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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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Merkwürdig<br />

Trifft ja eh nur "Anarchisten"<br />

und das "Netzwerk des<br />

linksextremen Terrors" ...<br />

Da bleibt offensichtlich nur<br />

eines zur Rettung der Meinungsfreiheit,<br />

der Rechtssicherheit<br />

und wodurch sich sonst<br />

noch so ein Rechtssstaat auszeichnet:<br />

Auf nach Straßburg.<br />

Und wer zahlt die Kosten?<br />

Spendenkonto: TATblatt - Unabhängige<br />

Initiative Informationsvielfalt,<br />

PSK 1541212<br />

Verfassung &<br />

AufenthaltsG<br />

Österreich. (nadja lorenz) Der<br />

Verfassungsgerichtshof hat in einem<br />

richtungsweisenden Erkenntnis<br />

vom 16.3.1995 der<br />

Vollzugspraxis des Innenministeriums<br />

zum Aufenthaltsgesetz<br />

einen klaren Dämpfer erteilt: Er<br />

hob einen abweisenden Bescheid<br />

des Inneministers auf, da<br />

dieser die sogenannnte Interessenabwägung<br />

gemäß Art. 8 EM­<br />

RK nicht vorgenommen hatte.<br />

Erfreulich ist selbstverständlich<br />

die Aufhebung des angefochtenen<br />

Bescheides <strong>für</strong> den<br />

Betroffenen, einen türkischen<br />

Gastarbeiter. Dieser hält sich<br />

seit 1989 legal in Österreich auf<br />

und befindet sich in einem aufrech<br />

ten Beschäftigungsverhäl t­<br />

nis. Die Abweisung des Antrags<br />

auf Verlängerung de Au fe nthaltsbewilligung<br />

hatte das Bundesministerium<br />

<strong>für</strong> Inneres lediglich<br />

damit begründet, daß der<br />

Antragsteller und seine Familie<br />

nicht über eine ortsübliche Unterkunft<br />

verfügten und sein Einkommen<br />

zu gering sei. Für ihn<br />

bedeutet nun die Aufhebung<br />

des Bescheides durch den VfGH<br />

eine neue Chance, da der Behörde<br />

aufgetragen wurde, die familiären<br />

und privaten Interessen<br />

des Beschwerdeführers sowie<br />

seinen mehrjährigen Aufenthalt<br />

in Österreich bei ihrer neuerlichen<br />

Entscheidung zu berücksichtigen.<br />

Unerfreulich ist das Erkenntnis<br />

aber deshalb, da der VfGH<br />

zum wiederholten Male auf das<br />

Instrument der verfassungskonformen<br />

Interpretation "zurückgegriffen"<br />

hat, um die Prüfung<br />

des Gesetzes bzw. den § 5 Abs. 1<br />

des Aufenthaltsgesetzes selbst<br />

auf dessen Verfassungskonformität<br />

zu vermeiden. Denn die<br />

Formulierung des Gesetzestextes<br />

läßt weder einen Zweifel am<br />

Willen der Gesetzgebung noch<br />

am Auftrag an die vollziehende<br />

Behörde und enthält somit keinen<br />

Spielraum <strong>für</strong> eine verfassungskonforme<br />

Interpretation:<br />

"Eine Bewilligung darf Fremden<br />

nicht erteilt werden, bei denen<br />

eine Sichtvermerksversagungsgrund<br />

vorliegt, insbesondere<br />

aber, wenn deren Lebensunterhalt<br />

oder eine <strong>für</strong> Inländer<br />

otrsübliche Unterkunft in Österreich<br />

fü; die Geltungsdauer der<br />

Bewilligung nicht gesichert ist. "<br />

Vielleicht glaubt jedoch auch<br />

der VfGH an eine erzieherische<br />

Wirkung, welche seinen Erkenntnissen<br />

zuteil werden<br />

könnte. Jedenfalls bedeutet diese<br />

Entscheidung ein Signal an<br />

die Vollzugsbehörden, selbst in<br />

einem Fall, wo das Gesetz eindeutig<br />

keinen Spielraum läßt, zu<br />

bedenken, daß Art. 8 EMRK jedermann<br />

und jederfrau Schutz<br />

seines/ihres Privat- und Familienlebens<br />

garantiert. Bei der Anwendung<br />

aller AusländerInnengesetze<br />

ist also dieser Schutz zu<br />

beachten und die Behörde hat<br />

sich über verfassungswidrige<br />

Gesetze hinwegzusetzen.<br />

In diesem Sinne ist das Erkenntnis<br />

ein Signal in die richtige<br />

Richtung. Dem/r einzelnen<br />

AusländerIn ist aber nur dann<br />

geholfen, wenn er/sie den Weg<br />

zum Rechtsanwalt bzw. zur<br />

Rechtanwältin findet und die<br />

menschen<strong>recht</strong>swidrige Vollzugspraxis<br />

eines menschen<strong>recht</strong>swidrigen<br />

Gesetzes durch<br />

alle Instanzen bekämpfen kann.<br />

Für die meisten AusländerInnen,<br />

die zur sozial und finanziell<br />

schwächsten Schicht gehören,<br />

stellt aber in der Regel bereits<br />

dieser Weg ein unüberwindbares<br />

Hindernis dar ...<br />

Dichtmachen<br />

Österreich. (klaus richter) Am<br />

26. März dieses Jahres gingen<br />

die Grenzbalken zwischen den<br />

sieben Mitgliedsstaaten des<br />

Schengener Abkommens (BRD,<br />

Frankreich, Luxemburg, Belgien,<br />

den Niederlanden, Spanien<br />

und Portugal) "<strong>für</strong> immer" hoch.<br />

Während die übrigen EU-Mitglieder<br />

auf ihre Grenzkontrollen<br />

(noch) nicht verzichten wollten<br />

oder nicht in der Lage waren, ihre<br />

Außengrenzen ausreichend<br />

abzusichern (Italien und Griechenland),<br />

arbeitet Beobachter<br />

Österreich in Erwartung einer<br />

"Vollmitgliedschaft" 1996 feste<br />

an der Feste.<br />

"Wir müssen in den nächsten<br />

zwei Jahren einen Grenzdienst<br />

aufbauen und die Ost- und Südostgrenzen<br />

dichtmachen!", so<br />

der Generaldirektor <strong>für</strong> die öffentliche<br />

Sicherheit Michael Sika.<br />

Ein gigantischer Aufwand<br />

würde <strong>für</strong> die Absicherung der<br />

Außengrenze der Festung Europa<br />

und die Aufstellung einer<br />

entsprechenden Grenzschutztruppe<br />

benötigt.<br />

Der Sicherheitschef warnt<br />

daher vor Sparplänen: "Dichtmachen<br />

hat man in der Praxis<br />

noch nicht erlebt. Es wird mehr<br />

Kontrollen geben müssen. Jetzt<br />

kann man nicht länger Sandkastenspiele<br />

spielen. Wir brauchen<br />

mindestens 100 Millionen Schilling<br />

und 2.000 zusätzliche Beamte.<br />

" Für soetwas gebe es "keine<br />

gesetzlichen Grundlagen ", so Johannes<br />

Voggenhuber. Für den<br />

Europa-Sprecher der Grünen<br />

steht fest: "Schengen ist der Beginn<br />

der computerüberwachten<br />

Massen<strong>gesellschaft</strong>" .<br />

Quereinsteigerin<br />

& Politik<br />

Österreich. (klaus richter) Die<br />

Äußerungen der Staatsanwältin<br />

und "freiheitlichen" Neo-Abgeordneten<br />

Dr. Liane Höbinger­<br />

Lehrer zu Todesstrafe und<br />

Strafvollzug haben deutliche<br />

Stellungnahmen von Fachkolleginnen<br />

und -kollegen nach sich<br />

gezogen.<br />

Die Vereinigung der österreichischen<br />

Richter wies darauf<br />

hin, daß sie schon 1982 ihren<br />

Mitgliedern empfohlen hatte,<br />

"während des aktiven Dienstes<br />

keiner politischen Tätigkeit<br />

nachzugehen und eine Mitgliedschaft<br />

bei politischen Parteien<br />

zu vermeiden", um die Unabhängigkeit<br />

der Rechtsprechung<br />

nicht einmal dem Anschein nach<br />

zu gefährden. Den strengen<br />

Standesrichtlinien und Gesetzen<br />

unterliegen freilich nicht Staatsanwältinnen,<br />

von deren Ansichten<br />

sich Richterinnen und Richter<br />

zu distanzieren genötigt sahen.<br />

Zu den rückschrittlichen<br />

Strafprozeß-Vorstellungen der<br />

"vor kurzem mit erheblichem<br />

Echo in das politische Leben<br />

eingetretenen Staatsanwältin"<br />

fand der Österreichische Rechtsanwaltskammertag,<br />

freilich ohne<br />

einen Namen zu nennen, folgende<br />

klare Formulierung: "Die<br />

Diskussionen in diesem sensiblen<br />

Bereich sollten geordnet<br />

und von den das Vertrauen ihrer<br />

Kollegen genießenden Standesvertretungen<br />

und nicht von politischen<br />

Quereinsteigern geführt<br />

und bestimmt werden. "<br />

Feindlage<br />

& Auftrag<br />

Österreich. (michael wimmer)<br />

Im November 1992 wurde im<br />

Rahmen einer Gerichtsverhandlung<br />

ein junger Leutnant als<br />

Zeuge befragt, ob er sich denn<br />

Gedanken mache, was mit den<br />

Menschen geschieht, die er an<br />

der Grenze im Rahmen des Assistenz<br />

(Grenzsicherungs-)einsatzes<br />

abschiebt - das war offenbar<br />

nicht der Fall.<br />

Wenn sich Soldaten Gedanken<br />

machen, dann äußert sich<br />

das zum Beispiel in einer seit<br />

Kaisers Zeiten nicht dagewesenen<br />

gemeinsamen Übung von<br />

österreichischen, ungarischen<br />

und slowakischen Militärs namens<br />

"Trimigrant", die am 3l.<br />

Mai dieses Jahres begann und<br />

von denjeweiligen Generalstabschefs<br />

der drei Armeen geleitet<br />

wird.<br />

Feindlage und Auftrag: Abwehr<br />

massiver Flüchtlingsbewegungen.<br />

Wie von diesen Herren<br />

dann im großen Rahmen<br />

und/oder im Ernstfall die Genfer<br />

Flüchtlings- oder die Europäische<br />

Menschen<strong>recht</strong>skonvention<br />

interpretiert werden, überlassen<br />

wir der Phantasie der p.t.<br />

LeserInnen. Ein abermaliger<br />

Neutralitätsbruch wird dabei<br />

wieder einmal bewußt in Kauf<br />

genommen.<br />

Nr 3/95<br />

JURIDIKUM<br />

Seite 7

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