br />

«einseitigen» Sanierung wurde <strong>im</strong> Rahmen<br />

eines Laborversuchs ebenfalls nachgewiesen.<br />

Auf Grund der stets wachsenden<br />

Anwendung von Leistungselektronik<br />

wird sich auch für die Normengremien<br />

die Notwendigkeit einer Diskussion zu<br />

diesem Thema ergeben.<br />

Adresse des Autors<br />

Adrian E. Weitnauer, Dipl. El.-Ing. ETH/SIA, Weitnauer<br />

Messtechnik, CH-8752 Näfels,<br />

adrian.weitnauer@weitnauer-messtechnik.ch<br />

1<br />

LON: Local Operating Network<br />

2<br />

Komponententester: automatische Messbrücke zur Best<strong>im</strong>mung<br />

von komplexen <strong>Impedanz</strong>en (RLC). Sie benutzen<br />

üblicherweise fixe Messfrequenzen <strong>im</strong> Bereich<br />

bis 100 kHz.<br />

3<br />

Vektorvoltmeter-Methode: an die Stelle des Abgleichvorgangs<br />

bei der Messbrücke mit Nullinstrument treten<br />

zwei Vektorvoltmeter, welche die Spannungen und<br />

deren Phasenwinkel an den Mittelpunkten der beiden<br />

Brückenzweige messen. Die gesuchte komplexe <strong>Impedanz</strong><br />

ergibt sich durch eine Rechenvorschrift <strong>im</strong> komplexen<br />

Zahlenraum.<br />

4<br />

Güte: Mass für die <strong>Impedanz</strong>überhöhung bei Resonanz.<br />

5<br />

Wobbeln: von englisch to wobble (wackeln, hin- und<br />

herschwanken). Automatisches Hin- und Herbewegen<br />

der Abst<strong>im</strong>mung zwischen zwei Festfrequenzen (Abstand<br />

zwischen diesen Frequenzen: Wobbelhub; Geschwindigkeit<br />

der Hin- und Herbewegung: Wobbelfrequenz).<br />

6<br />

Beispielsweise Internet über das <strong>Stromnetz</strong>, Kleinkindüberwachung,<br />

Powernet.<br />

7<br />

Ein ideales Netz würde bei allen Frequenzen eine verschwindend<br />

kleine <strong>Impedanz</strong> besitzen. Da dies in der<br />

Realität nicht der Fall ist, kann das <strong>Stromnetz</strong> in<br />

best<strong>im</strong>mten Frequenzbereichen zur Übertragung von Information<br />

benutzt werden. Die in der Praxis eingeführten<br />

Systeme verwenden dazu parallel mehrere Frequenzbänder,<br />

damit die Übertragungsqualität sichergestellt<br />

werden kann.<br />

Impédance en fonction de la fréquence<br />

sur le réseau d’al<strong>im</strong>entation électrique<br />

Lors de la réception technique d’une nouvelle installation de bus, on a constaté<br />

des perturbations peu courantes: dès qu’on allumait la lumière, le bus était totalement<br />

bloqué. Des essais ont permis de déceler sur le réseau d’al<strong>im</strong>entation électrique<br />

un effet de résonance inattendu dans la gamme des ondes longues, susceptible<br />

d’entraver le fonctionnement du système de bus par couplage capacitif, en<br />

particulier en cas d’utilisation d’al<strong>im</strong>entations à découpage. L’effet se produit<br />

lorsqu’il est fait usage de câbles d’al<strong>im</strong>entation de divers types tels qu’on en<br />

trouve partout dans les installations modernes.<br />

40<br />

Bulletin SEV/AES 23/02

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