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4. Koordiniertes Gesundheits- und Risikomanagement - GIQS

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<strong>4.</strong> <strong>Koordiniertes</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong><br />

Brigitte Petersen<br />

Trotz stark arbeitsteiliger Produktion in deutschen Fleisch erzeugenden Ketten erkannte<br />

man in den letzten Jahren immer deutlicher, dass man insbesondere in den Bereichen des<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong>s enger zusammen arbeiten muss. Denn ein effektives<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> verlangt eine Reihe überbetrieblicher Entscheidungen<br />

<strong>und</strong> die Übernahme von Verantwortung für eine produktionsbegleitende Kommunikation<br />

zwischen den Stufen einer Zulieferkette. Der Grad der Zusammenarbeit innerhalb einer<br />

Produktionskette wird maßgeblich davon bestimmt, welche Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssysteme<br />

zur Unterstützung vorhanden sind oder gemeinsam aufgebaut werden sollen<br />

(Ellebrecht 2008; Schulze Althoff 2006; Schütz 2009). Eine gemeinsame Herausforderung<br />

dabei ist, Tierbestände ges<strong>und</strong> zu erhalten. Die Aufgaben von Tierhaltern, Tierärzten <strong>und</strong><br />

Beratern sind dabei einerseits innerbetrieblich, andererseits überbetrieblich, aufeinander<br />

abzustimmen. Zentrales Element im Organisations- <strong>und</strong> Abstimmungsprozess ist der<br />

Mensch als Entscheider. Ihm kommt die Rolle eines „Reglers“ in einem sozio-technischen<br />

Regelkreis zu (Petersen 1985). Um steuern <strong>und</strong> regeln zu können, braucht er vier Kategorien<br />

von Informationen: Beschreibende, vergleichende, vorhersagende <strong>und</strong> vorschreibende.<br />

Jeder Entscheidungsträger auf den jeweiligen Stufen der Wertschöpfungskette ist somit auf<br />

eine schnelle Möglichkeit der Kommunikation <strong>und</strong> des Datenaustauschs angewiesen. Eine<br />

Reihe von Viehvermarktern sieht sich derzeit bereits in der Rolle von Netzwerkintegratoren<br />

<strong>und</strong> strebt an, die damit verb<strong>und</strong>ene Koordination von Dienstleistungen als Geschäftsfelder<br />

weiter auszubauen.<br />

Im nachfolgenden ersten Unterkapitel wird beschrieben, welches spezifische Profil an<br />

Informationen jede Zielgruppe, ob Ferkelerzeuger, Mäster, Tierarzt oder produktionstechnischer<br />

Berater, für Entscheidungen im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management benötigt. Informationsangebot<br />

<strong>und</strong> -bedarf in jeder dieser Gruppen gehen aus den Ergebnissen umfangreicher<br />

empirischer Erhebungen hervor, die im ersten Teilkapitel im Hinblick auf vier überbetrieblich<br />

zu organisierende Kernaufgaben wie das Lieferanten-, Prozess-, Audit- <strong>und</strong> Krisenmanagement<br />

erläutert werden. Das Sammeln von Daten, die Datenaufbereitung <strong>und</strong> die<br />

Datenweitergabe sind somit eine zentrale Aktivität im betrieblichen <strong>und</strong> überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management.<br />

Das erste Unterkapitel beschreibt, welche sektorspezifischen Besonderheiten bei der<br />

Koordination des Datenaustauschs zwischen unterschiedlichen Gruppen von Akteuren<br />

dabei Berücksichtigung finden sollten. Voraussetzung hierfür sind Hard- sowie Softwarekomponenten,<br />

die auf die Bedürfnisse der Nutzergruppen abgestimmt sind.<br />

In welchem Maße durch technische <strong>und</strong> organisatorische Innovationen die Effektivität<br />

des überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong>s verbessert werden kann, welche<br />

Rollen dabei Dienstleistungsagenturen übernehmen, steht als Fragestellung hinter dem<br />

zweiten Unterkapitel. Dabei wird an Beispielen erläutert, in welcher Weise sich die beiden<br />

Indexkenngrößen Dienstleistungskomplexität <strong>und</strong> -intensität dazu eignen, ein Benchmark<br />

zwischen Unternehmen hinsichtlich ihrer Entwicklungspotentiale vorzunehmen.<br />

Schwerpunkt des dritten Unterkapitels ist die Vorstellung eines Planungsmodells, das<br />

sieben aufeinander folgende Schritte definiert <strong>und</strong> Viehvermarktern Vorschläge liefert, wie<br />

sie systematisch vorgehen können, um ihre Organisation strategisch auszurichten. Dabei<br />

geht es u.a. um Entscheidungen, wie zukünftige Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssyste-<br />

161


162<br />

me gestaltet werden sollten, um maßgeschneiderte Dienstleistungen im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management überhaupt erst zu ermöglichen.<br />

Das letzte Unterkapitel stellt abschließend einen methodischen Ansatz zur Bestimmung<br />

des Reifegrads von technisch-organisatorischen Dienstleistungssystemen vor. Das Referenzsystem<br />

ist der im ersten Unterkapitel dargestellte sektorspezifische Dienstleistungskompass,<br />

der in Zusammenarbeit mit 14 Viehvermarktern entwickelt wurde.


<strong>4.</strong>1 Koordinationsaufgaben im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Verena Schütz <strong>und</strong> Brigitte Petersen<br />

Die Ges<strong>und</strong>erhaltung von Tierbeständen ist insbesondere angesichts eines b<strong>und</strong>esweiten<br />

<strong>und</strong> internationalen Handels mit lebenden Tieren eine anspruchsvolle <strong>und</strong> komplexe<br />

Managementaufgabe (Kasper et al. 2008; Schütz <strong>und</strong> Petersen 2009). Eine ebenso große<br />

Herausforderung ist es, den Zustand „ges<strong>und</strong>“ wissenschaftlich zu beschreiben <strong>und</strong> zu definieren.<br />

Unter Ges<strong>und</strong>heit wird in der Human- <strong>und</strong> Veterinärmedizin die Form des Lebens<br />

verstanden, die sich in physischem, psychischem <strong>und</strong> sozialem Wohlbefinden äußert (Wiesner<br />

<strong>und</strong> Ribbeck 2004). Erkrankungen <strong>und</strong> Leistungseinbußen können von einer Vielzahl<br />

belebter <strong>und</strong> unbelebter sowie endogener Faktoren verursacht werden (Busch et al. 2004;<br />

Drosdowski et al. 1996). Thielen (2000) bezeichnet Tierges<strong>und</strong>heit in Nutztierbeständen<br />

als Balance zwischen Infektionsdruck <strong>und</strong> der tiereigenen Immunabwehr. Diese Betrachtungsweise<br />

wird als „Health Control Strategy“ bezeichnet. Demgegenüber steht die „Safe<br />

Guide Strategy“, bei der es darum geht, Krankheiten in einer Herde bzw. Population auszuschließen<br />

(Thielen 2000). Beides setzt eine enge Kooperation zwischen Tierhalter <strong>und</strong><br />

Tierärzten sowie produktionstechnischer Beratung voraus. Wie hoch die Kooperations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationsbereitschaft eingeschätzt wird <strong>und</strong> wie sich daraus zukünftige Aufgabenfelder<br />

priorisieren <strong>und</strong> für ein überbetriebliches <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>system ableiten lassen, wird in<br />

nachfolgendem Unterkapitel beschrieben.<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Problemstellung<br />

Betrachtet man die Schweinefleisch erzeugende Kette, so unterscheiden mehrere Autoren<br />

neun Gruppen von Akteuren im Rahmen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements: Ferkelerzeuger,<br />

Mäster, Futtermittelberater, produktionstechnische Berater, Tierärzte, Viehvermarkter,<br />

Labore, Schlachthöfe <strong>und</strong> Amtsveterinäre (Ellebrecht 2008; Mack 2007; Schütz 2009). Wie<br />

sie untereinander kommunizieren <strong>und</strong> welche Rolle dabei von unterschiedlichen Zielgruppen<br />

genutzte Datenbanken haben, sind Fragestellungen, mit denen sich Forschungsgruppen<br />

erst seit einigen Jahren beschäftigen. Um betriebliche Informationen an betriebsunabhängige<br />

Dritte weiterzugeben, bedarf es einer Abstimmung über die Art <strong>und</strong> Weise, welche<br />

Informationen in welchem Umfang in welcher Häufigkeit übertragen werden. Bei umfangreichen<br />

Datenmengen ist es des Weiteren notwendig, die bestehenden EDV-technischen<br />

Lösungen darauf abzustimmen bzw. entsprechend einzurichten. Im Bereich des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

sind es immer drei Dimensionen, Beratung, Technik <strong>und</strong> Organisation,<br />

die ineinander greifen.<br />

Beratung<br />

Beratung im Sinne des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements versteht sich vor allem als Wissensvermittlung<br />

sowie Entscheidungsunterstützung (Berns 1996; Hautzer et al. 1997; Petersen<br />

et al. 2001). Dieser Sachverhalt spiegelt sich in den Beratungszielen nach Berges (2003)<br />

wider:<br />

• Schnelles Erkennen der Problemstellung <strong>und</strong> gezieltes Aufzeigen von Lösungsansätzen<br />

• Auslegung der Beratungsstrategie auf Individualitäten des Betriebes <strong>und</strong> der Person<br />

• Ausübung eines kontinuierlichen Beratungsverhältnisses<br />

163


• Ausschließliche Konzentration auf die Unterstützung des Landwirtes beim<br />

problemorientierten Handeln.<br />

Eine weitere Form der Beratung stellt die Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

dar. Sie umfasst regelmäßige, durch den bestandsbetreuenden Tierarzt durchgeführte<br />

Monitorings <strong>und</strong> Laboranalysen im Rahmen der Diagnostik. Hinzu kommen alle weiteren<br />

Tätigkeiten des Tierarztes mit dem Ziel, die Tierleistung, den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand, die<br />

Qualität der erzeugten Nutz- <strong>und</strong> Schlachttiere sowie die Zufriedenheit aller beteiligten<br />

Akteure zu steigern. Dies trägt im Wesentlichen dazu bei, die wirtschaftliche Situation des<br />

Betriebes zu optimieren (BPT 2008; Kruif et al. 2007; Prange 2004).<br />

Spezialberatungen oder tierärztliche Bestandsbetreuung setzen voraus, dass Informationen<br />

aus dem betreffenden Betrieb, aber auch von Vergleichsbetrieben vorliegen. Die Wissensvermittlung<br />

kann dabei aktiv <strong>und</strong> passiv erfolgen:<br />

• Aktiv: - telefonische Beratung<br />

- Betriebsbesuch mit Beratungsgespräch <strong>und</strong>/oder Audits<br />

<strong>und</strong> Monitorings<br />

- Gruppenberatung<br />

• Passiv: - Bereitstellung von Betriebsauswertungen durch sektorspezifische<br />

Softwareprodukte<br />

- Fachspezifische R<strong>und</strong>briefe als sogenannte Mailings<br />

- Fachartikel veröffentlicht in Fachzeitschriften oder über Internetseiten<br />

- Internetforen <strong>und</strong> Wikis.<br />

Unabhängig von der Art der Wissensvermittlung ist von Seiten des Dienstleisters entsprechend<br />

den Anforderungen qualifiziertes sowie geschultes Personal bereitzustellen<br />

(Evanschitzky 2003). Neben den personellen Ressourcen bedarf es für die Umsetzung der<br />

aktiven <strong>und</strong> passiven Beratungsaktivitäten EDV-gestützter Hard- <strong>und</strong> Softwarekomponenten.<br />

164<br />

Technik<br />

Mehrere Autoren erläutern, warum effiziente Kommunikation <strong>und</strong> Datenaustausch heute<br />

ohne Unterstützung von Hard- sowie anwendungsspezifischen Softwarelösungen <strong>und</strong>enkbar<br />

sind (Büscher 2006; Freese 2003; Hahlen 2007; Laudon <strong>und</strong> Laudon 2009).<br />

Entwicklungen der letzten Jahre zeigten, dass der Fokus bei den Forschungs- <strong>und</strong><br />

Entwicklungsprojekten zunächst auf technische Innovationen für einzelne Unternehmen<br />

<strong>und</strong> erst später für die gesamte Wertschöpfungsketten gelegt wurde (u.a. Doluschitz et al.<br />

2006; Schulze Althoff et al. 2005; Schütz et al. 2008b). Insbesondere die kettenorientierten<br />

Ansätze ließen sich mit zunehmender Verbreitung des Internets in den 90er Jahren<br />

rasch vorantreiben, oft verb<strong>und</strong>en mit neuen Produkten <strong>und</strong> Dienstleistern am Markt<br />

(Abele 2007).<br />

Hierzu zählen Informationsplattformen zur Bereitstellung von Schlacht- <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>daten<br />

(Farmers Friend 2009; Infosys 2009; Mais 2009), von Ergebnissen der Salmonellenbeprobungen<br />

(Qualitype 2009) oder dem <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Ferkelerzeugerbetrieben<br />

(Danish 2009). Diese Lösungen unterstützen ganz spezifische Entscheidungssituationen,<br />

für die Informationen aktiv oder passiv bereitgestellt werden. Die Anwendungen sind komplex,<br />

da einerseits bestehende EDV-Lösungen, andererseits aber auch neue Anforderungen<br />

mehrerer Akteure zu berücksichtigen sind. Schulze Althoff (2006) beispielsweise zeigt ein<br />

Konzept auf, wie für unterschiedlich strukturierte Wertschöpfungsketten der Fleischerzeugung<br />

verschiedene Steuerungs-, Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsinstrumente mit Hilfe eines


Data Warehouses zu etablieren sind. Den gleichen Ansatz verfolgen Schütz <strong>und</strong> Petersen<br />

(2007) für die Umsetzung von Beratungsinstrumenten. Standards wie ISOagriNET, die<br />

die Kombination zwischen verschiedenen Systemkomponenten ermöglichen, tragen zur<br />

Umsetzung dieser beschriebenen Konzepte wesentlich bei (Kunisch et al. 2009; Doluschitz<br />

<strong>und</strong> Engler 2009; Herd et al. 2008).<br />

Organisation<br />

Ein weiteres Aufgabenfeld im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management ist die Organisation<br />

von Prozessen (Beulens 2003; Schütz <strong>und</strong> Petersen 2009). Organisation bedeutet<br />

in diesem Zusammenhang Aufbau, Gliederung <strong>und</strong> planmäßiges Gestalten der überbetrieblichen<br />

Zusammenarbeit sowie die Steuerung <strong>und</strong> Regelung der hierfür notwendigen<br />

Kommunikationsprozesse. Vertrauen ist dabei eine wichtige Voraussetzung (Schiefer 2003;<br />

Theuvsen 2003). Das Vertrauen bezieht sich auf die Bereitschaft, miteinander zu arbeiten,<br />

Daten <strong>und</strong> Informationen aus dem eigenen Betrieb bereitzustellen, aber auch externe Informationen<br />

für die Entscheidungsfindung heranzuziehen. Positive Erfahrungen <strong>und</strong> Kenntnisse<br />

über den Dienstleister, den K<strong>und</strong>en oder den Lieferanten <strong>und</strong> seine Prozesse stärken<br />

die Bereitschaft (Mack 2007; Spiller et al. 2005). Ein wichtiges Instrument ist dabei die<br />

vertraglich abgesicherte Rechtslage für alle Beteiligten (Meyer 1996), um Koordinationsaufgaben<br />

zwischen unterschiedlichen Organisationen überhaupt übernehmen zu können.<br />

Charakteristische sektorspezifische Koordinationsaufgaben in Fleisch erzeugenden<br />

Ketten lassen sich in fünf Bereiche untergliedern:<br />

• Handel mit Nutz- <strong>und</strong> Schlachttieren, Produktionsmitteln <strong>und</strong> -technik<br />

(Schütz et al. 2008b; Spiller et al. 2005; Theuvsen <strong>und</strong> Franz 2007),<br />

• Disposition <strong>und</strong> Transport von Nutz- <strong>und</strong> Schlachttieren sowie Produktionsmitteln<br />

(Spiller et al. 2005),<br />

• Bestandsbetreuung bestehend aus produktionstechnischer Beratung, Spezialberatung<br />

<strong>und</strong> tierärztliche Bestandsbetreuung (Grygo 2004; Hautzer 2000; Hoffmann<br />

2004; Kruif et al. 2007; Mack 2007; Petersen <strong>und</strong> Schütz 2007),<br />

• Kommunikationsunterstützung <strong>und</strong> Datenmanagement (Ellebrecht 2008; Fick <strong>und</strong><br />

Doluschitz 2009; Gampl 2006; Schulze Althoff 2006),<br />

• Koordination von Zertifizierung <strong>und</strong> Auditierung (Lehnert 1998; Mack 2007; QS 2009).<br />

Bislang fehlte eine Einschätzung, wer für koordinierende Aufgaben im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management die Voraussetzung erfüllt <strong>und</strong> wie diese Aufgaben im Detail aussehen<br />

könnten. Deshalb erfolgte in Deutschland erstmals eine umfangreiche empirische<br />

Erhebung, in die sechs Zielgruppen eingeb<strong>und</strong>en waren: Ferkelerzeuger (FE), Schweinemäster<br />

(MÄ), Produktionstechnische Berater (BA), Bestandsbetreuende Tierärzte (TA),<br />

Mitarbeiter von Schlachtunternehmen (SH) <strong>und</strong> Mitarbeiter von Viehvermarktern (VH).<br />

Neu war bei dieser b<strong>und</strong>esweit angelegten Studie, dass sich die Befragten in die Rolle<br />

eines K<strong>und</strong>en oder eines Lieferanten versetzen sollten. Da es sich bei der zu bewertenden<br />

Koordinationsdienstleistung um ein immaterielles Produkt handelt, war darüber hinaus<br />

auch damit verb<strong>und</strong>en, sich entweder als Dienstleistungsnehmer oder Dienstleistungsgeber<br />

zu sehen.<br />

Design <strong>und</strong> Methodik der Erhebung<br />

Im Zeitraum von 2006 bis 2010 sind umfangreiche empirische Untersuchungen in zwölf<br />

Teilstudien mit einem gesamten Stichprobenumfang von fast 3000 Probanden aus der<br />

Fleischwirtschaft durchgeführt worden. Dies erfolgte parallel zur Konzeptentwicklung für<br />

165


ein sektorspezifisches Dienstleistungssystem. Zur Analyse des Kommunikations- <strong>und</strong> Koordinationsbedarfs<br />

dienten Fragebögen für die jeweiligen Zielgruppen der Tierhalter, Tierärzte<br />

<strong>und</strong> Berater als Gr<strong>und</strong>lage der Datenerhebung. Die Rücklaufquoten lagen zwischen<br />

8 <strong>und</strong> 22%, so dass insgesamt 783 auswertbare Fragebögen in die Bewertung einbezogen<br />

werden konnten. Dabei wurden in den Teilstudien fünf Zielsetzungen verfolgt:<br />

• Identifikation von Aufgabenfeldern zur Unterstützung der Akteure im<br />

überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

• Bestimmung von Umfang <strong>und</strong> Art der Koordinationsaufgaben<br />

• Ermittlung von Daten <strong>und</strong> Informationen sowie Datenaustauschprofile zur<br />

Verbesserung überbetrieblicher Kommunikation<br />

• Ermittlung des Grads der Bereitschaft, Daten <strong>und</strong> Informationen mit Akteuren der<br />

Kette auszutauschen <strong>und</strong> bestimmte Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen<br />

• Ermittlung von Zeitfenstern für produktionsbegleitende Koordinationsaufgaben.<br />

Um eine möglichst gute Rücklaufquote bei Erhebungen mit postalisch versandten Fragebögen<br />

zu erhalten, sind zum einen Pretests mit Expertengruppen durchgeführt <strong>und</strong> zum<br />

anderen für die Weiterleitung von Fragebögen, Multiplikatoren wie Erzeugergemeinschaften,<br />

Viehvermarkter <strong>und</strong> Futtermittelunternehmen eingeb<strong>und</strong>en worden. Die Teilstudien mit<br />

dem Ziel, die Anforderungen an Viehvermarkter als Kommunikationsdienstleistungen zu<br />

ermitteln, erfolgte mit einer Methodenkombination aus Experteninterview (35 Interviews),<br />

Assoziationsmethode, Concept Mapping <strong>und</strong> Informationslandkarte nach Schütz <strong>und</strong> Mitautoren<br />

(2008a).<br />

Die Erarbeitung eines Konzepts für ein an die Viehvermarktung angepasstes Informations-<br />

<strong>und</strong> Kommunikationssystem zur Koordination von Aufgaben im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management erfolgte in mehreren Expertenr<strong>und</strong>en. Hierzu sind jeweils Workshops<br />

zu den drei folgenden Themen- bzw. Dienstleistungsbereichen geplant, durchgeführt<br />

<strong>und</strong> deren Ergebnisse wissenschaftlich aufbereitet worden:<br />

• Integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

• Produktionstechnische Beratung <strong>und</strong> Futtermittelberatung<br />

• Viehvermarktung.<br />

Für die Konzeptionsphase standen 14 genossenschaftliche Viehvermarktungsorganisationen<br />

zur Verfügung, wobei zwölf von ihnen Projektpartner im Verb<strong>und</strong>projekt AIDA (Allianz<br />

für Informations- <strong>und</strong> Dienstleistungsagenturen) waren. Es handelte sich dabei um eine<br />

repräsentative Stichprobe der insgesamt 108 deutschen genossenschaftlich organisierten<br />

Viehhandelsorganisationen. Bezogen auf die Anzahl der Mitarbeiter (Voll-Ak) (zwischen<br />

sechs <strong>und</strong> 205) <strong>und</strong> die Anzahl der K<strong>und</strong>en (Tier haltende Betriebe (zwischen 115 bis<br />

13.206) spiegelte die Zielgruppe die in Deutschland anzutreffende Variationsbreite wider.<br />

Charakterisierung von Koordinationsaufgaben<br />

Der im Rahmen der Studie mit den Experten erarbeitete Konzeptvorschlag sieht vor, die<br />

drei Dimensionen Beratung, Technik <strong>und</strong> Organisation in jener Art <strong>und</strong> Weise zu kombinieren,<br />

dass vier Aufgabenfelder<br />

• Lieferantenmanagement,<br />

• Krisenmanagement,<br />

• Prozessmanagement <strong>und</strong><br />

• Auditmanagement<br />

166


gleichzeitig bedient werden können. Das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management stellt in diesem Zusammenhang<br />

eine Art Klammer über den vier Aufgabenfeldern dar. Zusammenfassendes<br />

Ergebnis der zwölf Teilerhebungen ist nachfolgend beschriebener Dienstleistungskompass.<br />

Abb. <strong>4.</strong>1/1: „Dienstleistungskompass“ zur Darstellung von Systemfunktionalitäten,<br />

Aufgabefeldern <strong>und</strong> Akteuren in der Schweinefleischproduktion<br />

Legende:<br />

Akteure<br />

Systemfunktionalitäten<br />

Aufgabenfelder<br />

A1 = Auditplanung, Nachbereitung <strong>und</strong><br />

Ergebnisspeicherung<br />

A2 = in- <strong>und</strong> externe Verfahrensaudits<br />

A3 = Produktaudits<br />

A4 = Dokumentenlenkung<br />

A5 = Auditprotokoll <strong>und</strong> -ergebnis<br />

K1 = Meldungen an Behörden im Krisenfall<br />

K2 = Dokumentenlenkung im Krisenfall<br />

K3 = Multiplikation von Behördeninformation<br />

L1 = Bewertung von Lebensmittelketteninformation<br />

L2 = Planung von Ein- <strong>und</strong> Verkauf<br />

L3 = Vor- <strong>und</strong> Rückmeldung von Prozess- <strong>und</strong> Produktkennzahlen<br />

L4 = Berichte zur Lieferantenbewertung<br />

P1 = Betriebszweigauswertung<br />

P2 = Betriebsvergleichsauswertung<br />

P3 = standardisierte Meldungen<br />

P4 = Betriebsdokumentation<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

Abb. <strong>4.</strong>4-1: „Dienstleistungskompass“ von Systemfunktionalitäten <strong>und</strong> Aufgabefelder von<br />

Akteuren in der Schweinefleischproduktion (Schütz 2009)<br />

167


168<br />

Lieferantenmanagement<br />

Die Ergebnisse der Umfrage bei Tierhaltern als auch bei Viehvermarktern zeigten,<br />

dass mehr als zwei Drittel (78%) der befragten Ferkelerzeuger, Mäster, Viehvermarkter<br />

<strong>und</strong> Schlachtunternehmen insbesondere beim Tierzukauf Entscheidungsunterstützung im<br />

Lieferantenmanagement erwarten. Entscheidungskriterien wie Kapazität des Lieferanten,<br />

Mengentreue, Qualitätsniveau des Unternehmens, Produktqualität, Lieferzeit <strong>und</strong> Liefertreue,<br />

Reklamationsquote, Beschaffungskosten, Preistreue <strong>und</strong> technisches Wissen gelten<br />

in allen Stufen der Wertschöpfungskette als allgemeine Bewertungs- <strong>und</strong> Auswahlkriterien.<br />

Sektorspezifisch sind es allerdings Prozesse sowie Produkt begleitende Informationen im<br />

Bezug auf den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status des Tierbestandes, des liefernden Unternehmens, der<br />

Herkunftsregion sowie der gehandelten Einzeltiere <strong>und</strong> Tiergruppen, die jeweils zwischen<br />

K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Lieferanten als Bedarf bzw. als Anforderung formuliert wurden. Eine entscheidende<br />

Koordinationsaufgabe sehen die Befragten in der Organisation des Informationsaustausches<br />

sowie der Erfassung <strong>und</strong> Weitergabe von Prüfdaten. Es sind sowohl Viehvermarkter<br />

als auch Schlachtunternehmen, die von den an der Studie beteiligten Experten in der<br />

Rolle des Koordinators eines Kommunikationsnetzwerkes gesehen werden.<br />

Fast alle Viehvermarkter (13) ordnen all jene Informations-, Kommunikations- sowie Personalleistungen<br />

zum Aufgabenfeld Lieferantenmanagement. Eine standardisierte Bewertung<br />

der Ferkelerzeugerbetriebe bzw. Ferkelpartien im Hinblick auf den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

wird auf diese Weise möglich. Durch eine Kombination der Bewertung von Leistungsdaten,<br />

Kennzahlen zur Beschreibung der Produktqualität <strong>und</strong> der Geschäftsbeziehung versprechen<br />

sich die Viehvermarkter, die Unsicherheit bei der Vermarktung zu reduzieren <strong>und</strong><br />

Qualitätsgarantien abzusichern. Die am Vermarktungsprozess beteiligten Partner setzen<br />

hierbei auf eine Kombination von Betriebsbesuchen durch fachk<strong>und</strong>iges Personal sowie<br />

EDV-technische <strong>und</strong> organisatorische Unterstützung im Datenaustausch. Es sind insbesondere<br />

folgende Aufgaben von Beratern <strong>und</strong> Tierärzten während eines Betriebsbesuchs, die<br />

einer Koordination bedürfen: Erfassung der Betriebssituation über Checklisten, Probennahme<br />

zur Kontrolle <strong>und</strong> Bestimmung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status der Tiere, Unterstützung der<br />

produktionsbegleitenden Leistungskontrolle.<br />

Eine weitere sektorspezifische Koordinationsaufgabe sehen die meisten befragten Gruppen<br />

in Verbindung mit der Vermarktung von Schlachtschweinen. Hierbei verfolgt ein Teil<br />

der Befragten das Ziel, Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsleistungen im Rahmen der strategischen<br />

Lieferantenförderung anzubieten. Ein Beispiel hierfür ist die Interpretation unterschiedlicher<br />

nationaler <strong>und</strong> internationaler Standards <strong>und</strong> deren Umsetzung in eigene, an<br />

die Erzeugerstufe gerichtete Lieferantenspezifikationen. Regelmäßige Rückinformationen<br />

an den Lieferanten, die eine Umsetzung der Anforderung bestätigen, sowie Empfehlungen<br />

zur Verbesserung der Einhaltung dieser Anforderungen, gehören zu den Leistungen. Mehrere<br />

in die Studie eingeb<strong>und</strong>ene Schlachtbetriebe sehen die EDV-gestützte Kommunikation<br />

im Aufgabenbereich Lieferantenmanagement als eine Voraussetzung zur Einführung der<br />

risikoorientierten Fleischuntersuchung an. Die Einstufung von Schlachtpartien erfolgt in<br />

diesem Fall anhand von Kennzahlen aus dem Produktionsprozess in Kombinationen mit<br />

Daten aus vorherigen Mastdurchgängen. Abgeleitet wird daraus die Wahrscheinlichkeit des<br />

Eintrags von Zoonose-Erregern oder anderer, für den Konsumenten bestehender Risiken,<br />

um auf dieser Basis die Untersuchungsintensität am Schlachtband auszurichten. Amtsveterinäre<br />

erhalten Daten <strong>und</strong> Fakten rechtzeitig vor Beginn der Schlachtung, um auf deren<br />

Basis die Intensität der Untersuchungsrate sowie des Untersuchungsumfangs festlegen zu<br />

können.


Krisenmanagement<br />

Im Krisenmanagement stehen aus Sicht von Viehvermarktern die beiden Aufgabenfelder<br />

Organisation <strong>und</strong> Technik im Vordergr<strong>und</strong>. Die Schaffung von Kommunikationsstrukturen<br />

<strong>und</strong> Systemen für eine effiziente Kommunikation im Seuchenfall sehen sie im Mittelpunkt<br />

der Ausrichtung der Leistungserstellung. Koordinationsbedarf wird insbesondere während<br />

<strong>und</strong> außerhalb einer Hochrisikophase für nötig erachtet. Ziel der Leistung muss es sein,<br />

die akute Krisenphase zeitlich <strong>und</strong> räumlich zu begrenzen. Aus den empirischen Untersuchungen<br />

ist klar hervorgegangen, dass behördliche Institutionen sowie Unternehmen der<br />

Fleischwirtschaft aus den Ebenen Produktion, Handel <strong>und</strong> Dienstleistung bislang voneinander<br />

getrennte Kommunikationssysteme entwickelt haben.<br />

Um dennoch miteinander kommunizieren zu können, stimmen 82% der befragten Experten<br />

dem Vorschlag zu, in beidseitiger Abstimmung zusätzliche Strukturen für den Datenaustausch<br />

außerhalb von Krisenzeiten aufzubauen sowie Dateneingabemöglichkeiten für<br />

den Krisenfall verfügbar zu halten. Dies bedeutet, dass sich die Kommunikationsstrukturen<br />

während <strong>und</strong> außerhalb einer akuten Krisensituation deutlich unterscheiden. Das Kommunikationsnetzwerk<br />

schließt während dieser definierten Phase mehrere staatliche Institutionen<br />

mit ein. 85% der befragten Schlachtunternehmen sowie Viehvermarkter sehen sich<br />

bereits heute vor der Entscheidung, auch in diesem Fall eine Koordinationsfunktion zwischen<br />

Primärproduktion, Dienstleistern <strong>und</strong> Behörden zu übernehmen. Alle Experten aus<br />

der Viehvermarktung <strong>und</strong> von Schlachtorganisationen bewerten die „Flaschenhalsfunktion“,<br />

die sie in der Wertschöpfungskette Schweinefleisch einnehmen, bereits heute als eine Art<br />

„Kommunikationsschaltstelle“. 75% der befragten Tierhalter, Tierärzte <strong>und</strong> Berater erwarten<br />

im Krisenmanagement von diesen Organisationen schnelle Informationen, welche Maßnahmen<br />

in diesem Fall ergriffen werden sollen.<br />

Die in Ruhezeiten untereinander ausgetauschten Daten aus den Produktionsprozessen,<br />

dem Handel <strong>und</strong> den Dienstleistungsprozessen sollten nach Meinung der in die Studie<br />

einbezogenen Experten während einer Krisensituation verantwortlichen Entscheidungsträgern<br />

aus Wirtschaft <strong>und</strong> Behörden für die Maßnahmenplanung zur Verfügung stehen. Als<br />

Ergebnis der Workshops sind konkrete Inhalte für den Datenaustausch in der Hochrisikophase<br />

vorgeschlagen worden. Hierbei handelt es sich um Kennzahlen aus dem Bereich der<br />

Diagnostik, medikamentösen Behandlungen <strong>und</strong> Impfungen, Warenein- <strong>und</strong> Warenausgang<br />

von Futter- <strong>und</strong> Tierlieferungen mit Datum, Herkunft, Abnehmer sowie Menge <strong>und</strong> Kontaktpersonen.<br />

Aus den Informationen zu Warenflüssen sowie Kontaktdaten lassen sich beispielsweise<br />

im Seuchenfall Kontaktstrukturen ableiten. In diesem Zusammenhang bedeutet<br />

die Koordinationsaufgabe Daten, Formulare <strong>und</strong> Informationen nutzerspezifisch aufzubereiten<br />

<strong>und</strong> bereitzustellen. Der Informationsaustausch berücksichtigt die gegenseitige<br />

Kommunikation zwischen Behörden <strong>und</strong> Unternehmen bzw. Betrieben. Bei den Meldungen<br />

an Behörden erwarten die Akteure wie Ferkelerzeuger, Mäster <strong>und</strong> Tierärzte eine Unterstützung<br />

beim Ausfüllen notwendiger Formulare, indem diese teilweise oder vollständig durch<br />

bereits digitalisierte <strong>und</strong> abgespeicherte Informationen vorab ausgefüllt werden. Alternativ<br />

dazu können sich insbesondere die Akteure der Produktionsstufe vorstellen, Informationen<br />

ohne die Verwendung des Zwischenspeichermediums Papier direkt per Schnittstelle(n) an<br />

die behördlichen Datenbanken zu übermitteln. Die Multiplikation von Informationen von<br />

behördlicher Seite ist vor allem im Bereich von Handels- oder Transporteinschränkungen<br />

von Bedeutung. Betroffene Betriebe <strong>und</strong> Organisationen sind in der akuten Krisenphase<br />

gezwungen, sich kurzfristig der Situation bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Versorgung<br />

der Tiere bzw. vertraglicher Lieferverpflichtungen anzupassen. Die empirischen<br />

169


Untersuchungen zeigen einen deutlichen Bedarf an klar verständlichen <strong>und</strong> einheitlichen<br />

Handlungsanweisungen von koordinierenden Stellen, um eine kurzfristige Umsetzung behördlich<br />

angeordneter Maßnahmen in den betroffenen Betrieben zu ermöglichen. Tierärzte<br />

<strong>und</strong> Berater sehen darin einen Weg, rascher als bisher Betriebsbesuche im Krisenfall zeitnah<br />

einzuschränken. Mehr als die Hälfte der befragten Tierärzte schlagen darüber hinaus<br />

vor, Informationen zur Planung anstehender Untersuchungen, z.B. zur Bestätigung bzw.<br />

zum Ausschluss der Seuche, über koordinierenden Stellen weiterzuleiten.<br />

Prozessmanagement<br />

Zum Koordinationsbereich Prozessmanagement sind vor allem die beiden Gruppen<br />

Ferkelerzeuger <strong>und</strong> Mäster befragt worden. Die Erfüllung der erweiterten gesetzlichen<br />

Dokumentationsverpflichtungen, aber auch Qualitätsanforderungen der Wirtschaft sind<br />

Hauptmotivationsgründe, warum Tierhalter für diesen Bereich Koordinationsleistungen<br />

fordern <strong>und</strong> annehmen wollen. Den Informationsaustausch sollen nach Ansicht von über<br />

75% der Befragten jene Organisationen ausbauen, die bereits seit Jahren digitalisierte<br />

Daten aus der Wertschöpfungskette bereitstellen. Als Anbieter sektorspezifischer Informations-,<br />

Kommunikations- <strong>und</strong> Beratungsleistungen werden in diesem Zusammenhang<br />

mehrere Gruppen von Akteuren mit unterschiedlichen Spezialisierungen gesehen:<br />

• Tierärzte, die sich dabei auf Daten zur Medikation <strong>und</strong> Behandlung von Tieren<br />

konzentrieren,<br />

• Futtermittellieferanten, bei denen die Optimierung der Rationsgestaltung sowie<br />

Herkunftsnachweise der einzelnen Futtermittelkomponenten im Vordergr<strong>und</strong> der<br />

Datenübermittlung stehen,<br />

• Viehvermarkter <strong>und</strong> Erzeugergemeinschaften, die Daten zur Herkunft, Genetik,<br />

Behandlung der Tiere <strong>und</strong> ökonomische Daten zur produktionsbegleitenden<br />

Leistungskontrolle <strong>und</strong> Betriebszweigauswertung liefern.<br />

Aus den Ergebnissen der empirischen Untersuchungen wurde deutlich, dass Koordinationsaufgaben<br />

vor allem jenen Organisationen zugetraut wird, die über eine ausreichende<br />

Unternehmensgröße <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen K<strong>und</strong>enstamm verfügen. Gleiches gilt für<br />

den Bereich der Betriebszweig- <strong>und</strong> Betriebsvergleichsauswertung. Die Status-Quo-Analyse<br />

in Deutschland ergab, dass insbesondere kleinere Organisationen oder Einzelberater geneigt<br />

sind, Teilaufgaben auszulagern <strong>und</strong> damit selber zu Dienstleistungsnehmern werden.<br />

In dieser Rolle werden sie auch von der Mehrzahl der befragten Landwirte (68%) gesehen.<br />

Eine weitere Koordinationsfunktion für Tier haltende Betriebe im Prozessmanagement<br />

sehen die befragten Experten in der Datenverwaltung. Die Meldung von Tierbewegungen<br />

bedeutet beispielsweise, dass automatisiert mit der buchhalterischen Bearbeitung des<br />

Vorgangs Tierbewegungen direkt an die HI-Tierdatenbank gemeldet werden können. Diese<br />

Funktionalität existiert derzeit vorwiegend in Verbindung mit internetbasierten Dokumentationssystemen.<br />

Darüber hinaus sehen die Befragten eine Weiterleitung von Betriebs- <strong>und</strong><br />

Prozessdaten innerhalb eines abgestimmten Nutzerkreises durch Schaffung von Schnittstellen<br />

als sinnvoll, beispielsweise zu Abrechnungs- bzw. Praxismanagementprogrammen<br />

von Tierärzten. Dies würde den gesetzlich geforderten Informationsaustausch bei der<br />

Abgabe von Medikamenten bzw. bei der Verabreichung vereinfachen. Tierärzte könnten in<br />

diesem Fall ebenfalls in einem koordinierten Kommunikationsnetzwerk agieren <strong>und</strong> vom<br />

Austausch der Daten bezüglich Anzahl der Tiere, deren Standort <strong>und</strong> Kennzeichnung profitieren.<br />

170


Tab. <strong>4.</strong>1/1: Prozessbegleitende Koordinationsaufgaben in der Fleischwirtschaft<br />

Beratung<br />

+++<br />

+++<br />

++<br />

+++<br />

+<br />

+++<br />

++<br />

++<br />

+<br />

+<br />

++<br />

+<br />

+++<br />

IuK-<br />

Leistung<br />

+<br />

+<br />

++<br />

Gestaltungsmerkmale von Koordinationsaufgaben<br />

Fütterungsberatung<br />

Stallklimaberatung<br />

Lieferantenberatung<br />

Tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

Datenmanagement <strong>und</strong> internetgestützte Kommunikation<br />

Betriebsindividuelle Schwachstellenanalyse <strong>und</strong><br />

Risikobewertung<br />

Präventions- <strong>und</strong> Hygienemanagement<br />

Überbetriebliche Schwachstellenanalyse u. Risikobewertung<br />

Monitoring<br />

Laboranalysen<br />

Audit- <strong>und</strong> Dokumentenmanagement<br />

Zertifizierung <strong>und</strong> Kommunikation des Qualitäts- <strong>und</strong>/oder<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

Jahresplanung der betrieblichen Aktivitäten<br />

+<br />

+++<br />

++<br />

++<br />

+++<br />

regional<br />

++<br />

Wirkungsbereiche der Koordinationsleistung<br />

++<br />

Prozessart<br />

+++<br />

überregional<br />

überbetrieblich<br />

einzelbetrieblich<br />

+++<br />

+++<br />

Organisation<br />

+<br />

+<br />

++<br />

+<br />

++<br />

+<br />

++<br />

++<br />

++<br />

++<br />

++<br />

+++<br />

+<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Kernprozesse:<br />

Erzeugung von<br />

Zuchttieren, Ferkeln,<br />

Mast- <strong>und</strong><br />

Schlachtschweinen<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Unterstützungsprozesse:<br />

- Planung<br />

- Bewertung<br />

- Steuerung<br />

- Kontrolle<br />

X<br />

X<br />

X X X X<br />

X X X X<br />

X X X X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Managementprozess:<br />

Ressourceneinsatz: +++ sehr hoch; ++ hoch; + gering; IuK = Information <strong>und</strong> Kommunikation für Koordinator<br />

von > 60 % der Befragten als dringlich eingestufte <strong>und</strong> zukünftig vermehrt nachgefragte Koordinationsaufgabe<br />

171


Auditmanagement<br />

Aus der Befragung wurde deutlich, dass die beim Auditmanagement beteiligten Akteure<br />

<strong>und</strong> deren Funktionen im Wesentlichen vom jeweiligen Audittyp abhängig sind. Die<br />

Koordination beschränkt sich bei den als internen Audits festgelegten Aktivitäten, wie<br />

beispielsweise Verfahrens- <strong>und</strong> Produktaudits, auf den Datenaustausch mit Tier haltenden<br />

Betrieben. Sind zusätzlich Analysen von Kot-, Urin-, Blut-, Sekret-, Luftproben oder anderen<br />

Proben erforderlich, erweitert sich der Kreis der Prozessbeteiligten um ein oder mehrere<br />

Labor(e). Als Koordinatoren sehen über die Hälfte der Experten (62%) vor allem Viehvermarkter<br />

<strong>und</strong> Erzeugergemeinschaften. Auch bei externen Audits, wie z.B. QS-Audits übernehmen<br />

diese traditionell als Bündler Koordinationsfunktionen bei der Auditdurchführung,<br />

Maßnahmenplanung <strong>und</strong> Kontrolle, aber auch die EDV-technische Unterstützung wird an<br />

einen oder mehrere Dienstleister abgeben.<br />

Koordinatoren für den Einsatz externer Auditoren, wie produktionstechnische Berater,<br />

bestandsbetreuende Tierärzte sowie Mitarbeiter von Viehvermarktern, sehen ihre Unterstützungsleistung<br />

vor allem in der Auditplanung <strong>und</strong> -nachbereitung. Für die Vorbereitung<br />

von Betriebsbesuchen bedeutet dies, die überbetriebliche Koordination von Terminen <strong>und</strong><br />

Terminplanung, die Festlegung von Audithäufigkeit <strong>und</strong> Umfang des Audits zu übernehmen.<br />

Diese Planung setzt Informationen über vorausgegangene Auditierungen, den daraus<br />

resultierenden Ergebnissen <strong>und</strong>/oder ergänzende Informationen aus dem Produktionsprozess<br />

sowie dem durchzuführenden Audit voraus. Hierbei unterscheiden die Gruppen von<br />

Befragten in der Regel zwei Arten von Audits:<br />

• Verfahrenaudits: Sie beziehen sich auf jene Prozesse, die in bestimmten Abständen<br />

durch interne Mitarbeiter, z.B. Betriebsleiter, Beauftragte des Qualitätsmanagements<br />

oder unabhängige Personen wie produktionstechnische Berater, geprüft<br />

werden.<br />

• Produktaudits: Diese Auditierungen konzentrieren sich auf das Produkt (z.B. Ferkel,<br />

Jungsau) <strong>und</strong> werden als Zwischen-, End-, aber auch als Wareneingangsprüfungen<br />

durchgeführt. Sie werden vor allem als interne Audits vollzogen, selten aber auch<br />

von externen Personen übernommen.<br />

Beiden Auditarten zuzuordnen sind wiederum Prozesse oder Prozessteilschritte bzw.<br />

Produkte, denen das jeweilige Audit gilt. Anhand des Audittyps <strong>und</strong> des Auditgegenstandes<br />

differenzieren sich der Umfang sowie die Vorgehensweise des Audits.<br />

172<br />

Kombination der Aufgabenfelder<br />

In welcher Intensität Koordinationsleistungen im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

erbracht werden können, ist eine Frage der zur Verfügung stehenden Ressourcen.<br />

Die Studie zur Ist-Anlayse in Deutschland ergab, dass es bislang keine Anbieter für alle<br />

beschriebenen Koordinationsleistungen gibt. Dennoch war sich die Mehrzahl der Experten<br />

(67%) einig, dass sich zukünftig zumindest einige Organisationen zu Koordinatoren mit<br />

einem Bündel von Aufgabenfeldern weiterentwickeln werden.<br />

Sie werden sich, wie Übersichtstabelle <strong>4.</strong>1/1 zeigt, nach ihren Wirkungsbereichen für<br />

ganze Wertschöpfungsketten oder regionale sowie überregionale Wertschöpfungsnetzwerke<br />

unterscheiden lassen. Wie hoch der Ressourceneinsatz eingeschätzt wird, geht aus<br />

der nachfolgenden Übersichtstabelle <strong>4.</strong>1/2 hervor. Sie verdeutlicht, dass es im Wesentlichen<br />

13 Gestaltungsmerkmale sind, die je nach Wirkungsbereich miteinander kombiniert<br />

werden. Dabei sind es immer drei eng miteinander verb<strong>und</strong>ene Leistungsdimensionen:<br />

Beratung, Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsleistungen <strong>und</strong> Organisationsleistungen, die<br />

die Investitionen in eines oder mehrere Gestaltungsmerkmale finanziell mehr oder weniger


stark bestimmen. Die Expertenworkshops lieferten ein umfassendes Meinungsbild, ob <strong>und</strong><br />

welche EDV-technischen Unterstützungswerkzeuge zur Verbesserung der identifizierten<br />

Koordinationsfunktionen zur Verfügung stehen bzw. erst maßgeschneidert für den Sektor<br />

entwickelt werden müssen <strong>und</strong> wie die Experten den Ressourceneinsatz einschätzen. Die<br />

im Dienstleistungskompass dargestellte Systematik erlaubt es, Koordinationsaufgaben Systemfunktionalitäten<br />

zuzuordnen <strong>und</strong> diese wiederum aus der Sicht des überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements zu betrachten.<br />

Systematisierung von Systemfunktionalitäten<br />

Aus den vier Aufgabenfeldern lassen sich für jedes Feld spezifische Systemfunktionalitäten<br />

definieren, die als ein Aufgabenbereich in diesem Aufgabenfeld bezeichnet werden<br />

können. Die Systemfunktionalitäten setzen sich im Bereich der Technik aus bis zu vier<br />

unterschiedlichen Basisfunktionalitäten zusammen. Diese vier Basisfunktionalitäten bilden<br />

die Gr<strong>und</strong>lage mit Systemlösungen für Datenbanken, Auswertungstools, Dokumentenmanagement<br />

<strong>und</strong> Auditmanagement. Die 16 unterschiedlichen Systemfunktionalitäten werden in<br />

den nächsten Abschnitten beschrieben <strong>und</strong> ihre Einsatzfelder näher erläutert.<br />

Für vier Aufgabenfelder <strong>und</strong> den dazugehörigen Systemfunktionalitäten sind nach den<br />

Einschätzungen der Befragten folgende Gestaltungshinweise für das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

abgeleitet worden:<br />

Systemfunktionalitäten Lieferantenmanagement<br />

Überbetriebliche Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssysteme zur Unterstützung des<br />

Lieferantenmanagements sind durch die Implementierung von vier sektorspezifischen Systemfunktionalitäten<br />

zu realisieren:<br />

• Bewertung von Lebensmittelketteninformationen<br />

Diese Systemfunktionalität ist primär auf die Umsetzung einer risikoorientierten<br />

Schlachtung bzw. Vorbereitung dieser <strong>und</strong> Vorsortierung von Lieferpartien wie z.B.<br />

für Markenfleischprogramme oder nach Risikoklassifizierungen ausgelegt. Dies ist<br />

die einzige Systemfunktionalität, die kontinuierlich den Austausch zwischen der<br />

privatwirtschaftlichen <strong>und</strong> behördlichen Seite aufrechterhält.<br />

• Planung von Ein- <strong>und</strong> Verkauf<br />

Die Ermittlung von Liefermengen, -qualität <strong>und</strong> -zeitpunkt stehen bei dieser Systemfunktionalität<br />

im Vordergr<strong>und</strong>. Diese ist in Kombination mit Dispositions- sowie<br />

Tourenplanerprogrammen von Viehvermarktern <strong>und</strong> Schlachtunternehmen, unter<br />

Berücksichtigung der Bedürfnisse von Ein- <strong>und</strong> Verkäufern, Beratern <strong>und</strong> Disponenten<br />

umzusetzen.<br />

• Vor- <strong>und</strong> Rückmeldung von Prozess- <strong>und</strong> Produktkennzahlen<br />

Diese Systemfunktionalität ist ein Bindeglied <strong>und</strong> somit eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung<br />

für die Umsetzung der drei weiteren Systemfunktionalitäten dieses Aufgabenfeldes.<br />

Sie dient allen Beteiligten der Produktionskette zur Optimierung der betrieblichen<br />

Prozesse, vor allem aber der Abstimmung überbetrieblicher <strong>und</strong> daher über zwei<br />

oder mehrere Stufen ineinandergreifender Prozessteilschritte.<br />

• Erstellung von Berichten zur Lieferantenbewertung<br />

Das Analyse- <strong>und</strong> Bewertungsinstrument dient vor allem Viehhandels- <strong>und</strong> Schlachtorganisationen<br />

zur systematischen Einstufung von Lieferpartien <strong>und</strong> infolgedessen<br />

den Entscheidern im Ein- <strong>und</strong> Verkauf. Gleichzeitig können die ermittelten Kennzahlen<br />

als Steuerinstrument für die Lieferantenbetreuung <strong>und</strong> eine leistungsgerechte<br />

173


Bezahlung herangezogen werden, um dadurch in Kombination mit Warenwirtschafts-,<br />

Touren- <strong>und</strong> Dispositionsprogrammen in Organisationen eingesetzt werden.<br />

Für eine Umsetzung der vier Systemfunktionalitäten des Aufgabenfeldes Lieferantenmanagement<br />

sind Voraussetzungen durch den IuK-Dienstleister zu schaffen, die Möglichkeiten<br />

bieten zum:<br />

• Speichern von Prozesskennzahlen aus bestehenden EDV-Lösungen der Stufen Mast,<br />

Ferkelerzeugung <strong>und</strong> Schlachtung <strong>und</strong> von Viehvermarktern<br />

• Eingeben fehlender, vor allem von nicht digitalisierten Daten<br />

• Abfragen standardisierter Auswertungen, bedarfsgerecht auf die Bedürfnisse von<br />

Ferkelerzeugern, Mästern, Mitarbeitern von Viehhandels- <strong>und</strong> Schlachtorganisationen<br />

sowie Amtsveterinären angepasst<br />

• Individuellen <strong>und</strong> detaillierten Auswerten von Liefer- <strong>und</strong> Prozessdaten<br />

• Bereitstellen von Daten <strong>und</strong> Informationen über Schnittstellen oder Nutzeroberflächen<br />

z.B. internetbasiert<br />

• Auswertungen von Bewertungskriterien bis hin zur Interpretation <strong>und</strong> Entwicklung<br />

dieser Kriterien.<br />

Diese Voraussetzungen können durch zwei Basistools, die auf die Nutzerbedürfnisse<br />

anzupassen sind, umgesetzt werden:<br />

• Datenbanksystem(e) (DB), in dem, aus mehreren bestehenden Datenquellen<br />

außerdem durch neue Eingabemöglichkeiten, notwendige Daten übertragen <strong>und</strong><br />

abgespeichert werden<br />

• Technologien zur Auswertung (AT) der abgelegten Daten in Form von Berichten,<br />

standardisierten Echtzeitabfragen <strong>und</strong> nutzerfre<strong>und</strong>liche, individuell gestaltbare<br />

Abfragen, z.B. mit Hilfe eines „Online Analytical Processing“ Werkzeugs (OLAP-Tool).<br />

Systemfunktionalitäten Krisenmanagement<br />

Die Systemfunktionalitäten, die auf die Anforderungen des Krisenmanagements ausgelegt<br />

sind, konzentrieren sich vorwiegend auf die akute Krisenphase. Entlang einer<br />

Wertschöpfungskette sind alle Akteure in dieser Phase in die Kommunikations- <strong>und</strong> Informationsstrukturen<br />

einzubeziehen, um effizient die Maßnahmen durchführen zu können.<br />

Deshalb sind die unterschiedlichen Anforderungen aller Akteure bei der Entwicklung <strong>und</strong><br />

Implementierung der drei Systemfunktionalitäten zu berücksichtigen:<br />

• Schnittstellen zur Übergabe von Informationen an bzw. von Behörden<br />

Zur Weiterleitung wichtiger Informationen bezüglich Einschränkungen von Handelsaktivitäten<br />

<strong>und</strong> Kontakten, aber auch zu Ermittlung von Kontaktstrukturen.<br />

• Dokumentenmanagementsystem zur Verwaltung <strong>und</strong> Lenkung erforderlicher<br />

Formulare <strong>und</strong> Dokumente<br />

Systemfunktionalität dient der zentralen Bereitstellung einheitlicher <strong>und</strong> aktueller<br />

Dokumente zur Dokumentation des Krisengeschehens <strong>und</strong> der systematisierten<br />

Informationsweitergabe.<br />

• Multiplikation von Informationen an beteilige Gruppen von Akteuren<br />

Diese Systemfunktionalität ist für eine unverzügliche <strong>und</strong> unmissverständliche<br />

Kommunikation von Maßnahmen an alle beteiligten Akteure der Kette ausgelegt, um<br />

die akute Krisensituation räumlich, aber auch zeitlich zu begrenzen.<br />

174


Für eine Umsetzung der geforderten Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsdienstleistungen<br />

im Aufgabenfeld Krisenmanagement ist eine Kombination aller vier Basisfunktionalitäten<br />

notwendig:<br />

• Datenbanksysteme (DB) zur Abspeicherung <strong>und</strong> Bereitstellung von Prozesskennzahlen<br />

sowie Handels- <strong>und</strong> Kontaktstrukturen<br />

• Auditmanagementsysteme (AM) zur regelmäßigen präventiven Kontrolle Tier haltender<br />

Betriebe <strong>und</strong> zur Vorbeugung bzw. Nachkontrolle von Hochrisikophasen<br />

• Dokumentenmanagementsysteme (DM) zur Verwaltung, Bereitstellung <strong>und</strong> Verbreitung<br />

notwendiger Formulare<br />

• Auswertungstools (AT) für standardisierte sowie individuelle Bereitstellung abgespeicherter<br />

Daten <strong>und</strong> Informationen.<br />

Systemfunktionalitäten Prozessmanagement<br />

Kommunikationsdienstleistungen in diesem Bereich erfordern die Integration bestehender,<br />

meist unabhängiger Dokumentationssysteme außerdem eine Erweiterung der Dateneingabe.<br />

Diese Systemfunktionalitäten sind vorwiegend auf die Bedürfnisse landwirtschaftlicher<br />

Betriebsleiter auszulegen. Diese wünschen sich einfach verständliche, praktikable<br />

<strong>und</strong> Zeit einsparende Technologien zum Übertragen der Daten aus existierenden Dokumentationsanwendungen,<br />

aber auch Ein- <strong>und</strong> Ausgabeoberflächen. Im Aufgabenfeld Prozessmanagement<br />

können bis zu vier Systemfunktionalitäten Teilaufgaben übernehmen:<br />

• Betriebszweigauswertung<br />

Diese Systemfunktionalität kann einerseits den Betriebsleiter in seinen Entscheidungsprozessen<br />

unterstützen, andererseits für Berater <strong>und</strong> Tierärzte im Rahmen<br />

von Schwachstellenanalysen oder zur Überprüfung des Beratungserfolgs von Bedeutung<br />

sein. Vorausgesetzt, die hierfür notwendigen Daten sind in digitalisierter Form<br />

verfügbar.<br />

• Betriebsvergleichsauswertung<br />

Abgesehen von den dafür bereitzustellenden Daten sind Voraussetzungen <strong>und</strong> Zielsetzungen<br />

dieser Systemfunktionalität identisch mit der der Betriebszweigauswertung.<br />

• Meldungen Tierbewegungen<br />

Nutztierzu- bzw. Nutztierabgänge oder beides sind zeitnah zu melden. In Kombination<br />

beispielsweise mit Warenwirtschaftssystemen von Handelsorganisationen oder<br />

Mast- <strong>und</strong> Sauenplanern kann diese Aufgabe durch diese Systemfunktionalität standardisiert<br />

<strong>und</strong> automatisiert werden.<br />

• Prozessdokumentation<br />

Die Prozessdokumentation ist die Voraussetzung für eine kontinuierliche Durchführung<br />

der beiden Systemfunktionalitäten Betriebszweig- <strong>und</strong> Betriebsvergleichsauswertung.<br />

Erst durch eine regelmäßige Dokumentation <strong>und</strong> somit Verfügbarkeit der<br />

Prozess- <strong>und</strong> Betriebsdaten werden Auswertungen ermöglicht. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

stehen bei dieser Systemfunktionalität Funktionen, mit denen die gesetzlich vorgeschriebenen<br />

Dokumentationsverpflichtungen unterstützt <strong>und</strong> erleichtert werden<br />

können. In diesem Zusammenhang ist eine Mehrfachnutzung bereits digitalisierter<br />

Daten aus der eigenen, aber auch aus vor- <strong>und</strong> nachgelagerten Stufen zu berücksichtigen.<br />

175


Systemfunktionalitäten Auditmanagement<br />

Die Systemfunktionalitäten für das Aufgabenfeld Auditmanagement sind auf die Unterstützung<br />

der vier Auditphasen, Auditplanung, -durchführung, -maßnahmen <strong>und</strong> -ergebnis<br />

auszulegen. Nutzergruppen sind Ferkelerzeuger <strong>und</strong> Mäster, die einerseits Unterstützung<br />

in allen Auditphasen für interne Audits, andererseits die aufbereiteten Ergebnisse externer<br />

Audits erwarten. Alle weiteren Nutzergruppen konzentrieren sich auf die Vorbereitung,<br />

Durchführung <strong>und</strong> Nachbereitung externer Audits auf Betrieben der Primärerzeugung.<br />

Durch den Koordinator sind wiederum unter Berücksichtigung der Anforderungen zur Unterstützung<br />

dieses Aufgabenfeldes folgende Systemfunktionalitäten zu implementieren:<br />

• Auditplanung, Nachbereitung <strong>und</strong> Ergebnisspeicherung<br />

Diese Systemfunktionalität wird für eine strukturierte Organisation des Auditablaufs<br />

benötigt.<br />

• In- <strong>und</strong> externe Verfahrensaudits<br />

Die hierfür bereitzustellenden Vorinformationen, aber auch die Checklisten für die<br />

Auditierung dienen einer systematischen Überprüfung der Prozesse <strong>und</strong> ihrer Teilschritte.<br />

• Produktaudits<br />

Ähnlich wie beim Verfahrensaudits sind auch hierfür Vorinformationen <strong>und</strong> Checklisten<br />

bereitzustellen, allerdings wird hierbei der Fokus auf das Produkt <strong>und</strong> nicht<br />

auf das Produktionsverfahren gelegt.<br />

• Dokumentenlenkung<br />

Zur Bereitstellung <strong>und</strong> Verfolgung von Vorgabe- <strong>und</strong> Eingabeformularen, die für die<br />

Auditvorbereitung, -durchführung <strong>und</strong> -nachbereitung benötigt werden.<br />

• Auditprotokoll <strong>und</strong> Ergebnis<br />

Diese Systemfunktionalität dient der Dokumentation der Audtitierung, aber auch der<br />

Unterstützung bei der Erfolgskontrolle von Maßnahmen, die aufgr<strong>und</strong> des Auditergebnisses<br />

eingeleitet wurden <strong>und</strong> deren Ergebnisverwaltung.<br />

Die Umsetzung dieser fünf Systemfunktionalitäten basiert auf vier Basisfunktionalitäten:<br />

• Datenbanksysteme (DB) zur Speicherung der Daten<br />

• Auditmanagementsystem (AM) zur Durchführung <strong>und</strong> Verwaltung der Audits<br />

• Dokumentenmanagementsystem (DM) für die Bereitstellung <strong>und</strong> Verfolgung der<br />

Änderung aller benötigten Formulare <strong>und</strong> Handlungsanweisungen<br />

• Auswertungstools (AT) für eine nutzerspezifische Aufbereitung der Auditergebnisse.<br />

Die hier beschriebenen 16 Systemfunktionalitäten erfüllen in Kombination Anforderungen,<br />

die sich neun von Petersen <strong>und</strong> Schütz (2007) definierten Elementen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

zuordnen lassen. Aus der nachfolgenden Übersichtstabelle (Tab. <strong>4.</strong>1/2)<br />

wird deutlich, dass einzelne Systemfunktionalitäten mehrere Elementen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

unterstützen. Die hier vorgestellte Systematik ist als eine Art Bauplan zu<br />

verstehen. Diese Zuordnung wird in den Folgekapiteln als Gr<strong>und</strong>lage zur Priorisierung fehlender<br />

Systemfunktionalitäten, die noch zu implementieren sind (Unterkapitel. <strong>4.</strong>3), <strong>und</strong><br />

zur Ermittlung des Reifegrads als Referenzsystem verwendet (Unterkapitel. <strong>4.</strong>4).<br />

176


Tab. <strong>4.</strong>1/2: Einordnung der Elemente des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements zu den Systemfunktionalitäten<br />

Elemente des GM Aufgabenbereiche<br />

Prozessmanagement<br />

Auditmanagement<br />

Krisenmanagement<br />

Lieferantenmanagement<br />

L1 L2 L3 L4 K1 K2 K3 P1 P2 P3 P4 A1 A2 A3 A4 A5<br />

1. <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung<br />

(aktuelle Erfassung, Aufklärung, Abstellen <strong>und</strong> Vorbeugen von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>schäden)<br />

Produktionsbegleitende Leistungs- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>kontrolle<br />

Vertraglich geregelte Bestandsbetreuung<br />

Externe Produkt- <strong>und</strong> Verfahrenaudits<br />

2. Herdendiagnostische Auswertung<br />

als Analyse zu Leistungen <strong>und</strong> Tierges<strong>und</strong>heit mit Schlussfolgerungen für die Betreuung, Haltung, Organisation<br />

Betriebszweigauswertung<br />

Betriebsvergleichsauswertung<br />

ITBS-Auswertungen<br />

3. Umfelduntersuchungen<br />

zur Ermittlung von Risiko- <strong>und</strong> Belastungsfaktoren für Tiere<br />

Prozessaudits<br />

Produktaudits<br />

<strong>4.</strong> Staatliche Überwachung<br />

zur Überprüfung <strong>und</strong> Sicherung der Rechtskonformität<br />

Kontrolle zur Einhaltung der Rechtsvorschriften (Transportverordnung, Schweinehaltungshygieneverordnung etc.)<br />

Risikoorientierte Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung<br />

Bereitstellung von Lebensmittelketteninformationen in Krisensituationen<br />

5. Informationen zur Lebensmittelkette<br />

Dokumentation <strong>und</strong> Informationsaustausch<br />

Ein- <strong>und</strong> Verkauf von Tieren<br />

Anmeldung zur Risikoorientierten Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung<br />

Salmonellenmonitoring<br />

Legende:<br />

A1 = Auditplanung, Nachbereitung <strong>und</strong> Ergebnisspeicherung K1 = Meldung an Behörden im Krisenfall L1 = Bewertung von Lebensmittelketteninformationen P1 = Betriebszweigauswertung<br />

A2 = In- <strong>und</strong> externe Verfahrenaudits K2 = Dokumentenlenkung in Krisensituationen L2 = Planung von Ein- <strong>und</strong> Verkauf P2 = Betriebsvergleichsauswertung<br />

A3 = Produktaudits K3 = Multiplikation von Behördeninformationen L3 = Vor- <strong>und</strong> Rückmeldung von Prozess- P3 = Standardisierte Meldungen<br />

A4 = Dokumentenlenkung <strong>und</strong> Produktkennzahlen P4 = Betriebsdokumentation<br />

A5 = Auditprotokoll <strong>und</strong> –ergebnis L4 = Berichte zur Lieferantenbewertung<br />

177


Tab. <strong>4.</strong>1/3: Fortsetzung Tab. <strong>4.</strong>1/2<br />

178<br />

Elemente des GM Aufgabenbereiche<br />

Prozessmanagement<br />

Auditmanagement<br />

Krisenmanagement<br />

Lieferantenmanagement<br />

L1 L2 L3 L4 K1 K2 K3 P1 P2 P3 P4 A1 A2 A3 A4 A5<br />

6. Epidemiologisches Monitoring<br />

Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung von Sondermaßnahmen<br />

Epidemiologisches Monitoring<br />

Krisenmanagement<br />

7. Erstellen von Vorberichten<br />

für Betriebsbesuche, interne Audits, Koordination der Betriebsbewertung, Lieferantenbeurteilung <strong>und</strong> des<br />

Auditmanagements<br />

Für Betriebsbesuche produktionstechnische Beratung<br />

Für Betriebsbesuche integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

Für interne Audits<br />

Lieferantenbeurteilung<br />

Betriebsbewertungen<br />

8. Frühwarn- <strong>und</strong> Alarminformationen<br />

Informationsbereitstellung<br />

Anzeigen Meldepflichtiger Krankheiten<br />

Für Produktionsprozess<br />

9. Zertifizierung<br />

des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Tierbeständen<br />

Erstellung von Auditplänen <strong>und</strong> -umfängen<br />

Checklisten für Auditierung<br />

Dokumentation <strong>und</strong> Bewertung von Testergebnissen<br />

Ausstellung von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zertifikaten<br />

Legende:<br />

A1 = Auditplanung, Nachbereitung <strong>und</strong> Ergebnisspeicherung K1 = Meldung an Behörden im Krisenfall L1 = Bewertung von Lebensmittelketteninformationen P1 = Betriebszweigauswertung<br />

A2 = In- <strong>und</strong> externe Verfahrenaudits K2 = Dokumentenlenkung in Krisensituationen L2 = Planung von Ein- <strong>und</strong> Verkauf P2 = Betriebsvergleichsauswertung<br />

A3 = Produktaudits K3 = Multiplikation von Behördeninformationen L3 = Vor- <strong>und</strong> Rückmeldung von Prozess- P3 = Standardisierte Meldunge<br />

A4 = Dokumentenlenkung <strong>und</strong> Produktkennzahlen P4 = Betriebsdokumentation<br />

A5 = Auditprotokoll <strong>und</strong> –ergebnis L4 = Berichte zur Lieferantenbewertung


Diskussion <strong>und</strong> Ausblick<br />

Koordinationsfunktionen im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management sind als<br />

Dienstleistungen für mehrere K<strong>und</strong>engruppen zu betrachten. Dabei ist es entscheidend,<br />

Dienstleistungsaufgaben für unterschiedliche Gruppen der Wertschöpfungskette zu definieren<br />

<strong>und</strong> klar voneinander abzugrenzen. Im Wesentlichen geht es dabei um die Frage, wer<br />

in der Rolle eines Dienstleistungsgebers oder eher Dienstleistungsnehmers steht. Die Ergebnisse<br />

der empirischen Studie lassen klar erkennen, dass einige Gruppen von Akteuren<br />

in einer Doppelfunktion stehen, sowohl als Dienstleistungsnehmer als auch als Dienstleistungsgeber.<br />

Dies sind beispielsweise Berufsgruppen, die Beratungsleistungen wie Hoftierärzte,<br />

produktionstechnische Berater u.a. anbieten.<br />

Die empirischen Studien zeigten weiterhin, dass vor allem ein Fehlen geeigneter sektorspezifischer<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssysteme von den unterschiedlichsten<br />

Gruppen der Befragten bemängelt wird. Besonders klar erkannten dies die im AIDA-Projekt<br />

engagierten Viehvermarkter, die gleichzeitig bereit waren, Investitionen zu tätigen, um<br />

Methoden <strong>und</strong> Konzepte zu entwickeln, wie sich diese Lücken zukünftig schließen lassen<br />

(Nüssel 2009).<br />

Überbetriebliches <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management setzt Interaktionen innerhalb der Wertschöpfungskette<br />

bzw. Wertschöpfungsnetzwerks voraus. Die Studien zeigten eine bislang<br />

weit unterschätzte Bereitschaft von Tierhaltern beim Austausch von Daten entlang der<br />

Wertschöpfungskette sowie einen deutlich artikulierten Bedarf an Koordinationsleistungen.<br />

Unternehmen wie Viehvermarkter sehen damit eine Chance, ihr Dienstleistungsangebot<br />

zu erweitern. Da dies insbesondere Investitionen in Informations- <strong>und</strong> Kommunikationswerkzeuge<br />

bedeutet, sind Methoden für ein systematisches Planen eines sektorspezifischen<br />

Dienstleistungsangebotes erforderlich. Für die Entwicklung geeigneter Informations-<br />

<strong>und</strong> Kommunikationssysteme ist es zunächst wichtig, die exakten Bedürfnisse des<br />

jeweiligen Nutzers zu kennen (Strauch 2002).<br />

Die strategische Planung besteht im Wesentlichen aus den drei aufeinander aufbauenden<br />

Schritten, der Zielformulierung, der Analyse <strong>und</strong> Formulierung von Strategien <strong>und</strong> der<br />

Auswahl von Maßnahmen (Hungenberg <strong>und</strong> Wulf 2007). Die Ausgangsituation bezüglich<br />

der Ziele ist bei allen Dienstleistern identisch. Die Zielformulierung lautet: Anpassung<br />

des Dienstleistungsportfolios an die K<strong>und</strong>enbedürfnisse. Die Subziele dieses Hauptziels<br />

variieren in Abhängigkeit von der Position, die der Dienstleister <strong>und</strong> seine K<strong>und</strong>en in der<br />

Wertschöpfungskette einnehmen (Lambert <strong>und</strong> Cooper 2000). Eine wesentliche Rolle<br />

spielt dabei die Anzahl an unterschiedlichen Interaktionen zwischen Netzwerkkoordinator<br />

<strong>und</strong> Netzwerkpartner (Lazzarini et al. 2001; Schulze Althoff et al. 2005) sowie die Art der<br />

zu erbringenden Dienstleistungen. Beides setzt im Fall der Schweinefleisch erzeugenden<br />

Kette in Deutschland ein Umsetzungskonzept für die Kombination technischer <strong>und</strong> organisatorischer<br />

Innovationen voraus, das im Rahmen des Verb<strong>und</strong>projektes AIDA gemeinsam<br />

zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Wissenschaft erarbeitet wurde <strong>und</strong> in den folgenden Teilkapiteln<br />

näher erläutert wird.<br />

179


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180<br />

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182


<strong>4.</strong>2 Dienstleistungskomplexität <strong>und</strong> -intensität<br />

Verena Schütz, Adriane Mack <strong>und</strong> Brigitte Petersen<br />

Seit langem ist bekannt, dass Dienstleistungen einen stetig an Bedeutung wachsenden<br />

tertiären Wirtschaftsbereich darstellen (Fouristiè 1954). Dienstleistungen sind demnach<br />

ein ökonomisches Gut, jedoch nicht jedes ökonomische Gut ist eine Dienstleistung. Wie<br />

in diesem Zusammenhang Dienstleistung charakterisiert wird, welche sektorspezifischen<br />

Dienstleistungen Viehvermarkter in welcher Form heute bereits anbieten oder zukünftig in<br />

ihren Organisationen als Geschäftsbereich sehen, steht im Mittelpunkt dieses Unterkapitels.<br />

Dabei geht es im Wesentlichen um die Fragen, inwieweit sich aufgr<strong>und</strong> der Komplexität<br />

<strong>und</strong> der Intensität von Serviceleistungen insbesondere bei der Unterstützung Tier haltender<br />

Betriebe im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> neue Geschäftsfelder innerhalb<br />

bestehender oder neuer Unternehmensstrukturen entwickeln können. Von besonderem<br />

Interesse ist dabei, die personellen <strong>und</strong> zeitlichen Ressourcen für die Leistungserstellung<br />

abzuschätzen, um Planungen für zukünftige Investitionen zu erleichtern.<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Problemstellung<br />

In der Literatur wird der Charakter von Dienstleistungen mit folgenden Eigenschaften<br />

beschrieben:<br />

• Immaterielles Produkt <strong>und</strong> damit nicht greifbar,<br />

• der K<strong>und</strong>e ist direkt in die Leistungserstellung mit eingeb<strong>und</strong>en,<br />

• Zeitgleichheit von Produktion <strong>und</strong> Konsum (uno-actu-Prinzip),<br />

• Unmöglichkeit der Lagerung <strong>und</strong> Übertragbarkeit <strong>und</strong><br />

• höheres Maß an Individualität sowie heterogenen Leistungen.<br />

Die meisten Autoren sind sich einig, dass dies Kriterien sind, deren Qualität sich nicht<br />

leicht messen lässt (Corsten 1988; Ellis <strong>und</strong> Kaufstein 2004; Evanschitzky 2003; Haller<br />

1998; Meffert <strong>und</strong> Bruhn 2003; Stauss <strong>und</strong> Hentschel 1991; Zeithaml et al. 1990). Dennoch<br />

ist es für die Entwicklung neuer Dienstleistungen entscheidend, diese Charakteristika<br />

in die Qualitätsbetrachtung einzubeziehen. Einfluss auf die Qualitätswahrnehmung haben<br />

im Wesentlichen die drei erst genannten Faktoren. Im Vergleich zu Sachgütern kann der<br />

K<strong>und</strong>e das Produkt nicht schmecken, riechen, fühlen oder vor dem Kauf sehen. Dies <strong>und</strong><br />

die Informationsasymmetrie zwischen Anbieter <strong>und</strong> Nachfrager (Ahlert et al. 2001; Fritsch<br />

et al. 2001; Nelson 1970) erschweren die Bewertung (Mc Dougall <strong>und</strong> Snetsinger 1990).<br />

Die Qualität von Dienstleistung ist zudem in einem hohen Maße vom subjektiven Beurteilungsvermögen<br />

<strong>und</strong> dem Beurteilungsverhalten des Nachfragers abhängig (Meffert <strong>und</strong><br />

Bruhn 2003). Stauss (1992) merkt an, dass das Qualitätserleben des K<strong>und</strong>en nicht nur<br />

durch die Kernleistung, wie beispielsweise die Übermittlung von Informationen im Rahmen<br />

einer telefonischen Beratung, sondern von einer Fülle von Teilschritten <strong>und</strong> somit vielen<br />

Eindrücken, die in Verbindung mit der eigentlichen Kernleistung stehen, geprägt wird. Die<br />

Kernleistung ist nur ein Teil eines wesentlich umfangreicheren Dienstleistungserlebnisses<br />

(Gummesson 1991). Entscheidungen für oder gegen eine Dienstleistung bzw. einen Dienstleistungsanbieter<br />

basieren eher auf Erfahrungs- <strong>und</strong> Glaubenseigenschaften, weniger auf<br />

Sucheigenschaften des Produkts (Adler 1994; Kaas 1991; Krishnan <strong>und</strong> Haerline 2001).<br />

Meffert <strong>und</strong> Bruhn (2003) gehen davon aus, dass je höher der Anteil an Erfahrungs- <strong>und</strong><br />

Vertrauenseigenschaften ist, desto höher ist auch der Grad an Unsicherheit <strong>und</strong> das Informationsdefizit.<br />

Für Viehvermarkter ist der Vertrauensvorsprung aufgr<strong>und</strong> der traditionellen<br />

183


Aktivitäten wie Übernahme der Bündlerfunktion im Rahmen der QS Zertifizierung eine<br />

solide Basis für weitere Angebote an vorhandene K<strong>und</strong>en.<br />

Eine Reihe von Autoren geben zu bedenken, dass bei der Erstellung von Dienstleistungen<br />

die Wertschöpfungsprozesse des Anbieters mit den K<strong>und</strong>enprozessen verschmelzen<br />

(Gerken 1990; Kleinaltenkamp 1995; Servatius 1996). In arbeitsteiligen Ketten der Agrar<strong>und</strong><br />

Ernährungswirtschaft ist darüber hinaus auch die Verzahnung der Prozesse mit den<br />

vor- <strong>und</strong> nachgelagerten Stufen zu berücksichtigen (Plaggenhoef 2007; Poignèe 2008). Das<br />

Ziel der Dienstleistung sieht Gadatsch (2001) in der Optimierung der Geschäftsprozesse<br />

des K<strong>und</strong>en unter Berücksichtigung der Optimierung eigener Prozesse, um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

aller Beteiligten zu steigern.<br />

Auf Vorschlag von Schütz <strong>und</strong> Mitautoren (2008) ließ sich die K<strong>und</strong>enseite in zwei<br />

Gruppen von Dienstleistungsnehmern unterteilen:<br />

Dienstleistungsunternehmen 1. Grades: Hierbei handelt es sich um Dienstleister, die das<br />

Leistungsangebot eines Netzwerkkoordinators für ihre eigene Leistungsstellung einsetzten.<br />

Dienstleistungsnehmer 2. Grades: Diese hingegen beziehen Leistungen von Dienstleistungsnehmern<br />

1. Grades oder vom Netzwerkkoordinator als Dienstleistungsgeber.<br />

Ein methodisch-theoretischer Rahmen, um Dienstleistungsqualität auch im Hinblick<br />

auf die Fleisch erzeugende Kette zu messen, ist das von Zeithaml <strong>und</strong> Mitautoren (1992)<br />

beschriebene GAP-Modell, das von Schütz (2009) bezogen auf die spezifischen Fragen im<br />

Viehhandel aufgegriffen wurde. Andere Autoren bezeichnen den theoretischen Ansatz auch<br />

als Lücken-Modell (Blunck 1998) oder Diskrepanzmodell (Ihlenfeldt 2000).<br />

Vorgeschlagen wird von den Autoren sechs aufeinander folgende Arbeitsschritte zur<br />

Messung der Dienstleistungsqualität <strong>und</strong> somit der Entsprechung der K<strong>und</strong>enerwartungen<br />

zu berücksichtigen:<br />

• Ermittlung der K<strong>und</strong>enerwartungen,<br />

• Spezifikation der erwarteten Dienstleistungen,<br />

• Analyse des Dienstleistungserstellungsprozesses,<br />

• Spezifikation der zu erbringenden Dienstleistungen,<br />

• Überprüfung der Kommunikation der Leistungserstellungspotentiale,<br />

• Bewertung der Dienstleistungsqualität durch den K<strong>und</strong>en.<br />

184<br />

Im Unterkapitel 3.5 werden Ergebnisse empirischer Studien in Unternehmen der<br />

genossenschaftlichen Viehvermarktung insbesondere mit Blick auf die K<strong>und</strong>enerwartungen<br />

ausführlich erläutert. Eine weitere Frage, der im Rahmen des AIDA Projektes nachgegangen<br />

wurde, war, welches Dienstleistungsspektrum heute bereits von Viehvermarktern<br />

abgedeckt wird. Darüber hinaus interessierte, in welcher Rolle sich diese Organisationen<br />

zukünftig sehen <strong>und</strong> ob sie ihre Funktion in Zukunftsaufgaben eher als Dienstleistungsnehmer<br />

oder als Dienstleistungsgeber lösen wollen. Dabei galt es, die spezifischen K<strong>und</strong>en-<br />

Lieferanten Beziehungen im Viehhandel zwischen Ferkelerzeugern, Mästern, Schlachthöfen<br />

<strong>und</strong> weiteren Dienstleistern wie Tierärzten, Beratungseinrichtungen <strong>und</strong> Laboren detailliert<br />

zu analysieren.<br />

Die Herausforderung bestand darin, Methoden zu entwickeln <strong>und</strong> zu testen, die es erlauben,<br />

die Entwicklungspotentiale einzelner Viehvermarkter zum Netzwerkkoordinator zu<br />

erkennen. Ziel war es, in empirischen Studien zu prüfen, wie sich Gemeinsamkeiten <strong>und</strong><br />

Unterschiede in der Art <strong>und</strong> Weise der Leistungserbringung bei bestehenden Organisationen<br />

am Markt verdeutlichen lassen <strong>und</strong> wie sich der Ressourceneinsatz für unterschiedliche,<br />

sektorspezifische Dienstleistungstypologien kalkulieren lässt.


Methodische Vorgehensweise<br />

Das Vorgehen erfolgte in vier Schritten:<br />

1. Analyse der Ausgangsbedingungen in 14 Viehvermarktungsorganisationen im Hinblick<br />

auf Dienstleistungen im Rahmen des überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements.<br />

2. Berechnung von Indizes zur Schätzung der Intensität <strong>und</strong> Komplexität von Leistungen.<br />

3. Erstellen von Dienstleistungsportfolios als Benchmarking.<br />

<strong>4.</strong> Ermittlung des Aufwands an Zeit <strong>und</strong> Anzahl von Mitarbeitern zur Etablierung unterschiedlicher<br />

Dienstleistungsangebote.<br />

In der Analysephase sind zunächst Dienstleistungsprozesse von 14 Organisationen aus<br />

dem Viehhandel dargestellt <strong>und</strong> miteinander verglichen worden. Die Analyse der Dienstleistungsprozesse<br />

berücksichtigte alle am Prozess beteiligten internen Organisationseinheiten,<br />

deren Aufgaben, EDV-technischen Lösungen, In- <strong>und</strong> Outputs, Schnittstellen während der<br />

Leistungserstellung sowie den externen Unternehmen, die entweder K<strong>und</strong>e oder Lieferant<br />

der Vermarktungsorganisation sind. Verwendung fand dabei die Methode des Blueprints<br />

nach Shostak (1987). Gr<strong>und</strong>lage zur Erstellung eines Blueprints (Darstellung eines Leistungserstellungsprozesses)<br />

waren drei Expertengespräche. In den Organisationen standen<br />

hierfür sowohl Geschäftsführung als auch Abteilungsleiter <strong>und</strong> Angestellte aus den für die<br />

Studie relevanten Aufgabenfeldern zur Verfügung. Die Ergebnisse waren detailliert beschriebene<br />

Prozesse der verschiedenen Organisationen. Prozesse mit sehr ähnlichen oder<br />

gleichen Zielen wurden zu Gruppen zusammengefasst. Für den zweiten Schritt sind die in<br />

Tabelle <strong>4.</strong>2/1 definierten Parameter zur Ermittlung der Dienstleistungsintensität (di) <strong>und</strong><br />

Dienstleistungskomplexität (dk) verwendet worden.<br />

Tab. <strong>4.</strong>2/1 Parameter zur Bestimmung der Dienstleistungsintensität <strong>und</strong> ‐komplexität<br />

Symbol Parameter Definition<br />

Komplexität<br />

Intensität<br />

t Dienstleistungstypologie Ist eine Funktion im einzel- <strong>und</strong><br />

überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management, die<br />

vom Dienstleister übernommen werden kann.<br />

Die Ausprägung einer Typologie wird durch die<br />

Parameter k <strong>und</strong> d beschrieben.<br />

k Leistungskombination Spezifische Aufgaben einer<br />

Dienstleistungstypologie.<br />

d Dokument Berücksichtigt alle Dokumente (z.B. Vorgabe-,<br />

Ein- <strong>und</strong> Ausgabedokumente), die während des<br />

Leistungserstellungsprozesses benötigt werden.<br />

w<br />

Wiederholung einer<br />

Leistungskombination<br />

pro<br />

Betrieb/Unternehmen<br />

<strong>und</strong> Jahr<br />

Aufsummierte Leistungserstellungsprozesse<br />

einer spezifischen Leistung pro Akteur <strong>und</strong> Jahr.<br />

m Anzahl K<strong>und</strong>en Gibt die Anzahl der K<strong>und</strong>en aller Gruppen von<br />

Akteuren wieder, die die Dienstleistung in<br />

Anspruch nehmen.<br />

Quelle: mod. nach Schütz 2009<br />

185


Tab. <strong>4.</strong>2/2: Bezeichnung Variablen der Produktionsrichtungen <strong>und</strong> deren Beschreibungen<br />

Produktionsrichtung (P) Beschreibung<br />

Zucht (Z)<br />

Elterntiere (Nukleusherde)<br />

Aufzucht Zucht (AZ)<br />

Jungsauenvermehrung (VJ)<br />

Jungsauenaufzucht (AJ)<br />

Vermehrung (VM)<br />

Aufzucht (AMa)<br />

Mast (M)<br />

Aufzucht der Elterntiere (Absetzen bis Eingliederung in<br />

Nukleusherde bzw. Vermehrung Jungsauen)<br />

Vermehrung der F1 Generation<br />

Aufzucht der Jungsauen (Absetzen bis Eingliederung in die<br />

Herde Vermehrung Masttiere)<br />

Produktion von Ferkeln für den Mastprozess<br />

Aufzucht von Absetzferkeln für den Mastprozess<br />

(8 kg – max. 35 kg)<br />

Mastprozess (35 kg – vorgesehenes Schlachtgewicht)<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

Die Berechnungen der beiden Kenngrößen Dienstleistungsintensität <strong>und</strong> -komplexität<br />

erfolgten nach dem Modell von Mack (2007). Als Variablen berücksichtigte die Formel Mitarbeiter<br />

(MA) je Organisation <strong>und</strong> die Produktionsrichtungen (P) (Tab. <strong>4.</strong>2/2).<br />

mP<br />

* wP<br />

diP<br />

<br />

m * wobei<br />

P max<br />

w<br />

P max<br />

m<br />

P<br />

n<br />

<br />

mki<br />

i1 ; k<br />

0<br />

n<br />

k<br />

<br />

i<br />

i 1<br />

19<br />

<br />

w P<br />

w k<br />

k 1<br />

n<br />

<br />

i1<br />

dk<br />

t P<br />

t i<br />

( P)<br />

tP(<br />

kP<br />

d<br />

P<br />

)<br />

wobei<br />

t * ( k d )<br />

di<br />

P max<br />

ges<br />

P max<br />

n<br />

<br />

k P<br />

k i<br />

7<br />

<br />

m<br />

P1<br />

<br />

m<br />

i 1<br />

P<br />

ges max<br />

P max<br />

<br />

* <br />

<br />

* w<br />

7<br />

<br />

P1<br />

w<br />

p<br />

ges max<br />

<br />

<br />

<br />

n<br />

<br />

d P<br />

d i<br />

i1<br />

dk<br />

ges<br />

<br />

t<br />

7<br />

<br />

t<br />

p<br />

P 1<br />

ges max<br />

* (<br />

* ( d<br />

7<br />

<br />

P1<br />

d<br />

p<br />

ges max<br />

<br />

7<br />

<br />

p<br />

P1<br />

k<br />

k<br />

)<br />

ges max<br />

)<br />

186<br />

d = Dokument<br />

dP = Dokumente je Produktionsrichtung<br />

di = Dienstleistungsintensität<br />

diges = Dienstleistungsintensität einer Organisation<br />

dk = Dienstleistungskomplexität


dkges = Dienstleistungskomplexität einer Organisation<br />

k = Leistungskombination<br />

kP = Leistungskombinationen je Produktionsrichtung<br />

m = Anzahl Nutzer bzw. K<strong>und</strong>en<br />

mP = Anzahl Nutzer einer Produktionsrichtung<br />

MA = Mitarbeiter<br />

t = Dienstleistungstypologie<br />

tP = Dienstleistungstypologien je Produktionsrichtung<br />

P = Produktionsrichtung<br />

w = Wiederholung einer Leistungskombination pro Betrieb <strong>und</strong> Jahr<br />

wP = Wiederholung einer Leistungskombination pro Betrieb <strong>und</strong> Jahr einer<br />

Produktionsrichtung<br />

Für jede Organisation <strong>und</strong> für unterschiedliche Dienstleistungskombinationen erfolgte<br />

bezogen auf K<strong>und</strong>en aus der Stufe Vermehrung, Aufzucht <strong>und</strong> Mast im dritten Schritt ein<br />

Benchmarking der Unternehmen in Form von Portfolios als graphische Darstellung der<br />

Indexberechnung.<br />

Im vierten Schritt erfolgte die Berechnung von Erwartungswerten für dk (Dienstleistungskomplexität)<br />

<strong>und</strong> di (Dienstleistungsintensität) für unterschiedliche Dienstleistungsszenarien.<br />

Dabei ist der Gr<strong>und</strong>satz eines abnehmenden Grenznutzens der Leistungserstellung<br />

in Abhängigkeit der Anzahl Mitarbeiter je Organisation mit der Regressionsfunktion<br />

f ( x)<br />

= loga<br />

+ b unterstellt worden. Die maximalen Erwartungswerte (E) für die Parameter<br />

m (Anzahl Nutzer bzw. K<strong>und</strong>en), w (Wiederholung einer Leistungskombination pro Betrieb<br />

pro Jahr), t (Dienstleistungstypologie), k (Leistungskombination) <strong>und</strong> d (Dokument) sind<br />

jeweils über die Funktionen f(m), f(w), f(t), f(k) <strong>und</strong> f(d) in der Form von f ( x)<br />

= loga<br />

+ b<br />

in Abhängigkeit von der Zahl der Vollarbeitskräfte je Organisation für die einzelnen Produktionsrichtungen<br />

<strong>und</strong> für die gesamte Organisation bestimmt worden. Die Berechnung<br />

der Parameter a <strong>und</strong> b erfolgte mit Hilfe eines eigens hierfür entwickelten Excel basierten<br />

Softwaretools. Das Tool erlaubt die Aus- bzw. Belastung der Mitarbeiter einer Organisation<br />

abzuschätzen, wenn das bestehende Dienstleistungsangebot beibehalten oder erweitert<br />

werden soll.<br />

Systematisierung sektorspezifischer Leistungen:<br />

Die Parameter Dienstleistungstypologie, Leistungskombination <strong>und</strong> Dokumentation<br />

geben das Ordnungsschema vor, nach dem sich Dienstleistungen in Organisationen der<br />

Viehvermarktung gruppieren <strong>und</strong> rangieren lassen. Unterschieden werden neun typische<br />

Dienstleistungskomplexe, denen jeweils Dienstleistungsfunktionen (Tab. <strong>4.</strong>2/3) <strong>und</strong> neun<br />

Elemente des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements zugeordnet werden (Tab. <strong>4.</strong>2/4). Die dargestellten<br />

13 Leistungstypologien <strong>und</strong> vier Dienstleistungsfunktionen bilden eine Referenzstruktur.<br />

Tabelle <strong>4.</strong>2/4 <strong>und</strong> <strong>4.</strong>2/5 stellen einen Vorschlag zur Gruppierung der 16 identifizierten<br />

Dienstleistungstypologien dar. Die beiden Typologien <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung <strong>und</strong> epidemiologisches<br />

Monitoring stehen im engen Zusammenhang mit den Leistungstypologien der<br />

produktionstechnischen sowie integrierten tierärztlichen Bestandsbetreuung.<br />

Die einfachste Form der Leistungserstellung ist die Vermittlung von Beratern <strong>und</strong> Fachtierärzten.<br />

Diese Leistungen werden hauptsächlich dann ausgeführt, wenn Probleme bei<br />

Tierlieferungen bezüglich des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status oder Einbußen bezogen auf Einzeltierleistungen<br />

zu erwarten sind, bzw. ihnen vorgebeugt werden soll. In diesem Fall gibt der Dienstleister<br />

an einen neutralen Dritten als verantwortlichen Durchführenden die Leistungsfunk-<br />

187


Tab. <strong>4.</strong>2/3: Dienstleistungsfunktionen <strong>und</strong> -typologien im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Dienstleistungsfunktion<br />

Beratung<br />

Tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

Handel<br />

Datenmanagement<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

Leistungstypologie<br />

Vermittlung von Beratungsleistungen<br />

Einzelberatung im Bedarfsfall<br />

Produktionstechnische Bestandsbetreuung<br />

Gruppenberatung<br />

Futtermittelberatung<br />

Spezialberatung Klima<br />

Spezialberatung Fütterungstechnik<br />

Vermittlung von Fachtierärzten<br />

Integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

Ein- <strong>und</strong> Verkaufsberatung<br />

Auswertung <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung<br />

Epidemiologisches Monitoring<br />

tion ab, ohne weiterhin unmittelbar in den Leistungserstellungsprozess involviert zu sein.<br />

In allen anderen Leistungstypologien kommen zum Planen, Durchführen <strong>und</strong> Nachbereiten<br />

spezifische EDV-gestützte Softwarelösungen zum Einsatz. Dies sind einerseits individuell<br />

für eine Organisation entwickelte <strong>und</strong> implementierte Softwareprogramme. Andererseits<br />

handelt es sich um Standardprogramme aus dem Bereich CRM-Software bzw. um landwirtschaftliche<br />

Managementprogramme, die weiterentwickelt <strong>und</strong> auf die Bedürfnisse der<br />

jeweiligen Organisation abgestimmt sind, um damit die Beratungsaktivitäten bzw. überbetrieblichen<br />

Auswertungen zu unterstützten.<br />

Jede der aufgeführten Leistungstypologien beinhaltet mindestens eine der drei Aktivitäten<br />

Beratung vor Ort, internetgestützte Kommunikation <strong>und</strong> überbetriebliche Koordination.<br />

Die Analyse ergab, dass die befragten Unternehmen gesamtbetrachtet 29 verschiedene<br />

Leistungen in unterschiedlichen Kombinationen anbieten. Mit dem Parameter Leistungskombination<br />

gehen alle hier ermittelten Varianten in die Indexberechnung aus Dienstleistungskomplexität<br />

ein. Erfasst wurde zu den jeweiligen Aktivitäten auch die mit geltenden<br />

Unterlagen wie Formulare <strong>und</strong> Dokumente. Bis zu 44 unterschiedliche Dokumenttypen<br />

ließen sich unterscheiden. Sie sind häufig auch Vorlagen für entsprechende Softwarelösungen<br />

zur Unterstützung der Datenaufnahme <strong>und</strong> Dokumentation. Für die an der empirischen<br />

Erhebung teilgenommenen Unternehmen wurde auf Gr<strong>und</strong>lage der zuvor erstellten Systematik<br />

die jeweilige Intensität <strong>und</strong> Komplexität ihres momentanen Dienstleistungsangebotes<br />

ermittelt. Graphisch dargestellt zeigen die Werte im nachfolgenden Portfolio (Abb. <strong>4.</strong>2/1),<br />

dass sich die befragten Viehvermarkter in ihren Dienstleistungsprofilen deutlich voneinander<br />

unterscheiden.<br />

Die Mehrzahl der berechneten Indexwerte liegt im linken unteren Quadranten. Dies<br />

bedeutet, die meisten der Pilotunternehmen hatten sich zu Beginn der Studie auf die<br />

traditionellen Bereiche des Viehhandels spezialisiert <strong>und</strong> boten ihrem K<strong>und</strong>en nur wenig<br />

Unterstützungsleistung im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. Lediglich zwei Unternehmen<br />

hatten bereits in den Jahren zuvor in neue Dienstleistungsfelder investiert. Ihre<br />

Berechnungswerte für den Dienstleistungsindex liegen im rechten oberen Quadranten.<br />

188


Tab.<strong>4.</strong>2/4: Zuordnung von Leistungstypologien, Leistungskombinationen <strong>und</strong> Dokumenten zu<br />

den neun Elementen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

Leistungstypologie (t)<br />

Vermittlung von<br />

Beratungsleistungen<br />

Variablen der Dienstleistungskomplexität<br />

Leistungskombination<br />

(Aktivitäten) (k)<br />

Adressvermittlung Beratung -----<br />

Dokumente (d)<br />

Elemente des<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

Vertragsbindung Beratung<br />

Vorgabedokument Beratungsvertrag<br />

Einzelberatung im Bedarfsfall<br />

telefonische Beratung<br />

Bedarfsfall<br />

vor Ort Besuch Beratung<br />

Bedarfsfall<br />

Stalldurchgang Beratung<br />

Bedarfsfall<br />

Vorgabedokument telefonische Beratung<br />

Vorgabedokument vor Ort Beratung<br />

Vorgabedokument Haltung X X<br />

Vorgabedokument Klima X X<br />

Vorgabedokument Fütterung X X<br />

Vorgabedokument Impfung X X<br />

Vorgabedokument<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

X X X<br />

produktionstechnische<br />

Bestandsbetreuung<br />

Betriebsaudit -<br />

Bestandsbesuch prod.<br />

Beratung<br />

telefonische<br />

produktionstechnische<br />

Beratung<br />

vor Ort Besuch<br />

produktionstechnische<br />

Beratung<br />

Vorgabedokument Betriebsaudit X X X X<br />

Vorgabedokument telefonische Beratung<br />

Vorgabedokument vor Ort Beratung<br />

Gruppenberatung<br />

(Arbeitskreise)<br />

Leitung von Arbeitskreisen<br />

Vorgabedokument Protokoll Arbeitskreis<br />

Futtermittelberatung<br />

Futteraudit Vorgabedokument Futter/Fütterung X X<br />

Futtermittelanalysen Vorgabedokument Futtermittelanalysen X X<br />

Vorgabedokument Aufbereitung<br />

Laboranalyse Futterbeprobung<br />

Spezialberatung Klima<br />

Spezialberatung<br />

Fütterungstechnik<br />

Vermittlung von (Fach-)<br />

Tierärzten<br />

Integrierte tierärztliche<br />

Bestandsbetreuung<br />

Rationsberechnung<br />

Vorgabedokument<br />

Futterrationsberechnung<br />

Klimaaudit Vorgabedokument Klimaaudit X X<br />

Audit Fütterungstechnik Vorgabedokument Fütterung X X<br />

Adressvermittlung (Fach-)<br />

Tierarzt<br />

Vertragsbindung (Fach-)<br />

Tierarzt<br />

-----<br />

Vorgabedokument Betreuungsvertrag<br />

Tierarzt<br />

ITBS-Audit Vorgabedokument ITBS-Checklisten X X X<br />

ITBS-Audit -<br />

Ursachenanalyse<br />

Vorgabedokument ITBS Ursachenanalyse X X X<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

189


Tab. <strong>4.</strong>2/5: Fortsetzung Tab. <strong>4.</strong>2/4<br />

Ein- <strong>und</strong><br />

Verkaufsberatung<br />

Audit <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

Ausstallung<br />

Vorgabedokument <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status Tierverkauf<br />

Vorgabedokument Schlachthofvoranmeldung X<br />

Schlachthofvoranmeldung Risikoorientierte<br />

Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung<br />

X<br />

Lieferantenbewertung X<br />

Auswertung<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

(Landwirt)<br />

Auswertungen Spezial- <strong>und</strong><br />

Bedarfsfallberatung<br />

Auswertung Fütterung X X X<br />

Auswertung Klima X X X<br />

Auswertung Haltung X X X<br />

Auswertung <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status X X X<br />

Betriebsauswertung ITBS Auswertung <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status - Betrieb X X X<br />

Auswertung <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status im Betriebsvergleich X X X<br />

Betriebsauswertung<br />

produktionstechnische<br />

Beratung<br />

Epidemiologisches<br />

Montitoring<br />

Frühwarn- <strong>und</strong><br />

Alarminformationen<br />

Betriebsauswertung X X X<br />

Betriebsvergleichsauswertung X X X<br />

Auswertung Epidemiologisches Monitoring X X X<br />

Hinweisdokument Annährung bzw. Überschreitung<br />

von Warn- <strong>und</strong> Eingriffsgrenzen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung Salmonellenmonitoring Vorgabedokument Beprobungsplan<br />

Salmonellenmonitoring<br />

X X X<br />

X<br />

Nachweisdokument Salmonellenbeprobung X X X<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>audit Vorgabedokument Beprobungsplan<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

X X X X<br />

Auditdokument <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung X X X X X<br />

Nachweisdokument <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status X X X X X<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zertifikat X X X X<br />

Epidemiologisches<br />

Monitoring<br />

Adressermittlung von<br />

Monitoringmaßnahmen<br />

Vertragsbindung zu<br />

Monitoringmaßnahmen<br />

Durchführung von<br />

Epidemiologischen<br />

Monitorings<br />

------ X<br />

Vertrag Epidemiologisches Monitoring X X<br />

Monitoringplan X X<br />

Vorgabedokument Epidemiologisches Monitoring X X X<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

190<br />

1 = <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung<br />

2 = Herdendiagnostische Auswertung<br />

3 = Umfelduntersuchungen<br />

4 = Staatliche Überwachung<br />

5 = Informationen zur Lebensmittelkette<br />

6 = Epidemiologisches Monitoring<br />

7 = Erstellung von Vorberichten<br />

8 = Frühwarn- <strong>und</strong> Alarminformationen<br />

9 = Zertifizierung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status


Abb.:<strong>4.</strong>2/1: Portfolio der Dienstleistungsangebote von 14 Viehvermarktern rangiert nach di <strong>und</strong><br />

dk <strong>und</strong> unterteilt in Leistungen für die Stufen Vermehrung, Aufzucht <strong>und</strong> Mast<br />

di VM<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 6 12<br />

dk VM<br />

Vermehrung<br />

di AMa<br />

8<br />

4<br />

0<br />

0 9 18<br />

Aufzucht<br />

dk AMa<br />

di M<br />

3,0<br />

1,5<br />

0,0<br />

0 6 12<br />

dk M<br />

Mast<br />

Legende:<br />

Viehvermarkter<br />

di = Dienstleistungsintensität<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

Mittel aller Viehvermarkter<br />

dk = Dienstleistungskomplexität<br />

191


Eine Untergliederung der Quadranten des Portfolios erleichtert die Interpretation. Die<br />

Wertebereiche für die beiden Kriterien di <strong>und</strong> dk sind einseitig offen <strong>und</strong> können einen Wert<br />

von 0 bis ∞ annehmen. Die Berechnung der Hilfslinien erfolgt durch Ermittlung eines sektorspezifischen<br />

Mittelwertes für di <strong>und</strong> dk. Auf der Basis dieser Referenzwerte für di <strong>und</strong><br />

dk lässt sich ein Portfolio mit den in Abb. <strong>4.</strong>2/2 dargestellten Bezeichnungen für die vier<br />

Quadranten erstellen.<br />

Abb. <strong>4.</strong>2/2: Dienstleistungs-Portfolio<br />

Dienstleistungsintensität (di)<br />

- +<br />

Auslastung (+)<br />

Auslastung (-)<br />

Dienstleistungsspezialist<br />

Full-Service-<br />

Dienstleister<br />

Auslastung (+)<br />

Dienstleistungsspezialist<br />

Full-Service-<br />

Dienstleister<br />

Auslastung (-)<br />

- +<br />

Dienstleistungskomplexität (dk)<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

192<br />

Liegen die berechneten Indexwerte in den beiden rechten Quadranten, zeichnen sich<br />

die dazugehörigen Unternehmen durch ein breites Angebot an Dienstleistungen für das<br />

einzel- <strong>und</strong> überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management aus. Befinden sich die Indexwerte<br />

in den beiden linken Quadranten, kennzeichnet dies Dienstleister mit einem auf bestimmte<br />

Teilbereiche spezialisierten Leistungsspektrum für ihre K<strong>und</strong>en. Liegen die Werte in den<br />

beiden unteren Quadranten, deutet dies darauf hin, dass personelle sowie technische Kapazitäten<br />

in den Unternehmen deutlich schlechter ausgelastet sind, als im Vergleich zu<br />

Organisationen, deren Werte sich in der oberen Hälfte befinden.<br />

Bezogen auf die drei Variablen, aus denen sich die Dienstleistungskomplexität einer<br />

Organisation berechnet, existieren für Unternehmen im linken unteren Quadranten <strong>und</strong><br />

im rechten oberen Quadranten charakteristische Kombinationen von Leistungstypologien.<br />

Dies sind die Dienstleistungstypologien: Vermittlung von Beratungsleistungen, Vermittlung<br />

von Fachtierärzten, Ein- <strong>und</strong> Verkaufsberatung in Bezug auf die Produktionsstufe Mast.<br />

Für K<strong>und</strong>en der beiden Produktionsstufen Vermehrung <strong>und</strong> Mast boten neun der 14<br />

analysierten Viehvermarktungsorganisationen spezielle Dienstleistungen im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management an. Die Leistungstypologie <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überwachung in der


Produktionsstufe Mast bezog sich auf jene Aufgaben, die im Rahmen des verpflichtenden<br />

QS Salmonellenmonitorings als Bündlerorganisation übernommen werden. Weitere Leistungstypologien<br />

wie produktionstechnische <strong>und</strong> integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung<br />

sowie Auswertungen zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status koordinierten jene Organisationen des<br />

rechten oberen Quadranten. Unternehmen, die diese Leistung anboten, unterschieden sich<br />

erwartungsgemäß auch in Bezug auf ihre personelle Ausstattung. Zu ihrem Mitarbeiterstab<br />

gehörten hochqualifizierte Personen mit Beratungsaufgaben in Ferkelerzeuger-, Jungsauen<strong>und</strong><br />

Mastbetrieben. Unternehmen des linken unteren Quadranten konzentrierten sich vorwiegend<br />

auf gut ausgebildete Mitarbeiter im Bereich des Ein- <strong>und</strong> Verkaufs. Beim Auftreten<br />

von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>problemen in den Tierbeständen ihrer K<strong>und</strong>en griffen diese unterstützend<br />

ein, in dem sie notwendige Dienstleistungen von Dritten vermittelten oder organisierten.<br />

Unternehmen, rechts im Portfolio eingeordnet, hatten neben dem Ein- <strong>und</strong> Verkaufspersonal<br />

Mitarbeiter, die vorwiegend oder ausschließlich die Bestandsbetreuung übernahmen. In<br />

Bezug auf die Unternehmensgröße, d.h. Anzahl an K<strong>und</strong>en, gehandelte Tiere oder Anzahl<br />

Mitarbeitern, konnten keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Zuordnung zu den<br />

Kategorien festgestellt werden. Die Unternehmensgröße war nicht ausschlaggebend für die<br />

Platzierung in einem der Quadranten. Sowohl kleine als auch große Viehhandelsunternehmen<br />

verteilen sich bezogen auf die Indexberechnung auf drei Quadranten.<br />

Die Dienstleistungskomplexität, bezogen auf das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

eines Unternehmens, bestimmt sich weiter über die Variable der Leistungskombination<br />

(k). Die Variable k ist abhängig von der Variable t (Dienstleistungstypologie).<br />

In Bezug auf die typischen Kombinationen bestimmter Leistungstypologien sind einige<br />

hervorzuheben. Der erste große Block bildet die Adressvermittlung von Beratern bzw.<br />

Fachtierärzten. Auffällig war dabei, dass nur wenige Organisationen eine enge Verbindung<br />

zwischen Berater bzw. Hoftierarzt förderten. Eine vertragliche Bindung zwischen Hoftierarzt<br />

oder Berater wurde zu Beginn des Verb<strong>und</strong>projektes nur im Ausnahmefall explizit angestrebt<br />

<strong>und</strong> durch entsprechende Leistungen unterstützt.<br />

Der zweite große Block stellt die Vermittlung von unregelmäßigen Beratungsleistungen<br />

im Bedarfsfall dar, d.h. wenn akute Erkrankungen oder Leistungseinbußen in einem<br />

Betrieb eine Schwachstellenanalyse erforderlich machen. Hierfür sind schnelle Maßnahmen<br />

entscheidend, um akute Probleme in den Tierbeständen bzw. bezogen auf einzelne<br />

Lieferpartien umgehend zu beheben. Hierzu boten drei Unternehmen regelmäßige Beratungsaktivitäten<br />

mit einem präventiven Ansatz im Rahmen einer integrierten tierärztlichen<br />

Bestandsbetreuung an. Aus der Ist-Analyse leiteten die in die Studie eingeb<strong>und</strong>enen Unternehmen<br />

Reorganisationsmaßnahmen ab, die eine langfristige intensive Betreuung der<br />

K<strong>und</strong>en in Ferkelerzeugung <strong>und</strong> Mast vorsehen, inklusive der Maßnahmenverfolgung <strong>und</strong><br />

Erfolgskontrolle.<br />

Häufig sprachen die Unternehmen in diesem Zusammenhang technische Probleme bei<br />

der Kombination unterschiedlicher EDV-Systeme <strong>und</strong> Red<strong>und</strong>anzen bei der Datenverarbeitung<br />

an. Bemerkenswert ist aber, dass insbesondere kleine Organisationen durchaus<br />

innovative Lösungen für diesen Bereich entwickelt <strong>und</strong> implementiert hatten, was eher in<br />

großen Unternehmen vermutet wurde.<br />

Die Dienstleistungsintensität, die sich durch die beiden Variablen Anzahl betreuter Betriebe<br />

(m) <strong>und</strong> Wiederholung der Leistung pro Betrieb/Organisation <strong>und</strong> Jahr ausdrückt,<br />

schwankte nicht nur zwischen den befragten Unternehmen, sondern erstaunlicherweise sogar<br />

innerhalb einer Organisation in Bezug auf die unterschiedlichen Leistungsangebote. Die<br />

meisten Viehvermarkter differenzierten ihr Dienstleistungsangebot innerhalb ihres eigenen<br />

K<strong>und</strong>enstamms. Personalintensive Dienstleistungen standen vorwiegend einem kleinen,<br />

193


exklusiven K<strong>und</strong>enstamm, wie beispielsweise Betrieben mit Jungsauenaufzucht, offen. Die<br />

intensiv betreuten Betriebe produzierten Tiere, die meist im Rahmen von speziellen Qualitätsfleischprogrammen<br />

vermarktet wurden. Betrieben hingegen, die lediglich kurzfristige<br />

Handelsbeziehungen pflegten, kamen außer Vermarktungs- <strong>und</strong> Transportdienstleistungen<br />

keine weiteren Beratungsangebote zugute. Die Variationsbreite bezüglich der Wiederholungen<br />

pro Betrieb <strong>und</strong> Jahr ist von Organisation zu Organisation in Bezug auf einzelne Leistungstypologien<br />

gering. Wenn beispielsweise mit K<strong>und</strong>en eine regelmäßige Unterstützung<br />

im Produktions- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management vereinbart wurde, dann gehörten hierzu<br />

meist mindestens zwei Betriebsbesuche pro Jahr. Die Leistungstypologien unterschieden<br />

sich bezüglich der Wiederholung deutlich voneinander. Die Vermittlung von Adressdaten<br />

erfolgte normalerweise einmal jährlich oder seltener. Die Aktualisierung von Kontaktdaten<br />

im Rahmen der produktionstechnischen Bestandsbetreuung hingegen erforderte alle sechs<br />

bis zwölf Wochen <strong>und</strong> somit vier- bis neunmal jährlich eine Aktivität.<br />

In das Benchmark von Unternehmen gingen die in Tabelle <strong>4.</strong>2/4 <strong>und</strong> <strong>4.</strong>2/5 beschriebenen<br />

13 Leistungstypologien (t), 29 Leistungskombinationen (k) sowie die Bearbeitung von<br />

44 Dokumenttypen (d) ebenso ein wie die ermittelten Zahlen zum Personal- <strong>und</strong> Zeitbedarf<br />

für jede der analysierten Einzelaktivitäten. Exemplarisch ist in einem Screenshot dargestellt<br />

(Abb. <strong>4.</strong>2/3), wie sich das entwickelte Softwaretool für das Benchmarking einsetzen<br />

lässt.<br />

Abb. <strong>4.</strong>2/3: Screenshot Ausgabeebene 2 – Branchenvergleich für die Produktionsstufe Mast<br />

Quelle: Max Mustermann GmbH, mod. nach Schütz 2009<br />

194<br />

Die berechneten Indexwerte eines virtuellen Unternehmens sind dabei jenen gegenübergestellt<br />

worden, die aus der Ist-Analyse für Unternehmen mit spezifischem Dienstleistungsangebot<br />

für Mäster ermittelt wurden. In dem dargestellten Benchmark schneidet das virtuelle<br />

Unternehmen am besten ab. Lediglich ein weiteres Unternehmen erreicht Indexwerte,<br />

die ebenfalls eine Zuordnung zum oberen rechten Quadranten erlauben. Gegenüber sechs<br />

weiteren Wettbewerbern <strong>und</strong> in Bezug auf das Branchenmittel ist der Abstand ausreichend<br />

groß, um sich als Full-Service Dienstleister mit entsprechender Auslastung am Markt zu<br />

behaupten.


Diskussion <strong>und</strong> Ausblick<br />

Die Ausgangsanalyse bestätigte die Annahme, dass Viehvermarkter drei unterschiedliche<br />

Funktionen haben können, die des Dienstleisters, Dienstleistungsnehmer 1. <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsnehmer 2. Grades. In vier Aufgabenfeldern, Lieferanten-, Krisen-, Prozess<strong>und</strong><br />

Auditmanagement, sahen sich Viehvermarkter in der Rolle des Dienstleistungsgebers<br />

<strong>und</strong> zwar durch Koordination der Kommunikation zwischen Tierhalter, Tierärzten, Laboren<br />

<strong>und</strong> Schlachtunternehmen. Entscheidend dabei ist, welche technischen <strong>und</strong> personellen<br />

Ressourcen zur Verfügung stehen (Evanschitzky 2003; Grant 1991; Hall 1993; Powell <strong>und</strong><br />

Dentmicallef 1997).<br />

Als Dienstleister stehen sie vor der Aufgabe, beide Seiten zu betrachten, die des K<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> die unternehmensinterne. Sowohl die gewünschte Qualität der Leistung aus K<strong>und</strong>ensicht<br />

(Marten 2000), als auch die im eigenen Unternehmen zur Verfügung stehenden<br />

Ressourcen müssen bei der Entwicklung konkurrenzfähiger Dienstleistungsangebote wirtschaftlich<br />

bewertet werden (Ellis <strong>und</strong> Kaufstein 2004). Hierzu sind exakte Kenntnisse über<br />

die Anforderungen der K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> deren Qualitätswahrnehmung sowie über die Einsatzfähigkeit<br />

unternehmensinterner, personeller, organisatorischer, technischer sowie finanzieller<br />

Ressourcen notwendig. Dabei ist es entscheidend, neue Dienstleistungsangebote systematisch<br />

zu planen sowie Aufwand <strong>und</strong> Nutzen ab zu wägen.<br />

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Regensburg.<br />

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Zeithaml, V.A., Parasuraman, A. <strong>und</strong> Berry, L.L. (1992): Qualitätsservice. Was Ihre K<strong>und</strong>en erwarten<br />

– was Sie leisten müssen. Frankfurt a. Main.<br />

196


<strong>4.</strong>3 Planungsmodell für Viehvermarkter<br />

Verena Schütz <strong>und</strong> Brigitte Petersen<br />

Die Erkenntnis, dass Dienstleistungen durch Interaktionen zwischen Dienstleistungsgeber<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungsnehmer entstehen (u.a. Evanschitzky 2003; Zeithaml et al. 1990, )<br />

bestimmt auch das Vorgehen bei der Implementierung neuer Serviceeinrichtungen. Entscheidend<br />

für die Planung neuer Serviceangebote ist daher, die Potentiale aller am Prozess<br />

der Leistungserstellung beteiligten Partner zu kennen (Mayer <strong>und</strong> Mattmüller 1987). Für<br />

Viehvermarkter, die ihre Rolle als Netzwerkkoordinatoren ausbauen wollen, muss es daher<br />

von Interesse sein, die Bedürfnisse ihrer K<strong>und</strong>en richtig einschätzen zu können. Weiterhin<br />

gehört in die Phase der strategischen Planung, die Potentiale des eigenen Unternehmens<br />

bei der Erweiterung des Dienstleistungsangebotes möglichen Mitbewerbern im Markt<br />

gegenüber zu stellen. Maßgeschneiderte Planungswerkzeuge für die Viehvermarktung<br />

fehlten bislang. In diesem Beitrag wird ein Modell vorgestellt, das Schritte <strong>und</strong> Unterstützungswerkzeuge<br />

zur Planung von Dienstleistungen definiert. Es handelte sich um Gestaltungsvorschläge,<br />

um einen zielgerichteten Planungsprozess methodisch zu unterstützen<br />

<strong>und</strong> zu begleiten. Darüber hinaus wird exemplarisch die Anwendung dieser Tools erläutert<br />

<strong>und</strong> diskutiert, welche Handlungsalternativen Viehvermarkter haben, die vor Investitionsentscheidungen<br />

stehen. Welche vergleichenden <strong>und</strong> vorhersagenden Informationen die<br />

entwickelten Software Tools des sektorspezifischen Planungsprogramms liefern können,<br />

wird an Fallbeispielen erläutert.<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Problemstellung<br />

Für Dienstleister im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management <strong>und</strong> somit auch für<br />

Viehvermarkter treten folgende Fragestellungen in den Vordergr<strong>und</strong>, wenn es darum geht,<br />

das bestehende Dienstleistungsangebot zu überprüfen bzw. neue Dienstleistungen zu planen<br />

<strong>und</strong> zu entwickeln:<br />

• In welchen Schritten lassen sich Dienstleistungen systematisch <strong>und</strong> strategisch<br />

planen?<br />

• Welches Dienstleistungsangebot erwarten die K<strong>und</strong>en bzw. potentielle Nutzergruppen<br />

von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssystemen?<br />

• Welches Dienstleistungsangebot kann das eigene Unternehmen erbringen <strong>und</strong> welches<br />

Entwicklungspotential besteht, Dienstleistungen auszubauen bzw. zu etablieren?<br />

Zur Beantwortung der Fragen dürfen die von Van Dorp (2004) genannten Aspekte nicht<br />

außer Acht gelassen werden:<br />

• Komplexität <strong>und</strong> Varietät der Informationsbedürfnisse der einzelnen K<strong>und</strong>en,<br />

• begrenzte Fähigkeiten von Menschen, ihre tatsächlichen Informationsbedürfnisse zu<br />

spezifizieren,<br />

• Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen Systementwicklern <strong>und</strong> späteren<br />

Dienstleistungsnehmern,<br />

• der mögliche Unwille von Endnutzern, beim Aufbau von Informationssystemen zu<br />

kooperieren.<br />

Bezogen auf Koordinationsdienstleistungen ließe sich die Liste zu berücksichtigender<br />

Gesichtspunkte sicherlich noch erweitern. Ellebrecht (2008), Schulze Althoff (2006) <strong>und</strong><br />

Schütz (2009) schlagen als wesentlichen Schritt der Planung internetgestützter Dienstleis-<br />

197


tungssysteme vor, Ambitionsstufen festzulegen, die gemeinsam in der Dienstleistungsgeber-Dienstleistungsnehmer-Beziehung<br />

erreicht werden sollen. Sie unterscheiden dabei vier<br />

aktuelle Aktionsfelder, in denen über Netzwerkkoordinatoren gesteuerte überbetriebliche<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssysteme von Bedeutung sind:<br />

• kooperatives <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management,<br />

• risikoorientierte Fleischuntersuchung,<br />

• überbetriebliches Krisenmanagement im Fall des Ausbruchs von seuchenhaften<br />

Erkrankungen,<br />

• Koordination der Kommunikation der Zertifizierungsergebnisse des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

von Tierbeständen.<br />

Je mehr Aktionsfelder mit dem angestrebten Dienstleistungsprofil unterstützt werden<br />

sollen, desto höher ist auch die Ambitionsstufe. Für Teilschritte der Planung, wie beispielsweise<br />

die Bewertung der angestrebten Dienstleistungsintensität <strong>und</strong> -komplexität ist von<br />

Mack (2007) ein methodischer Ansatz vorgeschlagen worden (vgl. Kapitel <strong>4.</strong>2). Darüber<br />

hinaus beschreibt Ellebrecht (2008) einen für die Planung ebenso wichtigen Schritt <strong>und</strong><br />

zwar die Bewertung des Nutzens einzelner <strong>und</strong> kombinierter Systemfunktionalitäten. Für<br />

sein Modell verwendete Ellebrecht (2008) folgende Parameter, den Zeitgewinn, den Informationszuwachs,<br />

den Grad der Übereinstimmung mit den vom Netzwerkkoordinator<br />

festgelegten Ambitionsstufen <strong>und</strong> schließlich den Zeitraum für Entscheidungen. Der von<br />

ihm vorgeschlagene Nutzenindex ist der Quotient aus dem Produkt Zeitgewinn in Tagen,<br />

Informationszuwachs <strong>und</strong> Übereinstimmungsgrad im Datenaustausch sowie dem Divisor<br />

Zeitraum für Entscheidungen. Der Parameter Zeitraum in Tagen gibt dabei die Differenz<br />

des Zeitraums vor <strong>und</strong> nach der Einführung eines überbetrieblichen Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationssystems wieder. Mit dem Modell zur Nutzenbetrachtung lassen sich dimensionslose<br />

Kennzahlen je Akteur <strong>und</strong> je Systemfunktionalität berechnen. Sie erlauben<br />

eine Rangierung des Nutzens, den einzelne Akteure aus dem Einsatz internetbasierter<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssysteme ziehen. Hieraus ergeben sich Anhaltspunkte<br />

für die Kostenverteilung durch den Koordinator des Systems. Das Modell kann in verschiedenen<br />

Situationen eingesetzt werden, wie vor der Entscheidung über die Einrichtung eines<br />

überbetrieblichen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssystems oder bei geplanten Erweiterungen<br />

einer bereits bestehenden Lösung (Ellebrecht 2008).<br />

Erstmals wurden von Schütz (2009) diese Ansätze zu einem maßgeschneiderten Planungsmodell<br />

für den Sektor zusammengefasst <strong>und</strong> um neue Unterstützungstools ergänzt.<br />

Nachfolgend wird ihr Vorgehensmodell näher erläutert.<br />

Methodische Vorgehensweise<br />

Die Entwicklung eines Planungsmodells für Viehvermarkter erfolgte, wie in Abbildung<br />

<strong>4.</strong>3/1 dargestellt, in sieben aufeinander folgenden Schritten.Bei den ersten drei Schritten<br />

handelte es sich um Analysen zum Bedarf an Unterstützungsleistungen im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. Dabei stand die Auswahl geeigneter Methoden im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

wie sich die externen Anforderungen unterschiedlicher Dienstleistungsnehmer<br />

möglichst schnell ermitteln lassen (Soll-Zustand). Die Schritte vier bis sechs waren auf die<br />

Definition quantitativer- <strong>und</strong> qualitativer Bewertungsmöglichkeiten ausgerichtet, um interne<br />

Leistungsprozesse von Viehvermarktern analysieren <strong>und</strong> rangieren zu können (Ist-Zustand).<br />

Im abschließenden Schritt sieben wurden konkrete Elemente eines kohärenten Planungsmodells<br />

definiert <strong>und</strong> Szenarien für mögliche Dienstleistungsprofile beschrieben.<br />

198


Abb. <strong>4.</strong>3/1: Entwicklungsschritte eines Planungsmodells<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

Das ABE-Modell<br />

Das Planungsmodell für Viehvermerkter zur Unterstützung der Weiterentwicklung ihres<br />

Dienstleistungsangebots im einzel- <strong>und</strong> überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management basiert<br />

auf der Kombination von fünf Elementen: drei Dienstleistungsnehmer orientierte <strong>und</strong> zwei<br />

auf das eigene Unternehmen ausgerichtete Elemente. Die Planungsphase für die Entwicklung<br />

neuer Dienstleistungen ist in drei aufeinander aufbauenden Phasen, die Analyse-, Be-<br />

199


wertungs- <strong>und</strong> Entscheidungsphase, untergliedert. Diese Phasen geben dem Modell seinen<br />

Namen ABE-Planungsmodell (Abb. <strong>4.</strong>3/2).<br />

Abb. <strong>4.</strong>3/2: ABE-Planungsmodell zu Aktualisierung <strong>und</strong> Anpassung von k<strong>und</strong>enorientierten<br />

Dienstleistungsprofilen<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

200<br />

Dem Anwender wird empfohlen, ein Element nach dem anderen zu durchlaufen, denn<br />

die Elemente E I - E III sowie die beiden Elemente E IVa <strong>und</strong> E IVb bauen jeweils aufeinander<br />

auf <strong>und</strong> bilden die Gr<strong>und</strong>lage für die beiden Teilelemente E Va <strong>und</strong> E Vb. Die<br />

Dienstleistungsnehmer orientierten Elemente stellen Planungsschritte dar, bei denen der


Viehvermarkter zunächst einmal aufgefordert wird, festzulegen, wie er mit den K<strong>und</strong>en<br />

kommunizieren <strong>und</strong> wie er auf die K<strong>und</strong>enwünsche reagieren möchte. Ein Viehvermarkter,<br />

der nach diesem Konzeptvorschlag in seiner Planung vorgehen will, kann sich hierzu auf<br />

zwei Softwaretools <strong>und</strong> sechs Templates stützen, die ihm die Entscheidungsfindung erleichtern.<br />

Das Elemente E I - E III<br />

Vor der eigentlichen Ermittlung der Anforderungen der unterschiedlichen Gruppen von<br />

K<strong>und</strong>en (Tierhalter, Tierärzte usw.) gibt der Nutzer des Planungsprogramms vor, in welchen<br />

Bereichen er Unterstützungsleistungen anbieten will bzw. plant. Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

hierfür sind Darstellungen der bereits bestehenden Dienstleistungsprozesse (E IV).<br />

Der Viehvermarkter legt dabei fest, in welcher Rolle er fungiert: in der des Dienstleisters<br />

<strong>und</strong>/oder in der des Dienstleistungsnehmers 1. Grades. Im letzten Fall benötigt er selbst<br />

Dienstleistungen zur Vorbereitung seiner eigentlichen Dienstleistungen (vgl. Unterkapitel<br />

<strong>4.</strong>2). In einem weiteren Schritt ist zu klären, welche Unterstützungsfelder vom Dienstleister<br />

übernommen werden. Hierzu steht ein spezifisches Methodenset zur Verfügung, das<br />

die Analyse <strong>und</strong> Bewertung unterstützt. Der Vorschlag sieht eine Kombination der Interviewtechnik,<br />

Assoziationstechnik <strong>und</strong> Befragung vor. Mit Hilfe einer für die Viehvermarkter<br />

gestalteten Informationslandkarte lassen sich dann Daten <strong>und</strong> Informationen systematisch<br />

erheben. Die Gr<strong>und</strong>struktur einer Informationslandkarte für Viehvermarkter setzt sich aus<br />

den Bereichen vorgelagerte Stufe(n), Dienstleistungsnehmer, nachgelagerte Stufe(n) sowie<br />

den Auswahllisten für Aufgabenfelder <strong>und</strong> Systemfunktionalitäten zusammen. Diese stellen<br />

einen Rahmen dar, anhand dessen unternehmensindividuell angepasste Informationslandkarten<br />

erstellt werden können. Alle Bedürfnisse der K<strong>und</strong>en an eine Koordination im Daten-<br />

<strong>und</strong> Informationsaustausch lassen sich mit Hilfe dieser Beratungstechniken gut veranschaulichen<br />

<strong>und</strong> erleichter die Auswertung sowie die Priorisierung von Handlungsfeldern.<br />

Durch Gegenüberstellung von Kriterien <strong>und</strong> Kenngrößen, die die Ist-Situation <strong>und</strong> Soll-<br />

Situation d.h. das gewünschte Dienstleistungsangebot potentieller K<strong>und</strong>en charakterisieren,<br />

erhält der Nutzer des ABE-Planungsprogramms Hinweise auf Entwicklungspotentiale<br />

in seinem Unternehmen. Das Ergebnis der Soll-Situation ist Gr<strong>und</strong>lage zur Bewertung neuer<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsdienstleistungen mit Hilfe von Indexwerten für den<br />

erwarteten technischen <strong>und</strong> organisatorischen Nutzen (Tab. <strong>4.</strong>3/1).<br />

Die Ermittlung von Indexwerten ist ein Weg, über Gewichtungspunkte, welche sowohl<br />

die potentiellen K<strong>und</strong>en eines Dienstleisters als auch die eigenen Mitarbeiter des Unternehmens<br />

in der Planungsphase bezogen auf sechs Kriterien vergeben, in sehr kompakter<br />

Form die jeweiligen Meinungsbilder zusammen zu fassen. Dahinter steht die übergeordnete<br />

Frage, ob die K<strong>und</strong>en, aber auch die Verantwortlichen der eigenen Organisation, von der<br />

Weiterentwicklung eines überbetrieblichen Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssystems tatsächlich<br />

einen Zeitgewinn in ihrem spezifischen Day-to-Day-Management sehen. Vor allem<br />

geht es darum, abzuschätzen, wie groß die Entscheidungsunterstützung durch den geplanten<br />

Informationszuwachs sein kann.<br />

201


Tab. <strong>4.</strong>3/1: Kriterien zur Bewertung des Nutzens internetbasierter Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationssysteme sowie Kategorien der Einstufung<br />

Kriterium Kategorien Gewichtungspunkte<br />

Zeitgewinn (ZG) 1<br />

kein Zeitgewinn<br />

geringer Zeitgewinn<br />

mittlerer Zeitgewinn<br />

hoher Zeitgewinn<br />

0<br />

25<br />

75<br />

100<br />

Informationszuwachs (IZ)<br />

Digitalisierte Daten (dD)<br />

dD + beschreibende Informationen (bl)<br />

dD + bl + vergleichende Informationen (vgl)<br />

dD + b + vgl + vorhersagende<br />

Informationen (vhl)<br />

dD + bl + vgl + vhl + vorschreibende<br />

Informationen (vrl)<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

100<br />

Zeitraum für<br />

Entscheidungen (ZE)<br />

ein Jahr<br />

ein Halbjahr<br />

ein Quartal<br />

14 Tage<br />

7 Tage<br />

5Tage<br />

3 Tage<br />

1Tag<br />

< 1 Tag<br />

0<br />

10<br />

20<br />

30<br />

50<br />

70<br />

80<br />

90<br />

100<br />

Grad der Bereitschaft zum<br />

Informationsaustausch (GB)<br />

0<br />

Kaum 2<br />

Fast uneingeschränkt vorhanden 4 100<br />

Vorhanden 3<br />

75<br />

Grad der Rückverfolgbarkeit<br />

(GIR)<br />

0<br />

Kaum 5<br />

Fast uneingeschränkt vorhanden 7 100<br />

Vorhanden 6<br />

75<br />

Grad der Nutzenerwartung<br />

(GNE)<br />

gering<br />

mittel<br />

hoch<br />

0<br />

75<br />

100<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

1<br />

ZG ist die Differenz des Zeitaufwands, der benötigt wird für Handlungsalternative A (Systemfunktionalität<br />

kann nicht eingesetzt werden) <strong>und</strong> der Handlungsalternative B (Bereitstellung<br />

der Informationen <strong>und</strong> Kommunikation durch die Systemfunktionalität<br />

2<br />

Spiegelt alle gesetzlichen Vorgaben bezüglich des Informationsaustausch wider<br />

202


3<br />

Informationsaustausch in einer bestehenden K<strong>und</strong>en-Lieferanten-Beziehung (z.B. zwischen<br />

Ferkelerzeuger <strong>und</strong> Mäster), stufenübergreifend<br />

4<br />

Austausch aller entscheidungsrelevanter Informationen innerhalb einer fest definierten Produktionskette,<br />

kettenorientiert<br />

5<br />

One-Step up <strong>und</strong> One-Step down Rückverfolgung von Produkten (z.B. Kennzeichnung durch<br />

Betriebsohrmarken)<br />

6<br />

Rückverfolgung durch eindeutige Identifikation zwischen zwei Akteuren der Kette (z.B. Mastgruppenkennzeichnung<br />

durch Farbohrmarken)<br />

7<br />

Kettenbezogene Rückverfolgung (z.B. Einzeltierkennzeichnung durch Transponder)<br />

Die grafische Darstellung der Daten mittels einer Portfolioanalyse erlaubt einen schnellen<br />

Vergleich von Indexwerten bezogen auf unterschiedliche Systemfunktionalitäten <strong>und</strong><br />

somit ein Priorisieren vordringlich zu implementierender technischer <strong>und</strong> organisatorischer<br />

Lösungen. Die für Viehvermarkter interessanten K<strong>und</strong>engruppen haben einen recht unterschiedlichen<br />

Unterstützungsbedarf in vier übergeordneten Aufgabenfeldern: 1. Audit-,<br />

2. Krisen-, 3. Lieferanten- <strong>und</strong> <strong>4.</strong> Prozessmanagement. Es ist zu erwarten, dass jede der<br />

zuvor im Dienstleistungskompass dargestellten Gruppen (Unterkapitel <strong>4.</strong>1) bezogen auf<br />

die Nutzenbetrachtung von 16 Systemfunktionalitäten zu anderen Einschätzungen kommt.<br />

Abbildung <strong>4.</strong>3/3 verdeutlicht dies exemplarisch an drei Nutzenportfolios.<br />

Betrachtet man in den Portfolios lediglich eine Systemfunktionalität, beispielsweise L2,<br />

„Planung von Ein- <strong>und</strong> Verkauf“, so schätzen sowohl die Mitarbeiter von Viehvermarktungsunternehmen<br />

als auch die befragten Mäster den technischen <strong>und</strong> organisatorischen Nutzen<br />

äußerst hoch ein. Dies bedeutet, beide Zielgruppen versprechen sich eine schnellere <strong>und</strong><br />

leichtere Verfügbarkeit von Informationen, die sie im Vergleich zu ihrer monetären Situation<br />

für Ein- <strong>und</strong> Verkaufsentscheidungen benötigen. Anders schätzen dies die befragten<br />

Ferkelerzeuger ein. Für sie erscheinen insbesondere der technische Nutzen <strong>und</strong> der Informationszuwachs<br />

zur Ausgangssituation weniger bedeutend. Ein Gr<strong>und</strong> hierfür kann ein<br />

bereits bestehendes Internet basiertes An- <strong>und</strong> Verkaufssystem des Vermarkters sein, das<br />

der Ferkelerzeuger für seine Bedürfnisse als ausreichend empfindet.<br />

Abb. <strong>4.</strong>3/3: Nutzenportfolio für 16 Systemfunktionalitäten aus der Sichtweise von drei Gruppen<br />

von Akteuren<br />

NI 100 tec<br />

P2<br />

L2<br />

P1<br />

P4<br />

K3<br />

K1K2<br />

NI 100 tec<br />

K3<br />

K1K2<br />

P2<br />

P4<br />

P1<br />

L3<br />

A3<br />

L3<br />

P3<br />

50<br />

L4<br />

A2<br />

A5<br />

P3<br />

50<br />

A5<br />

A3<br />

A2<br />

L2<br />

L4<br />

A4<br />

A4<br />

0<br />

0 50 100<br />

0<br />

0 50 100<br />

Mäster (n = 4)<br />

NI org<br />

Ferkelerzeuger (n = 4)<br />

NI org<br />

203


Fortsetzung von Abb. <strong>4.</strong>3/3:<br />

NI 100 tec<br />

K3<br />

A5 A1<br />

L2<br />

A2A3 K2<br />

L1 P2 P3<br />

A4<br />

L4 K1<br />

P1 L3<br />

P4<br />

50<br />

0<br />

0 50 100<br />

NI org<br />

Mitarbeiter Viehhandelsorganisationen (n = 6)<br />

Legende:<br />

Auditmanagement<br />

Krisenmanagement<br />

Lieferantenmanagement<br />

Prozessmanagement<br />

A1 = Auditplanung, Nachbereitung <strong>und</strong> Ergebnisspeicherung<br />

A2 = In- <strong>und</strong> externe Verfahrensaudits<br />

A3 = Produktaudits<br />

A4 = Dokumentenlenkung<br />

A5 = Auditprotokoll <strong>und</strong> -ergebnis<br />

L1 = Bewertung von Lebensmittelketteninformationen<br />

L2 = Planung von Ein- <strong>und</strong> Verkauf<br />

L3 = Vor- <strong>und</strong> Rückmeldung von Prozess- <strong>und</strong><br />

Produktkennzahlen<br />

L4 = Berichte zur Lieferantenbewertung<br />

K1 = Meldung an Behörden im Krisenfall<br />

K2 = Dokumentation in Krisensituationen<br />

K3 = Multiplikation von Behördeninformationen<br />

P1 = Betriebszweigauswertung<br />

P2 = Betriebsvergleichsauswertung<br />

P3 = Standardisierte Meldung<br />

P4 = Betriebsdokumentation<br />

Quelle: mod. nach Schütz 2009<br />

Das Element IV<br />

Sind die Wünsche der K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> deren Einschätzung des Nutzens durch Leistungen<br />

im kooperativen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management oder koordinierenden Krisenmanagement bekannt,<br />

sieht der nächste Planungsschritt vor, die Abläufe im eigenen Unternehmen systematisch<br />

zu beleuchten. Hierzu erfolgt die Erstellung eines Prozessplans, aus dem die<br />

einzelnen Prozessschritte <strong>und</strong> die zum Zustandekommen einer Dienstleistung Beteiligten<br />

hervorgehen. Erleichtert wird dies durch die graphische Darstellung der Prozessabläufe<br />

<strong>und</strong> der Zuständigkeiten, in dem auf die Gr<strong>und</strong>struktur eines Service-Blueprints zugegriffen<br />

wird. Die ausgearbeiteten Templates gehören zu einem der Unterstützungstools des<br />

ABE-Planungsprogramms. Um sich bezogen auf das bereits angebotene <strong>und</strong> geplante<br />

Dienstleistungsangebot mit Wettbewerbern aus der Branche vergleichen zu können, lassen<br />

sich mit Hilfe eines speziellen Softwaretools unter Element IV die zuvor in Unterkapitel <strong>4.</strong>2<br />

dargestellten Kenngrößen Dienstleistungskomplexität <strong>und</strong> -intensität berechnen <strong>und</strong> in<br />

einem Benchmark-Portfolio darstellen (siehe Abb. <strong>4.</strong>2/1).<br />

204<br />

Element V<br />

Die letzte Phase der Planung dient der Entscheidungsunterstützung für neue oder<br />

erweiterte Dienstleistungen. Templates <strong>und</strong> ein Software Tool unterstützen auch hier Entscheidungsträger<br />

in Erzeugerorganisationen <strong>und</strong> Viehvermarktung. Das Element V ist in<br />

die beiden Teilelemente Va (Abgleich Serviceangebot <strong>und</strong> -nachfrage) <strong>und</strong> Vb (Kriterien<br />

zur Priorisierung von Handlungsalternativen) untergliedert. Durch den Abgleich von Serviceangebot<br />

<strong>und</strong> -nachfrage fallen Lücken im eigenen Dienstleistungsportfolio auf. Jene<br />

Leistungstypologien bzw. Systemfunktionalitäten, mit denen das Aufgabenspektrum eines<br />

oder mehrerer Elemente des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements zum Zeitpunkt der Planung erst<br />

teilweise oder bereits vollständig unterstützt werden, lassen sich im Softwareprogramm<br />

über Vorschlagslisten auswählen. Die Templates erleichtern die übersichtliche Darstellung<br />

des eigenen bestehenden Dienstleistungsprofils <strong>und</strong> des für ein umfassendes, überbetriebliches<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements heute sinnvollen Angebots (siehe Tab. <strong>4.</strong>1/2). Es wird


ersichtlich, welche noch fehlenden Systemfunktionalitäten das oder die ausgewählte(n)<br />

neue(n) Serviceleistung(en) benötigen. Bei diesem Verfahren des Abgleichs von Serviceangebot<br />

<strong>und</strong> -nachfrage ist vom Viehvermarkter eine Einschätzung vorzunehmen, inwieweit<br />

die eigene EDV-technische Ausstattung für eine Erweiterung der Aktionsfelder ausreicht<br />

oder nicht. Der Abgleich von Serviceangebot <strong>und</strong> -nachfrage bildet die Nahtstelle zwischen<br />

der Dienstleistungsnehmer orientierten <strong>und</strong> der Dienstleistungsgeber orientierten Analyse.<br />

Die dadurch identifizierten Systemfunktionalitäten, die zukünftig ein an der Nachfrage orientiertes<br />

Angebot sicherstellen können, binden finanzielle aber auch humane Ressourcen<br />

in der Planungs-, Entwicklungs- <strong>und</strong> Implementierungsphase. Deshalb sind geplante Veränderungen<br />

des Dienstleistungsportfolios auch dahingehend zu prüfen, inwiefern diese mit<br />

den strategischen Zielen des Unternehmens übereinstimmen. Das Teilelement Vb (Kriterien<br />

zur Priorisierung von Handlungsalternativen) stellt hierfür einen Fragebogen zur Verfügung,<br />

um einschätzen zu können, wie wichtig einerseits die Umsetzung dieser Systemfunktionalität<br />

für das Unternehmen ist, anderseits inwieweit die bereitzustellenden Ressourcen für<br />

eine Umsetzung durch das Unternehmen geleistet werden können. Voraussetzung für die<br />

Anwendung des softwaregestützten Kriterienkatalogs ist, vorab eine Unternehmensvision<br />

<strong>und</strong> strategische Unternehmensziele zu setzen. Des Weiteren ist zunächst zu klären, in welchem<br />

Umfang kurz- sowie mittelfristig finanzielle <strong>und</strong> personelle Ressourcen bereitgestellt<br />

werden können. Tabelle <strong>4.</strong>3/2 gibt einen Überblick über die Struktur des Kriterienkatalogs.<br />

Tab. <strong>4.</strong>3/2: Struktur des Kriterienkatalogs zur Priorisierung von Handlungsalternativen<br />

Teil des Fragebogens<br />

Ziel<br />

Teil A - Allgemeine<br />

Feststellen der Ambitionsstufen für geplante<br />

Motivationsgründe<br />

Aktivitäten zur Überarbeitung des<br />

Dienstleistungsportfolios für das überbetriebliche<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Qualitätsmanagement<br />

Teil B - Unternehmensstrategie Ableiten der Entwicklungs- <strong>und</strong> Unternehmensstrategie<br />

wie z.B. hinsichtlich des Erreichens von<br />

Wettbewerbsvorteilen, der Imagepflege <strong>und</strong><br />

Unternehmensentwicklung<br />

Teil C - Finanzielle Ressourcen Bestimmung der finanziellen Ressourcen, die für die<br />

Umsetzung des Vorhabens kurz-, mittel- <strong>und</strong> langfristig<br />

zur Verfügung gestellt werden können<br />

Teil D - Personelle Ressourcen Abschätzung der personellen Ressourcen, die für<br />

Planung, Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung der<br />

erweiterten bzw. neuen Dienstleistungen aus den<br />

unterschiedlichsten Unternehmensbereichen<br />

bereitgestellt werden können, aber auch inwieweit<br />

Schulungsbedarf für Mitarbeiter besteht<br />

Teil E - Auswertung<br />

Kategorisierung der Antworten<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

205


Das Software Tool mit dem darin enthaltenen Fragenkatalog leitet den Anwender in<br />

die Richtung, Entwicklungspotentiale seines Unternehmens bewusst zu hinterfragen. Eine<br />

Kombination aus offenen <strong>und</strong> geschlossenen Fragestellungen dient der Selbsteinschätzung.<br />

Der Aufbau des Softwaretools ist exemplarisch in Abbildung <strong>4.</strong>3/4 dargestellt. Der Anwender<br />

gibt entsprechend seiner Einschätzung die Informationen durch Aktivieren der Kontrollkästen<br />

bzw. Text- <strong>und</strong> Zahleneingaben in die dafür vorgesehenen Textfelder ein.<br />

Abb. <strong>4.</strong>3/4: Screenshot – Fragen zur künftigen Ausrichtung des Unternehmens<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

206<br />

Die Eingaben werden automatisch im Teil E (siehe Steuerleiste) ausgewertet <strong>und</strong> stehen<br />

unmittelbar dem Anwender als Übersichtslisten zur Verfügung. Jedes Unternehmen erhält<br />

individuelle Hinweise darüber, wie es die erweiterten bzw. neuen Dienstleistungen auf Basis<br />

der Unternehmensstrategie, Ressourcenausstattung <strong>und</strong> Markteinschätzung umsetzen<br />

kann. Antworten in Form einer 10er Likert-Skala sind nach dem in Tabelle <strong>4.</strong>3/3 festgelegten<br />

Schemata einer von drei Handlungsalternativen zugeordnet. Bei der Vergabe von


Punkten bezogen auf Fragen zur Unternehmensstrategie erfolgt, je höher die Anzahl vergebener<br />

Punkte ist, die Zuordnung zur Handlungsalternative Full-Service-Strategie. Handelt<br />

es sich um Fragen zur Markteinschätzung, ist die Skalenzuordnung (1-10) umgekehrt. Die<br />

Handlungsalternative Tab. <strong>4.</strong>3‐2: Zuordnung Outsourcing Skaleneinstufung wird vom Programm zu vorgeschlagen, Kategorien wenn der Anwender<br />

innerhalb des Fragenkatalogs vorwiegend die drei letzten Bewertungsfelder anklickt.<br />

Tab. <strong>4.</strong>3/3: Zuordnung Skaleneinstufung zu Kategorien<br />

Zuordnung Kategorie, Typ A I I - II II II - III III<br />

(Unternehmensstrategie)<br />

Zuordnung Kategorie, Typ B III III - II II II - I I<br />

(Markteinschätzung)<br />

Einstufung Likert-Skala 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

Legende:<br />

Kategorie I = Full-Service-Strategie<br />

Kategorie II = Betreibergesellschaft<br />

Kategorie III = Outsourcing Strategie<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

Abbildung <strong>4.</strong>3/5 demonstriert an einem Beispiel, welche Vorschläge das Softwareprogramm<br />

dem Nutzer zur Verfügung stellt, wenn er zuvor eine Selbsteinstufung seiner momentanen<br />

Unternehmenssituation vorgenommen hat.<br />

Abb. <strong>4.</strong>3/5: Screenshot – Auswertung<br />

207


In diesem Fall wird dem Unternehmen Musterbetrieb GmbH vorgeschlagen, welche Aufgaben<br />

es selber durchführen (Kategorie I), welche mit anderen Organisationen gemeinsam<br />

in einer Betreibergesellschaft (Kategorie II) <strong>und</strong> welche völlig ausgelagert (Outsourcing)<br />

werden sollten (Kategorie III). Letzteres gibt das Programm in diesem Beispiel für die Aktionsfelder<br />

Krisenmanagement, Koordination von Lebensmittelketteninformationen sowie<br />

epidemiologischem Monitoring vor.<br />

Das letzte Element des ABE-Planungsmodells führt dem Unternehmen vor Augen, zu<br />

welcher der drei Handlungsalternativen (Full-Service Dienstleister, Betreibergesellschaft,<br />

Outsourcen) es neigt bzw. welche Ambitionsstufe tatsächlich angestrebt wird. Erst wenn<br />

dies allen Entscheidungsträgern bewußt ist, beginnt die Aufgabe zukünftige Dienstleistungen<br />

bezogen auf eine konkrete Organisationsform detailliert zu planen.<br />

Konzept der Full-Service-Agentur<br />

Das strategische Ziel Full-Service-Dienstleister verfolgen i.d.R. Viehvermarkter, die bereits<br />

ausreichende Marktmacht haben, um zukünftig alle vier Aufgabenfelder (Lieferanten-,<br />

Krisen-, Prozess- <strong>und</strong> Auditmanagement) anzubieten. Dies setzt dennoch tiefgreifende<br />

Veränderung von Prozessen zur Erweiterung der Geschäftsfelder voraus. Dazu ist kurz- <strong>und</strong><br />

mittelfristig eine hohe Kapitalverfügbarkeit für die Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung abzusichern.<br />

Unternehmen, die sich für diese Handlungsalternative entscheiden, haben meist<br />

gut ausgebildete Mitarbeiter aus den Bereichen Informatik, Beratung <strong>und</strong> Ein- <strong>und</strong> Verkauf,<br />

die für die Umsetzung konkret definierter Projekte freigestellt werden können. Außerdem<br />

ist für den Erfolg ausschlaggebend, eine Differenzierungsstrategie zu verfolgen sowie einzigartige<br />

innovative Systemlösungen für die Wertschöpfungskette anzubieten. Bezüglich<br />

des Kriteriums der Markteinschätzung werden nur jene Unternehmen diese Handlungsalternative<br />

wählen, die auch sicher sind, neue Geschäftsfelder platzieren zu können. Motivation<br />

ist dabei, Stammk<strong>und</strong>en auch zukünftig zu halten <strong>und</strong> gleichzeitig neue K<strong>und</strong>en zu<br />

gewinnen. Aus Abbildung <strong>4.</strong>3/6 wird die Rolle des im oberen grauen Balken als VH (Viehvermarkter)<br />

dargestellten Unternehmen deutlich. Als einzige Organisation im Vergleich<br />

aller anderen Akteure ist das Unternehmen verantwortlich für Organisation, Technik <strong>und</strong><br />

Beratung. Sie stellt umfassende Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsdienstleistungen <strong>und</strong><br />

Beratungsleistungen auch für Dienstleistungsnehmer 1. Grades bereit. Ein Beispiel hierfür<br />

wäre der Zugriff über eine beraterspezifische Nutzeroberfläche eines Informationstools auf<br />

Betriebskennzahlen, die nach den Vorgaben des Beraters komprimiert <strong>und</strong> rangiert sind.<br />

Ein weiteres Beispiel ist die Übernahme der Vor- <strong>und</strong> Nachbereitung von Audits vor Ort für<br />

Hoftierarzt <strong>und</strong> produktionstechnische Berater. Berater nutzen diese Informationen für die<br />

Vorbereitung bzw. während der Beratungsgespräche. Diese Aktivitäten stellen ihre eigene<br />

Dienstleistung dar. Weiterhin unterscheidet das Organisationskonzept die Dienstleistungsnehmer<br />

2. Grades. Diese Akteure verwenden die angebotene Dienstleistung ausschließlich<br />

als Unterstützungswerkzeug für die Durchführung der Kern-, Management- <strong>und</strong> Stützprozesse.<br />

Die Bereitstellung von Kennzahlen zur Lieferantenbewertung wäre hierfür ein Beispiel.<br />

Konzept Betreibergesellschaft<br />

Das Betreibergesellschaftskonzept (Abb. <strong>4.</strong>3/6) zeichnet sich dadurch aus, dass auch<br />

teilweise direkt im Wettbewerb zueinander stehende Unternehmen gemeinsam an übergeordneten<br />

Aufgabenstellungen des überbetrieblichen Betriebs- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

in der Planung, Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung zusammenarbeiten (vgl. Kap. 5).<br />

208


Eine Organisation, die den Vorschlag für die beste Handlungsalternative, das Betreibermodell,<br />

erhält, lässt sich wie folgt charakterisieren:<br />

Die Umsetzung kann sich auf einzelne Aufgabenfelder beschränken, für die aber eine<br />

Erweiterung der bisherigen Aktivitäten angestrebt wird. Die Strategie des Geschäftsfeldes<br />

ist gekennzeichnet durch Umsetzung innovativer <strong>und</strong> effizienter Dienstleistungen, in Kooperation<br />

mit anderen Akteuren der Kette. Bezüglich der Ressourcenausstattung ist Eigenoder<br />

Fremdkapital vor allem kurzfristig für die Entwicklung verfügbar. Das Marktpotential<br />

kennzeichnet sich dadurch aus, dass weitere Unternehmen sich in der Planung- bzw. Entwicklung<br />

von Dienstleistungen für das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management befinden.<br />

Das Konzept der Betreibergesellschaft sieht vor, dass diese ein ganz spezifisches Dienstleistungsangebot<br />

anbietet <strong>und</strong> sich somit auf die Umsetzung bestimmter Systemfunktionalitäten<br />

<strong>und</strong> Aufgabenfelder konzentriert. Dies kann beispielsweise die überregionale Einrichtung<br />

einer <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>datenbank, oder die zur Verfügung Stellung von Ergebnissen aus<br />

der Zertifizierung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Tierbeständen bzw. -gruppen sein (Kap. 5.5).<br />

Der Zusammenschluss mehrerer Dienstleister zu einer Betreibergesellschaft bietet den<br />

Vorteil, dass das Risiko in der Entwicklungs- <strong>und</strong> Implementierungsphase auf mehrere verteilt<br />

wird (Beckmann 2003). Werding (2005) betrachtet die Betreibergesellschaft als eine<br />

Form des Outsourcings. Jeder Anteilseigner kann jedoch direkt Einfluss auf die Ausgestaltung,<br />

aber auch auf das Spektrum des Dienstleistungsangebotes nehmen. Die Schaffung<br />

einer gemeinsamen Organisation zu diesem Zweck bedeutet aber auch, dass Anteilseigner<br />

sich in der K<strong>und</strong>enansprache, K<strong>und</strong>enakquise, Abrechnung der Dienstleistungen <strong>und</strong> den<br />

Verantwortlichkeiten einig sein müssen (vgl. Kap. 5.3).<br />

Konzept Outsourcing<br />

Ist ein Unternehmen weder in der Lage, selbständig sein Dienstleistungsangebot zu<br />

überarbeiten, noch sich finanziell an einer Betreibergesellschaft zu beteiligen, bleibt ihm<br />

dennoch häufig die Möglichkeit, die Dienstleistung von Dritten einzukaufen. Ein solches Unternehmen<br />

würde sich auch zukünftig ausschließlich auf die Aufgaben seines Kerngeschäftes<br />

konzentrieren. Für Leistungen, die es selbst bezüglich Dienstleistungen im überbetrieblichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management seinen K<strong>und</strong>en vermitteln will, können Leistungen bei<br />

Betreibergesellschaften oder Full-Service-Dienstleistern beauftragt werden. In der Abbildung<br />

<strong>4.</strong>3/6 ist ein solcher Viehvermarkter als Dienstleistungsnehmer 1. Grades dargestellt.<br />

Diese Organisation übernimmt dabei eine vermittelnde Position zwischen den Akteuren der<br />

Produktionsstufen Produktion <strong>und</strong> Beratung <strong>und</strong> den Dienstleistern. Es besteht aber auch<br />

die Möglichkeit, dass die Viehvermarkter direkt mit den Dienstleistern in Aktion treten.<br />

Diese Viehvermarkter sind darauf angewiesen, dass Dritte ihre Bedürfnisse erkennen <strong>und</strong><br />

ihnen entsprechende Leistungen anbieten.<br />

Das Outsourcing Konzept setzt voraus, dass auch all jene Viehvermarkter, die nach diesem<br />

Konzept verfahren möchten, Zugang zu Dienstleistungen haben. Zudem ist ausschlaggebend,<br />

in welchem Verhältnis die Kosten der Dienstleistung zum erwarteten Nutzen gesehen<br />

werden. Das Outsourcingkonzept bietet eine Alternative zum Full-Service-Dienstleister<br />

<strong>und</strong> zur Betreibergesellschaft für all jene Organisationen, die sich nicht mit den Aufgaben<br />

eines Dienstleisters im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management identifizieren können<br />

oder denen dafür die notwendigen Mitarbeiter fehlen.<br />

209


Abb. <strong>4.</strong>3/6: Vergleich der Kommunikationsstrukturen bezogen auf drei Dienstleistungskonzepte<br />

Full-Service-Dienstleister, Betreibergesellschaft <strong>und</strong> Outsourcing<br />

Quelle: Schütz 2009<br />

210<br />

Diskussion<br />

Verantwortung im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management zu übernehmen, kann<br />

gleichzeitig eine Chance für neue Dienstleistungsfelder sein. Eine Reihe von Viehvermarktern<br />

sieht sich bereits heute in dieser Rolle, neben dem Kerngeschäft weitere Serviceleistungen<br />

anzubieten (Nüssel 2009; Petersen <strong>und</strong> Schütz 2007). Der Weg vom Viehvermarkter<br />

zum Dienstleistungsprofi sollte gut geplant sein. Das hier vorgestellte ABE-Modell hilft<br />

dabei, den zweiten Schritt nicht vor dem ersten zu tun <strong>und</strong> sich mögliche Handlungsalternativen<br />

bewusst zu machen. Für das Treffen strategischer Entscheidungen müssen<br />

in einem ersten Schritt einerseits Bedürfnisse potentieller K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> andererseits das<br />

eigene Leistungspotential erkannt <strong>und</strong> im Vergleich zu den Mitbewerbern betrachtet werden<br />

(Schütz 2009). Das vorgeschlagene ABE-Planungskonzept gibt sieben aufeinander<br />

folgende Schritte vor. Dafür angefertigte EDV-Werkzeuge, Templates, die Kombination<br />

unterschiedlicher Erhebungsmethoden sowie die entwickelten Algorithmen unterstützen<br />

den Nutzer in der Auswahl der besten Handlungsalternative. Das Planungsprogramm ist<br />

maßgeschneidert für Viehvermarkter, kann aber auch von anderen Dienstleistern in der<br />

Fleischwirtschaft verwendet werden. Zukünftig werden deutlich erweiterte Dienstleistungen<br />

in den vier Aufgabenfeldern Lieferanten-, Krisen-, Prozess- <strong>und</strong> Auditmanagement erwartet.


Allerdings sind diese auf die individuellen Anforderungen der jeweiligen K<strong>und</strong>engruppe wie<br />

Ferkelerzeuger, Jungsauenzüchter, Mäster, aber auch Hoftierärzte anzupassen. Mit einer<br />

kombinierten Erhebungsmethodik, unterstützt durch eine Informationslandkarte, lassen<br />

sich die K<strong>und</strong>enwünsche schnell <strong>und</strong> systematisch ermitteln. Dies kann innerhalb einer<br />

Befragung erfolgen. Die gewonnenen Daten bilden die Gr<strong>und</strong>lage für die Weiterentwicklung<br />

der Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsdienstleistung. Erwartet wird, dass sich das bereits<br />

sehr heterogene Leistungsspektrum noch erweitern wird. Das entwickelte, auf Excel basierende<br />

Software Tool lässt sich ohne hohen Programmieraufwand entsprechend kontinuierlich<br />

erweitern (Schütz 2009).<br />

An dem Vorgehenskonzept, am Ende des letzten Planungsabschnitts für jede der neu<br />

konzipierten Aufgabenbereiche zu entscheiden, welche der drei Handlungsalternativen<br />

(Full-Service, Betreibergesellschaft, Outsourcing) für das Unternehmen am ehesten in Frage<br />

kommt, wird sich sicherlich in naher Zukunft nichts ändern. Auf diese Weise lässt sich<br />

die Gr<strong>und</strong>struktur des für die Viehvermarktung maßgeschneiderten Planungsprogramms<br />

langfristig nutzen. Allerdings erfordern die heutigen, kurzen Produkt- <strong>und</strong> Innovationszyklen<br />

eine ständige Aktualisierung der Templates <strong>und</strong> Benchmark-Tools. Dies kann nur in<br />

enger Zusammenarbeit zwischen Systementwicklern, Nutzergruppen – in diesem Fall Viehvermarktungsorganisationen<br />

– <strong>und</strong> interdisziplinären Wissenschaftlergruppen geschehen.<br />

Ein Weg dies zu realisieren ist das Netzwerk MECOTEC, an dem sich zahlreiche Zielgruppen<br />

aus der Fleischwirtschaft beteiligen.<br />

Literatur<br />

Beckmann, D. (2003): Controlling Betreibermodell-basierter Infrastrukturprojekte. Eine Konzeption<br />

aus Projektträgersicht. Aachen<br />

Ellebrecht, A. (2008): Nutzenbetrachtung internetbasierter Informationssysteme im einzel- <strong>und</strong><br />

überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. Dissertation, Bonn.<br />

Evanschitzky, H. (2003): Erfolg von Dienstleistungsnetzwerken – Ein Netzwerkansatz. Wiesbaden.<br />

Mack, A. (2007): Nutzungskonzept für ein integriertes Audit- <strong>und</strong> Dokumentenmanagementsystem<br />

im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management Schweine haltender Betriebe. Dissertation,<br />

Bonn.<br />

Meyer, A. <strong>und</strong> Mattmüller, R. (1987): Qualität von Dienstleistungen, Entwurf eines praxisorientierten<br />

Qualitätsmodells. In: Marketing Zeitschrift für Forschung <strong>und</strong> Praxis, H. 3, S. 187-195.<br />

Nüssel, M. (2009): Informations- <strong>und</strong> Dienstleistungsagenturen – Herausforderungen für die<br />

Zukunft der Deutschen Fleisch-wirtschaft. Vortrag im Rahmen des Strategiegesprächs<br />

„<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management Schwein“ – Herausforderungen <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven am<br />

16.01.2009 in Berlin.<br />

Petersen, B. <strong>und</strong> Schütz, V. (2007): Stufenübergreifende Informations- <strong>und</strong> Kommunikations-<br />

Systeme – Instrumente zur Unterstützung von Bestandsbetreuung <strong>und</strong> überbetrieblichem<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. In: 3. bpt Arbeitstagung am 17.10.2007 in Burg.<br />

Schütz, V. (2009): Modell zur Planung von Dienstleistungen für das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

in der Fleischwirtschaft. Dissertation, Bonn.<br />

Schulze Althoff, G. (2006): Stufenkonzept zum Aufbau überbetrieblicher Informationssysteme<br />

für das Qualitäts- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management in Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft.<br />

Dissertation, Universität Bonn.<br />

Van Dorp, C.A. (2004): Reference Data Modelling for Tracing. PhD thesis, Wageningen (Niederlande).<br />

211


Werding, A. (2005): Bewertung von Betreibermodellen in Produktionsbetrieben. Entwicklung<br />

einer Methodik zur Auswahl der optimalen Bezugsart. Aachen.<br />

Zeithaml, V.A., Parasuraman, A. <strong>und</strong> Berry, L.L. (1990): Delivering Quality Service. New York.<br />

212


<strong>4.</strong>4 Reifegrad von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsdienstleistungen<br />

im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Stefanie Slütter, Brigitte Petersen, Verena Schütz <strong>und</strong> Detert Brinkmann<br />

Die Qualität einer Dienstleistung lässt sich bestimmen, indem die Qualität von Prozessen,<br />

die zur Dienstleistung beitragen, bewertet wird. Möglichkeiten der Prozessbewertung bietet<br />

zum einen die Zertifizierung eines normenkonformen QM-Systems zum Aufbau <strong>und</strong> kontinuierlicher<br />

Verbesserung der immateriellen Produkte einer Dienstleistungsorganisation.<br />

Die regelmäßige interne <strong>und</strong> externe Bewertung erfolgt in diesem Fall über System-Audits<br />

(z.B. nach ISO 9001). Zum anderen wäre ein direkter Unternehmensvergleich ein alternativer<br />

Weg, durch sog. Unternehmensrankings oder auch Benchmarking.<br />

Eine Reifegradbestimmung anhand eines Referenzmodells ist ein in den letzten Jahren<br />

immer häufiger gewählter alternativer Ansatz (Wagner <strong>und</strong> Dürr 2008). Im Gegensatz zu einem<br />

Audit, in dem die Konformität mit gestellten Anforderungen geprüft wird, steht bei einer<br />

Reifegradbestimmung nach ISO IEC 15504 auch im Vordergr<strong>und</strong>, mit welcher Fähigkeit<br />

diese Anforderungen erfüllt werden (Schmelzer <strong>und</strong> Sesselmann 2008). Im Gegensatz zum<br />

Benchmarking dienen hier nicht etwa die Prozesse anderer Unternehmen zum Vergleich,<br />

sondern der bestmögliche Zustand liegt der Bewertung zugr<strong>und</strong>e. Dazu werden elementare<br />

Vorgänge in einem abstrahierten Prozessmodell erfasst, strukturiert <strong>und</strong> abgebildet. Solch<br />

ein Modell, das einen Empfehlungscharakter zur Wiederverwendung besitzt, wird im Allgemeinen<br />

als Referenzmodell bezeichnet (Brenner et al. 2010).<br />

Reifegradmodelle bilden mit der Bewertung von Prozessen einen wichtigen Schritt zur<br />

Professionalisierung von Unternehmen, insbesondere in der Software- <strong>und</strong> Systementwicklung<br />

(Petrasch 2010). Der Erfolg von Reifegradmodellen sorgt dafür, dass heute branchenübergreifend<br />

die Vorteile dieser Vorgehensweise genutzt werden. Erster Schritt dabei ist,<br />

die Reife von Prozessen in Reifegradstufen einzuteilen (Köhler 2006). Aus dem Ziel, den<br />

nächsthöheren Reifegrad zu erreichen, lassen sich anschließend die Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />

eines Prozesses aufdecken. Dies erleichtert eine gezielte Prozessverbesserung. Für<br />

eine stetige Prozessverbesserung gibt es mehrere Gründe. Ein besonders wichtiger Gr<strong>und</strong><br />

ist die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der K<strong>und</strong>enzufriedenheit. Sie wird maßgeblich<br />

vom Qualitätserleben des K<strong>und</strong>en beispielsweise für die Dienstleistung eines Viehvermarkters<br />

bestimmt. Alle Schwächen <strong>und</strong> Fehler, die der K<strong>und</strong>e bemerkt, wirken sich negativ auf<br />

die K<strong>und</strong>enzufriedenheit <strong>und</strong> die langfristige K<strong>und</strong>enbindung aus.<br />

Problemstellung<br />

Bislang gibt es bei der Nutzung innovativer Methoden der Reifegradbestimmung lediglich<br />

Erfahrungen aus anderen Branchen. Es galt daher zu prüfen, in wieweit sich das mittlerweile<br />

in einem internationalen Standard festgelegte Verfahren der Bewertung auch auf<br />

den Entwicklungsstand von Dienstleistern im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Fleisch erzeugender Ketten übertragen lässt.<br />

Die allgemeine Vorgehensweise wird in der Literatur wie folgt beschrieben: Für die<br />

Prozessbewertung wird zunächst ein Bewertungsschema benötigt. Ein solches Bewertungsschema<br />

ist ein Prozessreferenzmodell. Es beschreibt Zweck <strong>und</strong> Ziel von Prozessen<br />

eines Anwendungsbereiches (das sog. Assessment), wie beispielsweise das überbetriebliche<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. Der Zweck des Prozesses beschreibt den Nutzen, den ein<br />

Unternehmen durch seine Umsetzung hat. Das Prozessziel gibt an, was zu erwarten ist,<br />

213


wenn der Prozess erfolgreich durchgeführt wurde. Ein Prozessziel kann beispielsweise ein<br />

Dokument oder auch die Verbesserung eines Zustandes sein. Diesen festgelegten Prozessen<br />

werden die durchgeführten Prozesse des zu bewertenden Unternehmens gegenübergestellt.<br />

Prozessreferenzmodelle müssen daher branchenspezifisch erstellt werden.<br />

Momentan existiert nur eine begrenzte Zahl von Prozessreferenzmodellen, z.B. für Softwareunternehmen<br />

(Wagner <strong>und</strong> Dürr 2008).<br />

Die meisten Autoren empfehlen, das Referenzmodell mit einem nach ISO IEC 15504<br />

festgelegten Bewertungsrahmen zu kombinieren. Dieser Bewertungsrahmen enthält Reifegradstufen,<br />

Prozessattribute <strong>und</strong> eine Bewertungsskala. So ergeben sich insgesamt 6<br />

Reifegradstufen, im Englischen auch Capability Level (CL) genannt. Die Reifegradstufen<br />

bauen aufeinander auf, so dass eine höhere Stufe die vollständige Erreichung aller Anforderungen<br />

der niedrigeren Stufe voraussetzt (Wallmüller 2007). Um zu bestimmen, welche<br />

der 6 Reifegradstufen für den Prozess vorliegt, schlagen die Autoren die Definition von Prozessattributen<br />

vor. Die Abbildung <strong>4.</strong>4/1 zeigt die einzelnen Reifegradstufen <strong>und</strong> die ihnen<br />

zugeordneten allgemeingültigen Prozessattribute. Die Reifegradstufe 0 besitzt kein Prozessattribut,<br />

da in dieser Stufe das Prozessergebnis nicht oder nur teilweise erfüllt wird.<br />

Abb. <strong>4.</strong>4/1: Reifegradstufen <strong>und</strong> deren Prozessattribute (PA)<br />

Reifegradstufe 3 „Etabliert“<br />

PA3.1 Prozessdefinition<br />

PA3.2 Prozessanwendung<br />

Reifegradstufe 2 „Managed“<br />

PA2.1 Managen der Prozessdurchführung<br />

PA2.2 Managen der Arbeitsprodukte<br />

Reifegradstufe 5 „Optimierend“<br />

PA5.1 Prozessinnovation<br />

PA5.2 Prozessoptimierung<br />

Reifegradstufe 4 „Vorhersagbar“<br />

PA<strong>4.</strong>1 Prozessmessung<br />

PA<strong>4.</strong>2 Prozesssteuerung<br />

Reifegradstufe 1 „Durchgeführt“<br />

PA1.1 Prozessdurchführung<br />

Reifegradstufe 0 „Unvollständig“<br />

Quelle: mod. nach Wagner <strong>und</strong> Dürr 2008<br />

214<br />

Um die Bewertung der Prozessattribute zu erleichtern, sollten den Attributen definierte<br />

Indikatoren zugewiesen werden. Als Indikatoren dienen Aktivitäten, Ressourcen oder auch<br />

Ergebnisse, mit denen die Prozessattribute erfüllt werden (Hörmann et al. 2006). Um aus<br />

den Attributen die Reifegradstufe des zu prüfenden Prozesses ableiten zu können, wird der<br />

prozentuale Umsetzungsgrad der Attribute auf Basis der Indikatoren ermittelt. Wallmüller<br />

(2007) schlägt dazu folgende Skalierung vor:


Tab. <strong>4.</strong>4/1: Bewertungsskala für Indikatoren<br />

Fähigkeitsgrad Umsetzungsgrad Bedeutung<br />

N 0-15 % Prozessattribut nicht erfüllt<br />

P >15-50 % Prozessattribut teilweise erfüllt<br />

L >50-85 % Prozessattribut weitgehend erfüllt<br />

F >85-100 % Prozessattribut vollständig erfüllt<br />

Quelle: Wallmüller 2007<br />

Um eine bestimmte Reifegradstufe zu erreichen, sollten die hierfür geltenden Prozessattribute<br />

mindestens mit „L“ (>50-85% der Indikatoren erfüllt) bewertet werden. Für die<br />

Prozessattribute der vorangegangenen Stufen wird eine Einstufung von „F“ (>85-100% der<br />

Indikatoren erfüllt) vorausgesetzt (Hörmann et al. 2006).<br />

Methodische Vorgehensweise<br />

Im Fokus der Untersuchung standen Viehvermarktungsunternehmen, die zukünftig als<br />

aktive Dienstleister im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management auftreten möchten – die AIDA-Projektpartner.<br />

Bei der Übertragung des zuvor beschriebenen Vorgehensmodells <strong>und</strong> methodisch-theoretischen<br />

Ansatzes auf die Bewertung des Reifegrads (nach ISO IEC 15504) von Informations-<br />

<strong>und</strong> Kommunikationsdienstleistungen im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

wurden folgende drei Schritte definiert:<br />

Festlegung eines sektorspezifischen Referenzmodells<br />

Zunächst wurde ein allgemeingültiges Modell des Entwicklungsprozesses für neue<br />

Dienstleistungen von Netzwerkkoordinatoren festgelegt. Wie in den Unterkapiteln zuvor<br />

(<strong>4.</strong>1-<strong>4.</strong>3) beschrieben, übernimmt der Netzwerkkoordinator in einem Wertschöpfungsnetzwerk<br />

Dienstleistungen im überbetrieblichen Qualitätsmanagement. Berücksichtigt werden<br />

dabei die Umsetzung von Prozess- <strong>und</strong> Produktstandards sowie gesetzliche <strong>und</strong> privatwirtschaftliche<br />

Anforderungen für Akteure der Primärerzeugung bis hin zur Schlachtung <strong>und</strong><br />

Weiterverarbeitung (Petersen et al. 2007).<br />

Das Referenzmodell für die Reifegradbestimmung von Informations- <strong>und</strong> Dienstleistungsagenturen<br />

in Schweinefleisch erzeugenden Ketten basiert auf den von Petersen <strong>und</strong><br />

Mitautoren (2007) definierten neun Elementen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements. Schütz<br />

(2009) ordnet diese Elemente den vier zuvor ausführlich beschriebenen Aufgabenfeldern<br />

Lieferanten-, Krisen-, Prozess- <strong>und</strong> Auditmanagement zu, die wiederum technisch durch<br />

16 Systemfunktionalitäten unterstützt werden. Diese Zuordnung wurde in das verwendete<br />

Referenzmodell aufgenommen.<br />

Konzeptentwurf eines Prozessreferenzmodells<br />

Vier Aufgabenfelder von Dienstleistungsagenturen wurden als relevante Prozesse für<br />

das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management definiert. Die Systemfunktionalitäten galten<br />

im Rahmen der Reifegradermittlung als Indikatoren des spezifischen Dienstleistungsangebots.<br />

Je nachdem, ob <strong>und</strong> wie viele dieser Systemfunktionalitäten ein Dienstleister bereits<br />

etabliert hatte, desto höher war der erreichte Fähigkeitsgrad der bewerteten Prozessattribute.<br />

Als Basispraktiken in der Viehvermarktung wurden insgesamt 19 Aktivitäten <strong>und</strong><br />

34 Dokumententypen definiert, die für die jeweilige Dienstleistung benötigt wurden. Es<br />

handelt sich um jene Aktivitäten, die derzeit <strong>und</strong> zukünftig zum Verantwortungsbereich<br />

von Viehvermarktungen gehören, um konkurrenzfähige Dienstleistungen im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>-<br />

215


management anbieten zu können. Sie fließen gemeinsam in den Konzeptentwurf des in<br />

Abbildung <strong>4.</strong>4/2 dargestellten Prozessreferenzmodells zur Überprüfung der Reifegradstufe<br />

1 ein.<br />

Abb. <strong>4.</strong>4/2: Prozessreferenzmodell zur Reifegradbestimmung des Dienstleistungsangebots von<br />

Viehvermarktern im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management für die Reifegradstufe 1<br />

Quelle: mod. nach Slütter et al. 2010<br />

216


Dabei wurde von der Annahme ausgegangen, dass die hier aufgeführten Aufgabenfelder<br />

<strong>und</strong> Systemfunktionalitäten des Dienstleistungskompasses nach Schütz (2009) den<br />

inhaltlichen Rahmen des maximal möglichen Dienstleistungsangebots zur Erfüllung der<br />

Aufgaben im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management darstellen. Die Reifegradstufe 1 ist demnach erst<br />

erfüllt, wenn die Aufgaben bzw. Prozesse des überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

vollständig umgesetzt werden. Dies wird im folgenden Schritt überprüft.<br />

Anwendung der Modelle<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage des zuvor festgelegten Bewertungsschemas wurde im dritten Schritt<br />

geprüft, ob <strong>und</strong> welche Aufgabenfelder des überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements<br />

von zwölf Viehvermarktern bereits angeboten werden. Dabei wurden die nach der Systematik<br />

von Schütz (2009) aufgelisteten Einzelaktivitäten <strong>und</strong> Dokumententypen berücksichtigt<br />

(vgl. Unterkapitel <strong>4.</strong>2 <strong>und</strong> <strong>4.</strong>3). Führt ein Dienstleistungsunternehmen alle Prozesse<br />

vollständig durch, ist der Reifegrad 1 erreicht. Dies bedeutet, alle Systemfunktionalitäten<br />

erreichen mindestens die Fähigkeitsstufe F (>85-100%). Dies war erwartungsgemäß zu<br />

Beginn der AIDA-Initiative noch bei keiner der eingeb<strong>und</strong>enen Organisationen der Fall. Das<br />

Ergebnis der Reifegradbestimmung zu diesem Zeitpunkt legte jedoch die Prioritäten für<br />

nachfolgende Entwicklungsschritte fest.<br />

Bei der Reifegradbestimmung wurde berücksichtigt, dass Viehvermarkter ihre Hauptdienstleistung<br />

in der Funktion als „Kommunikationsleitstelle“ sehen (Schütz 2009). Ihre<br />

Dienstleistungsangebote differenzieren sich im Hinblick auf die Produktionsstufen: Vermehrung,<br />

Aufzucht <strong>und</strong> Mast. Nachfolgend ist das Ergebnis einer Reifegradbestimmung<br />

gemittelt aus den jeweiligen Status-Quo-Bestimmungen von zwölf Viehvermarktern im Hinblick<br />

auf die Erfüllung der Anforderungen an das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management dargestellt.<br />

Interpretiert man die Darstellung der Status-Quo Erhebung im Sinne der Reifegradbestimmung,<br />

so sind die angebotenen Dienstleistungen der AIDA-Partner zu Projektstart<br />

derart lückenhaft, dass noch nicht der Reifegrad 1 erreicht wurde. Nach ISO IEC 15504<br />

müssen die Indikatoren des Prozessattributs „Prozessdurchführung“ mindestens mit F =<br />

“erfüllt“ (>85-100%) bewertet werden, damit dem Prozess die Reifegradstufe 1 („Prozess<br />

wird durchgeführt“) zugeteilt werden kann. Erst dann könnte im nächsten Schritt die Reifegradstufe<br />

2 überprüft werden. Zum Zeitpunkt der Reifegradbestimmung vor Projektbeginn<br />

lag – bezogen auf die meisten Indikatoren – erst die Fähigkeitsstufe N („nicht erfüllt“) vor.<br />

Gut zu erkennen ist jedoch, dass einige Systemfunktionalitäten, die zu den traditionellen<br />

Dienstleistungen gehören, zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Fähigkeitsstufe L („überwiegend<br />

erfüllt“) eingestuft werden konnten.<br />

Während der Laufzeit von AIDA wurden auf der Gr<strong>und</strong>lage einer umfassenden Ist-<br />

Analyse (siehe Unterkapitel <strong>4.</strong>1 – <strong>4.</strong>3) insbesondere in den Bereichen des Lieferanten- <strong>und</strong><br />

Auditmanagements Konzepte zur Weiterentwicklung vorhandener <strong>und</strong> der komplementären<br />

Erarbeitung neuer technisch-organisatorischer Lösungen vorangetrieben.<br />

217


Abb. <strong>4.</strong>4/3: Fähigkeitsgrad von Dienstleistungen im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

für die Erfüllung der Reifegradstufe 1<br />

Prozesse<br />

Indikatoren<br />

(Systemfunktionalitäten)<br />

Bewertung von Lebensmittelketteninformation<br />

Fähigkeitsstufe<br />

N P L F<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Multiplikation von Behördeninformation*<br />

Betriebszweigauswertung<br />

Betriebsvergleichsauswertung<br />

Meldungen Tierbewegung<br />

Prozessdokumentation<br />

Auditplanung, Nachbereitung,<br />

Ergebnisspeicherung<br />

Diskussion <strong>und</strong> Ausblick<br />

Zu beachten ist, dass die hier exemplarisch dargestellte Reifegradbestimmung nicht explizit<br />

für eine Dienstleistung durchgeführt wurde, sondern der Reifegrad eines Sektors mit<br />

durchschnittlichem Dienstleistungsangebot zugr<strong>und</strong>e gelegt wurde. Die im Dienstleistungskompass<br />

beschriebenen Aktionsfelder (siehe Unterkapitel <strong>4.</strong>1) konnten vor Projektbeginn<br />

nur wenige Viehvermarkter verwirklichen. Gründe hierfür sind neben fehlender EDV-technischer<br />

Ausstattung im Unternehmen auch das fehlende Angebot an marktfähigen Produkten<br />

zur Realisierung der relevanten Dienstleistungen. Besonders deutlich wird dies für den<br />

Prozess Krisenmanagement. Die Systemfunktionalitäten (Meldung an Behörden im Krisenfall,<br />

Dokumentenlenkung im Krisenfall, Multiplikation von Behördeninformation) bedienen<br />

unmittelbar die <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managementelemente „Staatliche Überwachung“ <strong>und</strong> „Epidemiologisches<br />

Monitoring“. Diese befinden sich derzeit im Rahmen anderer Verb<strong>und</strong>projekte<br />

ebenfalls noch in der Entwicklung. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Systemfunktionalitä-<br />

Lieferantenmanagement<br />

Vor- <strong>und</strong> Rückmeldung von Prozess- <strong>und</strong><br />

Planung Ein- <strong>und</strong> Verkauf<br />

Produktkennzahlen<br />

Erstellung von Berichten zur Lieferantenbewertung<br />

Meldung krisenrelevanter Infos von/an Behörden*<br />

Krisenmanagement<br />

Dokumentenverwaltung <strong>und</strong> -lenkung in<br />

Krisensituationen*<br />

Prozessmanagement<br />

In- <strong>und</strong> externe Verfahrensaudits<br />

Auditmanagement<br />

Produktaudits<br />

Dokumentenlenkung<br />

Auditprotokoll <strong>und</strong> -ergebnis<br />

218


ten des Krisenmanagements von den Akteuren der Kette überwiegend mit einem hohen Gesamtnutzen<br />

bewertet werden. Hier kann der Dienstleister von einer erhöhten Bereitschaft<br />

der Akteure ausgehen, Kosten für die Umsetzung der Dienstleistung zu übernehmen. Das<br />

lässt wiederum den Schluss zu, dass sich Dienstleistungsangebote der Viehvermarkter<br />

erweitern bzw. sich neue Geschäftsfelder für die Organisationen etablieren lassen <strong>und</strong><br />

diese Dienstleistungen auch von den Akteuren der Kette in Anspruch genommen werden.<br />

Je nach finanziellen <strong>und</strong> personellen Ressourcen können Koordinationsdienstleistungen im<br />

überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management entweder von Fullservice-Dienstleistern oder<br />

von regionalen Betreibergesellschaften erbracht werden. Auch das Outsourcing von Dienstleistungen<br />

wäre ein denkbarer Weg (Schütz 2009). Unbestritten bleibt, dass die Erreichung<br />

der nächsthöheren Reifegradstufe nicht im Alleingang einer einzelnen Organisation zu<br />

erzielen ist. Nur durch eine strategische Planung im Rahmen einer gemeinsam abgestimmten<br />

Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsstrategie wird man dem Ziel schrittweise näher kommen<br />

(Nüssel 2009). Jene Unternehmen, die bereits Erfahrungen in einer Forschungskooperation,<br />

wie z.B. im Rahmen der AIDA-Initiative, gesammelt haben, sehen ihre Vorteile in den<br />

Bereichen:<br />

• Know-how <strong>und</strong> Kompetenzgewinnung,<br />

• Nutzen von Synergieeffekten,<br />

• Verkürzung von Entwicklungszeiten <strong>und</strong><br />

• Ausschöpfung von Größen- <strong>und</strong> Spezialisierungsvorteilen.<br />

Aber auch die Tatsache, dass man sich über die Entwicklungszusammenarbeit externes<br />

Wissen aneignet oder von Kooperationspartnern lernen kann, motiviert die Unternehmen<br />

<strong>und</strong> Forschungseinrichtungen. Dass sich nicht nur Entwicklungskosten, sondern auch das<br />

Entwicklungsrisiko gemeinsam reduzieren lassen, ist ebenso willkommener Nebeneffekt.<br />

Die Reifegradbewertung macht deutlich, dass zu Projektbeginn Entwicklungsbedarf insbesondere<br />

im Bereich von internetbasierten Kommunikationslösungen bestand. Die Kernprozesse<br />

im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management lassen sich auf diesem Weg effektiv unterstützen.<br />

Hierzu zählt der Aufbau einer überbetrieblichen Tierges<strong>und</strong>heitsdatenbank, die Entwicklung<br />

von Warenwirtschaftssystemen mit definierten Schnittstellen zwischen den Akteuren<br />

sowie die Optimierung von Logistikprozessen <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Dienstleistungen. Zu<br />

einem umfassenden Dienstleistungsangebot integriert, erleichtert die Kommunikation über<br />

das Internet die Koordinationsaufgaben einer zukunftsfähigen Viehvermarktungsorganisation<br />

im überbetrieblichen Qualitätsmanagement.<br />

Literatur<br />

Brenner, P.-F., Akkasoglu, G. <strong>und</strong> Weckmann, A. (2010): Rasch <strong>und</strong> sicher auf neue Wege – Reifegradmethode<br />

für neue Fertigungsverfahren. In: QZ, 55. Jg., H. 6, S. 52-55.<br />

Hörmann, K., Dittmann, L., Hindel, B. <strong>und</strong> Müller, M. (2006): SPICE in der Praxis – Interpretationshilfe<br />

für Anwender <strong>und</strong> Assessoren. Heidelberg.<br />

Köhler, P.T. (2006): Prince 2. Berlin.<br />

Nüssel, M. (2009): Informations- <strong>und</strong> Dienstleistungsagenturen – Herausforderung für die Zukunft<br />

der Deutschen Fleischwirtschaft. Vortrag im Rahmen des Strategiegesprächs „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

SCHWEIN“ – Herausforderung <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven. 16.01.2009,<br />

Berlin.<br />

219


Petersen, B., Mack, A., Schütz, V. <strong>und</strong> Schulze Althoff, G. (2007): Nahtstelle als neuralgischer<br />

Punkt – 3-Ebenen-Modell zur Weiterentwicklung überbetrieblicher Qualitätsmanagement-<br />

Systeme. In: Fleischwirtschaft. 87.Jg., H. 4, S. 89-9<strong>4.</strong><br />

Petrasch, R. (2010): Management Summary – ISO 15504/SPICE. Abgerufen am 1<strong>4.</strong>06.2010:<br />

http://www.qme-software.de/web/export/sites/qme-software/_content_/docs/qme-Software_Management-Summary_SPICE.pdf.<br />

Schmelzer, H.J. <strong>und</strong> Sesselmann, W. (2008): Geschäftsprozessmanagement in der Praxis – K<strong>und</strong>en<br />

zufrieden stellen Produktivität steigern Wert erhöhen. München.<br />

Schütz, V. (2009): Modell zur Planung von Dienstleistungen für das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

in der Fleischwirtschaft. Dissertation, Universität Bonn.<br />

Slütter, S., Breuer, O., Petersen, B., Wilke, T. <strong>und</strong> Brinkmann, D. (2010): Konzept zur Beurteilung<br />

des Reifegrades von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssystemen für das Krisenmanagement<br />

in der Schweineproduktion. In: Referate der 30. GIL-Tagung, Bonn. S. 183-186.<br />

Wagner, K. <strong>und</strong> Dürr, W. (2008): Reifegrad nach ISO/IEC 15504 (SPICE) ermitteln. München.<br />

Wallmüller, E. (2007): Software Process Improvement mit CMMI, PSP/TSP <strong>und</strong> ISO 15505.<br />

München.<br />

220


5. Allianzen für technische <strong>und</strong> organisatorische Innovationen<br />

Adriane Mack<br />

Die Viehvermarktung war lange Zeit Stiefkind der Wissenschaft <strong>und</strong> ihre Bedeutung für<br />

das Qualitätsmanagement in der Fleischwirtschaft wurde meist unterschätzt. Heute ist die<br />

Wahrnehmung in der Branche längst eine andere. Mittlerweile arbeiten Viehvermarktungsorganisationen<br />

im Rahmen der b<strong>und</strong>esweiten Initiative AIDA – „Allianzen für Informations<strong>und</strong><br />

Dienstleistungsagenturen“ – erfolgreich mit Wissenschaftlergruppen aus unterschiedlichen<br />

Fachdisziplinen zusammen. In den letzten Jahren sind im Verb<strong>und</strong> innovative<br />

Lösungskonzepte speziell für ihre Geschäftsfelder entwickelt worden.<br />

Das einleitende erste Unterkapitel (5.1) verdeutlicht, wie vor diesem Hintergr<strong>und</strong> Kooperationen<br />

zur inner- <strong>und</strong> überbetrieblichen Kopplung von verteiltem Know-how zur Beschleunigung<br />

des Innovationsprozesses beitragen. Am Beispiel des Verb<strong>und</strong>projektes AIDA<br />

wird beschrieben, wie das Konsortium vorgegangen ist, um unterschiedliche Kompetenzen<br />

bei der Entwicklung neuer Dienstleistungsfelder <strong>und</strong> den dazugehörigen technischen Unterstützungswerkzeugen<br />

kooperativ zu nutzen. Das fünfte Kapitel des Buches ist als Erfahrungsbericht<br />

gedacht <strong>und</strong> stellt in den Unterkapiteln drei Aspekte in den Vordergr<strong>und</strong>:<br />

• die Identifikation verteilter, aber gemeinsam nutzbarer Potentiale zur Entwicklung<br />

neuer Service-Produkte <strong>und</strong> -Prozesse;<br />

• die Analyse geänderter <strong>und</strong> neuer technischer, personeller <strong>und</strong> organisatorischer<br />

Schnittstellen in <strong>und</strong> zwischen Unternehmen;<br />

• die Klärung der Anforderungen , die Kooperationen auf der Ebene Technik, Personal<br />

<strong>und</strong> Arbeitsorganisation stellen.<br />

Ausgangspunkt war die Einsicht, dass den Viehvermarktern für einen Alleingang die<br />

Ressourcen fehlten, um Entwicklungsprozesse in dem hier vorgestellten Rahmen erfolgreich<br />

abzuwickeln. Mit dem Verb<strong>und</strong>projekt AIDA wuchs die Bereitschaft betriebliche Kooperationen<br />

nachhaltig zu verbessern <strong>und</strong> die Zusammenarbeit mit Forschergruppen zu<br />

fördern. Die nachfolgenden Unterkapitel gehen darauf ein, warum die Kooperation damit<br />

zum wesentlichen Element im Innovationsprozess zwischen Unternehmen <strong>und</strong> Forschungseinrichtungen<br />

(Science-to-Business) aber auch zwischen den Viehvermarktern (Business-to-<br />

Business) in unterschiedlichen Regionen in Deutschland geworden ist. Die Teile 5.2 bis 5.5<br />

veranschaulichen die Ergebnisse der Zusammenarbeit <strong>und</strong> erläutern an konkreten Beispielen,<br />

wie sich mittels Kooperationen im Innovationsprozess Einzelkompetenzen zu Systemkompetenzen<br />

kombinieren lassen, Stärken gebündelt, Ressourcendefizite ausgeglichen <strong>und</strong><br />

so Entwicklungskosten <strong>und</strong> -zeiten reduziert werden.<br />

221


222


5.1 Verbünde zwischen Wirtschaft <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

als Innovationsmotoren<br />

Adriane Mack, Maren Bruns <strong>und</strong> Martin Hamer<br />

Die meisten Viehhandelsorganisationen in Deutschland machten in den letzten Jahren die<br />

Erfahrung, je intensiver der Wettbewerb um Marktanteile, desto größer ist der Druck für<br />

Unternehmen, ihre Wertschöpfungskette zu optimieren. Viele Viehvermarkter messen der<br />

Optimierung ihrer Dienstleistungssysteme mittlerweile daher eine sehr hohe Bedeutung<br />

bei. Gefordert werden neue Methoden <strong>und</strong> Strategien zur Prozessverbesserung. Denn die<br />

klassischen funktionsorientierten Dienstleistungsfelder stoßen ohne sinnvolle Kombination<br />

von internetgestützten Beratungs-, Organisations- <strong>und</strong> Kommunikationsleistungen<br />

immer häufiger an ihre Grenzen – eine Folge des stetig wachsenden Komplexitäts- <strong>und</strong><br />

Vernetzungsgrades von Prozessen in der Fleischwirtschaft (Mack 2007). Die bislang in<br />

der betrieblichen Praxis verfolgten Maßnahmen stellten zu sehr auf die Verbesserung von<br />

Einzelprozessen ab, hinterfragten jedoch nur unzureichend übergeordnete Strukturen <strong>und</strong><br />

Zusammenhänge <strong>und</strong> ließen so wichtige Optimierungspotentiale ungenutzt (Mack 2007).<br />

Nachfolgend wird erläutert, warum wirklich tiefgreifende Veränderungen sich nur durch<br />

eine ganzheitliche Systembetrachtung <strong>und</strong> –optimierung der Viehvermarktung in der Rolle<br />

eines Dienstleistungsprofis mit einem breiten Leistungsportfolio für Schweine haltende<br />

Betriebe erzielen lassen.<br />

Es fehlt an für die Praxis geeigneten Umsetzungsmodellen zum technischen <strong>und</strong> organisatorischen<br />

Einsatz von funktionsübergreifenden Elementen der Steuerung, Kommunikation,<br />

Kontrolle <strong>und</strong> Verwaltung bei Dienstleistungsprozessen mit hohem Wiederholungscharakter,<br />

wie z.B. Vor-Ort-Audits (Mack 2007). Innovative technische <strong>und</strong> organisatorische<br />

Modelle sind somit die Antwort auf die neuen rechtlichen <strong>und</strong> wettbewerblichen Anforderungen<br />

an die Fleischwirtschaft. Es handelt sich dabei um Modelle zur Reorganisation<br />

von Kern- <strong>und</strong> Unterstützungsprozessen im Qualitätsmanagement der tierischen Veredelungswirtschaft.<br />

Aufbauend auf diesen organisatorischen Elementen sind es vor allem<br />

spezifische Hard- <strong>und</strong> Software-Lösungen zur informationstechnischen Unterstützung der<br />

Prozesse, die einen bleibenden Erfolg bringen. Bislang bezogen sich diese gr<strong>und</strong>legenden<br />

organisatorischen <strong>und</strong> technischen Innovationen auf vertikal eng koordinierte Wertschöpfungsketten,<br />

in denen eine Umsetzung der beschriebenen Konzepte ohne Zielkonflikte <strong>und</strong><br />

durch ein fokales Unternehmen koordiniert erfolgen kann. Die zweistufige Schlachttiervermarktung,<br />

in der Viehhandel, Viehverwertungsgenossenschaften (VVG) <strong>und</strong> Erzeugergemeinschaften<br />

(EZG) diverse Dienstleistungen übernehmen <strong>und</strong> keiner zentralen Steuerung<br />

unterliegen, stellt dagegen ein sehr schwieriges Anwendungsfeld solcher Modelle dar. Erst<br />

kürzlich hat unter dem Eindruck des sich verschärfenden Wettbewerbs zwischen konkurrierenden<br />

Vertriebswegen für Schlachtvieh allmählich ein Umdenken eingesetzt. Trotzdem ist<br />

weiterhin ein Defizit festzustellen.<br />

Das Verb<strong>und</strong>projekt<br />

Bereits 2006 hat der DRV die AIDA-Initiative mit zwölf führenden genossenschaftlichen<br />

Viehvermarktungsorganisationen, Wissenschaftlern der Universitäten Bonn <strong>und</strong> Göttingen<br />

gemeinsam mit der Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsplattform <strong>GIQS</strong> auf den Weg gebracht.<br />

Knapp ein Jahr später startete das gleichnamige Verb<strong>und</strong>projekt AIDA. AIDA steht für „Allianzen<br />

für Informations- <strong>und</strong> Dienstleistungs-Agenturen zur horizontalen Bündelung von<br />

223


Koordinationsaufgaben im Qualitäts-, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> der Fleischwirtschaft“.<br />

Gründe warum in diesem Verb<strong>und</strong>projekt Experten aus genossenschaftlichen<br />

Unternehmen der Vieh- <strong>und</strong> Fleischwirtschaft <strong>und</strong> Wissenschaftler aus unterschiedlichen<br />

Fachdisziplinen zusammen gearbeitet haben, waren:<br />

• Der wachsende Bedarf an innovativen, technischen <strong>und</strong> organisatorischen Lösungen<br />

im Qualitäts-, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong>,<br />

• die Notwendigkeit neue <strong>und</strong> effiziente Dienstleistungsstrukturen für die deutsche<br />

Fleischwirtschaft zu schaffen <strong>und</strong> schließlich<br />

• die Erkenntnis, dass Entwicklungskosten <strong>und</strong> -zeit deutlich reduziert werden können,<br />

wenn es gelingt, technisches <strong>und</strong> methodisches Spezialwissen, Branchenwissen,<br />

Anwenderwissen <strong>und</strong> Marktkenntnisse zu verknüpfen.<br />

Die gemeinsamen Ziele, die man dabei verfolgte, waren:<br />

• die Entwicklung <strong>und</strong> Erprobung von Modellen für Organisationen, die die Rolle von<br />

Netzwerkkoordinatoren für Unternehmen in Zulieferketten der Ernährungsindustrie<br />

<strong>und</strong> des Handels übernehmen,<br />

• die Schaffung effizienter Dienstleistungsstrukturen für das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Qualitätsmanagement,<br />

verb<strong>und</strong>en mit einzelbetrieblichen Dienstleistungsangeboten,<br />

die Erarbeitung <strong>und</strong> Erprobung eines Benchmarking, überbetrieblicher Logistikkonzepte<br />

sowie eines elektronischen Customer Relationship Managements.<br />

Gleichzeitig wurde ein Weg gesucht, wie sich technische <strong>und</strong> organisatorische Innovationen<br />

zu praktikablen Lösungen für den Sektor sinnvoll kombinieren lassen. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

stand hier, organisatorische Gr<strong>und</strong>modelle für Dienstleistungsagenturen zu etablieren.<br />

Webbasierte Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssysteme für den unternehmensübergreifenden<br />

Datenaustausch <strong>und</strong> das kettenorientierte Qualitäts- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> entwickelten<br />

sich bis dahin in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands unabhängig voneinander.<br />

Mit der Zusammenarbeit im AIDA-Verb<strong>und</strong> gelang erstmals eine deutschlandweite<br />

Forschungskooperation zu dringlichen Themen von Viehvermarktern.<br />

Das b<strong>und</strong>esweite AIDA-Projektkonsortium, bestehend aus zwölf Unternehmen der Viehvermarktung<br />

(Abb. 5.1/1), bildete drei regionale Gruppen, die innovative Lösungsansätze<br />

für verschiedene überbetriebliche Themenstellungen erarbeiteten.<br />

Die Gruppe Nord befasste sich mit dem Bereich <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Qualitätsmanagement<br />

<strong>und</strong> setzte sich aus folgenden Projektpartnern zusammen:<br />

• Erzeugergemeinschaft für Qualitätstiere Syke Bassum eG<br />

• Stader Saatzucht eG<br />

• Vermarktungsgemeinschaft für Zucht- <strong>und</strong> Nutzvieh ZNVG eG<br />

• Viehvermarktung Walsrode-Rethem eG.<br />

224<br />

Die vier Erzeugergemeinschaften arbeiteten unter wissenschaftlicher Begleitung der<br />

Universität Bonn (Institut für Tierwissenschaften, Abteilung Präventives <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management)<br />

an einem Konzept für ein vernetztes <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management an den Nahtstellen<br />

Zucht bis Mast. Es wurden Qualitätsmanagementmodelle für EZG <strong>und</strong> VVG zur<br />

Unterstützung überbetrieblicher Tierges<strong>und</strong>heitsmanagementaufgaben entwickelt. Dazu<br />

entstand das Konzept <strong>und</strong> eine Testversion einer internetbasierten Datenbank, in der Bef<strong>und</strong>-<br />

<strong>und</strong> Betriebsdaten gespeichert <strong>und</strong> sich zu entscheidungsrelevanten Informationen<br />

für eine nutzerspezifische Auswertung bereitstellen lassen. Im Vordergr<strong>und</strong> mehrerer<br />

Versuchsreihen stand, den Ablauf eines Audit- <strong>und</strong> Zertifizierungsverfahrens hinsichtlich<br />

des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von tierhaltenden Betrieben <strong>und</strong> Tiergruppen zu testen. Die


Abb. 5.1/1: Partner des Verb<strong>und</strong>projekts AIDA<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Untersuchungsparameter <strong>und</strong> -frequenzen sowie Analysemethoden wurden im Projekt<br />

variiert, um Eckdaten für den Umfang <strong>und</strong> den Ablauf risikoorientierter Statuserhebungen<br />

<strong>und</strong> Kosten-Nutzen-Betrachtungen zu erhalten. In die Bewertung wurde aufgenommen, in<br />

wieweit die Statusermittlung in Verbindung mit der Statuskommunikation langfristig das<br />

Handelsrisiko minimieren <strong>und</strong> das Image insbesondere deutscher Ferkel verbessern kann.<br />

Die Projektgruppe nutzte ein von der Universität Bonn entwickeltes Planungsmodell (ABE-<br />

Modell, Schütz 2009; vgl. Kapitel <strong>4.</strong>3), um ein k<strong>und</strong>enorientiertes Dienstleistungsprofil im<br />

überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management aufzubauen. Ziel war die Konzeption eines QM-<br />

Systems für Dienstleistungsagenturen nach dem Gütegemeinschaftsmodell.<br />

Die Gruppe West bearbeitete den Bereich Benchmarking <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbindungsstrategien<br />

<strong>und</strong> bestand aus den folgenden Unternehmen:<br />

• Erzeugergemeinschaft für Qualitätsferkel im Raum Osnabrück eG<br />

• Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh „Hümmling“ eG<br />

• Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh im Oldenburger Münsterland eG<br />

• Raiffeisen-Viehvermarktung Ganderkesee-Wildeshausen eG<br />

• Raiffeisen Viehvermarktung Werne GmbH & Co. KG.<br />

In der Gruppe West arbeiteten fünf Unternehmen unter wissenschaftlicher Begleitung<br />

der Universität Göttingen (Department für Agrarökonomie <strong>und</strong> Rurale Entwicklung). Ziel<br />

war die Einführung <strong>und</strong> Anpassung einer einheitlichen <strong>und</strong> integrierten IT-Systemplattform<br />

zur Unterstützung von für genossenschaftliche Viehvermarkter typischen Geschäftsprozessen<br />

in einem einheitlichen Warenwirtschaftssystem. Die Plattform diente als Basis,<br />

225


um später überbetriebliche Geschäftsprozesse, ein gemeinsames EDV-gestütztes Benchmarking<br />

sowie Marketing- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbindungsstrategien koordinieren zu können. Hierzu<br />

wurde ein gemeinsames Pflichtenheft erstellt <strong>und</strong> für die Erprobungsphase geeignete<br />

Hardwarekomponenten installiert. Parallel zu den erforderlichen Systemschulungen wurden<br />

K<strong>und</strong>enstammdaten angepasst <strong>und</strong> ein einheitlicher Kontenrahmen im Hinblick auf<br />

das unternehmensübergreifende Benchmarking anhand neuer Erfolgskennzahlen entworfen.<br />

Für die Verwaltung der Mitgliedschaften wurde ein neues Konzept erarbeitet <strong>und</strong> nach<br />

ausführlicher Testphase als neues Modul „Genossenschaftsverwaltung“ in die Warenwirtschaftssysteme<br />

der Projektpartner testweise implementiert. Die Prozesse der Viehanmeldung,<br />

Vermarktungsmengenplanung <strong>und</strong> Transportdisposition wurden mit Erstellung von<br />

Begleitdokumenten in einem System zusammengeführt. Das neue Modul „Dispositions-<br />

Monitor“ wurde jeweils an die individuellen Anforderungen der Projektpartner angepasst.<br />

Ein von der Uni Göttingen erstelltes Kennzahlensystem diente dem Benchmarking. Darüber<br />

hinaus ist unter wissenschaftlicher Begleitung geprüft worden, wie heute Marketing- <strong>und</strong><br />

K<strong>und</strong>enbindungskonzepte sowie der Einsatz der überbetrieblichen Vermarktungssoftware<br />

langfristig die K<strong>und</strong>enzufriedenheit verbessern <strong>und</strong> die Wechselbereitschaft der Mitglieder<br />

senken können.<br />

Die Gruppe Süd befasste sich mit dem Thema Logistik- <strong>und</strong> Customer Relationship Management<br />

(CRM) <strong>und</strong> setzte sich wie folgt zusammen:<br />

• Mitteldeutsche Schlachtvieherzeugergemeinschaft w.V. Altenburg<br />

• NVG-bovex GmbH<br />

• Viehzentrale Südwest GmbH.<br />

Die Gruppe Süd wurde wissenschaftlich begleitet von der Universität Göttingen (Department<br />

für Agrarökonomie <strong>und</strong> Rurale Entwicklung). Sie konzentrierte sich auf die Profilbereiche<br />

vernetzte Logistik <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbeziehungsmanagement (CRM). Durch den Einsatz einer<br />

vernetzten Softwarelösung entstanden Verbesserungen beim Vermarktungsprozess. Ziel<br />

war die Reduzierung der Vermarktungskosten von Nutz- <strong>und</strong> Schlachttieren, insbesondere<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in Süddeutschland klein strukturierten Betriebe, sehr differenzierten<br />

Nutz- <strong>und</strong> Schlachttierqualitäten sowie ausgeprägten Mengenschwankungen. Im Bereich<br />

Logistik wurde dies durch den Einsatz eines Mengenverwaltungsmoduls, einer Dispositionssoftware<br />

<strong>und</strong> von Telematikgeräten realisiert. Die Mengenverwaltung stellte ein dem<br />

Dispositionsprogramm vorgeschaltetes Modul dar. In diesem Modul wurde die Planung<br />

der Vermarktung elektronisch unterstützt. Aufgr<strong>und</strong> der Rechnungs-/Abrechnungsdaten<br />

aus SAP werden für jeden Betrieb Prognosen erstellt. Diese Prognosen dienten als Gr<strong>und</strong>lage<br />

für Vermarktungsvorschläge. Die Dispositionssoftware ermöglichte der Gruppe Süd<br />

eine Optimierung der Tourenplanung <strong>und</strong> die direkte Kommunikation mit den Fahrzeugen.<br />

Gleichzeitig ist vorgesehen, dass alle wichtigen Informationen aus der Mengenverwaltung<br />

(Aufträge) <strong>und</strong> den Telematikgeräten (Ortung, Tourverläufe <strong>und</strong> elektronisch erfasste Auftragsdaten)<br />

zusammenlaufen. Basierend auf zwei Status-quo-Befragungen zum Customer<br />

Relationship Management (CRM) erarbeiteten die Wissenschaftler der Universität Göttingen<br />

eine Typologie der Viehhandelsk<strong>und</strong>en, die eine an die individuellen Bedürfnisse der Mitglieder<br />

angepasste, proaktive Weiterentwicklung des Dienstleistungsprofils in den Bereichen<br />

Qualitätssicherung <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management ermöglicht. Die von der Gruppe Süd<br />

zur Testung implementierte CRM- <strong>und</strong> Logistiksoftware trägt in diesem Zusammenhang<br />

nicht nur zur Reduzierung der Vermarktungskosten bei, sondern ist auch ein wichtiges Instrument<br />

zur Generierung von aktuellem Wissen über die K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> deren Anforderungen.<br />

226


Aufgr<strong>und</strong> der Komplexität <strong>und</strong> den Erwartungen aus agrarpolitischer Sicht an das b<strong>und</strong>esweite<br />

Projekt wurde 2007 eine Steuerungsgruppe eingerichtet, an deren Sitzungen Vertreter<br />

des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), des B<strong>und</strong>esministeriums für Ernährung,<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz (BMELV) <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esanstalt für Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Ernährung (BLE) teilnahmen.<br />

Abb.5.1/2: AIDA-Projektstruktur<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Abbildung 5.1/2 zeigt die AIDA-Projektstruktur mit Koordination, Entwicklung <strong>und</strong> Umsetzung<br />

sowie der Beratung mit den entsprechenden Partnern auf. Umsetzung bedeutet in<br />

diesem Zusammenhang, dass im Rahmen der konzeptionellen Entwicklungsphasen Testläufe<br />

durchgeführt wurden, in denen die Validierung der Modelle erfolgte.<br />

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien haben klar die verantwortungsvolle<br />

Rolle als regionale Netzwerkkoordinatoren <strong>und</strong> innovative Dienstleister in der Wertschöpfungskette<br />

gezeigt. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit <strong>und</strong> den Austausch des<br />

umfangreichen Branchenwissens der Experten aus der Viehvermarktung gelang es, in drei<br />

parallelen Arbeitsgruppen in kürzester Zeit 15 spezielle Lösungskonzepte 1 für diesen Sektor<br />

zu entwickeln. Gefördert wurde das Vorhaben aus Mitteln des B<strong>und</strong>esministeriums für<br />

1<br />

Folgende Lösungskonzepte wurden entwickelt: Kennzahlensystem für Benchmarking, Marketingkonzept<br />

zur Verbesserung der K<strong>und</strong>enbindung (CRM), ABE-Planungsmodell, Dienstleistungskompass, Netzwerkkoordinatoren<br />

Ansatz, Fullservice Ansatz, Outsourcing Ansatz, Betreibergesellschaft Ansatz, Kooperatives<br />

Warenwirtschaftssystem Konzept, Geodaten gestütztes Logistiksystem Konzept, Webbasierte Datenbanklösung<br />

zur Unterstützung von Statusermittlung <strong>und</strong> -kommunikation, Monitoringkonzept in Ferkelerzeugerbetrieben,<br />

Geschäftsmodell-Konzept, Reifegradmodell, Zertifizierungsmodell für Dienstleistungsgeber.<br />

227


Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz (BMELV) über die B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms Innovationsförderung.<br />

Mit dem Verb<strong>und</strong> AIDA konnten bereits innerhalb von drei Jahren wesentliche Gr<strong>und</strong>steine<br />

neuer Geschäftsbereiche für Dienstleistungsagenturen gelegt werden. Hervorzuheben<br />

sind drei Lösungskonzepte:<br />

• Eine b<strong>und</strong>esweite Tierges<strong>und</strong>heitsagentur zur Koordination von Audits <strong>und</strong> Laboruntersuchungen<br />

<strong>und</strong> die Zertifizierung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Tierbeständen<br />

• Ein kooperatives Warenwirtschaftssystem verb<strong>und</strong>en mit für den Viehhandel<br />

typischen Kennzahlen, die erstmals ein aussagekräftiges monetäres Benchmarking<br />

erlauben<br />

• Ein konsistentes Informationssystem für die Bereiche Customer-Relationship-<br />

Management <strong>und</strong> ein auf Geodaten gestütztes Logistiksystem.<br />

Zum Ende des Projektes 2010 waren die entscheidenden Voraussetzungen für die<br />

Umsetzung der Gestaltungsvorschläge geschaffen. DRV <strong>und</strong> <strong>GIQS</strong> fördern die Weiterentwicklung<br />

der AIDA-Verb<strong>und</strong>idee sowie die Unterstützung der Folgeinitiativen:<br />

• Gründung einer Betreibergesellschaft für die Tierges<strong>und</strong>heitsagentur,<br />

• Internetplattform für einen gemeinsamen Marktauftritt,<br />

• Etablierung eines Verfahrensstandards zur Ermittlung <strong>und</strong> Zertifizierung des<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status tierhaltender Betriebe,<br />

• Etablierung einer b<strong>und</strong>esweiten Plattform zur Statuskommunikation sowie<br />

• Schulungsmaßnahmen für Landwirte <strong>und</strong> Tierärzte.<br />

Die Partner im AIDA-Verb<strong>und</strong> waren sich einig: „Wir bleiben vernetzt.“ Nur wer gemeinsam<br />

rasch technische <strong>und</strong> organisatorische Innovationen für neue Dienstleistungsfelder<br />

umsetzt, kann sich im Wettbewerb um immer stärker umkämpfte Märkte behaupten!<br />

228<br />

Vom Projektverb<strong>und</strong> zum Netzwerk<br />

Das AIDA-Projekt ist ein Zusammenschluss (Netzwerk/Cluster) von Unternehmen <strong>und</strong><br />

Forschungseinrichtungen, der durch das Innovationsprogramm des BMELV für einen zeitlich<br />

begrenzen Rahmen gefördert wurde. Mit seinem Programm zur Innovationsförderung<br />

unterstützt das BMELV die Entwicklung von Innovationen in den Bereichen Ernährung,<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz. Es hat zum Ziel, die wirtschaftliche Innovationskraft<br />

<strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen<br />

zu verbessern sowie zur Schonung der natürlichen Ressourcen beizutragen. Gefördert<br />

werden besonders geeignete Projekte zur Entwicklung innovativer, international wettbewerbsfähiger<br />

Produkte <strong>und</strong> Verfahren.<br />

Als gr<strong>und</strong>legende Voraussetzung zur Teilnahme an solchen Programmen ist die Initiierung<br />

von Projektkonsortien bzw. Clustern mit dem Ziel, vorhandene Potenziale aus Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Wissenschaft zu bündeln. Unter günstigen Voraussetzungen ist die Zusammenarbeit<br />

innerhalb des Förderzeitraumes für alle beteiligten Akteure so erfolgreich, dass auch<br />

nach der Förderung eine effektive Kooperationskultur zum Nutzen aller Projektpartner<br />

angestrebt wird.<br />

Jenen Standorten sind die besten Zukunftsaussichten zu prognostizieren, an denen als<br />

Rahmenbedingungen eine kritische Masse an verschiedenen Akteursgruppen einer Branche<br />

bzw. eines Innovationsfeldes angesiedelt ist, welche entlang der Wertschöpfungskette<br />

eng miteinander kooperiert sowie eine intensive Interaktion pflegt. In diesem Zusammenhang<br />

werden Netzwerke <strong>und</strong> Cluster als eine der Lösungsmöglichkeiten erachtet, die am


schnellsten <strong>und</strong> wirkungsvollsten auf die Herausforderungen reagieren können, die wandelnde<br />

Innovationsprozesse <strong>und</strong> die Globalisierung der Wirtschaft mit sich bringen (Meier<br />

zu Köcker <strong>und</strong> Buhl 2009).<br />

Charakteristika von Clustern bzw. Netzwerken<br />

Cluster können aus ökonomischer Sicht als Netzwerke von Akteuren entlang von Wertschöpfungsketten<br />

mit regionaler Konzentration aber überregionalem, nationalem bzw.<br />

internationalem Aktivitätsradius definiert werden. Die idealtypische Akteurszusammensetzung<br />

ist in Abb. 5.1/3 dargestellt. Neben Forschungs- sowie Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungseinrichtungen<br />

<strong>und</strong> Dienstleistern bilden die Unternehmen einer oder mehrerer Wertschöpfungsketten<br />

die Gr<strong>und</strong>lage eines Clusters. Innovationsfre<strong>und</strong>liche Rahmenbedingungen<br />

sind dabei gekennzeichnet durch eine thematische Fokussierung des Netzwerkes sowie<br />

transparente Organisationsstrukturen mit geregelten Managementprozessen. Eine intensive<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Kooperation zwischen den beteiligten Akteuren bildet die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für einen effizienten Technologietransfer <strong>und</strong> damit zur Umsetzung der Forschungsergebnisse<br />

in innovative Produkte.<br />

Abb. 5.1/3: Idealtypische Akteurszusammensetzung in Netzwerken<br />

Quelle: Meier zu Köcker <strong>und</strong> Buhl 2009<br />

Eine Kategorisierung von Netzwerken bzw. Clustern ist aufgr<strong>und</strong> der Vielzahl möglicher<br />

Zusammenschlüsse <strong>und</strong> fließender Übergänge in der Art der Zusammenarbeit nur eingeschränkt<br />

möglich. Nach eigenen Untersuchungen der vom B<strong>und</strong>eswirtschaftsministeriums<br />

ins Leben gerufenen Initiative „Kompetenznetze Deutschland“ (Meier zu Köcker <strong>und</strong> Buhl<br />

2008) können Cluster beispielsweise auf der Gr<strong>und</strong>lage ihrer Gründungshistorie kategorisiert<br />

werden. Die Mitgliederzusammensetzung, die interne Kommunikation <strong>und</strong> Zusam-<br />

229


menarbeit <strong>und</strong> die Art der Finanzierung werden z.B. maßgeblich durch die Gründungshistorie<br />

beeinflusst. Drei gr<strong>und</strong>legende Formen von Netzwerken können dabei unterschieden<br />

werden:<br />

• Bottom-up-Netze (durch viele Akteure, meist KMU, initiiert; oft historisch<br />

gewachsen),<br />

• exogene Top-down-Netze (durch einen oder wenige externe Akteure z.B. auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage einer B<strong>und</strong>es- oder Landesförderung initiiert),<br />

• endogene Top-down-Netze (durch einen oder wenige interne Akteure, oft Forschungseinrichtungen,<br />

initiiert, s. Abb. 5.1/4).<br />

Abb. 5.1/4: Kategorisierung von Clustern / Netzwerken nach ihrer Gründungshistorie;<br />

Bottom-up-Netze (links), exogene Top-down-Netze (Mitte), endogene Top-down-Netze (rechts)<br />

Quelle: Meier zu Köcker <strong>und</strong> Buhl 2008<br />

230<br />

Innerhalb von Bottom-up-Netzen wird die Zusammenarbeit meist dezentral <strong>und</strong> zum<br />

gemeinsamen Nutzen aller Akteure organisiert. Diese meist KMU getriebenen Netzwerke<br />

arbeiten anwendungs- <strong>und</strong> problemorientiert mit dem Ziel, die eigene Wettbewerbsfähigkeit<br />

zu erhöhen <strong>und</strong> somit einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Zusammenarbeit zu erzielen.<br />

Die gemeinsame Technologieentwicklung sowie die Erschließung neuer Märkte stehen<br />

dabei meist im Vordergr<strong>und</strong> des Interesses. Das Netzwerkmanagement basiert häufig auf<br />

einer aktiven Beteiligung der involvierten Akteure sowie über eine über Mitgliedsbeiträge<br />

finanzierte Organisationsstruktur. Dadurch zeichnen sich Bottom-up-Netze durch eine geringe<br />

Abhängigkeit von der öffentlichen Hand aus.<br />

Exogene Top-down-Netze sind meist regional- oder innovationspolitisch initiierte<br />

Netzwerke, die sich folglich durch ein externes Management, welches durch politische<br />

Initiatoren eingesetzt wurde, auszeichnet. Vielfach können diese Netze in mehrere Subnetze<br />

mit unterschiedlicher thematischer Ausrichtung <strong>und</strong> teilweise hoher KMU-Beteiligung<br />

untergliedert werden. Die Zusammensetzung sowie das Themenfeld der Zusammenarbeit<br />

sind dabei in erster Linie von den Vorgaben <strong>und</strong> der Verfügbarkeit öffentlicher Fördermittel<br />

abhängig. Als Finanzierungsgr<strong>und</strong>lage der gemeinsamen Technologieentwicklung innerhalb<br />

der Subnetze sowie für das Management des gesamten Netzwerkes dienen meist Förderprogramme<br />

auf Landes- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esebene, bei internationaler Ausrichtung der Akteure<br />

darüber hinaus auch auf EU-Ebene. Die politische Einflussnahme ist durch die Inanspruchnahme<br />

öffentlicher Mittel unausweichlich, entbindet die Akteure des Netzwerkes aber weitestgehend<br />

von hohen Mitgliedsbeiträgen.<br />

Die geographische Nähe von Forschungseinrichtungen ist für viele innovative KMU ein<br />

wichtiger Standortvorteil <strong>und</strong> führt häufig dazu, dass Forschungsstandorte nicht selten


als Keimzellen für endogene Top-down-Netze fungieren. Innerhalb dieser gewachsenen<br />

Strukturen übernehmen die F&E-Einrichtungen meist die Rolle des zentralen Netzwerkmanagements.<br />

Die Ausprägung der im Netzwerk bearbeiteten Themenfelder wird daher häufig<br />

durch Forschungseinrichtungen geprägt <strong>und</strong> ist somit eher forschungslastig. Wie anwendungsorientiert<br />

bzw. forschungslastig ein Netzwerk ist, hängt dabei im Wesentlichen von<br />

der Kommunikationskultur des Netzwerkmanagements ab. So gewährleistet eine gut funktionierende<br />

„Transferstelle“ innerhalb des Netzwerkmanagements zum Beispiel, dass Forschungsergebnisse<br />

zeitnah d. h. bereits in der Entwicklungsphase durch Anwender (Wirtschaftspartner)<br />

evaluiert bzw. getestet werden. Diese Schnittstelle zwischen Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft ist im Idealfall nicht nur für den Know-how-Transfer von der Wissenschaft<br />

in die Praxis zuständig, sondern auch für die Rückkopplung der Erfordernisse des Marktes<br />

aus Sicht der Unternehmen (vgl. Abb. 5.1/3).<br />

Ungeachtet der Gründungshistorie der genannten Netzwerktypen <strong>und</strong> der daraus resultierenden<br />

Art der Zusammenarbeit bzw. des Managements, so ist doch fast allen Netzwerken<br />

gemein, dass die Motivation der Zusammenarbeit in einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

(sowohl für Unternehmen als auch für Forschungseinrichtungen) zu suchen ist.<br />

Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist dabei in hohem Maße von der Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Implementierung von Innovationen <strong>und</strong> somit vom „Innovationsprozess <strong>und</strong> -management“<br />

abhängig.<br />

Die Entstehung von Innovationen im Innovationsprozess<br />

Durch eine strukturierte Planung <strong>und</strong> Steuerung von Innovationsaktivitäten von der ersten<br />

Idee bis zur erfolgreichen Markteinführung können am besten die Potenziale verschiedener<br />

Innovationsaktivitäten ausgeschöpft werden. Aufbauend auf Erfahrungen in der Innovationsberatung<br />

hat A.T. Kearney (2008) das „House of Innovation“ entwickelt (vgl. Abb.<br />

5.1/5, S. 224, veröffentlicht in European Communities 2008). Leicht modifiziert werden in<br />

diesem Modell die wichtigsten Bausteine eines erfolgreichen Innovationsmanagements dargestellt.<br />

Wenngleich sich das „House of Innovation“ in erster Linie auf die einzelbetriebliche<br />

Ebene konzentriert, lassen sich Bestandteile für jegliche Arten von Innovationsprozessen<br />

nutzen (auch für Elemente des Innovationsmanagements auf Netzwerkebene).<br />

Das Dach des „House of Innovation“ bildet dabei die Innovationsstrategie, ein Planungsprozess,<br />

der klar absteckt, für welche Unternehmens- oder Netzwerkziele Innovationen<br />

gefordert sind. Neben der Innovationsstrategie sollte ein auf Innovation ausgerichtetes<br />

Unternehmen oder Netzwerk diese Ziele auch in die Organisation <strong>und</strong> Unternehmens-/<br />

Netzwerkkultur mit einbeziehen. Auf diese Weise können innovative Impulse verstärkt <strong>und</strong><br />

gefördert werden. Eine vorhandene Strategie <strong>und</strong> innovationsfreudige Kultur erleichtern<br />

den Innovationsprozess. Dieser umfasst Aktivitäten von der Ideengenerierung bis hin zur<br />

Realisierung neuer Entwicklungen <strong>und</strong> der Markteinführung. Innovationsprozesse werden<br />

durch das Vorhandensein von Ressourcen <strong>und</strong> Managementstrukturen ermöglicht.<br />

Ein Innovationsprozess wird durch sich verändernde Bedingungen <strong>und</strong> Umwelteinflüsse<br />

angestoßen. Er kann grob in drei Hauptphasen eingeteilt werden: Initiierung, Realisierung<br />

<strong>und</strong> Verwertung (Abb. 5.1/5). Auch wenn der Innovationsprozess als linearer Prozess<br />

dargestellt ist, ist es üblich, dass einige Prozessstufen wiederholt werden. Da einige Teile<br />

des Innovationsprozesses einem hohen Risiko ausgesetzt sind (z.B. der Neuentwicklung),<br />

müssen zum Teil Korrekturen unternommen oder alternative Lösungsansätze ausprobiert<br />

werden. Demnach kann ein Innovationsprozess auch als iterativer Prozess oder als Lernen<br />

in Rückkopplungsschleifen verstanden werden.<br />

231


Abb. 5.1/5: “House of Innovation”<br />

Abb. modifiziert nach A.T. Kearney in European Communities 2008, des Weiteren basierend auf<br />

Bruns et al. 2008, Menrad 2004, Rosenfeld <strong>und</strong> Servo 1991, Rothwell 1994, Schlicksupp 1992,<br />

Schroeder et al. 1986, Trommsdorff 1990.<br />

Innovationen basieren auf unterschiedlichen Innovationsaktivitäten, mit denen sich im<br />

Ganzen Innovationen generieren lassen. Hierzu gehören wissenschaftliche, technologische,<br />

organisatorische, finanzielle <strong>und</strong> kommerzielle Schritte. Des Weiteren ist auch die<br />

Investition in neues Wissen zu nennen, welches nicht zuletzt zu der Implementierung einer<br />

Neuerung oder einer Verbesserung führt (OECD 2002). Es kann sich bei einzelnen Innovationsaktivitäten<br />

auch z.B. um in sich geschlossene Projekte handeln oder um Projekte<br />

der Markteinführung <strong>und</strong> Kommerzialisierung. Eine einzelne Innovationsaktivität generiert<br />

nicht notwendigerweise eine Innovation. Mit der Kombination verschiedener Innovationsaktivitäten<br />

kann das übergeordnete Ziel der Innovation jedoch erreicht werden. Dabei handelt<br />

es sich erst um eine Innovation, wenn aufgr<strong>und</strong> der Neuerung ein kommerzieller Erfolg<br />

im Markt oder die Leistungsfähigkeit von Marktteilnehmer durch die Implementierung der<br />

Neuerung gesteigert wird (Rogers 1998, European Commission 2004, Hauschildt 2004).<br />

232<br />

Problemstellung als Schritt im Innovationsprozess<br />

Die Problemerkennung <strong>und</strong> -beschreibung liefern die Gr<strong>und</strong>lage für Innovationsaktivitäten.<br />

Je früher Akteure intern wie auch extern abzeichnende Änderungen erkennen, desto<br />

eher können sie sich den daraus ergebenen Herausforderungen stellen. Demnach ist es ein<br />

entscheidender Wettbewerbsvorteil, wenn sich Akteure in die Lage versetzen, nicht ad hoc<br />

auf Marktveränderungen reagieren zu müssen, sondern diese bereits vorausschauend im<br />

Visier zu haben. Die Identifizierung neuer <strong>und</strong> zukünftiger Anforderungen an Unternehmen,<br />

Produktionsketten, Netzwerke oder ganze Sektoren wird auch als ‚Foresight and diagnostics’<br />

bezeichnet (Howells 2006). Das frühzeitige Erkennen sich verändernder Bedingun-


gen <strong>und</strong> damit das Erkennen eines Innovationsbedarfs ist ein sehr essentieller Schritt für<br />

die Wettbewerbsfähigkeit. Dieses sollte regelmäßig sowohl auf Unternehmensebene sowie<br />

auf Netzwerkebene durchgeführt werden.<br />

Ideengenerierung als Schritt im Innovationsprozess<br />

Ist das Problem erkannt <strong>und</strong> beschrieben, folgt eine zentrale Herausforderung für einen<br />

erfolgreichen Innovationsprozess – das Finden <strong>und</strong> Hervorbringen von Ideen für neue Produkte,<br />

Prozesse oder Dienste. Nach der kreativen Ideengenerierung findet die analytische<br />

Ideenbewertung <strong>und</strong> -auswahl statt. Anhand verschiedener Parameter 2 sollte eine Priorisierung<br />

der durchzuführenden Projekte vorgenommen werden.<br />

Projektkonzeption als Schritt im Innovationsprozess<br />

Zum Ende der Initiierungsphase wird ein stimmiger Projektplan erarbeitet, der das Ziel<br />

des Projektes <strong>und</strong> dessen Potenzial beschreibt. Des Weiteren gibt der Projektplan Auskunft<br />

über die zeitliche Abfolge (Arbeits- <strong>und</strong> Meilensteinplanung) <strong>und</strong> Ressourcenplanung<br />

(Budget, Gerätschaften, Personal) etc. (DGQ 2000; Pleschak et al. 1998). Gr<strong>und</strong>legende<br />

Ziele sind in handlungsorientierte Teilziele zu gliedern, die die Bearbeitung des Problems<br />

vereinfachen. Zudem ist in diesem Schritt zu überprüfen, welche internen Ressourcen zur<br />

Projektrealisierung vorliegen bzw. welche zusätzlichen externen Ressourcen (Partner, Fördermittel<br />

etc.) benötigt werden <strong>und</strong> wie diese akquiriert werden können.<br />

F&E-Realisierung als Schritt im Innovationsprozess<br />

Die Erarbeitung des Projektplans bildet den Übergang zur Phase der Projektrealisierung.<br />

Die Projektdurchführung ist der zentrale <strong>und</strong> wichtigste Schritt für das Innovationsprojekt.<br />

In dieser Phase wird das Innovationsmanagement mit klassischen Funktionen des<br />

Projektmanagements ergänzt. Das Projektmanagement ist für einen reibungslosen Ablauf<br />

des geplanten Projektes erforderlich.<br />

Verwertung als Schritt im Innovationsprozess<br />

In der Verwertungsphase wird die kommerzielle Nutzung von Neuerungen vorbereitet,<br />

indem Entwicklungen im Markt bekannt gemacht werden oder in Unternehmen angewandt<br />

werden. Bleibt die Kommerzialisierung aus, kann nicht von einer Innovation gesprochen<br />

werden. Dabei kann die Verwertungsphase als neues in sich geschlossenes Projekt definiert<br />

werden (inkl. inhaltlicher Zielsetzung, Aufgaben, Zeit- <strong>und</strong> Budgetplanung).<br />

Wie bereits angedeutet, handelt es sich beim Innovationsprozess um einen iterativen<br />

Prozess. Diese Aussage kann in der Verwertungsphase besonders deutlich illustriert<br />

werden: Wird z.B. angestrebt, Ergebnisse aus Forschungsprojekten auf ein spezifisches<br />

Unternehmen oder eine Produktionskette anzuwenden oder kauft ein Unternehmen Technologiekonzepte<br />

ein, ist oftmals eine Anpassung der entwickelten Technologie oder der<br />

Ergebnisse, die auf einer generellen <strong>und</strong> konzeptionellen Ebene vorliegen, nötig, um einen<br />

praktikablen „Fit“ zu erhalten (Bessant <strong>und</strong> Rush 1995). In diesem Fall kann sich wiederum<br />

ein Bedarf für weitere F&E-Vorhaben ergeben, um allgemeine Konzepte oder existierende<br />

Technologien auf bestimmte Fragestellungen anzupassen.<br />

²Wie zum Beispiel: Technische Realisierbarkeit (inkl. des dafür benötigten/vorhandenen Know How),<br />

finanzielle Realisierbarkeit (inkl. der dafür bereitstehenden Mittel/Quellen), Marktvolumen <strong>und</strong> Return of<br />

Investment (für jeden beteiligten Akteur), Erfolgswahrscheinlichkeit <strong>und</strong> Risiko (inkl. Konsequenzen worst<br />

case Szenario).<br />

233


AIDA – ein nachhaltig erfolgreiches Netzwerk<br />

Eine Beurteilung über den Erfolg von AIDA als nachhaltiges Netzwerk zur Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Implementierung von Innovationen im Qualitäts-, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong><br />

innerhalb der Fleischwirtschaft kann auf drei unterschiedlichen Zeitachsen erfolgen.<br />

Kurzfristig, d.h. nach Abschluss der Projektarbeit bzw. Förderphase sind die geplanten<br />

Projektziele weitestgehend verwirklicht worden, wie z.B. Konzepte für ein Kooperatives<br />

Warenwirtschaftssystem <strong>und</strong> ein Geodaten gestütztes Logistiksystem, Webbasierte Datenbanklösung<br />

zur Unterstützung von Statusermittlung <strong>und</strong> -kommunikation sowie ein Monitoringkonzept<br />

in Ferkelerzeugerbetrieben. Nutznießer der Projektergebnisse sind innerhalb<br />

dieses Zeitraumes in erster Linie die Projektbeteiligten, was als gr<strong>und</strong>legende Voraussetzung<br />

für eine zukünftige Zusammenarbeit innerhalb der geschaffenen Strukturen bzw.<br />

Netzwerke angesehen werden kann.<br />

Mittelfristig, d.h. in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren nach Projektablauf wird<br />

auch die genossenschaftliche Viehvermarktung im gesamten B<strong>und</strong>esgebiet von den genannten<br />

Ergebnissen bzw. vom Portfolio der Gestaltungsvorschläge für Informations- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsagenturen des AIDA-Projektes profitieren. Innerhalb eines langfristigen<br />

Beobachtungszeitraumes (mehr als 3 Jahre nach Projektablauf) kann die Deutsche Fleischwirtschaft<br />

in ihrer Gesamtheit von den Ergebnissen der Zusammenarbeit, z.B. durch Marketingkonzept<br />

zur Verbesserung der K<strong>und</strong>enbindung (CRM) oder dem ABE-Planungsmodell<br />

profitieren.<br />

Literatur<br />

Bessant, J. <strong>und</strong> Rush, H. (1993): Building bridges for innovation. The role of consultants in technology<br />

transfer. In: Research Policy, 2<strong>4.</strong> Jg., S. 97-11<strong>4.</strong><br />

Bruns, M., Petersen, B., Maijers, W. (2008): Intermediary act as Research-Industry Liaison Office.<br />

Support in structuring the innovation process especially for small and medium sized<br />

enterprises of the pork chain. In: Proceedings of the 8th International Conference on Management<br />

in AgriFood Chains and Networks. 28-30th of May 2008, Ede, the Netherlands.<br />

DGQ – Deutsche Gesellschaft für Qualität (2000): Qualitäts- <strong>und</strong> Effektivitätssteigerung bei F&E-<br />

Projekten durch methodenunterstütztes Projektmanagement. FQS-DGQ-Band 86-01, Frankfurt<br />

a. Main.<br />

European Commission (2004): Innovation in Europe. Results for the EU, Iceland and Norway.<br />

Data 1998-2001. European Commission, Luxembourg.<br />

European Communities (2008): Insights on Innovation Management in Europe. Tangible Results<br />

from IMP3rove. Europe INNOVA paper, 10, Luxembourg.<br />

Hauschildt, J. (2004): Innovationsmanagement. 3., völlig überarb. <strong>und</strong> erw. Aufl., München.<br />

Howells, J. (2006): Intermediation and the role of intermediaries in innovation. In: Research<br />

Policy, 35. Jg., S. 715–728.<br />

Mack, A. (2007): Nutzungskonzept für ein integriertes Audit- <strong>und</strong> Dokumentenmanagementsystem<br />

im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management schweinehaltender Betriebe. Dissertation<br />

Universität Bonn.<br />

Meier zu Köcker, G. <strong>und</strong> Buhl, C.M. (2009): Innovative Netzwerkservices Netzwerk- <strong>und</strong> Clusterentwicklung<br />

durch maßgeschneiderte Dienstleistungen. Herausgegeben durch das B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie.<br />

234


Meier zu Köcker, G. <strong>und</strong> Buhl, C.M. (2008): Kompetenznetze initiieren <strong>und</strong> weiterentwickeln.<br />

Netzwerke als Instrument der Innovationsförderung, des Wirtschaftswachstums <strong>und</strong> Standortmarketings.<br />

Hrsg.: B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie.<br />

Menrad, K. (2004): Innovations in the food industry in Germany. In: Research Policy, 33. Jg.,<br />

S. 845–878.<br />

OECD – Organisation for Economic Co-operation and Development (2002): Frascati Manual. Proposed<br />

Standard Practice for Surveys on Research and Experimental Development. Paris.<br />

Pleschak, F., Kulicke, M., <strong>und</strong> Stummer, F. (1998): Beteiligungsfinanzierung in Technologieunternehmen<br />

der Neuen B<strong>und</strong>esländer. Wissenschaftliche Reihe. Bd. 9, Deutsche Ausgleichsbank.<br />

Bonn.<br />

Rogers, M. (1998): The Definition and Measurement of Innovation. Melbourne Institute of Applied<br />

Economic and Social Research. Melbourne, Melbourne Institute Working Paper 10.<br />

Rosenfeld, R. <strong>und</strong> Servo, J.C. (1991): Facilitating innovation in large organizations. In: Henry, J.<br />

<strong>und</strong> Walker, D. (Hrsg.): Managing Innovation. London et al., S. 28–39.<br />

Rothwell, R. (1994): Towards the Fifth-generation Innovation Process. In: International Marketing<br />

Review, 11. Jg., H. 1, S. 7–31.<br />

Schlicksupp, H. (1992): Innovation, Kreativität <strong>und</strong> Ideenfindung. Würzburg.<br />

Schütz, V. (2009): Modell zur Planung von Dienstleistungen für das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

in der Fleischwirtschaft. Dissertation, Bonn.<br />

Schroeder, R., Ven van de, A., Scudder, G. <strong>und</strong> Polley, D. (1986): Managing Innovation and<br />

Change Processes: Findings from the Minnesota Innovation Research Program. In: Agribusiness,<br />

2. Jg., H. 4, S. 501-523.<br />

Trommsdorff, V. (1990): Innovationsmanagement in kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen. Gr<strong>und</strong>züge<br />

<strong>und</strong> Fälle - Ein Arbeitsergebnis des Modellversuchs Innovationsmanagements. München.<br />

235


236


5.2 IT-Lösungen zur Umsetzung von Customer Relationship<br />

Management-Strategien in der Vieh vermarktung<br />

Stephanie Schlecht, Achim Spiller <strong>und</strong> Bernd Kollmer<br />

Zielstellung der Gruppe Süd im AIDA-Projekt<br />

Ziel des AIDA-Projekts ist es, „die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der in Deutschland<br />

gewachsen en, zweistufigen tierischen Veredelungswirtschaft mit Viehverwertungsgenossenschaften<br />

(VVG) <strong>und</strong> Erzeugergemeinschaften (EZG) in ihrer Brückenfunktion zwischen<br />

Primärproduktion <strong>und</strong> den Verar beitungsstufen zu stärken“ (<strong>GIQS</strong> 2010). Das Verb<strong>und</strong>vorhaben<br />

unterstützt den Entwurf innovativer technischer <strong>und</strong> organisatorischer Lösungskonzepte<br />

in der Aufbau- <strong>und</strong> Ablauforganisation. Dazu gehört die Weiterentwicklung der Position<br />

der VVG <strong>und</strong> EZG in die Rolle von Netzwerkintegratoren im Lieferantenmanagement<br />

von Schlachtunternehmen.<br />

Projektpartner sind die Universitäten Bonn <strong>und</strong> Göttingen sowie zwölf – in drei regionale<br />

Gruppen (Nord, West, Süd) unterteilte – genossenschaftliche Viehvermarktungsunternehmen.<br />

Zu den Mitgliedern der Gruppe „Süd“ zählen die Viehzentrale Südwest GmbH<br />

(VZ), die Mitteldeutsche Schlachtvieherzeugergemeinschaft w.V. (MSE) <strong>und</strong> die NVG bovex<br />

GmbH (NVG). Jede Gruppe hat ihre eigenen Projektziele formuliert. Die Gruppe Süd vernetzt<br />

ihre Strukturen in der Logistik, der Telematik 1 <strong>und</strong> im K<strong>und</strong>enbeziehungsmanagement<br />

(CRM). Damit soll, z.B. durch die Glättung auftretender Mengenschwankungen, eine<br />

effektivere Vermarktung von Nutz- <strong>und</strong> Schlachttieren erreicht werden. Aufgr<strong>und</strong> der teilweise<br />

kleinteiligen Strukturen im Süden Deutschlands stellt die Optimierung der Logistik<br />

eine besondere Herausforderung dar. Mit Hilfe der Telematik sollen zudem rechtliche Auflagen,<br />

wie die Dokumentation der Fahrtstrecke (Spurverfolgung im Krisenfall), Temperatur<br />

im Viehtransporter <strong>und</strong> Lade-/Entladeorte (Klappenöffnungskontakte), erfüllt werden.<br />

Unternehmensstruktur <strong>und</strong> -organisation der Gruppe Süd<br />

Die Viehzentrale Südwest GmbH (VZ) ist als Tochterunternehmen einer Genossenschaft<br />

eine dem Genossenschaftsgedanken verpflichtete Ver marktungsorganisation für Nutz<strong>und</strong><br />

Schlachttiere. Gehandelt werden die Tierarten Schwein, Rind <strong>und</strong> Schaf. Abbildung<br />

5.2/1 fasst die Organisationsstruktur der VG/VZ-Unternehmensgruppe zusammen. Die<br />

Vieherzeuger-Gemeinschaft e.G. (VG) ist mit 79,5 Prozent des Stammkapitals Hauptgesellschafter<br />

der VZ. Zur VG zählen 2.372 Mitglieder, davon 155 ehrenamtliche Vertreter. Die<br />

VZ führt das operative Geschäft für die VG. Diese wurde 1979 mit dem Ziel gegründet, die<br />

Schweinemast auf Basis der Rein-Raus-Methode umzusetzen. Daraus ist ein durchgängiges<br />

Verb<strong>und</strong>system über die gesamte schweinehaltende Erzeugungskette entstanden – die so<br />

genannte arbeitsteilige Schweineproduktion. An diesem Verb<strong>und</strong>system sind ca. 350 Betriebe<br />

mit einer Marktleistung von 400.000 Mastschweinen pro Jahr beteiligt. Die VZ handelt<br />

im Schweinebereich insgesamt mit ca. 1.900 liefernden <strong>und</strong> ca. 1.500 abnehmenden<br />

Betrieben. Im Rinderbereich handelt es sich um ca. <strong>4.</strong>600 liefernde <strong>und</strong> ca. 1.600 abnehmende<br />

Landwirte.<br />

1<br />

Kunstwort aus den Begriffen Telekommunikation, Automation <strong>und</strong> Informatik, es bezeichnet im Kontext von<br />

Verkehr <strong>und</strong> Transport die Integration dieser Komponenten in ein System. Die Kommunikation überträgt die<br />

Daten, die Automation unterstützt deren Erfassung <strong>und</strong> die Informatik verarbeitet die Informationen <strong>und</strong> stellt<br />

sie für den Benutzer in geeigneter Form dar (vgl. www.austriatech.org).<br />

237


Die NVG-bovex GmbH ist seit dem 1. Januar 2006 in Nordbayern als Vermarkter im Auftrag<br />

der VVG Nordbayern eG <strong>und</strong> der VZ tätig. Die Mitteldeutsche Schlachtvieherzeugergemeinschaft<br />

(MSE) ist in Thüringen <strong>und</strong> die EZG Qualitätsfleisch Sachsen w.V. in Sachsen<br />

aktiv. Beide Erzeugerverbünde sind rechtlich <strong>und</strong> im Marktauftritt unabhängig, die VZ erbringt<br />

hier die Dienstleistung der Geschäftsbesorgung. Seit dem 1. Dezember 2006 betreiben<br />

VZ <strong>und</strong> MSE eine gemeinsame Geschäftsstelle in Altenburg. Der MSE gehören derzeit<br />

60 große Mitgliedsbetriebe aus Thüringen <strong>und</strong> Sachsen an, die ca. 180.000 Mastschweine<br />

pro Jahr produzieren. Die EZG Qualitätsfleisch Sachsen w.V. ist auf die Vermarktung großer<br />

Partien spezialisiert <strong>und</strong> vertritt derzeit 78 Mitgliedsbetriebe mit einem jährlichen Absatz<br />

von r<strong>und</strong> 110.000 Schweinen, 60.000 Ferkeln <strong>und</strong> 6.000 Rindern. Hinzu kommen r<strong>und</strong><br />

8.500 Schafe <strong>und</strong> Lämmer sowie <strong>4.</strong>500 Nutzkälber, Absetzer <strong>und</strong> Fresser. Darüber hinaus<br />

hält die Genossenschaft (VG) 80,9 Prozent der Anteile an der Agrar-Service GmbH, die Sauen-<br />

<strong>und</strong> Mastanlagen in Sachsen betreibt. Mit Hilfe eines Agrarbeteiligungsunternehmens<br />

engagiert sich die VG bei verschiedenen Ferkelhöfen.<br />

Abb 5.2/1: Die VG/VZ-Unternehmensgruppe<br />

Quelle: VZ (2009)<br />

238<br />

Die gesamte Unternehmensgruppe erwirtschaftete im Jahr 2009 Umsatzerlöse von<br />

416,7 Mio. Euro <strong>und</strong> gehört damit zu den führenden Viehvermarktungsorganisationen in<br />

Europa. Insgesamt hat sie 3.087.361 Nutz- <strong>und</strong> Schlachttiere für die Landwirte vermarktet,<br />

davon 185.696 Nutz- <strong>und</strong> Schlachtrinder, 1.133.082 Schlachtschweine, 1.679.561 Ferkel<br />

<strong>und</strong> Zuchtschweine sowie 89.022 Lämmer <strong>und</strong> Schafe. Die vermarktete Stückzahl konnte<br />

im Vergleich zum Vorjahr um 0,6% gesteigert werden. R<strong>und</strong> 51 Prozent der von der VZ-<br />

Gruppe vermarkteten Tiere stammen aus Mitgliedsbetrieben der VG (VG 2009). Zusammen<br />

mit der Rinderunion Baden-Württemberg e.V. (RBW) hat die VZ im September 2009 mit<br />

einem Anteil von 50 Prozent die KälberKontorSüd GmbH (KKS) gegründet. Die KKS hat am<br />

1. Oktober 2009 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen. In diesem Unternehmen bündeln<br />

VZ <strong>und</strong> RBW ihre Kräfte zur Erfassung <strong>und</strong> Vermarktung der Kälber in Baden-Württemberg.<br />

In 2009 wurden auf diesem Wege bereits über 1<strong>4.</strong>000 Kälber erfasst <strong>und</strong> vermarktet.


Die Strukturen der Fleischerzeugung im Einzugsgebiet<br />

Beschaffung (K<strong>und</strong>enstruktur)<br />

Die Viehhaltung hat im Kerngebiet der VZ im Vergleich zu anderen B<strong>und</strong>esländern einen<br />

hohen Stellenwert: 2009 wurden in Baden-Württemberg 2.103.600 Schweine auf 9.500<br />

Betrieben gehalten, was durchschnittlich 221 Tieren pro Betrieb entspricht. Der Rinderbestand<br />

setzt sich aus 1.04<strong>4.</strong>607 Tieren auf 21.651 Betrieben zusammen, somit werden im<br />

Durchschnitt 48 Rinder pro Betrieb gehalten (Statistische Berichte Baden-Württemberg<br />

2009a). Damit liegt die Schweinehaltung über dem nationalen Mittelwert, während die Rinderhaltung<br />

diesen unterschreitet (Veauthier <strong>und</strong> Windhorst 2007).<br />

Die Entwicklung der schweinehaltenden Betriebe illustriert den voranschreitenden<br />

Strukturwandel in Baden-Württemberg (vgl. Tabelle 5.2/1). R<strong>und</strong> drei Viertel der Schweinehaltungen<br />

wurden in den letzten 16 Jahren aufgegeben. 38 Prozent der Schweine werden<br />

bereits in Betrieben mit mehr als 1.000 Tieren gehalten. Damit ist die Schweinehaltung<br />

in Baden-Württemberg nach wie vor kleinstrukturiert, aber die Zahl der Betriebe in zukunftsfähigen<br />

Größenordnungen wächst. Somit sind vermehrt größere Unternehmen mit<br />

kritischeren Betriebsleitern am Markt. Dies kann zu einer steigenden Wechselbereitschaft<br />

führen. Aus diesen Gründen hat die K<strong>und</strong>enbindung für die Gruppe Süd einen hohen Stellenwert,<br />

um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />

Tabelle 5.2/1: Schweinehalter <strong>und</strong> Schweinebestände in Baden-Württemberg seit 1994<br />

Davon Halter mit … bis … Schweinen<br />

Insgesamt 1-99 100-399 400-999 1.000 <strong>und</strong> mehr<br />

Jahr Halter Tiere Halter Tiere Halter Tiere Halter Tiere Halter Tiere<br />

1994 38.737 2.245.463 33.552 425.674 3.555 755.304 1.493 893.996 137 170.489<br />

2001 19.141 2.31<strong>4.</strong>484 1<strong>4.</strong>572 239.753 2.590 545.839 1.580 990.089 399 538.803<br />

2007 12.763 2.238.322 9.032 152.162 1.838 395.878 1.286 83<strong>4.</strong>097 607 856.185<br />

Quelle: Eigene Darstellung nach ISN (2009)<br />

Absatz/Abnehmer (Schlachthofstruktur)<br />

In Baden-Württemberg finden sich bisher noch relativ vielfältige Absatzmöglichkeiten<br />

für Schlachtvieh. Im Jahr 2008 wurden etwa 3,8 Millionen Schweine geschlachtet, dies<br />

entspricht ungefähr sechs Prozent aller in Deutschland durchgeführten Schweineschlachtungen<br />

(Statistische Berichte Baden-Württemberg 2009b). Die Viehzentrale Südwest vermarktet<br />

einen Großteil ihrer Schweine an vier große Abnehmer. Zu den sonstigen Vermarktungsalternativen<br />

zählen vor allem Metzgereien, die in Süddeutschland noch weit verbreitet<br />

sind. Im Jahr 2008 wurden 623.000 Rinder geschlachtet (Statistische Berichte Baden-<br />

Württemberg 2009b). Aufgr<strong>und</strong> der vorangeschrittenen Konzentration der Schlachthöfe<br />

die noch Rinder schlachten, sind dort weniger Vermarktungs alternativen vorhanden. Daher<br />

wird der überwiegende Teil der Tiere an die Müller-Gruppe <strong>und</strong> VION vermarktet.<br />

Die abnehmenden Schlachthöfe benötigen zuverlässige Lieferanten, die homogene<br />

Partien anliefern. Eine tragfähige Beziehung zwischen den Landwirten <strong>und</strong> der Viehvermarktung<br />

ermöglicht eine Stärkung der eigenen Position gegenüber der „roten“ Seite. Eine<br />

niedrige Wechselrate der Landwirte <strong>und</strong> vor allem der zukunftsfähigen Betriebe sollte ein<br />

239


zentrales Ziel der Marktstrategie darstellen. Eine solche K<strong>und</strong>enbindung der Landwirte an<br />

die Unternehmen der Gruppe Süd kann durch eine CRM-Strategie gefördert werden.<br />

Wettbewerber<br />

Im Rahmen des AIDA-Projekts wurde eine Analyse der Wettbewerberstruktur vorgenommen.<br />

Dem nach hat die Gruppe Süd vorwiegend spezialisierte private Viehhändler <strong>und</strong> kleinere<br />

Erzeugergemein schaften als Konkurrenz. Die landwirtschaftlichen Lieferanten gaben<br />

in einer Studie der Universität Göttingen an, über relativ wenige Vermarktungsalternativen<br />

zu verfügen (vgl. 3.1, Schlecht et al. in diesem Band). Die Gruppe Süd verfügt durch ihre<br />

hohen Vermarktungszahlen <strong>und</strong> ihre Präsenz in den veredelungsstarken Regionen über<br />

hohe Marktanteile in der Schlachtviehvermarktung in Süd- <strong>und</strong> Ostdeutschland. In der<br />

folgenden Tabelle werden die Vermarktungszahlen eines größeren Wettbewerbers aus der<br />

Region Hohenlohe (Unabhängige Erzeugergemeinschaft UEG) mit denen der VZ verglichen.<br />

Hieraus geht die Überlegenheit der VZ hinsichtlich der Vermarkungszahlen deutlich hervor.<br />

Tabelle 5.2/2: Vergleich der Vermarktungszahlen von UEG <strong>und</strong> VZ<br />

UEG<br />

VZ<br />

Mastschweine 271.317 1.080.642<br />

Ferkel 700.390 1.583.432<br />

Zuchtschweine 12.182 125.254<br />

Großvieh <strong>4.</strong>367 18<strong>4.</strong>685<br />

Schafe 1.476 95.032<br />

Gesamt 989.732 3.069.045<br />

Eigene Darstellung nach UEG (2009) <strong>und</strong> VZ (2009)<br />

Das Wissen um die Wettbewerber ist von großer Bedeutung, denn wenn ein Konkurrent<br />

aus dem Markt ausscheidet, suchen die Landwirte einen neuen <strong>und</strong> zuverlässigen Partner.<br />

Die Information, welcher Landwirt zu welchem Wettbewerber Handelsbeziehungen pflegt,<br />

kann in solchen Fällen entscheidend sein, um Marktanteile weiter auszubauen. Mit einem<br />

CRM-System kann dieses Wissen dokumentiert <strong>und</strong> schnell analysiert werden.<br />

Die Implementierung einer elektronischen CRM-Lösung<br />

in der Gruppe Süd<br />

240<br />

Vorgehensweise<br />

Die folgenden Ausführungen analysieren den Einführungsprozess einer CRM-Software in<br />

der Unternehmensgruppe VZ. Aus diesen Erfahrungen lassen sich Schlussfolgerungen für<br />

die anderen Gruppen des AIDA-Projekts sowie für die deutsche Fleischvermarktung insgesamt<br />

ableiten.<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung für funktionierende CRM-Prozesse in komplexen vernetzten Strukturen<br />

ist die Motivation der Mitarbeiter, sich in neue Programme <strong>und</strong> Abläufe einzuarbeiten.<br />

In dieser Phase ist der Anwender, in diesem Fall der Vertriebsberater/Aussendienstmitarbeiter,<br />

als K<strong>und</strong>e zu betrachten, der den eigenen Nutzen der Neuerung erkennen soll.<br />

Aus diesen Gründen wurden die Programm funktionen so gestaltet, dass sie den Nutzen


<strong>und</strong> damit auch die Akzeptanz für alle Mitarbeiter erhöhen. Die gleiche Bedeutung ist dem<br />

Engagement des Managements zuzurechnen, das deutliches Commitment bezüglich der<br />

geplanten Änderungen demonstrieren muss.<br />

Im Rahmen des AIDA-Projekts wurden mehrere CRM-Zielsetzungen erarbeitet, da klare,<br />

messbare <strong>und</strong> realistisch terminierte Ziele zum Erfolg des Implementierungsprojektes beitragen<br />

können (vgl. 3.4, Spiller et al. in diesem Band):<br />

• Steigerung der Anzahl der betreuten K<strong>und</strong>en je Außendienstmitarbeiter<br />

• Steigerung der Stückzahlen der vermarkteten Nutz- <strong>und</strong> Schlachttiere<br />

• Effizienzsteigerungen (Zeitersparnis) für die Außendienstmitarbeiter im<br />

Arbeitsalltag<br />

Zu Projektbeginn standen die k<strong>und</strong>enorientierte Unternehmensstrategie sowie -prozesse<br />

im Fokus. Im Rahmen von AIDA fand gemeinsam mit der Universität Göttingen ein<br />

Strategie-Workshop statt, in dem verschiedene wettbewerbsstrategische Optionen sowie<br />

K<strong>und</strong>enerwartungen <strong>und</strong> -bedürfnisse vorgestellt wurden. Im Nachgang wurde vom Management<br />

über die Ausrichtung der CRM-Strategie als k<strong>und</strong>enorientierte Unternehmensstrategie<br />

entschieden. Der zweite Schritt umfasste die Re organisation k<strong>und</strong>enorientierter<br />

Prozesse. Daher wurden innerhalb des AIDA-Projekts bestehende Unternehmensprozesse<br />

überarbeitet <strong>und</strong> im CRM-System implementiert.<br />

Zeitlicher Ablauf<br />

Das Projekt wurde seriell bearbeitet: Zu Beginn lag der Schwerpunkt auf dem Teilprojekt<br />

Logistik. Die Einführung des Logistikprogramms CIS fand im Dezember 2008 statt,<br />

seither wird in einer Pilotgeschäftsstelle intensiv damit gearbeitet. Nachdem das neue Logistikprogramm<br />

erfolgreich eingeführt war, erhielt das CRM-Projekt eine höhere Priorität.<br />

Im Anschluss an die Implementierung des CRM-Systems konzentrierte sich die Projektleitung<br />

auf den dritten Teil des AIDA-Projektes, die Telematik. Zudem wurde während der<br />

gesamten Laufzeit an einer Vernetzung dieser Teilbereiche gearbeitet, um die Prozesse in<br />

den Unternehmen möglichst effizient auszugestalten. Bisher arbeitete jede Geschäftsstelle<br />

hinsichtlich Logistik <strong>und</strong> CRM mit unterschiedlichen selbstentwickelten Lö sungen auf der<br />

Basis von MS-Excel. Die im AIDA-Projekt implementierte Software soll diese Insellösungen<br />

beseitigen <strong>und</strong> ausgehend von der Pilotgeschäftsstelle in allen anderen Außenstellen etabliert<br />

werden.<br />

Erster Implementierungsschritt des CRM-Teilprojektes ist die Auswahl einer geeigneten<br />

Software. Nach dem Vergleich von drei Alternativen fiel die Entscheidung auf ein Produkt<br />

der Firma update.com. Die Auswahl dieser CRM-Software mit dem Namen „Update Seven“<br />

ist darin begründet, dass es individuell an die Branchenbesonderheiten sowie an die<br />

Vorstellungen der Mitarbeiter <strong>und</strong> Projektleitungsebene angepasst werden kann. Zunächst<br />

wurden die Mitarbeiter nach ihren Wünschen <strong>und</strong> Anforderungen befragt, aus welchen ein<br />

Pflichtenheft erstellt wurde. Darin wurden die konkreten Anforderungen der Gruppe Süd<br />

an das CRM-System beschrieben. Ein Offline-System wie „Update Seven“ ist für vernetzte<br />

Strukturen nicht in allen Punkten optimal geeignet, da der einmalige Datenaustausch<br />

über Nacht für manche Unternehmensprozesse, z.B. die Übermittlung von Teilaufträgen<br />

oder Nachrichten, zu viel Zeit beansprucht. Andererseits verfügen insbesondere die Außendienstmitarbeiter<br />

nicht ständig über einen Internetzugang, so dass auch eine Online-<br />

Variante des Systems diese Schwierigkeiten nicht vollständig beheben kann. Die gewählte<br />

Implementierungs variante stellt somit den besten Kompromiss dar.<br />

241


In der Pilotphase ab Juni 2009 wurde das CRM-System bei den Mitarbeitern eingeführt,<br />

die im Handel mit Schweinen beschäftigt sind. Für diese Mitarbeitergruppe wurde eine<br />

Vielzahl von Anpassungen an „Update Seven“ vorgenommen. Die Nutzer wurden während<br />

der Schulungen zur Software-Einführung ab Juni 2009 auf die Funktionen trainiert, die<br />

schnell einen Nutzen für ihren Arbeitsalltag bedeuteten. Den Mitarbeitern wurde ein konkreter<br />

Ansprechpartner für Fragen, Anregungen <strong>und</strong> Probleme („Support“) genannt. Desweiteren<br />

wurde ihnen ein Handbuch mit schrittweisen Erklärungen zur Verfügung gestellt.<br />

Nach der Pilotphase wurden weitere Systemanpassungen vorgenommen, die sich aus den<br />

Hinweisen <strong>und</strong> Verbesserungsvorschlägen der Pilotanwender ergaben.<br />

Die Terminwahl der Systemeinführung wurde mit dem Außendienst erarbeitet <strong>und</strong> abgestimmt.<br />

Der Zeitpunkt wurde bewusst in den Erntezeitraum gelegt, weil sich die Landwirte<br />

dann traditionell weniger mit der Vermarktung ihres Viehs beschäftigen <strong>und</strong> den Mitarbeitern<br />

so neben dem Tagesgeschäft mehr Zeit für die Einarbeitung verbleibt.<br />

Leistungsumfang der IT-Programme zur Optimierung von CRM<br />

<strong>und</strong> Logistik<br />

Im Rahmen des AIDA-Projekts wurde das CRM-System „Marketing Manager“ (jetzt: „Update<br />

Seven“) der Fima update.com weiterentwickelt. Folgende gr<strong>und</strong>legende Elemente<br />

können durch die Software erfasst <strong>und</strong> ausgewertet werden:<br />

• Termine<br />

• Mengen<br />

• Kontakt- <strong>und</strong> Hofdaten<br />

• Liefer- bzw. Abholtermine aufgr<strong>und</strong> von Prognosen zu Aus-/Einstallterminen<br />

• Auftragserfassung <strong>und</strong> Auftragsweiterleitung<br />

• Dokumentation von k<strong>und</strong>enbezogenen Dokumenten<br />

• Besuchsdokumentation<br />

• Informationsdienst mit unternehmens- <strong>und</strong> beratungsrelevanten Dokumenten<br />

• Wiedervorlage <strong>und</strong> Erinnerungsfunktion.<br />

Die Erfassung dieser Daten ermöglicht den Mitarbeitern, ihre Tagesplanung mit Hilfe<br />

des Programms zu gestalten. Für die Anwendung dieser Funktion wird zunächst nach bestimmten<br />

Kriterien (Gebiet, Betriebszweig, etc.) eine Auswahl erstellt. Aus dieser Selektion<br />

kann nach besuchten <strong>und</strong> nicht besuchten K<strong>und</strong>en unterschieden werden. Aus den Ergebnissen<br />

einer zweiten Selektion können bestimmte K<strong>und</strong>en ausgewählt werden, die in den<br />

nächsten Tagen besucht werden sollen. Die Termine werden automatisch in den Kalender<br />

des verantwortlichen Außendienstmitarbeiters übertragen.<br />

Die Anpassung zusätzlicher Funktionen des CRM-Systems „Update Seven“ an die Bedürfnisse<br />

der Anwender (Customizing) wurden im Rahmen des AIDA-Projekts von Anfang<br />

Mai bis Ende Juni 2009 vorgenommen. Dabei wurden in verschiedenen Anwendungsprozessen<br />

vernetzte Strukturen hergestellt. Abbildung 5.2/2 veranschaulicht diese Vernetzung<br />

der Datenobjekte <strong>und</strong> Funktionen in der Gruppe Süd.<br />

242


Abb. 5.2/2: Vernetzte Strukturen im AIDA- Projekt<br />

CRM<br />

Update Seven<br />

Teilaufträge,<br />

eventuell mit<br />

Sonderkonditionen<br />

Mengenverwaltung<br />

Aufträge, eventuell<br />

mit<br />

Sonderkonditionen<br />

Disposition<br />

- liefert<br />

Informationen zum<br />

K<strong>und</strong>en<br />

- hat eine<br />

Eingabemaske für<br />

Teilaufträge<br />

Informationen über<br />

- Auftragsstatus<br />

- Marktpotential<br />

- ordnet Teilaufträge<br />

einander zu<br />

- erstellt<br />

Mengenprognosen<br />

<strong>und</strong> Marktpotentiale<br />

Informationen über<br />

Disposition eines<br />

Auftrags<br />

- ordnet Fahrzeugen<br />

Aufträge zu<br />

K<strong>und</strong>endaten:<br />

Adressdaten<br />

Abrechnungsdaten<br />

Konditionen<br />

K<strong>und</strong>endaten:<br />

Adressdaten<br />

Fahrauftrag<br />

Fahrer<br />

SAP<br />

Rechnungswesen<br />

Abrechnungsdaten<br />

Lieferscheinerfassung<br />

Lieferschein<br />

- führt die<br />

Fahraufträge aus<br />

Quelle: VZ (2009b)<br />

Erweiterung der Schnittstelle zum Buchhaltungssystem (SAP)<br />

Folgende Informationen werden den Betrieben automatisch aus dem Rechnungswesen<br />

zugeordnet:<br />

• Teilnahme an Qualitätsfleischprogrammen (Gutfleisch, Feneberg, etc.)<br />

• QS-Status (Schweinehaltender Betrieb, etc.)<br />

• Zugehörigkeit zu Erzeugergruppen der VZ (Aufzüchter, DWA-System 2 , etc.)<br />

• Bankverbindung<br />

• Mehrwertsteuersatz<br />

Termin- <strong>und</strong> Mengenprognose<br />

Mit Hilfe dieser Funktion kann der Außendienst seine K<strong>und</strong>enaktivitäten besser planen.<br />

Stallt ein Mäster zum Beispiel zu einem Termin Ferkel mit einem Gewicht von 30 kg<br />

ein, so errechnet das Programm drei gestaffelte Ausstalltermine für die schlachtreifen<br />

Schweine. Die Ausstalltermine, der Name des Landwirts, die Anzahl der prognostizierten<br />

Schweine für den jeweiligen Termin <strong>und</strong> weitere Daten werden mit einer Schnittstelle zum<br />

CRM-System übertragen. Dort sieht der betreffende Außen dienstmitarbeiter im Bereich<br />

Wochenübersicht eine Tabelle mit allen anstehenden Ausstallungen seiner Landwirte für die<br />

nächsten zwei Wochen. Die Formel, mit der die Ausstalltermine errechnet werden, kann auf<br />

betriebsindividuelle Gegebenheiten (tägliche Zunahmen, Tierverluste, etc.) angepasst werden.<br />

Der Außendienst kann nach Rücksprache mit dem Landwirt aus einer Prognose einen<br />

Teilauftrag zum Abholen der Schweine für die Logistik generieren.<br />

2<br />

Das arbeitsteilige System in der Ferkelproduktion beruht darauf, dass die Funktionen Decken, Austragen/<br />

Warten <strong>und</strong> Abferkeln („DWA“) in dafür spezialisierten Betrieben ablaufen.<br />

243


Teilaufträge<br />

Auch hier wurde eine Schnittstelle zur Mengenverwaltung aufgebaut. Hat der Außendienst<br />

während eines K<strong>und</strong>enbesuches oder Telefonates einen Auftrag zur Abholung oder<br />

Lieferung von Nutz- oder Schlachttieren erhalten, so hat er die Möglichkeit, die vereinbarten<br />

Konditionen in einem Teilauftrag zu hinterlegen. Anschließend findet eine Übergabe an<br />

die Mengenverwaltung statt. Diese Funktion soll Abrechnungsfehlern vorbeugen, wenn der<br />

Außendienst spezielle Konditionen mit Landwirten aus gehandelt hat.<br />

Vertriebskonditionen (Schnittstelle zum Warenwirtschaftsystem <strong>und</strong><br />

Mengenverwaltung/ Logistik)<br />

Vertriebskonditionen können direkt nach der Eingabe für einen Teilauftrag abgespeichert<br />

werden oder separat für einen K<strong>und</strong>en hinterlegt werden. Bei erneuter Anfertigung<br />

eines Teilauftrages werden dem Außendienstmitarbeiter die für den K<strong>und</strong>en hinterlegten<br />

Vertriebskonditionen vorgeschlagen. Vertriebskonditionen können einmalig, immer oder für<br />

einen bestimmten Zeitraum gelten.<br />

Angebotsvorlagen<br />

Für die Mastschweinevermarktung sowie den Ferkeleinkauf <strong>und</strong> -verkauf wurden Angebotsvorlagen<br />

entwickelt. Die Kontaktdaten des K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> des Außendienstmitarbeiters<br />

werden in Verbindung mit einem Standardtext zu den Vermarktungsbedingungen automatisch<br />

generiert. Ziel dieser Funktion ist die Vereinfachung der Angebotserstellung bei<br />

gleichzeitiger Vereinheitlichung der Dokumente. Hinter diesem Vorgehen steht das Ziel,<br />

einen einheitlichen Unternehmensauftritt gegenüber K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Geschäftspartnern („one<br />

face to the customer“) zu realisieren (Günther <strong>und</strong> Deckl 2006).<br />

Umsatzstatistik<br />

In diesem Infobereich wird der Ein- <strong>und</strong> Verkauf eines K<strong>und</strong>en mit dem Vermarktungsunternehmen<br />

als Auswertung dargestellt. Die Unterteilung erfolgt nach Warengruppe (z.B.<br />

Mastschweine-Einkauf, Ferkel-Verkauf) <strong>und</strong> Monat. Folgender Informationsbedarf lässt sich<br />

mit einem Blick in die Umsatzstatistik decken: Wie viele Tiere können dieses Jahr noch aus<br />

diesem Betrieb erwartet werden? Wurden die Tiere, die über das Unternehmen bezogen<br />

wurden, auch wieder über die Firma vermarktet? Überdies können die Daten für eine Klassifizierung<br />

der K<strong>und</strong>en genutzt werden, um die Aktivitäten des Außendienstes gezielt auf<br />

umsatzstarke <strong>und</strong> gewinnbringende K<strong>und</strong>en zu konzentrieren.<br />

Schulung <strong>und</strong> Rückmeldungen der Anwender zur Einführung<br />

des CRM-Systems<br />

244<br />

Da die Akzeptanz <strong>und</strong> Motivation der Mitarbeiter ein entscheidender Erfolgsfaktor für die<br />

Einführung von CRM-Systemen ist (vgl. 3.4, Spiller et al. in diesem Band), wurden neben<br />

Schulungsangeboten auch die Einstellungen der Mitarbeiter während der Pilot-Phase erfasst.<br />

Dieses Vorgehen empfiehlt sich, weil das Feedback der betreffenden Mitarbeiter für<br />

weitere Verbesserungen der Software genutzt werden kann. Deshalb wurden zeitgleich mit<br />

dem ersten Schulungstermin die Erwartungen der Mitarbeiter an das neue CRM-System<br />

erhoben. Die zweite Befragung der Mitarbeiter fand nach einem Testzeitraum von vier bis<br />

acht Wochen nach Abschluss der Schulung statt. Aus den Antworten <strong>und</strong> Berichten über


die gewonnenen Erfahrungen <strong>und</strong> Eindrücke werden Rückschlüsse auf den Erfüllungsgrad<br />

ihrer Erwartungen gezogen.<br />

Die Mitarbeiterschulung wurde als intensive Gruppenschulung angelegt. Bei dieser<br />

Veranstaltung wurden die Erwartungen der Mitarbeiter an das CRM-System abgefragt. Zwischen<br />

dem ersten Schulungstermin <strong>und</strong> dem zweiten persönlichen Gespräch wurde immer<br />

wieder Kontakt zu den CRM-Usern aufgenommen, um Erfahrungen rückzukoppeln. Mit<br />

Hilfe der Ergebnisse aus der Erwartungs abfrage, den telefonischen Mitarbeitergesprächen<br />

<strong>und</strong> den Literaturrecherchen wurde der Fragebogen für die persönliche Befragung entwickelt<br />

<strong>und</strong> wie folgt gegliedert: Im ersten Teil wurde die Nutzungshäufigkeit <strong>und</strong> -intensität<br />

von verschiedenen Systemfunktionen <strong>und</strong> eine Gesamtbewertung der Erfahrungen erfasst.<br />

Die persönlichen Erfahrungen <strong>und</strong> die Alltagstauglichkeit des CRM-Systems wurden im<br />

zweiten Teil bewertet. Ein bis zwei Monate nach der ersten Schulung war das persönliche<br />

Treffen mit den CRM-Usern terminiert, da sich die Mitarbeiter in dieser Zeit weiter intensiv<br />

mit dem System vertraut machen <strong>und</strong> zu einer f<strong>und</strong>ierten Bewertung gelangen konnten.<br />

Erwartungen an das CRM-System<br />

Für die erste Erhebung wurden 31 Mitarbeiter zu ihren Erwartungen an die neue Programmversion<br />

befragt. Dabei gab die Mehrheit von 90 Prozent an, überwiegend positive<br />

oder eher positive Erwartungen an die neue Software zu haben. Kein Mitarbeiter ging mit<br />

negativen Erwartungen in die Einführungsphase.<br />

Im Anschluss an die allgemein gehaltene Abfrage wurden die Mitarbeiter gebeten,<br />

konkrete Erwartungen zu formulieren (vgl. Tabelle 5.2/3). Die Mitarbeiter hoffen, dass<br />

sie mit Hilfe von „Update Seven“ ihren Tagesablauf besser organisieren <strong>und</strong> strukturieren<br />

können, z.B. durch eine bessere Terminübersicht <strong>und</strong> -planung, eine erleichterte Arbeit<br />

mit K<strong>und</strong>enkontakten sowie übersichtlich angeordnete K<strong>und</strong>endaten in den Reports. Acht<br />

Benutzer stellen sich eine bessere Übersicht zu K<strong>und</strong>enaktivitäten vor. Es besteht auch die<br />

Erwartung, dass die Daten eines Betriebes abgefragt <strong>und</strong> Aktivitäten nachvollzogen werden<br />

können. Dazu gehören hinterlegte Konditionen, Verträge <strong>und</strong> sonstige k<strong>und</strong>enbezogene<br />

Dokumente sowie der Zugriff auf getätigte Umsätze (Umsatzstatistik). Zudem waren die<br />

Mitarbeiter der Auffassung, dass sie mit dem neuen System effizienter, effektiver <strong>und</strong> zielgerichteter<br />

arbeiten können. Dabei bestand der Wunsch nach leichter Handhabung, Übersichtlichkeit,<br />

hoher Geschwindigkeit (Performance) bei Abfragen <strong>und</strong> der Datenübertragung.<br />

Die gezielte Akquisition von Wettbewerbsbetrieben <strong>und</strong> Neuk<strong>und</strong>en sollte unterstützt<br />

werden. Einige Mitarbeiter äußerten die Erwartung, dass durch die Aktualität der Daten<br />

Fehler minimiert werden können. Insgesamt versprach man sich eine Zeitersparnis aus der<br />

Nutzung des CRM-Systems.<br />

Tabelle 5.2/3: Positive Erwartungen an das CRM-System<br />

Nennungen<br />

Planung (organisierter/strukturierter) 19<br />

Übersicht der K<strong>und</strong>enaktivitäten 8<br />

Effizienz (gezielter/schneller) 7<br />

Fehlerminimierung 7<br />

Aktualität der Informationen 3<br />

Arbeitszeitersparnis 2<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

245


Trotz der überwiegend positiven Einschätzungen nannten zwei Drittel der Mitarbeiter<br />

auch Bedenken (vgl. Tabelle 5.2/4). Der zeitliche Mehraufwand für Datenpflege <strong>und</strong> Einarbeitung<br />

wurde in 15 Fällen von den Mitarbeitern angeführt. Desweiteren zweifelten sie<br />

an der Verlässlichkeit der Daten im System. Drei Mitarbeiter befürchteten, dass das neue<br />

Werkzeug stärker zu Kontrollzwecken in der Zentrale verwendet werden könnte. Weitere Bedenken<br />

gelten der Zweckentfremdung ihrer K<strong>und</strong>endaten. Zwei Nennungen erwarteten eine<br />

allgemeine mangelnde Akzeptanz. Einzelnennungen betrafen die Unüber sichtlichkeit der<br />

Datenansichten, eine schwer beherrschbare <strong>und</strong> zu komplizierte Vernetzung der Systeme,<br />

mögliche Probleme bei der mobilen Handhabung im Auto <strong>und</strong> sich überschneidende Aktivitäten<br />

in den Außendienstgebieten. Insgesamt entsprechen die geäußerten Erwartungen<br />

den aus der Literatur bekannten Vor- <strong>und</strong> Nachteilen bei der Einführung von CRM-Software<br />

(vgl. 3.4, Spiller et al. in diesem Band).<br />

Tabelle 5.2/4: Bedenken bezüglich des CRM-Systems<br />

Nennungen<br />

Datenpflege 9<br />

Mehraufwand 6<br />

Verlässlichkeit der Daten 5<br />

Kontrolle/Zweckentfremdung der Daten 3<br />

Mangelnde Akzeptanz 2<br />

Mangelnde Übersicht 1<br />

Vernetzung zu kompliziert 1<br />

Handhabung im Auto (Außendienst) 1<br />

Gebietsüberschneidungen (Außendienst) 1<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Erfahrungen mit dem CRM-System<br />

Für die zweite Erhebung konnten insgesamt 23 Mitarbeiter befragt werden. Von den 23<br />

auswertbaren Fragebögen wurden zwölf von Außendienstmitarbeitern ausgefüllt, welche<br />

mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit im Außendienst verbringen. Elf Innendienstmitarbeiter,<br />

die ihre Arbeitszeit vorwiegend im Büro leisten, beteiligten sich ebenfalls an der Befragung.<br />

Um möglichst ungefilterte Aussagen der Mitarbeiter zu erhalten, wurden die Daten<br />

anonym erhoben.<br />

Die zweite Erhebung startete mit der Frage „Welche Erfahrungen haben Sie mit dem U7<br />

gesammelt?“ Die Antworten zeigen, dass die Erwartungen der Mitarbeiter nicht vollkommen<br />

erfüllt wurden. Obgleich die Erfahrungen nicht als negativ beschrieben werden, so ist<br />

doch eine kritischere Tendenz zu beobachten: Nur zwei Mitarbeiter haben überwiegend<br />

positive Erfahrungen gemacht, obwohl sieben Mitarbeiter diese erwartet hatten. Insgesamt<br />

ist jedoch zu konstatieren, dass die Mitarbeiter positive Erfahrungen gesammelt haben,<br />

wenngleich diese ihren hohen Erwartungen nicht ganz gerecht wurden.<br />

Dem Außendienst kommt bei der CRM-Implementierung eine besondere Bedeutung zu,<br />

da „Update Seven“ für diese Mitarbeitergruppe weiterentwickelt <strong>und</strong> mit zahlreichen neuen<br />

Funktionen ausgestattet wurde, deshalb wird bei der Auswertung der persönlichen Interviews<br />

im Folgenden zwischen Innen- <strong>und</strong> Außendienst unterschieden.<br />

246


Außendienst<br />

In der Anlaufphase beansprucht die Bedienung einer neuen <strong>und</strong> komplexen Software<br />

in der Regel mehr Zeit als die Arbeit mit bestehenden Systemen. Unmittelbar nach der<br />

Einführung arbeiten bereits 20% der Mitarbeiter intensiv mit der CRM-Software, weitere<br />

40% gaben an, sich in der Zeit nach der Einführungsveranstaltung regelmäßig mit „Update<br />

Seven“ beschäftigt zu haben. Die restlichen 40% der Mitarbeiter setzen sich bisher unregelmäßig<br />

mit dem Programm auseinander. Bei der beschrieben en Nutzungsintensität kann<br />

angenommen werden, dass nicht konsequent alle Tätigkeiten mit der Unterstützung des<br />

Systems geleistet wurden. Hierbei empfehlen sich kontinuierliche Schulungs angebote an<br />

die Mitarbeiter, um die Nutzungsintensität weiter zu erhöhen.<br />

Die Mitarbeiter erwarteten positive Effekte in den Funktionsbereichen Organisation<br />

<strong>und</strong> Planung. 19 Mitarbeiter nannten diesen Punkt in der ersten Befragung <strong>und</strong> erhofften<br />

sich bessere Möglichkeiten, ihren Tagesablauf <strong>und</strong> ihre Termine zu organisieren <strong>und</strong> zu<br />

strukturieren. Bei der zweiten persönlichen Befragung gaben die Außendienstmitarbeiter<br />

an, zwei- bis dreimal in der Woche ihren Tagesablauf mit „Update Seven“ zu planen. Die<br />

Erinnerungsfunktion fand bei den Außendienstmitarbeitern eben falls Anklang <strong>und</strong> wurde<br />

regelmäßig, d. h. häufiger als zweimal in der Woche, genutzt.<br />

In der ersten Befragung erhofften sich die Mitarbeiter eine bessere Übersicht zu den<br />

K<strong>und</strong>enaktivität en. Dafür müssen Kontakte <strong>und</strong> Gesprächsergebnisse kontinuierlich dokumentiert<br />

werden. K<strong>und</strong>en informationen aus „Update Seven“ nutzen die Außendienstmitarbeiter<br />

regelmäßig zur Vorbereitung ihrer K<strong>und</strong>enbesuche. Aus den K<strong>und</strong>engesprächen<br />

resultiert allerdings auch ein täglicher Dokumentationsbedarf in der CRM-Software, der<br />

von einigen Mitarbeitern bereits genutzt wird.<br />

Instrumente, die eine schnellere <strong>und</strong> gezieltere Arbeit unterstützen, sind u.a. Selektionen<br />

<strong>und</strong> die Mengenprognose. Mit Hilfe der Selektionen können spezifische K<strong>und</strong>engruppen<br />

aus der Gesamtmasse gefiltert werden. Die Funktion wurde von mehreren Außendienstmitarbeitern<br />

bereits ausprobiert. Das Interesse an der Funktion ist vorhanden, denn<br />

nur zwei Mitarbeiter haben nicht vor, diese Funktion anzuwenden. Ähnlich verhält es sich<br />

bei der wöchentlichen Termin- <strong>und</strong> Mengenprognose, die bisher von der Hälfte der Mitarbeiter<br />

regelmäßig genutzt wird.<br />

Insgesamt ist zu erkennen, dass die Außendienstmitarbeiter die Informationen aus der<br />

CRM-Software gerne entnehmen, der Informationseingabe jedoch noch nicht der entsprechende<br />

Stellenwert beigemessen wird, denn diese ist für die Mitarbeiter mit dem Mehraufwand<br />

der Datenpflege verknüpft. Nur ein Teil der Mitarbeiter pflegt bisher regelmäßig die<br />

unterschiedlichen Daten ihrer K<strong>und</strong>en, wobei der größere Teil nur eine unregelmäßige Datenpflege<br />

betreibt. Um die positiven Erwartungen an das System umzusetzen, ist es jedoch<br />

wichtig, dass die Informationen, die im Außendienst gewonnen werden, von den Mitarbeitern<br />

gepflegt werden, da der Außendienst exklusives Wissen über die betreuten K<strong>und</strong>en<br />

(z.B. Hofdaten, Wissen um potentielle K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> deren Kontaktdaten) hat. An diesem<br />

Punkt scheint die Schaffung von Anreizen zur Datenpflege bei den Mitarbeitern zielführend.<br />

Die Angst, dass Daten in „falsche“ Hände geraten könnten, haben nur drei Mitarbeiter<br />

geäußert. Die anderen Beschäftigten verspüren kein unmittelbares Unbehagen, dass der<br />

Kontrolldruck der Zentrale sich durch die verfügbaren Daten erhöht. Allerdings ist die Hälfte<br />

der Angestellten über die Tatsache beunruhigt, nicht zu wissen, ob <strong>und</strong> wie ihre Daten<br />

von der Geschäftsführung verwertet werden. Der andere Teil trägt keinerlei Bedenken in<br />

dieser Richtung. In diesem Zusammenhang kann eine offene Kommunikation des Managements<br />

gegenüber den betroffenen Mitarbeitern vorhandene Bedenken abbauen.<br />

247


Alle Mitarbeiter des Außendienstes stimmen der Aussage zu, dass das Programm ihren<br />

Bedürfnissen <strong>und</strong> Anforderungen entspricht. Auch hinsichtlich der Übersichtlichkeit gebe<br />

es nur wenig zu bemängeln. Der Umfang der unterschiedlichen Funktionen des „Update<br />

Seven“ wird von fünf Mitarbeitern als passend eingeschätzt, während vier Mitarbeiter die<br />

Funktionsbereiche als zu umfangreich empfinden. Die Systemnutzung beschreiben fünf<br />

Nutzer als technisch schwierig. Weitere fünf Mitarbeiter sehen für sich kaum technische<br />

Hürden bei der Nutzung des CRM-Systems. Ein Teil der Mitarbeiter bewertet „Update Seven“<br />

bereits kurz nach der Einführung als notwendig für ihre Arbeit. Offenbar fehlt es folglich<br />

nicht an Anreizen, mit dem „Update Seven“ zu arbeiten. Nur drei Mitarbeiter stimmen<br />

der Aussage zu, dass es ihnen an Motivation fehle, mit der CRM-Software zu arbeiten. Über<br />

die Hälfte der Mitarbeiter lehnt diese Aussage ab. Insgesamt ist die bestehende Akzeptanz<br />

des Systems bereits kurz nach der Implementierung positiv ausgeprägt. Kritischere Mitarbeiter<br />

sollten durch Schulungsangebote <strong>und</strong> Anreize monetärer oder nicht-monetärer Art<br />

von den Vorteilen des Programms überzeugt werden. Kritischer Punkt ist die vollständige<br />

Dateneingabe.<br />

Innendienst<br />

Für den Innendienst werden im Folgenden nur ausgewählte Auswertungen dargestellt.<br />

Der Innendienst hat die wichtige Funktion, den Außendienst mit aktuellen Informationen<br />

aus den Geschäftsstellen zu versorgen. Die Kommunikation zwischen Innen- <strong>und</strong> Außendienst<br />

soll durch das CRM-System neue Impulse erhalten. Im Innendienst wird das neue<br />

CRM-System im Vergleich zum Außendienst seltener benutzt. Fast 60 Prozent der Innendienstmitarbeiter<br />

nutzen „Update Seven“ bisher selten oder gar nicht. Dieses Ergebnis ist<br />

allerdings wenig überraschend, da die Hauptzielgruppe der Pilotphase der Software-Einführung<br />

der Außendienst war. In einem nächsten Schritt wird angestrebt, die Nutzung auch<br />

auf den Innendienst auszuweiten.<br />

Auf eine detaillierte Darstellung der Nutzungsintensität klassischer Außendienstfunktionen<br />

wird hier verzichtet, da diese im Innendienst kaum zur Anwendung kommen. Der<br />

Innendienst nimmt dennoch Kontakt mit dem K<strong>und</strong>en auf. In diesen wenigen Fällen ist die<br />

Dokumentation der besprochenen Themen ebenfalls erforderlich <strong>und</strong> sollte von den Beschäftigten<br />

geleistet werden. Beim nächsten Kontakt oder einer anderen Bearbeitung des<br />

K<strong>und</strong>en hat der Außendienst dann alle Informationen vorliegen <strong>und</strong> kann den Landwirten<br />

umfassend vorbereitet begegnen.<br />

Die Pflege der k<strong>und</strong>enbezogenen Informationen besitzt den gleichen Stellenwert. Einige<br />

Mitarbeiter pflegen regelmäßig Daten für den Informationsdienst oder k<strong>und</strong>enbezogene<br />

Dokumente ein. Sieben Mitarbeiter des Innendienstes gaben an, gerne den Mehraufwand<br />

für die Pflege der Daten auf sich zu nehmen.<br />

Drei Mitarbeiter aus dem Innendienst stimmen der Aussage zu, dass sie „Update Seven“<br />

für ihre Arbeit nicht bräuchten. Weitere drei bejahen diese Aussage zum Teil. Allerdings<br />

äußerten vier Mitarbeiter im Gespräch ihre Überzeugung, bei ihrer Arbeit nicht mehr<br />

ohne „Update Seven“ auszukommen <strong>und</strong> lehnen die Aussage daher ab. Hier zeigt sich,<br />

dass gegenüber dem Innendienst noch mehr Überzeugungsarbeit für die CRM-Software<br />

geleistet werden sollte, um die Nutzungs intensität zu erhöhen. Der überwiegende Teil der<br />

Innendienstmitarbeiter ist jedoch bereits davon überzeugt, dass die CRM-Software ihren<br />

Bedürfnissen entspricht. Dieser Nutzen ist ein wichtiger Ansatzpunkt, mit dem die Angestellten<br />

zu einem vermehrten Einsatz des Systems bewegt werden können.<br />

248


Im Hinblick auf die Datenverwendung teilt sich das Meinungsbild. Drei Mitarbeiter zeigen<br />

sich beun ruhigt über die mögliche Nutzung ihrer Eingaben <strong>und</strong> die unternehmensinterne<br />

Weitergabe von Daten, während die anderen Arbeitnehmer hier keine Risiken sehen.<br />

Einflussfaktoren auf die Akzeptanz des CRM-Systems<br />

unter den Anwendern<br />

Sehr bedeutend für den Erfolg eines CRM-Systems ist die Akzeptanz bei den Mitarbeitern,<br />

denn ein CRM-System kann nur zu dem erhofften Nutzen führen, wenn es die Mitarbeiter<br />

auch im geplanten Umfang einsetzen. Dies wiederum tun sie nur dann, wenn sie mit dem<br />

System zufrieden sind <strong>und</strong> es akzeptieren. Viele Projekte zur Einführung von CRM-Systemen<br />

scheitern insbesondere aufgr<strong>und</strong> von Akzeptanzproblemen <strong>und</strong> verursachen folglich<br />

Mehrkosten, bringen aber nur wenige Nutzenpotentiale hervor (Uebel et al 2002).<br />

Die Ergebnisse zur Nutzung des Systems in der Pilotgruppe zeigen bereits eine deutliche<br />

Akzeptanz bei den Anwendern der CRM- <strong>und</strong> Logistik-Software. Dennoch überrascht<br />

es wenig, dass bei einigen Mitarbeitern noch Potentiale zur verstärkten Nutzung des Programms<br />

bestehen. Auf Basis der Rück meldungen der Test-Nutzer sind jedoch wichtige<br />

Ansatzpunkte identifiziert worden, um die zukünftige Akzeptanz des Systems positiv zu<br />

beeinflussen.<br />

Hohe bzw. falsche Erwartungen an das System<br />

Die Erwartungen an das neue CRM-System waren nach der ersten Schulung ebenso<br />

positiv ausgefallen wie die Erfahrungen nach der ersten Nutzung. Dennoch wurden die<br />

Erwartungen, die die Mitarbeiter an das CRM-System hatten, nicht vollständig erfüllt. Die<br />

Zielsetzung eines CRM-Systems sind Effektivitäts- <strong>und</strong> Effizienzsteigerungen (Homburg<br />

<strong>und</strong> Sieben 2008). Dies deckt sich mit der Erwartung, mit Hilfe des Programmes organisierter<br />

<strong>und</strong> strukturierter bzw. gezielter <strong>und</strong> schneller zu arbeiten – demnach waren die<br />

Anforderungen der Angestellten an das System nicht falsch. Möglicherweise wurde jedoch<br />

die anfängliche Mehrarbeit, um sich mit dem neuen Programm vertraut zu machen, unterschätzt.<br />

An diesem Punkt ist besonders wichtig, den Mitarbeitern die durch die Software<br />

generierten Vorteile auch nach der Einführung weiterhin zu kommunizieren <strong>und</strong> auch zu demonstrieren.<br />

Gleichzeitig muss jedoch das Bewusstsein geschärft werden, dass das neue<br />

System zunächst mit Mehraufwand verb<strong>und</strong>en ist, bevor die Synergieeffekte – <strong>und</strong> damit<br />

auch Zeitersparnis – voll ausgeschöpft werden können.<br />

Misstrauen <strong>und</strong> Ängste<br />

Einige der Mitarbeiter im Innen- <strong>und</strong> Außendienst haben Bedenken hinsichtlich der<br />

Nutzung ihrer Eingaben geäußert. Dabei geht es nicht nur um die Angst des Verlustes des<br />

„Kopfmonopols“ (Hubschneider <strong>und</strong> Sibold 2007) bzw. ihres exklusiven K<strong>und</strong>enwissens,<br />

sondern auch um die Angst vor dem Verlust von Freiheitsgraden durch die Kontrolle ihrer<br />

Aktivitäten aus der Zentrale (vgl. 3.4, Spiller et al. in diesem Band). Ein wichtiger Ansatzpunkt,<br />

um diese Nutzungsbarriere abzubauen, sind vertrauensfördernde Maßnahmen<br />

durch die Geschäftsführung. Dazu gehört beispielsweise eine offene Information der Mitarbeiter<br />

darüber, wofür die Daten vom Management genutzt werden.<br />

249


Computerarbeit im Außendienst<br />

Einen praktischen Gr<strong>und</strong>, der die Nutzung der Software erschwert, stellt die Handhabung<br />

im Auto dar. Als Außendienstmitarbeiter sind die Anwender häufig mit dem Auto<br />

zu K<strong>und</strong>enterminen unterwegs. Telefongespräche, die auf der Autofahrt geführt werden,<br />

notieren sich die Mitarbeiter auf Blöcken oder behalten die Informationen im Kopf. Es liegt<br />

auf der Hand, dass sich selbst kleine Note- bzw. Netbooks auf dem Fahrersitz oder vom<br />

Fahrersitz aus schwierig bedienen lassen. In den Stall wird der Laptop nicht mitgenommen.<br />

Außerdem wird das Notebook zur Erledigung kleiner <strong>und</strong> kurzer Aufgaben im Alltagsgeschäft<br />

als zu umständlich <strong>und</strong> zu langsam empf<strong>und</strong>en. Ein Mitarbeiter äußerte in diesem<br />

Zusammenhang: „Für täglich <strong>und</strong> draußen ist das Programm ungünstig, für die Arbeit am<br />

Schreibtisch ist es ok“. Möglicherweise könnte an dieser Stelle bereits eine Veränderung<br />

der tech nischen Ausstattung, z.B. ein Umstieg auf kleinere, mit „Update Seven“ ausgestattete<br />

Smartphones, die Nutzungsbarrieren deutlich absenken.<br />

Zeitmangel<br />

In den Interviews gaben die Mitarbeiter an, den Mehraufwand für die Einarbeitung in die<br />

neue Software prinzipiell gerne auf sich zu nehmen, ihnen jedoch die Zeit fehle. Vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong>, dass der Einführungszeitpunkt des Systems mit den Außendienstmitarbeitern<br />

abgestimmt <strong>und</strong> auf die Erntezeit terminiert war, in der die Landwirte die Kapazitäten der<br />

Mitarbeiter nicht so stark belasten, erscheint dieses Argument nicht ganz treffend. Auch in<br />

der Literatur werden Erklärungen der Nichtnutzung durch Zeitnot diskutiert. Die Einarbeitung<br />

in ein neues Programm wird als mühsam empf<strong>und</strong>en. Unter anderem wird aufgeführt,<br />

dass die alte, bewährte Arbeitsweise schneller ans Ziel führt. Es liegt der Schluss nahe,<br />

dass im Fallbeispiel auch Bequemlichkeit eine Rolle spielen könnte. Denn nicht immer<br />

kommt es nur auf die „Können“-Komponente an. Auch die „Wollen“-Komponente hat einen<br />

starken Einfluss (Helmke et al. 2008). In diesem Kontext ist es ebenfalls wichtig, den Mitarbeitern<br />

offen zu kommunizieren, dass die Einarbeitung in das System zunächst Mehraufwand<br />

bedeuten kann, bevor seine Vorteile, die Steigerung von Effektivität <strong>und</strong> Effizienz der<br />

Arbeit <strong>und</strong> damit Zeitersparnis, zum Tragen kommen (Homburg <strong>und</strong> Sieben 2008).<br />

Erfolgsfaktoren bei der Implementierung des CRM-Systems<br />

In Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis sind zahlreiche positive <strong>und</strong> negative Erfahrungen mit der<br />

Implementierung von CRM-Systemen dokumentiert (vgl. 3.4, Spiller et al. in diesem Band).<br />

In diesem Wissen wurden bei der Einführung des Systems in der Gruppe Süd nachfolgende<br />

Erfolgsfaktoren berücksichtigt, um einen größtmöglichen Umsetzungserfolg zu gewährleisten.<br />

250<br />

Strategische Orientierung<br />

CRM-Projekte sollten auf einer unternehmensweiten Strategie fußen <strong>und</strong> vom Top<br />

Management getragen werden, um Mitarbeiterakzeptanz zu erreichen (Götz <strong>und</strong> Krafft<br />

2008). Der Workshop mit der Universität Göttingen diente als eine wichtige Gr<strong>und</strong>lage für<br />

die Gestaltung einer unternehmens weiten Strategie, die auf die CRM-Ziele der Gruppe Süd<br />

abgestimmt ist. Diese wird als wesentlicher Bestandteil einer CRM-Einführung definiert<br />

(Hippner 2004), denn Projekte, bei denen der Vertrieb lediglich mit Informations- <strong>und</strong> Kommunikationswerkzeugen<br />

ausgestattet wird, aber kein gr<strong>und</strong> legendes Konzept zur Verbesserung<br />

der Vertriebssteuerung <strong>und</strong> damit der Umsatzsituation entwickelt wurde, drohen häu-


fig aufgr<strong>und</strong> von Akzeptanzproblemen zu scheitern (Uebel et al. 2002). Daher ist die Arbeit<br />

an der CRM-Strategie in der Gruppe Süd als positiv hervorzuheben. Die gewählte Strategie<br />

sollte jedoch im Zeitverlauf überprüft <strong>und</strong> bei Bedarf angepasst werden, da die Arbeit an<br />

CRM-Projekten einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess gleichkommt.<br />

Human Ressource Management<br />

Die Unterstützung aus dem Top-Management wird in der Literatur als Erfolgsfaktor<br />

immer wieder hervorgehoben (Götz <strong>und</strong> Krafft 2008; Hirning 2003). Desinteresse oder<br />

mangelnde Anteilnahme der Führungskräfte führt unter anderem dazu, dass die eigentlichen<br />

Nutzer dem CRM-Projekt mit weniger Motivation gegenüber stehen. Im Bereich<br />

Human Ressource Management wurde auch weiteren wichtigen Erfolgsfaktoren Beachtung<br />

geschenkt. So wurde viel Arbeitszeit darauf verwandt, das CRM-System an den Bedürfnissen<br />

<strong>und</strong> Zielen der Mitarbeiter auszurichten (Götz <strong>und</strong> Krafft 2008). Zudem wurden interne<br />

Schulungen durchgeführt, bei denen besonderer Wert darauf gelegt wurde, den Nutzen des<br />

Systems in den Vordergr<strong>und</strong> zu stellen (Speier <strong>und</strong> Venkatesh 2002). Die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

des Systems wurde ebenfalls als Erfolgsfaktor identifiziert. Die Anwendungen werden<br />

von den Mitarbeitern als übersichtlich <strong>und</strong> ihren Bedürfnissen entsprechend bewertet.<br />

Es wurde also nicht an den Anwendern vorbei – sondern unter deren Einbeziehung - entwickelt.<br />

Die Faktoren Top-Management-Unterstützung, Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Einbindung<br />

der Mitarbeiter fungieren folglich als wichtige Erfolgsfaktoren für die Akzeptanz des<br />

CRM-Systems in der Gruppe Süd.<br />

Informationsmanagement<br />

Die Qualität der gesammelten Informationen ist entscheidend, um die Mitarbeiter<br />

bei ihren Aufgaben zu unterstützen <strong>und</strong> den Systemnutzen zu erhöhen (Götz <strong>und</strong> Krafft<br />

2008.). Viele Daten laufen durch die Vernetzung mit peripheren Systemen automatisch <strong>und</strong><br />

aktuell ein. Die Mitarbeiter müssen folglich nur in wenigen Teilbereichen Daten persönlich<br />

aktualisieren, eine mehrfache Datenerfassung <strong>und</strong> -haltung entfällt. Um effizient mit dem<br />

System arbeiten zu können, müssen die Außendienstmitar beiter zu Beginn allerdings ihren<br />

gesamten K<strong>und</strong>enstamm überprüfen <strong>und</strong> aktualisieren. Der Mehraufwand für die Datenpflege<br />

wurde anfänglich als Kritikpunkt der Mitarbeiter geäußert. Aus den Ergebnissen der<br />

Einführungsphase lässt sich jedoch folgern, dass bereits ein Teil der Mitarbeiter diesen<br />

Mehraufwand auf sich nimmt, um die Vorteile des Systems zu erschließen.<br />

Aufbau <strong>und</strong> Ablauforganisation<br />

Zentrales Ziel eines CRM-Systems ist es, die Effektivität <strong>und</strong> Effizienz der Arbeit im<br />

Unternehmen zu steigern <strong>und</strong> damit Zeit zu sparen (Homburg <strong>und</strong> Sieben 2008). Um die<br />

genannten Effekte zu er reichen, ist es wichtig, neuen CRM-Anwendern nach der Implementierung<br />

Einarbeitungszeit zu gewähren. In einem wettbewerbsintensiven Umfeld wie der<br />

Viehvermarktung besteht zwar nicht die Möglichkeit, den Angestellten explizite Einarbeitungszeit<br />

freizuhalten, aber das System wurde zu einem Zeitpunkt eingeführt, in dem die<br />

Landwirte die Kapazitäten der Mitarbeiter weniger stark in Anspruch nehmen.<br />

Übergreifende Aspekte der Implementierung<br />

Die Einbindung der Anwender während der Implementierungsphase ist ein wichtiger Aspekt,<br />

denn sie können Fehler <strong>und</strong> Lücken im Vorfeld schneller aufdecken <strong>und</strong> so wertvolle<br />

Beiträge bei der Ent wicklung leisten. Vor der Einführung wurden mehrere Mitarbeiter intensiv<br />

in die Entwicklungsphase eingeb<strong>und</strong>en. Deren hohe Kooperations- <strong>und</strong> Reaktionsbe-<br />

251


eitschaft, die eine ständige Interaktion zwischen technischem Implementierungsteam <strong>und</strong><br />

allen zukünftigen Nutzern bedeutet, unterstützt die erfolgreiche Einführung des Systems.<br />

Handlungsempfehlungen<br />

252<br />

Gruppe Süd<br />

Das Pilotprojekt zur Implementierung vernetzter Strukturen zwischen CRM, Logistik <strong>und</strong><br />

Waren wirtschaft in der Gruppe Süd im Rahmen von AIDA verläuft erfolgreich. Um mit den<br />

Systemen den erwarteten unternehmerischen Nutzen zu erreichen, sollten allerdings weitere<br />

Impulse folgen <strong>und</strong> dauerhafte Programme aufgelegt werden, die eine nachhaltige<br />

Nutzung des Systems in allen Unternehmensbereichen – über die Pilotgruppen hinaus –<br />

bewirken.<br />

Für das CRM-Modul wird hierbei insbesondere empfohlen, differenzierte, auf den Wissenstand<br />

der Mitarbeiter abgestimmte Fortbildungen einzuleiten, da sich innerhalb der<br />

Pilotgruppe bereits nach kurzer Zeit Unterschiede im Nutzungsverhalten zeigen. Für einige<br />

Mitarbeiter sind „Anfänger-Kurse“ angeraten, die neben den Gr<strong>und</strong>lagen von „Update Seven“<br />

auch PC-Kenntnisse auffrischen. Bei anderen Mitarbeitern bieten sich intensive Weiterbildungen<br />

(„Fortgeschrittenen-Kurse“) als effektivste Lösung an. Hierbei sollte der Schulungsinhalt<br />

an den aktuellen Problemen der Nutzung des CRM-Systems ausgerichtet sein.<br />

Im Vorfeld der Schulungen sollten vor allem die Probleme der Anwender erfasst werden,<br />

um Fortbildungen zielgerichtet auszugestalten. Dieses Interesse wirkt gleichzeitig vertrauensbildend.<br />

Ein Mitarbeiter schlägt Wochenendseminare für diesen Zweck vor.<br />

Die Schulungen sollten sich in Abschnitte gliedern, die in sich geschlossen sind <strong>und</strong><br />

den Anwendern den sofortigen Nutzen vermitteln. Einige ambitionierte <strong>und</strong> komplexe Funktionen,<br />

wie zum Beispiel die Organisation der K<strong>und</strong>enkontakte anhand der Tagesplanung<br />

benötigen strukturelle Kenntnisse des Datenmodells. Der tatsächliche Nutzen stellt sich<br />

langsamer ein. Für diese Funktionsteile bieten sich regelmäßige Anwendertreffen innerhalb<br />

einer Erfahrungsaustausch-Plattform an. Außendienst <strong>und</strong> Innendienst sollten daran beteiligt<br />

werden. Um diesem Forum einen entsprechenden Stellenwert beizumessen, sollte<br />

die Geschäftsführung die Schirmherrschaft übernehmen. Die ständige Anwesenheit der<br />

Geschäftsführung ist bei den Arbeitstreffen allerdings nicht erforderlich. Ihre Aufgabe ist<br />

es, Impulse zu setzen <strong>und</strong> durch Interesse die Entwicklung voranzutreiben. Anwenderforen<br />

entwickeln eine eigene Dynamik. Aufgabe des Managements ist hierbei, die Zielrichtung<br />

(hohe Akzeptanz <strong>und</strong> Nutzung der Systeme) im Blick zu behalten.<br />

Eine wichtige Aufgabe, die ebenfalls der Geschäftsführung zufällt, ist es, das Vertrauen<br />

der Mitarbei ter in das CRM-System zu fördern. Dabei können Change Management-Instrumente<br />

einen Teilbeitrag zur Überzeugung der Mitarbeiter leisten (vgl. 3.4, Spiller et al. in<br />

diesem Band). Den Mitarbeitern muss vermittelt werden, dass es zum Selbstverständnis<br />

eines Wirtschaftsunternehmens gehört, Kontrollinstrumente zur Unternehmenssteuerung<br />

zu schaffen <strong>und</strong> anzuwenden. Dies sichert die Steuerungsfähigkeit <strong>und</strong> den Bestand des<br />

Unternehmens.<br />

Potentiellen Motivationsproblemen kann mit der Schaffung von adäquaten Anreizsystemen<br />

begegnet werden (Schulze 2002). Kombinierte Anreize sind hierfür am besten geeignet.<br />

Als eine Möglichkeit empfiehlt sich eine Prämienzahlung. Sie sollte an das Eintreten<br />

eines bestimmten Ereignisses geb<strong>und</strong>en sein. Bei Vorliegen einer bestimmten Bedingung<br />

(z.B. der adäquaten Nutzung des CRM-Systems) erfolgt eine Prämierung. Der Kontrollaufwand<br />

bei solchen Maßnahmen sollte möglichst gering sein <strong>und</strong> einfache Mechanismen


einhalten. Die Anreize sollten auch Elemente mit negativem Charakter in Form von Sanktionen<br />

umfassen. Das Ermitteln von Anreizen zur Verhaltensänderung der Mitarbeiter kann<br />

in Workshops durch gezielte Gespräche erreicht werden. So können persönliche Motivationsstrukturen<br />

der Mitarbeiter aufgedeckt <strong>und</strong> ausgebaut werden (Schulze 2002).<br />

Ausblick<br />

CRM darf kein Selbstzweck sein. Ob ein CRM-System der richtige Weg für ein Unternehmen<br />

ist, hängt stark von den Unternehmensstrukturen ab. Vor allem im kleinstrukturierten Viehhandel<br />

kann es durchaus effektiver <strong>und</strong> wirtschaftlicher sein, wenn sich die Geschäftsführung<br />

im engen Austausch mit den Angestellten befindet, statt komplexe <strong>und</strong> teure Systeme<br />

einzusetzen, denn nachwievor zählt in der Landwirtschaft der persönliche Kontakt.<br />

Die Einführung eines CRM-Systems bindet finanzielle <strong>und</strong> personelle Ressourcen. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> sollte der Einstieg in ein technisch unterstütztes K<strong>und</strong>enbeziehungsmanagements<br />

wohlüberlegt werden. Besonders wenn der CRM-Gedanke als Unternehmensphilosophie<br />

von der Geschäftsführung bis zum operativen Mitarbeiter verankert ist, sind die<br />

Erfolgsaussichten des Implementierungsprojekts <strong>und</strong> damit der Unternehmenserfolg am<br />

größten.<br />

Das Vertrauensverhältnis zwischen Angestellten <strong>und</strong> Geschäftsleitung ist eine wichtige<br />

Voraus setzung. Des Weiteren sollten die Mitarbeiter über gute PC-Kenntnisse verfügen. Ein<br />

gr<strong>und</strong>legendes Technikverständnis ist hilfreich bei der Einarbeitung in ein neues Computerprogramm.<br />

Für den Außendienst sollte bedacht sein, dass ein Laptop im Stall oder auf dem<br />

Hofgelände schnell unhandlich wird. Landwirte sind eine sehr differenziert anzusprechende<br />

K<strong>und</strong>engruppe. Einige Landwirte stehen neuen Informationstechnologien skeptisch gegenüber,<br />

andere sind PC-Heavy-User (Bahlmann 2009). Ein Außendienstmitarbeiter der mit<br />

Laptop auf seinen Hof kommt wird oft damit konfrontiert „kein Praktiker“ zu sein. Andere<br />

Landwirte empfinden neue Technologien als hilfreich. CRM-Systeme leisten einen wichtigen<br />

Beitrag genau diese K<strong>und</strong>engruppen <strong>und</strong> -typen zu erfassen <strong>und</strong> dadurch optimal anzusprechen<br />

(Hippner 2004).<br />

CRM-Systeme sind komplex <strong>und</strong> schwierig einzuführen. Ihr gr<strong>und</strong>sätzlicher Nutzen ist<br />

aber ab einer gewissen Außendienststärke, wie sie in den Unternehmen der Gruppe Süd<br />

gegeben ist, unstrittig (vgl. Spiller et al. in diesem Band). Darüber hinaus ist auch die Lieferantenstruktur<br />

der Gruppe Süd ein wichtiges Argument für eine Einführung der Software<br />

„Update Seven“. Die im AIDA-Projekt erzielten Fortschritte stellen eine wichtige Basis für<br />

die Weiterentwicklung des CRM-Systems in den Unternehmen dar, um das Ziel zu erreichen,<br />

die Mitarbeiter aus dem Rinder- <strong>und</strong> Schafvermarktungsbereich ebenfalls in das System<br />

zu integrieren. Darüber hinaus können die im Projekt gesammelten Erfahrungen <strong>und</strong><br />

erreichten Ergebnisse nicht nur auf die anderen AIDA-Gruppen (Nord <strong>und</strong> West) übertragen<br />

werden, sondern auch in anderen klein- <strong>und</strong> mittelständisch strukturierten Branchen des<br />

Agribusiness (z.B. Obst- <strong>und</strong> Gemüsehandel, Verarbeitungsstufen) einen wichtigen Beitrag<br />

zur Umsetzung einer erhöhten K<strong>und</strong>enorientierung leisten.<br />

253


Literatur<br />

Bahlmann, J. (2009): Koordination in Food Supply Chains: Status quo <strong>und</strong> Potenziale IT-basierter<br />

Informationssysteme. Dissertation, Göttingen.<br />

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Kalend erjahr 2008. Stuttgart.<br />

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Nahrungsmittel – Eine vergleichende Analyse zwischen Niedersachsen <strong>und</strong> seinen bedeutendsten<br />

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Vieherzeuger-Gemeinschaft VG (2009): Geschäftsbericht 2008 der Vieherzeuger-Gemeinschaft e.G.<br />

Stuttgart.<br />

254


5.3 Kennzahlensysteme für Performance Measurement <strong>und</strong><br />

Benchmarking im Viehhandel<br />

Mechthild Frentrup, Rudolf Festag, Heinrich Speckmann, Anja Voss <strong>und</strong> Ludwig Theuvsen<br />

Der deutsche Viehhandel, traditionell Bindeglied zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern<br />

<strong>und</strong> der verarbeitenden Industrie, sieht sich seit einigen Jahren einem immer schärfer<br />

werdenden Wettbewerb ausgesetzt. Dieser begründet sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel,<br />

der sich in der gesamten Branche vollzieht <strong>und</strong> sowohl die Unternehmen auf der<br />

vorgelagerten Stufe der Erzeugung von Schlachtvieh als auch die nachgelagerten Wertschöpfungsstufen,<br />

speziell die Schlachtbranche, betrifft. Die Entwicklungen stellen die Struktur<br />

<strong>und</strong> Positionierung des bislang mittelständisch geprägten Viehhandels in Frage: Es ergeben<br />

sich zunehmend größere Organisationseinheiten, in denen eine strategische Steuerung der<br />

wirtschaftlichen Unternehmensaktivitäten an Relevanz gewinnt. Eine zentrale Rolle spielen in<br />

diesem Zusammenhang insbesondere prägnante Informationen, anhand derer der Unternehmenserfolg<br />

eingeschätzt <strong>und</strong> die (Wettbewerbs-)Strategien justiert werden können.<br />

In der Betriebswirtschaftslehre erfolgt die Gewinnung von Informationen zur Beurteilung<br />

von Unternehmen klassischerweise anhand von (Erfolgs-)Kennzahlen. Darunter versteht<br />

man Messzahlen, die betriebliche Informationen verdichten <strong>und</strong> die Zusammenhänge der<br />

wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens in konzentrierter, modellhafter, relativ einfacher<br />

<strong>und</strong> übersichtlicher Weise aufzeigen. Sie helfen auf diese Weise, Probleme zu erkennen<br />

<strong>und</strong> Schwachstellen zu analysieren. Darüber hinaus dienen sie der Kontrolle vom ex ante<br />

geplanten <strong>und</strong> ex post erreichten Ergebnis (Soll-Ist-Vergleich) <strong>und</strong> bilden damit die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für wichtige unternehmerische Entscheidungen. Da sich die Aktivitäten der Unternehmen<br />

jedoch branchentypisch stark unterscheiden <strong>und</strong> zudem von der Größe sowie der jeweiligen<br />

Zielsetzung der Unternehmen geprägt werden, hängt die Aussagekraft einzelner Kennzahlen<br />

stark von situationsspezifischen Gegebenheiten ab (Preißler 2008; Schenk 1991). Das<br />

bedeutet, dass nicht jede Kennzahl für jedes Unternehmen gleichermaßen brauchbar oder<br />

geeignet ist, sondern jedes Unternehmen, jede Branche <strong>und</strong> jede Unternehmensgröße eine<br />

spezifische Kennzahlenauswahl <strong>und</strong> Interpretation erfordert (Preißler 2008). Um den Informationsbedarf<br />

des Managements zielgerichtet zu decken <strong>und</strong> die Entscheidungsfindung<br />

der Akteure effektiv zu unterstützen, gilt es dabei diejenigen Messgrößen auszuwählen, die<br />

die tatsächlich auftretenden (betriebswirtschaftlichen) Probleme schnell, kompetent <strong>und</strong><br />

entscheidungssicher erkennen <strong>und</strong> lösen lassen (Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit der Ableitung <strong>und</strong><br />

Begründung eines kennzahlenbasierten Informations- <strong>und</strong> Steuerungsinstruments für das<br />

praktische Unternehmensmanagement im Viehhandel. Aufgr<strong>und</strong> ihrer dominierenden Präsenz<br />

innerhalb der Branche steht dabei die Perspektive der genossenschaftlichen Viehhandelsunternehmen<br />

im Fokus der Betrachtung <strong>und</strong> begründet sowohl die Auswahl spezifischer<br />

Kennzahlen als auch die Strukturierung des Konzepts insgesamt.<br />

255


Kennzahlen <strong>und</strong> Kennzahlensysteme im strategischen<br />

Management<br />

256<br />

Kennzahlen zur strategischen Unternehmenssteuerung<br />

Kennzahlen haben unbestritten eine große Bedeutung für das Unternehmensmanagement;<br />

sie sind ein „unverzichtbares unternehmerisches Führungsinstrument, um die Gesamtzusammenhänge<br />

in einem Unternehmen sichtbar zu machen <strong>und</strong> sind das wichtigste Analyseinstrument<br />

zur Erkennung möglicher Schwachstellen“ (Preißler 2008, S. 4). Sie geben in<br />

kompakter Form Auskunft über Stärken <strong>und</strong> Schwächen eines Unternehmens, ermöglichen<br />

inner- <strong>und</strong> außerbetriebliche Vergleiche <strong>und</strong> üben Erfolgskontrollfunktionen aus. Kennzahlen<br />

werden daher in jedem Unternehmen überall dort benötigt, wo Maßstäbe für das<br />

betriebliche Handeln festgelegt <strong>und</strong> kritische Erfolgsfaktoren festgemacht werden müssen<br />

(Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010). Es steht außer Frage, dass ohne aussagekräftige Kennzahlen<br />

keine f<strong>und</strong>ierten unternehmerischen Entscheidungen möglich sind (Preißler 2008). Das<br />

exakte Verständnis des Begriffs „Kennzahl“ variiert in der Literatur <strong>und</strong> in der Praxis allerdings<br />

stark. Es erscheint daher sinnvoll, eine einheitliche Definition festzulegen. Im Folgenden<br />

werden Kennzahlen verstanden als „hochverdichtete Messgrößen, die in präziser, konzentrierter<br />

<strong>und</strong> dokumentierter Form als Verhältniszahlen oder absolute Zahlen über einen<br />

zahlenmäßig erfassbaren Sachverhalt berichten, über Entwicklungen einer Unternehmung<br />

informieren <strong>und</strong> strategische Erfolgsfaktoren bilden“ (Preißler 2008, S. 11).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können sich Kennzahlen auf die unterschiedlichsten Bereiche des Unternehmens<br />

beziehen <strong>und</strong> Aussagen z.B. über die finanziellen Ergebnisse des Unternehmens,<br />

die Qualität der Produkte <strong>und</strong> Serviceleistungen, den Ablauf der betrieblichen Prozesse,<br />

die Zufriedenheit der K<strong>und</strong>en, die Leistungsfähigkeit der Lieferanten, die Zufriedenheit der<br />

Mitarbeiter oder die Entwicklung von Innovationen machen. Bei der Auswahl geeigneter<br />

Kennzahlen empfiehlt es sich zwar, alle Bereiche des Unternehmens zu berücksichtigen<br />

<strong>und</strong> Größen für alle entscheidenden Erfolgsfaktoren festzulegen. Um eine Informationsüberflutung<br />

zu vermeiden, ist es allerdings in der Praxis zweckmäßig, sich auf wenige,<br />

wichtige Zahlen zu beschränken (Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010). Verwendet werden daher sogenannte<br />

Schlüsselkennzahlen oder Key Performance Indicators (KPI), die die unternehmerische<br />

Leistung widerspiegeln (Parmenter 2010). Denn es ist nicht entscheidend, möglichst<br />

viele Einzeldaten zu gewinnen, sondern eine aussagefähige <strong>und</strong> überschaubare Auswahl<br />

zweckmäßiger Kennzahlen zu erstellen <strong>und</strong> diese korrekt zu interpretieren. Als hilfreich erweist<br />

es sich dabei, Meilensteine im Unternehmen zu setzen, die sich im Weiteren anhand<br />

der Kennzahlen herausstellen <strong>und</strong> kontinuierlich verfolgen lassen. In der Konsequenz lässt<br />

sich die spezifische Auswahl der relevanten Kennzahlen von den unternehmerischen Zielen<br />

<strong>und</strong> Aufgaben der jeweiligen Organisation ableiten (Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010).<br />

Alles in allem sollten geeignete Kennzahlen einige zentrale Anforderungen erfüllen: Sie<br />

müssen eine Beurteilung ermöglichen, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang die Aufgaben <strong>und</strong> Ziele<br />

des Unternehmens erreicht werden <strong>und</strong> wurden (Preißler 2008). Jede Kennzahl muss daher<br />

direkt mit einer Vorgabe oder einem Ziel verb<strong>und</strong>en sein (Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010).<br />

Darüber hinaus müssen Kennzahlen auch Ansatzpunkte für neue Planungen <strong>und</strong> Ziele liefern,<br />

Zusammenhänge mit Entwicklungstendenzen erkennen lassen, eine Orientierung über<br />

die Situation <strong>und</strong> den Standort des eigenen Unternehmens im Vergleich zur Konkurrenz<br />

geben <strong>und</strong> Ansatzpunkte für eine zielorientierte Unternehmenspolitik zur permanenten<br />

Erfolgskontrolle aufzeigen (Preißler 2008). Im Allgemeinen sollten die verwendeten Kennzahlen<br />

komprimierte, messbare Informationen enthalten, aber ausreichend genau sein, um


auch kleine Abweichungen aufdecken zu können. Die Daten, auf denen die Ableitung der<br />

Kennzahlen beruht, müssen aktuell, vollständig, einheitlich <strong>und</strong> vergleichbar sein, um zu den<br />

richtigen Ergebnissen zu führen. Die Kennzahlen müssen übersichtlich aufbereitet <strong>und</strong> transparent<br />

sowie verständlich <strong>und</strong> benutzerfre<strong>und</strong>lich sein, damit ihre Auswertung effektiv erfolgen<br />

kann. Und schließlich <strong>und</strong> müssen Kennzahlen auch den Kriterien der Wirtschaftlichkeit<br />

genügen, d.h. ihre Zahl sollte beschränkt bleiben <strong>und</strong> die Auswertung der Daten sollte über<br />

bestehende Informationssysteme erfolgen (Preißler 2008; Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010).<br />

Kennzahlensysteme<br />

In der Literatur ist man sich einig, dass es angesichts der komplexen Zusammenhänge<br />

in den Unternehmen <strong>und</strong> der ausgeprägten Fülle verfügbarer Informationen heute nicht<br />

mehr ausreicht, mit isolierten, einzelnen Kennzahlen zu arbeiten (vgl. z.B. Gladen 2003;<br />

Schenk 1991). Strukturierte Kennzahlensysteme ermöglichen es, gleichzeitig mehrere<br />

Kennzahlen zu verwenden <strong>und</strong> so erstens das Unternehmen in seiner Gesamtheit darzustellen<br />

<strong>und</strong> zweitens Abhängigkeiten <strong>und</strong> Querverbindungen im Unternehmen zu erkennen.<br />

Gleichzeitig bietet ein Kennzahlensystem den Vorteil, ausgehend von zentralen Schlüsselkennzahlen<br />

zusätzlich noch eine Reihe weiterer, untergeordneter Kennzahlen zu berücksichtigen,<br />

die bei Bedarf einen detaillierteren Einblick in die Stärken <strong>und</strong> Schwächen des<br />

Unternehmens ermöglichen (Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010). Unter einem Kennzahlensystem<br />

versteht man „die Gesamtheit von geordneten Kennzahlen, die die Zusammenhänge zwischen<br />

verschiedenen Größen aufzeigen <strong>und</strong> so betriebswirtschaftlich sinnvolle Aussagen<br />

über Unternehmungen <strong>und</strong> ihre Teile vermitteln. Kennzahlensysteme können für Analysezwecke<br />

<strong>und</strong> für Steuerungszwecke hergeleitet werden“ (Gladen 2003, S. 91).<br />

In der Unternehmenspraxis versagen viele Kennzahlensysteme in ihrer Funktion, <strong>und</strong><br />

zwar meistens aus ähnlichen, immer wiederkehrenden Gründen: Im Fokus vieler Systeme<br />

stehen vergangenheitsorientierte, finanzwirtschaftliche Kennzahlen, die keine Hinweise auf<br />

notwendige strategische Maßnahmen ableiten lassen. Nichtmonetäre Kennzahlen fehlen<br />

häufig gänzlich. Darüber hinaus mangelt es in vielen Fällen an einer eindeutigen Interpretation<br />

der Kennzahlen im jeweiligen Analysefeld oder es werden so viele Kennzahlen wahllos<br />

aneinandergereiht, dass es zur Informationsüberflutung kommt <strong>und</strong> die relevanten Zusammenhänge<br />

<strong>und</strong> Entwicklungstendenzen nicht sichtbar werden. Beim Aufbau eines Kennzahlensystems<br />

sind daher die spezifische Auswahl relevanter Kennzahlen <strong>und</strong> der unternehmensspezifische<br />

Zuschnitt der Systemstruktur von Bedeutung (Preißler 2008). Bewährt<br />

haben sich Kennzahlensysteme mit einer hierarchischen Struktur, die dazu beiträgt, die<br />

zentralen Anforderungen an ein Kennzahlensystem zu erfüllen (Gladen 2003):<br />

• Klarheit: Ein klar strukturiertes System kann ggf. auch eine größere Anzahl von<br />

Kennzahlen umfassen, ohne Verständlichkeit <strong>und</strong> Transparenz zu verlieren.<br />

• Einfachheit: Beim Einsatz der Kennzahlen zur Steuerung des Unternehmens sollte<br />

nur eine begrenzte Anzahl von Zahlen einbezogen werden.<br />

• Informationsverdichtung: Durch die hierarchische Struktur ist es möglich, sich an<br />

wenigen Schlüsselkennzahlen zu orientieren <strong>und</strong> bei Bedarf auf die untergeordneten<br />

Detailkennzahlen zurückzugreifen.<br />

• Multikausale Analyse: Im Gegensatz zu Einzelkennzahlen, die nur monokausale<br />

Erklärungen zulassen, erlauben es Kennzahlensysteme, mehrere Kennzahlen in<br />

ihren Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu analysieren.<br />

257


• Objektivität <strong>und</strong> Widerspruchsfreiheit: Im Gesamtzusammenhang des Kennzahlensystems<br />

werden subjektiv beliebige Interpretationen <strong>und</strong> widersprüchliche Aussagemöglichkeiten<br />

eingeschränkt.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können Kennzahlensysteme ganz unterschiedlich konstruiert werden. Bei<br />

den formalen Konstruktionsprinzipien steht die Art der Kennzahlenbeziehungen im Mittelpunkt.<br />

Unterschieden werden Kennzahlensysteme, die logische Beziehungen zwischen den<br />

Kennzahlen vorsehen (sog. Rechensysteme), <strong>und</strong> Systeme, die auch empirisch f<strong>und</strong>ierte<br />

Beziehungen zulassen (sog. Ordnungssysteme). Unter einem Rechensystem versteht man in<br />

der Literatur „Kennzahlensysteme von rechentechnisch verknüpften, hierarchisch geordneten<br />

Kennzahlen, die sich auch mit einem Baum vergleichen lassen“ (Gladen 2003, S. 16). Dabei verzweigt<br />

sich der Stamm, nämlich eine für besonders aussagefähig gehaltene Hauptkennzahl<br />

(Spitzen- oder Primärkennzahl), in mehrere Unterkennzahlen, aus denen Zweige mit weiteren<br />

Unterkennzahlen entspringen (Sek<strong>und</strong>är-, Tertiär-, Quartärkennzahlen; Schenk 1991). Charakteristisch<br />

für Rechensysteme ist, dass die Spitzenkennzahl innerhalb des Systems zwar<br />

die wichtigste Aussage vermittelt, aber nicht zur Erklärung der anderen Kennzahlen dient<br />

(Gladen 2003). Umgekehrt stehen die untergeordneten Kennzahlen zu den jeweils übergeordneten<br />

Zahlen in einem Ursache-Wirkungs-Verhältnis <strong>und</strong> können somit zur Interpretation der<br />

Hauptkennzahl herangezogen werden (Schenk 1991). Die Herleitung eines Rechensystems<br />

basiert auf definitionslogischen Beziehungen <strong>und</strong> mathematischen Umformungen. Bekannte<br />

Beispiele für Rechensysteme sind das DuPont-Kennzahlensystem, bei dem der Erfolg aus<br />

dem investierten Kapital (Return on Investment) – sprich: eine Gesamtkapitalrentabilität – an<br />

der Spitze der Kennzahlenpyramide steht <strong>und</strong> das vom Zentralverband der Elektrotechnischen<br />

Industrie e.V. (ZVEI) entwickelte, branchenneutrale ZVEI-System, bei dem die Eigenkapitalrentabilität<br />

als Spitzenkennzahl gewählt wurde (Gladen 2003).<br />

Beide Systeme werden in der Literatur ausschließlich als Navigationshilfe zur Analyse<br />

von Zusammenhängen innerhalb des Unternehmens eingeordnet <strong>und</strong> sind damit z.B. in der<br />

Vorphase von Planungen von Bedeutung. Als Basis für strategische Aufgaben wird dagegen<br />

auf Kennzahlensysteme verwiesen, die explizit zu Zwecken der Unternehmenssteuerung<br />

konzipiert werden. Hier stehen Ordnungssysteme im Mittelpunkt, d.h. Kennzahlensysteme,<br />

in denen „die Kennzahlen ohne mathematische Verknüpfung in sachlogischer Verbindung<br />

miteinander stehen. Die Kennzahlen werden in verschiedene, durch betriebswirtschaftliche<br />

Sachzusammenhänge verknüpfte Gruppen eingeteilt. Durch diese sachliche Aufspaltung<br />

werden sie transparenter.“ (Preißler 2008, S. 17). Darüber hinaus bietet die sachlogische<br />

Differenzierung eine Zuordnung der Kennzahlen zu bestimmten Bereichen des Unternehmens<br />

(z.B. der Produktion) <strong>und</strong> erhöht damit die Spezifität der Aussagen (z.B. die Rentabilität<br />

des Bereichs im Vergleich zu anderen Bereichen des Unternehmens). Im Vordergr<strong>und</strong><br />

von Ordnungssystemen steht die empirisch-induktive Gewinnung von Kennzahlen; es werden<br />

auch Kennzahlen in das System aufgenommen, die sich nicht mathematisch-definitionslogisch<br />

verknüpfen lassen. Damit gelten Ordnungssysteme gegenüber Rechensystemen als<br />

sehr flexibel. Sie werden allerdings in Bezug auf zwei zentrale Punkte kritisiert: Erstens<br />

werden die quantitativen Zusammenhänge zwischen den Kennzahlen nicht explizit gezeigt,<br />

sondern es wird vorausgesetzt, dass die Beziehungen zwischen den einzelnen Kennzahlen<br />

in ihrer Art <strong>und</strong> Wirkungsrichtung z.B. aufgr<strong>und</strong> betriebswirtschaftlicher Erfahrung bekannt<br />

sind. Darüber hinaus kann die empirisch-induktive Vorgehensweise dazu führen, dass die Beziehungen<br />

zwischen den Kennzahlen nur begrenzt untersucht werden <strong>und</strong> dementsprechend<br />

nicht ausreichend f<strong>und</strong>iert sind. Zweitens hängt die Entscheidung, welche Sachverhalte wich-<br />

258


tig sind – sprich: welche Kennzahlen in das System aufgenommen werden – entscheidend<br />

vom betriebswirtschaftlichen Urteil der Person ab, die das System erstellt. Damit ist die<br />

Kennzahlenauswahl unvermeidbar subjektiv geprägt <strong>und</strong> auch nur in begrenztem Umfang zu<br />

objektivieren (Gladen 2003).<br />

In der Literatur werden verschiedene Ordnungssysteme angeführt: Ein erstes Beispiel<br />

sind die sogenannten Zielhierarchien, ein entsprechend der Organisations- <strong>und</strong> Leitungsstruktur<br />

hierarchisch aufgebautes Steuerungs-Kennzahlensystem, bei dem Oberziele der<br />

Unternehmensebene in Unterziele der Bereichsebene heruntergebrochen werden. Das<br />

prominenteste Beispiel für ein Ordnungssystem zur Steuerung der Unternehmensabläufe<br />

ist allerdings der Ansatz der Balanced Scorecard (BSC), bei dem ein Gesamtproblem in<br />

Unterprobleme aufgelöst wird (Gladen 2003). Die BSC übersetzt die Unternehmensstrategie<br />

in operative Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen (Preißler 2008) <strong>und</strong> schafft eine Basis, um die komplexe<br />

Vielfalt von Ursachen <strong>und</strong> Wirkungen zwischen den kritischen Variablen zu beschreiben. Der<br />

Gr<strong>und</strong>gedanke <strong>und</strong> der Ablauf des Konzepts werden im nächsten Abschnitt ausführlicher<br />

betrachtet.<br />

Ausgangspunkt <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>konzept der Balanced Scorecard<br />

Im Gegensatz zu den bekannten Rechensystemen, die häufig aufgr<strong>und</strong> ihrer ausschließlich<br />

rückblickenden Betrachtung monetärer bzw. finanzwirtschaftlicher Größen kritisiert<br />

werden, verknüpft das von Kaplan <strong>und</strong> Norton (1992) eingeführte Konzept der Balanced<br />

Scorecard (BSC) monetäre Kennzahlen <strong>und</strong> nicht-monetäre Erfolgsfaktoren zu einem umfassenden,<br />

ausgewogenen Dokumentations- <strong>und</strong> Informationssystem. So berücksichtigt die<br />

BSC neben Spät- <strong>und</strong> Frühindikatoren auch kurz- <strong>und</strong> langfristige Zielgrößen, die sich zudem<br />

sowohl auf externe (Kapitalgeber, K<strong>und</strong>e, etc.) als auch auf interne (Prozesse, Mitarbeiter,<br />

etc.) Performance-Perspektiven beziehen. Dabei werden in eine BSC nur die Faktoren aufgenommen,<br />

die heute <strong>und</strong> zukünftig wettbewerbsentscheidend sind (Preißler 2008), vergangenheitsorientierte<br />

Größen bleiben dagegen (möglichst) unberücksichtigt. Auf diese Weise<br />

ergibt sich ein kennzahlenbasiertes Managementinstrument, das zur Messung der Leistung<br />

des Unternehmens <strong>und</strong> zur Steuerung der betrieblichen Abläufe geeignet ist. Die BSC gilt<br />

allgemein als flexibles, wirkungsvolles Kommunikations-, Lern- <strong>und</strong> Steuerungskonzept <strong>und</strong><br />

kann als Denkrahmen beschrieben werden, mit dessen Hilfe die Strategien, Visionen <strong>und</strong><br />

Ziele der Unternehmensführung in konkrete, operative Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen übersetzt<br />

werden (Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997).<br />

Die Balanced Scorecard umfasst i.d.R. vier erfolgsbestimmende Unternehmensperspektiven,<br />

nämlich erstens die finanzwirtschaftliche Perspektive, zweitens die K<strong>und</strong>enperspektive<br />

(synonym: Marktperspektive), drittens die betriebsablaufinterne Prozessperspektive <strong>und</strong><br />

viertens die Potential- oder Mitarbeiterperspektive (synonym: Innovations- <strong>und</strong> Wissensperspektive,<br />

Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsperspektive) im Sinne eines Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs.<br />

Dabei sind die drei letztgenannten Dimensionen der Finanzperspektive untergeordnet<br />

(Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler 2010), aber direkt oder indirekt mit ihr verknüpft. Dies wird an<br />

folgender Gedankenkette deutlich: Die Vision als definiertes, langfristiges Ziel des Unternehmens<br />

wird auf die vier erfolgskritischen Ebenen übertragen. Dabei ist die Erreichung der<br />

finanzwirtschaftlichen Ziele das oberste Gebot. „Wer seine finanziellen Ziele erreichen will,<br />

muss die spezifischen Erwartungen seiner K<strong>und</strong>en hervorragend erfüllen. Wer die Erwartungen<br />

seiner K<strong>und</strong>en hervorragend erfüllen will, muss wettbewerbsfähige Leistungsprozesse<br />

realisieren. Wer wettbewerbsfähige Leistungsprozesse realisieren will, braucht leistungsstarke<br />

Potentiale (Mitarbeiter, Infrastruktur, Organisation, ...).“ (Preißler 2008, S. 60). Strategi-<br />

259


sche Erfolgsgrößen sind demnach z.B. zufriedene Mittelgeber, begeisterte K<strong>und</strong>en, effektive<br />

Prozesse oder motivierte <strong>und</strong> geschulte Mitarbeiter (Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997).<br />

Für jede einzelne der (vier) gewünschten Perspektiven werden bei der Erstellung einer<br />

BSC die jeweils ein bis zwei wichtigsten Ziele sowie die korrespondierenden, messbaren<br />

Kenngrößen ausgewählt, mit deren Hilfe die Leistung des Unternehmens erfasst <strong>und</strong> die<br />

Erfüllung der strategischen Ziele abgeschätzt werden kann. Sinnvollerweise werden die<br />

inhaltlichen Kategorien einer BSC für jede Organisation individuell festgelegt <strong>und</strong> damit auf<br />

die konkrete Anwendungssituation einer Organisation zugeschnitten (Scherer 2002; Preißler<br />

2008). Die Festsetzung geeigneter Zielwertvorgaben <strong>und</strong> die Auflistung konkreter Maßnahmen<br />

zur Erreichung der gesetzten Ziele r<strong>und</strong>et die Darstellung ab (Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997;<br />

Preißler 2008). Abbildung 5.3/1 stellt die BSC in ihrer ursprünglichen Form dar.<br />

Abb. 5.3/1: Die Gr<strong>und</strong>form der BSC<br />

Quelle: nach Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997<br />

Da die Definition <strong>und</strong> Auswahl der Kennzahlen situations- <strong>und</strong> unternehmensspezifisch<br />

erfolgen muss, finden sich in der Literatur zwar Vorschläge für mögliche, allgemeingültige<br />

Kennzahlen jeder einzelnen Perspektive. Je nach Anwendungsbeispiel kommt in der Praxis<br />

allerdings eine Auswahl zum Tragen, die sich in Abhängigkeit von der Zielsetzung des<br />

Unternehmens von den üblichen Vorschlägen unterscheidet. Vollmuth <strong>und</strong> Zwettler (2010)<br />

nennen z.B. die folgende Auswahl zielspezifischer Messgrößen:<br />

260<br />

1. Finanzperspektive: Umsatzrentabilität (Steigerung der Rentabilität), Cashflow<br />

(Sicherung der Finanzkraft), Betriebsergebnis pro Mitarbeiter (Erhöhung der Produktivität),<br />

Return on Investment (Erhöhung der Kapitalverzinsung);


2. K<strong>und</strong>enperspektive: K<strong>und</strong>enzufriedenheit ermittelt per K<strong>und</strong>enbefragung (Ziel:<br />

zufriedene K<strong>und</strong>en), Lieferpünktlichkeit (Termintreue gegenüber K<strong>und</strong>en), Marktanteile<br />

(erhöhte Marktdurchdringung), Reklamationsrate (Qualitätssteigerung);<br />

3. Prozessperspektive: Durchlaufzeiten (Ziel: Flexibilität der Produktion), Maschinenauslastung<br />

(Verbesserung der Effizienz), Lagerumschlag (Senkung des Lagerbestands),<br />

Termintreue (Einhaltung der Termine);<br />

<strong>4.</strong> Mitarbeiter-/Wissensperspektive: Weiterbildungsaufwand (Ziel: Erhöhung der<br />

Kompetenz), Teilnahme an Schulungen (Verbesserung der Ausbildung), Umsatzanteil<br />

neuer Produkte (Schaffung neuer Produkte), Fluktuationsrate<br />

(geringe Mitarbeiterabwanderung).<br />

Um die BSC als Managementsystem in einer Organisation zu implementieren, gilt es<br />

vier entscheidende Schritte zu durchlaufen: Am Anfang steht die Klärung <strong>und</strong> Vermittlung<br />

der Vision <strong>und</strong> Strategie des Unternehmens. Im weiteren Verlauf dient die Strategie als<br />

Referenzpunkt für den gesamten Managementprozess. Die von allen geteilte Vision ist<br />

die Gr<strong>und</strong>lage für den kontinuierlichen, strategischen Lernprozess, der durch die Anwendung<br />

der BSC in Gang gesetzt wird. Im zweiten Schritt erfolgt dann die Zielabstimmung<br />

im gesamten Unternehmen, indem die Strategie von oben nach unten kommuniziert wird<br />

<strong>und</strong> die Abläufe innerhalb des Unternehmens auf die festgesetzte Strategie ausgerichtet<br />

werden. Der dritte Schritt beschäftigt sich mit der Planung <strong>und</strong> Festsetzung der konkreten<br />

Zielvorgaben <strong>und</strong> der vierte Schritt gibt ein strategisches Feedback. Dieses ist notwendig,<br />

um einen kontinuierlichen Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsprozess in Gang zu setzen, über den die<br />

Hypothesen überprüft werden, auf denen die Strategie des Unternehmens basiert. Im Mittelpunkt<br />

der BSC steht letztendlich das Anliegen, die Vision <strong>und</strong> die Strategien der Unternehmensführung<br />

im gesamten Unternehmen zu kommunizieren (Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997).<br />

Aufbau eines kennzahlenbasierten Steuerungsinstruments<br />

für den genossenschaftlichen Viehhandel<br />

Projektbezogenes Situations- <strong>und</strong> Anforderungsprofil<br />

Ein Kernziel des AIDA-Projekts war es, ein überbetriebliches Benchmarking über die Faktoren<br />

zu erarbeiten, die einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg <strong>und</strong> die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Unternehmen im deutschen Viehhandel haben. Zur Zielerreichung wurden zahlreiche<br />

Gespräche mit Experten aus dem Kreis der Projektpartner geführt, in denen sowohl<br />

die aktuelle wirtschaftliche Situation der Viehhandelsunternehmen betrachtet <strong>und</strong> als auch<br />

die unterschiedlichen Geschäftsmodelle anhand detaillierter Prozessanalysen diskutiert<br />

wurden (Voss <strong>und</strong> Theuvsen 2009; Voss et al. 2010). Um eine Aussage über den Erfolg<br />

oder Misserfolg der verschiedenen Strategien treffen <strong>und</strong> Empfehlungen zur Sicherung der<br />

Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Genossenschaften ableiten zu können, wurden die Ergebnisse<br />

dieser Situations- <strong>und</strong> Prozessanalysen mit aussagekräftigen Erfolgskennzahlen<br />

verknüpft <strong>und</strong> diese in das Benchmarking integriert. Der Vergleich der Daten zur Analyse<br />

der Stärken <strong>und</strong> Schwächen der einzelnen Unternehmen – also das eigentliche Benchmarking<br />

– setzt zwei Bedingungen voraus: Erstens müssen die Unternehmen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zum Austausch sensibler Daten bereit sein. Diese Bedingung kann als erfüllt betrachtet<br />

werden, da die Kooperation innerhalb des Projekts bereits eine Bereitschaft zum Informationsaustausch<br />

signalisiert. Zweitens bedarf die Berechnung aussagekräftiger Vergleichs-<br />

261


<strong>und</strong> Erfolgsmesszahlen einer einheitlichen Daten- <strong>und</strong> Berechnungsbasis, um Verzerrungen<br />

der Ergebnisse zu vermeiden <strong>und</strong> die Richtigkeit der Analysen abzusichern. Diese Bedingung<br />

kann zumindest aus informationstechnologischer Sicht als gegeben angesehen werden,<br />

denn im Verlauf des Projekts wurde in allen beteiligten Unternehmen eine einheitliche<br />

Software-Lösung im Bereich der Warenwirtschaftssysteme eingeführt, die zahlreiche Auswertungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Analysetools zur Verfügung stellt.<br />

Es bleibt allerdings die Herausforderung bestehen, eine relevante Auswahl an Kenngrößen<br />

zu treffen, die einerseits die spezifischen Ziele <strong>und</strong> Visionen des einzelnen Unternehmens<br />

widerspiegeln <strong>und</strong> andererseits ausreichend generalisierbar sind, um einen Vergleich<br />

der Unternehmensergebnisse zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten die selektierten<br />

Messzahlen konkret definiert werden, um eine korrekte Interpretation der Ergebnisse zu<br />

gewährleisten. Zur Absicherung der Aussagekraft der Ergebnisse wird in der Literatur zur<br />

Erfolgsfaktorenforschung empfohlen, eher Ziele allgemeiner statt betriebsindividueller<br />

Art in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken. Als geeignete, branchenunabhängige<br />

Kenngrößen werden in diesem Zusammenhang z.B. Gewinn, Kapital-/Umsatzrentabilität,<br />

Return on Investment, Umsatzwachstum <strong>und</strong> Profitabilität genannt (Schiefer <strong>und</strong> Hartmann<br />

2007). Im Rahmen des AIDA-Projekts ist jedoch erstens die Gewinnung viehhandelsspezifischer<br />

Aussagen von größerer Bedeutung als die Generalisierbarkeit der Ergebnisse<br />

in Bezug auf andere Branchen. So war ein wichtiges Ergebnis der Expertengespräche, sich<br />

zunächst auf die branchenspezifischen Besonderheiten des deutschen Viehhandels zu<br />

konzentrieren <strong>und</strong> das System erst nach einer erfolgreichen Implementierung in der Praxis<br />

(<strong>und</strong> bei Bedarf) auch um sektorübergreifende Erfolgsmaßstäbe zu erweitern. Zweitens<br />

wurde ein weiterer Schwerpunkt bewusst auf die Erarbeitung genossenschaftsspezifischer<br />

Erfolgskennzahlen gelegt, da die beteiligten Projektpartner ausschließlich in der Rechtsform<br />

der Genossenschaft arbeiten. In Bezug auf die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist<br />

daher festzuhalten, dass der von Schiefer <strong>und</strong> Hartmann (2007) geforderte Kompromiss<br />

zwischen notwendiger Homogenität der Untersuchungsobjekte <strong>und</strong> angestrebter Relevanz<br />

der Ergebnisse in diesem Fall zugunsten der projektbezogenen, spezifischen Daten zur<br />

Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der Viehhandelsgenossenschaften ausfällt.<br />

Als drittes Kriterium bei der Auswahl relevanter Kenngrößen wurde in den Diskussionen<br />

der Bedarf an einem Vergleichssystem mit zeitnahem, strategisch in die Zukunft gerichteten<br />

Auswertungshorizont identifiziert. Eine klassische Bilanzanalyse auf der Basis finanzwirtschaftlicher,<br />

vergangenheitsorientierter Kenngrößen aus dem Jahresabschluss erfolgt<br />

bereits seit Jahren pflichtgemäß über die Zusammenarbeit im Deutschen Raiffeisenverband;<br />

sie bietet nach verbreiteter Meinung aber zu wenige Möglichkeiten zur konkreten<br />

Justierung der laufenden Geschäftstätigkeiten.<br />

262<br />

Modifizierung des Balanced Scorecard-Konzepts<br />

Als Gr<strong>und</strong>struktur für den Aufbau eines Kennzahlensystems für die Viehhandelsgenossenschaften<br />

erscheint vor diesem Hintergr<strong>und</strong> das Konzept der BSC mit seinen flexiblen<br />

Möglichkeiten zur Anpassung an Unternehmensspezifika am besten geeignet. Es ermöglicht<br />

die geforderte zukunftsorientierte Betrachtungsweise, darüber hinaus besitzt der<br />

Ansatz einen weiteren Vorteil: Der Anspruch des Konzepts ist es, einen Denkrahmen für<br />

die Umsetzung der Unternehmensvision in operative Maßnahmen zu bieten. Dabei steht<br />

die Kommunikation des Unternehmensleitbildes im Mittelpunkt der Bemühungen. Die BSC<br />

„vermittelt externen Parteien <strong>und</strong> internen Mitarbeitern die Ergebnisse <strong>und</strong> Leistungstreiber,<br />

mit deren Hilfe die Organisation ihre Mission <strong>und</strong> strategischen Zielsetzungen erfüllen<br />

wird.“ (Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997, S. 181). Damit erscheint eine BSC in der Anwendungssitu-


ation der Genossenschaften besonders geeignet, denn die Rechtsform der Genossenschaft,<br />

bei der die Kapitalbasis über die Beiträge der Mitglieder abgesichert wird, ist mit der<br />

Verpflichtung zur Information über die Geschäftsergebnisse unmittelbar verknüpft. In diesem<br />

Sinne liefert die BSC ein umfassendes Dokumentations- <strong>und</strong> Informationssystem <strong>und</strong><br />

schafft eine Basis für die Verbesserung der Transparenz innerhalb der Organisation.<br />

In der Literatur wird auf zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten der BSC verwiesen: So<br />

eignet sich das Konzept nicht nur für klassische Wirtschaftsunternehmen, sondern u.a.<br />

auch für Organisationen, die sich nicht primär am Ziel der Gewinnmaximierung orientieren<br />

(Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997), bspw. öffentliche Unternehmen <strong>und</strong> Verwaltungen (Scherer <strong>und</strong><br />

Alt 2002) sowie private Nonprofit-Organisationen (Esslinger 2003). Bislang sind jedoch<br />

kaum konkrete Anwendungsbeispiele für Konzepte des Performance Measurement oder der<br />

BSC in Wertschöpfungsketten der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft dokumentiert (vgl. aber<br />

Aramyan et al. 2006; Bigliardi <strong>und</strong> Bottani 2010); dies gilt erst Recht für genossenschaftliche<br />

Unternehmen. Als ein Gr<strong>und</strong> für die zurückhaltende Anwendung der BSC in der Unternehmenspraxis<br />

wird der relativ hohe Aufwand zur Einführung <strong>und</strong> laufenden Aktualisierung<br />

der BSC betrachtet. Hinzu kommt, dass die BSC zur Formalisierung <strong>und</strong> Bürokratisierung<br />

der Organisationen beiträgt <strong>und</strong> sich vielfach Probleme bei der Ableitung belastbarer Ursache-Wirkungs-Beziehungen<br />

sowie bei der Operationalisierung der Ziele ergeben (Scherer<br />

2002). Held et al. (2007) führen darüber hinaus Besonderheiten des Planungsprozesses in<br />

kleinen <strong>und</strong> mittelständischen Unternehmen (KMU), die im deutschen Viehhandel dominieren,<br />

als Begründung für das Scheitern der BSC an: So sind nur bei r<strong>und</strong> einem Drittel der<br />

KMU die Wertvorstellungen, Ziele <strong>und</strong> Strategien schriftlich dokumentiert. Vielfach werden<br />

Strategiegespräche nur unregelmäßig geführt <strong>und</strong> die Strategien sind „Chefsache“, d.h. sie<br />

werden nicht an die Mitarbeiter kommuniziert. Insgesamt wird eine strategische Unternehmensplanung<br />

in den KMU mehrheitlich nicht als Wettbewerbsvorteil angesehen.<br />

Um eine erfolgreiche Implementierung <strong>und</strong> nachhaltige Anwendung des Instruments in<br />

der Praxis zu erreichen, sollten daher bei der Entwicklung einer BSC für die Viehhandelsgenossenschaften<br />

die folgenden Aspekte berücksichtigt werden: Erstens sollte die BSC an<br />

die Bedürfnisse kleiner <strong>und</strong> mittlerer Organisationen mit ihren begrenzten zeitlichen <strong>und</strong><br />

personellen Ressourcen angepasst werden. So sind z.B. wenige, aussagekräftige Kennzahlen<br />

mit deutlich geringerem Aufwand zu erheben <strong>und</strong> auszuwerten als ein umfassendes<br />

Kompendium vielfältigster Zahlen. Zweitens sollte die BSC nur in den Unternehmen (bzw.<br />

Unternehmensbereichen) eingesetzt werden, in denen sie auch wirklich sinnvoll ist. Hier<br />

erscheinen die im AIDA-Projekt kooperierenden Unternehmen, die eine – gemessen an<br />

Branchendurchschnitt – vergleichsweise große Unternehmensgröße aufweisen (Voss et<br />

al. 2010), als geeignete Partner, um die BSC als Basis für das Benchmarking auch in der<br />

Praxis zu erproben. Und drittens sollten die Führungskräfte <strong>und</strong> die Mitarbeiter in der Anwendung<br />

der BSC geschult <strong>und</strong> weitergebildet werden, um die Motivation zur Erhebung,<br />

Auswertung <strong>und</strong> Analyse der Daten zu fördern.<br />

Konkret erfolgt die Entwicklung <strong>und</strong> Implementierung der BSC in vier Schritten: Im<br />

ersten Schritt sind die Mission bzw. das Leitbild <strong>und</strong> die strategische Entwicklungsrichtung<br />

des Unternehmens zu definieren. Ergänzend zu diesem Schritt kann eine Bestandsaufnahme<br />

der Organisation erfolgen, z.B. in Bezug auf die Auslastung, die Aufbau- <strong>und</strong> Prozessorganisation<br />

oder das Qualitätsmanagement (Esslinger 2003). Da alle weiteren Schritte zur<br />

Entwicklung der BSC – vor allem die Auswahl der relevanten Kennzahlen – in spezifischer<br />

Ausrichtung auf die festgesetzte Unternehmensvision erfolgen (Preißler 2008), kommt<br />

diesem ersten Schritt eine zentrale Bedeutung für den Erfolg der BSC in der Unternehmenspraxis<br />

zu. Und insbesondere in Bezug auf das generelle Unternehmensleitbild unterschei-<br />

263


264<br />

den sich die genossenschaftlichen Organisationen elementar von privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen oder Kapitalgesellschaften: Denn der Genossenschaftsgedanke sieht nicht<br />

die Maximierung des unternehmenseigenen Gewinns als oberstes Organisationsziel vor,<br />

sondern stellt die Bedürfnisse der Mitglieder in den Mittelpunkt der Bemühungen. § 1 GenG<br />

spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die Genossenschaft „… darauf gerichtet ist,<br />

den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder … zu fördern“. In der Konsequenz richtet<br />

ein genossenschaftliches Unternehmen seine wirtschaftlichen Aktivitäten darauf aus, eine<br />

möglichst hohe Leistung gegenüber den Mitgliedern zu erzielen <strong>und</strong> auf diese Weise die<br />

Mitglieder dauerhaft an die Organisation zu binden. Abgeleitet vom Genossenschaftsanspruch<br />

könnte also das oberste Ziel der Unternehmen als „Sicherstellung einer bestmöglichen<br />

Leistung gegenüber den Mitgliedern unter der Prämisse einer dauerhaften Positionierung<br />

im Markt“ umrissen werden (vgl. auch Abbildung 5.3/2).<br />

Im zweiten Schritt erfolgen die Definition der einzelnen Perspektiven der BSC <strong>und</strong> die<br />

Festsetzung spezifischer Sachziele innerhalb jeder Dimension. Abgeleitet von der Unternehmensvision<br />

bietet sich hier die Betrachtung einer Perspektive „Mitgliederinteressen“<br />

einerseits <strong>und</strong> einer Perspektive „Unternehmensinteressen“ andererseits an. Die beiden genannten<br />

Perspektiven ersetzen die Perspektiven „Finanzen“ (Unternehmensinteressen) <strong>und</strong><br />

„K<strong>und</strong>en“ (Mitgliederinteressen), die Kaplan <strong>und</strong> Norton (1997) als Gr<strong>und</strong>struktur der BSC<br />

vorgeschlagen. Im Gegensatz zur traditionellen, hierarchisch Top-Down-verlaufenden Betrachtung,<br />

die von Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den verschiedenen Zielbereichen<br />

ausgeht, sollten die beiden genannten Dimensionen allerdings gleichrangig bearbeitet<br />

werden. Als weitere Perspektiven behalten auch in der modifizierten BSC die klassischen<br />

Dimensionen „Interne Prozesse“ <strong>und</strong> „Mitarbeiter“ ihre Bedeutung (vgl. Abbildung 5.3/2).<br />

Um das definierte Ziel des Projekts, den Aufbau eines praxistauglichen Benchmarkings<br />

für den genossenschaftlichen Viehhandel zu erreichen, muss nach Meinung der beteiligten<br />

Experten die Anwenderfre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Nutzbarkeit des Instruments oberste Priorität haben.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der begrenzten personellen Kapazitäten der Viehhandelsorganisationen sollte<br />

zudem der Arbeitsaufwand zur Datenauswertung auf ein Minimum begrenzt werden. Die<br />

erfolgte Einführung einer einheitlichen Software-Lösung wird in Zukunft zur Arbeitserleichterung<br />

beitragen, in der aktuellen Situation – sehr kurze Zeit nach der Implementierung<br />

der Software – sind jedoch noch Unsicherheiten <strong>und</strong> Defizite in der praktischen Anwendung<br />

der Auswertungs- <strong>und</strong> Analysetools festzustellen. Um die Motivation der Anwender<br />

zu fördern <strong>und</strong> das Benchmarking nachhaltig im Alltag der Unternehmen zu verankern,<br />

wurden daher bei der weiteren Analyse bewusst die Perspektiven „Mitgliederinteressen“,<br />

„Unternehmensinteressen“ <strong>und</strong> „Interne Prozesse“ in den Fokus der Betrachtung gerückt.<br />

Diese versprechen auch in Bezug auf erfolgskritische Unterschiede zwischen den einzelnen<br />

Unternehmen das größte Potential zur Analyse der unternehmensspezifischen Stärken <strong>und</strong><br />

Schwächen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass die Eingrenzung der Perspektiven die<br />

Analyse der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Kennzahlen<br />

<strong>und</strong> Dimensionen – die es im dritten Entwicklungsschritt darzustellen gilt – einschränken<br />

kann. Da das Konzept der BSC ein Höchstmaß an Flexibilität bietet, sind die dynamische<br />

Erweiterung des Kennzahlenkatalogs <strong>und</strong> die Ergänzung um weitere Perspektiven auch<br />

nach Einführung der BSC möglich.


Kennzahlen im deutschen Viehhandel<br />

Der vierte Entwicklungsschritt der BSC konzentriert sich auf die Ableitung konkreter<br />

Messgrößen <strong>und</strong> Zielvorgaben für jede einzelne Perspektive. Zur Erfüllung der spezifischen<br />

Anforderungen erscheint es an dieser Stelle zunächst sinnvoll, die wirtschaftlichen Aktivitäten<br />

der Viehhandelsgenossenschaften genauer zu betrachten: Gr<strong>und</strong>sätzlich lässt sich als<br />

Kernprozess der Geschäftstätigkeit von Viehhandelsunternehmen der Handel von Schlacht<strong>und</strong>/oder<br />

Nutzvieh identifizieren (Voss <strong>und</strong> Theuvsen 2009). Entsprechend der Wirtschaftszweigsystematik<br />

des Statistischen B<strong>und</strong>esamtes (StBa) stellt der Aufgabenbereich<br />

der Unternehmen die „Handelsvermittlung von lebenden Tieren“ dar (Destatis 2008). Diese<br />

Rubrik findet sich in „Abschnitt G - Handel“ im Kapitel „46 – Großhandel (ohne Handel mit<br />

Kraftfahrzeugen)“ bzw. „46.1 – Handelsvermittlung“ unter dem Punkt „46.11 – Handelsvermittlung<br />

von landwirtschaftlichen Gr<strong>und</strong>stoffen, lebenden Tieren, textilen Rohstoffen <strong>und</strong><br />

Halbwaren“. Die Unterklasse 46.11.0 umfasst schließlich explizit die „Handelsvermittlung<br />

von lebendem Vieh“ <strong>und</strong> grenzt die Branche sowohl im Bereich der Schlachtvieh- als auch<br />

der Nutzviehvermarktung ab.<br />

In Bezug auf die Auswahl relevanter Messgrößen zur Analyse des Unternehmenserfolgs<br />

begründet die Branchenabgrenzung bereits eine Konzentration auf handelsspezifische anstelle<br />

produktionsbezogener Kennzahlen (z.B. Schenk 1991). Die Kennzahlen sollten darüber<br />

hinaus sowohl den Bereich der eigentlichen Vermarktung der Tiere (Einkauf/Verkauf)<br />

als auch die logistischen Abläufe (Transport/Bearbeitung) abdecken. Die genossenschaftsspezifische<br />

Ausrichtung des Kennzahlenkatalogs ist über die vorgenommene Modifikation<br />

der Perspektiven (Mitglieder- vs. Unternehmensinteressen) bereits vorgegeben, die viehhandelsspezifische<br />

Differenzierungsnotwendigkeit (Vermarktung vs. Logistik) ist über die<br />

vorgeschlagene Dreigliederung der Perspektiven (Mitglieder/Unternehmen vs. Prozesse)<br />

erfüllt. Abbildung 5.3/2 stellt die modifizierte BSC für Viehhandelsgenossenschaften in der<br />

Übersicht dar <strong>und</strong> skizziert relevante Messgrößen, die in den folgenden Abschnitten vertiefend<br />

erörtert werden, soweit die Dimensionen in der Startphase des Kennzahlensystems<br />

bereits von Bedeutung sind; diese sind in Abbildung 5.3/2 blau unterlegt.<br />

In der Perspektive Mitgliederinteressen lassen sich zufriedene Mitglieder als strategische<br />

Erfolgsgröße definieren, denn zufriedene Mitglieder sichern die Kapitalbasis einer<br />

Genossenschaft nachhaltig ab. Die Zufriedenheit der Mitglieder wurde im Rahmen des AI-<br />

DA-Projekts über eine empirische Befragung ermittelt. Die Umfrage liefert interessante Ergebnisse<br />

zu vielfältigen Aspekten der Zufriedenheit der Landwirte mit ihrer Genossenschaft<br />

(Schulze <strong>und</strong> Schlecht 2009). Allerdings erfordert die Ermittlung <strong>und</strong> Auswertung der<br />

empirisch erhobenen Daten einen erheblichen Personal- <strong>und</strong> Zeitaufwand. Da als eine zentrale<br />

Anforderung an die Erfolgskennzahlen im Benchmarking jedoch die schnelle, einfache<br />

<strong>und</strong> zeitnahe Bereitstellung aussagekräftiger Informationen formuliert wurde, integriert<br />

die genossenschaftsspezifisch modifizierte BSC (nur) die Maximierung der Auszahlungsleistung<br />

an die Landwirte als Ziel des Unternehmens in dieser Perspektive. Eine geeignete<br />

Kennzahl, die die Erreichung der Zielsetzung beurteilen lässt <strong>und</strong> regelmäßig über den<br />

vorhandenen Datenbestand der Warenwirtschaft bzw. der Finanzbuchhaltung ermittelt<br />

werden kann, ist der Abrechnungsbetrag pro Tier, den das Unternehmen an den einzelnen<br />

Landwirt leistet. Aus der Sicht des Unternehmens als Teilnehmer im Wettbewerb ist dagegen<br />

die dauerhafte Marktposition die strategische Erfolgsgröße, die die Unternehmensinteressen<br />

in geeigneter Form repräsentiert. Hier sollte sich das Unternehmen das Erzielen<br />

einer maximalen Vermarktungsleistung zum Ziel setzen, die über den Erlös pro Tier, den<br />

das Unternehmen beim Schlacht- bzw. Mastbetrieb erzielt, gemessen werden kann. Denn<br />

265


Abb. 5.3/2: Modifizierte BSC für Viehhandelsgenossenschaften<br />

Mission/Leitbild:<br />

Genossenschaftsgedanke<br />

Ziele:<br />

-Sicherstellung der bestmöglichen Leistung gegenüber den Mitgliedern<br />

-Dauerhafte Positionierung des Unternehmens im Markt<br />

1 Mitgliederinteressen<br />

-Strategische Erfolgsgröße: Zufriedene Mitglieder<br />

-Ziel: Maximale Auszahlungsleistung<br />

-Kennzahl: Abrechnungsbetrag/Tier<br />

(vom Unternehmen an Landwirt)<br />

2 Unternehmensinteressen<br />

-Strategische Erfolgsgröße: Dauerhafte Marktposition<br />

-Ziel: Maximale Vermarktungsleistung<br />

-Kennzahl: Erlös/Tier<br />

(vom Schlachtbetrieb bzw. Mäster an Unternehmen)<br />

3 Interne Prozesse<br />

-Strategische Erfolgsgröße: Effektive Prozesse<br />

-Ziel: Minimale Kosten (Transport, Vorleistungen, Bearbeitung)<br />

-Kennzahlen: Transportkosten/Transporteinheit, Auslastungsgrad des<br />

Fuhrparks/Transporteinheit, Vorkosten/Transporteinheit,<br />

Mitarbeiteranzahl/Transporteinheit, Personalkosten/Transporteinheit<br />

4 Mitarbeiter<br />

-Strategische Erfolgsgröße: Qualifizierte <strong>und</strong> motivierte Mitarbeiter<br />

Implementierung<br />

in der Praxis<br />

(Startphase)<br />

Quelle: in Anlehnung an Kaplan <strong>und</strong> Norton 1997; Esslinger 2003<br />

266<br />

nur über die Erzielung eines Gewinns können Investitionen getätigt, Mitarbeiter beschäftigt<br />

<strong>und</strong> letztendlich auch die Auszahlungsleistungen an die Landwirte erwirtschaftet werden.<br />

Im Verlauf der Expertengespräche, die zur Auswahl der relevanten Kennzahlen durchgeführt<br />

wurden, zeigten sich neben den erörterten Besonderheiten der viehhandelsspezifischen<br />

Situation in den genossenschaftlichen Unternehmen außerdem wichtige Aspekte, die<br />

bei der Berechnung der Kennzahlen berücksichtigt werden müssen, um eine einheitliche,<br />

korrekte Vergleichsbasis zu gewährleisten: Gr<strong>und</strong>sätzlich erstreckt sich die unternehmerische<br />

Tätigkeit der Genossenschaften auf den Handel mit lebenden Tieren. Im Gegensatz zu<br />

standardisierten Handelswaren ergeben sich daraus nicht nur tierartenspezifische Unterschiede,<br />

sondern auch Unterschiede innerhalb der jeweiligen Gattung (z.B. Handelsklassen,<br />

Schlachtgewichte, Schlachtkörperbeschaffenheit, Muskelfleischanteile etc.). Als praxisnahe<br />

Systematik wird hierzu die Unterscheidung nach Schlachtschwein, Schlachtsau, Schlachtbulle<br />

(R bzw. O) <strong>und</strong> Standardverkaufsferkel (28 kg) vorgeschlagen. Neben den tierbezogenen<br />

Unterscheidungsmerkmalen wird die Auszahlungsleistung an den Landwirt bzw. die<br />

Vermarktungsleistung des Unternehmens außerdem durch die Abrechnungsmodalitäten<br />

beeinflusst, die der jeweilige Vermarktungspartner (Schlachtbetrieb oder Mastbetrieb) für<br />

sich in Anspruch nimmt. Hier spielen die Anwendung unterschiedlicher Abrechnungsmasken<br />

zur Beurteilung des Schlachttieres, aber auch die gängige Unternehmenspraxis bei der<br />

Verrechnung anfallender Gebühren <strong>und</strong> Pauschalen eine Rolle (z.B. Wiegegebühren, Anfahrts-<br />

<strong>und</strong> Ladezeitpauschalen, Impfkosten, sonstige Zuschläge bzw. Beiträge).


In Bezug auf die internen Prozesse stellt die Effektivität der Betriebsabläufe die entscheidende<br />

strategische Erfolgsgröße dar. Das Ziel in dieser Perspektive lautet, die für die<br />

Erbringung der betrieblichen Leistungen anfallenden laufenden Kosten möglichst weitgehend<br />

zu reduzieren, um die Handelsspanne zu vergrößern <strong>und</strong> so einen positiven Effekt auf<br />

die beiden erstgenannten Perspektiven zu erreichen. Für den wirtschaftlichen Erfolg der<br />

Viehhandelsunternehmen sind dabei insbesondere die Bereiche Transport, Vorleistungen<br />

<strong>und</strong> Bearbeitung von Bedeutung, so dass sich als Kennzahlen zur Beurteilung der Zielerreichung<br />

die Transportkosten (Frachtkosten), die Vorkosten <strong>und</strong> die Personalkosten eignen.<br />

Des Weiteren sind der Auslastungsgrad des Fuhrparks sowie die Anzahl der Mitarbeiter<br />

aufschlussreiche Messgrößen, die im Rahmen einer Stärken-Schwächen-Analyse wichtige<br />

Anhaltspunkte zur Ableitung notwendiger Anpassungsmaßnahmen liefern.<br />

Teilweise werden in der Literatur absolute Größen zur Bewertung der Effizienz der Logistik<br />

herangezogen (McKinnon 1999); darüber hinaus wird als Bezugsgröße zur Beurteilung<br />

der drei Kostenpositionen in der Literatur vielfach der Umsatz der Unternehmen herangezogen.<br />

In der Situation der Viehhandelsgenossenschaften stellt der Wertumsatz des<br />

einzelnen Unternehmens (in €) jedoch keine geeignete Basis zur Interpretation der Kennzahlen<br />

dar, da er nicht nur im Zeitverlauf stark schwankt, sondern sich insbesondere auch<br />

wertmäßig je nach Aktivitätsprofil der Genossenschaft deutlich unterscheidet. So erzielt<br />

z.B. Unternehmen A, das überwiegend mit Schweinen handelt, eine geringere Wertschöpfung<br />

als Unternehmen B, das seine Tätigkeit auf den Handel mit Rindern konzentriert.<br />

Umgekehrt transportiert Unternehmen A eine größere Anzahl von Tieren pro Tour <strong>und</strong> kann<br />

dementsprechend seine Fahrzeuge besser auslasten, so dass auch die Anzahl der Tiere als<br />

Bewertungsgr<strong>und</strong>lage ausscheidet. Eine tierartenunabhängige Bezugsgröße bietet dagegen<br />

der Lkw bzw. der ganze Zug (Lkw plus Anhänger), der zum Transport aller Tierkategorien<br />

verwendet wird: Vergleichbar mit dem Umrechnungsschlüssel nach dem Bewertungsgesetz<br />

(Vieheinheiten) lässt sich ein Umrechnungsschlüssel (Transporteinheit – TE) ermitteln, der<br />

eine tierartenunabhängige Berechnungsbasis schafft. Ausgehend von der Tatsache, dass<br />

der Hauptumsatzfaktor der meisten Viehhandelsunternehmen das Mastschwein ist, könnte<br />

ein Mastschwein als eine Transporteinheit (1 TE) definiert werden. Da ein Zug 180 Mastschweine,<br />

aber z.B. nur 30 Mastbullen fasst, ergibt sich in diesem Fall der Umrechnungsfaktor<br />

sechs zur Standardisierung der Ergebnisse (1 Mastschwein = 1 TE; 1 Mastbulle = 6<br />

TE). Auf dieser Basis kann sowohl eine gerechte Leistungsbewertung des einzelnen Unternehmens<br />

als auch ein korrekter Vergleich zwischen den Unternehmen erfolgen.<br />

Darüber hinaus ist bei der Berechnung der Kennzahlen zu beachten, dass die Transportkosten<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich einer Bereinigung um Fahrten bedürfen, die an fremde Speditionen<br />

vergeben wurden. Die Bearbeitungskosten (Personalkosten) sollten auf der Basis einer<br />

exakten Zuordnung der Mitarbeiter je Unternehmensbereich (z.B. Einkauf, Verkauf, Beratung,<br />

Verwaltung, Transport) erfolgen. Um eine aussagekräftige Stärken-Schwächen-Analyse<br />

durchführen <strong>und</strong> strategische Empfehlungen zur Verbesserung der Situation ableiten zu<br />

können, ist es außerdem sinnvoll, weitere Faktoren zu berücksichtigen, die einen Einfluss<br />

auf die Wirtschaftlichkeit der unternehmerischen Tätigkeit ausüben. Dies sind neben der<br />

durchschnittlichen Partiegröße <strong>und</strong> dem durchschnittlichen Gewicht der Tiere in jeder Tierkategorie<br />

auch die Anzahl der anzufahrenden Betriebe, die durchschnittliche Entfernung zu<br />

den Betrieben <strong>und</strong> die Zeitdauer für das Be- <strong>und</strong> Entladen der Fahrzeuge.<br />

267


Diskussion <strong>und</strong> Ausblick<br />

Trotz aller gelegentlich in der Literatur geäußerten Kritik am Gr<strong>und</strong>konzept der BSC<br />

(z.B. Weber <strong>und</strong> Schäffer 2000) liefert diese dennoch eine flexible Möglichkeit, zeitnah <strong>und</strong><br />

schnell Kennzahlen zu verfolgen <strong>und</strong> aus der dynamischen Entwicklung der Zahlen wichtige<br />

Rückschlüsse zur Steuerung des Unternehmens zu ziehen. Es zeigt sich allerdings, dass<br />

eine BSC in der Unternehmenspraxis nur dann erfolgreich verankert werden kann, wenn<br />

sie als ein eigenständiges Organisationsentwicklungsprojekt betrachtet wird. Denn es gibt<br />

keine vorgefertigten, allgemeingültigen Lösungen, sondern jede BSC muss unter Berücksichtigung<br />

der situationsspezifischen Besonderheiten erarbeitet <strong>und</strong> aufgebaut werden.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> bietet der Vorschlag der modifizierten BSC für die Viehhandelsgenossenschaften<br />

eine geeignete Struktur, die die Auswahl relevanter Erfolgskennzahlen<br />

unter stützt. Die skizzierten Messgrößen sind auf der Basis der Daten aus der Warenwirtschaft<br />

<strong>und</strong> der Finanzbuchhaltung mit vertretbarem Aufwand <strong>und</strong> in regelmäßigen, engen<br />

Zeitintervallen zu ermitteln <strong>und</strong> dienen damit als wichtige Indikatoren für den Erfolg (oder<br />

Misserfolg) der unternehmerischen Tätigkeit. Für die Zukunft gilt es nun, das System in der<br />

Unternehmenspraxis zu implementieren <strong>und</strong> weiterzuentwickeln. So fehlen bislang konkrete<br />

Zielwerte für die einzelnen Schlüsselkennzahlen, die den Erfolg bzw. Misserfolg der Unternehmen<br />

quantitativ bewerten lassen. Einen Schritt in diese Richtung stellt das geplante<br />

Benchmarking zwischen den Unternehmen dar, das zur Ableitung der Zielvorgaben erste<br />

Anhaltspunkte liefern wird. Obwohl Benchmarking in der Literatur oft als Vergleich eines<br />

Unternehmens mit dem (u.U. branchenfremden) „Klassenbesten“ in Bezug auf die Durchführung<br />

bestimmter betrieblicher Aktivitäten, etwa der Logistik, definiert wird (Mittelstaedt<br />

2006), bietet der Vergleich zwischen führenden Unternehmen derselben Branche erhebliche<br />

Vorteile. Er verhindert, dass „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden (Walgenbach <strong>und</strong><br />

Hegele 2000) <strong>und</strong> liefert daher aussagekräftigere Ergebnisse, die eine f<strong>und</strong>iertere Ableitung<br />

anspruchsvoller, gleichzeitig jedoch realistischer Zielgrößen ermöglicht. Letztere haben sich<br />

vielfach als wichtige Motivationsgr<strong>und</strong>lage erwiesen (Locke <strong>und</strong> Latham 1990) <strong>und</strong> sind aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> geeignet, Verbesserungen in den am überbetrieblichen Vergleich beteiligten<br />

Unternehmen auszulösen. Insgesamt leistet das vorgeschlagene Konzept der modifizierten<br />

BSC damit einen wichtigen Beitrag zur strategischen Steuerung der Unternehmen <strong>und</strong> zur<br />

Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Viehhandelsgenossenschaften.<br />

Literatur<br />

268<br />

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269


270


5.4 Organisationskonzepte <strong>und</strong> ihre Bewertung im Viehhandel<br />

Ludwig Theuvsen <strong>und</strong> Anja Voss<br />

Eine Wertschöpfungskette der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft stellt eine Abfolge sich<br />

nacheinander vollziehender Aktivitäten dar, die auf die Erstellung eines von Nachfragern<br />

gewünschten Lebensmittels gerichtet ist. Die Fleischwirtschaft z.B. umfasst alle Aktivitäten<br />

von den der Landwirtschaft vorgelagerten Produktionsstufen, etwa der Herstellung von<br />

Futter- <strong>und</strong> Tierarzneimitteln, über die Landwirtschaft, den Viehhandel, die Schlachtung,<br />

Zerlegung <strong>und</strong> Verarbeitung bis zu dem sich durch verschiedene Kanäle vollziehenden<br />

Vertrieb an den Endverbraucher.<br />

In der vergangenen Dekade stand die Effizienz alternativer Formen der Organisation<br />

von Wertschöpfungsketten in der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft verstärkt im Mittelpunkt<br />

der Diskussion. Ein Gr<strong>und</strong> dafür sind organisatorische Veränderungen, die sich in vielen<br />

Wertschöpfungsketten beobachten ließen. So konnte z.B. für die U.S.-amerikanische Landwirtschaft,<br />

nicht zuletzt die Schweineproduktion, ein Mitte der 1990er Jahre einsetzender<br />

ausgeprägter Trend zur Vertragslandwirtschaft <strong>und</strong> zur vertikalen Integration festgestellt<br />

werden. Beide Organisationsformen haben die einstmals in der US-Schweinefleischwirtschaft<br />

dominierenden offenen (Spot-)Märkte weitgehend verdrängt, so dass inzwischen<br />

r<strong>und</strong> drei Viertel der Schlachtschweine in den USA unter Verträgen oder durch vertikal<br />

integrierte Unternehmen wie bspw. Smithfield erzeugt werden (MacDonald et al. 2004;<br />

Martinez 2002a; Martinez 2002b). Ähnliche Entwicklungstrends konnten auch in vielen Entwicklungs-<br />

<strong>und</strong> Transformationsländern beobachtet werden, in denen stärker vertikal koordinierte<br />

Food Supply Chains mehr <strong>und</strong> mehr offene Märkte ersetzen (Worldbank 2005).<br />

Für die beschriebenen Entwicklungen werden unterschiedliche Gründe ausgemacht.<br />

So werden u.a. als Folge diverser Lebensmittelkrisen veränderte Anforderungen großer<br />

Einzelhandels- <strong>und</strong> Systemgastronomieunternehmen im Bereich der Qualitätssicherung als<br />

Ursache für eine intensivere vertikale Koordination von Wertschöpfungsketten ausgemacht<br />

(den Ouden et al. 1996). Darüber hinaus wird argumentiert, dass vertikal strikter koordinierte<br />

Wertschöpfungsketten Wettbewerbsvorteile auf internationalen Märkten eröffnen<br />

(Windhorst 2004). Schließlich wird ein Bedarf an engeren vertraglichen Bindungen zwischen<br />

verschiedenen Stufen der Wertschöpfungsketten auch auf gestiegene Anforderungen<br />

an die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, den wertschöpfungsstufenübergreifenden<br />

Austausch von Informationen sowie die Lebensmittelsicherheit zurückgeführt (Lawrence<br />

et al. 2001; Deimel et al.2009; Petersen et al. 2007). Diesen Argumenten wird allerdings<br />

von anderen Autoren entgegengehalten, dass die flächendeckende Einführung von Zertifizierungssystemen,<br />

das Größenwachstum der Schlachtbetriebe sowie technische Fortschritte<br />

auf der Schlachtstufe, etwa verbesserte Sortiertechnologien, offene Spot-Märkte<br />

neuerdings wieder begünstigen (Schulze et al. 2007). Zudem wird argumentiert, dass die<br />

Vorteile engerer vertikaler Bindungen in den Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft<br />

außerhalb eng umrissener Nischen im Fleischmarkt nicht zum Tragen kommen <strong>und</strong> die<br />

Vorteile einer geringen Bindungsintensität zwischen den Wertschöpfungspartnern, so z.B.<br />

im Hinblick auf die (Vermarktungs-)Flexibilität <strong>und</strong> die Fähigkeit zur Anpassung an wechselnde<br />

Markt-, bspw. Nachfragebedingungen, nicht vorschnell aufgegeben werden sollten<br />

(Spiller et al. 2005). Zudem deuten empirische Untersuchungen darauf hin, dass deutsche<br />

Landwirte vertraglichen Bindungen an Abnehmer mehrheitlich ablehnend gegenüberstehen<br />

(Schulze et al. 2007).<br />

271


Unabhängig davon, welche Argumentation letztlich richtig ist, zeigt die Diskussion,<br />

dass das Thema der Organisation von Wertschöpfungsketten von erheblicher Relevanz für<br />

die Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft ist. Dies gilt in besonderer Weise für den deutschen<br />

Viehhandel, der angesichts des strukturellen Wandels in den Wertschöpfungsketten der<br />

Fleischwirtschaft <strong>und</strong> des scharfen Wettbewerbs um Schlachtvieh vor erheblichen strategischen<br />

Herausforderungen steht (Theuvsen <strong>und</strong> Voss 2009). Da die Strategien <strong>und</strong><br />

Organisationsstrukturen von Unternehmen in einem engen Zusammenhang stehen (Frese<br />

2005), müssen auch die Organisationsstrukturen von Viehhandelsunternehmen daraufhin<br />

analysiert werden, inwieweit sie durch Erschließung von Effizienzsteigerungspotentialen<br />

Beiträge zum langfristigen Erfolg von Viehhandelsunternehmen leisten können. Für den<br />

deutschen Viehhandel steht eine vertiefte Behandlung dieser Fragestellung noch aus. Im<br />

Folgenden werden daher die Ausgestaltung <strong>und</strong> Bewertung von Organisationskonzepten in<br />

Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft aus der Perspektive des Viehhandels erörtert.<br />

Das Ziel des Beitrags ist es, die organisatorischen Gestaltungsparameter <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />

ihrer Bewertung aufzuzeigen <strong>und</strong> beides an ausgewählten Beispielen zu verdeutlichen.<br />

Zu diesem Zweck gliedert sich der Beitrag im Weiteren in vier Teile. Im zweiten Teil werden<br />

Fragen der Arbeitsteilung <strong>und</strong> der Effizienzbeurteilung von Organisationsstrukturen aus<br />

einer theoretischen Perspektive beleuchtet. Im dritten Teil wird der Status quo der Organisation<br />

des Viehhandels umrissen. Drei Beispiele aus dem AIDA-Projektverb<strong>und</strong>, die alternative<br />

Wege zur Erschließung von Effizienzsteigerungspotentialen durch organisatorische<br />

Maßnahmen darstellen, werden im vierten Teil vorgestellt. Der Beitrag schließt mit einem<br />

kurzen Fazit.<br />

Organisationsstrukturen <strong>und</strong> ihre Effizienz in<br />

Wertschöpfungsketten<br />

272<br />

Dimensionen der organisatorischen Gestaltung<br />

In Wertschöpfungsketten der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft sind Organisationsstrukturen<br />

unter den Gesichtspunkten der zwischenbetrieblichen sowie der innerbetrieblichen<br />

Arbeitsteilung <strong>und</strong> Koordination zu gestalten. Die zwischenbetriebliche Arbeitsteilung<br />

berührt die Frage, wie die Ge samtheit der Aktivitäten zur Erzeugung eines den Endverbraucherwünschen<br />

entsprechenden, vermarktungsfähigen Lebensmittels auf verschiedene<br />

Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette aufgeteilt wird. Sofern Unternehmen<br />

eine bestimmte Mindestgröße überschritten haben <strong>und</strong> an stehende Aufgaben nicht mehr<br />

von einer Person alleine bewältigt werden können, ergibt sich ferner die Notwendigkeit<br />

der innerbetrieblichen Arbeitsteilung (Frese 2005). Die arbeitsteilige Wahrnehmung von<br />

Wertschöpfungsaktivitäten verspricht erhebliche Effizienzgewinne durch Realisierung von<br />

Spezialisierungsvorteilen, erzeugt zugleich aber auch die Notwendigkeit der Koordination<br />

arbeitsteiliger Aktivitäten, etwa durch Kommunikation oder den Einsatz von Steuerungsinstrumenten,<br />

z.B. Zielvereinbarungen (Theuvsen 2001).<br />

Für Zwecke der organisatorischen Gestaltung hat sich die Unterscheidung zwischen Fragen<br />

der Aufbauorganisation einerseits sowie solchen der Ablauf- bzw. Prozessorganisation<br />

andererseits bewährt. Während die Aufbauorganisation auf die Gestaltung der längerfristig<br />

gültigen Strukturen in Wertschöpfungsketten bzw. Unternehmen des Agribusiness, die den<br />

Rahmen für individuelles Handeln setzen, ausgerichtet ist (Frese 2005), stehen im Mittelpunkt<br />

der Prozessorganisation die Identifizierung von Kern- <strong>und</strong> Unterstützungsprozessen


sowie die organisatorische, speziell raum-zeitliche Gestaltung von Prozessabläufen (Gaitanides<br />

2007; Theuvsen 1996).<br />

Im zwischenbetrieblichen Bereich ist die Ausgestaltung der Arbeitsteilung zwischen<br />

den Unternehmen im Rahmen der Aufbauorganisation ganz wesentlich das Ergebnis der<br />

Bestimmung der Leistungstiefe einzelner Unternehmen bzw. des Grads der vertikalen<br />

Integration; von dieser Entscheidung geht ein erheblicher Einfluss auf die Art der Arbeitsteilung<br />

<strong>und</strong> den Spezialisierungsgrad entlang der Wertschöpfungsketten aus. Eine typische<br />

Problemstellung ist in diesem Zusammenhang bspw., ob die Schweineerzeugung eher im<br />

geschlossenen System oder durch spezialisierte Ferkelerzeuger <strong>und</strong> Mastbetriebe erfolgen<br />

soll (Segger 2008); auch die Frage, ob Viehhandelsunternehmen einen eigenen Fuhrpark<br />

unterhalten oder auf externe Spediteure zurückgreifen sollen, betrifft die zwischenbetriebliche<br />

Arbeitsteilung (Voss et al. 2010). Darüber hinaus ist für die Charakterisierung der<br />

Arbeitsteilung in Wertschöpfungsketten der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft von Bedeutung,<br />

wie viele Unternehmen auf den verschiedenen Stufen einer Wertschöpfungskette tätig<br />

sind. Entscheidend dafür ist neben dem Umfang der zu erfüllenden Aufgaben insbesondere<br />

der Konzentrationsgrad auf den verschiedenen Wertschöpfungsstufen (Theuvsen 2003a).<br />

Im Rahmen der zwischenbetrieblichen Prozessorganisation stehen dagegen Fragen der<br />

Organisation des physischen Warenflusses, etwa der Ausgestaltung der Logistik, im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Die Koordination arbeitsteiliger Aktivitäten in Wertschöpfungsketten erfolgt zum einen<br />

durch die Regelung der Art des Leistungsaustauschs zwischen verschiedenen Akteuren der<br />

Wertschöpfungskette. Das Spektrum reicht von kurzfristigen Beziehungen am Spot-Markt,<br />

die im Wesentlichen durch den jeweiligen Marktpreis determiniert werden, bis zu mehr<br />

oder minder engen vertraglichen Bindungen unterschiedlicher Fristigkeit zwischen Wertschöpfungspartnern,<br />

etwa Schweineerzeugern <strong>und</strong> Schlachthöfen (Schulze et al. 2007).<br />

Darüber hinaus wird verstärkt auch die Bedeutung des überbetrieblichen Informationsaustauschs<br />

für die Koordination arbeitsteiliger Wertschöpfungsaktivitäten, etwa im Rahmen<br />

des Tierges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Hygienemanagements in der Fleischwirtschaft, erörtert (Deimel<br />

et al. 2009; Schulze Althoff 2006).<br />

Innerbetrieblich vollzieht sich die Gestaltung von Organisationsstrukturen im Wege der<br />

horizontalen Arbeitsteilung, die zur Stellen- <strong>und</strong> Abteilungsbildung führt, <strong>und</strong> der vertikalen<br />

Arbeitsteilung, die die hierarchische Ausdifferenzierung von Unternehmen <strong>und</strong> damit die<br />

Schaffung von Über- <strong>und</strong> Unter ordnungsbeziehungen in Unternehmen zur Folge hat (Frese<br />

2005; Theuvsen 1997). Die innerbetriebliche Organisation von Geschäftsprozessen betrifft<br />

vor allem die Gestaltung der Abfolge <strong>und</strong> räumlichen Anordnung verschiedener Prozessschritte.<br />

Unter dem Begriff des Business (Process) Reengineering ist ein breit gefächertes<br />

Spektrum von Gestaltungsmaßnahmen entwickelt worden, in dessen Mittelpunkt die Optimierung<br />

von Prozessabläufen durch Vereinfachung <strong>und</strong> Parallelisierung von Prozessschritten<br />

steht (Theuvsen 1996).<br />

Die Koordination erfolgt innerbetrieblich vorrangig durch den Austausch von Informationen<br />

(Kommunikation; Frese 2005), aber auch durch den Einsatz diverser Steuerungsmaßnahmen,<br />

etwa die Formulierung von Handlungsanweisungen, die Standardisierung von<br />

Vorgängen oder die Vereinbarung von Zielen (Theuvsen 2001). Tabelle 5.4/1 stellt die Überlegungen<br />

zu den Parametern der organisatorischen Gestaltung in Wertschöpfungsketten<br />

der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft im Überblick dar.<br />

273


Tabelle 5.4/1: Organisatorische Gestaltung in Wertschöpfungsketten des Agribusiness<br />

Zwischenbetriebliche<br />

Organisation<br />

Innerbetriebliche<br />

Organisation<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Aufbauorganisation<br />

Grad der vertikalen<br />

(Des-)Integration<br />

Konzentrationsgrad<br />

Stellen- <strong>und</strong><br />

Abteilungsbildung<br />

Hierarchische<br />

Ausdifferenzierung<br />

Arbeitsteilung<br />

Prozessorganisation<br />

Gestaltung des<br />

physischen<br />

Leistungsaustauschs<br />

Abfolge <strong>und</strong> räumliche<br />

Anordnung von<br />

Prozessschritten<br />

Koordination<br />

Festlegung der Art des<br />

Leistungsaustauschs<br />

(offene Märkte oder<br />

Verträge)<br />

Überbetrieblicher<br />

Informationsaustausch<br />

Innerbetrieblicher<br />

Informationsaustausch<br />

Einsatz von<br />

Steuerungsmaßnahmen<br />

274<br />

Bewertung von Organisationsstrukturen<br />

Organisatorische Gestaltungsmaßnahmen sollen die Erreichung der Ziele eines Unternehmens<br />

bzw. der Unternehmen entlang einer Wertschöpfungskette unterstützen. Sie sind<br />

daher danach zu beurteilen, inwieweit sie zur Erreichung entsprechender Ziele beitragen.<br />

Als Problem erweist es sich in diesem Zusammenhang in vielen Fällen, dass das oberste<br />

Unternehmensziel, z.B. das Motiv der Gewinn- bzw. Einkommenserzielung, zu wenig operational<br />

ist, um eine Bewertung von Organisationsstrukturen vornehmen zu können; aufgr<strong>und</strong><br />

der Komplexität des Bewertungsproblems gelingt es dann nicht, die Wirkungen alternativer<br />

Organisationskonzepte auf die Ausprägung des Unternehmensziels zuverlässig abzuschätzen.<br />

Erst recht gilt dies für Food Supply Chains, für die zwar u.U. Teilziele genannt werden<br />

können (Aramyan et al. 2006), für die jedoch kaum ein einzelnes übergeordnetes Gesamtziel<br />

existiert. In dieser Situation ist es erforderlich, operationalere Subziele (Effizienzkriterien)<br />

einzuführen, die zur Bewertung von Organisationsstrukturen herangezogen werden<br />

können. Diese Kriterien müssen so ausgewählt werden, dass sie einerseits die Komplexität<br />

des Bewertungsproblems im notwendigen Maße reduzieren, um eine Bewertung zu erlauben,<br />

aber andererseits auch eine ausreichend hohe Komplementarität mit den obersten<br />

Gesamtzielen aufweisen, damit gewährleistet ist, dass die Orientierung an den Subzielen<br />

auch zur Verbesserung der Erreichung der Oberziele beiträgt (Frese 2005).<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der beschriebenen Notwendigkeit der Reduzierung der Komplexität<br />

des organisatorischen Bewertungsproblems hat sich in der Literatur bislang kein<br />

einheitlicher Katalog von Effizienzkriterien durchgesetzt, die zur Bewertung von Organisationsstrukturen<br />

verwendbar wären. Das Spektrum der vorliegenden Lösungen reicht von<br />

abstrakten Ansätzen, die (meist erfolglos) anstreben, die mit alternativen organisatorischen<br />

Gestaltungslösungen verb<strong>und</strong>enen Gewinnerwartungswerte zu ermitteln (Laux <strong>und</strong><br />

Liermann 2005), bis hin zu umfangreichen, in Form von Checklisten aufbereiteten Kriterienkatalogen,<br />

die darauf ausgerichtet sind, die Zielvielfalt, unter der sich organisatorische<br />

Gestaltung vollzieht, möglichst umfassend abzubilden (z.B. Reichwald et al.1996).<br />

Ein Mittelweg ist von Frese (2005) vorgeschlagen worden, der zwischen den Kriterien<br />

der Koordinations- <strong>und</strong> der Motivationseffizienz unterscheidet. Die Koordinationseffizienz<br />

erfasst, inwieweit die jeweils realisierte Form der Arbeitsteilung einerseits eine effiziente<br />

Ressourcennutzung erlaubt, andererseits aber auch zur Entstehung von Abstimmungsproblemen<br />

führt, die den Einsatz zusätzlicher Koordinationsmaßnahmen erfordern. Im Unter-


schied dazu dient die Motivationseffizienz der Erfassung der positiven oder negativen Wirkungen,<br />

die von der Gestaltung von Organisationsstrukturen auf menschliches Verhalten,<br />

vor allem die Arbeitsmotivation, ausgehen.<br />

Das Kriterium der Ressourcennutzung umfasst im Wesentlichen zwei Gesichtspunkte.<br />

Erstens ist zu fragen, inwieweit die jeweils verwirklichte Form der Arbeitsteilung die Realisierung<br />

von Größendegressionsvorteilen gestattet. Dies hat Konsequenzen für die Effizienz<br />

der Wertschöpfungskette bzw. einzelner Unternehmen, da der notwendige Ressourceninput<br />

zur Erzeugung eines bestimmten Outputs beeinflusst wird (Theuvsen 1994). Generell gilt,<br />

dass der Ressourcenbedarf ceteris paribus umso geringer <strong>und</strong> die (Ressourcen-)Effizienz<br />

arbeitsteiliger Aktivitäten umso höher ist, je stärker es gelingt, durch verrichtungsorientierte<br />

Arbeitsteilung <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Zusammenfassung gleichartiger Tätigkeiten<br />

Größendegressions- <strong>und</strong> Spezialisierungsvorteile zu realisieren. Zweitens kann sich die<br />

gewählte Form der Arbeitsteilung auf die Qualität der Arbeitserledigung auswirken. So ist<br />

bspw. relevant, inwieweit es gelingt, durch Zusammenfassung gleichartiger Aufgaben Professionalisierungsvorteile<br />

zu erzielen. Vor allem bei fachlich anspruchsvollen Aufgaben ist<br />

die Möglichkeit, durch Spezialisierung Lerneffekte zu erzielen, von besonderer Relevanz<br />

(Theuvsen 1994). Aber auch bei Routinetätigkeiten hängen u.a. die Fehlerfreiheit <strong>und</strong> Servicequalität<br />

der Aufgabenerledigung von der Organisationsstruktur <strong>und</strong> der von ihr ermöglichten<br />

(oder verhinderten) Realisierung von Spezialisierungsvorteilen <strong>und</strong> Lerneffekten ab.<br />

Die Entstehung von Abstimmungsproblemen, auf die mit dem Einsatz zusätzlicher<br />

Koordinationsmaßnahmen reagiert werden muss, ist im zwischen- wie innerbetrieblichen<br />

Kontext eng mit der Existenz sog. Entscheidungsinterdependenzen zwischen arbeitsteiligen<br />

Einheiten verknüpft. Eine Interdependenz liegt vor, wenn die Entscheidung einer Einheit A,<br />

z.B. die Vermarktungsentscheidung eines landwirtschaftlichen Betriebs, bei ihrer Realisation<br />

das Entscheidungsfeld einer Einheit B, z.B. die Beschaffungssituation eines Viehhandelsunternehmens,<br />

zielrelevant verändert (Frese 2005). Interdependenzen sind Ausdruck<br />

der Tatsache, dass in einem arbeitsteiligen System, bspw. einer Wertschöpfungskette<br />

oder einem Unternehmen, die verschiedenen Akteure nicht unabhängig voneinander sind,<br />

sondern ihre Handlungen in einem Zusammenhang stehen <strong>und</strong> daher in irgendeiner Form<br />

koordiniert werden müssen. Wie gut die Abstimmung arbeitsteiliger Aktivitäten gelingt, hat<br />

u.a. Einfluss auf die Qualität, Flexibilität <strong>und</strong> Termintreue der Aufgabenerledigung (Reichwald<br />

et al. 1996).<br />

Interdependenzen treten in arbeitsteiligen Systemen in drei Erscheinungsformen auf.<br />

Prozessinterdependenzen sind die Folge inner- <strong>und</strong> zwischenbetrieblicher Leistungsverflechtungen<br />

als Folge von Lieferbeziehungen zwischen Anbietern <strong>und</strong> Nachfragern.<br />

Marktinterdependenzen entstehen, wenn zwei oder mehr Entscheidungsträger auf demselben<br />

Markt agieren, z.B. dieselben Lieferanten beauftragen oder um dieselben Abnehmer<br />

konkurrieren. Ressourceninterdependenzen schließlich sind zu beobachten, wenn verschiedene<br />

Akteure auf dieselben knappen Produktionsfaktoren, etwa Transportkapazitäten, zugreifen<br />

wollen (Frese 2005). Organisationsstrukturen sind unter dem Gesichtspunkt Lösung<br />

von Abstimmungsproblemen danach zu bewerten, inwieweit sie durch geschickte Arbeitsteilung<br />

die Entstehung von Interdependenzen vermeiden <strong>und</strong> in welcher Qualität vor allem<br />

durch den Austausch von Informationen die Abstimmung nicht vermeidbarer Prozess-,<br />

Markt- <strong>und</strong> Ressourceninterdependenzen gelingt.<br />

Die Motivationseffizienz erfasst im Unterschied zur Koordinationseffizienz, die am Aufgabenzusammenhang,<br />

z.B. Input-Output-Beziehungen, ansetzt, die von Organisationsstrukturen<br />

ausgehenden Wirkungen auf das menschliche (Arbeits-)Verhalten. Anknüpfend an die<br />

Inhaltstheorien der Motivation <strong>und</strong> gestützt auf empirische Untersuchungen wird verbreitet<br />

275


angenommen, dass bestimmte Aufgabenmerkmale, vornehmlich die Vielfältigkeit, Ganzheitlichkeit<br />

<strong>und</strong> Autonomie einer Aufgabe sowie das Ausmaß an rückkoppelnden Informationen<br />

über das Arbeitsergebnis (Feedback), positive Effekte auf die erlebte Sinnhaftigkeit<br />

der Arbeit, die wahrgenommene Verantwortung für das Arbeitsergebnis sowie die Kenntnis<br />

des Arbeitsergebnisses haben. Diese aus dem Ziel nach Selbstbestimmung abgeleiteten<br />

psychologischen Zustände haben ihrerseits positive Wirkungen auf die intrinsische, aus der<br />

Aufgabe selbst resultierende Arbeitsmotivation (Hackman <strong>und</strong> Oldham 1980).<br />

Tabelle 5.4/2 fasst die vorgestellten Überlegungen zu den Bewertungskriterien für Organisationsstrukturen<br />

im Überblick zusammen.<br />

Tabelle 5.4/2: Kriterien zur Bewertung der Effizienz von Organisationsstrukturen<br />

Ressourcennutzung Abstimmungsqualität Motivationseffizienz<br />

Realisierung von Größendegressionsvorteilen<br />

Qualität der<br />

Arbeitserledigung<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Vermeidung von Prozess-,<br />

Markt- <strong>und</strong> Ressourceninterdependenzen<br />

Qualität der Abstimmung<br />

von Interdependenz<br />

Vielfältigkeit<br />

Ganzheitlichkeit<br />

Autonomie<br />

Rückkoppelnde<br />

Informationen<br />

276<br />

Organisationsstrukturen im deutschen Viehhandel: Eine Bestandsaufnahme<br />

Das Kerngeschäft des privaten wie genossenschaftlichen Viehhandels ist der Handel<br />

mit Nutz- <strong>und</strong> Schlachtvieh einschließlich der Durchführung ergänzender Tätigkeiten, etwa<br />

der Nutz- <strong>und</strong> Schlachtviehlogistik (Voss <strong>und</strong> Theuvsen 2010). Auf diese Weise übernimmt<br />

der Viehhandel in den Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft wichtige Aufgaben wie<br />

die Raumüberbrückungs-, die Preisausgleichs- sowie die Markterschließungsfunktion (Seyffert<br />

1972). Die Unternehmen des Viehhandels prägen damit die Strukturen der Wertschöpfungsketten<br />

der Fleischwirtschaft wesentlich mit; zugleich weisen auch ihre innerbetrieblichen<br />

Organisationsstrukturen charakteristische Merkmale auf.<br />

Die Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft sind durch eine horizontale Arbeitsteilung<br />

charakterisiert, die in die Entstehung arbeitsteilig agierender Unternehmen auf<br />

verschiedenen Wertschöpfungsstufen mündet (Theuvsen 2003a). Ungeachtet zwischen den<br />

Unternehmen u.U. bestehenden Größen- oder Machtunterschiede, die zu mehr oder minder<br />

stark ausgeprägten wirtschaftlichen Abhängigkeiten führen können, agieren auf den<br />

verschiedenen Stufen der Wertschöpfungsketten prinzipiell unabhängige Unternehmen,<br />

zwischen denen keine formellen Weisungsbeziehungen bestehen. Die realisierte Form der<br />

horizontalen Arbeitsteilung ist als verrichtungsorientierte Arbeitsteilung zu kennzeichnen,<br />

die zu Aufgaben- bzw. Verantwortungsbereichen führt, die durch die Wahrnehmung jeweils<br />

gleichartiger Tätigkeiten charakterisiert sind. Sie unterscheidet sich von der objektorientierten<br />

Arbeitsteilung, die sich an den Ziel- oder den Ausgangsobjekten von Handlungen,<br />

z.B. Endprodukten oder Inputfaktoren, orientiert (Laux <strong>und</strong> Liermann 2005). Als Folge der<br />

Verrichtungsorientierung konzentrieren sich die in der Fleischwirtschaft tätigen Unternehmen<br />

überwiegend auf bestimmte Aufgaben, die für die jeweilige Wertschöpfungsstufe typisch<br />

sind, z.B. Futtermittelproduktion, Mast, Viehhandel, Schlachtung usw. Diese Aussage<br />

gilt dann nur eingeschränkt, wenn neben der Spezialisierung auf eine bestimmte Tätigkeit


(z.B. die Mast oder den Viehhandel) auch eine tier- <strong>und</strong> damit objektorientierte Spezialisierung<br />

der Betriebe zu beobachten ist.<br />

Für die Ausgestaltung der innerbetrieblichen Organisationsstrukturen ist die Größe<br />

des jeweils betrachteten Viehhandelsunternehmens eine wichtige Determinante (Kieser<br />

2006). Während kleinere Unternehmen intern kaum organisatorisch ausdifferenziert sind<br />

<strong>und</strong> damit eine „einfache Struktur“ im Sinne Mintzbergs (1979) aufweisen, lässt sich<br />

bei mittleren <strong>und</strong> größeren Unternehmen, wie sie überwiegend im genossenschaftlichen<br />

Viehhandel zu finden sind (Voss et al. 2010), eine ausgeprägtere innerbetriebliche Arbeitsteilung<br />

beobachten. In der vertikalen Dimension sind die Unternehmen des Viehhandels<br />

durchweg durch flache, hierarchisch wenig ausdifferenzierte Strukturen gekennzeichnet.<br />

Die (vertikalen) Kommunikationswege sind dadurch kurz <strong>und</strong> Leitungspositionen wie etwa<br />

die Geschäftsführung stehen in engem Kontakt mit den für das Tagesgeschäft zuständigen<br />

Mitarbeitern. Die horizontale Arbeitsteilung ist bei den meisten mittleren <strong>und</strong> größeren<br />

Viehhandelsunternehmen durch eine teils verrichtungsorientierte (Schlacht- <strong>und</strong> Nutzviehvermarktung<br />

– Fuhrpark – Verwaltung), teils objektorientierte (Schweine – Rinder) Arbeitsteilung<br />

gekennzeichnet (Voss <strong>und</strong> Theuvsen 2009) (vgl. exempl. Abbildung 5.4/1).<br />

Abb. 5.4/1: Typische Organisationsstruktur eines genossenschaftlichen Viehhandelsunternehmens<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Erschließung organisatorischer Effizienzsteigerungspotenziale<br />

im deutschen Viehhandel<br />

Bessere Nutzung von Ressourcen durch überbetriebliches Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement<br />

Der deutsche Viehhandel ist vergleichsweise kleinteilig strukturiert. Eigene empirische Untersuchungen<br />

deuten auf eine Zahl um 1.700 im Markt aktive Unternehmen hin (Voss et al.<br />

2010). In einer im Jahr 2009 durchgeführten telefonischen Befragung gaben nur 6% der<br />

Befragten an, mehr als 50 Mitarbeiter zu haben (Voss et al. 2010). Angesichts dieses gerin-<br />

277


gen Konzentrationsgrades, der zulasten der Ressourceneffizienz der Unternehmen bei der<br />

Wahrnehmung anspruchsvoller Aufgaben geht, bei gleichzeitig steigenden Anforderungen<br />

an die Professionalität des Dienstleistungsangebots, etwa die Unterstützung des Tierges<strong>und</strong>heitsmanagements<br />

der angeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe (Schütz 2009;<br />

Schütz <strong>und</strong> Petersen 2009), gewinnt die Frage der Verbesserung der Ressourcennutzung<br />

durch Reorganisationsmaßnahmen an Bedeutung. Einen gangbaren Weg, die betriebliche<br />

Effizienz zu verbessern, stellt eine überbetriebliche Zusammenarbeit bei ausgewählten<br />

Teilaufgaben dar.<br />

Für verschiedene Wertschöpfungsstufen, so etwa die Landwirtschaft, sind die Möglichkeiten,<br />

durch überbetriebliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> damit Veränderung des Aufgabenspektrums<br />

der kooperierenden Unternehmen Effizienzsteigerungspotentiale zu erschließen,<br />

wiederholt diskutiert worden (Doluschitz 2001; Theuvsen 2003b). Auch empirisch<br />

konnte belegt werden, dass eine überbetriebliche Zusammenarbeit geeignet ist, Größenvorteile<br />

zu realisieren, die kleinen <strong>und</strong> mittleren Betrieben alleine verschlossen bleiben<br />

(Bläsi <strong>und</strong> Strümpfel 2001). Für den deutschen Viehhandel steht eine vertiefte Behandlung<br />

dieser Fragestellung noch aus. Wie ein entsprechendes organisatorisches Konzept aussehen<br />

kann, wird im Folgenden an einem Beispiel der überbetrieblichen Zusammenarbeit aus<br />

dem AIDA-Projektverb<strong>und</strong> erläutert.<br />

Kern des beschriebenen Vorhabens ist die Etablierung einer Dienstleistungsgesellschaft<br />

zur unternehmensübergreifenden Durchführung des Tierges<strong>und</strong>heitsmanagements speziell<br />

in Schweinefleisch erzeugenden Ketten. Die Initiative zur Unternehmensgründung <strong>und</strong><br />

damit zur Reorganisation der in der Dienstleistungsgesellschaft zusammengefassten Aufgaben<br />

geht von vier Organisationen des genossenschaftlichen Viehhandels aus: der Vermarktungsgemeinschaft<br />

für Zucht- <strong>und</strong> Nutzvieh ZNVG e.G., der Erzeugergemeinschaft für<br />

Qualitätstiere Syke-Bassum e.G., der Viehvermarktung Walsrode-Visselhövede e.G. sowie<br />

der Stader Saatzucht e.G. Die Beteiligung an der Dienstleistungsgesellschaft ist aber nicht<br />

auf diese Organisationen beschränkt; sie steht vielmehr auch weiteren privaten <strong>und</strong> genossenschaftlichen<br />

Viehhandelsorganisationen offen. Die wesentlichen Aufgaben der gemeinsamen<br />

Dienstleistungsgesellschaft lassen sich wie folgt umreißen:<br />

• Systematisierung der Erhebung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Ferkel erzeugenden<br />

Betrieben <strong>und</strong> Mastbetrieben <strong>und</strong> Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der<br />

Beprobung der Betriebe sowie der Datenerhebung <strong>und</strong> -auswertung.<br />

• Verbesserung des Informationsstandes der einzelnen Akteure (Ferkelerzeuger,<br />

Ferkelaufzüchter, Mäster <strong>und</strong> Schlachtunternehmen) entlang der Wertschöpfungsketten<br />

der Schweinefleischwirtschaft sowie des Informationsaustauschs zwischen<br />

ihnen.<br />

• Verbesserung der Kommunikation zwischen den an der tierischen Produktion<br />

beteiligten Betrieben <strong>und</strong> deren Dienstleistern (Viehhandelsorganisationen, Berater<br />

<strong>und</strong> Hoftierärzte).<br />

278<br />

Die Übernahme der genannten Aufgaben durch die Dienstleistungsgesellschaft ist auf<br />

die Verbesserung der Ressourcennutzung durch Professionalisierung des Tierges<strong>und</strong>heits-<br />

sowie des damit verb<strong>und</strong>enen Informationsmanagements in Fleisch erzeugenden<br />

Ketten gerichtet. Die Kommunikation in den Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft ist<br />

bislang oft noch defizitär (Plumeyer et al. 2008) <strong>und</strong> weitgehend auf den Austausch handelsrelevanter<br />

Daten zwischen den Marktpartnern beschränkt. Die Weitergabe zusätzlicher<br />

Informationen findet zzt. noch überwiegend nur in geschlossenen, auf vertraglicher Gr<strong>und</strong>lage<br />

organisierten Wertschöpfungsketten oder bei Vorliegen langfristiger Handelsbezie-


hungen statt. In Spot-Markt-orientierten Geschäftsbeziehungen, wie sie für weite Teile der<br />

deutschen Schweinefleischwirtschaft charakteristisch sind, liegen demgegenüber häufig<br />

nur in unzureichendem Maße Informationen über die liefernden Betriebe vor. Darüber hinaus<br />

werden Zusatzinformationen zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status namentlich von Ferkeln mangels<br />

einheitlicher Erhebung, Aufbereitung <strong>und</strong> Darstellung der Daten bislang nicht in systematisierter<br />

Form angeboten. Ein Aufbau eigener Informationssysteme zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

gehandelter Tiere übersteigt die Möglichkeiten der meisten Viehhandelsorganisationen.<br />

Zudem wären isolierte Initiativen einzelner Unternehmen aufgr<strong>und</strong> der Netzeffekte, die aus<br />

einem einheitlichen, abgestimmten Vorgehen resultieren (Shapiro <strong>und</strong> Varian 1999), nicht<br />

sinnvoll. Die überbetriebliche Zusammenfassung der entsprechenden Aufgaben ist daher<br />

eine geeignete aufbauorganisatorische Maßnahme, um die Aufgabenwahrnehmung zu professionalisieren,<br />

die entstehenden Kosten je Teilnehmer zu begrenzen, durch Sicherstellung<br />

einer möglichst zahlreichen Teilnahme landwirtschaftlicher Betriebe positive Netzeffekte<br />

zu verstärken <strong>und</strong> damit insgesamt die Ressourcennutzung im Vergleich zu einer Situation<br />

ohne überbetriebliche Zusammenarbeit deutlich zu verbessern.<br />

Verbesserung der Interdependenzabstimmung durch<br />

Customer Relationship Management<br />

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein langfristig erfolgreiches Unternehmen<br />

ist die richtige K<strong>und</strong>enkommunikation. Dabei ist es besonders wichtig, dass alle Mitarbeiter,<br />

gleichgültig, welcher Abteilung im Unternehmen sie angehören, nach außen mit einer<br />

Stimme sprechen. Vereinbart etwa ein Außendienstmitarbeiter mit einem K<strong>und</strong>en Sonderkonditionen,<br />

so ist es für die Qualität der Geschäftsbeziehung außerordentlich wichtig,<br />

dass auch andere Mitarbeiter mit K<strong>und</strong>enkontakt, etwa die für die Abrechnung mit dem<br />

K<strong>und</strong>en zuständige Verwaltung, darüber informiert sind <strong>und</strong> die Vereinbarung im Falle des<br />

K<strong>und</strong>enkontaktes, etwa im Zuge der Rechnungsstellung, berücksichtigen <strong>und</strong> die entsprechenden<br />

Konditionen weitergeben. Die Organisationstheorie spricht in diesem Fall von der<br />

Notwendigkeit der Abstimmung von Marktinterdependenzen. Gelingt diese Abstimmung<br />

nicht <strong>und</strong> treten Qualitätsdefizite im K<strong>und</strong>enservice auf, so dass K<strong>und</strong>en z.B. Rechnungen<br />

reklamieren müssen, droht eine verstärkte Abwanderung von K<strong>und</strong>en mit entsprechenden<br />

negativen Auswirkungen auf das Unternehmen (Sorg 2007). Dies <strong>und</strong> der zunehmende<br />

Wandel der Viehhandelsunternehmen von einer transaktions- zu einer k<strong>und</strong>enbeziehungsorientierten<br />

Ausrichtung verstärkt den Bedarf der Unternehmen an einem Werkzeug, mit<br />

dem die Organisationsstruktur <strong>und</strong> die Geschäftsprozesse der Unternehmen stärker auf<br />

den K<strong>und</strong>en ausgerichtet werden können (Krieger 2005). Eine Lösung bietet die Implementierung<br />

eines K<strong>und</strong>enbeziehungs- bzw. Customer Relationship Managements (CRM). Durch<br />

eine persönliche <strong>und</strong> individuelle Betreuung, die sich auf jeden einzelnen Abnehmer <strong>und</strong><br />

Lieferanten konzentriert, sollen zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Angebote unterbreitet<br />

<strong>und</strong> Unstimmigkeiten im täglichen Geschäftsablauf, die aus unzureichend koordinierten<br />

Marktinterdependenzen resultieren, vermieden werden.<br />

Die Verbesserung des K<strong>und</strong>enbeziehungsmanagements <strong>und</strong> der Logistik waren im Rahmen<br />

des AIDA-Projektes die Hauptaufgaben der drei genossenschaftlichen Viehhandelsunternehmen<br />

NVG-bovex GmbH, Viehzentrale Südwest GmbH <strong>und</strong> Mitteldeutsche Schlachtvieherzeugergemeinschaft<br />

w.V. Im Detail ging es um die Schaffung einer EDV-gestützten<br />

Tourenplanungs- <strong>und</strong> Kommunikationslösung mit GPS-Positionskontrolle innerhalb des<br />

K<strong>und</strong>enbeziehungsmanagements, um eine Verbesserung der Abstimmung im Vermarktungsprozess<br />

<strong>und</strong> eine Vernetzung verschiedener Dispositionszentralen zu erreichen.<br />

279


Mit der Einführung der EDV-Lösung verb<strong>und</strong>ene Neuerungen innerhalb des K<strong>und</strong>enbeziehungsmanagements<br />

sind insbesondere im Marketing zu erkennen. In dem implementierten<br />

CRM-Programm wurde ein Marketing-Manager erstellt, der neben den Informationen<br />

zum K<strong>und</strong>en auch eine Eingabemaske für Teilaufträge besitzt, die die Information zu den<br />

Vermarktungsregeln mit jedem einzelnen K<strong>und</strong>en, etwa Sonderkonditionen, Absprachen<br />

über Kontaktaufnahmen oder sonstige Aufträge, enthält, um die Vermarktungseffizienz<br />

zu steigern. Die vom Außendienstmitarbeiter eingetragenen Gesprächsinformationen <strong>und</strong><br />

Wünsche des K<strong>und</strong>en werden direkt an die Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale weitergeleitet<br />

<strong>und</strong> können dort unmittelbar umgesetzt bzw. bei Entscheidungen berücksichtigt<br />

werden. Ein weiterer Vorteil des erstellten Systems ist die Mengenverwaltung, die Teilaufträge<br />

den K<strong>und</strong>en zuordnet. Dieses Tool kann weiterhin Mengenprognosen, das Marktpotenzial<br />

sowie ein tierart- <strong>und</strong> qualitätsbezogenes Vermarktungsprofil eines K<strong>und</strong>en erstellen,<br />

so dass der Bedarf an Ferkeln, das Verkaufsdatum sowie die Anzahl <strong>und</strong> die Qualität<br />

der voraussichtlich verkauften Schlachttiere dargestellt werden können. Diese Prognosedaten<br />

können wiederum dem Außendienstmitarbeiter als wichtige Gr<strong>und</strong>lage für die Beratung<br />

der Lieferanten bzw. K<strong>und</strong>en dienen.<br />

Innerhalb der Logistik wurden die Fahrzeuge mit einem GPS-gestützten Gerät ausgestattet,<br />

welches elektronische Lieferscheine erstellen kann, die jeweils aktuellen Fahraufträge<br />

übermittelt <strong>und</strong> eine aktualisierte K<strong>und</strong>enkartei der anzufahrenden Betriebe bereitstellt.<br />

Hierbei kann das Gerät direkt mit dem Warenwirtschaftssystem kommunizieren <strong>und</strong> neue<br />

Informationen verwerten, bspw. zur Anzahl der Tiere oder der Nummer der Rinderpässe,<br />

die auch auf der Erzeugererklärung direkt geändert werden. Ebenso werden Daten, die<br />

der Fahrer ändert, sofort an das Warenwirtschaftsystem <strong>und</strong> damit an die Mitarbeiter in<br />

der Zentrale gesendet. Ein weiterer Vorteil des GPS-gestützten Geräts ist, dass dem Fahrer<br />

zeitgleich aktualisierte Tourenverläufe, z.B. aufgr<strong>und</strong> von Staus oder Wartezeiten am<br />

Schlachthof, übermittelt werden können. Diese Daten werden vom Gerät auch direkt zum<br />

Disponenten weitergeleitet, was ein frühzeitiges Reagieren auf neue Situationen erlaubt.<br />

Mit dem CRM-System <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Verbesserungen innerhalb der Logistik<br />

wird ein schnelles Reagieren auf veränderte Marktbedingungen möglich. Ferner gelingt<br />

es sicherzustellen, dass verschiedene Mitarbeiter selbst bei kurzfristigen Änderungen<br />

stets denselben Informationsstand in Bezug auf einzelne K<strong>und</strong>en haben. Organisatorisch<br />

unvermeidbare Marktinterdependenzen werden dadurch abgestimmt <strong>und</strong> ein einheitliches<br />

Auftreten gegenüber landwirtschaftlichen K<strong>und</strong>en bzw. Lieferanten wird gewährleistet.<br />

Durch die verbesserte Kommunikation innerhalb des Unternehmens werden die Geschäftsprozesse<br />

stärker als bisher auf die K<strong>und</strong>en ausgerichtet. Auf diese Weise werden Beeinträchtigungen<br />

der Geschäftsbeziehungsqualität, die sich u.a. aus der Nichteinhaltung von<br />

Absprachen oder der nicht rechtzeitigen Kommunikation von Änderungen ergeben können,<br />

vermieden. Damit wird die Bindung der K<strong>und</strong>en an das Unternehmen gestärkt <strong>und</strong> seine<br />

Wechselbereitschaft gemindert.<br />

280<br />

Verbesserung der Motivationseffizienz durch Aufbau eines<br />

einheitlichen Warenwirtschaftssystems<br />

Mitarbeitermotivation ist im Viehhandel von entscheidender Bedeutung. 55% der Unternehmen<br />

des Viehhandels arbeiten mit mindestens einer familienfremden Arbeitskraft<br />

(Voss et al. 2010). Die Unternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen, haben durchschnittlich<br />

14,7 Vollzeit- <strong>und</strong> 3,2 Teilzeitmitarbeiter. Alle diese Mitarbeiter müssen eine hohe Motivation<br />

aufweisen, um sich fortgesetzt im Sinne der Unternehmensziele zu engagieren (Utsch<br />

2008).


Die Mitarbeitermotivation kann intrinsischer oder extrinsischer Natur sein (Eisenführ<br />

<strong>und</strong> Theuvsen 2004). Ein Mitarbeiter ist intrinsisch motiviert, wenn er eine Tätigkeit nicht<br />

um einer externen Belohnung willen ausführt. Mögliche Quellen intrinsischer Motivation<br />

sind der Abwechslungsreichtum oder der Verantwortungsgehalt einer Tätigkeit, die<br />

Aussicht auf das Erreichen durch den Mitarbeiter selbst gesetzter Ziele oder auch die<br />

Bedeutung, die Mitarbeiter der Einhaltung bestimmter sozialer Normen (z.B. Teamgeist)<br />

beimessen (Frey <strong>und</strong> Osterloh 2002). Die organisatorische Gestaltung kann die intrinsische<br />

Mitarbeitermotivation u.a. positiv beeinflussen, indem sie abwechslungsreiche, verantwortungsvolle<br />

Tätigkeiten schafft oder die Bereitstellung rückkoppelnder Informationen<br />

(Feedback) über das eigene Arbeitsergebnis ermöglicht (Hackman <strong>und</strong> Oldham 1980).<br />

Extrinsische Motivation entspringt dagegen einer mittelbaren (instrumentellen) Bedürfnisbefriedigung.<br />

Nicht die Tätigkeit selbst, sondern die Erwartung, dass eine Tätigkeit zu<br />

Belohnungen von Seiten der Umwelt, etwa Bezahlung, Aufstieg, Anerkennung, Zuwachs<br />

an Macht o.ä. führt, motiviert in diesem Fall (Eisenführ <strong>und</strong> Theuvsen 2004; Laux <strong>und</strong><br />

Liermann 2005). Die Gr<strong>und</strong>lage der Gewährung extrinsischer Anreize bilden häufig Soll-Ist-<br />

Vergleiche, die der Beurteilung der Angemessenheit der Leistung von Mitarbeitern durch<br />

die Organisation dienen (zielorientierte Steuerung; Theuvsen 2001).<br />

Anreize werden eingesetzt, um ein bestimmtes Mitarbeiterverhalten im Sinne der Unternehmensziele<br />

auszulösen. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Steigerung der Motivation<br />

ist die Bereitstellung rückkoppelnder Informationen zur Verbesserung der intrinsischen Motivation<br />

<strong>und</strong> die Ermöglichung von Soll-Ist-Vergleichen als Gr<strong>und</strong>lage der Gewährung externer<br />

Anreize. Zu diesem Zweck wurde von der Erzeugergemeinschaft für Qualitätsferkel im<br />

Raum Osnabrück e.G., der Raiffeisen Viehvermarktung Werne GmbH & Co. KG, der Erzeugergemeinschaft<br />

für Qualitätsvieh im Oldenburger Münsterland e.G, der Erzeugergemeinschaft<br />

für Qualitätsvieh Hümmling e.G. <strong>und</strong> der Raiffeisen-Viehvermarktung Ganderkesee-<br />

Wildeshausen e.G. ein einheitliches Warenwirtschaftssystem eingeführt, das strukturierte<br />

Informationen über alle Prozess-, Unternehmens- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>endaten aufnimmt <strong>und</strong> diese<br />

online <strong>und</strong> in Echtzeit bereitstellt. Für die Erstellung dieses Systems erfolgte ein intensiver<br />

Informationsaustausch zwischen den kooperierenden Unternehmen.<br />

Im Wesentlichen waren zwei Gründe für die Entscheidung der Unternehmen, ein einheitliches<br />

Warenwirtschaftssystem einzuführen, maßgeblich. Zum einen sollte die Steuerung<br />

der Prozesse innerhalb der Unternehmen <strong>und</strong> der einzelnen Unternehmenseinheiten verbessert<br />

werden, um einen reibungslosen Ablauf der Geschäftsprozesse <strong>und</strong> eine stärkere<br />

Ausrichtung der Prozesse auf die K<strong>und</strong>en zu gewährleisten <strong>und</strong> auf diese Weise zu einer<br />

verbesserten Abstimmung von Prozess- <strong>und</strong> Marktinterdependenzen beizutragen. Zum<br />

anderen sollte eine Steigerung der Mitarbeitermotivation herbeigeführt werden.<br />

Zentral zur Erreichung der Ziele im Bereich der Motivationseffizienz ist die Auswertungsfunktion<br />

des Warenwirtschaftssystems, die auf der Gr<strong>und</strong>lage einer modifizierten<br />

Balanced Scorecard ein unternehmensinternes wie auch -übergreifendes Benchmarking<br />

ermöglicht. Die Gr<strong>und</strong>lage dafür ist eine auf die Tätigkeiten <strong>und</strong> Verantwortlichkeiten der<br />

einzelnen Mitarbeiter zugeschnittene Aufbereitung der Ergebnisse <strong>und</strong> Leistungstreiber.<br />

Auf diese Weise wird die Basis für die Verbesserung der Transparenz innerhalb der Organisation<br />

geschaffen <strong>und</strong> den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, die eigene Leistung<br />

den Maßstäben, die für ihren jeweiligen Aufgabenbereich gelten, gegenüberzustellen. Laut<br />

Strausberg (2001) werden die Motivation <strong>und</strong> mit ihr das gesamte Arbeitsverhältnis durch<br />

diese rückkoppelnden Informationen positiv beeinflusst, da die Mitarbeiter die Organisationsziele<br />

kennen <strong>und</strong> die an sie gestellten Erwartungen mit den eigenen Leistungen abgleichen<br />

können.<br />

281


Ergänzend werden regelmäßig Feedback-Gespräche mit dem Geschäftsführer durchgeführt.<br />

Diese Gespräche <strong>und</strong> die darin vereinbarten Ziele mit den Mitarbeitern sollten<br />

„s.m.a.r.t.“ formuliert werden, das heißt, dass sie spezifisch, messbar, anspruchsvoll,<br />

realistisch <strong>und</strong> terminiert sein sollten (Kießling-Sonntag 2006). Verstärkt wird die Motivationswirkung,<br />

wenn rückkoppelnde Informationen schnell bereitgestellt werden <strong>und</strong><br />

relevant sind. Positiv wirkt es sich ferner aus, wenn die Mitarbeiter die vereinbarten Ziele<br />

akzeptieren <strong>und</strong> Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten zur Erreichung der gesteckten Ziele<br />

haben (Locke <strong>und</strong> Latham 1990). Erst die Einführung des Warenwirtschaftssystems sowie<br />

die enge horizontale Kooperation der genannten Unternehmen haben die Voraussetzungen<br />

für die Verbesserung des Informationsaustausches <strong>und</strong> der Zusammenarbeit im Rahmen<br />

der inner- wie auch der zwischenbetrieblichen Abwicklung der Geschäftsprozesse sowie die<br />

Verbesserung der Motivationseffizienz geschaffen.<br />

Fazit<br />

In den vorangegangenen Ausführungen wurde ein Konzept zur Beschreibung sowie Bewertung<br />

von Organisationsstrukturen skizziert, das sich an dem Gr<strong>und</strong>gedanken orientiert,<br />

dass Arbeitsteilung zur Realisierung von Effizienzvorteilen unumgänglich ist, zugleich aber<br />

die Notwendigkeit der Abstimmung bzw. Koordination arbeitsteiliger Aktivitäten mit sich<br />

bringt. Das in groben Zügen skizzierte Konzept organisatorischer Gestaltungsparameter<br />

<strong>und</strong> Bewertungskriterien wurde an drei Beispielen aus dem AIDA-Projektverb<strong>und</strong> verdeutlicht.<br />

Dies waren die auf die Verbesserung der Ressourcennutzung gerichtete Gründung<br />

einer Dienstleistungsgesellschaft für ein überbetriebliches Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement,<br />

die Einführung eines Customer Relationship Managements zur besseren Abstimmung von<br />

Marktinterdependenzen in Wertschöpfungsketten sowie die Hebung von Motivationspotentialen<br />

bei Mitarbeitern durch Intensivierung der horizontalen Kooperationen auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

eines gemeinsamen Warenwirtschaftssystems.<br />

Die skizzierten innovativen Pilotprojekte sind Ausdruck eines organisatorischen Veränderungsbedarfs<br />

im deutschen Viehhandel, der aufgr<strong>und</strong> der strukturellen Veränderungen<br />

auf der Zulieferer- wie der Abnehmerseite unter strategischem Anpassungsdruck steht <strong>und</strong><br />

seine Effizienz <strong>und</strong> Effektivität verbessern muss, um auch in Zukunft seine bislang zentrale<br />

Rolle in der deutschen Fleischwirtschaft erfolgreich verteidigen zu können (Voss et al.<br />

2010). Bei der Erreichung dieses Ziels können neue Organisationsstrukturen eine wichtige<br />

Rolle spielen.<br />

Mit der Verbesserung der Ressourcennutzung durch überbetriebliche Zusammenarbeit,<br />

der Intensivierung der Abstimmung arbeitsteiliger marktbezogener Aktivitäten sowie<br />

der Steigerung der Mitarbeitermotivation sind in der Vergangenheit nur wenig beachtete<br />

Aspekte in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Bislang war der Blick in der agrarökonomischen<br />

Literatur vorrangig auf die Frage gerichtet, ob offenen (Spot-)Märkten oder engeren<br />

vertraglichen Bindungen zwischen Wertschöpfungspartnern die Zukunft gehört (vgl.<br />

Abschnitt 1). Die Überlegungen zu (neuen) Organisationskonzepten im Viehhandel <strong>und</strong> den<br />

mit ihnen verb<strong>und</strong>enen Effizienzsteigerungspotenzialen zeigen dem Management weitere<br />

Ansatzpunkte für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen auf. In einem<br />

eher margenschwachen Geschäft wie dem Viehhandel kann dies ein wichtiger Beitrag<br />

zur Sicherung der Überlebensfähigkeit der Unternehmen sein.<br />

282


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285


286


5.5 Kommunikationskonzepte zwischen regionalen <strong>und</strong><br />

b<strong>und</strong>esweiten Dienstleistungsagenturen<br />

Brigitte Petersen, Detert Brinkmann, Stefanie Slütter, Maren Bruns, Bernd Kollmer,<br />

Rudolf Festag, Achim Münster <strong>und</strong> Matthias Otto<br />

Die turbulenten Märkte der Zukunft erfordern massive Vernetzung aller Partner entlang der<br />

Wertschöpfungsketten. In den vorangegangenen Kapiteln wurde erläutert, warum die Vermarktung<br />

landwirtschaftlicher Nutztiere in Zukunft nicht ohne eine gewaltige Anzahl externer<br />

<strong>und</strong> interner Verbindungen bestehen kann. Kooperation insbesondere im Qualitätsmanagement<br />

ist notwendig, weil in der immer stärker arbeitsteiligen Welt komplexe Probleme<br />

immer weniger von Einzelpersonen, dafür immer mehr von Gruppen gelöst werden (Petersen<br />

<strong>und</strong> Schütz 2007). Dies erfordert insbesondere in den Bereichen des überbetrieblichen<br />

Qualitäts- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managements gemeinsame Ziele, Rahmenbedingungen, Arbeitsmethoden,<br />

Kontextwissen, Kommunikation sowie eine gemeinsame Beschreibung der<br />

Herausforderungen, welchen man sich stellen will.<br />

Im Rahmen der AIDA-Initiative ist die Herausforderung, eine Kommunikationsstruktur<br />

zwischen derzeit sich entwickelnden regionalen <strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweiten Dienstleistungsagenturen<br />

im überbetrieblichen Qualitäts-, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> zu schaffen.<br />

Darüber hinaus geht es um die Festlegung einer Ablauforganisation zur Etablierung eines<br />

b<strong>und</strong>esweiten Standards zur Zertifizierung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Tierbeständen.<br />

Dabei zeigt sich eindeutig, dass bei rasant steigender Vernetzungsdichte <strong>und</strong> -intensität<br />

informatorische Austauschprozesse über das Internet wegen ihrer aufwand- <strong>und</strong> ressourcenschonenden<br />

Einsatzmöglichkeiten deutlich schneller als physische wachsen werden.<br />

Gr<strong>und</strong>legende Rahmenbedingung für ihr Wachstum ist die Bereitstellung einer informationstechnisch<br />

leistungsfähigen Infrastruktur.<br />

Im Folgenden wird die Vorgehensweise der AIDA-Partner beim Aufbau kommunikations-<br />

<strong>und</strong> informationstechnischer Strukturen zur Unterstützung von Kooperationen im<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management in Deutschland aufgezeigt. Deutlich wird dabei, dass in Zukunft<br />

Gemeinschaftsleistung, Konsens <strong>und</strong> Kritikfähigkeit immer wichtiger für eine erfolgreiche<br />

Wertschöpfungskette werden. Selbstverständlich werden auch in der Zukunft der Wettbewerb<br />

des Einzelnen sowie individuelle, schnelle <strong>und</strong> sprunghafte Innovationen wesentliche<br />

Beiträge leisten. Allerdings sind diese immer stärker in eine kreative, konstruktive <strong>und</strong> vor<br />

allem pragmatische Kooperation einzubinden.<br />

Vorgehen bei der Schaffung von Kommunikationsstrukturen<br />

Eine dauerhaft verbesserte Wertschöpfung beim Handel mit landwirtschaftlichen<br />

Nutztieren wird zukünftig nur bei transparenter Darlegung von begleitenden Informationen<br />

möglich sein. Die Weitergabe von Informationen zum Tierges<strong>und</strong>heitsstatus gewinnt<br />

damit eine zunehmende Bedeutung. Allerdings fehlen in Deutschland bislang geeignete<br />

Kommunikationsstrukturen, um dies produktionsbegleitend zu ermöglichen. Mit dem Ziel,<br />

dies zu ändern, hat eine Gruppe genossenschaftlicher Viehvermarkter im Rahmen des<br />

AIDA-Projekts erste Gr<strong>und</strong>lagen für eine strukturierte Vorgehensweise von Verfahrens- <strong>und</strong><br />

Produktprüfungen gelegt. Hierdurch soll das überbetriebliche Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement<br />

kosteneffizienter <strong>und</strong> effektiver gestaltet werden. Dabei ist daran gedacht, die Kommunikationsstrukturen<br />

auf drei Ebenen des Qualitätsmanagements aktiv mit zu gestalten, der normativen,<br />

der strategischen <strong>und</strong> der operativen Ebene. Wie die Abbildung 5.5/1 zeigt, geht<br />

287


es auf der normativen Ebene insbesondere um die Kommunikation in branchenspezifischen<br />

Gremien mit dem Ziel der Standardisierung <strong>und</strong> Normierung von Verfahren im Qualitäts<strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. Auf der strategischen Ebene sehen sich die Viehvermarkter<br />

zunehmend in der Rolle von Netzwerkkoordinatoren (Unterkapitel <strong>4.</strong>1) <strong>und</strong> damit als Mittler<br />

zwischen der normativen Ebene <strong>und</strong> den Unternehmen Einleitung<br />

der Wertschöpfungskette Fleisch<br />

auf der operativen Ebene.<br />

Abb. 5.5/1: Ebenen des Qualitätsmanagements<br />

Normative Ebene<br />

Ebenen des Qualitätsmanagements<br />

Öffentliche Einrichtungen Qualitätsstandards Zertifizierungsstellen<br />

Strategische Ebene<br />

Kettenkoordinator<br />

Auditoren<br />

Berater<br />

Netzwerkkoordinator<br />

Operative Ebene<br />

Futtermittelindustrie<br />

Schweineproduktion<br />

Fleischproduktion<br />

Lebensmittelhandel<br />

Konsument<br />

Quelle: Brinkmann et al. 2010 in Anlehnung Brinkmann Petersen al. 2010, et al. 2007, Bahlmann & Spiller 2008<br />

in Anlehnung an Petersen et al. 2007, Bahlmann&Spiller 2009<br />

Der Nachweis eines Eigenkontrollsystems gegenüber den K<strong>und</strong>en in der Wertschöpfungskette<br />

sowie die erstmalige Etablierung eines sektorspezifischen Standards aus der<br />

Erzeugerstufe heraus stehen dabei im Fokus weiterer geplanter Vorhaben. Hierzu wird ein<br />

einheitliches Vorgehen bei der Beprobung <strong>und</strong> bei der Analyse von Blut- <strong>und</strong> Kotproben<br />

angestrebt als Voraussetzung für eine Vergleichbarkeit zwischen den Anbietern, beispielsweise<br />

von Ferkelpartien. Dieses abgestimmte Vorgehen soll Transparenz <strong>und</strong> Vertrauen bei<br />

den deutschen Ferkelerzeugern schaffen <strong>und</strong> sie motivieren, an einer freiwilligen Zertifizierung<br />

des Tierges<strong>und</strong>heitsstatus teilzunehmen.<br />

Parallel hierzu prüft eine weitere Arbeitsgruppe, welche Gesellschaftsform (Unterkapitel<br />

5.3) für Netzwerkkoordinatoren im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management geeignet<br />

ist, um den Aufbau eines Online-Portals zur Unterstützung der Statuskommunikation, wie<br />

in Dänemark bereits vorhanden, zu realisieren. Mit der konzertierten Vorgehensweise bei<br />

der Etablierung eines Standardisierungsgemiums soll eine Signalwirkung ins europäische<br />

Ausland <strong>und</strong> hier insbesondere gegenüber den Nachbarländern Dänemark <strong>und</strong> Niederlande<br />

erzeugt werden. Insbesondere geht es darum, den höheren Informationsgewinn <strong>und</strong> die<br />

Entscheidungssicherheit für Mastbetriebe als Wettbewerbsvorteil zu kommunizieren (Festag<br />

2009; Münster 2009).<br />

288


Normative Ebene der Qualitätskommunikation<br />

Zur Einschätzung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Tiergruppen <strong>und</strong> -beständen ist zunächst<br />

eine Standardisierung bestehender Monitoring-Programme Voraussetzung. Derzeit lassen<br />

sich in Deutschland etwa acht bis zehn unterschiedliche Institutionen lokalisieren, bei<br />

denen der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Ferkelerzeugerbetrieben über ein Monitoringverfahren<br />

ermittelt wird. Den ersten Schritt, sich dabei auf eine einheitliche Vorgehensweise zu einigen,<br />

hat eine Gruppe von vier Erzeugergemeinschaften <strong>und</strong> Viehvermarktungsunternehmen<br />

bereits getan (Münster 2010).<br />

Um in einem späteren Schritt mit Organisationen in Dänemark <strong>und</strong> den Niederlanden<br />

auf Augenhöhe die Diskussion um einen internationalen Standard „Animal Health and Safety<br />

(AHS)“ anzustoßen, bedarf es neben einer möglichst raschen Abstimmung <strong>und</strong> Implementierung<br />

eines Verfahrensstandards auch der Erfüllung von organisatorischen Voraussetzungen<br />

bei der Etablierung eines Standardisierungsgremiums mit ihren Organen <strong>und</strong><br />

Gremien sowie einer b<strong>und</strong>esweiten Zertifizierungsplattform.<br />

Die b<strong>und</strong>esweite Standardisierung von Monitoringverfahren ist zunächst exemplarisch<br />

am Produkt „Mastferkel/28-30 kg Ferkel“ erarbeitet worden. Ergebnis der Vorarbeit ist ein<br />

unternehmensübergreifendes Positionspapier, das Erfahrungen regionaler Initiativen in Bezug<br />

auf die Auswahl zu untersuchenden Erreger, den Beprobungsschlüssel, die Probennahme<br />

sowie die verwendeten Analysemethoden (Tab. 5.5/1 <strong>und</strong> Tab. 5.5/2) zusammenfasst<br />

(Bruns et al. 2009; Münster 2010). Die bislang gef<strong>und</strong>ene einheitliche Basis für einen deutschen<br />

Monitoringstandard ist in Bezug auf die Beprobungsfrequenz sogar umfangreicher<br />

als derzeit in den Nachbarländern. Bislang konnte das wesentliche Alleinstellungsmerkmal<br />

des deutschen standardisierten Monitoringverfahrens, das breite Erregerspektrum, besonders<br />

herausgestellt werden.<br />

Tab. 5.5/1: Prüfparameter, -frequenz <strong>und</strong> -verfahren sowie Untersuchungsmethode im Pflichtmodul<br />

Prüfparameter<br />

PRRSV<br />

(falls kein<br />

Impfbetrieb)<br />

Brachyspira<br />

hyodysenteriae<br />

Mindestprobenzahl<br />

pro Stichprobe<br />

15 Einzelblutproben 2x<br />

alle 180<br />

± 20<br />

Tage<br />

15 Einzelkotproben<br />

(Bildung von 3 Pools<br />

á 5 Proben)<br />

Prüfverfahren Untersuchungsmethode<br />

Beprobungsfrequenz<br />

Basis Basis +<br />

+ Testkits<br />

(Anzahl Beprobungen/Jahr)<br />

4x Serologischer IDEXX Herd Check<br />

alle 90 Nachweis von PRRS-ELISA<br />

± 20 Antikörpern<br />

Tage<br />

2x<br />

alle 180<br />

± 20<br />

Tage<br />

Salmonella 15 Einzelblutproben 2x<br />

alle 180<br />

± 20<br />

Tage<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

4x<br />

alle 90<br />

± 20<br />

Tage<br />

4x<br />

alle 90<br />

± 20<br />

Tage<br />

Serologischer<br />

Nachweis von<br />

Antikörpern<br />

Direkter<br />

Erregernachweis<br />

Molekularbiologischer<br />

Nachweis,<br />

erregerspezifische<br />

Genom-Abschnitte,<br />

PCR-Analyse<br />

ELISA laut<br />

QS-Zulassung<br />

a) Salmotype<br />

PigScreen der Firma<br />

Labor Diagnostik<br />

Leipzig<br />

b) Herd Check, der<br />

Firma IDEXX<br />

289


Tab. 5.5/2: Prüfparameter, -frequenz <strong>und</strong> -verfahren sowie Untersuchungsmethode im Wahlmodul<br />

Prüfparameter<br />

Toxinbildende<br />

Pasteurella multocida<br />

(Schnüffelkrankheit)<br />

Mycoplasma<br />

hyopneumoniae<br />

(falls kein<br />

Impfbetrieb)<br />

Actinobacillus<br />

pleuropneumoniae<br />

(APP)<br />

Mindestprobenzahl<br />

pro<br />

Stichprobe<br />

15 Nasentupfer<br />

(Einzelproben)<br />

Beprobungsfrequenmethode<br />

+ Testkits<br />

Prüfverfahren Untersuchungs-<br />

(Anzahl Beprobungen/Jahr)<br />

Basis Basis +<br />

1x<br />

alle 360<br />

± 20<br />

Tage<br />

15 Einzelblutproben 2x<br />

alle 180<br />

± 20<br />

Tage<br />

15 Einzelblutproben 2x<br />

alle 180<br />

± 20<br />

Tage<br />

2 x<br />

alle 180<br />

± 20<br />

Tage<br />

4x<br />

alle 90<br />

± 20<br />

Tage<br />

4x<br />

alle 90<br />

± 20<br />

Tage<br />

Nachweis von<br />

Antigen<br />

Nachweis von<br />

Antikörpern<br />

Serologischer<br />

Nachweis von<br />

Antikörpern<br />

ELISA Verfahren auf<br />

Toxinbildner<br />

IDEXX Herd Check<br />

PRRS-ELISA<br />

APX II ELISA<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

290<br />

In einem Verfahrensstandard ist zum einen die generelle Vorgehensweise bei der Entnahme,<br />

dem Versand <strong>und</strong> der Untersuchung von Blut- <strong>und</strong> Kotproben, zum anderen die Art<br />

<strong>und</strong> Weise der Interpretation von Messergebnissen ausgewählter Untersuchungsparameter<br />

geregelt. Hierdurch soll die b<strong>und</strong>esweite Standardisierung von Verfahrensschritten zur<br />

Feststellung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Verkaufsferkeln sowie die harmonisierte Dokumentation<br />

<strong>und</strong> Kommunikation der Resultate gewährleistet werden. Der Geltungsbereich des<br />

Leitfadens bezieht sich auf Verfahrensschritte zur Ermittlung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von<br />

28-30 kg Ferkeln <strong>und</strong> legt den Umfang der Beprobung, die Untersuchungsmethoden <strong>und</strong><br />

die Untersuchungsparameter fest.<br />

Obligatorisch ist die Umsetzung eines Pflichtmoduls. Fakultativ kann dieses durch<br />

Wahlmodule erweitert werden, in dem ein, zwei oder drei zusätzliche Erreger in das Untersuchungsprofil<br />

mit aufgenommen werden. Die Dokumentation in den Wahlmodulen erfolgt<br />

wie beim Pflichtmodul. Es kann ebenfalls zwischen der Basis- <strong>und</strong> der Basis+-Variante gewählt<br />

werden. Mit der Basis+-Variante wird die Frequenz der Probenziehung verdoppelt. In<br />

jeder Variante entfallen Untersuchungen auf Erreger, gegen die die Ferkel in der Aufzucht<br />

geimpft wurden (Tab. 5.5/1). Da auch der Impfstatus für den Mäster interessant ist, kann<br />

der Ferkelerzeuger sich bereit erklären, über den Netzwerkkoordinator seinem K<strong>und</strong>en<br />

diese Angaben zu Präventivmaßnahmen regelmäßig freizuschalten.<br />

Nach dem ersten Schritt, der Standardisierung von Monitoringverfahren, sieht der<br />

nächste Schritt die Schaffung von Gremien für einen nationalen Verfahrensstandard zur<br />

Zertifizierung des Tierges<strong>und</strong>heitsstatus vor. Zunächst hat dies Modellcharakter für die<br />

Stufe der Ferkelproduktion. Es ist weiterhin angedacht, das Modell auf weitere Produktionsstufen<br />

z.B. der Jungsauen, Mastschweine sowie auch auf andere Tierarten auszuweiten.<br />

Der Standardgeber für den Tierges<strong>und</strong>heitsstandard (TGS) ist ein b<strong>und</strong>esweiter, genossenschaftlich<br />

organisierter Verb<strong>und</strong> von Erzeuger- <strong>und</strong> Vermarktungsorganisationen (Tierges<strong>und</strong>heitsagentur<br />

eG). Im Rahmen seiner koordinierenden <strong>und</strong> unterstützenden Tätigkeiten<br />

im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> entwickelt diese Gruppe<br />

derzeit einen anerkannten Verfahrensstandard zur Feststellung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von<br />

Ferkelherkünften. Mit Unterstützung des ZDS (Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion)<br />

sorgen sie dafür, dass möglichst eine große Anzahl Verantwortlicher für die Statu-


serhebung <strong>und</strong> -kommunikation in Deutschland nach diesem Verfahrensstandard vorgehen.<br />

Die Mitglieder des Vorstandes der Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG übernehmen die Funktion<br />

eines Lenkungsgremiums, welches den Prozess der Harmonisierung <strong>und</strong> kontinuierlichen<br />

Weiterentwicklung der Verfahrensschritte vorantreibt. Der Vorstand beruft im Zuge der<br />

Weiterentwicklung <strong>und</strong> Etablierung verschiedene Gremien, die vor allem dabei ihre Fachkompetenz<br />

einbringen. Standardnehmer sind Bündlerorganisationen, die im Auftrag von<br />

Tier haltenden Betrieben die regelmäßige Feststellung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status nach den im<br />

Leitfaden beschriebenen Verfahren durchführen <strong>und</strong> hierzu eine Zulassung nach diesem<br />

beschriebenen Standard erhalten.<br />

Die Planung, Etablierung <strong>und</strong> kontinuierliche Verbesserung des Tierges<strong>und</strong>heitsstandards<br />

folgt den Prinzipien des PDCA-Zyklus. Jeder Buchstabe bezeichnet eine Phase:<br />

P – Plan: In der Planungsphase werden Maßnahmen zur Etablierung <strong>und</strong> Verbesserung<br />

des Tierges<strong>und</strong>heitsstandard festgelegt.<br />

D – Do: Die geplanten Maßnahmen werden in den beteiligten Organisationen<br />

umgesetzt.<br />

C – Check: Die Maßnahmen werden hinsichtlich ihrer Zielwirksamkeit kontrolliert <strong>und</strong><br />

bewertet.<br />

A – Act: Auf Gr<strong>und</strong>lage des Check-Ergebnisses werden, bezogen auf den Standard,<br />

eventuelle Korrekturen-, Verbesserungen- oder Erweiterungsmaßnahmen<br />

eingeleitet.<br />

Die Maßnahmen der letzten Phase bilden wiederum den Ausgangspunkt für ein neues<br />

Durchlaufen des Zyklus. In welcher Weise diese Phasen durch welche Akteure gestaltet<br />

werden, geht aus nachfolgender Abbildung hervor:<br />

Abb. 5.5/2: Schritte der Planung, Umsetzung, Kontrolle <strong>und</strong> Verbesserung des Tierges<strong>und</strong>heitsstandards<br />

(TGS)<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

291


Die auf der normativen Ebene zu schaffenden Gremien gehen aus der nachfolgenden<br />

Abbildung 5.5/3 hervor.<br />

Abb. 5.5/3: Ebenen der Standardvergabe <strong>und</strong> -umsetzung<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Die speziellen Verantwortlichen <strong>und</strong> Akteure, die in dem Organigramm genannt sind,<br />

listet nachfolgend die Tabelle 5.5/2.<br />

Tab. 5.5/2: Aufgaben <strong>und</strong> Verantwortlichkeiten unterschiedlicher Akteure<br />

Aufgabe<br />

Regelmäßige Probennahme vor Ort<br />

Koordination der Probenahme über<br />

überbetriebliche Datenbanken<br />

Steuerung <strong>und</strong> Kontrolle der Prüfsequenz pro<br />

Teilnehmer <strong>und</strong> Auditmanagement<br />

Internetdokumentation<br />

Stammdatenverwaltung<br />

Vereinbarung mit Landwirt<br />

Vereinbarung mit Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG<br />

Vereinbarung mit akkreditierten Laboren<br />

Zertifikatvergabe TGS<br />

Kontinuierliche Weiterentwicklung des<br />

Standards<br />

Registrierung der Zertifikatnehmer<br />

Verantwortlichkeiten<br />

nach Sch.Halt.Hyg.V. vertragsgeb<strong>und</strong>ener Tierarzt/<br />

Organisationstierarzt<br />

Standardnehmer<br />

Standardnehmer<br />

Standardnehmer<br />

Standardnehmer<br />

Standardnehmer<br />

Standardnehmer<br />

Standardnehmer<br />

Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG<br />

Gremien berufen durch Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG<br />

B<strong>und</strong>esweite Plattform betrieben durch Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

292


Die Tierges<strong>und</strong>heitsagentur fungiert als Standardgeber für den TGS. In dieser Funktion<br />

wird langfristig ein Akkreditierungsverfahren angestrebt. Die Akkreditierung ist gemäß DIN<br />

EN ISO/IEC 17011:2004 die Bestätigung durch eine dritte Stelle, die formal darlegt, dass<br />

eine Konformitätsbewertungsstelle (in diesem Fall die Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG als Standardgeber),<br />

die Kompetenz besitzen, die Zulassung nach den TGS-Vorgaben durchzuführen.<br />

Ein Akkreditierungsverfahren wird angestrebt, um eine Vertrauensbasis zwischen allen<br />

Beteiligten im Verfahren der Statuserhebung <strong>und</strong> -kommunikation zu schaffen.<br />

Strategische <strong>und</strong> operative Ebene der Qualitätskommunikation<br />

Koordiniert über regionale Netzwerkkoordinatoren erfolgt auf der strategischen Ebene<br />

(Abb. 5.5/1), die Zertifizierung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status von Tierbeständen. Es handelt sich<br />

in diesem Fall um eine Kommunikation zwischen Netzwerkkoordinator, Tier haltendem Betrieb,<br />

Hoftierarzt <strong>und</strong> Tierges<strong>und</strong>heitsagentur eG unter zwei Aspekten, der Statuserhebung<br />

<strong>und</strong> der Statuskommunikation gemäß des zuvor festgelegten Standards. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

steht die Ausstellung eines Zeugnisses bzw. Zertifikats zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status, beispielsweise<br />

von Verkaufsferkeln. Das Zertifikat wird zeitlich befristet vergeben. Es handelt sich<br />

dabei um eine halbjährlich aktualisierte Bescheinigung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status, die jeweils<br />

als verkaufsbegleitende Information zugänglich gemacht wird. Erzeuger von Mastferkeln<br />

(28-30 kg), welche die Anforderungen des TGS erfüllen <strong>und</strong> regelmäßig den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

ihres Bestandes überprüfen lassen, sind Zertifikatsnehmer. Ferkelerzeuger, die sich<br />

koordiniert durch den Bündler einem regelmäßigen Monitoring unterziehen, lassen sich<br />

freiwillig in einer b<strong>und</strong>esweiten TGS-Plattform registrieren. Sie vergeben die Rechte, welche<br />

Gruppe von K<strong>und</strong>en oder Geschäftspartnern Einsicht in die Statusmeldungen erhält.<br />

Regionale Netzwerkkoordinatoren sorgen für die Vorbereitung, Durchführung <strong>und</strong> Nachbereitung<br />

von Probenahmeterminen vor Ort sowie der Terminplanung von Auditoren <strong>und</strong><br />

Probenehmern. Diese Rolle übernehmen zum einen Viehvermarkter nach dem Full-Service-<br />

Konzept (vergl. Unterkapitel <strong>4.</strong>3) oder regionale Betreibergesellschaften als Zusammenschluss<br />

mehrerer Vermarktungsorganisationen <strong>und</strong> Erzeugergemeinschaften. Die angebotene<br />

Dienstleistung für die landwirtschaftlichen Betriebe besteht somit in erster Linie in<br />

der Koordination von Aufgaben, die von Hoftierärzten, Laboren <strong>und</strong> Datenbankbetreibern<br />

übernommen werden (Abb. 5.5/4).<br />

293


Abb. 5.5/4: Ablauforganisation hinsichtlich der Teilnahme am standardisierten Monitoring<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

294


Ohne eine Internet gestützte Kommunikation wäre das oben gezeigte Ablaufschema<br />

nicht realisierbar. Die bislang übliche Papierdokumentation von Kriterien <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management wird abgelöst durch moderne Eingabe- <strong>und</strong> Ausgabemasken.<br />

Abb. 5.5/5: Qualitätskommunikation heute vs. morgen<br />

295


Nach dreijähriger gemeinsamer Forschung <strong>und</strong> Entwicklung liegen nun interessante, in<br />

der Praxis getestete Informations- <strong>und</strong> Kommunikationslösungen vor, die den Aufbau eines<br />

b<strong>und</strong>esweiten Kommunikationsnetzes unterstützen können. Die im Verb<strong>und</strong>projekt AIDA<br />

entstandenen Software-Testversionen, Erfahrungsberichte, Handlungsanleitungen <strong>und</strong><br />

Schulungskonzepte sind wertvolle Lösungsbausteine <strong>und</strong> Integrationshilfen.<br />

Abb. 5.5/6: B<strong>und</strong>esweite Kommunikationsstruktur zur Erfassung <strong>und</strong> Registrierung des Tierges<strong>und</strong>heitsstatus<br />

in Schweinebeständen<br />

Quelle: Eigene Darstellung<br />

Die Tendenz zur Spezialisierung in der Schweinefleischerzeugung in Deutschland einerseits<br />

<strong>und</strong> der hohe Zeitdruck für produktionsbegleitende Entscheidungen andererseits<br />

führen aufgr<strong>und</strong> begrenzter menschlicher Zeit- <strong>und</strong> Wissenskapazität zu einem sehr hohen<br />

Gr<strong>und</strong> an Arbeitsteilung. Ein Beispiel hierfür ist das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management in Tierbeständen<br />

als essentieller Teil der Qualitätssicherung in der Fleischerzeugung. Daran beteiligt<br />

sind eine Vielzahl meist voneinander getrennt agierender Personen wie die Tierhalter<br />

in den unterschiedlichen Produktionsstufen Ferkelaufzucht <strong>und</strong> Mast, die Hoftierärzte<br />

sowie Mitarbeiter in der produktionsbegleitenden Beratung, Laboren <strong>und</strong> regional tätigen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>diensten. Dabei ergeben sich gerade bei bereichsübergreifender Zusammenarbeit<br />

immer wieder Kommunikationsprobleme aufgr<strong>und</strong> räumlicher Distanzen, unterschiedlicher<br />

kettenbezogener Zielsetzungen, Denkweisen, Persönlichkeitsmerkmalen, Sprachen<br />

<strong>und</strong> Zeithorizonten (Ellebrecht 2008; Schulze Althoff 2006).<br />

Richtige Entscheidungen können nur dann getroffen werden, wenn die notwendigen<br />

Informationen zur Verfügung stehen. Breites <strong>und</strong> tiefes Wissen in kürzester Zeit am richtigen<br />

Ort <strong>und</strong> mit dem richtigen Aufgabenbezug zur Verfügung zu stellen, ist heute ohne den<br />

Einsatz Internet gestützter Informationssysteme kaum vorstellbar (Schütz 2009).<br />

296


Diskussion<br />

Wie kaum ein anderer Bereich ist gerade die Querschnittsfunktion Qualitätsmangement<br />

vom Wissens- <strong>und</strong> Informationsaustausch zwischen den beteiligten produzierenden Unternehmen<br />

<strong>und</strong> ihren Dienstleistungsorganisationen abhängig. Die steigende Komplexität der<br />

Dienstleistungen im Sinne einer kettenorientierten Qualitätspolitik verlangt allerdings auch<br />

einen erheblichen Mehraufwand an Dokumentation <strong>und</strong> erzeugt damit die Notwendigkeit<br />

einer zuverlässigen technischen Unterstützung bei der Verarbeitung, Interpretation <strong>und</strong><br />

Kommunikation von anfallenden Daten (Mack 2007). Es zeigt sich jedoch, dass die bei<br />

Viehvermarktungsunternehmen <strong>und</strong> Erzeugergemeinschaften eingesetzten Informationssysteme<br />

in der Regel organisatorisch gewachsen sind, mit der Folge, dass Informationen<br />

für Entscheidungen im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management häufig inkonsistent,<br />

heterogen, red<strong>und</strong>ant oder unvollständig vorliegen (Ellebrecht 2008; Mack 2007; Schulze-<br />

Althoff 2006; Schütz 2009). Die systematische Weiterentwicklung der Informationsflüsse<br />

<strong>und</strong> -verarbeitung ist daher eine Voraussetzung für qualitätsfähige Dienstleitungsprozesse.<br />

Netzwerkkoordinatoren werden als Dienstleistungsagenturen die Koordination der Kommunikation<br />

für einen wachsenden Teil der Wertschöpfungskette übernehmen. Der Erfolg von<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> Methoden des Qualitätsmanagements ist dabei stark von dem Maß <strong>und</strong><br />

der Güte der Informationsrückführung aus nachgeschalteten Funktionen in die vorgelagerten<br />

Bereiche abhängig.<br />

Typische Beispiele bezogen auf das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management in der<br />

Fleisch erzeugenden Kette sind folgende Kommunikationsbeziehungen, die sektorspezifisch<br />

organisiert werden müssen:<br />

• Der wechselseitige Austausch von Monitoring-Ergebnissen zwischen Ferkelerzeugern<br />

<strong>und</strong> Mästern sowie zwischen Mästern <strong>und</strong> Schlachtunternehmen sowie<br />

• Die Weiterleitung betriebsbezogener Informationen zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>-Status von<br />

Mastbetrieben an Schlachtunternehmen im Rahmen der risikoorientierten Fleisch<br />

untersuchung<br />

Bezogen auf beide Handlungsfelder besteht die Herausforderung, die bereits geschaffenen<br />

Strukturen auf der strategischen Ebene der Qualitätskommunikation (Abb. 5.5/1)<br />

sinnvoll miteinander zu kombinieren. Von besonderer Bedeutung ist dabei, die bereits<br />

im Rahmen des QS-Prüfsystems aufgebaute Salmonellen Datenbank in das Weiterentwicklungskonzept<br />

einzubeziehen sowie die künftigen Verantwortungsbereiche von QS als<br />

Kettenkoordinator in Zusammenarbeit mit den regionalen Netzwerkkoordinatoren <strong>und</strong> der<br />

b<strong>und</strong>esweiten Tierges<strong>und</strong>heitsagentur gemeinsam festzulegen.<br />

Viele der im AIDA Projekt entwickelten Informations- <strong>und</strong> Kommunikationskonzepte<br />

befinden sich auf dem Weg zu kommerziellen Werkzeugen für den Fleischsektor <strong>und</strong> erfüllen<br />

damit einen wesentlichen Bestandteil der gestellten Zielsetzung des Verb<strong>und</strong>projekts.<br />

Geplante <strong>und</strong> sich bereits konfigurierende Wirtschaftsgruppen – zusammengesetzt aus<br />

Projektbeteiligten <strong>und</strong> weiteren Interessenten – bilden einen hervorragenden organisatorischen<br />

Rahmen, die aufgegriffenen Fragestellungen <strong>und</strong> Lösungskonzepte weiterzuführen.<br />

297


Literatur<br />

Brinkmann, D. (2010): Chain quality management in European pork production – a triangle of<br />

quality, information and governance. Vortrag auf dem internationalen Workshop “Ensuring<br />

Quality and Food Safety in European Pork Chains, Capturing export markets”, 28.09.2010,<br />

Bonn.<br />

Bruns, M., Festag, R., Otto, M., Münster, A. <strong>und</strong> Kollmer, B. (2009): Deutscher Tierges<strong>und</strong>heitsstatus<br />

Ferkel. Positionspapier zu einem nationalen Standard bei der Erhebung von Tierges<strong>und</strong>heitsdaten<br />

von Mastferkeln. Überarbeitete Version vom 06. November 2009.<br />

Ellebrecht, A. (2008): Nutzenbetrachtung internetbasierter Informationssysteme im einzel- <strong>und</strong><br />

überbetrieblichem <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. Dissertation, Universität Bonn.<br />

Festag, R. (2009): Benchmarking <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbindungsstrategien. Vortrag auf den Innovationstagen<br />

der B<strong>und</strong>esanstalt für Landwirtschaft <strong>und</strong> Ernährung (BLE), 26.11.2009, Bonn.<br />

Mack, A. (2007): Nutzungskonzept für ein integriertes Audit- <strong>und</strong> Dokumentenmanagementsystem<br />

im überbetrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management Schweine haltender Betriebe. Dissertation<br />

Bonn.<br />

Münster, A. (2009): Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement – Schwein im überregionalen Verb<strong>und</strong>. Vortrag<br />

auf den Innovationstagen der B<strong>und</strong>esanstalt für Landwirtschaft <strong>und</strong> Ernährung (BLE),<br />

27.11.2009, Bonn.<br />

Münster, A. (2010): Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement – Schwein im überregionalen Einsatz. Abschlussbericht<br />

der AIDA Arbeitsgruppe Nord, Vortrag auf der Abschlussveranstaltung des<br />

AIDA-Projekts, 22.09.2010, Berlin.<br />

Petersen, B. <strong>und</strong> Schütz, V. (2007): Stufenübergreifende Informations- <strong>und</strong> Kommunikations-<br />

Systeme - Instrumente zur Unterstützung von Bestandsbetreuung <strong>und</strong> überbetrieblichem<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management. In: 3. bpt Arbeitstagung 17.10.2007 in Burg<br />

Schulze Althoff, G (2006): Stufenkonzept zum Aufbau überbetrieblicher Informationssysteme für<br />

das Qualitäts- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management in Wertschöpfungsketten der Fleischwirtschaft.<br />

Dissertation, Bonn.<br />

Schütz, V. (2009): Modell zur Planung von Dienstleistungen für das überbetriebliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

in der Fleischwirtschaft. Dissertation Bonn.<br />

298


III. Anhang<br />

Autoren <strong>und</strong> Kontakte<br />

299


Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn<br />

Institut für Tierwissenschaften, Abteilung Präventives <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Am 31. März 2005 ist das „Institut für Tierwissenschaften“ (ITW) an der Universität Bonn<br />

neu eingerichtet worden. Es ist aus der Zusammenlegung der ehemaligen Institute für<br />

Tierernährung, Tierzuchtwissenschaft sowie Physiologie, Biochemie <strong>und</strong> Hygiene der Tiere<br />

hervorgegangen. Das ITW hat sechs Abteilungen, eine davon ist die Abteilung Präventives<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management.<br />

Forschungsschwerpunkte<br />

• Entwicklung von computergestützten Informationssystemen <strong>und</strong> Prognosemodellen<br />

zur Unterstützung der deskriptiven <strong>und</strong> prognostischen Epidemiologie <strong>und</strong> des<br />

Krisenmanagements;<br />

• Department- <strong>und</strong> LifeCycle-Modelle zur Simulation von Prüfprozessen in den<br />

Wertschöpfungsketten Fleisch <strong>und</strong> Milch;<br />

• Entwicklung <strong>und</strong> Erprobung von Konzepten <strong>und</strong> Instrumenten für einzelbetriebliche<br />

<strong>und</strong> kettenbezogene <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>vorsorge- <strong>und</strong> Qualitätsmanagement-Systeme in<br />

der Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft;<br />

• Methodisch-theoretische Gr<strong>und</strong>lagen des Kühlkettenmanagement <strong>und</strong> Modellierung<br />

der Verderbskinetik kühlpflichtiger Lebensmittel.<br />

Anschrift:<br />

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn<br />

Institut für Tierwissenschaften<br />

Abteilung Präventives <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Katzenburgweg 7 - 9<br />

53115 Bonn<br />

Kontakt:<br />

Prof. Dr. Brigitte Petersen,<br />

Leiterin der Abteilung<br />

Tel.: 0228 - 73 2821<br />

Email: b-petersen@uni-bonn.de<br />

Prof. Dr. Brigitte<br />

Petersen<br />

Dr. Detert<br />

Brinkmann<br />

Dipl.-Ing.Stefanie<br />

Slütter<br />

Dr. Verena Schütz<br />

(bis 31.12.2009)<br />

300


Georg-August-Universität Göttingen<br />

Department für Agrarökonomie <strong>und</strong> Rurale Entwicklung<br />

Die Institute für Agrarökonomie <strong>und</strong> Rurale Entwicklung der Fakultät für Agrarwissenschaften<br />

der Georg-August-Universität Göttingen haben sich 2006 zum „Department für Agrarökonomie<br />

<strong>und</strong> Rurale Entwicklung“ zusammengeschlossen. Das Department gliedert sich<br />

in zehn Arbeitsbereiche.<br />

Beiträge zu diesem Buch stammen aus den beiden Arbeitsbereichen „Betriebswirtschaftslehre<br />

des Agribusiness“ <strong>und</strong> „Marketing für Lebensmittel <strong>und</strong> Agrarprodukte“. Der<br />

Fokus in Forschung <strong>und</strong> Lehre liegt auf den<br />

Forschungsschwerpunkten:<br />

• Konsumentenverhalten<br />

• Supply Chain Management<br />

• Landwirtschaftliches Managementverhalten<br />

• Qualitätssicherung, Zertifizierung <strong>und</strong> Labeling<br />

• Strategisches Management <strong>und</strong> Internationalisierung im Agribusiness<br />

• Organisation von Wertschöpfungsketten im Agribusiness<br />

• Personalmanagement im Agribusiness<br />

• <strong>Risikomanagement</strong> landwirtschaftlicher Betriebe<br />

• Bioenergie: Potentiale, Bewertung, betriebswirtschaftliche Fragen<br />

• Branchenfokus: Fleisch- <strong>und</strong> Milchwirtschaft sowie der Biobranche<br />

Anschrift:<br />

Department für Agrarökonomie<br />

<strong>und</strong> Rurale Entwicklung<br />

Platz der Göttinger Sieben 5<br />

37073 Göttingen<br />

Kontakt:<br />

Prof. Dr. Achim Spiller<br />

Tel.: 0551 - 3922399<br />

Email: a.spiller@agr.uni-goettingen.de<br />

Prof. Dr. Ludwig Theuvsen<br />

Tel.: 0551 - 394851<br />

Email: Theuvsen@uni-goettingen.de<br />

Prof. Dr. Ludwig<br />

Theuvsen<br />

M.Sc. Anja Voss<br />

Prof. Dr. Achim<br />

Spiller<br />

M.Sc. Stephanie<br />

Schlecht<br />

301


<strong>GIQS</strong> e.V.<br />

Grenzüberschreitende Integrierte Qualitätssicherung<br />

<strong>GIQS</strong> wurde 2001 von den Landwirtschaftlichen Fakultäten der Universitäten Bonn <strong>und</strong><br />

Wageningen (NL) gegründet. Aufgabe der gemeinnützigen Plattform ist es, Akteure aus Privatwirtschaft,<br />

öffentlicher Verwaltung <strong>und</strong> Wissenschaft zusammenzubringen, um Verb<strong>und</strong>projekte<br />

im Agrar- <strong>und</strong> Ernährungssektor zu fördern.<br />

Schwerpunkte der Arbeit:<br />

• Initiierung & Akquise (Intensiver Dialog zwischen den Netzwerkpartnern, Auswahl<br />

geeigneter Förderprogramme, Zusammenführung von Partnern, Planung der<br />

Finanzierung)<br />

• Koordination & Durchführung (Definition von Zielsetzung <strong>und</strong> Meilensteinen,<br />

Mittelvergabe <strong>und</strong> -verwaltung, Dokumentation <strong>und</strong> Kommunikation)<br />

• Wissenstransfer & Öffentlichkeitsarbeit (Organisation von Konferenzen,<br />

Seminaren, Symposien <strong>und</strong> Workshops, Entwicklung <strong>und</strong> Durchführung von<br />

Schulungen <strong>und</strong> Trainingsprogrammen, Aufbereitung <strong>und</strong> Publikation von Wissen,<br />

Messebeteiligung <strong>und</strong> Delegationsreisen)<br />

Anschrift<br />

<strong>GIQS</strong> e.V.<br />

c/o ITW,<br />

Präventives <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>management<br />

Katzenburgweg 7 - 9<br />

53115 Bonn<br />

Kontakt:<br />

Dr. Martin Hamer, Geschäftsführer<br />

Tel.: 0228 - 73 1950<br />

Email: m.hamer@giqs.org<br />

Dr. Adriane Mack<br />

Tel.: 0228 - 73 2820<br />

Email: a.mack@giqs.org<br />

Dr. Martin Hamer<br />

Dr. Adriane Mack<br />

302


Deutscher Raiffeisenverband e.V.<br />

Der Deutsche Raiffeisenverband e.V. (DRV) wurde am 18. November 1948 in Wiesbaden für<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland neu gegründet. Der DRV vertritt als Dachverband Interessen<br />

seiner Mitglieder, den genossenschaftlich organisierten Unternehmen der deutschen<br />

Agrar- <strong>und</strong> Ernährungswirtschaft, gegenüber Regierung, Parlament, Verwaltung, Verbänden<br />

sowie der Öffentlichkeit auf nationaler <strong>und</strong> internationaler Ebene. Er ist der organisatorische<br />

Zusammenschluss von insgesamt 2.675 Raiffeisen-Genossenschaften in Deutschland, die<br />

überwiegend in der Erfassung, Verarbeitung <strong>und</strong> Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse<br />

tätig sind. Der Verband hat Standorte in Berlin, Bonn sowie ein Verbindungsbüro in<br />

Brüssel.<br />

Als wichtiges Glied der Wertschöpfungskette Lebensmittel erzielen die rd. 2.675 DRV-<br />

Mitgliedsunternehmen im Agrarhandel <strong>und</strong> in der Verarbeitung von Agrarerzeugnissen mit<br />

rd. 100.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 38,4 Mrd. Euro. Landwirte, Gärtner <strong>und</strong> Winzer<br />

sind die Mitglieder <strong>und</strong> damit Eigentümer der Genossenschaften.<br />

Anschrift:<br />

Deutscher Raiffeisenverband e.V.<br />

Pariser Platz 3<br />

10117 Berlin<br />

Kontakt:<br />

Manfred Nüssel, Präsident<br />

Tel.: 030 - 856214-500<br />

Email: johannsohn@drv.raiffeisen.de<br />

Manfred Nüssel<br />

303


Erzeugergemeinschaft für Qualitätsferkel<br />

im Raum Osnabrück eG<br />

Die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsferkel im Raum Osnabrück eG (EGF) wurde 1974<br />

gegründet <strong>und</strong> stellt seitdem die Gr<strong>und</strong>lage für das geschlossene System der Schweineproduktion<br />

im EGO-Verb<strong>und</strong>. R<strong>und</strong> 170 Betriebe im Osnabrücker Land erzeugen jährlich etwa<br />

520.000 Ferkel nach einheitlichen Qualitätsrichtlinien.<br />

Die Schwerpunkte der Unternehmensstrategie liegen auf:<br />

• dem flächendeckendem Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement,<br />

• einer umfassenden produktionstechnischen Beratung sowie<br />

• der einheitlichen Beschaffung von Zuchttieren <strong>und</strong> Futter.<br />

Das Unternehmen beteiligt sich außerdem an unternehmensübergreifenden Initiativen<br />

in der Entwicklung eines Deutschen Standards in der Erhebung von Tierges<strong>und</strong>heitsdaten<br />

bei Ferkeln sowie in der Verbesserung des Qualitätsmanagements in regionalen Fleisch<br />

erzeugenden Ketten.<br />

Anschrift:<br />

Erzeugergemeinschaft für<br />

Qualitätsferkel im Raum Osnabrück eG<br />

Harderbergerweg 18<br />

49124 Georgsmarienhütte<br />

Kontakte:<br />

Rudolf Festag, Geschäftsführer<br />

Tel: 05401 - 82 00 0<br />

Email: info@eichenhof.net<br />

H.-W.Speckmann<br />

Tel: 05401 - 82 00 59<br />

Email: heinrich.speckmann@eichenhof.net<br />

Rudolf Festag,<br />

Geschäftsführer<br />

Heinrich Speckmann<br />

304


Raiffeisen-Viehvermarktung<br />

Ganderkesee-Wildeshausen eG<br />

Schwerpunkte der Tätigkeit:<br />

• Kompetente Beratung in der Tierhaltung, Tierzucht <strong>und</strong> Vermarktung,<br />

• Unabhängige <strong>und</strong> interessensorientierte Dienstleistung in der Veredelungswirtschaft,<br />

• Leistungsstark in allen Bereichen der genossenschaftlichen Viehvermarktung <strong>und</strong> im<br />

Tiertransport.<br />

Anschrift:<br />

Raiffeisen-Viehvermarktung<br />

Ganderkesee-Wildeshausen eG<br />

Westtangente 11<br />

27777 Ganderkesee<br />

Kontakt:<br />

Josef Wigger, Geschäftsführer<br />

Tel.: 04222 - 93270<br />

Fax: 04222 - 932730<br />

Email: j.wigger@rvvg-ganderkesee.de<br />

Josef Wigger<br />

305


Raiffeisen<br />

Viehvermarktung GmbH & Co. KG<br />

Die RVG ist ein mittelständisches Viehvermarktungsunternehmen mit Sitz im Münsterland.<br />

Mit einem Jahresumsatz von über 300 Mio. Euro gehört die Gesellschaft zu den führenden<br />

Viehvermarktern in Deutschland.<br />

Die Geschäftsbereiche erstrecken sich:<br />

• von der Erfassung <strong>und</strong><br />

• Vermarktung bis hin<br />

• zum Transport von Schlacht- <strong>und</strong> Nutzvieh der Gattungen Rind <strong>und</strong> Schwein.<br />

Darüber hinaus werden die Bereiche Zuchtgenetik sowie Fleischhandel über verschiedene<br />

Tochterunternehmen abgedeckt. Im Verb<strong>und</strong> werden somit alle Bereiche entlang der<br />

gesamten Wertschöpfungskette betreut.<br />

Anschrift:<br />

RVG - GmbH & Co. KG<br />

Raiffeisen Viehvermarktung GmbH & Co. KG<br />

Am Voßbach 1<br />

59320 Ennigerloh<br />

Kontakt<br />

Martin Wesselmann, Geschäftsführer<br />

Tel.: 02528 - 37770<br />

Email: M.Wesselmann@rvg-net.de<br />

Martin Wesselmann<br />

306


Hümmling eG<br />

Die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh Hümmling eG wurde 1982 im Rahmen des<br />

Marktstrukturgesetzes von 120 Landwirten im Raum Hümmling (nördliches Emsland)<br />

gegründet. Heute gehören dieser EZG 400 Landwirte an, mit einem Vermarktungsvolumen<br />

von 1.100.000 Tieren.<br />

Schwerpunkt der Tätigkeit:<br />

• Vermarktung <strong>und</strong> Transport von Schlachtschweinen <strong>und</strong> Ferkeln,<br />

• die Erzeugergemeinschaft übernimmt die Aufgabe des Bündlers im Rahmen von QS,<br />

• produktionstechnische Beratung der Mitglieder mit der Zielsetzung einer ständigen<br />

Qualitätsverbesserung in der Produktion <strong>und</strong> im Produkt.<br />

Anschrift:<br />

Erzeugergemeinschaft für<br />

Qualitätsvieh Hümmling eG<br />

Ziepelkamp<br />

26901 Lorup<br />

Kontakt:<br />

Bernd Terhalle<br />

Tel.: 05954 - 92400<br />

Fax: 05954 - 924027<br />

Email: berndterhalle@ewetel.net<br />

Bernd Terhalle<br />

307


Viehvermarktung<br />

Walsrode-Visselhoevede eG<br />

Die Viehvermarktung Walsrode-Visselhövede eG zählt zu den führenden Viehhandelsunternehmen<br />

im norddeutschen Raum mit Kerngebiet zwischen Hamburg, Bremen <strong>und</strong> Celle.<br />

Durch Fusion mehrerer örtlicher Genossenschaften ist ein leistungsfähiger Partner der<br />

Landwirtschaft entstanden. Ziel des genossenschaftlichen Handelns ist es, die optimalste<br />

Vermarktungslösung für alle Mitgliedsbetriebe <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en zu finden.<br />

Tätigkeitsschwerpunkte:<br />

Schlachtschweine:<br />

• betriebsindividuelle Vermarktung zu optimalen Konditionen<br />

• EDV gestützte Schlachtdatenauswertung zur Mast- <strong>und</strong> Vermarktungsoptimierung<br />

• Produktionsberatung<br />

Ferkel:<br />

• ges<strong>und</strong>e leistungsstarke homogene Ferkelpartien aus regionalen Herkünften, sowie<br />

• überprüfte Ferkel aus dänischen Herkünften<br />

• betriebsindividuelle Beratung zu Genetik <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Rindvieh:<br />

• perfektionierte Sortierung des Schlachtviehs nach Qualitäten zur Preisoptimierung<br />

• Lieferung der Qualitäten nach Individuellem Bedarf der einzelnen Schlachtstellen<br />

• ganzjährige Abnahme <strong>und</strong> Lieferung von Kälbern <strong>und</strong> Fressern aller Rassen<br />

Tiertransport:<br />

• tiergerechte moderne Fahrzeuge <strong>und</strong> termingenaue Logistik<br />

• zuverlässige, fre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> motivierte Mitarbeiter<br />

QS-Bündelung<br />

Anschrift:<br />

Viehvermarktung Walsrode-Visselhövede eG<br />

Benzen 55<br />

29664 Walsrode<br />

Kontakt:<br />

Wilhelm Behrens, Geschäftsführer<br />

Tel.: 05161 - 983030<br />

Email: w.behrens@vvwalsrode-vissel.de<br />

308<br />

Wilhelm Behrens


ZNVG e.G. - Vermarktungsgemeinschaft<br />

für Zucht- <strong>und</strong> Nutzvieh<br />

Die Vermarktungsgemeinschaft für Zucht- <strong>und</strong> Nutzvieh ZNVG e.G. hat zurzeit 1030<br />

Mitglieder. Sie ist Dienstleister für die qualitätsorientierte Vermarktung in der integrierten<br />

Produktionskette beim Schwein. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, ist sie an<br />

landwirtschaftlichen Betrieben <strong>und</strong> Besamungsstationen beteiligt.<br />

Schwerpunkte:<br />

• Vermarktung von PORKUSS Zuchttieren aus der Vor-Ort Vermehrung in Kooperation<br />

mit DanZucht als international führende Zuchtorganisation;<br />

• Vermarktung von genetisch homogenen <strong>und</strong> großen Mastferkelpartien aus<br />

modernen Erzeugerbetrieben in Norddeutschland <strong>und</strong> Dänemark;<br />

• Basislieferant des Gutfleisch Programms der EDEKA Nord, dem starken Partner<br />

im Markt, mit Absatzsicherheit <strong>und</strong> transparenter Verbraucherdokumentation;<br />

• Breite Absatzschiene für Schlachtrinder bei gesichertem Bezug der Kälber <strong>und</strong><br />

Fresser;<br />

• Dienstleistung im Rahmen von online Schlachtauswertungen,<br />

Tierges<strong>und</strong>heitsmanagementsystem mit eigenem Tierarzt <strong>und</strong> fachlicher Beratung<br />

vor Ort.<br />

Anschrift:<br />

ZNVG e.G.<br />

Rendsburger Str. 178<br />

24537 Neumünster<br />

Kontakt:<br />

Dr. Achim Münster<br />

Tel.: 04321 - 9936 0<br />

Email: muenster@znvg.de<br />

Dr. Achim Münster<br />

309


MSE - Mitteldeutsche Schlachtvieherzeugergemeinschaft<br />

Altenburg w.V.<br />

Die MSE hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1992 <strong>und</strong> der Verleihung der Rechtsfähigkeit<br />

durch das Thüringer Innenministerium <strong>und</strong> der Anerkennung als Erzeugergemeinschaft<br />

nach dem Marktstrukturgesetz durch den Thüringer Landwirtschaftsminister Dr. Volker<br />

Sklenar als stabile Erzeugerorganisation für ihre Mitglieder am Markt etabliert. Ihr gehören<br />

derzeit 60 Mitgliedsbetriebe aus Thüringen <strong>und</strong> Sachsen an, die vorwiegend Mastschweine,<br />

Mastbullen <strong>und</strong> Schlachtkühe produzieren.<br />

• Im Focus steht das Bemühen interessante Marktsegmente zu erschließen, die auch<br />

dem Landwirt einen gerechteren Teil an der Wertschöpfung in der Kette zugestehen.<br />

• Durch die MSE wurden in den letzten Jahren verschiedene Entwicklungen vorangetrieben<br />

die sich positiv auf das Vermarktungsergebnis <strong>und</strong> die Qualität der<br />

vermarkteten Produkte auswirken.<br />

• Mit der Unterstützung von Entwicklungen zur Verbesserung der Produktion <strong>und</strong><br />

Vermarktung sichert die Erzeugergemeinschaft Ihren Mitgliedern die langfristige<br />

Existenz am Markt.<br />

Die Teilnahme am QS-System ist die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für die erfolgreiche Bedienung<br />

spezieller Qualitätsfleischprogramme mit aufgesattelten Qualitätsanforderungen entsprechend<br />

den unterschiedlichen K<strong>und</strong>enwünschen.<br />

Anschrift:<br />

MSE - Mitteldeutsche Schlachtvieherzeugergemeinschaft<br />

Altenburg w.V.<br />

Remsaer Straße 14-17<br />

04600 Altenburg<br />

Kontakt:<br />

Matthias Otto<br />

Tel.: 03447 - 510833 15<br />

Email: motto@msewv.de<br />

Matthias Otto<br />

310


Stader Saatzucht eG<br />

Die STADER SAATZUCHT eG gehört zu den großen Warengenossenschaften im Gebiet des<br />

Genossenschaftsverbandes e.V. Sie ist mit über 30 Geschäftsstellen in den Landkreisen<br />

Stade, Rotenburg, Cuxhaven, Harburg <strong>und</strong> Soltau-Fallingbostel vertreten. Das Unternehmen<br />

beschäftigt über 350 Mitarbeiter. Heute wird die Genossenschaft von über 3.000 Mitgliedern<br />

getragen. Seit ihrer Gründung 1918 hat die STADER SAATZUCHT eG mit zahlreichen anderen<br />

Genossenschaften fusioniert <strong>und</strong> so ihre Geschäftsfeld kontinuierlich erweitert.<br />

Schwerpunkte sind heute:<br />

• das traditionelle landwirtschaftliche Geschäft<br />

• Viehgeschäft<br />

• Betrieb zahlreicher Haus- <strong>und</strong> Gartenmärkte<br />

• Baustoffstandorte sowie<br />

• Vertrieb von Heizöl- <strong>und</strong> Diesel.<br />

Ein weiteres wichtiges Standbein bildet die Kartoffelzüchtung über die Böhm-Nordkartoffel<br />

Agrarproduktion OHG, die zusammen mit drei weiteren Partnern fast die Hälfte des<br />

deutschen Pflanzkartoffelmarktes abdeckt.<br />

Anschrift:<br />

Stader Saatzucht eG<br />

Wiesenstr. 8<br />

21680 Stade<br />

Kontakt<br />

Cord Wilkens<br />

Tel.: 04141 - 400646 oder 0171 6345798<br />

Fax: 04141 - 400614<br />

Email: c.wilkens@stader-saatzucht.de<br />

Abteilung Viehvermarktung:<br />

Kay-Louis Ellerbrock<br />

Tel.: 04761 - 984351<br />

Email: k.ellerbrock@stader-saatzucht.de<br />

Cord Wilkens<br />

Kay-Louis Ellerbrock<br />

311


Erzeugergemeinschaft für<br />

Qualitätstiere Syke-Bassum eG<br />

Genossenschaftliches Viehhandelsunternehmen im norddeutschen Raum als zuverlässiger<br />

Handels- <strong>und</strong> Dienstleistungspartner für die landwirtschaftlichen Veredelungsbetriebe.<br />

Schwerpunkte:<br />

Kompetenz in der Vermarktung<br />

• individuelle Schlachtviehvermarktung<br />

• mit vollständiger Überwachung der Schlachtungen<br />

• langfristige Nutzviehvermarktung<br />

Sicheres Tiermaterial<br />

• beste deutsche Ferkelpartien<br />

• erprobte <strong>und</strong> sichere DK-Ferkelherkünfte<br />

• <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>beratung<br />

Der Weg ins QS-System<br />

• als anerkannter Systemteilnehmer begleiten wir die Betriebe ins System<br />

Tiertransporte mit eigenem QS-anerkannten Fuhrpark<br />

• fre<strong>und</strong>liches <strong>und</strong> geschultes Verladepersonal<br />

• moderne <strong>und</strong> stets gepflegte Transportfahrzeuge<br />

• pünktliche <strong>und</strong> zuverlässige Disposition<br />

Preissicherheit beim Schlachtschweineverkauf<br />

• wir sichern für Sie auf Wunsch die Preise an der Warenterminbörse EUREX ab<br />

Anschrift:<br />

Erzeugergemeinschaft für Qualitätstiere<br />

Syke-Bassum eG<br />

Siemensstraße 5<br />

28857 Syke<br />

Kontakt:<br />

Rudolf Diegruber, Geschäftsführer<br />

Tel: 04242 - 958512<br />

Email: rdiegruber@efq-syke.de<br />

Bernd Holthus, Prokurist<br />

Tel: 04242 - 958520<br />

Email: bholthus@efq-syke.de<br />

312<br />

Bernd Holthus<br />

Rudolf Diegruber


Viehzentrale Südwest GmbH<br />

Die Viehzentrale Südwest GmbH ist ein Tochterunternehmen der Vieherzeuger-Gemeinschaft<br />

e.G. – einer Genossenschaft mit ca. 2.300 Mitgliedern -, welche 79,5% am Stammkapital<br />

der VZ hält. Weitere Anteilseigner sind die Zuchtschweine-Erzeugergemeinschaft<br />

Baden-Württemberg w.V. <strong>und</strong> die Rinderunion Baden-Württemberg e.V. Die VZ ist an zwei<br />

weiteren Vermarktungsunternehmen, der NVG-bovex GmbH (NVG) <strong>und</strong> der KälberKontor<br />

Süd GmbH (KKS) zu je 50% beteiligt. Die VZ erwirtschaftet mit 210 Mitarbeitern einen<br />

Umsatz von über 400 Mio. € <strong>und</strong> vermarktet in den Bereichen Rinder, Schweine, Schafe<br />

insgesamt 3.087.000 Tiere.<br />

Der Auftrag der VZ:<br />

• Vermarktung <strong>und</strong> Vermittlung von Zucht-, Nutz- <strong>und</strong> Schlachttieren<br />

• Unterstützung der tierhaltenden Betriebe in Bezug auf Produktion <strong>und</strong> Vermarktung<br />

• Logistik <strong>und</strong><br />

• Finanzierung.<br />

Anschrift:<br />

Viehzentrale Südwest GmbH<br />

- Projektentwicklung -<br />

Viehhofstraße 10<br />

70188 Stuttgart<br />

Kontakt:<br />

Bernd Kollmer<br />

Tel.: 0711 - 4603 256<br />

Fax: 0711 - 4603 156<br />

Email: b.kollmer@vz-gmbh.de<br />

Bernd Kollmer<br />

313


Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh im<br />

Oldenburger Münsterland eG<br />

Es handelt sich bei der Erzeugergemeinschaft um eine genossenschaftliche Organisation<br />

zur Vermarktung von Nutz- <strong>und</strong> Schlachtvieh im Oldenburger Münsterland mit circa 500<br />

Mitgliedern:<br />

Schwerpunkte der Tätigkeit:<br />

• Vermarktung von Schlachtvieh (Schweine + Rinder) <strong>und</strong> Nutzvieh<br />

(Ferkel, Fresser, Kälber)<br />

• Transport in eigenem Fuhrpark mit geschultem Personal<br />

• Beratung der Mitgliedsbetriebe in produktionstechnischen <strong>und</strong> Marktfragen, sowie<br />

in Fragen der Qualitätssicherung<br />

• Förderung der Junglandwirte<br />

• Strategische Kooperation mit anderen Erzeugergemeinschaften zur besseren<br />

Ausrichtung im Markt <strong>und</strong> deren Koordinierung<br />

Anschrift:<br />

Erzeugergemeinschaft für Qualitätsvieh<br />

im Oldenburger Münsterland eG<br />

Westerbakumer Str. 2<br />

49456 Bakum<br />

Kontakt:<br />

Heinrich Krieger, Geschäftsführer<br />

Tel.: 04446- 96860<br />

Email: info@eg-im-om.de<br />

Heinrich Krieger<br />

314


NVG-bovex GmbH<br />

Die NVG-bovex GmbH ist als Tochter der Viehvermarktungsgenossenschaft Nordbayern eG<br />

<strong>und</strong> der Viehzentrale Südwest GmbH ein an den genossenschaftlichen Gr<strong>und</strong>sätzen ausgerichtetes<br />

Vermarktungsunternehmen. Die NVG-bovex GmbH wird von Landwirten getragen<br />

Sie vertritt deren Interessen im Bereich der Nutz- <strong>und</strong> Schlachttiervermarktung am Markt.<br />

Das Unternehmen ist seit 2006 für die Angebotsbündelung im Raum Nordbayern zuständig.<br />

Die NVG erwirtschaftet mit 20 Mitarbeitern einen Umsatz von über 75 Mio. EURO <strong>und</strong><br />

vermarktet in den Bereichen Rinder, Schweine, Schafe insgesamt über 330.000 Tiere.<br />

Der Auftrag der NVG:<br />

• Vermarktung <strong>und</strong> Vermittlung von Zucht-, Nutz- <strong>und</strong> Schlachttieren<br />

• Unterstützung der tierhaltenden Betriebe in Bezug auf Produktion <strong>und</strong> Vermarktung<br />

• Logistik<br />

Anschrift:<br />

NVG-bovex GmbH<br />

Viehhofstraße 10<br />

70188 Stuttgart<br />

Kontakt:<br />

Bernd Kollmer<br />

Tel.: 0711 - 4603 256<br />

Fax: 0711 - 4603 156<br />

Email: b.kollmer@nvg-bovex.de<br />

Bernd Kollmer<br />

315


Mitteldeutsche Agentur<br />

für Informationsservice GmbH<br />

Inhaltliche Schwerpunkte der Tätigkeit:<br />

• Produktionsstufen übergreifende, internetbasierte Software für<br />

Produktionskontrolle, Qualitäts- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> in der Land- <strong>und</strong><br />

Ernährungswirtschaft (u.a. Tierges<strong>und</strong>heitsmanagement, Rückverfolgbarkeit,<br />

Schlachtdatenauswertung, Zucht <strong>und</strong> Mastmanagement, QS-Bündlerdatenbank)<br />

• Managementsysteme (u.a. Warenwirtschaft/Viehabrechnung,<br />

Disposition/Tourenplanung, Preismaskenkalkulation)<br />

• Internetpräsentationen<br />

• Informationsservice<br />

Anschrift:<br />

Mitteldeutsche Agentur<br />

für Informationsservice GmbH<br />

Braunstr. 1a<br />

04347 Leipzig<br />

www.mais.de<br />

Kontakt:<br />

Dr. Knut Weigelt<br />

Ines Gröbe<br />

Tel.: 0341-2456600<br />

Fax: 0341-24566038<br />

Email: mais@mais.de<br />

Ines Gröbe<br />

Dr. Knut Weigelt<br />

316


RI-Solution GmbH<br />

Das IT-Dienstleistungsunternehmen RI-Solution wurde 2002 gegründet <strong>und</strong> erwirtschaftet<br />

einen Jahresumsatz von über 40 Millionen Euro. Zu ihren K<strong>und</strong>en zählen u.a. die BayWa<br />

AG, die RWA AG, die Viehzentrale Südwest GmbH, sowie die NVG-bovex GmbH.<br />

Das Unternehmen beschäftigt über 200 Mitarbeiter an den drei Standorten München,<br />

Auerbach <strong>und</strong> Wien. Durch die beiden Tochtergesellschaften RI-Solution Data GmbH <strong>und</strong><br />

RI-Solution Service GmbH werden professionelle IT-Anwendungen für 10.000 Anwender an<br />

900 Standorten europaweit betreut.<br />

Der Leistungsumfang der RI-Solution reicht von der Prozessanalyse über Machbarkeitsstudien<br />

bis hin zur Projektierung, Implementierung, Installation <strong>und</strong> dem laufenden Betrieb<br />

von unterschiedlichsten Anwendungslösungen.<br />

Anschrift:<br />

RI-Solution GmbH<br />

Gesellschaft für Retail-Informationssysteme,<br />

Services <strong>und</strong> Lösungen mbH<br />

eBusiness & eCRM<br />

Arabellastrasse 4<br />

81925 München<br />

Kontakt:<br />

Helmut Baumann<br />

Tel.: 089 - 92 22 33 54<br />

Fax : 089 - 92 12 33 54<br />

Email: helmut.baumann@ri-solution.com<br />

Helmut Baumann<br />

317


TIS GmbH<br />

Die TIS GmbH mit Sitz in Bocholt hat sich auf Lösungen für das mobile Auftragsmanagement<br />

konzentriert <strong>und</strong> beschäftigt gegenwärtig r<strong>und</strong> 40 Mitarbeiter. TIS steht für „Technische<br />

Informationssysteme“ <strong>und</strong> wurde vor r<strong>und</strong> 25 Jahren von Josef Bielefeld gegründet.<br />

Basierend auf Industrie-PDAs mit Windows-CE-Betriebssystemen hat TIS unter der Marke<br />

PSV3 diverse Lösungen für Transport <strong>und</strong> Logistik (PSV3-TL) mit den Schwerpunkten<br />

Sammelgutlogistik <strong>und</strong> Ladungsverkehr entwickelt. PSV3 steht für „Professionelle Systeme<br />

zum Verfolgen, Verarbeiten <strong>und</strong> Validieren von Auftragsdaten, 3. Generation“. PSV3-TL gibt<br />

es darüber hinaus in Spezialversionen für Gas- <strong>und</strong> Flüssigkeitstransporte (PSV3-GFL) sowie<br />

die Entsorgungslogistik (PSV3-ESL).<br />

Sämtliche Wartungs- <strong>und</strong> Reparaturarbeiten führt TIS im eigenen Reparaturzentrum in<br />

Bocholt durch. Als Alleinstellung bietet das Unternehmen einen 48- oder sogar 24-St<strong>und</strong>en-<br />

Service an.<br />

Die innovativen Fahrercomputer werden im Transportbereich bislang vor allem von<br />

Sammelgutkooperationen wie CargoLine, System Alliance <strong>und</strong> 24plus Systemverkehre<br />

sowie von Firmen wie Ansorge, Stute, Schenker, Camion Transport, Gebrüder Weiss <strong>und</strong><br />

Transgas eingesetzt.<br />

Anschrift:<br />

TIS GmbH<br />

Barloer Weg 188-190<br />

46397 Bocholt<br />

www.tis-gmbh.de<br />

Kontakt:<br />

Bernd Schmitz<br />

Tel.: 02871 - 2722-0<br />

Fax: 02871 - 2722-99<br />

Email: b.schmitz@tis-gmbh.de<br />

Bernd Schmitz<br />

318


Modus Consult AG<br />

Die ostwest fä li sche Soft ware haus MODUS Consult AG ist seit über 15 Jahren als Systemhaus<br />

<strong>und</strong> leis tungs fä hi ger Anbie ter von inte grier ten IT-Lösun gen am Markt tätig. MODUS<br />

gehört zu den TOP-Part nern von Micro soft im Umfeld der Busi ness-Soft ware Micro soft<br />

Dyna mics. Neben dem klas si schen Projekt ge schäft entwickelt das Unternehmen effi zi ente<br />

Lösun gen für einzelne Bran chen.<br />

Mittlerweile setzen r<strong>und</strong> 1.​000 K<strong>und</strong>en un ter neh men aus über 60 Bran chen die IT-<br />

Komplett lö sung von MODUS Consult auf Basis von Micro soft Dyna mics erfolg reich ein.<br />

Vorran gig bedie nen die Bran chen spe zia lis ten aus Güters loh die Indus trie zweige Auto mo tive,<br />

Bauin dus trie, Ferti gung, Handel, Holz- <strong>und</strong> Möbe l in dus trie sowie Maschi nen- <strong>und</strong> Anla genbau<br />

mit zukunfts wei sen den ERP-Lösun gen.<br />

Anschrift:<br />

MODUS Consult AG<br />

James-Watt-Straße 6<br />

D-33334 Güters loh<br />

www.modusconsult.de<br />

Kontakt:<br />

Martin Schildmacher<br />

Tel: 05241 - 92 17 10<br />

Fax: 05241 - 92 17 400<br />

Email: contact@modusconsult.de<br />

Klaus<br />

Wagner<br />

Gerd<br />

Elbrächter<br />

Martin<br />

Schildmacher<br />

319


C-Informationssysteme GmbH<br />

Seit 1990 steht die C-Informationssysteme GmbH aus Wurzen für effiziente Standard-<br />

Software-Lösungen in der Logistikbranche. Ihre Stärke ist es, Arbeitsprozesse <strong>und</strong> Verwaltungsaufgaben<br />

sinnvoll zu automatisieren <strong>und</strong> an individuelle K<strong>und</strong>enbedürfnisse<br />

anzupassen. Davon profitieren bereits viele mittelständische Transportunternehmen <strong>und</strong><br />

Speditionen sowie internationale Logistik-Dienstleister aus den unterschiedlichen Bereichen.<br />

Software-Module <strong>und</strong> Zusatzprogramme werden in Zusammenarbeit mit den Anwendern,<br />

Technologiepartnern <strong>und</strong> Bildungsinstitutionen ständig weiterentwickelt <strong>und</strong> aktualisiert.<br />

Anschrift:<br />

C-Informationssysteme GmbH<br />

Schützstraße 4<br />

04808 Wurzen<br />

www.cis-wurzen.de<br />

Kontakt:<br />

Stefan Linge<br />

Tel: 03425 - 9026 - 0<br />

Fax: 03425 - 9026 - 49<br />

E-Mail: u.glauch@cis-wurzen.de<br />

Uwe Glauch<br />

320


Viehvermarkter werden künftig nur durch die konsequente Erfüllung aller Anforderungen<br />

seitens der Tierhalter, der Schlachtunternehmen, der Mitarbeiter, der Gesellschaft <strong>und</strong><br />

der Kapitalgeber in allen Unternehmensbereichen ihre Marktanteile sichern <strong>und</strong> ausbauen<br />

können. Mit den traditionellen Arbeitsfeldern alleine lässt sich die Breite der Anforderungen<br />

heute kaum noch erfüllen. Daher stellt sich vielen Viehvermarktungsorganisationen<br />

das Problem, wie sich neue Dienstleistungsangebote am Markt etablieren lassen.<br />

Diese in vielen Unternehmen noch offenen Probleme wurden in dem vom Deutschen<br />

Raiffeisenverband initiierten Verb<strong>und</strong>projekt AIDA „Allianzen für Informations- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungs-Agenturen“ angegangen. Ziel war es, mit maßgeschneiderten Lösungen<br />

für das Qualitäts-, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> <strong>Risikomanagement</strong> nicht nur eine zukunftsorientierte<br />

Viehvermarktung, sondern die Fleischwirtschaft in Deutschland insgesamt zu stärken.<br />

Ohne die Förderung aus Mitteln des B<strong>und</strong>esministeriums für Ernährung, Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz (BMELV) über die B<strong>und</strong>esanstalt für Landwirtschaft <strong>und</strong> Ernährung<br />

(BLE) wäre es nicht möglich gewesen, in kürzester Zeit 17 spezielle Lösungskonzepte<br />

für diesen Sektor zu entwickeln.<br />

Mit dem Verb<strong>und</strong>projekt AIDA konnten wesentliche Gr<strong>und</strong>steine neuer Geschäftsbereiche<br />

für Dienstleistungsagenturen gelegt werden, wie:<br />

• Die Voraussetzungen zur Gründung einer b<strong>und</strong>esweiten Tierges<strong>und</strong>heitsagentur zur<br />

Koordination von Audits <strong>und</strong> Laboruntersuchungen sowie die Zertifizierung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status<br />

von Tierbeständen.<br />

• Ein kooperatives Warenwirtschaftssystem verb<strong>und</strong>en mit für den Viehhandel typischen<br />

Kennzahlen, die erstmals ein aussagekräftiges monetäres Benchmarking erlauben.<br />

• Ein Konzept für ein konsistentes Informationssystem für die Bereiche Customer-<br />

Relationship-Management <strong>und</strong> ein auf Geodaten gestütztes Logistiksystem.<br />

In diesem Buch sind in der Praxis erprobte Lösungen, Erfahrungsberichte, Handlungsanleitungen<br />

<strong>und</strong> Umsetzungskonzepte zu finden. Alle Lösungen wurden gemeinsam mit<br />

Experten führender genossenschaftlicher Vermarktungsorganisationen entwickelt <strong>und</strong><br />

sorgen dort für eine rationelle, zeitnahe, umfassende sowie k<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> mitarbeiterorientierte<br />

Qualitätssicherung. Der Leser kann an realen Beispielen sehr gut nachvollziehen,<br />

wie die neuen Informations- <strong>und</strong> Beratungsdienstleistungen funktionieren. Wer<br />

an der Umsetzung im eigenen Unternehmen oder weiteren Erfahrungen interessiert ist,<br />

findet außerdem eine Übersicht aller Projektteilnehmer <strong>und</strong> Ansprechpartner.<br />

ISBN: 978–3–00–031973–0<br />

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