Medizinische Aspekte zum Lawinenunfall
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Diagnostisch sollte routinemäßig ein Monitoring der Kerntemperatur tympanal (oder<br />
ösophageal durch den Notarzt) durchgeführt werden. Obwohl man bei der tympanalen<br />
Messung in Erwägung ziehen muss, dass sie zu tiefe Werte anzeigen kann,<br />
gibt sie Hinweise auf den Temperaturverlauf während des Transportes. Auch zur<br />
Durchführung der Triage (s. unten) durch den Notarzt kann die tympanale Messung<br />
herangezogen werden, da sich ein eventuell zu tief gemessener Wert für den Patienten<br />
nicht nachteilig auswirkt.<br />
So früh wie möglich sollte das EKG monitorisiert werden, um provozierte Arrhythmien<br />
und Kammerflimmern beim Ausgraben und Umlagern frühzeitig zu erkennen.<br />
Ab 35 Minuten Verschüttungsdauer: bewegungsarme Bergung und Lagerung,<br />
Herstellen windstiller Verhältnisse, Isolation.<br />
Einem wachen Patienten mit erhaltenem Schluckreflex (Stadium I, II) können heiße,<br />
süße Getränke (ohne Alkohol) verabreicht und die nassen Kleider bewegungsarm<br />
(durch Aufschneiden) gewechselt werden. Die Indikation zur Intubation eines bewusstlosen,<br />
hypothermen Patienten (Stadium III) kann großzügig gestellt werden, da<br />
sich die Gefahr des Kammerflimmerns in zahlreichen Studien als unbedeutend erwiesen<br />
hat (Tab. 2).<br />
1. Monitoring der Kerntemperatur<br />
2. EKG-Monitoring<br />
3. Sauerstoffgabe<br />
4. Intubation<br />
Tabelle 2: Standardmaßnahmen beim bewusstlosen, hypothermen Lawinenopfer.<br />
Die Gabe von Sauerstoff ist notwendig, da sich das unterkühlte Lawinenopfer<br />
zusätzlich in einem asphyktischen Zustand (Hypoxie und Hyperkapnie) befindet und<br />
eine ausreichende Oxygenierung einen effizienten Schutz gegen weiteres Abkühlen<br />
darstellt.<br />
Die Verabreichung von Notfallmedikamenten wird im Hypothermiestadium III-IV<br />
aufgrund der Gefahr der Auslösung von Rhythmusstörung nicht empfohlen. Im Stadium<br />
I-II können ACLS Medikamente verabreicht werden, jedoch in längeren Abständen<br />
als bei Patienten mit normaler Körpertemperatur. Eine Infusionstherapie ist<br />
nicht zwingend erforderlich. Besteht ein intravenöser Zugang, wird als Volumen NaCl<br />
0,9% mit Glucose 5% empfohlen, Ringerlaktat soll vermieden werden, da Laktat bei<br />
Hypothermie schlecht abgebaut wird.<br />
Am Unfallort kann auf das Legen eines peripheren intravenösen Katheters<br />
dann verzichtet werden, wenn der Zugang aufgrund der Zentralisation des<br />
Kreislaufs erschwert oder mit Zeitverlust verbunden ist.<br />
Brugger H. <strong>Medizinische</strong> <strong>Aspekte</strong> <strong>zum</strong> <strong>Lawinenunfall</strong> © 2003. Alle Rechte vorbehalten