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Hegel und die axiomatische Methode - des Geistes

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Joshua Mendelsohn 1<br />

<strong>Hegel</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lagen zur <strong>axiomatische</strong>n Spekulation<br />

von Joshua Mendelsohn


Joshua Mendelsohn 2<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung..................................................................................................................................................2<br />

1 Die <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong>......................................................................................................................3<br />

1.1 Warum geht man axiomatisch vor?.................................................................................................3<br />

1.2 Definition <strong>und</strong> wissenschaftliche Bedeutung der <strong>Methode</strong>.............................................................3<br />

1.3 Philosophische Aspekte der Axiomatik...........................................................................................5<br />

1.4 Beziehung der Axiomatik zur formalen Logik................................................................................6<br />

1.5 Die Formalisierung..........................................................................................................................6<br />

1.6 Die Forderungen an <strong>axiomatische</strong> Systeme....................................................................................8<br />

1.6.1 Widerspruchsfreiheit................................................................................................................8<br />

1.6.2 Vollständigkeit.........................................................................................................................8<br />

1.7 Axiomatisierbarkeit.........................................................................................................................9<br />

2 Die Ablehnung der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> im Kontext der spekulativen Philosophie......................10<br />

2.1 Historischer Hintergr<strong>und</strong> der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie.................................................................11<br />

2.2 Der Umfang der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie.....................................................................................12<br />

2.2.1 Das Problem <strong>des</strong> Anfangs der Philosophie............................................................................12<br />

2.2.2 Der Gegenstand der Wissenschaft der Logik.........................................................................15<br />

2.2.3 Allumfassende Systeme <strong>und</strong> Unvollständigkeit....................................................................16<br />

2.3 <strong>Hegel</strong>s Unterscheidung der Vernunft <strong>und</strong> <strong>des</strong> Verstands...............................................................17<br />

2.3.1 Dynamische Wahrheit <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>annahmen.........................................................................18<br />

2.3.2 Der Widerspruch als Werkzeug der Vernunft........................................................................19<br />

2.4 Die Idee <strong>des</strong> Wahren......................................................................................................................20<br />

2.4.1 Das analytische Erkennen......................................................................................................21<br />

2.4.2 Das synthetische Erkennen....................................................................................................22<br />

3 Weitere Möglichkeiten für eine formale spekulative Philosophie........................................................24<br />

3.1 Parakonsistente Logik...................................................................................................................24<br />

3.2 Mehrwertige Logik........................................................................................................................25<br />

3.3 Experimentelle Logik....................................................................................................................26<br />

4 Schlusswort...........................................................................................................................................28<br />

5 Literaturverzeichnis...............................................................................................................................30


Joshua Mendelsohn 3<br />

Einleitung<br />

„Ein Philosophieren ohne System“, behauptet <strong>Hegel</strong> in der Einleitung seiner Enzyklopä<strong>die</strong>, „kann nichts<br />

Wissenschaftliches sein“ (Enzyklopä<strong>die</strong> der philosophischen Wissenschaften, Band I, S. 59f). <strong>Hegel</strong>s<br />

Ansatz gilt als einer der systematischsten Versuche philosophischen Denkens aller Zeiten. Was aber<br />

heutzutage als <strong>die</strong> bezeichnende Eigenschaft systematischen Denkens in der Wissenschaft gilt, eine<br />

<strong>axiomatische</strong> Gr<strong>und</strong>lage also <strong>und</strong> <strong>die</strong> entsprechende Vorgehensweise, lehnt <strong>Hegel</strong> in seiner Philosophie<br />

ab. Der Gr<strong>und</strong> dafür kann nicht sein, dass <strong>Hegel</strong> eine solche <strong>Methode</strong> bloß unbekannt war, da Euklid<br />

schon vor dem 3. Jahrh<strong>und</strong>ert v. Christus in seinem Werk Elemente <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong><br />

dargestellt hat, <strong>und</strong> <strong>Hegel</strong> seine Vertrautheit mit der Euklidischen Geometrien in seinem Werk<br />

Wissenschaft der Logik unter Beweis stellt (vgl. Wissenschaft der Logik II, S. 528). Die Ablehnung<br />

lässt sich auch nicht dadurch begründen, dass <strong>die</strong>se <strong>Methode</strong> zur Zeit <strong>Hegel</strong>s lediglich in der Geometrie<br />

<strong>und</strong> der Mathematik, aber nicht in der Philosophie, angewandt wurde, da <strong>die</strong>selbe <strong>Methode</strong> schon<br />

Berühmtheit in der Philosophie Spinozas, der <strong>die</strong> Euklidische Darstellungsweise in seinen<br />

philosophischen Untersuchungen nachahmte, erlangt hatte. Auch <strong>Hegel</strong>s Zeitgenossen waren der<br />

Meinung, dass sich <strong>die</strong>se <strong>Methode</strong> für <strong>die</strong> Philosophie eignete. Schelling zum Beispiel imitierte<br />

Spinozas <strong>axiomatische</strong>s Darstellungsverfahren in einer Schrift um 1800 (vgl. Fulda 2003, S. 63).<br />

Dieser Aufsatz hat es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, warum <strong>Hegel</strong> in seiner<br />

Philosophie, insbesondere in der Wissenschaft der Logik (fortan: WdL), nicht axiomatisch vorgegangen<br />

ist. Zu <strong>die</strong>sem Zweck soll zunächst <strong>die</strong> Axiomatik <strong>und</strong> ihre Gr<strong>und</strong>lagen untersucht werden. Ziel <strong>die</strong>ses<br />

Teils ist es, aufzuzeigen, mit welcher Motivation <strong>die</strong>se <strong>Methode</strong> in der Wissenschaft angewandt wird,<br />

welche Bedeutung ihr zukommt <strong>und</strong> was ihre gr<strong>und</strong>sätzlichen Eigenschaften sind. Anschließend soll<br />

auf <strong>die</strong> Ablehnung der <strong>Methode</strong> im Kontext <strong>des</strong> Ansatzes der Wissenschaft der Logik eingegangen<br />

werden. <strong>Hegel</strong>s Argumente bzw. mögliche Gr<strong>und</strong>e gegen <strong>die</strong> Verwendung der Axiomatik werden hier<br />

dargelegt <strong>und</strong> kritisch analysiert. Der abschließende Teil stellt <strong>die</strong> Frage, ob in Anbetracht der<br />

Entwicklungen der Logik seit <strong>Hegel</strong> eine spekulative Philosophie, <strong>die</strong> auf <strong>axiomatische</strong> oder ähnliche<br />

Weise vorgeht, trotz <strong>Hegel</strong>s Kritik möglich ist.


Joshua Mendelsohn 4<br />

1 Die <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong><br />

1.1 Warum geht man axiomatisch vor?<br />

Es gilt im Allgemeinen, dass man auf jede Antwort einer Frage wiederum mit einer Frage antworten<br />

kann. Fragt man: „Warum sind Blätter grün?“ <strong>und</strong> bekommt als Antwort: „Weil sie Chlorophyll<br />

enthalten.“, so kann man anschließend fragen: „Aber warum enthalten sie Chlorophyll?“. Auf <strong>die</strong><br />

Antwort zu <strong>die</strong>ser Frage könnte man wiederum fragen, warum es so sei. Würde man sich nie mit einer<br />

Antwort zufrieden geben, <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb <strong>die</strong> Antworten stets in Frage stellen, so könnte man kein sicheres<br />

Wissen erwerben. Man würde alles anzweifeln, <strong>und</strong> keine Aussage mit Sicherheit treffen können, selbst<br />

wenn man eine Rechtfertigung für <strong>die</strong>se hätte, da man an den Voraussetzungen <strong>die</strong>ser Rechtfertigung,<br />

wie an jedem anderen Satz, noch zweifeln müsste (vgl. Wang 1974, S. 35).<br />

Man geht im Allgemeinen davon aus, dass <strong>die</strong>ses Konzept auch für jede Wissenschaft gilt.<br />

Wenn es erlaubt wäre, jeden Lehrsatz einer Wissenschaft bis hin zum allereinfachsten in Frage zu<br />

stellen, dann wäre keine Wissenschaft im herkömmlichen Sinne <strong>des</strong> Wortes möglich. Die Herleitung<br />

einer komplexen Wahrheit aus einer einfachen Beobachtung, was für <strong>die</strong> Naturwissenschaft<br />

charakteristisch ist, wäre ausgeschlossen, denn sogar <strong>die</strong> einfachsten Aussagen könnten nicht mit<br />

Sicherheit für wahr gehalten werden. Je<strong>des</strong> Resultat, <strong>des</strong>sen Beweis <strong>die</strong> Gültigkeit vorheriger<br />

Ergebnisse voraussetzt, wäre genauso zweifelhaft wie seine Voraussetzungen selbst. Deswegen dürfte<br />

man keinen bereits bewiesenen Satz als Tatsache hinstellen, <strong>und</strong> folglich entstünde nur eine Menge<br />

verworrener Behauptungen, <strong>die</strong> keinen Anspruch auf Wahrheit hätten. Wenn nun aber eine<br />

Wissenschaft <strong>und</strong> nicht nur eine endlose Kette von Fragen entstehen soll, muss man wenigstens einige<br />

gr<strong>und</strong>legende Sätze als wahr gelten lassen, damit sie <strong>die</strong> Basis <strong>die</strong>ser Wissenschaft bilden können. Dies<br />

motiviert einen <strong>axiomatische</strong>n Vorgang in der Wissenschaft.<br />

1.2 Definition <strong>und</strong> wissenschaftliche Bedeutung der <strong>Methode</strong><br />

Damit man mit keiner endlosen Kette von Fragen rechnen muss, kann man in einer Wissenschaft so<br />

vorgehen, dass man eine bestimmte Menge an Sätze als gegeben annimmt <strong>und</strong> <strong>die</strong>se ohne Beweis<br />

behauptet. Je<strong>des</strong> weitere Resultat soll dann aus <strong>die</strong>sen Axiomen gefolgert werden. Ein Axiom ist also


Joshua Mendelsohn 5<br />

eine Gr<strong>und</strong>annahme, <strong>die</strong> als Ausgangsthese einer Theorie <strong>die</strong>nt <strong>und</strong> innerhalb ihr nicht bewiesen wird.<br />

Die <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> bezeichnet <strong>die</strong> entsprechende Vorgehensweise in der Wissenschaft, bei der<br />

man eine These dadurch beweist, dass man sie, implizit oder explizit, auf eine feste Menge an Axiomen<br />

zurückführt (vgl. Albrecht u.a. 1978, S. 65). Man nennt eine axiomatisch begründete These einen<br />

Lehrsatz. Neben den Axiomen legt man oft auch <strong>die</strong> Regeln fest, <strong>die</strong> man anwendet, um eine These aus<br />

den schon bewiesenen Thesen oder Axiomen abzuleiten. Die Menge an Lehrsätzen, <strong>die</strong> aus bestimmten<br />

Axiomen folgen, bildet eine <strong>axiomatische</strong> Theorie.<br />

Ein Beispiel mag <strong>die</strong>se Definition verdeutlichen. Man könnte mit den folgenden Axiomen eine<br />

Theorie, <strong>die</strong> den Begriff „Größer-als“ darstellt, aufstellen, das heißt, eine Theorie, <strong>die</strong> <strong>die</strong> allgemein<br />

wahren Tatsachen über <strong>die</strong> Relation „a ist größer als b“ darstellt. Eine mögliche Axiomenmenge wäre:<br />

(1) „Kein Ding ist größer als es selbst“<br />

(2) „Für a, b <strong>und</strong> c gilt der Gr<strong>und</strong>satz: Ist a größer als b <strong>und</strong> b größer als c, so ist a größer als c“<br />

(3) „Für a <strong>und</strong> b gilt der Gr<strong>und</strong>satz: Entweder ist a größer als b, oder b größer als a, oder a<br />

genauso groß wie b“<br />

Aus <strong>die</strong>sen drei Aussagen kann man nach den Regeln der Logik jede andere generell wahre<br />

Tatsache über Größen folgern. Zum Beispiel lässt sich <strong>die</strong> Tatsache „Wenn a größer als b ist, dann ist b<br />

nicht größer als a“ durch ein Argument, das <strong>die</strong>se Axiome als Prämissen hat, beweisen. Diese<br />

Beispieltheorie ist zwar eine sehr einfache Theorie, <strong>die</strong> an sich nicht besonders interessant ist, sie<br />

unterscheidet sich jedoch von der komplexeren, interessanteren Axiomentheorien der Philosophie <strong>und</strong><br />

Mathematik nur dadurch, dass sie auf weniger <strong>und</strong> gleichzeitig einfacheren Axiomen beruht. Ihre<br />

Struktur ist im Gr<strong>und</strong>e genommen gleich wie <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser komplexeren Theorien.<br />

Durch Isaac Newtons Versuch, <strong>die</strong> Mechanik axiomatisch zu begründen, wurde <strong>die</strong> <strong>Methode</strong><br />

der Axiomatik zu einem der zentralen Ansätze der Wissenschaft (Albrecht u.a. 1978, S. 68). Danach<br />

nahm das Interesse an der Axiomatik in mathematischen Kreisen zu, <strong>und</strong> ab dem 20. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde<br />

sie zur umfassendsten Arbeitsmethode der Mathematik (ebd.). Seither ist sie auch in andere Bereiche<br />

der Wissenschaft übernommen worden. Heutzutage bleibt sie das wichtigste Werkzeug der Mathematik<br />

<strong>und</strong> wird auch gern in der Physik angewandt (ebd.). In der analytischen Philosophie <strong>des</strong> 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts spielt sie auch keine untergeordnete Rolle, z. B. bei Frege (vgl. Sternfeld 1966, S. 73),


Joshua Mendelsohn 6<br />

Quine (vgl. Quine 1962), Russel (vgl. Russel <strong>und</strong> Whitehead 1910), Whitehead (vgl. ebd.) <strong>und</strong> Carnap<br />

(vgl. Carnap 1928, S. 2).<br />

1.3 Philosophische Aspekte der Axiomatik<br />

Nach der oben angegebenen Definition ist <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> an sich keine philosophische<br />

Ansichtsweise. Sie ist lediglich ein Werkzeug oder, genauer gesagt, eine <strong>Methode</strong>, mit der man <strong>die</strong><br />

Vorgehensweise einer Wissenschaft strukturieren kann. Ob sie philosophische Konsequenzen hat, hängt<br />

lediglich von ihrer Anwendung ab. Eine philosophische Theorie mag beispielsweise behaupten, dass<br />

<strong>die</strong> Welt axiomatisch strukturiert ist. Dies ist freilich eine philosophisch gewichtige Aussage, aber eine<br />

Aussage <strong>die</strong>ser philosophischen Theorie, nicht der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong>. Letztere sagt nichts über<br />

<strong>die</strong> Beschaffenheit der Welt aus. Man muss also vorsichtig sein, wenn man spricht, als ob <strong>die</strong><br />

Axiomatik selbst eine Philosophie wäre. Man darf eigentlich nur von einer Philosophie über <strong>die</strong><br />

Axiomatik reden.<br />

Es wird zum Beispiel oft behauptet, dass Axiome keinerlei Beweise bedürften, weil sie<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Wahrheiten, <strong>die</strong> augenscheinlich unleugbar sind, darstellen. Für den Großvater der<br />

modernen Logik, Gottlob Frege, war es so; er hielt Axiome für „Gr<strong>und</strong>tatsachen der Anschauung“<br />

(Peckhaus 1990, S. 41). Dies aber ist nur ein gewisser Standpunkt zur <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong>, keine<br />

Bestimmung der <strong>Methode</strong> selbst. Euklid hat <strong>die</strong>s erkannt <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb <strong>die</strong> Axiome seines Systems nicht<br />

den koinai ennoiai, den allgemein bekannten Tatsachen, sondern den aitémata, zugeordnet, womit er<br />

<strong>die</strong> Leser dazu aufforderte, <strong>die</strong> Axiome für wahr anzunehmen, weil er nicht in der Lage wäre, sie zu<br />

beweisen (vgl. Pierce 1931, §2, S. 130). Dies schildert auch der moderne Fortgang der Mathematik.<br />

Axiome werden nicht mehr als unleugbare Wahrheiten betrachtet, sondern nur als Voraussetzungen<br />

behandelt <strong>und</strong> als solche untersucht (vgl. Kondakow 1978, S. 65).<br />

Dass <strong>die</strong> Axiome einer Theorie nicht innerhalb derselben Theorie gerechtfertigt werden, heißt<br />

allerdings nicht, dass sich für sie überhaupt keine Begründung finden lässt. Im Allgemeinen werden <strong>die</strong><br />

Axiome durch eine andere, gr<strong>und</strong>legendere Theorie bewiesen, damit <strong>die</strong> Ergebnisse einer Theorie als<br />

<strong>die</strong> Axiome einer anderen <strong>die</strong>nen können (vgl. ebd.). Die Tatsache zum Beispiel, dass der Nachfolger<br />

jeder Zahl wiederum eine Zahl ist, gilt als ein Axiom der Arithmetik, aber in der Mengenlehre wird sie


Joshua Mendelsohn 7<br />

von einfacheren Prämissen bewiesen. Ähnlich gelten <strong>die</strong> Ergebnisse der Geometrie, wie z. B. der Satz<br />

<strong>des</strong> Pythagoras, als Voraussetzungen der Physik. Wenn alle Theorien einer Wissenschaft axiomatisch<br />

sind, kann somit eine Hierarchie ihrer Theorien entstehen, bei der jede Theorie <strong>die</strong> Axiome ihrer<br />

Nachfolgerin rechtfertigt. Nur <strong>die</strong> Axiome der allerersten, allen anderen zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Theorie<br />

können notwendigerweise nicht innerhalb der jeweiligen Wissenschaft bewiesen werden.<br />

1.4 Beziehung der Axiomatik zur formalen Logik<br />

Im oben genannten Beispiel der Größentheorie hat man eigentlich zwei Klassen von Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

verwendet. Explizit hat man <strong>die</strong> Axiome (1) – (3) angegeben, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Relation „größer als“ beschreiben.<br />

Um allerdings Sätze aus <strong>die</strong>sen Axiomen abzuleiten, musste man, explizit oder implizit, auch logische<br />

Denkregeln verwenden. Man braucht zum Beispiel <strong>die</strong> Regel modus ponens, dass aus „p“ <strong>und</strong> „wenn p,<br />

dann q“ folgt „q“, um einen wahren Satz aus dem zweiten Axiom zu folgern.<br />

Eine <strong>axiomatische</strong> Theorie besteht also aus zwei Klassen, oder „Schichten“ von Gr<strong>und</strong>annahmen:<br />

Erstens, <strong>die</strong> Axiome über den Stoff der Theorie, <strong>und</strong> zweitens, <strong>die</strong> oft unerwähnten logischen Regeln,<br />

<strong>die</strong> festlegen, wie <strong>die</strong> Axiome anzuwenden sind. Diese logischen Regeln, <strong>die</strong> man Interferenzregeln<br />

nennt, bilden <strong>die</strong> „logische Gr<strong>und</strong>lage“ einer Axiomentheorie. Die häufigste solche Gr<strong>und</strong>lage für<br />

<strong>axiomatische</strong> Theorien ist <strong>die</strong> klassische Logik. Gewisse Aspekte der klassischen Logik, wie zum<br />

Beispiel <strong>die</strong> Regeln über „Wenn … dann... „-Aussagen, schildern jedoch <strong>die</strong> Bedeutung solcher<br />

Aussagen in der natürlichen Sprache manchmal nicht. Es gibt auch Alternativen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Probleme<br />

anders umgehen oder anders zu lösen versuchen. Wenn wir uns im nächsten Teil mit der <strong>Hegel</strong>schen<br />

Philosophie beschäftigen, werden wir um der Klarheit Willen davon ausgehen, dass es sich bei einem<br />

Axiomensystem um ein durch <strong>die</strong> klassische Logik formalisiertes Axiomensystem handelt.<br />

Nichtklassische Alternativen werden erst im folgenden Teil behandelt.<br />

1.5 Die Formalisierung<br />

Wenn man <strong>die</strong> Axiome <strong>und</strong> Inferenzregeln festgelegt hat, so hat man festgelegt was als ein Beweis<br />

zählt. Obwohl <strong>die</strong> Anschauung <strong>des</strong> Forschers ihm helfen mag, <strong>die</strong> Axiome richtig zu verwenden, darf<br />

kein <strong>axiomatische</strong>r Beweis lediglich auf einer anschaulichen Rechtfertigung beruhen. Man darf eine


Joshua Mendelsohn 8<br />

These sonern nur dann als bewiesen hinstellen, wenn man sie von den jeweiligen Axiomen abgeleitet<br />

<strong>und</strong> nach den dazugehörigen Regeln bewiesen hat. Der axiomatisch vorgehende Mathematiker darf<br />

zum Beispiel <strong>die</strong> Behauptung, dass der Umfang eines Kreises immer größer als sein Radius sei, nicht<br />

dadurch rechtfertigen, dass er einen kreisförmigen Gegenstand misst, sondern er muss <strong>die</strong>s<br />

ausschließlich aus den Axiomen folgern.<br />

Weil nun <strong>die</strong> Gültigkeit eines <strong>axiomatische</strong>n Beweises nur von der korrekten Anwendung der<br />

Axiome <strong>und</strong> Inferenzregeln abhängt, muss man <strong>die</strong> Bedeutung von „größer als“ gar nicht kennen, um<br />

<strong>die</strong> Axiome richtig anzuwenden. Solange man keine Prämisse außer den Axiomen einführt, wäre jeder<br />

Lehrsatz, den man mit Hilfe der Inferenzregeln erzeugt, eine richtige Folgerung <strong>die</strong>ser Axiome, auch<br />

wenn man <strong>die</strong> Inferenzregeln blind verwenden würde. Man dürfte also anstelle von „a ist größer als b“<br />

im oben genannten Beispiel einfach „a G b“ schreiben, um zu betonen, dass „G“ in Bezug auf den<br />

<strong>axiomatische</strong>n Beweis eigentlich nur eine beliebige Relation ist. Die Axiome würden dann:<br />

(1) Für x gilt der Gr<strong>und</strong>satz: „Nicht: x G x“<br />

(2) Für a, b <strong>und</strong> c gilt der Gr<strong>und</strong>satz: „Ist a G b <strong>und</strong> b G c der Fall, so auch a G c“<br />

(3) Für a <strong>und</strong> b gilt der Gr<strong>und</strong>satz: „Entweder ist a G b, b G a, oder weder a G b noch b G a der<br />

Fall“<br />

Eine solche Darstellung verdeutlicht, dass <strong>die</strong> Gültigkeit eines <strong>axiomatische</strong>n Beweises völlig<br />

unabhängig von der Bedeutung von „G“ ist. „G“ darf nun als „größer als“ interpretiert werden, kann<br />

aber auch anders ausgelegt werden. Die Aussage „Wenn a G b, dann nicht b G a“ zum Beispiel, <strong>die</strong> wir<br />

im vorherigen Teil als „Wenn a ist größer als b, dann ist b nicht größer als a“ interpretiert haben, soll<br />

ebenso von <strong>die</strong>sen Axiomen beweisbar sein, wenn „G“ als „ist kleiner als“, „ist eine größere Zahl als“,<br />

usw. gälte. Natürlich werden <strong>die</strong> Axiome <strong>und</strong> <strong>die</strong> daraus entstehenden Folgerungen, nicht für jede<br />

Interpretation wahr sein, aber <strong>die</strong>se Interpretation beeinflusst <strong>die</strong> Gültigkeit <strong>des</strong> Beweises nicht. Es<br />

handelt sich also bei der Gültigkeit eines <strong>axiomatische</strong>n Beweises nur um <strong>die</strong> Form, oder Struktur der<br />

Aussagen, nicht um den Inhalt.<br />

Eine Formalisierung gilt daher als eine Trennung der Form <strong>und</strong> <strong>des</strong> Inhalts einer Theorie, denn<br />

nur <strong>die</strong> Form einer Aussage, das heißt, ihre syntaktischen Eigenschaften, kommen beim Beweisen in<br />

Betracht. Ihre Referenz wird sek<strong>und</strong>är <strong>und</strong> affiziert den Vorgang <strong>des</strong> Axiomensystems nicht. Die


Joshua Mendelsohn 9<br />

Axiome eines formalen Systems der Geometrie sollen zum Beispiel ausreichen, um zu beweisen, dass<br />

<strong>die</strong> Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks <strong>die</strong> größte seiner Seiten ist, ohne dass man sich beim<br />

Beweisen auf <strong>die</strong> Hinzuziehung eines Dreiecks stützen muss.<br />

1.6 Die Forderungen an <strong>axiomatische</strong> Systeme<br />

Ein zu einer Wissenschaft passen<strong>des</strong> Axiomensystem muss es erlauben, gerade <strong>die</strong> Menge der<br />

Wahrheiten <strong>die</strong>ser Wissenschaft zu beweisen <strong>und</strong> sonst nichts. Es soll theoretisch möglich sein, alles,<br />

was aus der Wissenschaft folgt, innerhalb derselben zu beweisen. Es soll aber auch nicht nur jede,<br />

beliebige Aussage beweisen, sondern nur <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> mit der Wissenschaft konsistent sind. Wenn es<br />

zu viel oder zu wenig beweisen kann, stellt es <strong>die</strong> Wissenschaft nicht richtig dar. Dies führt zu zwei<br />

Bedingungen, <strong>die</strong> ein <strong>axiomatische</strong>s System erfüllen sollte: Widerspruchsfreiheit <strong>und</strong> Vollständigkeit.<br />

1.6.1 Widerspruchsfreiheit<br />

Hat man schon einen Widerspruch bewiesen, so kann man der klassischen Logik nach eine beliebige<br />

Aussage B daraus schließen. Von der Prämisse „es regnet <strong>und</strong> es regnet nicht“ kann man durch <strong>die</strong><br />

Regeln der klassischen Logik schließen, „der Mond besteht aus Käse„, „<strong>Hegel</strong> war ein Fußballspieler“,<br />

„Deutschland liegt in Südamerika“, usw. Eine solche Schlussfolgerung heißt ex contradictione<br />

quodlibe <strong>und</strong> ist eine unvermeidbare Folge der Regeln der klassischen Logik. Ein System, das auch nur<br />

einen einzelnen Widerspruch generiert, wäre aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> unfähig, Wahrheiten von Falschheiten<br />

zu unterscheiden, da jede beliebige Aussage, gleich ob wahr oder falsch, bewiesen werden könnte. Man<br />

nennt <strong>die</strong>se Konsequenz der Regeln der klassischen Logik das „Explosion-Phänomen“. Seinetwegen<br />

fordert man von einem Axiomensystem, dass sich in ihm keine Widersprüche aufzeigen lassen.<br />

1.6.2 Vollständigkeit<br />

Noch eine wünschenswerte Eigenschaft eines Axiomensystems ist <strong>die</strong> der Vollständigkeit. Jede<br />

Aussage, <strong>die</strong> über den untersuchten Stoff getroffen werden kann, muss beweisbar oder widerlegbar<br />

sein. Während also Widerspruchsfreiheit fordert, dass niemals eine Aussage <strong>und</strong> gleichzeitig deren<br />

Widerspruch bewiesen werden kann, ist Vollständigkeit <strong>die</strong> Bedingung, dass für jede Aussage A,<br />

entweder A oder nicht-A aus den Axiomen folgt. Es gehört zu den wichtigsten <strong>und</strong> überraschendsten


Joshua Mendelsohn 10<br />

Resultaten der Logik, dass keine außer den einfachsten, uninteressanten Axiomensysteme vollständig<br />

in <strong>die</strong>sem Sinne sein kann, es sei denn, dass das System widerspruchsvoll ist.<br />

Dies folgt aus dem ersten Gödelschen Unvollständigkeitssatz. Er besagt, dass je<strong>des</strong><br />

Axiomensystem, das min<strong>des</strong>tens so reichhaltig wie <strong>die</strong> Arithmetik ist 1 , entweder widersprüchlich oder<br />

unvollständig ist. Sein Beweis beruht auf der Tatsache, dass sich in solchen Systemen eine Proposition<br />

G formulieren lässt, der genau dann wahr ist, wenn er nicht von den Axiomen ableitbar ist. Wenn sie<br />

doch ableitbar ist, dann ist das System widerspruchsvoll, da <strong>die</strong>ser Satz bewiesen wird, obwohl das<br />

System behauptet, er sei unbeweisbar. Ebenso kann das System nicht konsequenterweise <strong>die</strong> Negation<br />

<strong>die</strong>ses Satzes beweisen. Also gibt es eine Proposition, nämlich G, <strong>die</strong> das System weder beweist noch<br />

widerlegt. Deswegen ist das System unter Annahme ihrer Widerspruchsfreiheit unvollständig (vgl.<br />

Smith 2007, S. 142). Eine kürzere <strong>und</strong> weniger technisch Darstellung <strong>des</strong> Unvollständigkkeitssatzes ist<br />

in Boolos (1998) zu finden. Der Unvollständigkeitssatz macht eine der f<strong>und</strong>amentalen Grenzen der<br />

<strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> aus. Er zeigt, dass kein wissenschaftlicher Bereich seine Vollständigkeit allein<br />

durch eine <strong>axiomatische</strong> Formalisierung erreichen kann.<br />

1.7 Axiomatisierbarkeit<br />

Wenn man sich mit einem neuen Problem beschäftigt, geht man selten zuerst axiomatisch vor. Nicht<br />

nur in der Philosophie, sondern auch in der Mathematik wird meistens zunächst informell bewiesen.<br />

Erst später werden Beweise eventuell in eine formelle Ableitung von Axiomen umgewandelt.<br />

Erforderlich für einen mathematischen Beweis ist nur, dass es klar ist, wie eine solche Umwandlung<br />

stattfinden könnte. Mann nennt <strong>die</strong> eine Umwandlung eines Arguments in eine Ableitung von Axiomen<br />

eine Axiomatisierung. Ebenso kann eine gesamte Theorie axiomatisiert werden, indem man ihre<br />

Gr<strong>und</strong>annahme identifiziert <strong>und</strong> jede ihrer Argumente als eine Ableitung von <strong>die</strong>sen Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

darstellt. Auch Theorien, <strong>die</strong> nicht ursprünglich axiomatisch angelegt wurden, lassen sich oft<br />

axiomatisieren. Dies hat Euklid mit seinen Elementen erreicht, <strong>des</strong>sen Hauptbeitrag es war, eine<br />

ausführliche <strong>axiomatische</strong> Systematisierung <strong>des</strong> vorherigen geometrischen Denkens darzubieten (vgl.<br />

Suppes 1999, S. 246).<br />

1 Hier lässt sich das Wort „reichhaltig“ nicht in einem Satz definieren. Eine Darstellung <strong>des</strong> relevanten Begriffes ist in<br />

Smith (2007, S. 43 – 47) zu finden.


Joshua Mendelsohn 11<br />

Dennoch ist nicht eine jede Theorie axiomatisierbar. Wegen <strong>des</strong> schon besprochenen Gödlschen<br />

Unvollständigkeitssatzes ist es im Allgemeinen unmöglich, Axiome anzugeben, <strong>die</strong> eine Theorie<br />

vollständig darstellen. Außerdem lässt sich mit sehr einfachen Argumenten (also ohne <strong>die</strong> Verwendung<br />

<strong>des</strong> Unvollständigkeitssatzes) zeigen, dass gewisse Mengen von wahren Aussagen, wie z. B. <strong>die</strong><br />

Wahrheiten der Arithmetik, ebenso nicht vollständig axiomatisierbar sind 2 (vgl. Smith 2007, S. 40f.).<br />

Die Frage, ob <strong>Hegel</strong> axiomatisch hätte vorgehen können, ist also gleichbedeutend mit der, ob<br />

seine Philosophie axiomatisierbar ist. Hier verzichten wir auf <strong>die</strong> Frage, ob eine solche<br />

Axiomatisierung wegen der Komplexität praktisch durchführbar wäre <strong>und</strong> konzentrieren uns darauf, ob<br />

sie gr<strong>und</strong>sätzlich möglich ist. Die zwei Fragen, <strong>die</strong> wir an <strong>die</strong> nun zu behandelnde <strong>Hegel</strong>sche<br />

Philosophie stellen, sind also (1) Warum wurde sie nicht axiomatisch aufgestellt? <strong>und</strong> (2) Ist sie<br />

axiomatisierbar?<br />

2 Die Ablehnung der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> im Kontext der<br />

spekulativen Philosophie<br />

Die Aufgabe der Wissenschaft der Logik, wie <strong>Hegel</strong> sie darstellt, scheint in vielerlei Hinsicht eine<br />

<strong>axiomatische</strong> Vorgehensweise zu erlauben, ja sogar zu erfordern. In beiden soll das Ergebnis nicht nur<br />

behauptet, sondern auch bewiesen werden (E 1, S. 41). Weiterhin soll <strong>die</strong> Gestalt der Wissenschaft der<br />

Logik streng notwendig sein: Sie soll <strong>die</strong> „Entwicklung <strong>des</strong> Denkens in seiner Notwendigkeit“<br />

darstellen (WdL I, S. 30). Dies hat sie auch mit einer <strong>axiomatische</strong>n Wissenschaft gemeinsam, welche<br />

<strong>die</strong> notwendigen Folgerungen ihrer Axiome darstellt. Ferner soll sich <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik<br />

wesentlich von einer empirischen Wissenschaft wesentlich unterscheiden, indem nicht <strong>die</strong> Erfahrung<br />

physischer Gegenstände ihren Ergebnissen zugr<strong>und</strong>e liegt, sondern „allein das Denken“ (E I, S. 50). So<br />

ist es auch bei einer <strong>axiomatische</strong>n Wissenschaft. Obwohl ihre Axiome aus der Erfahrung abstrahiert<br />

werden können (vgl. Kondakow 1978, S. 65), ist sie für sich unabhängig von der empirischen<br />

Erfahrung, weil sie lediglich ihre Axiome, nicht <strong>die</strong> Anschauung der empirischen Welt, als Maßstab<br />

ihrer Ergebnisse verwendet.<br />

2 Das Argument ist mengentheoretisch. Man beweist zunächst, dass <strong>die</strong> Anzahl der Folgerungen einer Axiomenmenge<br />

immer abzählbar ist. Es folgt daraus, dass keine überabzählbare Menge, wie sich <strong>die</strong> Menge der Wahrheiten der<br />

Arithmetik erweist, als <strong>die</strong> Folgerungen einer Axiomenmenge dargestellt werden kann.


Joshua Mendelsohn 12<br />

<strong>Hegel</strong> verwirft <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> auch nicht schlechthin. Er behauptet sogar, dass ein<br />

System der Lehrsätze <strong>und</strong> Definitionen fähig sei, <strong>die</strong> Idee darzustellen (vgl. WdL II, S. 527). Dabei teilt<br />

er den zentralen Eigenschaften eines Axiomsystems sein höchstes Lob zu. Trotzdem lehnt er das Axiom<br />

<strong>und</strong> den Lehrsatz letztendlich ab, indem er sie nicht der absoluten Idee, sondern nur einer Stufe ihrer<br />

Entwicklung zuordnet.<br />

In <strong>die</strong>sem Teil möchte ich <strong>die</strong> Gründe für <strong>Hegel</strong>s Ablehnung untersuchen <strong>und</strong> beurteilen.<br />

Behandelt werden sowohl <strong>die</strong> expliziten, von <strong>Hegel</strong> angegebenen Argumente als auch <strong>die</strong> impliziten<br />

<strong>und</strong> historischen Gründe für ein nicht <strong>axiomatische</strong>s Herangehen in seiner Philosophie. Die relevanten<br />

Argumente sind hauptsächlich an zwei Stellen zu finden: in der oben erwähnten Behandlung <strong>des</strong><br />

Lehrsatzes in der Wissenschaft der Logik <strong>und</strong> in der Kritik an der bisherigen Logik. Letzteres ist<br />

allerdings keine direkte Kritik an der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong>. Die Aufgabe hier ist also erstens<br />

festzustellen, inwiefern <strong>die</strong> Kritik auf <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> zutrifft, dann im weiteren Verlauf der<br />

Arbeit den Wert der relevanten Argumente zu beurteilen.<br />

2.1 Historischer Hintergr<strong>und</strong> der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie<br />

Ein grenzenloses Vertrauen der Mathematik beherrschte <strong>die</strong> intellektuellen Kreise <strong>des</strong> siebzehnten <strong>und</strong><br />

achtzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts. Nach den Leistungen Descartes', Newtons, Leibniz' <strong>und</strong> Galileis schien<br />

kaum noch etwas außer Reichweite der Mathematik zu liegen. Hobbes behauptete, der menschliche<br />

Verstand könne nur solche Gegenstände erfassen, <strong>die</strong> er mathematisch erzeugen oder konstruieren<br />

kann, <strong>und</strong> drohte dabei <strong>die</strong> ganze Philosophie in <strong>die</strong> Mathematik aufzulösen. Auch Kant behauptete, der<br />

Mensch begreife nur das eigentlich wissenschaftlich, was mechanisch im Sinn der Newtonschen<br />

Naturwissenschaften verstanden wird (vgl. Bloch 1977, S. 62).<br />

Die Mathematik <strong>und</strong> mathematische Physik beschrieben allerdings nur numerische Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Bestimmungen. Der Physiker behauptet zum Beispiel, Kraft sei gleich Gewicht mal<br />

Beschleunigung. Dabei beschreibt er aber nur <strong>die</strong> Größe einer Kraft. Was <strong>die</strong> Kraft an sich eigentlich<br />

ist, kann der Physiker nicht sagen. Trotz ihrer explanatorischen Kraft legt also <strong>die</strong> Mathematik über den<br />

eigentlichen Inhalt der Sache, den rein existierenden, der nicht in ihren numerischen Eigenschaften <strong>und</strong><br />

Bestimmungen besteht, keine Rechenschaft ab. „So zeigt sich seit der Mitte <strong>des</strong> achtzehnten


Joshua Mendelsohn 13<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts überall“, schreibt Bloch, „der gewaltige Rest, den <strong>die</strong> mathematisch abstrakte Erzeugung<br />

nicht bewältigt hat <strong>und</strong> nicht bewältigen konnte“ (Bloch 1977, S. 63). Dieser „Rest“ kommt in Kants<br />

Ding an sich am stärksten zur Geltung.<br />

Gerade <strong>die</strong>sen „Rest“, den <strong>die</strong> Mathematik trotz ihrer Reichweite nicht erreichen konnte, wollte<br />

<strong>Hegel</strong> mit seiner Philosophie begreifen. Deswegen war ihm eine der Mathematik zu ähnliche<br />

Vorgehensweise, <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> also, verdächtig <strong>und</strong> unattraktiv. Er wollte, dass seine Philosophie<br />

<strong>die</strong> Mathematik übertrifft (vgl. WdL I, S. 30). Der historische Hintergr<strong>und</strong> macht es also plausibel, dass<br />

<strong>Hegel</strong> nicht axiomatisch an seine Philosophie heranging. Seine Ablehnung war jedoch nicht nur<br />

historisch, was im folgenden Teil <strong>des</strong> Aufsatzes verdeutlicht wird.<br />

2.2 Der Umfang der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie<br />

Die deutlichsten Einwände gegen ein <strong>axiomatische</strong>s Vorgehen beim spekulativen Philosophieren<br />

beziehen sich auf den Umfang der Aufgabe der spekulativen Philosophie. Das <strong>Hegel</strong>sche System soll<br />

allumfassend sein. „Der einzige Gegenstand <strong>und</strong> Inhalt“ seiner Philosophie soll <strong>die</strong> absolute Idee (WdL<br />

II, S. 549) sein, dementsprechend muss sie „alle Wahrheit“ beinhalten (ebd.). Sie soll im Gang ihrer<br />

Entwicklung der gesamten Realität, wenigstens in deren Abstraktheit, Rechnung tragen. Nichts darf als<br />

unmittelbar außen vor bleiben. Hieraus ergibt sich, wie <strong>Hegel</strong> wohl bemerkt, das Problem <strong>des</strong> Anfangs<br />

der Philosophie.<br />

2.2.1 Das Problem <strong>des</strong> Anfangs der Philosophie<br />

Wenn alles innerhalb <strong>des</strong> Systems entwickelt werden soll, scheint ein Anfang unmöglich zu sein.<br />

Während andere Wissenschaften ihren Ausgangspunkt <strong>und</strong> ihre <strong>Methode</strong> „als bekannt <strong>und</strong><br />

angenommenen“ (WdL I, S. 35) voraussetzen dürften, ist <strong>die</strong>s bei einer allumfassenden Wissenschaft<br />

unmöglich, da der Anfang <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Methode</strong> „einen Teil ihres Inhalts selbst“ ausmachen <strong>und</strong> „erst<br />

innerhalb ihrer begründet […] werden“ sollen (ebd.).<br />

Dieses Problem ist besonders relevant für <strong>die</strong> Frage <strong>die</strong>ser Arbeit, denn <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong><br />

<strong>Methode</strong> scheint den Inhalt einer Wissenschaft vorauszusagen, bevor <strong>die</strong>ser Inhalt im Gang der


Joshua Mendelsohn 14<br />

Wissenschaft entwickelt wird. Freilich ist es wahr, dass eine streng <strong>axiomatische</strong> Wissenschaft etwas<br />

voraussetzen muss, nämlich <strong>die</strong> Axiome, <strong>und</strong> daher nicht allumfassend sein kann. Man muss hier aber<br />

<strong>die</strong> Frage stellen, ob eine Wissenschaft, <strong>die</strong> davon ausgeht, dass nichts außerhalb ihrem eigenen Inhalt<br />

existiert <strong>und</strong> <strong>des</strong>wegen auch <strong>die</strong> <strong>Methode</strong> <strong>und</strong> Basis in ihrem Inneren entwickelt, überhaupt möglich ist.<br />

In Anbetracht der oben angegebenen Motivation für <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> (2.1), scheint <strong>die</strong>s<br />

wenigstens sehr zweifelhaft zu sein.<br />

<strong>Hegel</strong> meint jedoch eine Wissenschaft ohne äußere Voraussetzungen schaffen zu können. Sein<br />

Lösungsvorschlag lässt sich in drei Aspekte gliedern. Erstens, argumentiert er, sei der Anfang seiner<br />

philosophischen Wissenschaft, das reine Sein, keine richtige Voraussetzung, weil es so arm an Inhalt<br />

<strong>und</strong> Bestimmungen sei, dass es eigentlich nur <strong>die</strong> Unmittelbarkeit in seinem wahren Ausdruck sei (vgl.<br />

WdL 1, S. 68). Ein Anfang zeichne sich durch gerade <strong>die</strong>se Unmittelbarkeit aus, <strong>des</strong>halb sei das reine<br />

Sein lediglich das Wesen <strong>des</strong> Anfangs. „Es liegt also in der Natur <strong>des</strong> Anfangs selbst“, schreibt <strong>Hegel</strong>,<br />

„dass er das Sein sei <strong>und</strong> sonst nichts.“ (WdL 1, S. 72).<br />

Der zweite Aspekt <strong>des</strong> Lösungsvorschlags betrifft den Ursprung <strong>des</strong> Anfangs der Philosophie. Im<br />

Unterschied zu anderen Wissenschaften, <strong>die</strong> über einen äußeren Ausgangspunkt verfügen, sei der<br />

Anfang der Philosophie „der freie Akt <strong>des</strong> Denkens, sich auf den Standpunkt zu stellen, wo es für sich<br />

selber ist <strong>und</strong> sich hiermit seinen Gegenstand selbst erzeugt <strong>und</strong> gibt“ (E 1, S. 63). Keine äußerliche<br />

Auflage zwinge also den Denkenden zur Philosophie. Der Wille zur Philosophie, <strong>und</strong> damit ihr Anfang,<br />

ergebe sich vielmehr aus der Freiheit <strong>des</strong> Denkens, in <strong>des</strong>sen Natur es liegt, sich selbst zu seinem<br />

eigenen Gegenstand zu machen. Der Anfang stamme daher aus dem Denken selbst, nicht aus etwas, das<br />

außerhalb <strong>des</strong> Denkens liegt.<br />

Drittens behauptet <strong>Hegel</strong>, dass seine Philosophie streng genommen keinen äußeren Anfang habe,<br />

denn ihr Anfang mache sich innerhalb der Wissenschaft zum Resultate, <strong>und</strong> zwar als das Letzte,<br />

weshalb sich das ganze System als ein „in sich zurückgehender Kreis“ darstellen ließe (E I, S. 63).<br />

<strong>Hegel</strong>s Anfang sei <strong>des</strong>halb nur vorläufiger gesehen ein unmittelbarer Anfang <strong>und</strong> soll sich später als ein<br />

vermittelter erweisen.<br />

Auf eine Merkwürdigkeit der Argumentation <strong>Hegel</strong>s muss zunächst hingewiesen werden. <strong>Hegel</strong>s


Joshua Mendelsohn 15<br />

Ansicht nach dürfte man über den Anfang nicht logisch nachdenken, bevor man ihn gemacht hat, da ein<br />

solches Denken einen Teil der Wissenschaft ausmacht, also in ihrem Gang stattfinden soll (vgl. WdL I,<br />

S. 67). Um jedoch zu begründen, dass außerhalb der Wissenschaft über den Anfang nicht nachgedacht<br />

werden darf, muss <strong>Hegel</strong> gerade <strong>die</strong>s machen. Die Überlegungen, <strong>die</strong> seine Ansicht rechtfertigen, sind<br />

selbst schon Überlegungen über den Anfang. <strong>Hegel</strong> widerspricht sich also an <strong>die</strong>ser Stelle, indem er<br />

über etwas nachdenkt, worüber ihm zufolge noch nicht nachgedacht werden darf.<br />

Weiterhin sind alle drei Aspekte <strong>des</strong> Lösungsvorschlags problematisch. Der erste Aspekt stellt<br />

eigentlich nur fest, dass sich <strong>die</strong> Unmittelbarkeit als Anfang der Wissenschaft eignet. Der Unterschied<br />

zwischen der Unmittelbarkeit <strong>und</strong> dem reinen Sein scheint für <strong>Hegel</strong> darin zu bestehen, dass letzteres<br />

„der wahre Ausdruck“ <strong>des</strong> ersten sei (WdL I, S. 67). Warum <strong>Hegel</strong> schon den wahren Ausdruck der<br />

Unmittelbarkeit <strong>und</strong> nicht <strong>die</strong> Unmittelbarkeit selbst als Anfang auswählt, ist gar nicht klar, zumal es<br />

sich beim Gegenstand der Logik um Denkbestimmungen handelt, welche sowieso noch keine<br />

Aktualität, also „wahre[n] Ausdruck“, haben. Wenn <strong>die</strong> Rechtfertigung darin bestehen sollte, dass <strong>die</strong><br />

Unmittelbarkeit in das reine Sein übergehe, dann soll sich <strong>die</strong>s innerhalb der Wissenschaft zeigen,<br />

weshalb <strong>die</strong> Unmittelbarkeit, nicht das reine Sein, sowieso der richtige Anfangspunkt wäre.<br />

Ebenso schwach ist der zweite Aspekt der Argumentation. Die Aussage, dass dass <strong>die</strong><br />

Beschäftigung mit der Wissenschaft angefangen werden soll, ist genauso „äußerlich“ wie <strong>die</strong> Axiome<br />

anderer Wissenschaften. Oft <strong>die</strong>nen Axiome nur als Verkündigung eines Anfangs. Zum Beispiel besagt<br />

das erste Peanosche Axiom der Arithmetik lediglich, dass es eine Zahl gibt, <strong>die</strong> keinen Vorgänger hat,<br />

das heißt, eine erste Zahl (vgl. Stewart u. a. 1977, S. 146). Sie drückt <strong>des</strong>wegen nur aus, dass mit dem<br />

Zählen angefangen werden kann. Trotzdem ist <strong>die</strong>se Voraussetzung nicht im Wesentlichen anders als<br />

andere Axiome. So verhält es sich auch bei <strong>Hegel</strong>s vermeintlich voraussetzungslosem Anfang. Dass er<br />

nur <strong>die</strong> Verkündigung eines Anfangs ausdrückt, spricht nicht dagegen, dass <strong>die</strong>ser Anfang eine<br />

äußerliche Voraussetzung ist <strong>und</strong> sogar als ein Axiom formuliert werden könnte.<br />

Der dritte Aspekt der Argumentation scheitert auch, denn ein System, <strong>des</strong>sen Ausgangspunkt<br />

durch dasselbe System gerechtfertigt wird, kann sich auf nichts außerhalb seiner selbst beziehen. Zum<br />

Beispiel wäre eine philosophische Theorie, welche <strong>die</strong> Willensfreiheit letztendlich auf <strong>die</strong> Struktur <strong>des</strong><br />

menschlichen Gehirns zurückführte, <strong>und</strong> auch umgekehrt <strong>die</strong> Struktur <strong>des</strong> Gehirns durch <strong>die</strong>


Joshua Mendelsohn 16<br />

Willensfreiheit erklärte, zwar konsequent, aber unfähig über <strong>die</strong> Welt zu urteilen. Sie könnte <strong>die</strong><br />

Willensfreiheit bzw. das Gehirn vielmehr nur unter Bezugnahme auf das andere erklären. Eine solche<br />

In-Sich-Geschlossenheit wäre vielleicht für <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik unproblematisch, wenn sie sich<br />

auf nichts außer sich selbst beziehen würde. Die Wissenschaft der Logik soll allerdings nicht nur ein<br />

geschlossenes System sein, sondern sie muss <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lage der Realphilosophie ausmachen.<br />

Deswegen muss ihre Gr<strong>und</strong>lage außer ihrer selbst liegen.<br />

Also scheitert <strong>Hegel</strong>s Versuch, <strong>die</strong> Philosophie ohne äußerliche Voraussetzungen anzufangen. Es<br />

gibt nun zwei Möglichkeiten. Entweder besteht man darauf, dass <strong>die</strong> Philosophie ohne externe<br />

Voraussetzung angefangen werden muss, obwohl <strong>Hegel</strong> <strong>die</strong>s nicht geschafft hat, oder man gibt zu, dass<br />

jede Wissenschaft, also auch <strong>die</strong> Philosophie, an einem externen Ausgangspunkt anfangen muss. In<br />

Anbetracht der Erfolgslosigkeit <strong>des</strong> Versuchs <strong>Hegel</strong>s scheint <strong>die</strong> zweite Möglichkeit vorteilhafter. Wenn<br />

man also zugibt, dass jede Wissenschaft – <strong>die</strong> spekulative Philosophie eingeschlossen – etwas außer<br />

sich voraussetzt, dann spricht nichts in der Natur <strong>des</strong> Anfangs dagegen, dass <strong>die</strong> Wissenschaft der<br />

Logik axiomatisch aufgebaut werden könnte, denn sie ist eigentlich doch nicht so voraussetzungslos,<br />

wie <strong>Hegel</strong> geglaubt hat.<br />

2.2.2 Der Gegenstand der Wissenschaft der Logik<br />

Der Umfang der Wissenschaft der Logik führt zu anderen Problemen für ein <strong>axiomatische</strong>s<br />

Herangehen. Die oben vorgenommene Darstellung der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> macht Propositionen zu<br />

den f<strong>und</strong>amentalsten Elementen <strong>des</strong> Diskurses. Alles, was in einem <strong>axiomatische</strong>n System behauptet<br />

wird, gleich ob Axiom oder Lehrsatz, sind Propositionen. Dies ist besonders deutlich bei einer formalen<br />

Axiomatik, aber ist ebenso der Fall bei einer nicht formalen.<br />

Propositionen stellen allerdings Sachverhalte dar; sie beschreiben, was der Fall ist oder sein kann.<br />

Die Wissenschaft der Logik soll dennoch in erster Linie keine Sachverhalte schildern. Propositionen<br />

sind räumliche <strong>und</strong> zeitliche Aussagen, <strong>die</strong> „ihr Bestehen nicht an ihnen selber, sondern an<br />

Einzeldingen haben“ (Koch 2002, S. 28). Sie setzen somit Objekte, Raum <strong>und</strong> Zeit voraus <strong>und</strong> gehören<br />

daher vielmehr zu der Realphilosophie. Nach Koch geht es in der Wissenschaft der Logik um<br />

vorpropositionale Sachverhalte, oder „Ursachverhalte“ (Koch 2002, S. 28). Diese beziehen sich nicht<br />

auf in Raum <strong>und</strong> Zeit bestehende Tatsachen, sondern auf <strong>die</strong> Anschauung, <strong>und</strong> in der Logik gerade auf


Joshua Mendelsohn 17<br />

<strong>die</strong> intellektuelle Anschauung. <strong>Hegel</strong>s Logik sei daher „keine Logik der Aussagen <strong>und</strong> Prädikate“<br />

(Koch 2002, S. 28)<br />

Dies mag wohl ein Gr<strong>und</strong> sein, warum <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik nicht in Propositionen<br />

ausgedrückt werden kann <strong>und</strong> daher auch nicht axiomatisch sein kann. Wir müssen aber hier <strong>die</strong><br />

Tatsache erkennen, dass <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik in einer Sprache, nämlich Deutsch, ausgedrückt<br />

wurde. Die Form <strong>des</strong> Satzes einer Sprache, als eine Zusammensetzung von Subjekt <strong>und</strong> Prädikat, ist<br />

aber gerade <strong>die</strong> der Proposition. Obwohl <strong>Hegel</strong> notorisch zuweilen von <strong>die</strong>ser Form abweicht, z. B.<br />

„Sein, reines Sein, – ohne alle weitere Bestimmung“ (WdL I, S. 82), sind <strong>die</strong> meisten seiner Sätze<br />

grammatisch <strong>und</strong> daher propositional. Wenn der Gegenstand der Wissenschaft der Logik also nicht<br />

propositional auszudrücken ist, darf man mit Recht fragen, ob über einen solchen Gegenstand auf<br />

Deutsch, oder auf irgendeiner anderen Sprache, geschrieben werden darf.<br />

Es gibt jedoch eine Möglichkeit, wie ein in einer propositionalen Sprache geschriebenes Buch<br />

Wissen über einen nicht propositionalen Gegenstand vermitteln kann. Diese hängt mit der Lesart <strong>des</strong><br />

Buchs zusammen. Die Wissenschaft der Logik ist kein Band der bloßen Tatsachen, sondern vor allem<br />

eine Denkübung (vgl. Fulda 2003, S. 111). Sie stellt <strong>die</strong> Entwicklung <strong>des</strong> reinen Gedankens immanent<br />

dar. Um den Inhalt <strong>des</strong> Buches zu verstehen, muss der Leser bei <strong>die</strong>ser Entwicklung mitmachen. Er<br />

muss sich selbst auf seine intellektuelle Anschauung beziehen <strong>und</strong> erfahren, dass zum Beispiel <strong>die</strong> Idee<br />

<strong>des</strong> Wahren in <strong>die</strong> Idee <strong>des</strong> Lebens übergeht. Das Buch ist <strong>des</strong>wegen vor allem ein Leitfaden für den<br />

Leser, der ihm dabei helfen soll, seine eigene intellektuelle Anschauung zu finden. Nur <strong>die</strong><br />

Beschreibung <strong>die</strong>ses Leitfadens ist eigentlich propositional, nicht der Inhalt, der dem Leser durch<br />

<strong>die</strong>sen Leitfaden offenbart werden soll. Die Wissenschaft der Logik darf also in einer propositionalen<br />

Sprache ausgedrückt werden, da ihr eigentlicher Inhalt nicht im Buch vorzufinden ist, sondern vom<br />

Leser, der das Buch als Anleitung verwendet, erfahren werden muss.<br />

2.2.3 Allumfassende Systeme <strong>und</strong> Unvollständigkeit<br />

Es gibt noch weitere Probleme eines <strong>axiomatische</strong>n Herangehens an ein Projekt solcher Größe, <strong>die</strong> zu<br />

erwähnen sind. Wenn das <strong>Hegel</strong>sche System eigentlich „absolutes Wissen“ begreifen soll, so muss es<br />

alles, sogar sich selbst, begreifen. Dies verdeutlicht sich in <strong>Hegel</strong>s Beschreibung der absoluten Idee als<br />

„alle Wahrheit“ <strong>und</strong> „sich wissende Wahrheit“ (WdL II, S. 549). Der Gödelsche Unvollständigkeitssatz


Joshua Mendelsohn 18<br />

zeigt allerdings, dass es zu jedem Axiomensystem einen Satz gibt, <strong>des</strong>sen Wahrheit das System nicht<br />

entscheiden kann, wegen der Weise, wie er sich auf das System bezieht. Folglich kann kein<br />

<strong>axiomatische</strong>s System sich selbst völlig erfassen. <strong>Hegel</strong>s System dürfte also kein <strong>axiomatische</strong>s sein,<br />

wenn seine höchste Gestalt „sich wissende Wahrheit“ sein soll.<br />

Obwohl es anachronistisch wäre, zu behaupten, der Unvollständigkeitssatz sei <strong>Hegel</strong> bekannt<br />

gewesen, scheint er jedoch auf denselben Kerngedanken gekommen zu sein. Er hat nämlich schon<br />

erkannt, dass <strong>die</strong> Mathematik nicht durch sich selbst gerechtfertigt werden kann, obgleich er <strong>die</strong>s nicht<br />

bewiesen hat. Er schreibt: „Die Mathematik hat daher bis <strong>die</strong>sen Tag nicht dahin kommen können, <strong>die</strong><br />

Operationen, welche auf jenem Übergange beruhen, durch sich selbst, d. h. auf mathematische Weise<br />

zu rechtfertigen, weil er nicht mathematischer Natur ist“ (WdL II, S. 510). Diese ist fast genau das<br />

Ergebnis <strong>des</strong> zweiten Teils <strong>des</strong> Gödelschen Unvollständigkeitssatzes, der besagt, dass <strong>die</strong> Konsequenz<br />

einer <strong>axiomatische</strong>n Theorie nicht durch <strong>die</strong>selbe Theorie bewiesen werden kann (vgl. Smith 2007, S. 6<br />

– 7, S. 214). Also kann man auf indirekte Weise <strong>die</strong> Folgerung <strong>des</strong> Unvollständigkeitssatzes als einen<br />

Gr<strong>und</strong> der nicht <strong>axiomatische</strong>n Struktur der Wissenschaft der Logik angeben. Wenn sie<br />

„mathematisch“, also axiomatisch, aufgebaut wäre, könnte sie sich selbst nicht begründen.<br />

Das Problem der Unvollständigkeit muss jedoch kein Totschlag für einen <strong>axiomatische</strong>n Versuch<br />

der spekulativen Philosophie sein. Der Unvollständigkeitssatz zeigt nur, dass es wenigstens einen<br />

unentscheidbaren Satz gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass <strong>die</strong>ser einzige Satz eine wichtige Tatsache<br />

darstellt, ja sogar der Rede wert wäre, ist gering. In der Praxis <strong>axiomatische</strong>r Wissenschaft geht man<br />

davon aus, dass der Satz unwichtig sei, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Arbeit wird nicht durch ihn behindert. Also hat der<br />

Unvollständigkeitssatz fast keine Folgen für <strong>die</strong> praktische Anwendung <strong>axiomatische</strong>r Systeme. Der<br />

Gödelsche Unvollständigkeitssatz schließt <strong>die</strong> Möglichkeit <strong>des</strong>wegen nicht aus, dass trotz <strong>die</strong>ses<br />

Mangels eine <strong>axiomatische</strong> Vorgehensweise hinreichend für ein allumfassen<strong>des</strong> System derart <strong>Hegel</strong>s<br />

sein könnte.<br />

2.3 <strong>Hegel</strong>s Unterscheidung der Vernunft <strong>und</strong> <strong>des</strong> Verstands<br />

In der Wissenschaft der Logik unterscheidet <strong>Hegel</strong> zwei Denkarten: <strong>die</strong> Vernunft, <strong>die</strong> er als „sachhaltige<br />

<strong>und</strong> konkrete [preist]“ (Bloch 1977, S. 39) <strong>und</strong> den Verstand, den er ablehnt. Ein wesentlicher


Joshua Mendelsohn 19<br />

Unterschied zwischen der Vernunft <strong>und</strong> <strong>des</strong> Verstands bestehe darin, dass nur <strong>die</strong> Vernunft den realen<br />

Widerspruch begreifen kann. Der Verstand erkennt dagegen nicht, „dass der Widerspruch eben das<br />

Erheben der Vernunft über <strong>die</strong> Beschränkungen <strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong> <strong>und</strong> das Auflösen derselben ist“ (WdL I,<br />

S. 39). Ihm fehlt das „Erkenntnis […], dass das Negative ebenso sehr positiv ist oder dass das sich<br />

Widersprechende sich nicht in Null, in das abstrakte Nichts auflöst, […] sondern <strong>die</strong> Negation der<br />

bestimmten Sache“, <strong>und</strong> somit produktiv, ist (WdL I, S. 49). Der Verstand sei <strong>des</strong>wegen statisch, weil<br />

er nicht über seine eigene Bestimmungen hinausgehen kann, sondern „in seinen Trennungen beharrt“<br />

(WdL I, S. 38). Weil dem Verstand <strong>die</strong>ser wesentliche Schritt dialektischen Denkens mangele, sei er in<br />

der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie eine „begrifflose“ Betrachtungsweise (vgl. Gottschlich u. a. 2005, S. 34f).<br />

Die höheren Gestalten <strong>des</strong> Bewusstseins, <strong>und</strong> zwar alle außer den endlichen, sind ihm unfassbar. Aus<br />

<strong>die</strong>sen Gründen eignet sich nur <strong>die</strong> Vernunft für das Projekt der spekulativen Philosophie.<br />

Das Festhalten an Trennungen <strong>und</strong> unveränderlichen Begriffen, das nach <strong>Hegel</strong> für den Verstand<br />

typisch sei, ist auch typisch für <strong>axiomatische</strong>s Denken. Wie schon im ersten Teil besprochen, sind <strong>die</strong><br />

Axiome für den <strong>axiomatische</strong>n Denker unveränderbare Gr<strong>und</strong>annahmen. Außer den Axiomen darf alles<br />

widerlegt <strong>und</strong> verändert werden, aber <strong>die</strong> Axiome <strong>und</strong> Inferenzregeln dürfen nie innerhalb <strong>des</strong> Systems<br />

in Frage gestellt werden. Der <strong>axiomatische</strong> Denker „hält“ in <strong>die</strong>sem Sinne an ihnen „fest“. Weiterhin<br />

sind <strong>axiomatische</strong> Systeme, denen <strong>die</strong> klassische Logik zu Gr<strong>und</strong>e liegt, unfähig, Widersprüche zu<br />

ertragen. Auch in <strong>die</strong>sem Respekt ähneln gewisse <strong>axiomatische</strong> Systeme dem Verstand. Man darf also<br />

zwei Einwände gegen <strong>die</strong> Axiomatik im Kontext der spekulativen Philosophie erheben. Erstens, dass<br />

sie wegen ihrer Starrheit <strong>die</strong> Bewegung der Vernunft nie erreichen kann <strong>und</strong> zweitens, dass ihre häufige<br />

Gr<strong>und</strong>lage, <strong>die</strong> klassische Logik, das Positive <strong>des</strong> Widerspruchs nicht begreife. Auf <strong>die</strong>se zwei<br />

Einwände ist nun jeweils einzugehen.<br />

2.3.1 Dynamische Wahrheit <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

Die Wahrheit ist für <strong>Hegel</strong> dynamisch. Alles gilt für ihn als veränderlich. Nicht nur <strong>die</strong> Resultate einer<br />

Theorie, sondern auch ihre Gr<strong>und</strong>lagen sollen widerlegbar sein. Alle Denkregeln, bis zu den<br />

allereinfachsten hin, wie z. B. A=A, sollen durch <strong>die</strong> Vernunft als ihren eigenen Widerspruch enthaltend<br />

begriffen werden (vgl. Iber 1990, S. 273). Diese ist, wie bereits besprochen, bei einer <strong>axiomatische</strong>n<br />

Theorie nicht der Fall. Die Axiome machen vielmehr eine unveränderbare Gr<strong>und</strong>lage aus.


Joshua Mendelsohn 20<br />

Wenn alles bei <strong>Hegel</strong> wirklich so dynamisch wäre, wie er behauptet, dann könnte keine<br />

Denkweise, <strong>die</strong> in irgendeinem Sinn statisch wäre, in <strong>die</strong>sem Fall also <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong>, in der<br />

spekulativen Philosophie verwendet werden. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass auch<br />

<strong>Hegel</strong> gr<strong>und</strong>legende Annahmen hat, <strong>die</strong> sich nie verändern <strong>und</strong> nie in Frage gestellt werden.<br />

Beispielsweise besteht <strong>Hegel</strong> in seiner gesamten Philosophie darauf, dass <strong>die</strong> „an <strong>und</strong> für sich“-<br />

Betrachtungsweise wesentlich tiefgründiger als <strong>die</strong> bloße „an sich“- oder „für uns“-Betrachtungsweise<br />

sei. Zu den Annahmen, <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong> nie in Frage stellt, gehören auch (a) dass <strong>die</strong> Wahrheit eine<br />

erkennbare Struktur überhaupt habe, (b) das man über <strong>die</strong> intellektuelle Anschauung verfügen könne,<br />

<strong>und</strong> (c) dass <strong>die</strong> Sprache fähig sei, <strong>die</strong> Philosophie darzustellen. Da auch <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong>sche Philosophie auf<br />

<strong>die</strong>sen unausgesprochenen Gr<strong>und</strong>annahmen beruht, hält sie auch an bestimmten Wahrheiten fest. Das<br />

starre Festhalten der Axiomatik an gewisse Wahrheiten überhaupt spricht also nicht gegen ihre Eignung<br />

für <strong>die</strong> spekulative Philosophie.<br />

2.3.2 Der Widerspruch als Werkzeug der Vernunft<br />

Man könnte auch einwenden, dass sich <strong>die</strong> klassische Logik nicht für <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong>sche Philosophie eigne,<br />

weil <strong>die</strong> klassische Logik keinen Widerspruch erlaubt, während der Widerspruch <strong>die</strong> treibende Kraft<br />

der Vernunft bei <strong>Hegel</strong> ist. Hier muss man aber vorsichtig sein. Dass kein Widerspruch zu den<br />

bewiesenen Sätzen einer klassischen logischen Theorie gehören darf, heißt nicht, dass <strong>die</strong><br />

Widersprüche für <strong>die</strong> klassische Logik ein leeres „Nichts“ ohne Inhalt seien. Das Gegenteil ist hier der<br />

Fall. Sie liegen einer der wichtigsten Beweismethoden der klassischen Logik, dem Beweis durch<br />

Widerspruch, zugr<strong>und</strong>e. Diese Beweismethode beruht auf der Annahme, dass kein Widerspruch wahr<br />

sein kann. Sie erfolgt dadurch, dass man aufzeigt, dass sich das Gegenteil ¬S eines Satzes S, der zu<br />

beweisen ist, sich widerspricht <strong>und</strong> folgt daraus, dass S wahr sein muss, weil ihr Gegenteil ¬S<br />

widersprüchlich, also falsch, ist. Daher spielen Widersprüche eine wichtige Rolle in der klassischen<br />

Logik. Obwohl der Widerspruch selbst nicht bewiesen wird, ermöglicht es das Denken <strong>des</strong><br />

Widerspruchs, positive Fakten zu beweisen.<br />

Zum Beispiel will man beweisen, dass es keine größte natürliche Zahl 3 gibt, so nimmt man das<br />

Gegenteil <strong>die</strong>ser Aussage an, nämlich, dass es doch eine allergrößte natürliche Zahl gibt. Bezeichnen<br />

wir nun <strong>die</strong>se vermeintlich allergrößte Zahl als n. Die Annahme, dass es eine solche Zahl gibt, erweist<br />

3 Die „natürlichen Zahlen“ sind <strong>die</strong> ganzen Zählnummer 1, 2, 3, 4...


Joshua Mendelsohn 21<br />

sich als widersprüchlich, wenn man <strong>die</strong> Zahl n + 1 betrachtet. Diese Zahl ist offensichtlich auch eine<br />

natürliche Zahl (ist sechs eine ganze Zählnummer, so auch sieben), aber eben auch eine, <strong>die</strong> größer als<br />

n ist. Deswegen ist n nicht <strong>die</strong> größte natürliche Zahl, denn <strong>die</strong> natürliche Zahl n + 1 ist größer. Wir<br />

haben also einen Widerspruch erzeugt: dass n <strong>die</strong> größte natürliche Zahl ist (nach unserer Annahme)<br />

<strong>und</strong> zugleich nicht <strong>die</strong> größte (wegen n + 1). In <strong>die</strong>sem Fall verwirft man <strong>die</strong> Prämisse <strong>des</strong> Beweises,<br />

dass es eine allergrößte Zahl gibt. Weil <strong>die</strong>se Prämisse nun falsch ist, muss ihr Gegenteil – dass es doch<br />

keine allergrößte natürliche Zahl gibt – wahr sein. Also schließt man: Es gibt keine größte natürliche<br />

Zahl.<br />

Betrachten wir den Verlauf <strong>die</strong>ses Beweises näher. Die Wahrheit der natürlichen Zahlen ist in<br />

<strong>die</strong>sem Fall ihre Unendlichkeit. Diese Wahrheit konnten wir allerdings nicht direkt begreifen. Wir<br />

mussten erst auf <strong>die</strong> Seite der Unwahrheit gehen, <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Unwahrheit als solche erkennen, um<br />

letztendlich bei der Wahrheit anzukommen. Anders gesagt wurde <strong>die</strong> Wahrheit durch ihr Gegenteil<br />

vermittelt. In der klassischen Logik bewirkt der Widerspruch somit den Übergang vom Unwahren zum<br />

Wahren. Das Widersprüchliche bleibt in der klassischen Logik kein „abstraktes Nichts“. Der<br />

Widerspruch spielt eine aktive, treibende Rolle bei der klassischen Logik, obwohl er immer schließlich<br />

verworfen wird.<br />

Diese Behandlung <strong>des</strong> Widerspruchs in der klassischen Logik scheint beim ersten Eindruck<br />

nichts<strong>des</strong>toweniger in Konflikt mit dem <strong>Hegel</strong>schen „Satz <strong>des</strong> Widerspruchs“ zu stehen. Letzterer<br />

besagt: „Alle Dinge sind an sich selbst widersprechend“ (WdL II, S. 74). Man muss allerdings den<br />

weiteren Kontext <strong>die</strong>ses Satzes erkennen. In der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie gibt es zwar überall<br />

Widersprüche, aber <strong>die</strong>se existieren nur, um sich selbst aufzulösen (vgl. Iber 1990, S. 503). Es folgt<br />

daraus, dass in einer Logik, <strong>die</strong> das <strong>Hegel</strong>sche Projekt darstellen soll, Widersprüche auflösbar oder<br />

widerlegbar sein sollen. Wie gezeigt, erfüllt <strong>die</strong> klassische Logik <strong>die</strong>se Bedingung. Man darf <strong>die</strong><br />

klassische Logik daher nicht aufgr<strong>und</strong> ihrer Unverträglichkeit <strong>des</strong> Widerspruchs verwerfen.<br />

2.4 Die Idee <strong>des</strong> Wahren<br />

Die <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> hat auch gewisse Ähnlichkeiten mit der dritthöchsten Stufe der<br />

Wissenschaft der Logik, <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong> „<strong>die</strong> Idee <strong>des</strong> Wahren“ nennt. Wenn sich <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong>


Joshua Mendelsohn 22<br />

als identisch mit der Idee <strong>des</strong> Wahren erweisen würde, wäre sie für das gesamte Werk abzulehnen, denn<br />

sie könnte bestenfalls <strong>die</strong>se Stufe der Logik erreichen. Der Gegenstand der Logik, <strong>die</strong> absolute Idee,<br />

läge in <strong>die</strong>sem Fall außer ihrer Reichweite. Ob <strong>die</strong> Axiomatik nun über <strong>die</strong> Idee <strong>des</strong> Wahren<br />

hinausgeht, soll in <strong>die</strong>sem Teil beantwortet werden.<br />

<strong>Hegel</strong>s Darlegung der Idee <strong>des</strong> Wahren besteht hauptsächlich aus zwei Teilen, <strong>und</strong> zwar aus dem<br />

analytischen <strong>und</strong> dem synthetischen Erkennen. Der folgender Abschnitt soll <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong><br />

mit der Idee <strong>des</strong> Wahren vergleichen, um zu entscheiden, ob <strong>Hegel</strong>s hier angegebene Kritiken treffend<br />

sind.<br />

2.4.1 Das analytische Erkennen<br />

<strong>Hegel</strong> identifiziert das analytische Erkennen als <strong>die</strong> Hauptmethode der Mathematik (vgl. WdL II, S.<br />

505) <strong>und</strong> ordnet ihm das ausschließlich mechanische Denken, zu dem unter anderem Zählen gehört, zu<br />

(vgl. WdL II, S. 507). Diese Denkweise sei „ihrer Natur nach auch ein ganz äußerliches, gedankenloses<br />

Tun“, <strong>die</strong> „auch eine Maschine verrichten kann“ (ebd.). Zunächst meint man eine große Ähnlichkeit<br />

zwischen der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> <strong>und</strong> dem analytischen Erkennen feststellen zu können. Wie im<br />

ersten Teil erklärt wurde, macht <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> <strong>die</strong> Durchführung eines Beweises zu einer<br />

völlig syntaktischen Aufgabe: Um eine wahre Aussage axiomatisch abzuleiten, muss man lediglich<br />

bestimmte Regeln auf eine beliebige Reihenfolge von Symbolen anwenden. Die Gültigkeit eines<br />

<strong>axiomatische</strong>n Beweises kann <strong>des</strong>wegen tatsächlich von einer Maschine, zum Beispiel von einem<br />

Computer, überprüft werden.<br />

Axiomatisch vorzugehen bedeutet aber viel mehr als lediglich mechanisch vorzugehen. Obwohl<br />

eine Maschine einen Beweis überprüfen kann, ist keine Maschine dazu fähig, neue Beweise zu<br />

generieren. Dies folgt aus einem zentralen Ergebnis der Berechenbarkeitstheorie, dem sogenannten<br />

Unentscheidbarkeitssatz, der besagt, dass es kein einziges mechanisches Verfahren gibt, das unfehlbar<br />

entscheiden kann, ob ein gegebener Satz aus gegebenen Axiomen folgt (vgl. Davis 1982, S. 69). Die<br />

Ableitung eines Satzes in einem <strong>axiomatische</strong>n System ist <strong>des</strong>wegen ein kreativer, vernünftiger<br />

Prozess, bei dem man auf kein einziges, unfehlbares Verfahren zurückgreifen kann. Man darf <strong>die</strong><br />

<strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> also nicht aufgr<strong>und</strong> ihrer vermeintlich mechanischen Natur ablehnen.


Joshua Mendelsohn 23<br />

Außerdem ist <strong>die</strong> Unterscheidung, <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong> zwischen analytischen <strong>und</strong> synthetischen<br />

Aufgaben der Mathematik vornimmt, nicht kohärent. Er behauptet, eine Aufgabe sei analytisch, wenn<br />

ihre Lösung nur von Bestimmungen abhängt, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Aufgabe selbst gesetzt sind. Sie sei<br />

synthetisch, insofern sie auf Bestimmungen ankommt, <strong>die</strong> sie nicht vorschreibt (vgl. WdL II, S. 510).<br />

Die Aufgabe der Addition zweier Zahlen sei beispielsweise analytisch, denn <strong>die</strong> Bedingungen der<br />

Aufgabe setzten schon voraus, dass man mit der ersten Zahl anfängt, <strong>und</strong> sie hochzählt, bis man <strong>die</strong><br />

Summe erreicht (vgl. WdL II, S. 509). Dahingegen sollen komplexere Aufgaben der Analysis, wie z. B.<br />

<strong>die</strong> Berechnung primitiver Wurzeln 4 , synthetisch sein (vgl. ebd.).<br />

<strong>Hegel</strong>s Unterscheidung analytischer <strong>und</strong> synthetischer Aufgaben scheint sich auf <strong>die</strong><br />

Überzeugung zu basieren, dass es sowohl Aufgaben gibt, <strong>die</strong> ihr Lösungsverfahren schon angeben, als<br />

auch Aufgaben, über <strong>die</strong> man nachdenken muss, um das Lösungsverfahren festzustellen. Dennoch<br />

enthalten sogar <strong>die</strong> einfachsten Aufgaben der Mathematik kein Lösungsverfahren. Um zwei Zahlen a<br />

<strong>und</strong> b zu ad<strong>die</strong>ren, muss man schon wissen, wie man hochzählt, <strong>und</strong> dass b <strong>die</strong> Dauer <strong>des</strong> Hochzählens<br />

bestimmen soll. Nur <strong>die</strong> Vertrautheit mit solchen Aufgaben mag den falschen Eindruck erwecken, dass<br />

das Verfahren schon innerhalb der Aufgabe festgelegt sei. Andererseits könnte das Finden primitiver<br />

Wurzeln einem Mathematiker, dem das Lösungsverfahren vertraut wäre, so einfach wie eine Addition<br />

vorkommen. <strong>Hegel</strong>s Behandlung <strong>des</strong> analytischen Erkennens ist also problematisch, <strong>des</strong>gleichen seine<br />

Gleichsetzung <strong>des</strong>sen mit mechanischem Denken.<br />

2.4.2 Das synthetische Erkennen<br />

In dem Abschnitt über das synthetische Erkennen gibt <strong>Hegel</strong> eine explizite Kritik <strong>des</strong> „Axioms“ an. Er<br />

argumentiert folgendermaßen: Wenn <strong>die</strong> Axiome einer Wissenschaft mehr als „bloße Tautologien“<br />

(WdL II, S. 529) sind, benötigen sie einen Beweis. Sie pflegten dann aber „mit Unrecht gewöhnlich als<br />

absolut Erste genommen zu werden, als ob sie an <strong>und</strong> für sich keines Beweises bedürften“ (WdL II, S.<br />

4 Hier bezieht sich <strong>Hegel</strong> auf <strong>die</strong> damals gerade erf<strong>und</strong>ene <strong>Methode</strong>, eine Gleichung der Form x n = 1 mit komplexen Zahlen<br />

zu lösen. Zum Beispiel fragt <strong>die</strong> Aufgabe für den Fall n = 4 nach denjenigen Zahlen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Bedingung<br />

x× x×x× x=1 erfüllen. Unter den normalen Zahlen gibt es nur zwei Zahlen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Bedingung erfüllen: -1 <strong>und</strong> 1.<br />

Man kann allerdings mehr Lösungen finden, wenn man auch <strong>die</strong> „komplexen Zahlen“ (eine Erweiterung der normalen<br />

Zahlen, so dass <strong>die</strong> -1 eine Quadratwurzel besitzt) in Betracht einbezieht. In dem Fall versteht man <strong>die</strong> Potenzoperation als<br />

eine Rotation um den Einheitskreis <strong>und</strong> löst <strong>die</strong> Gleichung mit Hilfe der Sinus-Funktion. So erhält man vier Lösungen für<br />

den Fall n = 4 <strong>und</strong>, allgemein gesagt, n Lösungen der Gleichung x n = 1. Eine ausführliche Darstellung <strong>die</strong>ses Verfahren ist in<br />

fast jedem Buch über komplexe Analysis zu finden, wie z. B. Gamelin 2001, S. 9.


Joshua Mendelsohn 24<br />

529), denn sie sind eigentlich nur „relative Erste“ (ebd.), das heißt, <strong>die</strong> Resultate einer anderen<br />

Wissenschaft. <strong>Hegel</strong> folgert, dass „<strong>die</strong> Axiome […] an <strong>und</strong> für sich betrachtet eines Beweises<br />

[bedürfen]“, <strong>und</strong> <strong>des</strong>wegen nicht als absolute Anfangspunkte gelten dürften.<br />

Dieser Standpunkt zur Axiomatik stimmt mit der Ansicht der modernen Mathematik, wie im<br />

ersten Teil <strong>die</strong>ser Arbeit dargestellt, überein. Beide halten Axiome nicht für absolute, sondern nur<br />

relative, Ausgangsthesen. <strong>Hegel</strong>s Argumentation scheitert allerdings daran, dass er <strong>die</strong> Kraft einer<br />

„bloße[n] Tautologie“ unterschätzt. Er schließt <strong>die</strong> Möglichkeit aus, dass eine Wissenschaft auf<br />

tautologischen Axiomen beruhen kann. Die Axiome mancher Theorien der Mathematik <strong>und</strong> der Logik<br />

beruhen jedoch auf Axiomen, <strong>die</strong> lediglich analytisch, also tautologisch, sind. Es gehört zu den größten<br />

Leistungen der Axiomatik, dass komplexe, synthetische Lehrsätze aus analytischen Prämissen gefolgert<br />

wurden. Zum Beispiel besagen <strong>die</strong> Axiome der Numerik nur, dass <strong>die</strong> Null eine Zahl ist, dass <strong>die</strong> Null<br />

keine (positiven) Vorgänger hat, dass jede Nummer einen Nachfolger hat, usw. (vgl. Nelson 1989, S.<br />

322). Hierbei handelt es sich um keine synthetischen Aussagen, sondern nur um Bestimmungen, <strong>die</strong><br />

schon im Konzept der Null bzw. der Zahl enthalten sind. Diese tautologischen Axiome bilden jedoch<br />

<strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>lage, von der sich <strong>die</strong> komplexen Lehrsätze der Numerik ableiten lassen. Ähnlich beruht <strong>die</strong><br />

formale Logik auf rein tautologischen Axiomen, aus denen alle logischen Lehrsätze gefolgert werden.<br />

Die drei Axiome der Wahrscheinlichkeitstheorie, um noch ein Beispiel zu erwähnen, sind auch kaum<br />

mehr als Tautologien. Sie besagen lediglich, dass jede Wahrscheinlichkeit entweder null oder positiv<br />

ist, dass je<strong>des</strong> sichere Ereignis stattfindet, <strong>und</strong> dass zwei Ereignisse, <strong>die</strong> nicht zusammen auftreten<br />

können, <strong>die</strong> Wahrscheinlichkeit <strong>des</strong> jeweils anderen Ereignisses nicht beeinflussen können (vgl.<br />

Gharamani 2005, S. 12).<br />

Wenn also Axiome tautologisch sein dürfen, darf <strong>Hegel</strong> sie nicht aufgr<strong>und</strong> ihres Mangels an<br />

Beweisbarkeit ablehnen, da <strong>Hegel</strong> selbst impliziert, dass Tautologien als unmittelbare Tatsachen keinen<br />

Beweis nötig haben (vgl. WdL II, S. 529). Seine explizite Kritik am Axiom scheitert also in Anbetracht<br />

<strong>des</strong> modernen Fortschreitens der <strong>axiomatische</strong>n Wissenschaften, das aufzeigt, wie Tautologien als<br />

Axiome <strong>die</strong>nen können. Die Kritikpunkte, <strong>die</strong> in <strong>Hegel</strong>s Abhandlung über <strong>die</strong> Idee <strong>des</strong> Wahren zu<br />

finden sind, sowohl in dem Abschnitt über das analytische als auch in dem Teil über das analytische<br />

Erkennen, sind also nicht erfolgreich.


Joshua Mendelsohn 25<br />

3 Weitere Möglichkeiten für eine formale spekulative<br />

Philosophie<br />

Obwohl keine der oben dargestellten Kritiken an der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> letztlich ganz erfolgreich<br />

waren, zeigten sie trotzdem Probleme für eine <strong>axiomatische</strong> Theorie der spekulativen Philosophie auf.<br />

Viele <strong>die</strong>ser Probleme, insbesondere das Problem der Unvollständigkeit <strong>und</strong> das der Unverträglichkeit<br />

<strong>des</strong> Widerspruchs, tauchen in Verbindung mit der klassischen Logik auf. Es ergibt sich also <strong>die</strong> Frage,<br />

ob <strong>die</strong>se Probleme durch eine alternative logische Gr<strong>und</strong>lage vermieden werden können. In <strong>die</strong>sem<br />

letzten Teil wird untersucht, inwiefern sich alternative Logiken bzw. verschiedene <strong>Methode</strong>n, <strong>die</strong> der<br />

Axiomatik ähneln, besser für ein formales System der Wissenschaft der Logik eignen.<br />

3.1 Parakonsistente Logik<br />

Die erst vor kurzem entwickelte parakonsistente Logik weicht von der klassischen Logik ab, indem sie<br />

es gewissen Widersprüchen erlaubt, als wahr zu gelten. Dadurch vermeidet sie das „Explosion“-<br />

Phänomen (4.2.1) der klassischen Logik. Wegen der Rolle der Widersprüche in der spekulativen<br />

Philosophie schlägt sie sich als eine alternative Gr<strong>und</strong>lage eines spekulativen Axiomensystems vor.<br />

Darüber hinaus ist der Mitbegründer der parakonsistenten Logik, Graham Priest, der Meinung, <strong>die</strong>se<br />

Logik sei vereinbar mit <strong>Hegel</strong>s „Satz <strong>des</strong> Widerspruchs“ (vgl. Redding 2007, S. 201).<br />

Wie allerdings oben erörtert (4.4.2), spricht <strong>die</strong> Unverträglichkeit <strong>des</strong> Widerspruchs in der<br />

klassischen Logik nicht gegen ihre Eignung für <strong>die</strong> spekulative Philosophie. Im Gegenteil erhält <strong>die</strong><br />

Vernunft eine höhere Einsicht durch <strong>die</strong> Widerlegung <strong>des</strong> Widerspruchs in der klassischen Logik. Eine<br />

Logik, <strong>die</strong> Widersprüche lediglich erträgt, ohne sie aufzuheben, wäre für <strong>die</strong> spekulative Philosophie<br />

noch unpassender als <strong>die</strong> klassische Logik. Solch eine Logik, <strong>die</strong> mechanisch <strong>und</strong> verstan<strong>des</strong>mäßig<br />

vorgeht, aber Widersprüche erlaubt, hätte <strong>Hegel</strong> vermutlich für einen eindeutigen Missbrauch <strong>des</strong><br />

Verstan<strong>des</strong> gehalten. Die parakonsistente Logik eignet sich <strong>des</strong>wegen nicht für <strong>die</strong> spekulative<br />

Philosophie.


Joshua Mendelsohn 26<br />

3.2 Mehrwertige Logik<br />

In der klassischen Logik kann man nur zwei Extremen von Wahrheit darstellen: vollkommene<br />

Wahrheit, <strong>die</strong> man mit „1“ bezeichnet, <strong>und</strong> vollkommene Falschheit, <strong>die</strong> man mit „0“ bezeichnet. Jede<br />

Aussage muss einen <strong>die</strong>ser zwei Werte annehmen. Es ist daher unmöglich (oder wenigstens sehr<br />

schwierig) in der klassischen Logik zu repräsentieren, dass eine Aussage teilweise wahr, oder weder<br />

wahr noch falsch, sei. Dieses Problem ist wichtig für <strong>die</strong> Aufgabe der Wissenschaft der Logik, da es in<br />

ihr darum geht, sich der Wahrheit stufenweise anzunähern, ohne dass jede Stufe <strong>die</strong> ganze Wahrheit<br />

schon ausdrücken muss. Darum eignet sich für <strong>die</strong> Aufgabe der Logik keine <strong>Methode</strong>, <strong>die</strong> nur <strong>die</strong><br />

beiden Extremen von Wahrheit, wahr <strong>und</strong> falsch, anerkennt.<br />

Eine sogenannte mehrwertige Logik vermeidet <strong>die</strong>ses Problem, indem sie mehr als zwei<br />

Wahrheitswerte erlaubt. Zum Beispiel kann eine Aussage in einer dreiwertigen Logik nicht nur <strong>die</strong><br />

Werte „1“ (vollkommen wahr) <strong>und</strong> „0“ (vollkommen falsch) annehmen, sondern auch einen dritten<br />

Wert, den man mit ½ bezeichnen kann. Der dritte Wert wird oft als teilweise wahr interpretiert (vgl.<br />

Ackerman 1967, S. 22f). Nach <strong>die</strong>ser Interpretation wäre eine Aussage mit Wahrheitswert ½ weder<br />

vollkommen wahr noch vollkommen falsch, sondern einigermaßen wahr. Zum Beispiel könnte man der<br />

Aussage „Das Sein ist ein Unmittelbares“ in einer mehrwertigen Logik den Wert ½ zuschreiben, um<br />

auszudrücken, dass <strong>die</strong>se Aussage in Bezug auf den Anfang wahr ist, während man <strong>die</strong> Aussage als<br />

falsch werten muss, was <strong>die</strong> absolute Idee anbetrifft, weil <strong>die</strong> absolute Idee zum Sein wird <strong>und</strong> das Sein<br />

also durch sie vermittelt wird. Eine raffinierte Anwendung könnte so viele Wahrheitswerte verwenden,<br />

wie es Denkbestimmungen in der Wissenschaft der Logik gibt, damit <strong>die</strong> aufeinanderfolgenden<br />

Denkbestimmungen immer höhere Wahrheitswerte zugeschrieben werden würden, so dass <strong>die</strong> absolute<br />

Idee schließlich den Wert „1“ (vollkommene Wahrheit) erhielte.<br />

Trotz <strong>die</strong>ser Vorzüge besitzt <strong>die</strong> mehrwertige Logik als eine Gr<strong>und</strong>lage für <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong><br />

<strong>Methode</strong> viele derselben Mankos wie <strong>die</strong> klassische Logik. Eben wie bei einer klassischen Logik<br />

werden <strong>die</strong> Axiome, den Anfang also, vorausgesetzt, nicht abgeleitet. Die Axiome bleiben auch<br />

konstant <strong>und</strong> werden nie in Frage gestellt. Ferner riskiert man, Widersprüche durch <strong>die</strong> Anwendung der<br />

mehrwertigen Logik aufzulösen, weil man wahre, sich widersprechende Aussagen für partielle<br />

Wahrheiten erklären kann. Zum Beispiel würde man den Aussagen A <strong>und</strong> nicht-A beide den<br />

Wahrheitswert ½ zuschreiben, so könnte man sowohl A als auch nicht-A ohne Widerspruch für Wahr


Joshua Mendelsohn 27<br />

halten, da nur entgegengesetzte Aussagen, <strong>die</strong> als vollkommen wahr ausgewertet werden, als<br />

widersprüchlich gelten. Solch eine Auflösung <strong>des</strong> Widerspruch ist, wie im vorigen Abschnitt<br />

besprochen, kein Vorteil im Kontext der spekulativen Philosophie. Man riskieren bei der mehrwertigen<br />

wie bei der parakonsistenten Logik, <strong>die</strong> Vernunft vom Denkprozess auszuschließen, weil der<br />

Widerspruch lediglich vermieden wird, <strong>und</strong> so weder begriffen noch aufgehoben wird.<br />

3.3 Experimentelle Logik<br />

R. G. Jereslow (1975) hat logische Systeme untersucht, <strong>die</strong> nach der Versuchs-<strong>und</strong>-Irrtums-<strong>Methode</strong><br />

vorgehen. In solch einer „experimentellen Logik“ geht man, wie auch bei einem <strong>axiomatische</strong>n System,<br />

nach bestimmten Gr<strong>und</strong>regeln, <strong>die</strong> auf den entsprechenden Ausgangsthesen basieren, vor. Im<br />

Unterschied zur Axiomatik hält man <strong>die</strong>se Regeln <strong>und</strong> Thesen jedoch nicht für absolut unwiderlegbar,<br />

sondern nur für provisorische Wahrheiten. Wenn <strong>die</strong> aktuellen „Axiome“ zu einem Widerspruch führen<br />

oder sich auf sonstige Weise als mangelhaft erweisen, werden sie abgelehnt <strong>und</strong> neue Aussagen an ihrer<br />

Stelle adoptiert. Auf <strong>die</strong>se Weise probiert man in der experimentellen Logik verschiedene Axiome aus,<br />

bis <strong>die</strong> geeignetsten ermittelt werden.<br />

Die experimentelle Logik ist von großem Interesse für <strong>die</strong> spekulative Philosophie, da sie viele<br />

der oben besprochenen Mängel der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> überwindet. Erstens besteht für <strong>die</strong><br />

experimentelle Logik das Problem <strong>des</strong> Anfangs der Philosophie nicht, weil <strong>die</strong> Ausgangsthesen, mit<br />

denen sie zunächst beginnt, ersetzt werden können. Der Anfang ist daher, wie <strong>Hegel</strong> forderte, nur<br />

vorläufig gesehen ein solcher <strong>und</strong> erhebt keinen falschen Anspruch auf absolute Wahrheit. Man fängt,<br />

wie in der von <strong>Hegel</strong> gepriesenen Philosophie von Karl Leonhard Reinhold (vgl. WdL I, S. 69), nur mit<br />

einer Hypothese, <strong>die</strong> noch zu rechtfertigen ist, an, oder in <strong>Hegel</strong>s Worten, „nur mit einem<br />

hypothetischen <strong>und</strong> problematischen Wahren“ (WdL I, S. 69). In der experimentellen Logik macht <strong>die</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lage selbst einen Teil der Diskurses aus, weil <strong>die</strong> Ausgangsthesen nicht als unantastbare<br />

Voraussetzungen gelten, was ja im Bereich der Axiomatik ein zentrales Problem darstellt, sondern<br />

überprüft, verworfen, ersetzt <strong>und</strong> verglichen werden. Auf <strong>die</strong>se Weise überwindet <strong>die</strong> experimentelle<br />

Logik auch <strong>die</strong> Verwerfung der Äußerlichkeit der Axiome.<br />

Die experimentelle Logik passt auch natürlicher als <strong>die</strong> Axiomatik zur Struktur der Dialektik. Die


Joshua Mendelsohn 28<br />

Dialektik lässt sich selbst als eine Art der Versuchs-<strong>und</strong>-Irrtums-<strong>Methode</strong> betrachten. In einem<br />

dialektischen Denkprozess wird eine Ansicht zunächst formuliert, manchmal ohne hinreichende<br />

Begründung. Wenn <strong>die</strong>ser Standpunkt von sich selbst seinen Gegenteil erzeugt <strong>und</strong> sich somit als sein<br />

Widerspruch zeigt, wird er „erhoben“, so dass seine positiven Aspekten aufbewahrt werden, während er<br />

zugleich in eine höhere, raffinierte Form übergeht. Dieser Vorgang ähnelt der Arbeitsweise der<br />

experimentellen Logik sehr: Axiome werden ausprobiert, aber wenn sie zu Widersprüchen führen,<br />

wird eine neue, raffiniertere Axiomenmenge adoptiert.<br />

Vielleicht der größte Vorzug <strong>die</strong>ser Logik ist aber der, dass sie viel besser als <strong>die</strong> Axiomatik<br />

widerspiegelt, wie <strong>die</strong> Vernunft in der Welt eigentlich operiert. Die Wissenschaft geht tatsächlich<br />

größtenteils nach der Versuchs-<strong>und</strong>-Irrtums-<strong>Methode</strong> vor. Die richtigen Axiome für eine Wissenschaft<br />

werden selten auf erstem Versuch entdeckt, sondern man muss viele Varianten ausprobieren, bis man<br />

<strong>die</strong> richtigen Axiome findet. Dazu bemerkt Kondakow (1978), „in Wirklichkeit ändern sich <strong>und</strong><br />

vervollkommnen sich <strong>die</strong> Axiomensysteme im Prozess der historischen Entwicklung der Erkenntnis.“<br />

Auch wenn Axiome als vollendete Wahrheiten innerhalb <strong>des</strong> Axiomensystems behandelt werden,<br />

spielen sie <strong>die</strong>se Rolle also nicht in der Welt. Diese Tatsache wäre für <strong>Hegel</strong> sehr wichtig, weil <strong>die</strong><br />

Vernunft, <strong>die</strong> in der Wissenschaft der Logik untersucht wird, dem wirklichen vernünftigen Prozess, der<br />

in der Welt stattfindet, entsprechen soll. Dementsprechend muss <strong>die</strong> <strong>Methode</strong>, mit der <strong>die</strong> Vernunft<br />

untersucht wird, das reale Verhalten der Vernunft wiedergeben.<br />

Trotz <strong>die</strong>ser Vorzüge bestehen auch Probleme für <strong>die</strong> experimentelle Logik. Eine Version <strong>des</strong><br />

Unvollständigkeitssatzes gilt auch für sie (vgl. Jereslow 1975, S. 253), weswegen wenigstens eine<br />

Aussage über <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik notwendigerweise außer ihrer Reichweite bleiben müsste.<br />

Jereslow fordert für seine Logik auch, dass <strong>die</strong> Ereignisse, <strong>die</strong> eine Änderung der Axiome verursachen,<br />

mechanisch seien. Ähnlich soll <strong>die</strong> Darlegung der neuen Axiome mechanisch determiniert sein. Er<br />

erklärt, dass <strong>die</strong>se Bedingung im Einklang mit einem positivistischen Menschen- bzw. Weltbild steht,<br />

das Bild eines mechanischen Wesens in einer mechanischen Welt (vgl. Jereslow, S. 254f). Diese<br />

Bedingung ist jedoch sicherlich nicht im Einklang mit der <strong>Hegel</strong>schen Ansicht, <strong>die</strong> alle Realität<br />

letztendlich auf den Geist zurückführt, <strong>und</strong> welche <strong>die</strong> menschliche Vernunft als schlechthin getrennt<br />

vom mechanischen Verstand versteht. Trotz ihrer Vorzüge passt also auch <strong>die</strong> experimentelle Logik<br />

nicht ganz zur Ansicht der Wissenschaft der Logik.


Joshua Mendelsohn 29<br />

4 Schlusswort<br />

Eine nicht <strong>axiomatische</strong> Wissenschaft geht das Risiko ein, zu einer endlosen Kette von Fragen zu<br />

werden. Durch <strong>die</strong> Axiomatik vermeidet man <strong>die</strong>ses Risiko, indem <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>annahmen, <strong>die</strong> als<br />

Ausgangspunkte <strong>die</strong>nen, festgelegt werden. <strong>Hegel</strong>s Ablehnung der Axiomatik lässt sich auf vielerlei<br />

Weisen begründen. Einerseits gibt es eine historische Erklärung: Die Axiomatik war sehr eng mit den<br />

numerischen Wissenschaften verb<strong>und</strong>en, gegen <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong> reagierte.<br />

<strong>Hegel</strong> lehnt <strong>die</strong> <strong>axiomatische</strong> <strong>Methode</strong> jedoch hauptsächlich aus philosophischen Gründen ab.<br />

Er wollte, dass sein Werk von keinerlei äußeren Voraussetzungen anfängt, sondern selbst einen<br />

„absoluten“ Anfang macht. Dieser Ansatz stellt zwar einen guten Gr<strong>und</strong> für <strong>die</strong> Ablehnung dar, aber<br />

das hochmütige Ziel, <strong>die</strong> Philosophie ganz ohne externen Annahmen zu beginnen, ist <strong>Hegel</strong> nicht<br />

gelungen, weil seine „Kündigung eines Anfangs“ soviel wie ein Axiom beinhaltet, <strong>und</strong> seine<br />

Vorstellung von einem „in sich zurückgehende[n] Kreis“ wäre unfähig, als Gr<strong>und</strong>lage für <strong>die</strong> restliche<br />

Philosophie zu <strong>die</strong>nen.<br />

Die Axiomatik scheint aus vielerlei Gründen für <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik nicht geeignet zu<br />

sein. Erstens, weil <strong>die</strong> Elementen <strong>des</strong> Diskurses bei der Axiomatik Propositionen sind, während<br />

„vorpropositionale Sachverhalte“ den Inhalt der Logik ausmachen. Dieses Problem ist aber nur ein<br />

scheinbares, weil <strong>die</strong> Wissenschaft der Logik ihren vorpropositionalen Inhalt nicht direkt beschreibt,<br />

sondern nur auf ihn hinweist, <strong>und</strong> <strong>des</strong>wegen doch propositional ausdrückbar ist.<br />

Zweitens hat <strong>Hegel</strong> erkannt, dass sich kein <strong>axiomatische</strong>s System vollständig auf sich selbst<br />

beziehen könnte. Diese Beobachtung, <strong>die</strong> auch im zwanzigsten Jahrh<strong>und</strong>ert durch den Gödelschen<br />

Unvollständigkeitssatz zur Geltung kam, wirft Probleme für <strong>axiomatische</strong> Systeme im Zusammenhang<br />

der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie auf, da <strong>die</strong> Logik sich mit sich selbst befassen soll. Obwohl <strong>die</strong>ses Problem<br />

letztendlich unüberwindbar ist, muss es <strong>die</strong> Möglichkeit eines <strong>axiomatische</strong>n Herangehens in der<br />

Philosophie <strong>Hegel</strong>s nicht völlig ausschließen.<br />

Noch eine Rechtfertigung für <strong>die</strong> Ablehnung ist in <strong>Hegel</strong>s Unterscheidung zweier Denkarten,<br />

der Vernunft <strong>und</strong> <strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong>, zu finden. Das Festhalten an Axiomen ähnelt der Denkweise <strong>des</strong>


Joshua Mendelsohn 30<br />

Verstan<strong>des</strong>, über <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong> hinaus will. Weiterhin scheint <strong>die</strong>ses Festhalten in Konflikt mit der<br />

Beweglichkeit der Vernunft zu stehen. Dass <strong>die</strong> Axiomatik gewisse Gr<strong>und</strong>annahmen nie in Frage stellt,<br />

soll allerdings nicht gegen ihre Anwendung in der Logik sprechen, da es auch Gr<strong>und</strong>annahmen in der<br />

Logik gibt, <strong>die</strong> nie angezweifelt werden. Der Einwand, dass <strong>die</strong> klassische Logik <strong>die</strong> Bewegung der<br />

Vernunft nie richtig darstellen könne, weil sie Widersprüche nicht verträgt, ist ebenso nicht erfolgreich.<br />

In der klassischen Logik werden Widersprüche nicht bloß ignoriert, oder in „das abstrakte Nichts“<br />

aufgelöst, sondern begriffen <strong>und</strong> widerlegt, weswegen ihre Unverträglichkeit der Widersprüche<br />

eigentlich vorteilhaft im Kontext der Logik ist. Widersprüche vermitteln <strong>die</strong> Wahrheit in der klassischen<br />

Logik <strong>und</strong> stellen <strong>die</strong> Bewegung der Vernunft dar.<br />

Im Kapitel „Die Idee <strong>des</strong> Wahren“ verwirft <strong>Hegel</strong> <strong>die</strong> ausschließlich mechanische Denkweise<br />

<strong>des</strong> analytischen Erkennens. Das analytische Erkennen ist aber nicht mit <strong>axiomatische</strong>m Denken zu<br />

gleichzusetzen, weil man beim <strong>axiomatische</strong>n Denken, wie der Unentscheidbarkeitssatz aufzeigt, auf<br />

kein einziges, unfehlbares Verfahren zugreifen kann. Darüber hinaus ist der Unterschied, den <strong>Hegel</strong><br />

zwischen dem analytischen <strong>und</strong> dem synthetischen Erkennen macht, nicht kohärent.<br />

<strong>Hegel</strong>s explizite Behandlung <strong>des</strong> „Axioms“ ist auch in <strong>die</strong>sem Kapitel zu finden. Obwohl <strong>Hegel</strong><br />

Recht hat, wenn er behauptet, dass Axiome nur in Bezug zu einer anderen Wissenschaft einen Anfang<br />

darstellen, ist seine Kritik nicht zutreffend, weil er <strong>die</strong> Möglichkeit ausschließt, dass Axiome<br />

tautologisch sein können. In der Tat sind <strong>die</strong> Axiome der heutigen Wissenschaften fast immer<br />

Tautologien, <strong>und</strong> sind nichts<strong>des</strong>toweniger dazu fähig, als wissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lage zu <strong>die</strong>nen.<br />

Der zweite Teil <strong>die</strong>ser Arbeit hat demnach gezeigt, dass sich eine <strong>axiomatische</strong> Vorgehensweise<br />

trotz mancherlei scheinbarer Probleme für <strong>die</strong> Aufgabe der Wissenschaft der Logik doch eignen könnte,<br />

obwohl einige Probleme für solch ein Herangehen bestehen müssten. Der vierte Teil hat untersucht, ob<br />

Variationen eines Axiomensystems der klassischen Logik <strong>die</strong> Probleme mit der Axiomatik überwinden<br />

bzw. noch besser geeignet wären. Nur eine der untersuchten Möglichkeiten hat sich schließlich als<br />

vorteilhafter erwiesen: <strong>die</strong> experimentelle Logik. In <strong>die</strong>ser Logik sind <strong>die</strong> Axiome nur vorläufig<br />

gesehen Ausgangspunkte, <strong>und</strong> zwar insofern wie jede „Stufe“ der Wissenschaft der Logik nur ein<br />

Moment der Wahrheit ist. Weil nach der experimentellen Logik alles, <strong>die</strong> Axiome eingeschlossen,<br />

widerlegbar ist, passt sie viel besser zu <strong>Hegel</strong>s dynamischer Vorstellung der Wahrheit. Außerdem stellt


Joshua Mendelsohn 31<br />

sie <strong>die</strong> wirkliche Tätigkeit der Vernunft besser als <strong>die</strong> klassische Logik dar, was für <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong>sche<br />

Logik äußerst wichtig wäre. Die Bedingung, dass das Ersetzungsverfahren der Axiomen mechanisch<br />

determiniert sein muss, steht allerdings nicht in Übereinstimmung mit der <strong>Hegel</strong>schen Philosophie.<br />

Diese Arbeit hat also festgestellt, dass es möglich wäre, an <strong>die</strong> Aufgabe der Wissenschaft der<br />

Logik auf <strong>axiomatische</strong>, oder experimentelle Weise heranzugehen. Keine der behandelten Kritiken an<br />

der <strong>axiomatische</strong>n <strong>Methode</strong> waren letztendlich so zutreffend, dass sie <strong>die</strong> Axiomatik völlig<br />

ausschließen. Wie man mit den Problemen, denen man bei einer solchen Aufgabe begegnen würde,<br />

umgehen soll, wurde in <strong>die</strong>ser Arbeit jedoch nicht besprochen. Diese Arbeit hat auch nicht diskutiert,<br />

welche Aussagen als Axiome genommen werden sollten, wenn man einen <strong>axiomatische</strong>n Aufbau der<br />

Wissenschaft der Logik unternehmen würde. Vielmehr habe ich mich auf <strong>die</strong> Möglichkeit einer solchen<br />

Aufgabe konzentriert, um zu entscheiden, ob <strong>die</strong> nicht <strong>axiomatische</strong> Struktur der Wissenschaft der<br />

Logik wesentlich für <strong>Hegel</strong>s Werk ist. Ich schließe aus meinen Überlegungen, dass <strong>die</strong> Aufgabe der<br />

Wissenschaft der Logik auch auf <strong>axiomatische</strong> Weise erfüllt werden könnte. Wie solch ein<br />

<strong>axiomatische</strong>r Aufbau eigentlich vorgehen würde, wäre ein interessantes Thema für eine künftige<br />

Arbeit.<br />

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