Fallbesprechung Lüth
Fallbesprechung Lüth
Fallbesprechung Lüth
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Lehrstuhl Prof. Dr. Will<br />
Vorlesungsmaterialien WS 2011/12<br />
Vorlesung Staatsorganisationsrecht<br />
Ausgewählte Übersichten<br />
Ausgewählte Rechtsprechung<br />
BVerfGE vom 15.01.1958 (1 BvR 400/51) BVerfGE 7, 198 (Quelle: juris)<br />
I. Leseempfehlung<br />
Rn.: 25, 26, 28, 30, 32, 33, 34, 38, 41, 72<br />
II.<br />
Sachverhalt<br />
Der Hamburger Senatsdirektor Erich <strong>Lüth</strong> hatte über die Presse dazu aufgerufen,<br />
den unter der Regie von Veit Harlan 1951 entstandenen Film „Unsterbliche Geliebte",<br />
zu boykottieren. Harlan war in der Nazizeit Regisseur des antisemitischen Films „Jud<br />
Süß“.<br />
Nachdem die Produktionsfirma <strong>Lüth</strong> zu einer Klarstellung aufforderte, antwortete<br />
dieser mit einem öffentlichen Brief indem er seine Vorwürfe ausweitete; er<br />
bezeichnete Harlan als „Nazifilm-Regisseur Nr. 1“, der mit „Jud Süß“ einer der<br />
wichtigsten Exponenten der Judenhetze der Nazis gewesen sei. Es sei nicht nur das<br />
„Recht anständiger Deutscher“, sondern ihre Pflicht, sich im „Kampf gegen diesen<br />
unwürdigen Repräsentanten des deutschen Films über den Protest hinaus auch zum<br />
Boykott bereitzuhalten.“<br />
Die Produktionsfirma und der Verleih erwirkten daraufhin beim LG Hamburg eine<br />
einstweilige Verfügung gegen <strong>Lüth</strong>. Ihm wurde verboten, „die deutschen<br />
Theaterbesitzer und Filmverleiher aufzufordern, den Film nicht in ihr Programm<br />
aufzunehmen und das deutsche Publikum aufzufordern, diesen Film nicht zu<br />
besuchen.“<br />
Das LG sah in seinem Aufruf eine sittenwidrige Aufforderung zum Boykott mit dem<br />
Ziel, ein Wiederauftreten Harlans „als Schöpfer repräsentativer Filme“ zu verhindern<br />
und den klagenden Gesellschaften Schaden zuzufügen (§ 826 BGB). Harlan sei in<br />
dem wegen seiner Beteiligung an dem Film „Jud Süß“ gegen ihn eingeleiteten<br />
Strafverfahren rechtskräftig freigesprochen worden und unterliege aufgrund der<br />
Entscheidung im Entnazifizierungsverfahren in der Ausübung seines Berufes keinen<br />
Beschränkungen. Die persönliche Meinung <strong>Lüth</strong>s über Harlan spiele keine Rolle.<br />
Gegen diese Entscheidung wandte sich <strong>Lüth</strong> mit seiner Verfassungsbeschwerde an<br />
das BVerfG. Er machte geltend, in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung<br />
nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 GG) verletzt worden zu sein.<br />
1
Lehrstuhl Prof. Dr. Will<br />
Vorlesungsmaterialien WS 2011/12<br />
Vorlesung Staatsorganisationsrecht<br />
Ausgewählte Übersichten<br />
III. Übersicht über den Aufbau der Entscheidung<br />
(zitiert nach juris)<br />
Inhalt<br />
Randnummern<br />
Leitsätze<br />
Orientierungssatz<br />
Gründe<br />
A. Sachverhalt 1 ff.<br />
Boykottaufruf <strong>Lüth</strong>s 1-2<br />
Klarstellungsaufforderung der Filmproduktion 3<br />
Offener Antwortbrief <strong>Lüth</strong>s 4<br />
Einstweiligen Verfügung und Urteil des OLG Hamburg 5-15<br />
Berufung und Verfassungsbeschwerde <strong>Lüth</strong>s.<br />
16<br />
Verweis auf Meinungsfreiheit, Art. 5 I S. 1<br />
Ablauf der mündlichen Verhandlungen 17-19<br />
B.-I<br />
Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ( §90 II S.2 BVerfGG) 20<br />
B.-II<br />
21 ff.<br />
1. 21-30<br />
Drittwirkung der Grundrechte 24- 29<br />
Grundrechte als Abwehrrechte der Bürger u. obj. Werteordnung 25, 26<br />
Einfluss grundrechtlicher Werteordnung auf Privatrecht 27, 28<br />
§90 BVerfGG, Pflichten des Zivilrichters die<br />
29, 30<br />
Ausstrahlungswirkung der Grundrechte zu prüfen<br />
2. 31- 34<br />
Meinungsfreiheit als eines der „vornehmsten“ Grundrechte 32<br />
Schranken der Meinungsfreiheit; Wechselwirkung 33<br />
Kompetenz/Prüfungsumfang des BVerfG 34<br />
3. 35- 38<br />
Bedeutung „allgemeine Gesetze“ 35<br />
Umfang des Grundrechtsschutzes aus Art. 5 I S.1 36- 38<br />
4. 39- 41<br />
Normen des bürg. Rechts als allgemeine Gesetze 39<br />
Vermutung für Zulässigkeit freier Rede, insbes. öfftl.<br />
40<br />
Meinungsaustausch<br />
Zusammenfassung Teil II 41<br />
B.-III 42-<br />
Rüge <strong>Lüth</strong>s berechtigt 42<br />
1.<br />
Übernahme der faktischen und rechtlichen Beurteilung des OLG 43, 44<br />
2.<br />
Beurteilung des § 826 BGB 45-47<br />
Prüfung der Sittenwidrigkeit des Boykottaufrufs gem. § 826 BGB 48 ff.<br />
a) Motive des Boykottaufrufes 49<br />
b) Ziele des Boykottaufrufes 50-57<br />
c) Mittel des Boykottaufrufes 58-72<br />
d) Ergebnis der Prüfung: Boykottaufruf nicht sittenwidrig 73-76<br />
B. -IV 77<br />
Verfassungsbeschwerde auch begründet. Aufhebung des Urteils. 77<br />
2