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Ein Altbrief aus dem Jahr 1697, seine Postgeschichte im Spiegel ...

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<strong>Ein</strong> <strong>Altbrief</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Jahr</strong> <strong>1697</strong>,<br />

<strong>seine</strong> <strong>Postgeschichte</strong> <strong>im</strong> <strong>Spiegel</strong> des historischen Hintergrundes<br />

__________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Reinhard Stutz, (Bearbeitet 2006)<br />

<strong>1697</strong>, Brief von Locarno via Mantua auf <strong>dem</strong> taxisschen Postweg nach Ruremonde und<br />

weiter nach Valenciennes in Nord-Frankreich.<br />

Am 18. Oktober <strong>1697</strong> schrieb Ciacomo Gancino <strong>aus</strong> Locarno ein geschäftlicher Brief<br />

(4 Gramm) nach Valenciene (Valenciennes). Mit der Übergabe des Briefes an den<br />

Boten nach Italien begann die postalische Reise. Der Botenlohn bis Mantua zahlte<br />

Gancino bar, was er bereits mit „francha per mantoua“ auf <strong>dem</strong> Brief vermerkte.<br />

Mantua (Mantoua)<br />

Bereits 1596 wurde <strong>im</strong> Namen von Leonhard I. von Taxis (1523-1612) vereinbart;<br />

Wegen der Wiedererrichtung der Posten über die deutsche (Post-) Strasse nach<br />

Flandern .... 1) Leonardo von Tassis soll wöchentlich die Ordinarien mit den Briefen<br />

für den Staat Mailand durch Stafetten, die Tag und Nacht gehen, von den Niederlanden<br />

auf <strong>dem</strong> Kurs (via) über Augsburg (Augusta) und Trient (Trento) abfertigen; ab Mantua<br />

(Mantoua) muss sich der Ordinari <strong>aus</strong> Rom (Roma) bedienen. .... Die Briefe sollen<br />

wöchentlich von Flandern nach Mantua bez. von Mantua nach Flandern abgefertigt<br />

werden; sie benötigen jeweils 15 Tage. (Dal 9/II 46-47).<br />

1


(1598) Die Unterhaltskosten (Ordinariposten) trägt, von Flandern nach Mantua<br />

Leonardo von Tassis. (Dal 9/II 62).<br />

Weitere Aufzeichnungen wurden keine gefunden, so dass bis zum Ende des 17ten<br />

<strong>Jahr</strong>hunderts für Mantua in Bezug auf T.u.T. keine wichtigen Änderungen eintraten.<br />

Turn und taxissche Taxvermerke<br />

Nach Erhalt des Briefes <strong>aus</strong> Locarno vermerkte das turn und taxissche Büro in<br />

Mantua, erstens die Herkunft des Briefes „da Suisse“ und fügte das vom Empfänger<br />

geschuldete Porto mit „15“ Soles bei. Der Transport des Briefes erfolgte in einem<br />

geschlossenen Felleisen bis zur nächsten T.u.T.-Auswechslungsstelle, die uns nicht<br />

bekannt ist da die Post noch keine Auswechslungsstempel anbrachte.<br />

Der Taxvermerk „/15“ Soles (brabant) wurde an der letzten T.u.T.-Auswechslungsstelle<br />

vor Valenciennes (vermutlich in Brüssel oder Ruremonde) angebracht.<br />

Die deutsche Poststrasse ab Mantua<br />

Von Mantua via Verona - Trento - Botzen- (Brennerpass) -Innsbruck - Füssen -<br />

Augsburg - Frankfurt - Köln - Ruremonde (- Brüssel - Valenciennes).<br />

Zu Beginn des 17ten <strong>Jahr</strong>hunderts verteidigte z.B. der Magistrat zu Brüssel die von ihm<br />

eingesetzten Boten u.a. auch nach Valenciennes. Taxische Versuche, diese Botenanstalten<br />

vom gesamten Briefverkehr <strong>aus</strong>zuschalten, führten <strong>im</strong> 16ten und 17ten<br />

<strong>Jahr</strong>hundert zu keinem Erfolg. (Dal 9/I 68).<br />

Turn und Taxis durfte jedoch Briefe <strong>aus</strong>ländischer Herkunft oder <strong>im</strong> Transit durch die<br />

Niederlande befördern. Es ist daher anzunehmen das um diese Zeit in Valenciennes ein<br />

taxissches Postbüro existierte.<br />

Übersicht:<br />

die<br />

wichtigsten<br />

beteiligten<br />

Persönlichkeiten<br />

Karl II (1661-1700) König von Spanien.<br />

Aus <strong>dem</strong> H<strong>aus</strong>e Habsburg, reg. ab 1665.<br />

Louis XIV (1637-1715) König von Frankreich,<br />

regierte ab 1643.<br />

Mi 2448 Mi 1727<br />

Eugen Alexander<br />

von Thurn u. Taxis<br />

(1652-1714)<br />

Ab 1676<br />

Generalpostmeister.<br />

Mi 2448<br />

Marquis de Louvois<br />

(1641-1691)<br />

französischer<br />

Generalpostmeister<br />

und Kriegsminister.<br />

Mi 1727<br />

2


Übersicht am Ende des 17ten <strong>Jahr</strong>hunderts<br />

Valenciennes und Maubeuge (Mi 2120).<br />

Im zweiten Eroberungskrieg<br />

(1672-1678) Frankreichs gegen die<br />

Niederlande besetzt<br />

und <strong>im</strong> Frieden von Nijmwegen an<br />

Frankreich abgetreten.<br />

Vorbemerkung zur Destination Valenciennes.<br />

Der sog. Devolutionskrieg von 1667/1668 mit Stossrichtung Frankreichs gegen die<br />

Paris bedrohlich nahen Spanischen Niederlanden endete <strong>im</strong> Frieden von Achen<br />

(2.5.1668). Ludwig XIV. begnügte sich mit der Erwerbung einiger Grenzfestungen in<br />

Flandern und der Grafschaft Hennegau ohne die Festung Valenciennes etc.<br />

Dabei setzte sich Frankreich in den Besitz wichtiger flandrischer Postämter. Diese<br />

Ämter wurden sogleich unter die Leitung des Postamtes zu Paris gestellt. (Dal 9/I 90).<br />

Das Transitfelleisen musste der nach Norden vorgeschobenen Grenze angepasst<br />

werden. Der französische Generalpostmeister Louvois erreichte, dass in den eroberten<br />

3


flandrischen Gebieten die alten Postverbindungen mit <strong>dem</strong> spanisch-niederländischen<br />

Postgeneralat in das französische Postwesen integriert wurde. (Dal 9/I 112+113).<br />

Nach<strong>dem</strong> Ludwig XIV. <strong>seine</strong>n Untertanen am 6. April 1672 unter Androhung der<br />

Todesstrafe jeglichen Handel mit Holland untersagte, begann der sog. Reunionskrieg<br />

Ludwigs.<br />

Valenciennes <strong>im</strong> Hennegau um 1645, links <strong>im</strong> Vordergrund symbolische Darstellung. (2)<br />

Münzberg beschreibt Valenciennes in <strong>seine</strong>m Stationen-Katalog wie folgt; Niederländische<br />

Postanstalt in der Grafschaft Hennegau: 1633 office de poste, 1678 an Frankreich. TT-Überrheinische<br />

Postanstalt ist nur zu vermuten, es ist eher anzunehmen, dass es sich um eine Aust<strong>aus</strong>chstelle handelte<br />

und das Postbüro französisch war.<br />

Valenciennes in der Provinz Hennegau.<br />

Der französisch-holländische Krieg (Reunionskrieg) Ludwigs XIV. von 1672 bis 1678<br />

endete <strong>im</strong> Frieden von Nijmwegen (17.9.1678). Diesmal übernahm Frankreich die<br />

Freigrafschaft Burgund und eine weitere Anzahl niederländischer Städte, darunter auch<br />

Valenciennes.<br />

Im Frieden zu Ryswijk (20.9.<strong>1697</strong>) einigte sich Ludwig XIV. auf die Anerkennung<br />

Wilhelms III. als König von Oranien.<br />

Der <strong>Ein</strong>fluss auf die Betriebsführung des Postwesens (Postrouten) war von grosser<br />

Bedeutung. Valenciennes wurde zur Auswechslungsstelle zwischen den Niederlanden<br />

und Frankreich sowie <strong>im</strong> Transit durch Frankreich nach Spanien. Diese Stelle bestand<br />

bis zur Aufnahme der Bahnverbindungen <strong>im</strong> 19ten <strong>Jahr</strong>hundert.<br />

Geldzuwendungen durch Eugen Alexander von Thurn und Taxis an Karl II. förderte die<br />

Verleihung eines Erbmarschalls der Provinz Hennegau. Den erblichen spanischen<br />

Fürstentitel wurde am 19. Februar 1681 an Turn und Taxis verliehen und die taxissche<br />

4


Besitzung Braine-le-Château <strong>im</strong> Hennegau zum Fürstentum erhoben. Nach <strong>dem</strong> Tode<br />

von Karl II. (1.11.1700) konnte dieser Titel nicht durchgesetzt werden. (Dal 9/I 90).<br />

Postbetriebliche Ereignisse und Änderungen<br />

1672 bis 1678 organisierte Marquis de Louvais den Postverkehr mit der französischen<br />

Armee in den besetzten holländischen Gebieten zusammen mit der taxisschen Post.<br />

Auswechslungsstelle war Ruremonde. (Dal 9I/ 112-115).<br />

1676 gewährte König Karl II. (Spanien), Graf Eugen Alexander von Taxis die<br />

Anwartschaft auf das niederländische Postgeneralat. Das alte königliche Privileg über<br />

das Recht, einziger in den niederländischen Provinzen die Auslandspost zu befördern.<br />

(Dal 9/I 90).<br />

Nach <strong>dem</strong> Frieden von Nijmwegen zwischen Frankreich und Spanien, lief das<br />

Transitfelleisen wieder in der gewohnten Form durch Frankreich. Die neuen<br />

französischen Territorialgewinne, unter anderem die niederländische Stadt Valenciennes,<br />

erforderten für den Aust<strong>aus</strong>ch der Felleisen einen nördlich gelegenen Ort.<br />

<strong>Ein</strong> neuer Postvertrag 1679 sah dafür Roules und für das Transitfelleisen nach Holland<br />

Venelghen vor, dadurch musste zwangsläufig die Portoteilung neu berechnet werden.<br />

(Dal 9/I 114).<br />

.... 13) Nach Verzeichnissen, die von den Verwaltern der PÄ Paris, Lille, Antwerpen<br />

und Brüssel angefertigt wurden, wird rückwirkend ab 1679 Januar 23 der Portobetrag<br />

für den Marquis de Louvois zwischen Paris und Valencienne, für den Grafen von Tour<br />

und Tassis zwischen Valencienne und Antwerpen bezw. Hamburg und Antwerpen<br />

berechnet. 14) Portobeträge, die <strong>dem</strong> Marquis de Louvois geschuldet werden, sollen<br />

vierteljährlich durch Anweisung oder bar zu Valencienne, Lille oder Paris bezahlt<br />

werden. .... ohne Frankatur wird <strong>dem</strong> Marquis de Louvois das Porto bis Valencienne<br />

abgerechnet .... Der Vertrag wird auf 25 <strong>Jahr</strong>e geschlossen. (Dal 9/II 187).<br />

Frankreichs Nordostgrenze,<br />

vom 16ten <strong>Jahr</strong>hundert<br />

bis 1795.<br />

Alternativen zum Postleitweg über Mantua<br />

Quelle (3) Ausschnitt.<br />

5


1673 wurde Franz Werner von Taxis vom Kaiser (Österreich) den Titel eines Hofgeneralerbpostmeisters<br />

der Ober- und Vorderösterreichischen Lande verliehen. Er<br />

suchte zusammen mit der Reichspost den Briefwechsel zwischen Italien und der<br />

Schweiz, der grösstenteils in den Händen der St. Gallerboten, über zu leiten und somit<br />

unter <strong>seine</strong> Kontrolle zu bringen. 1680 wurde dieses Postbündnis erneuert. Neben <strong>dem</strong><br />

Kurs über Tirol lief ein Teil der Korrespondenz von Mailand über den St.<br />

Gotthardpass nach Zürich und die übrige Schweiz. (Dal 9/I 90).<br />

Im Vertrag vom 15. Dezember 1681 zwischen Marquis de Louvois (Generalintendant<br />

der Posten in Frankreich) und Eugen Alexander Fürst von T.u.T., Generalpostmeister<br />

<strong>im</strong> Reich und den Niederlanden, übern<strong>im</strong>mt T.u.T. die Kosten der Ordinari<br />

Rheinh<strong>aus</strong>en - Strassburg. De Louvois entrichtet jährlich 750 fl an Frankfurt. Alle<br />

Briefe <strong>aus</strong> und nach Südfrankreich und Schweiz laufen über Rheinh<strong>aus</strong>en - Strassburg.<br />

Das Porto ab Rheinh<strong>aus</strong>en fällt an Frankreich. (4).<br />

1694 vereinbarten Eugen Alexander von Thurn und Taxis und Beat Fischer Postmeister<br />

in Bern, eine Beschleunigung der Briefe <strong>aus</strong> der Schweiz, Genève und Piémont<br />

ins Reich, die Niederlande und nach England. ..... 2) Die PÄ des Fürsten sollen Briefe<br />

<strong>aus</strong> England, Holland, den spanischen Niederlanden und <strong>dem</strong> Reich nach der<br />

Schweiz......, worunter auch jene für Graubünden (Grison), Wallis, die Grafschaft<br />

Neuchâtel und Genève verstanden werden; <strong>aus</strong>genommen davon sind Zurick (!), Basel<br />

(basle) und St. Gallen (Galle), die an das PA Schaffh<strong>aus</strong>en gesandt werden. 3) Fischer<br />

soll den PÄ <strong>im</strong> Reich und den spanischen Niederlanden alle Briefe <strong>aus</strong> Piémont, Savoje<br />

und der Schweiz, die in <strong>seine</strong> PÄ für das Reich, die spanischen Niederlanden, Holland<br />

und England einlaufen, zusenden. (Dal )9/II 468).<br />

(Anmerkung: Diese Geschichte in einem späteren Beitrag).<br />

Anmerkung zum H<strong>aus</strong>e Turn und Taxis.<br />

Eugen Alexander, Graf v. Thurn und Taxis (1652-1714). Am 12. Oktober 1676 verlieh<br />

König Karl II. von Spanien <strong>im</strong> das Generalpostmeister-Amt (GPEM) in den spanischen<br />

(auch habsburgische gen.) Niederlanden und am 18. Mai 1677 bestätigte ihm Kaiser<br />

Leopold I. das GEPM <strong>im</strong> Reich. Am 19. Februar 1681 wurde er in den erblichen<br />

Fürstenstand von Spanien, am 4. Oktober 1695 in den erblichen Reichsfürstenstand<br />

erhoben. Die <strong>Ein</strong>nahme Brüssels durch die Franzosen <strong>im</strong> <strong>Jahr</strong>e 1701 mit der<br />

<strong>Ein</strong>richtung der taxisschen Post und der taxisschen Besitzungen in den habsburgischen<br />

Niederlanden musste Eugen Alexander 1702 Brüssel verlassen. Er residierte von 1702<br />

bis 1714 in Frankfurt. (4).<br />

Das H<strong>aus</strong> Thurn und Taxis wurde 1695 von Kaiser Leopold I. (römisch-deutscher<br />

Kaiser) in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben. (Dal 9/I 128).<br />

Quellen: 1. Enzyklopädie der Weltgeschichte von A. Randa (1968).<br />

2. Politisches Schatzkästlein <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> 16ten <strong>Jahr</strong>hundert (1979).<br />

3. Völker, Staaten und Kulturen, ein Kartenwerk zur Geschichte, Westermann Verlag.<br />

4. Archiv für deutsche <strong>Postgeschichte</strong> 1/90<br />

5. Münzberg<br />

6. Quellen zur Geschichte des europäischen Postwesens 1501-1806 von Martin Dallmeier<br />

<strong>im</strong> Text bezeichnet mit (Dal)<br />

7. Beleg von <strong>1697</strong> <strong>aus</strong> Privatsammlung<br />

6


Die Weiterverwendung in Fachzeitschriften etc. ist gestattet unter folgenden Bedingungen:<br />

Unveränderte Wiedergabe mit Quellenangabe.<br />

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Anmerkungen und Ergänzungen erwünscht, falls notwendig am Schluss anfügen mit neuen<br />

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Christian Geissmann, Postfach 56, CH 5612 Villmergen (Schweiz)<br />

www.post-und-geschichte.ch<br />

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