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Am Ende, als Sybil so uneins mit sich war, so voller<br />
Misstrauen, dass sie keine eigene Entscheidung mehr treffen<br />
konnte, zwang das Schicksal ihr eine auf.<br />
Nach dem Treffen mit Margaret war sie direkt in die Greenleaf<br />
Tavern gegangen, um nicht zu spät zur Arbeit zu erscheinen. Sie<br />
schleppte Krüge und schnitt Braten auf, sie schrubbte das Fett<br />
vom Geschirr wie jeden anderen Abend auch. Die Normalität<br />
fühlte sich wie Traumwandeln an.<br />
Sie trug beide Umschläge in ihrem Mieder, den Brief und das<br />
Billet fürs Schiff, und statt sich zu entscheiden, wischte sie<br />
Bierlachen von den Tischen.<br />
Im Morgengrauen schleppte sie sich mit eiskalten Füßen<br />
heim in ihre Kammer, vorbei am Röcheln der Russin. Gott sei<br />
Dank, die Kinder hockten nicht auf der Treppe. Sie brauchte<br />
keine Erinnerung daran, dass es so schlimm nicht war, weil es<br />
anderen ja viel schlimmer erging.<br />
Sie wuchtete die Truhe vor die Tür, weil eine unbestimmte<br />
Furcht sie plagte, dass Thompson ihr einen Besuch abstatten<br />
könnte. Annies Bosheiten trafen sie tiefer, als sie sich<br />
eingestehen wollte.<br />
Thompson ließ sich nicht blicken, doch Schlaf fand sie<br />
trotzdem keinen. Sie räumte ihre paar Habseligkeiten<br />
zusammen und schnürte sie ins zweite Schultertuch. Bei<br />
Sonnenuntergang brach sie nicht auf zum Hafen, sondern<br />
wandte sich zur Taverne und sagte sich, dass sie noch ein paar<br />
Stunden Zeit hatte.<br />
Zeit, zu einem Entschluss zu kommen.<br />
Sie traute Margarets verschwörerischem Lächeln nicht. Sie<br />
konnte sich nicht vorstellen, warum Fortuna von ihrem Regenbogen<br />
ausgerechnet einer Hurentochter so breit zulächeln<br />
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