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Das Recht auf den Freitod. Zum Problem des ... - Theologie heute

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Bei <strong>den</strong> Selbstmordzahlen ist zu be<strong>den</strong>ken, dass die Dunkelziffer hier sehr hoch ist. Viele<br />

Selbstmorde wer<strong>den</strong> nicht registriert, viele wer<strong>den</strong> verheimlicht, viele wer<strong>den</strong> als solche nicht<br />

erkannt. Möglicherweise übersteigt die Zahl der verheimlichten Suizide die der bekannt gewor<strong>den</strong>en<br />

um ein Vielfaches. Nicht wenige ungeklärte Fälle von Suizi<strong>den</strong> gibt es zudem im<br />

Zusammenhang mit dem Konsum von Rauschgift. Eine größere Zahl von Selbstmor<strong>den</strong> dürfte<br />

sich <strong>heute</strong> auch hinter Verkehrsunfällen verbergen 23 .<br />

Zu <strong>den</strong> Selbstmor<strong>den</strong> kommen die Selbstmordversuche, die gewissermaßen die Selbstmorde<br />

kommentieren. Sie dürften die Zahl der „geglückten“ Selbstmorde um das Fünfzehnfache 24<br />

übersteigen oder wenigstens um das Achtfache 25 .<br />

Émile Durkheim (+ 1917) hat in seiner 1897 veröffentlichen Monographie „Der Selbstmord“<br />

26 , einer ersten wissenschaftlich-soziologischen Studie über <strong>den</strong> Selbstmord, festgestellt,<br />

die Zahl der Selbstmorde sei „umgekehrt proportional ... zum Integrationsgrad in die<br />

soziale Gruppe, zu der die einzelnen Individuen“ 27 gehörten, und er hat unterschie<strong>den</strong> zwischen<br />

dem egoistischen, dem anomistischen und dem altruistischen Selbstmörder. Er erklärt,<br />

wenn die Integration die Gesellschaft sehr schwach sei, dann sei eher <strong>auf</strong> <strong>den</strong> egoistischen<br />

Typ zu schließen, wenn sie jedoch übermäßig stark sei, dann steige die Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>des</strong> Selbstmords nach dem altruistischen Typ. Er erinnert hier etwa an <strong>den</strong> heiligen Krieg der<br />

Moslems. Den anomistischen Selbstmörder ordnet Durkheim unruhigen Zeiten wirtschaftlicher<br />

Krisen oder plötzlichen wirtschaftlichen Aufstiegs zu. In solchen Zeiten gibt es nämlich,<br />

wie Durkheim feststellt, eine hohe Fluktuation im Beschäftigungsbereich, erfolgen viele Zuzüge<br />

und viele Wegzüge und wächst die Spannung zwischen Erwartungen und realen Möglichkeiten,<br />

womit immer, so Durkheim, eine Abschwächung der Normen, wenn nicht gar ein<br />

Verlust der Normen, verbun<strong>den</strong> ist 28 .<br />

Ein wesentliches Element <strong>des</strong> Selbstmor<strong>des</strong> ist in allen Fällen die vorausgehende Vereinsamung<br />

<strong>des</strong> Suizidanten, die ihn in innere Konflikte führt, seine mangelhafte Integration in die<br />

22 G. Siegmund, Sein oder Nichtsein. Die Frage <strong>des</strong> Selbstmor<strong>des</strong>, Trier 2 1970, 203 – 205. 225 f.<br />

23 Vgl. V. Lenzen, Selbsttötung – das selbstverfügte Lebensende, in: Lebendiges Zeugnis Heft 4, 1986, 65.<br />

24 G. Tesak-Gutmannsbauer, Der „Wille zum Sinn“. <strong>Das</strong> Wahre, Gute und Schöne bei Albert Camus Hamburg<br />

1993, 5.<br />

25 H. Valks, Neue Erkenntnisse um das <strong>Problem</strong> <strong>des</strong> Selbstmor<strong>des</strong> in: Anzeiger für die katholische Geistlichkeit<br />

77, 1968, 90.<br />

26 É. Durkheim, Der Selbstmord (Aus dem Französischen), Frankfurt 1 1983, 2 1987, 3 1990, 4 1993, 5 1995.<br />

27 Ebd., 184; vgl. auch Ch. Duquoc, G. Geffré Verzweiflung als Angstsymptom, in: Conc 6, 1970, 670.

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