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Diplomarbeit als pdf

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1 Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 8<br />

1.1 Abstract 8<br />

1.2 Motivation 8<br />

1.3 Gliederung 11<br />

2 Definition und Ausgangslage 14<br />

2.1 Standortbezogene Dienste 14<br />

2.2 Digitale Spuren 19<br />

2.3 Betrachtungen zu Raum und Zeit 22<br />

2.4 Über die Wahrnehmung von Zeit 23<br />

2.5 Über die Wahrnehmung von Orten 25<br />

2.6 Skalierbare Benutzeroberflächen 29<br />

2.7 Überlagerung und Verortung 30<br />

3 Verwandte Arbeiten 32<br />

3.1 Über Bilder aus Ort und Zeit 32<br />

3.2 Trennung der Komponenten. Ort + Zeit 33<br />

3.3 Animierte Konzepte. Zeit = Zeit 34<br />

3.4 Zeit durch Tiefe 36<br />

3.5 Abfolgen durch Multiple. Ort + Ort = Zeit 38<br />

3.6 Komposition und Verschmelzung von Sequenzen. Ort = Ort = Zeit 40<br />

4 Synthese und Konzeption 42<br />

4.1 Anforderungen 42<br />

4.2 Das Konzept ZeitRaumPost 49<br />

4.3 Das visuelle Konzept 50<br />

4.4 Das Interaktionskonzept 53<br />

4.5 Zeitraumpost <strong>als</strong> Schnittstelle 57<br />

4.6 Zeiteingrenzung anhand unscharfer Kriterien 59<br />

4.7 Erfahrungen bei der Konzeptentwicklung 61


5 Umsetzung 64<br />

5.1 Grundlage 64<br />

5.2 Extraktion digitaler Spuren 64<br />

5.3 Entwicklungsschritte 65<br />

5.4 Algorithmen zur Implantation von Zeit 67<br />

5.5 Algorithmen zur Formalisierung des Raums 69<br />

5.6 Demonstrator 73<br />

6 Zusammenfassung 80<br />

6.1 Überblick 80<br />

6.2 Fazit 82<br />

6.3 Ausblick 83<br />

7 Anhang 86


–<br />

7


1 Einleitung<br />

1.1 Abstract<br />

Viele täglich entstehende persönliche Daten, etwa Browserhistorien,<br />

Kommunikationsprotokolle aus Chat & Email, Fotos, Notizen, Projektstände<br />

und Aufgabenlisten haben einen starken Zeitbezug und lassen<br />

sich chronologisch ordnen. Da Zeit <strong>als</strong> abstraktes ,Ding‘ jedoch nicht<br />

erkannt werden kann, muss sie an eine wahrnehmbare ,Erscheinung‘<br />

gebunden werden [vgl. Baumgartner 94].<br />

ZeitRaumPost bindet Zeit an Orte und visualisiert Zeiträume durch Ortswechsel.<br />

Anders <strong>als</strong> gegenwärtig verbreitete Ansätze der Informationsvisualisierung<br />

und der Zeitgeographie (vgl. [Hägerstrand 70]), welche<br />

Zeit einer Karte <strong>als</strong> dritte Dimension oder durch Animation hinzufügen,<br />

kombiniert dieser Ansatz Zeit und geographische Information in einem<br />

interaktiven zweidimensional ruhenden Bild.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es, die dabei entstehenden Muster auf räumliche<br />

und zeitliche Vergleichsfähigkeit zu untersuchen und in demonstratorische<br />

Anwendungsszenarien einzubinden.<br />

1.2 Motivation<br />

Die Frage nach der Darstellbarkeit von Zeit wirft per se viele weitere<br />

Fragen auf. Zeit <strong>als</strong> physikalische Größe gilt <strong>als</strong> abstrakt, ihre Beschreibung<br />

durch ein gerichtetes, eindimensionales System mit äquidistanten<br />

Abständen <strong>als</strong> fragwürdig und die biologische und kognitionspsychologische<br />

Funktionsweise ihrer Rezeption <strong>als</strong> offen. Der Chirurg Nidal Toman<br />

bemerkt: „Obwohl der Mensch über kein spezifisches Sinnesorgan<br />

verfügt, das ihm Auskunft über diejenige Zeit gibt, die man <strong>als</strong> physikalische<br />

oder Newton’sche Zeit (Weltzeit) bezeichnet, ist dennoch unbestritten,<br />

dass der Mensch über einen Zeitsinn verfügt, der es ihm ermöglicht,<br />

die Dauer von Ereignissen, die Intervalle und die zeitliche Sequenz<br />

von Ereignissen, die ihm die Sinnesorgane vermitteln, wahrzunehmen<br />

und in Erinnerung zu behalten ([Toman 04]).“<br />

8


Einleitung – Motivation<br />

Doch welche Aspekte von zeitbeschreibenden Ereignissen stimulieren<br />

den Zeitsinn? Wie kann etwas aussehen, das „ohne wirklichen Gegenstand<br />

dennoch wirklich“ 1 ist? Welche Erscheinungsformen können die<br />

Zeit zum wahrnehmbaren Gegenstand werden lassen? Wie werden diese<br />

erinnert und wie lässt sich ein derartiges Konstrukt verbildlichen und für<br />

den Entwurf von Benutzeroberflächen nutzen?<br />

Skizzierung eines Beispielszenarios<br />

Zur Verdeutlichung der Thematik sei ein verallgemeinerbarer beispielhafter<br />

Problemfall skizziert. Ein junger freier Journalist arbeitet für<br />

verschiedene wöchentlich und monatlich erscheinende Zeitungen und<br />

Zeitschriften. Für diese verfasst er Artikel, Kolumnen und Kommentare,<br />

er schreibt Beiträge für ein Onlineportal, pflegt einen persönlichen Blog<br />

und hält in unregelmäßigen Abständen Vorträge. Derzeit recherchiert er<br />

unter anderem zu den Auswirkungen des demographischen Wandels<br />

auf Fahrradmanufakturen. Dazu reist er häufig durch Deutschland um<br />

Originaltöne einzufangen, Szenegrößen zu interviewen, die Entwicklung<br />

ausgewählter Manufakturen zu verfolgen, Trends auf Radsportereignissen<br />

zu beobachten oder um in Bibliotheken und Stadtarchiven zu<br />

recherchieren. Manchmal fährt er ins Ausland um Zulieferer aufzusuchen,<br />

Rechercheergebnisse mit ausländischen Kollegen abzugleichen oder<br />

am Mittelmeer Urlaub zu machen und Erlebtes niederzuschreiben. Die<br />

Ergebnisse dieser Recherche sollen am Ende des Jahres <strong>als</strong> mehrseitiger<br />

Artikel an eine Fachzeitschrift verkauft werden, vorher aber auch für<br />

kleine Beiträge lokaler Onlineportale und für Katalogwerbetexte genutzt<br />

werden. Es wird deutlich, dass eine abgelegte Notiz unter Umständen<br />

zwar a priori einen dezidierten Verwendungszweck besitzt, aber tatsächlich<br />

in verschiedensten thematisch divergierenden Szenarien abgerufen<br />

wird, denen die ursprüngliche Zweckbestimmung nicht per se bekannt<br />

ist.<br />

Um seine Freunde und Familie auf dem Laufenden über seinen aktuellen<br />

Aufenthaltsort und seine persönlichen Eindrücke zu halten, nutzt er<br />

ausgiebig standortbezogene Dienste sozialer Netzwerke. Notizen hält er<br />

unterwegs meist in digitaler Form fest und nutzt einen Synchronisierungsdienst<br />

wie Evernote um geräte- und ortsunabhängig Notizen<br />

erstellen, bearbeiten und lesen zu können. Je nach Situation und verfügbaren<br />

Arbeitsutensilien schießt er ein Foto, tippt oder spricht er kurze<br />

Notizen ins Telefon, verfasst detaillierte Aufzeichnungen auf einem Tablet<br />

oder schreibt ganze Sätze in ein Notebook.<br />

1 Kant 98, S. 108.<br />

Evernote<br />

Software mit Dienst zum Speichern,<br />

Verwalten und Synchronisieren<br />

von Notizen mit Unterstützung<br />

vielfältiger Endgeräte<br />

Tablet<br />

Kurzform für Tablet-PC. Tragbarer<br />

Computer zur Bedienung mit<br />

Finger oder Stift, seit 2010 durch<br />

Einführung des iPads wieder<br />

beachtete Produktokategorie<br />

9


Coworking Space<br />

Offene Bürogemeinschaft. Stellt<br />

technische Infrastruktur und organisiert<br />

Veranstaltungen. Beliebt<br />

bei Startups und Freiberuflern.<br />

Information Retrieval<br />

Technik zur computergestützten<br />

Extraktion komplexer<br />

Inhalte, etwa aus Bildern.<br />

Zu bestimmten Zeitpunkten formuliert der Journalist auf den Notizen<br />

basierende Artikel, etwa wenn der Redaktionsschluss einer der Zeitungen<br />

naht oder um gegen Ende der Woche seine Erlebnisse in einem Blog-<br />

Eintrag zu reflektieren. Am Monatsende verfasst er einen Kommentar für<br />

einen seiner Kunden, und nach besonders einprägsamen Situationen<br />

schreibt er seine Kolumne. Für diese Aufgaben besitzt der Journalist<br />

einen Arbeitsplatz in einem Coworking-Space. Dort kann er auf sein<br />

Archiv und die notwendige Infrastruktur zurückgreifen, sich mit Kollegen<br />

kritisch austauschen und sich auf das Schreiben seiner Artikel konzentrieren.<br />

Informationsadressierung<br />

Von besonderer Bedeutung für die vorliegende wissenschaftliche Arbeit<br />

ist die Frage, wie der Journalist sich in seinen Notizen orientiert und wie<br />

er beim Schreiben die gesuchten Informationen findet; kurz, mit welchen<br />

Fragen er gesuchte Informationen bisher adressiert hat, welche Nachteile<br />

sich dabei offenbaren und wie diesen begegnet werden kann.<br />

Zum einen ist ein Zugang über den textbasierten Inhalt denkbar. Die<br />

Fragen könnten lauten: „Ich suche die Aufzeichnungen zum Austausch<br />

mit dem Geschäftsführer der Manufaktur A“ oder „Ich suche die Wachstumszahlen<br />

des Zulieferers B“. Antworten auf Fragen dieser Kategorie<br />

finden sich im Regelfall mithilfe einer Volltextsuche. Doch wie verhält es<br />

sich, wenn der Geschäftsführer im Wochenrhythmus befragt wurde und<br />

zu viele Protokolle mit ähnlichem Inhalt existieren, die Wachstumszahlen<br />

<strong>als</strong> Foto ohne treffenden Dateinamen gespeichert wurden, ein Hintergrundgeräusch<br />

gesucht wird, das in einer tschechischen Fabrik aufgenommen<br />

wurde oder einfach alle Notizen gewünscht sind, die kurz nach<br />

einem der letzten Treffen mit Kollege B im Lokal C entstanden? Auch<br />

wenn die textuelle Fragekategorie durch moderne Information Retrieval<br />

Methoden stark erweitert werden kann, zeigt sich dennoch in der Breite<br />

potenzieller Frageformulierungen die Notwendigkeit, ihr eine unterstützende<br />

Kategorie zur Seite zu stellen.<br />

Informationsbeschreibung über äußere Eigenschaften<br />

Da die Ausrichtung der Fragen auf das Inhaltliche in den zuletzt aufgeworfenen<br />

Beispielformulierungen keine erschöpfenden Antworten liefern<br />

kann, liegt es nahe, eine Ausrichtung auf die beschreibenden Eigenschaften,<br />

auf das Äußerliche hinzuzuziehen: die Information des Inhalts<br />

um Informationen der äußeren Beschreibung zu erweitern. Beschreibungen,<br />

die über den äußeren Umstand der Informationsentstehung<br />

10


Einleitung – Gliederung<br />

Auskunft geben, etwa den Zeitpunkt der Niederschrift. Somit entsteht<br />

eine Kategorie, die es dem Journalisten ermöglicht, Notizen mit Fragen<br />

der Form „erstellt zum Zeitpunkt t1,“ „ erstellt zwischen Zeitpunkt t1 und<br />

t2“ oder „erstellt nach Zeitpunkt t2“ zu adressieren.<br />

Kausale Verhältnis von Ort und Zeit<br />

Unter dieser Ausgangslage stellt sich wieder die eingangs formulierte<br />

Frage nach der Wahrnehmung, Erinnerung und Verbildlichung von Zeit.<br />

Im Laufe dieser <strong>Diplomarbeit</strong> wird gezeigt, dass ein kausales Verhältnis<br />

zwischen Zeit und Ort existiert, welches im skizzierten Beispiel ermöglicht,<br />

Fragen der äußeren Kategorie folgendermaßen zu konkretisieren:<br />

„erstellt nach Treffen in A“, „gespeichert vor Reise nach B“, „überarbeitet<br />

während längerem Aufenthalt in C“ oder „aufgenommen bei Pause von<br />

regelmäßigen Recherchen in D“.<br />

Das soeben beschriebene Beispiel wird die Arbeit begleiten, um die<br />

Thematik greifbar und verständlich zu gestalten. Dennoch sei darauf<br />

hingewiesen, dass das Konzept ZeitRaumPost keineswegs auf einen<br />

derartigen Anwendungsfall zu beschränken ist, sondern sich vielmehr<br />

<strong>als</strong> allgemein gültiger Ansatz versteht, der seinen Nutzerkreis im Kontext<br />

eines Arbeitslebens sucht, das zum Beispiel von Holm Friebe und Sascha<br />

Lobo in dem Buch Wir nennen es Arbeit [Friebe 06] oder durch Schlagworte<br />

wie Open Innovation, Bar Camps, digitaler Boheme, Coworking<br />

und Entrepreneurship beschrieben wird.<br />

1.3 Gliederung<br />

Das Kapitel 2 steckt die Betrachtungsdomäne ab, indem es der Untersuchung<br />

zugrunde liegende Themengebiete und Begriffe herleitet und<br />

definiert. So analysiert Kapitel 2.1 die Entwicklung und Bedeutung von<br />

standortbezogenen Diensten, vor allem in sozialen Netzwerken. Den<br />

dabei entstehenden Spuren von Ortsinformationen widmet sich Kapitel<br />

2.2 und stellt eine Typisierung von Spuren auf. Basierend auf der Begriffsklärung<br />

zu Ort, Raum und Zeit im Kapitel 2.3, beschreiben die Kapitel 2.4<br />

und 2.5 soziologische und kognitionspsychologische Erkenntnisse zur<br />

Wahrnehmung von Zeit und Raum. Unter praktischen Gesichtspunkten<br />

weist Kapitel 2.7 abschließend auf den Ansatz skalierbarer Benutzeroberflächen<br />

hin.<br />

11


Verwandte Arbeiten werden im Kapitel 3 vorgestellt, wobei die klassische<br />

Trennung von Ort und Zeit in verschiedene Bildelemente im Kapitel 3.2<br />

thematisiert wird, um im darauf folgenden Kapitel 3.3 Beispiele mit einer<br />

Zeitdarstellung beruhend auf Repetition vorzustellen. Kapitel 3.3 befasst<br />

sich mit den durch die Technik ermöglichten Abbildungen von erlebter<br />

Zeit auf animierte Zeit und Kapitel 3.4 präsentiert resümierend Ansätze<br />

der komplexen Verwebung von Ort und Zeit in einen integrierten bildnerischen<br />

Gesamtzusammenhang.<br />

Schlussfolgerungen der Betrachtungen aus den Kapiteln 2 und 3 zieht<br />

Kapitel 4. Aus den in Kapitel 4.1 synthetisierten Anforderungen wird im<br />

Kapitel 4.2 das Konzept ZeitRaumPost erarbeitet, wobei Betrachtungsschwerpunkte<br />

auf das visuelle Konzept und das Interaktionskonzept<br />

gelegt werden.<br />

Die Umsetzung des Demonstrators erläutert Kapitel 5. Dabei wird nach<br />

allgemeinen technologischen Überlegungen aus dem Kapitel 5.1 die<br />

Webschnittstelle zur Datenabfrage der standortbezogenen Dienste in<br />

Kapitel 5.2 beschrieben, woraufhin die Entwicklung vom Mock-up bis<br />

zum Demonstrator und die genutzten Technologien aufgezeigt werden.<br />

Die eingesetzten Darstellungsalgorithmen werden in den darauf folgenden<br />

Abschnitten dargestellt, indem Kapitel 5.3 auf die Implantation von Zeit<br />

und Kapitel 5.4 auf die Formalisierung des Raumes eingehen.<br />

Abschließend erfolgt in Kapitel 6.1 die Auswertung und Zusammenfassung<br />

der Arbeit, deren mitunter zuvor schon aufgeworfenen Möglichkeiten<br />

der Weiterentwicklung Kapitel 6.2 aufgreift und vertieft.<br />

12


Einleitung – Gliederung<br />

13


2 Definition und Ausgangslage<br />

2.1 Standortbezogene Dienste<br />

Point of Interest<br />

georeferenzierte Sehenswürdigkeit<br />

oder Ort von allgem. Interesse(<br />

Bank, Tankstelle, Restaurant, …)<br />

soziale Netzwerke<br />

Dienste, in denen virtuelle<br />

Gemeinschaften gemeinsam<br />

Inhalte erstellen und untereinander<br />

kommunizieren<br />

Unter standortbezogenen Diensten (häufig mit dem englischen Begriff<br />

,Location Based Services‘ bezeichnet) werden Dienste verstanden, die<br />

dem Nutzer abhängig vom aktuellen Aufenthaltsort bestimmte Informationen<br />

bieten. Dazu gehören unter anderem Navigationssysteme, die auf<br />

nahegelegene Orte von Interesse (engl.: Point of Interest) verweisen,<br />

Lösungen zur mobilen Arbeitszeiterfassung oder automatisierte Mautsysteme.<br />

In letzter Zeit wurden standortbezogene Dienste zunehmend<br />

mit der Funktionalität von sozialen Netzwerken und Microblogs verknüpft.<br />

Trotz begrifflicher Unschärfe werden diese Hybriddienste entgegen der<br />

englischen Bezeichnung ,location based social networks‘ auf deutsch<br />

weitgehend vereinfacht <strong>als</strong> standortbezogene Dienste bezeichnet, wenngleich<br />

Soziale Netzwerke mit standortbezogenen Diensten korrekt ist. Da<br />

für diese Betrachtung nur letzte Gattung relevant ist, wird in dieser Arbeit<br />

diese Vereinfachung übernommen.<br />

Nutzergruppen<br />

Carlo Ratti stellt in dem Paper ,Mobile Landscapes: Using Location<br />

Data from Cell Phones for Urban Analysis‘ [Ratti et al. 07] drei Kreise<br />

von Vorteilsnehmern standortbezogener Dienste auf: Individuelle Nutzer,<br />

Nutzergruppen und Dritte 2 . Für individuelle Nutzer ergeben sich Vorteile<br />

nach Ratti bei der „(a) Navigationsunterstützung […] etwa <strong>als</strong> mobiler<br />

Reiseführer mit fortlaufend an des Nutzers Ortswechsel angepasstem<br />

Inhalt“ 3 , <strong>als</strong> „(b) lokalisiertes Branchenbuch […] ,Wo ist das nächstgelegene<br />

vegetarische Restaurant?‘“ 4 und in „(c) bildungsbasierten Diensten<br />

[…] mit Anwendungen zum Vereinfachen des Bereisens historischer<br />

Stätten“ 5 . Sofern eine Gruppe von Nutzern auf standortbezogene Dienste<br />

zugreifen kann, ersinnt Ratti Szenerien für „(d) verteilte Chats und das<br />

2 Ratti et al 07, S. 5-6. Im englischen Original <strong>als</strong> ,Individual users as beneficiaries‘,<br />

,Groups of users as beneficiaries‘ und ,Third parties as beneficiaries‘ bezeichnet<br />

3 ebenda, S. 5. Im englischen Original: ,Navigation aids […] for example, a mobile guide<br />

with content continuously keyed to a user’s changing location‘<br />

4 ebenda. Im englischen Original: ,Geographically distributed yellow pages […] “Where is<br />

the nearest vegetarian restaurant?”‘<br />

5 ebenda. Im englischen Original: ,Educational services […] applications to ease the touring<br />

of historic sitesand other community-based environments‘<br />

14


Definition und Ausgangslage – Standortbezogene Dienste<br />

Auffinden von Freunden […] oder Leuten mit ähnlichen Profilen, welche<br />

die nähere Umgebung betreten oder sich in dieser bewegen“ 6 , „(e) ortsbezogene<br />

Spiele […], die die geographische Position der verschiedenen<br />

Nutzer berücksichtigen und auf Telefonen gespielt werden können“ 7<br />

und „(f) Verkehrs-Dienste [, die] Informationen hinsichtlich einer Gruppe<br />

von Nutzern mit Verkehrsaufzeichnungen koppelt, um Hinweise über<br />

Ballungen und Vorschläge für alternative Routen ausliefern zu können“ 8 .<br />

Er stellt „(g) Digitale Wandteppiche […], ein virtuelles Schaufenster [mit<br />

vom Nutzer hinzugefügten Nachrichten, Kommentaren und Fotos], das<br />

die Stadt überlagert“ 9 vor sowie „(h) koordinierte Aktionen [… bei denen],<br />

Nutzergruppen sich an sich ändernde Gegebenheiten anpassen können<br />

– etwa Protestierende während öffentlicher Demonstrationen“ 10 . Für die<br />

Gruppe der Dritten <strong>als</strong> Vorteilsnehmer sieht Ratti vor allem die Erfüllung<br />

sicherheitsrelevanter, kommerzieller und sozial-analytischer Interessen.<br />

Neben „(i) öffentliche Sicherheit und Schutz [… , wobei] der Ort des<br />

Anrufes von Notfalldiensten wie 110 und 112 genutzt werden kann“ 11 ,<br />

„(j) Familienschutz […] zum Auffinden von jugendlichen Söhnen, alten<br />

Menschen und behinderten Angehörigen“ 12 und „(k) Katastrophenhilfe<br />

[…, zur] Verteilung von Warnmeldungen abhängig von der geographischen<br />

Position“ 13 werden „(l) Geschäftssicherheit und Effizienz“ 14 , „(m)<br />

werbende und informative Dienste“ 15 und „(n) ortsabhängige Abrechnungen“<br />

angepriesen, die sensible Themen wie Nachverfolgung von<br />

Angestellten, mobile Arbeitszeiterfassung und profilbasierte ortsbezo-<br />

6 ebenda. Im englischen Original: ,Distributed chats and friend tracking […] or people<br />

with similar profiles, entering and moving in their region of proximity‘<br />

7 ebenda. Im englischen Original: ,Location-based gaming […] that take into account the<br />

geographic position of different users can be played on cell phones‘<br />

8 ebenda. Im englischen Original: ,Traffic services. Information concerning the position of<br />

a group of users can be interfaced with traffic monitoring in order to deliver news about<br />

congestion and suggestions for alternative routes‘<br />

9 ebenda S. 6. Im englischen Original: ,Digital tapistries […] a virtual showcase overlaid<br />

onto the city, where virtual messages are posted‘<br />

10 ebenda. Im englischen Original: ,Coordinated actions. Groups of users can coordinate<br />

and adapt to changing environmental conditions – such as protesters during public demonstrations‘<br />

11 ebenda. Im englischen Original: ,Public safety and security […] call location can be<br />

used for emergency services such as e_911 and e_112‘<br />

12 ebenda. Im englischen Original: ,Family security […] keep track of teenage sons, elderly<br />

people, disabled members‘<br />

13 ebenda. Im englischen Original: ,Emergency relief […] broadcast alerts that vary with<br />

geographic location‘<br />

14 ebenda. Im englischen Original: ,Business safety and efficiency‘<br />

15 ebenda. Im englischen Original: ,Commercial and information services‘<br />

15


gene Sonderangebote 16 berühren. Für die „(o) Abbildung des urbanen<br />

Systems“ sieht Ratti durch die Verfügbarkeit umfassender, anonymer,<br />

ortsbezogener Datenmengen erstm<strong>als</strong> die Möglichkeit der „Visualisierung<br />

,lebender Städte‘, komplexer Systeme deren Dynamik durch die<br />

Aktivitäten und Raumbewegungen der Leute beschrieben ist“ 17 , woraus<br />

er „mächtige Werkzeuge zum Verstehen und Kontrollieren vieler in<br />

urbanen Gegenden auftretender Phänomene“ 18 extrahiert.<br />

Soziale Netzwerke und standortbezogene Dienste<br />

Erste kommerziellen Anfänge<br />

wagten im Jahr 2000 die Studenten<br />

Dennis Crowley und Alex Rainert<br />

mit einem Dienst namens dodgeball,<br />

der in einigen US-amerikanischen<br />

Städten verfügbar war und<br />

mittlerweile von Google aufgekauft<br />

und in dessen Produkt Latitude<br />

aufgegangen ist. Crowley gründete<br />

2009 nach seinem Abgang von<br />

Google zusammen mit Naveen<br />

Selvadurai foursquare, der heute<br />

mit 5 Millionen Nutzern (vgl. [@fs<br />

penetration]) vor vergleichbaren<br />

Angeboten von brightkite, loopt<br />

und Gowalla (siehe [@brightkite], [@<br />

Abb. 1: Nutzerzahlen gängiger geosozialer loopt], [@gowalla]) den populärsten<br />

Netzwerke<br />

standortbezogenen Dienst darstellt.<br />

Seit 2010 bieten auch verbreitete<br />

soziale Netzwerke wie Twitter (190 Millionen Nutzer, vergleiche [@twitter<br />

16 ebenda. Im englischen Original <strong>als</strong> ,employee tracking‘, ,delivering leisure‘ und ,based<br />

on his/her profile […] the user could receive highlights about points of interest or special<br />

de<strong>als</strong> at commercial establishments within a radius of proximity‘ bezeichnet<br />

17 ebenda, S. 7. Im englischen Original: ,visualize ‘living cities’, complex systems whose<br />

dynamics are described based on people’s activities and movements in space‘<br />

18 ebenda. Im englischen Original: ,powerful tool to understand and control many phenomena<br />

occurring in urban areas‘<br />

16


Definition und Ausgangslage – Standortbezogene Dienste<br />

penetration]) und Facebook (500 Millionen Nutzer, vergleiche [@fb penetration])<br />

die Möglichkeit, eine publizierte Statusmeldung mit einem<br />

Standort zu verknüpfen. Relevante Kernaspekte der standortbezogenen<br />

Dienste bilden<br />

- Venues,<br />

- Check-in,<br />

- Shout und<br />

- Friends<br />

(vgl. [Humphreys08]).<br />

Venues bezeichnen ganz allgemein physische Orte, etwa Arbeitsstätten,<br />

Häuser, Wohnungen, Geschäfte, Cafés, Bildungseinrichtungen, Attraktionen<br />

oder Parks, an denen sich Nutzer standortbezogener Dienste<br />

aufhalten können. Venues werden sowohl durch einen menschenlesbaren<br />

Titel, <strong>als</strong> auch durch konkrete GPS-Koordinaten beschrieben,<br />

wobei sie unterschiedlich feine Granularität besitzen und verschachtelt<br />

sein können. In einer Venue Bibliothek können auch die Venues Bibliothekscafé,<br />

Bibliotheksrestaurant und ein zweiter Lesesaal enthalten sein.<br />

Diese Venues können mitunter dieselben GPS-Koordinaten besitzen,<br />

beziffern aber die vom Nutzer aktive Entscheidung, denjenigen Titel<br />

auszuwählen, welcher seiner Wahrnehmung zufolge am besten zutrifft.<br />

Ist dem standortbezogenen Dienst ein Ort unbekannt oder entspricht die<br />

Beschreibung nicht dem Mitteilungswerten, können vom Nutzer neue<br />

Venues erstellt werden. Wenn sich ein Nutzer in einer Venue befindet<br />

und dieses mitteilen möchte, kann er dort einen Check-in vollziehen.<br />

Namensgebend für diesen Vorgang sind vergleichbare Verfahren bei der<br />

Abfertigung eines Reisenden, etwa im Flughafen, oder dem Speichern<br />

in einer Versionsverwaltung. Der Check-in ist dadurch gekennzeichnet,<br />

dass die persönliche Ortshistorie einen neuen Eintrag mit detaillierten<br />

Angaben zum aktuellen Datum, der Uhrzeit und der Venue enthält. Dieser<br />

Eintrag wird per Broadcast an die Allgemeinheit oder eine eingegrenzte<br />

Zielgruppe versandt. Möchte der Nutzer neben Angaben zur Venue noch<br />

weitere Informationen veröffentlichen, etwa wie lange er sich voraussichtlich<br />

an einem Ort befinden wird oder welches Buch er entdeckt hat<br />

und für besonders empfehlenswert hält, kann der Check-in um entsprechenden<br />

Microcontent angereichert werden. Diese Kombination wird <strong>als</strong><br />

Shout bezeichnet; er befindet sich an einem bestimmten Ort und ruft.<br />

17


Als Freunde (meist im englischen ,friend‘, auch ,follower‘) einer Person<br />

werden die Nutzer bezeichnet, die Teil der eingegrenzten Zielgruppe<br />

sind, die über Check-ins aktiv informiert werden. Werden Check-ins oder<br />

ganze Historien <strong>als</strong> privat deklariert, erhalten nur diese exklusive Einsicht.<br />

Neben dem eigenen<br />

Mitteilungswunsch<br />

werden Nutzer von<br />

standortbezogenen<br />

Diensten zur aktiven<br />

Nutzung durch spielerische<br />

Ansätze und<br />

Abb. 2: Foursquare Badges Last Degree und Pizzaiolo<br />

Prämiensysteme motiviert.<br />

So vergibt Foursquare<br />

Abzeichen (engl.<br />

,Badges’, siehe auch<br />

[Badges]) bei Check-ins, die mehrfach an dem gleichen Ort oder an<br />

einem herausragenden Ort stattfinden, etwa das ,Pizzaiolo‘-Abzeichen<br />

für 25 Check-ins in Pizzerien oder das ,Last Degree‘-Abzeichen für einen<br />

Check-in am Nordpol (siehe Abb. 2). Der Nutzer, der in den vergangenen<br />

60 Tagen am häufigsten in einer bestimmten Venue eingecheckt hat, wird<br />

dort zum Mayor (deutsch: ,Bürgermeister‘) erklärt und zeigt dies jedem<br />

mit seinem Portrait auf der Venue-Beschreibung.<br />

Die virale Werbewirkung von Kampagnen unter Nutzung standortbezogener<br />

Dienste ruft vermehrt Unternehmen hervor, deren Filialen besondere<br />

Angebote für den Mayor oder auch für einfache Check-ins offerieren.<br />

Die US-amerikanische Café-Kette Starbucks bietet in den USA<br />

landesweit wechselnde Preisnachlässe auf Kaffee für diejenigen an, die<br />

in einer ihrer Filialen Mayor sind (siehe [@Starbucks]). Der Bekleidungshändler<br />

GAP verschenkte am 5. November 2010 an Nutzer des Dienstes<br />

Facebook Places insgesamt 10.000 Jeans, wenn diese mit dem eben<br />

gestarteten standortbezogenen Dienst von Facebook in einer GAP Filiale<br />

eincheckten (vgl. [@Facebook Jeans]).<br />

Geolocation-API<br />

Schnittstelle, die dem Browser<br />

Zugriff auf den Standort<br />

des Nutzers ermöglicht<br />

Mashup<br />

Erstellung neuer, medialer Inhalte<br />

durch Verknüpfung vorhandener<br />

Dienste und Informationen<br />

Anwendung und Vezahnung<br />

Nutzen lassen sich standortbezogene Dienste sozialer Netzwerke per<br />

Webinterface in aktuellen Browsern, die das Geolocation-API unterstützen.<br />

Des Weiteren existieren von den genannten Anbietern Applikationen<br />

für mobile Endgeräte, die einen größeren Funktionsumfang und<br />

komfortablere Nutzerführung <strong>als</strong> Webinterfaces bieten. Zwischen den<br />

Anbietern sind verschiedene Mashups entstanden. So müssen Personen<br />

18


Definition und Ausgangslage – Digitale Spuren<br />

nicht zwangsläufig ein neues Konto anlegen, sondern können zur Anmeldung<br />

bei Foursquare auf die Registrierungsinformationen von Facebook<br />

zugreifen; Microcontent von brightkite kann an das eigene Twitterkonto<br />

weitergeleitet und derart einer weiteren Zielgruppe zugänglich gemacht<br />

werden. Die so entstehende Subsumierung ermöglicht eine schnelle<br />

Entwicklung und ein breites Einsatzfeld für standortbezogene Dienste,<br />

da es die Einschränkungen einzelner Insellösungen lockert.<br />

Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellen sich Fragen an den Umgang<br />

und die Zurschaustellung derartiger personenbezogenen Daten, wie sie<br />

etwa von Jerome Dobson und Peter Fisher in dem Beitrag Geoslavery<br />

[Dobson03] thematisiert werden.<br />

2.2 Digitale Spuren<br />

„knuper, knuper, kneischen,<br />

wer knupert an meinem Häuschen?“ 19<br />

heisst es in dem 1812 erstmalig in Schriftform erschienenen Märchen<br />

Hänsel und Gretel [Grimm 12]. Zwei Kinder, die im Wald ausgesetzt<br />

werden sollen, hinterlassen auf ihrem Weg eine Spur aus Brotkrumen,<br />

um den Weg nach Hause zu finden. Doch während in dieser Geschichte<br />

die Brotkrumen von Vögeln aufgefressen werden, was die Orientierung<br />

erfolglos werden lässt, erfreuen sich deren heutige Namensvetter<br />

Breadcrumbs einer zunehmend erfolgreichen Verbreitung. In der Interface-Gestaltung<br />

bezeichnet die Brotkrumen-Navigation (meist englisch<br />

,breadcrumbs navigation‘ genannt) eine Textzeile, welche die Tiefe der<br />

Durchdringung des Applikationskontextes beschreibt. Im Umfeld standortbezogener<br />

Dienste beschreiben ,digital breadcrumbs‘ eine Ansammlung<br />

meist nebenläufig generierter digitaler Informationsspuren.<br />

Entstehung und Klassifikation von digitalen Spuren<br />

Diese Informationen, hier <strong>als</strong> digitale Spuren bezeichnet, können auf<br />

unterschiedliche Art entstehen. Seien es auf den Moment bezogene<br />

absichtlich abgelegte Informationen bei der Nutzung reaktiver standortbezogener<br />

Dienste mit digitalen mobilen Endgeräten oder seien es<br />

beiläufig generierte Protokolle bei der Durchführung elektronischer<br />

Buchungen und Transaktionen. So vielseitig und unüberschaubar ihre<br />

Quellen und Entstehungsmöglichkeiten ausfallen, so breit gestaltet sich<br />

19 Grimm 12, S. 54<br />

19


die Staffelung der Qualitätskategorien, auf die sie abbilden. Für diese<br />

Arbeit lässt sich der Betrachtungskreis auf Spuren beschränken, die bei<br />

beliebiger Entstehungsart einen Ortsbezug besitzen. Die Entstehungsoffenheit<br />

durch Nichteingrenzung erweist sich <strong>als</strong> unumgänglich, sofern<br />

der Ansatz ein in dem Sinne offener ist, dass er Raum für die Adaptionen<br />

seiner Grundidee in andere Anwendungsszenerien anbietet und<br />

sich nicht durch eine zu eng gefasste Domäne künstlich einschränken<br />

darf. Jedoch erfordert diese Beliebigkeit auch eine gesonderte Betrachtung<br />

hinsichtlich der Einordnungsmöglichkeiten und Verwertbarkeit der<br />

digitalen Spuren. Zunächst ergibt sich die Frage nach der Bedeutung<br />

des Ortes für den Spuren Hinterlassenden. Auf welche Bezugsqualität<br />

von Person zu Ort lässt die Natur der Spuren schließen? Die Qualitäten<br />

sollen <strong>als</strong><br />

- Spuren mit aktivem Ortsbezug,<br />

- Spuren mit passivem Ortsbezug und<br />

- Spuren mit potenziellem Ortsbezug<br />

bezeichnet werden. Weiter ergibt sich neben dieser qualitativen Frage<br />

auch eine Frage quantitativer Natur, die auf die Akkuratesse bezüglich<br />

der Orts- und Zeitinformation zielt. Sie fragt zunächst nach der Genauigkeit<br />

hinsichtlich der Rastereinheiten der Zeit- und Ortsbeschreibung, um<br />

sich weitergehend mit der Relevanz dieser Genauigkeit für die Ort-Zeit-<br />

Rezeption zu befassen.<br />

Passiver Ortsbezug<br />

Spuren etwa, die ein digitales Flugticket hinterlassen kann, das Informationen<br />

zu Orten und Uhrzeiten von Start-, Lande- und Eincheckvorgängen<br />

enthält, sind in ihrer Auflösung zwar sehr genau, erlauben aber<br />

keine Rückschlüsse auf die Aufmerksamkeit und die Auseinandersetzung<br />

des Reisenden mit dem jeweiligen Ort. Dieser wird schnell von Ort<br />

zu Ort gebracht, wird aufgefordert, in einem von Beliebigkeit geprägten<br />

Verweilambiente zu warten, wodurch ihn vermutlich eine passive Ortsvergegenwärtigung<br />

prägt. Auch Daten, die ein automatisiertes Mautsystem,<br />

etwa das von Toll Collect (siehe [@toll collect]) speichert, bieten<br />

einen hohen Auflösungsgrad hinsichtlich dem Zeitpunkt und der Position<br />

eines Lastkraftwagens, erlauben aber ebenso wenig Rückschlüsse auf<br />

die Ortswahrnehmung des Kraftfahrers. Derart gesammelte Informationen<br />

gehören den Spuren mit passivem Ortsbezug an.<br />

20


Aktiver Ortsbezug<br />

Definition und Ausgangslage – Digitale Spuren<br />

Standortbezogene Dienste sozialer Netzwerke werden <strong>als</strong> reaktive<br />

Dienste bezeichnet. Anders <strong>als</strong> bei proaktiven Diensten, die auf beliebige<br />

Ereignisse – etwa dem Erreichen einer bestimmten Gegend oder dem<br />

Eintreten einer Uhrzeit – reagieren, müssen reaktive Dienste explizit vom<br />

Nutzer angefordert werden. Sie reagieren einzig auf den Nutzer. Da die<br />

Verwendung sozialer Netzwerke mit standortbezogenen Diensten aus der<br />

Motivation heraus entsteht, den eigenen Verbleib mitzuteilen, kann somit<br />

von einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Ort ausgegangen werden.<br />

Der Nutzer teilt bewusst mit, dass er sich an einem Ort mit einem Namen<br />

befindet. Diese Bewusstseinsvoraussetzung schmälert die zu erwartende<br />

Akkuratesse hinsichtlich der Ort-Zeit Information. Zum einen ist<br />

die namentliche Beschreibung eines Ortes weniger genau <strong>als</strong> die Angabe<br />

in geographischen Koordinaten 20 . Zum anderen entspricht der Zeitpunkt<br />

der Mitteilung durch den Handlungsaufwand nicht zwangsläufig dem der<br />

Vergegenwärtigung, so dass eine zeitliche Nähe angenommen, eine zeitliche<br />

Genauigkeit jedoch ausgeschlossen werden kann. Derartige Spuren<br />

seien <strong>als</strong> Spuren mit aktivem Ortsbezug bezeichnet.<br />

potenzieller Ortsbezug<br />

Eine Mischform dieser beiden Qualitäten bilden die Spuren mit passivem<br />

Ortsbezug. Aktuelle Fotokameras und Fotohandys besitzen digitale<br />

Uhren und mitunter GPS-Empfänger, so dass aufgenommene Bilder<br />

mit EXIF-Daten zum Ort und Zeitpunkt der Aufnahme versehen werden<br />

können. Bei Landschafts- und Architekturfotografie wird der Fotograf<br />

absichtlich sein Motiv wählen, er entscheidet aktiv dass er den Eiffelturm<br />

oder den Blick vom Schönfelder Hochland festhalten wird. Gleiches gilt<br />

für Aufnahmen von Dingen vor entsprechenden Motiven. Ist das Foto<br />

jedoch nur auf eine Person, ein Licht- und Schattenspiel, eine Wolkenkonstellation<br />

bezogen, kann nicht mehr davon ausgegangen werden,<br />

dass diese Spur aus einem aktiven Bekenntnis zum Ort entstanden ist.<br />

Der Ort ist vielmehr Nebenprodukt. Derartige Spuren sollen im Folgenden<br />

<strong>als</strong> Spuren mit potenziellem Ortsbezug bezeichnet werden.<br />

20 „Bibliothek TU Dresden“ beschreibt eine Fläche von knapp 100 x 100 m aus. GPS erhobene<br />

Informationen einen auf unter 10 m genauen Punkt.<br />

21


2.3 Betrachtungen zu Raum und Zeit<br />

Im Zusammenhang mit dem Begriff Zeit wird häufig der Begriff des<br />

Raumes verwendet. Umgangssprachlich beschreibt das „Hier und Jetzt“<br />

die absolute Vergegenwärtigung, das Raum-Zeit-Kontinuum entspringt<br />

der Relativitätstheorie und schildert das Bestreben, die drei erfahrbaren<br />

physischen Dimensionen des Raums um eine zeitliche Dimension<br />

zu erweitern. Das Raumverständnis beruht hierbei auf dem mathematischen<br />

euklidischen Raum. Er bildet auch die Grundlage für weitere<br />

mathematische Raumkonstrukte, etwa den normierten oder den affinen<br />

Raum, und wurde bis zur Verfeinerung des physikalischen Raumbegriffs<br />

aufgrund der ihm innewohnenden physikalischen Tragweite umfassend<br />

<strong>als</strong> Anschauungsraum bezeichnet. Da dieser mathematische Ur-Raum<br />

zunächst durch seine n Dimensionen definiert ist, wird er schlicht anhand<br />

dieser beschrieben: n<br />

Raum und Ort<br />

Doch der Begriff Raum ist so vielseitig wie unscharf. Der mathematisch-physikalischen<br />

Sichtweise stellt sich etwa die architektonische<br />

Anschauung gegenüber. Dort gehört die Definition und Gliederung eines<br />

Raumes zu den grundlegenden Aufgaben des Entwerfens (vgl. [Löw 07]<br />

und [Krusche 08]).<br />

Für den Verlauf dieser Arbeit muss somit geklärt werden, wo in dem heterogenen<br />

Feld des Raum-Begriffes die relevanteste Bedeutung verortet<br />

ist, zumal sich die Frage stellt, welcher Maßstab dem Begriff Raum zugeordnet<br />

werden kann. Ist der Raum das kleinste Element, das sich an<br />

einem Ort befindet, das Zimmer <strong>als</strong> Arbeitsraum, der Begegnungsraum<br />

vor dem Kaffeeautomaten oder gar der Innenraum eines beweglichen<br />

Autos? Oder ist der Raum Synonym für die Menge aller Elemente, der<br />

Raum, der alle weiteren Betrachtungen umschließt?<br />

Wenn im Fortlauf dieser Arbeit der Begriff Raum genutzt wird, ist der<br />

Ort gemeint, dem neben der geographischen Beschreibung weitere<br />

kontextabhängige, sinnliche Qualitäten zugeschrieben werden.<br />

Zeit wird in der Mathematik mit t beschrieben, hat eine zunehmende,<br />

vorgeschriebene Richtung und entstammt dem althochdeutschen ,zît‘,<br />

welches ,Abgeteiltes‘ bedeutet (vgl. [Duden 03]). Doch was zerteilt Zeit<br />

und wie kann Zeit selbst unterteilt werden?<br />

22


Naturzeit, Erlebniszeit und Personenzeit<br />

Definition und Ausgangslage – Über die Wahrnehmung von Zeit<br />

Hans Michael Baumgartner beschreibt in seinem Beitrag zum Buch<br />

Zeit und Zeiterfahrung [Baumgartner 94] drei fundamentale Typen von<br />

Zeiterfahrung. Unter der Naturzeit versteht er die physikalisch-objektive<br />

Beschreibung von Zeit, die durch den Rhythmus der Natur, etwa durch<br />

die circadianen Tages- und Jahresrhythmen, die Rhythmen der Jahreszeiten<br />

oder Jahreswechseln vorgegeben wird: „Sie ist messbar, wobei sie<br />

nicht an sich selber, sondern an Bewegungen gemessen wird, die konstant<br />

sind bzw. in gewissem Sinne konstante Perioden haben“ 21 . Er nennt<br />

das Prinzip der Uhr die Bedingung zur Messung der Naturzeit, welche<br />

exakte Naturwissenschaft erst ermögliche. Sich auf Kants Kritik der<br />

reinen Vernunft stützend bemerkt er jedoch, „daß [der Naturzeit] nicht<br />

eigentlich objektive Realität zukommt, sondern nur eine Realität empirischer<br />

Art“ 22 .<br />

Demgegenüber positioniert Baumgartner die Erlebniszeit <strong>als</strong> subjektive<br />

„Perspektive der Zeit des erlebenden Bewußtseins [… und ] der Zeit<br />

einer handelnden Person“ 23 . Aus dieser Erlebniszeit wiederum entstehe<br />

Personenzeit, die „aus der Erfahrung des Sich-entscheiden-Müssens<br />

und des faktischen Sich-Entscheidens“ 24 erwächst, worin Baumgartner<br />

die Entstehung von qualitativer Zeitbestimmung erkennt, denn „Entscheidungen<br />

bilden die markanten Punkte, die die Geschichtlichkeit des<br />

Subjekts konstituieren“ 25 .<br />

2.4 Über die Wahrnehmung von Zeit<br />

„Tatsache ist, dass wir Zeit messen können, doch das gibt keine Garantie, dass<br />

wir verstehen, was Zeit ist oder ob es angemessen ist sie metrisch zu erfassen.“ 26<br />

So schreibt Umberto Eco in der Einleitung zu dem Buch The Story of Time<br />

und fragt, wie aus dem harten metrischen System ein sich permanent<br />

wandelndes Gefüge aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft extrahiert<br />

werden kann. Sich auf ein Zitat Aristoteles‘ „Die Zeit ist das, worin<br />

21 Baumgartner 94, S. 192<br />

22 ebenda, S. 192<br />

23 ebenda, S. 194<br />

24 ebenda, S. 194<br />

25 ebenda, S. 194<br />

26 Eco 99, S. 11. Im englischen Original: ,The fact is that we can measure time, but this<br />

gives us no guarantee that we understand what time is or whether it is proper to measure<br />

it metrically.‘<br />

23


sich Ereignisse abspielen“ [Aristoteles 87] stützend und aufbauend auf der<br />

bereits in der Einleitung angedeuteten Tatsache, dass „der Mensch kein<br />

Sinnesorgan zur Messung der physikalischen Zeit“ 27 besitze, schlussfolgert<br />

die Kunsthistorikerin Ursula Maria Probst: „Psychologisch lässt sich<br />

Zeit <strong>als</strong> eine Dimension der Wahrnehmung des Erlebens beschreiben,<br />

das an Ereignisse gekoppelt ist“ 28 . Sie beschreibt ein Konstrukt namens<br />

Gehirnuhr, deren ausgesandte Impulse zur Repräsentation von Dauer<br />

genutzt würden. Pulsgeber und Zähler arbeiten nach einem bestimmten<br />

Takt, das Speichern der Impulse, welche die „Empfindung der Geschwindigkeit<br />

des Zeitablaufs“ 29 steuert, sei aufmerksamkeitsbasiert. „Von<br />

einer Tätigkeit abschweifen“ 30 führe dazu, dass „subjektiv die Zeitdauer<br />

<strong>als</strong> kürzer eingeschätzt [wird], <strong>als</strong> in der Situation, in der wir uns auf die<br />

Zeit konzentrieren“ 31 . Anders ausgedrückt lässt sich Probst auch derart<br />

zusammenfassen, dass die Auseinandersetzung mit neuen Situationen,<br />

die <strong>als</strong> Abschweifen von verinnerlichten Strukturen zu verstehen ist, zu<br />

einer Vielzahl wahrzunehmender Ereignisse führt, und dass sich Zeitverarbeitung<br />

und Geschwindigkeitsempfindung nach der Aufmerksamkeit<br />

hinsichtlich Zeit und Ereignis richtet.<br />

Ereignisse<br />

Etymologisch betrachtet entstammt das Wort Ereignis – ein Ding, das<br />

sich ereignet – dem mittelhochdeutschen ,(er)öugen‘, welches ,vor Augen<br />

stellen‘ bedeutet (siehe [Duden 03]). Abhängig von der Person, der etwas<br />

vor Augen geführt wird, nehmen Ereignisse verschiedene Formen an, so<br />

dass unterschiedliche von Situation und Persönlichkeit geprägte Details<br />

gesehen, verarbeitet und erinnert werden. So erlebt ein Angestellter im<br />

Außendienst, der viel Zeit im Auto verbringt, häufig mit dem Verkehr<br />

verknüpfte Ereignisse. Ein Musikliebhaber verbindet Ereignisse hingegen<br />

häufiger mit dem Hören von Geräuschen und Klängen und ein Botaniker<br />

mit Wetterbedingungen und Pflanzenwuchs. Gemein ist diesen sehr<br />

unterschiedlichen Ereignistypen jedoch ein jeweils assoziierter Ort. Der<br />

Stau des Außendienst-Angestellten ereignete sich auf einem bestimmten<br />

Streckenabschnitt, die Klänge wurde in einem bestimmen Rahmen und<br />

Raum gehört, die Pflanzen auf einem bestimmten Beet gepflanzt.<br />

27 Probst 09, S. 13<br />

28 ebenda<br />

29 ebenda<br />

30 ebenda<br />

31 ebenda<br />

24


Definition und Ausgangslage – Über die Wahrnehmung von Orten<br />

Wird die zuvor aufgestellte kausale Kette wieder aufgenommen, lässt<br />

sich feststellen, dass das Zeitkonstrukt, welches durch Erlebniszeit und<br />

individuelle Zeit beschrieben wird, aus Ereignissen besteht, welche an<br />

einem Ort stattfanden und in der Errinerung mit diesem verknüpft sind.<br />

2.5 Über die Wahrnehmung von Orten<br />

Auf der Suche nach einer „Umwelt, die nicht nur gut geordnet, sondern<br />

auch mit Poesie und Symbolgehalt gefüllt ist“ 32 , legte der Städtebauer<br />

Kevin A. Lynch mit dem Buch Das Bild der Stadt [Lynch 89] einen der<br />

Grundsteine für einen Forschungszweig, der im sozialgeographischen<br />

Kontext <strong>als</strong> Wahrnehmungsgeographie bezeichnet wird und sich der<br />

Untersuchung der Perzeption von Raum widmet. 33<br />

allgemeine Vorstellungen von Raum<br />

Lynch untersucht gestützt durch Feldstudien die mentale Repräsentation<br />

geographischer Räume und Landschaften. Diese sind „das strategische<br />

Hilfsmittel [, die] Vorstellung von der Umgebung in dem allgemein geistigen<br />

Bild, das sich eine Person von der äußeren Welt der Erscheinung<br />

macht“ 34 . Die diesbezügliche Einprägsamkeit von Umgebung wird von<br />

Lynch auch <strong>als</strong> „– in einem höheren Sinn – Greifbarkeit“ 35 verstanden:<br />

„Gegenstände [, die] sich den Sinnen klar umrissen und intensiv<br />

darstellen“ 36 werden – in einem höheren Sinn – greifbar. Bedeutsam<br />

für den Einzelnen werden Elemente aus der Umwelt, indem sie von<br />

diesem ausgesucht und zusammengefügt werden, wodurch „das Bild<br />

einer gegebenen Wirklichkeit für verschiedene Wahrnehmende je ein<br />

ganz verschiedenes sein“ 37 kann. Die sich daraus ergebende Annahme,<br />

mit einer stark fragmentierten Beschreibung konfrontiert zu sein, relativiert<br />

Lynch jedoch umgehend, da durch eine Einteilung der Betrachter<br />

in möglichst gleichmäßige Gruppen, basierend auf den Variablen Alter,<br />

Geschlecht, Erziehung, Beschäftigung, Temperament und Bekanntschaft<br />

mit dem Gegenstand, die „Bedeutsamkeitswahrscheinlichkeit“ 38 präzise<br />

vorhergesagt werden könne. Diese ,Gruppenvorstellungen‘ werden im<br />

32 Lynch 89, S. 141<br />

33 Ähnliche Ansätze verfolgte auch der Geograph Torsten Hägerstrand, vergleiche [Hägerstrand<br />

70] und Kapitel 3.4 – Zeit durch Tiefe.<br />

34 ebenda, S. 13<br />

35 ebenda, S. 20<br />

36 ebenda<br />

37 ebenda<br />

38 ebenda<br />

25


folgenden zu dem Konzept der ,allgemeinen Vorstellungen‘ generalisiert,<br />

die „in den Wechselbeziehungen einer einzigen physischen Realität, einer<br />

gemeinsamen Kultur und einer die Grundlage bildenden physiologischen<br />

Natur in Erscheinung treten“ 39 können.<br />

Lynch stellt die fünf „wesentlichen Vorstellungselemente“ 40 Wege, Grenzlinien,<br />

Bereiche, Brennpunkte und Merk-/ Wahrzeichen auf, so dass „die<br />

Welt […] rings um eine Anzahl von Brennpunkten angeordnet […, sie] in<br />

benannte Bezirke zerstückelt oder durch in Erinnerung behaltene Strecken<br />

zusammengefügt werden“ 41 könne. Diese Elemente sind wie folgt<br />

definiert:<br />

1. Wege: „Wege sind die Kanäle, durch die sich der Beobachter gewohnheitsmäßig,<br />

gelegentlich oder möglicherweise bewegt. Es kann sich<br />

dabei um Straßen, Spazierwege, Verbindungswege, Wasserwege,<br />

Eisenbahnen handeln. Für viele Leute stellen diese Wege die vorherrschenden<br />

Elemente in ihrem Umgebungsbild dar. […] Längs dieser<br />

Bewegungslinien sind – auf sie bezüglich – die anderen Umgebungselemente<br />

angeordnet.“ 42<br />

2. Grenzlinien: „Grenzlinien oder Ränder sind diejenigen Linearelemente,<br />

die vom Beobachter nicht <strong>als</strong> Wege benutzt oder gewertet werden. […]<br />

Sie stellen eher seitliche Richtmarken <strong>als</strong> Koordinatenachsen dar [ ,<br />

die ] für viele Leute […] nicht so eine wesentliche Rolle spielen, wie die<br />

Wege.“ 43<br />

3. Bereiche: „Bereiche sind die mittleren bis großen Abschnitte einer<br />

Stadt – und zwar werden sie <strong>als</strong> zweidimensionale Gebiete [… wahrgenommen,<br />

wobei ] jedes aufgrund seines irgendwie individuellen<br />

Charakters erkennbar ist. Von innen stets zu identifizieren, werden sie<br />

auch von außen <strong>als</strong> Referenz benutzt […]. Die meisten Leute gliedern<br />

ihre Stadt auf diese Weise – mit dem Unterschied, daß hier Wege, dort<br />

Bereiche die vorherrschenden Elemente sind.“ 44<br />

4. Brennpunkte: „Brennpunkte sind die strategischen Punkte einer<br />

Stadt, die einem Beobachter zugänglich sind; sie sind intensiv genutzte<br />

Zentralpunkte, Ziel und Ausgangspunkt seiner Wanderungen. In der<br />

Hauptachse können sie <strong>als</strong> Knotenpunkte gelten, <strong>als</strong> Verkehrsunterbrechungen,<br />

<strong>als</strong> Kreuzungen oder Treffpunkte der Straßen […]. Viele<br />

39 ebenda<br />

40 ebenda, S. 175<br />

41 ebenda, S. 18<br />

42 ebenda, S. 60 - 61<br />

43 ebenda, S. 61<br />

44 ebenda<br />

26


Definition und Ausgangslage – Über die Wahrnehmung von Orten<br />

Brennpunkte sind Knoten- und Konzentrationspunkte zugleich. Der<br />

Begriff ,Knotenpunkt‘ ist eng mit dem Begriff ,Weg‘ verknüpft, da in<br />

einem solchen Punkt Wege zusammenlaufen […]. Sie stehen auch in<br />

Zusammenhang mit dem Begriff ,Bereich‘, da sie deren Mittelpunkte,<br />

ihre Polarisationszentren bilden. […] Mitunter nehmen sie in dem Bild<br />

sogar eine vorherrschende Stellung ein.“ 45<br />

5. Merk- oder Wahrzeichen: „Merkzeichen stellen eine andere Art von<br />

optischen Bezugspunkten dar. – In sie kann der Beobachter nicht<br />

eintreten, sie sind äußere Merkmale. […] Ihre Benutzung fordert das<br />

Aussondern eines einzelnen Elementes aus einer Unmenge von<br />

Möglichkeiten. […] Zu solchen Merkzeichen gehören einzelne Türme,<br />

goldene Kuppeln, einzelstehende Repräsentationsbauten.“ 46<br />

Es fällt auf, dass, anders <strong>als</strong> zunächst vermutet, das mentale Abbild der<br />

Umwelt nicht vordergründig auf Merkzeichen basiert, sondern auf Wegen<br />

und Bereichen. Die Bedeutung der Wege unterstreicht Lynch durch eine<br />

Testreihe, bei der Probanden verschiedene Image genannte Planskizzen<br />

zeichneten. „Ziemlich häufig wurde das Image entlang gewohnter Bewegungslinien<br />

und von diesen ausgehend entwickelt“ 47 , während nur „in<br />

seltenen Fällen […] der Ausgangspunkt eine Gruppe einander benachbarter<br />

Gebäude“ 48 war. „So ging der Zeichner z.B. zweigartig von einem<br />

Ausgangspunkt aus oder begann mit einer Grundlinie […]. Wieder andere,<br />

besonders in Los Angeles, fingen mit der zugrunde liegenden Struktur<br />

(dem Straßenraster) an und fügten das Detail hinzu“ 49 .<br />

Die Tatsache, dass Merkzeichen aus einer Unmenge von Möglichkeiten<br />

auszuwählen sind, stellt in Frage, ob die Bedeutsamkeit für deren Auswahl<br />

tatsächlich einer Gruppenvorstellung, respektive allgemeinen Vorstellung<br />

entsprechen kann, oder ob es sich dabei vielmehr um individuelle und<br />

situative Entscheidungsmechanismen handelt. Die Klärung dieser Frage<br />

wäre auch für die Berücksichtigung von Merkstellen in generischen<br />

Kontexten von Interesse.<br />

45 ebenda<br />

46 ebenda, S. 62<br />

47 ebenda, S. 106<br />

48 ebenda<br />

49 ebenda<br />

27


Verbildlichung <strong>als</strong> kognitive Karte<br />

Kognitive Karten bringen das mentale Abbild dieser wesentlichen Vorstellungselemente<br />

in ein Bild (vgl. [Barkowsky 02]: „räumliches Wissen im<br />

Geist wird in Psychologie, Anthropologie und Geographie metaphorisch<br />

gewöhnlich <strong>als</strong> kognitive Karte bezeichnet. Ursprünglich <strong>als</strong> Analogie zu<br />

äußeren kartenartigen Abbildung gedacht, wurde die Metapher mehr und<br />

mehr in einem figürlichen Sinn verstanden.“ 50 ), wobei „zahlreiche empirische<br />

Untersuchungen der Kognitionspsychologie deutlich machten, dass<br />

die Kartenmetapher für mentale Abbildungen von räumlichem Wissen<br />

nicht wörtlich übersetzt werden darf. Anstatt kohärent, wahrheitsgetreu<br />

und vollständig zu sein, müssen mentale Abbildungen von räumlichem<br />

Wissen <strong>als</strong> fragmentiert, verzerrt und unvollständig betrachtet werden.“ 51<br />

Barkowsky konstatiert, dass diese Verzerrungen einem System folgen,<br />

welches sich durch<br />

- Winkelvereinfachung,<br />

- Linienbegradigung,<br />

- Objektverschiebung und<br />

- hierarchische Gruppierung<br />

beschreiben lasse. Er erklärt, dass „Winkel zwischen linearen Merkmalen<br />

mental verändert werden, um in idealisierte Formen zu passen (Linien<br />

werden begradigt, Winkel annähernd an rechte Winkel idealisiert)“ 52 und<br />

um dieses zu erreichen, würden „Objekte versetzt und rotiert so dass<br />

sie eine schematische Konfiguration formieren.“ 53 , wobei die Bezugssysteme<br />

„nicht eine einfache homogene Struktur formen, sondern auf hier-<br />

50 Barkowsky 02, S. 1. Im englischen Original: “spatial knowledge in mind is usually referred<br />

to metaphorically as cognitive mpas in psychology, anthropology, and geography.<br />

Initially meant as an analogy to external map-like representations, the metaphor became<br />

more and more understood in a figurative sense“<br />

51 ebenda, S. 2. Im englischen Original: „Numerous empirical investigations in cognitive<br />

psychology have revealed, that the map metaphor for mental representations of spatial<br />

knowledge must not be interpreted in a literal sense. Instead of being coherent, veridical,<br />

and complete, mental representations of spatial knowledge must be conceived as<br />

fragmentary, distorted and incomplete.“<br />

52 ebenda. Im englischen Original: „[…] angles between linear features are mentally modified<br />

to fit more ideal forms (lines are straightened, angles are idealised toward right angles)“<br />

53 ebenda. Im englischen Original: „objects are displaced and rotated to form more schematic<br />

configurations“<br />

28


Definition und Ausgangslage – Skalierbare Benutzeroberflächen<br />

archische Art und Weise organisiert sind (zum Beispiel wird die räumliche<br />

Beziehung zwischen einem Gebäude in Stadt A und einem Gebäude in<br />

Stadt B durch die räumliche Beziehung zwischen den beiden Städten<br />

vorgegeben)“ 54 .<br />

2.6 Skalierbare Benutzeroberflächen<br />

Eine Möglichkeit, Ben Schneidermans Credo „Overview first, zoom and<br />

filter, then details-on-demand“ 55 umzusetzen, ist die Nutzung von skalierbaren<br />

Benutzeroberflächen (meist englisch ,Zoomable User Interface‘,<br />

kurz ZUI genannt). Während klassische Benutzeroberflächen verschiedene<br />

Ansichten auf dieselbe Information durch Schnitte trennen, ermöglichen<br />

ZUIs das Anpassen der dargestellten Information durch Eintauchen.<br />

Semantische Skalierung<br />

Mittels semantischer Skalierung kann das Verhältnis zwischen Übersicht<br />

und Detailgrad der dargestellten Informationen durch Anpassung<br />

der Betrachternähe gesteuert werden. In der Übersicht stellt jedes ZUI-<br />

Objekt eine kleine abstrahierte Informationseinheit dar, während das<br />

Eintauchen die nähere Betrachtung darunterliegender Details offeriert.<br />

Fischaugen Zoom<br />

Die Fischaugen-Zoom-Technik stellt eine weitere Möglichkeit zur Navigation<br />

in skalierbaren Benutzeroberflächen dar. Anders <strong>als</strong> der semantische<br />

Zoom, der den gesamten Betrachtungsbereich skaliert, vergrößert<br />

der Fischaugen-Zoom ähnlich der namengebenden Kameraobjektive<br />

nur einen kleinen Bereich rings um das Betrachtungszentrum. Zu den<br />

Rändern der Fischaugendarstellung wird das Bild derart verzerrt – <strong>als</strong>o<br />

auch verkleinert–, dass ein nahtloses Anknüpfen an nicht transformierte<br />

Interfacebereiche möglich ist (vergleiche auch [Schaffer 96]).<br />

Da die Koppelung von Nähe an Detail und Abstand an Übersicht der<br />

gängigen Erfahrung und somit der Erwartungshaltung von Nutzern<br />

entspricht, gelten ZUIs <strong>als</strong> besonders leicht erlern- und bedienbar und<br />

performant bei der Lösung interaktiver Probleme (vgl. [Benderson 95]).<br />

54 ebenda. Im englischen Original: „mental representations of spatial knowledge do not<br />

form a single homogenous structure, but are organized in a hierarchical manner. (for<br />

example the spatial relationship between a building in city A and a building in city B is<br />

given by the spatial relationship between the two cities“<br />

55 Shneiderman 03, S. 376<br />

29


Benderson ermittelte in Untersuchungen eine hohe Performanz bei dem<br />

Lösen vorgegebener Aufgaben. Die daraus resultierende niedere Hemmschwelle<br />

und die assoziative Gewissheit der Rückmeldung empfehlen<br />

skalierbare Benutzeroberflächen für Szenarien mit explorativem<br />

Charakter, deren dargestellte Information und potenzielle Interaktion in<br />

einem sich gegenseitig adaptierenden Verhältnis stehen.<br />

Da skalierbare Benutzeroberflächen sich vorwiegend durch das Zooming<br />

und die direkte Rückmeldung auszeichnen und Multitouch-Gesten auf<br />

direkt manipulierbaren Interfaces effektive Ergebnisse erzielen, werden<br />

skalierbare Benutzeroberflächen häufig mit Multitouch-Interaktion<br />

gekoppelt (vergleiche [Marinos 10])<br />

2.7 Überlagerung und Verortung<br />

Sollen Zeit und Raum in einen gemeinsamen Kontext gebracht werden,<br />

so dass der Raum zur beschreibenden Komponente einer Ausformulierung<br />

von Zeit entwickelt werden kann, stellt sich auch die Frage nach<br />

dem Motivationsgrund. Der Raum wird zur Zeit und verwebt die räumliche<br />

Physis mit zeitlichen Gerichtetheit in einem integrierten Ganzen,<br />

doch mit welcher Absicht?<br />

Indem etwas derart Allgegenwärtiges und dennoch Flüchtiges wie die<br />

Zeit in dem Maße formulierbar wird, dass sie auf kognitionspsychologischem<br />

Fundament still stehend greifbar wird, eröffnet sie eine eigene<br />

Wertemenge, die <strong>als</strong> Abbildungszielbereich genutzt werden kann. Erfolgt<br />

die Ausgestaltung der Zeit in dem Bewusstsein ein Zielbereich zu sein,<br />

bietet sie Verankerungsmöglichkeiten für Objekte, die sich nicht nur mit<br />

einer Raumbeschreibung, sondern auch für Objekte, die sich mit einer<br />

Zeitbeschreibung adressieren lassen. Ein Objekt, welches über eine zeitliche<br />

Komponente verfügt, kann folglich in einer übergreifenden Raum-<br />

Zeit Systematik verortet werden.<br />

Ortsbezug digitaler Informationen<br />

Bilder von Digitalkameras können einen Ortsbezug inhaltlicher Art haben,<br />

indem sie etwa den Eiffelturm abbilden. Sie können aber auch einen<br />

beschreibenden Ortsbezug haben, indem sie um EXIF-Daten angereichert<br />

werden, welche die geographische Position maschinenlesbar mit<br />

dem Bild speichert. Eine digitale Notiz hingegen, sofern sie sich nicht<br />

dezidiert mit einem lokalen oder räumlichen Thema befasst, hat im Regelfall<br />

über die Ereignisbedingungen hinaus keinen räumlichen Bezug (vgl.<br />

30


Definition und Ausgangslage – Überlagerung und Verortung<br />

Kapitel 2.2 – Digitale Spuren). Dadurch, dass die Notiz jedoch über einen<br />

Zeitaspekt verfügt, kann die kausale Kette aus Kapitel 2.4 eingebracht<br />

werden und ihre Zeitinformation mit einer Rauminformation verknüpft<br />

werden, die auf der persönlichen Ortshistorie des Verfassers beruht.<br />

Dadurch fällt bei identischem Information-Zeit-Tupel die hinzugefügte<br />

Ortskomponente je nach Verfasser unterschiedlich aus.<br />

Raum durch Zeit<br />

Da digitale Informationen immer einen Zeitbezug besitzen, lässt sich<br />

feststellen: Indem die raumlose Information in einem Raumkontext<br />

verortet werden kann, kann die raumbasierte Zeitformulierung mit einer<br />

beliebigen Information überlagert werden. Und anders herum, kann der<br />

Nutzer auch eine beliebige raumlose Information in einer raumbasierten<br />

Zeitformulierung wiederfinden.<br />

{Beispiel???}<br />

31


3 Verwandte Arbeiten<br />

3.1 Über Bilder aus Ort und Zeit<br />

Die Spezifikation des Feldes, in dem verwandte Arbeiten zu suchen sind,<br />

wirft die Notwendigkeit auf, die Verwandtschaft und somit die Vergleichskomponenten<br />

zu definieren. Besonders spannend erweist sich dabei,<br />

die Betrachtung auf jene Felder zu lenken, in denen entweder versucht<br />

wurde, Zeit und Raum in einen bildnerischen Kontext zu bringen, oder in<br />

denen der Ansatz gewagt wurde, durch Dehnung der Ebene die Abbildungssmöglichkeiten<br />

zu erweitern.<br />

Verallgemeinernd lässt sich die Auswahl auf Formulierungen kartografischer<br />

Natur eingrenzen. Dort finden sich viele Ansätze, die auf den auch<br />

von Jacques Bertin formulierten Abbildungsvorschriften basieren und<br />

je eine Informationsgröße auf eine visuelle Variable projizieren. Somit<br />

kann sich die Darstellungsarbeit auf Erkenntnisse stützen, welche etwa<br />

die Eigenschaften Position, Größe, Helligkeit, Muster, Farbe, Richtung<br />

und Form zielgerichtet zur Vermittlung von Assoziativität, Selektivität,<br />

Ordnung und Quantität einsetzen (vgl. [Bertin 74]). In diesem Geist existieren<br />

viele Arbeiten unter Nutzung von Heatmaps über Scatterplots bis<br />

hin zu Sparklines. Doch gerade im Umfeld der experimentellen Kartographie<br />

und nicht zuletzt unter Ausnutzung von Animationstechniken und<br />

interaktiven dreidimensionalen Darstellungsmöglichkeiten zeigen sich<br />

Ansätze, welche die klassischen Methoden erweitern und neue Anwendungsfelder<br />

erschließen. Diese Ansätze sind nicht zwangsläufig auf die<br />

Nutzung moderner Rechentechnik angewiesen; ein Blick etwa in die<br />

Analysen Tuftes (vgl. Kapitel Kapitel 3.5 – Abfolgen durch Multiple. Ort<br />

+ Ort = Zeit und Kapitel Kapitel 3.6 – Komposition und Verschmelzung<br />

von Sequenzen. Ort = Ort = Zeit) offenbart eine lange Tradition bei der<br />

Entwicklung situativ integrierender Implantationen.<br />

Im folgenden wird zunächst der gängige Ansatz geschildert, Ort und<br />

Zeit in verschiedenen Teilbereichen des Gesamtschaubildes zu trennen.<br />

Daraufhin werden Arbeiten vorgestellt, die sich mit der visuellen Abbildung<br />

von Erlebniszeit in dargestellte Zeit auseinandersetzen. Aus den<br />

32


Verwandte Arbeiten – Trennung der Komponenten. Ort + Zeit<br />

Regionalwissenschaften entspringt der Ansatz, Zeit durch die Nutzung<br />

von Tiefe darzustellen. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Betrachtung<br />

von Arbeiten, die sich Wiederholungen und deren Verwebung zu<br />

Nutzen machen, um eine zeitliche Dimension aufzuspannen.<br />

3.2 Trennung der Komponenten. Ort + Zeit<br />

Eine verbreitete Vorgehensweise zur Darstellung von Informationen im<br />

Ort-Zeit-Kontext ist die Trennung der Komponenten Ort und Zeit in zwei<br />

separate visuelle Elemente.<br />

Abb. 3:<br />

Visualisierung von weltweitem Waffenhandel mittels ARMSFLOW<br />

Das Projekt Armsflow [@armsflow] vom Stockholm International Peace<br />

Research Institute setzt sich mit dem weltweiten Waffenhandel im Verlauf<br />

des letzten halben Jahrhunderts auseinander (siehe Abb. 3). Eine webbasierte<br />

interaktive Informationsgrafik bietet Aufschluss über die Waffengeschäfte<br />

zwischen den einzelnen Ländern. Der große Hauptbereich der<br />

Grafik besteht aus einer schematischen Weltkarte. Diese ist mit Kurven<br />

überlagert, welche die jeweils miteinander handelnden Länder verbinden<br />

und deren Breite das Handelsvolumen zwischen den beiden widerspiegelt.<br />

Dieser Grafik ist ein weiter unten liegender Bereich angegliedert, der<br />

aus einer horizontalen Aufreihung von Kreisen besteht. Jeder einzelne<br />

Kreis symbolisiert ein Jahr, sein Durchmesser beziffert das Gesamt-<br />

33


volumen an Waffengeschäften im entsprechenden Zeitraum. In dieser<br />

Ausgangsansicht lässt sich aus der Karte ablesen, welche Länder im<br />

aktuell fokussierten Jahr mit besonders vielen, besonders wenigen oder<br />

gar keinen Waffen gehandelt haben. Aus der Kreisaufreihung der Zeitleiste<br />

wird ersichtlich, in welchen Epochen die Welt von starkem oder<br />

weniger starkem Waffenhandel betroffen war. Als Interaktionsangebot<br />

stehen dem Nutzer Möglichkeiten zur Fokussierung auf ein einzelnes<br />

Land oder ein einzelnes Jahr zur Verfügung. Durch das Anklicken eines<br />

Kreises in der Zeitleiste stellt die Weltkarte nur die Waffenverkäufe des<br />

dem Kreis zugeordneten Jahres dar, durch das Anklicken eines Landes<br />

nur den Waffenhandel unter dessen Beteiligung. Durch Nacheinanderausführung<br />

der beiden unterschiedlichen Fokussierungsarten kann der<br />

Darstellungskontext auf ein bestimmtes Land in einem bestimmten Jahr<br />

eingegrenzt werden. Dieser Ansatz ermöglicht ein gezieltes Eintauchen in<br />

die zugrunde liegenden Informationen und stellt anschauliche und leicht<br />

durchdringbare Suchergebnisse bereit. Sollen komplexe Zusammenhänge<br />

in der globalen Entwicklung erkannt und verglichen werden – etwa<br />

die Entwicklung des Waffenverkaufs des Sowjetblocks während und<br />

nach dem Ende des Kalten Krieges – sind aufgrund der eingeschränkten<br />

zeitlichen Vergleichbarkeit viele Interaktionsschritte vonnöten, was auch<br />

einen nicht zielgerichteten stöbernden Zugang erschwert.<br />

3.3 Animierte Konzepte. Zeit = Zeit<br />

Abb. 4: Screenshots aus Multiplicity, The Road Map. Israelischer<br />

Reisender<br />

Das Projekt ,The Road<br />

Map‘ der Mailänder<br />

Agentur für Territorialforschung<br />

Multiplicity<br />

thematisiert die unterschiedlichen<br />

Lebensbedingungen<br />

von Israelis<br />

und Palästinensern.<br />

In einer Videoinstallation<br />

mit zwei Leinwänden und vier Fernsehern laufen Ausschnitte der<br />

Reise eines Israeli, der von Kiriat Arba nach Kudmin, und eines Palästinensers,<br />

der von Hebron nach Nablus fährt. Start und Ziel der beiden<br />

Reisen liegen auf dem gleichen Breitengrad und in unmittelbarer Nähe<br />

zueinander, je eine Leinwand ist einem Reisenden gewidmet. Während<br />

34


Verwandte Arbeiten – Animierte Konzepte. Zeit = Zeit<br />

der Israeli das Ziel in einer Stunde und fünf Minuten auf direktem Weg<br />

auch durch Sonderzonen erreicht, benötigt der Palästinenser fünf<br />

Stunden und 20 Minuten, wobei er viele Umwege und wechselnde<br />

Verkehrsmittel nutzen muss (via [Thompson] 08, S. 70-71).<br />

Das Mashup<br />

Weeplaces [@<br />

weeplaces] visualisiert<br />

den zeitlichen Ablauf<br />

der Check-ins von<br />

Nutzern der standortbezogenen<br />

Dienste<br />

Abb. 5: Weeplaces. Der aktuell dargestellte Check-in befindet<br />

Foursquare, Facebook<br />

Places und Gowalla.<br />

Auf einer abstrahierten<br />

sich am dicken Ende des gelben Strahls. Die Verjün-<br />

Karte heben kleine<br />

gung des Strahls hebt den zeitlichen Abstand hervor<br />

blaue Kreise diejenigen<br />

Orte hervor, an denen der Nutzer eingecheckt hat. Sofern er dieses an<br />

einem Ort öfter getan hat, weist eine Ziffer im vergrößerten Kreis auf die<br />

genaue Anzahl hin. Verbunden werden die Kreise in chronologischer<br />

Reihenfolge durch eine animierte, gelbe Linie, wobei die Linienbreite über<br />

die vergangene Zeit seit dem Ortswechsel informiert. Ergänzt wird das<br />

Schaubild durch ein Liniendiagramm, aus dem die Anzahl der Check-ins<br />

eines jeweiligen Tages hervorgehen (siehe Abb. 5).<br />

The Road Map und Weeplaces haben bei allen konzeptionellen und<br />

thematischen Unterschieden gemeinsam, dass sie zu der Kategorie von<br />

Visualisierungen gehören, die Erlebniszeit auf dargestellte Zeit abbilden.<br />

Die Videoinstallation entwickelt den Reisepfad auf der Karte abwechselnd<br />

mit Videoeinspielungen in geraffter Reisegeschwindigkeit und<br />

ermöglicht somit einen direkten Vergleich des Reisefortschritts und<br />

der emotional behafteten Reiseumstände beider Parteien. Weeplaces<br />

lässt die Linien-Enden mit fortlaufender Zeit pfeilartig von Check-in zu<br />

Check-in springen. So bekommt der Betrachter durch schnelle, dynamisch<br />

anmutende Ortswechsel Bewegungsmuster und vom Nutzer<br />

stark frequentierte Gegenden vermittelt. Durch das Liniendiagramm am<br />

unteren Bildrand, welches <strong>als</strong> Zeitleiste fungiert und die Einschränkung<br />

des zu betrachtenden Zeitraums ermöglicht, nimmt Weeplaces hybride<br />

Anleihen bei den im vorausgegangen Abschnitt vorgestellten Arbeiten,<br />

die auf einer Trennung von Zeit und Ort basieren.<br />

35


{http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten<br />

Tilly???}<br />

3.4 Zeit durch Tiefe<br />

Abb. 6: Space-Time Path nach Hägerstrand<br />

Einen anderen Weg schlägt Torsten<br />

Hägerstrand mit dem Aufsatz What<br />

about people in regional<br />

science [Hägerstrand 70] ein. Auf<br />

der Suche nach einer Möglichkeit,<br />

die „Lebensbedingungen in<br />

verschiedenen Teilen des Landes<br />

[Schweden] zu vergleichen und<br />

Wege zu entdecken, diese Bedingungen<br />

bezogen auf Zugang zu<br />

Arbeit, Bildung, Gesundheitswesen,<br />

kulturelle Ressourcen und<br />

Erholung anzupassen,“ 56 und mit<br />

dem „Gefühl, dass Regionalwissenschaften<br />

[…] eine zu starke Ausrichtung auf Studien mit rein ökonomischen<br />

Gesichtspunkten haben, die andere Positionen missachten,<br />

welche eine lebenswerte Welt ausmachen“ 57 , konstatiert er, dass die<br />

„Spezialisierung von Forschung, Technologie und Verwaltung ein vereinendes<br />

Gegengewicht“ brauche. Dazu schlägt Hägerstrand ein Rahmenmodell<br />

zur Untersuchung von Möglichkeiten und Einschränkungen<br />

menschlicher Aktivitäten im integrierten Raum-Zeit-System vor, das auf<br />

den Visualisierungsformen Raum-Zeit-Pfad und dem Raum-Zeit-Prisma 58<br />

beruht.<br />

Der Raum-Zeit Pfad stellt die Ortshistorie eines Menschen dar, indem<br />

er seine geographische Aufenthaltsposition auf die x- und y- Koordinaten<br />

des Darstellungssystems abbildet, während der Zeitpunkt des<br />

Aufenthalts in die z-Achse projiziert wird. Der so entstehende dreidimen-<br />

56 Hägerstrand 89, S. 1. Im englischen Original: ,to compare living conditions in various<br />

parts of the country and find out ways of equalising these conditions with respect to<br />

access to jobs, education, health care, cultural resources and recreation‘<br />

57 ebenda. Im englischen Original: ,feeling, that regional science […] had too strong a bias<br />

towards studies of the purely economic landscape, neglecting other items which make<br />

up a livable world‘<br />

58 im englischen Original <strong>als</strong> space-time path und space-time prism bezeichnet<br />

36


Verwandte Arbeiten – Zeit durch Tiefe<br />

sionale Pfad ermöglicht eine lückenlose und gleichzeitige Darstellung<br />

sämtlicher aufgesuchter Orte in zeitlichem Kontext. Das Verweilen ergibt<br />

somit vertikale Linien über den entsprechenden Orten, die durch schräge<br />

Ortswechsel-Linien miteinander verbunden sind. Aus dem Gefälle der<br />

Ortswechsel-Linien lässt sich die Geschwindigkeit des Ortswechsels<br />

ablesen.<br />

Das Raum-Zeit Prisma erweitert den Raum-Zeit Pfad um einen Interpretationsspielraum.<br />

Anstatt eine gerade Linie zwischen zwei Aufenthaltsorten<br />

einzuzeichnen, wird der Unschärfe der Information Rechnung<br />

getragen, indem jeder Ortswechsel durch ein Prisma dargestellt wird,<br />

das ein eigenes orthogonales Raum-Zeit Koordinatensystem enthält.<br />

Somit lassen sich aus dem Innenraum des Prismas sämtliche potenziellen<br />

Reiseverläufe ablesen.<br />

37


3.5 Abfolgen durch Multiple. Ort + Ort = Zeit<br />

Abb. 7: ,The Horse in Motion‘ von Eadweard Muybridge, 1878.<br />

„Multiple Bilder legen Wiederholung und Änderung, Muster und Überraschung<br />

offen – die grundlegenden Elemente der Idee von Information. Multiple schildern<br />

direkt Vergleiche, die Essenz statistischen Denkens.<br />

Multiple erweitern die Dimension des Flachlands von Papier und Bildschirmen,<br />

der Sicht Tiefe gebend durch Ordnen von Feldern und Informationsstücken.<br />

Multiple erstellen visuelle Listen von Objekten und Aktivitäten, Nomina und<br />

Verben, die dem Nutzer helfen zu analysieren, zu vergleichen, zu differenzieren,<br />

zu entscheiden […].<br />

Multiple repräsentieren und erzählen Sequenzen von Bewegung.<br />

Multiple verstärken, intensivieren und verfestigen den Sinngehalt von<br />

Bildern.“ 59<br />

59 Tufte 97, S. 105. Im englischen Original: ,Multiple images reveal repetition and change,<br />

pattern and surprise – the defining elements in the idea of information. Multiples directly<br />

depict comparisons, the essence of statistical thinking. Multiples enhance the<br />

dimensionality of the flatlands of paper and computer screenm giving depth to vision<br />

by arranging panels and slices of information. Multiples create visual lists of objects and<br />

activities, nouns and verbs, helping viewers to analyze, compare, differentiate, decide<br />

[…]. Multiples represent and narrate sequences of motion. Multiples amplify, intensify<br />

and reinforce the meaning of images.‘<br />

38


Verwandte Arbeiten – Abfolgen durch Multiple. Ort + Ort = Zeit<br />

Mit diesem Credo eröffnet der Informationswissenschaftler Edwart R.<br />

Tufte die Untersuchungen zu Multiples in Space and Time denen er sich<br />

in dem Buch Visual Explanations widmet. Drei Beispiele zu Hilfe nehmend<br />

analysiert er, wie durch die Konstruktion von Bildsequenzen Zeit in das<br />

statische Bild implantiert werden kann, und konstatiert, dass „basierend<br />

auf der Verbindung durch Parallelität, gut gefertigte Multiple hoch auflösende<br />

Ansichten auf komplexes Material liefern“ 60 könnten. Tufte zeigt,<br />

dass bereits Aufzeichnungen von Christiaan Huygens aus dem Jahr 1659<br />

zur Untersuchung der Bewegung des Saturns und seiner Satelliten auf<br />

Multiplen beruhten (vgl. [Tufte 97], S. 106).<br />

Am Beispiel des Bildes The Horse in Motion wird gezeigt, dass zur<br />

Darstellung von Bewegung in stillen Bildern Zeit durch Fläche in ihrer<br />

segmentierenden Dimension ersetzt werden kann, da sich Änderungen<br />

zwischen angrenzenden Bildfragmenten abschätzen ließen. Der Benutzer<br />

müsse dafür zwischen den Bildfragmenten interpolieren, so dass die<br />

Lücken mental geschlossen würden. Allerdings wird auch festgestellt,<br />

dass eine derartige Darstellung von Bewegung, respektive Zeit, Probleme<br />

bei der Abbildung von Rhythmen habe, da weder Dauer noch ein<br />

konkreter Bewegungsfluss dargestellt würden.<br />

Organisieren lassen sich Multiple nach Tufte entsprechend der Darstellungsabsicht<br />

auf Rastern, mithilfe von Annotationen, überlappend oder<br />

<strong>als</strong> narrative Sequenz. Dabei wird empfohlen, den Darstellungsapparat<br />

visuell möglichst reduziert zu gestalten, so dass sich die eigentliche<br />

Information in dem verfügbaren Platz ausbreiten kann.<br />

60 ebenda, S. 112. Im englischen Original: ,Relying on the links of parallelism, well-crafted<br />

multiples provide high resolution views of complex material.‘<br />

39


3.6 Komposition und Verschmelzung von Sequenzen.<br />

Ort = Ort = Zeit<br />

Abb. 8:<br />

1965.<br />

,Men and Insects‘ von L. Hugh Newman,<br />

Als noch konsequenter<br />

auf das Aktivitätsanliegen<br />

Tuftes eingehend,<br />

dass sich durch<br />

Ausnutzung der Fläche<br />

die „Daten sowohl<br />

über den Raum (in zwei<br />

oder drei Dimensionen)<br />

<strong>als</strong> auch über die Zeit<br />

bewegen“ 61 und dass<br />

„multivariate Komplexität<br />

fast unmerklich in die grafische Architektur integriert werden kann,<br />

so behutsam und unauffällig, dass Betrachtende kaum bemerken, dass<br />

sie in eine Welt mit vier oder fünf Dimensionen schauen“ 62 , erweisen sich<br />

Sequenzen, die derart komponiert sind, dass sie in einem gesamtbildnerischen<br />

Zusammenhang verschmelzen. Von Tufte „narrative Grafiken von<br />

Raum und Zeit“ 63 genannt, zeichnen sie sich durch eine Lösung vom<br />

Diktat der Trennung darzustellender Informationskomponenten in<br />

disjunkte visuelle Variablen aus, um ihren Schwerpunkt im Erzählerischen<br />

und im ästhetisch begründeten Gesamten zu suchen. Als Beispiel führt<br />

Tufte unter anderem die figurative Karte an, die sich Napoleons Marsch<br />

nach Moskau annimmt (siehe Abb. 9), und eine Darstellung vom Lebenszyklus<br />

des japanischen Käfers (siehe Abb. 8).<br />

Die Anordnung der einzelnen Stationen des Käferlebens, von der Entwicklung<br />

der Puppe und Larve über das Schlüpfen bis hin zum Legen der Eier,<br />

erinnern an die Sequenzen aus Kapitel 3.5. Anders <strong>als</strong> in den dortigen<br />

Beispielen existieren hier jedoch keine harten Schnitte zwischen den<br />

Sequenzsegmenten. Aus der Verbindung der verschiedenen Erdtiefen<br />

der Puppenposition ergibt sich ein Tunnel, der in der Realität so nicht<br />

existiert, aber die Metaphorik des Weges beschreibt. Die in der Bildmitte<br />

61 Tufte 83, S. 40. Im englischen Original: ,the data are moving over space (in two or three<br />

dimensions) as well as over time‘<br />

62 ebenda. Im englischen Original: ,multivariate complexity can be subtly integrated into<br />

graphical architecture, integrated so gently and unobtrusively that viewers are hardly<br />

aware that they are looking into a world of four or five dimensions‘<br />

63 ebenda. Im englischen Original: ,Narrative Graphics of Space and Time‘<br />

40


Verwandte Arbeiten – Komposition und Verschmelzung von Sequenzen. Ort = Ort = Zeit<br />

positionierte Pflanze ist derart gestaltet, dass bei natürlichem Aussehen<br />

die Position von Blättern und Frucht einem bestimmten Zeitraum zugeordnet<br />

werden kann und einen Hinweis auf das saison- und wachstumsbedingte<br />

Ernährungsverhalten suggeriert.<br />

Abb. 9: Figurative Karte zu den Verlusten französischer Soldaten von Charles Joseph Minard<br />

(1781 - 1870)<br />

Nicht auf Repetition basierend, aber im integrierenden Sinne komplexer,<br />

gestaltet sich das Beispiel von Napoleons Feldzug. Hier werden die Informationen<br />

Truppenstärke, Truppenposition, Marschrichtung, Angriff/<br />

Rückzug, Zeit, Temperatur in einem Gesamtbild zusammengefasst,<br />

wobei die Eigenschaften Kartenposition, Farbe, Richtung, Größe und<br />

Text derart verwoben werden, dass das Bild mit 5 bildnerischen Variablen<br />

6 Informationsdimensionen abbildet.<br />

41


4 Synthese und Konzeption<br />

4.1 Anforderungen<br />

Das Ziel dieser <strong>Diplomarbeit</strong> besteht in der Entwicklung einer interaktiven<br />

generischen Visualisierung. Sie soll dem Betrachter ermöglichen,<br />

erlebte Zeit zu rekapitulieren und sich in dieser zu orientieren, so dass<br />

er Zeiträume und einzelne Ereignisse adressieren kann, ohne sich an ein<br />

konkretes Datum, etwa der Form 31.06.2010, erinnern zu müssen. Der<br />

Zeitbegriff, der diesem Ansatz zugrunde liegt, kann unter Berufung auf<br />

Baumgartner und Probst <strong>als</strong> individuelle Erlebniszeit bezeichnet werden<br />

(vgl. Kapitel 2.3 – Betrachtungen zu Raum und Zeit). Wird das Beispiel<br />

aus Kapitel 1.2 veranschaulichend zu Hilfe genommen, ist eine Darstellungsform<br />

gesucht, die den Journalisten bei der Suche nach gespeicherten<br />

Notizen unterstützt. Dabei soll er nicht gezwungen sein, nur über<br />

inhaltliche Kriterien suchen zu müssen. Vielmehr soll er die zusätzliche<br />

Möglichkeit erhalten, Informationen durch Eingrenzung ihrer Entstehungs-<br />

und Bearbeitungszeiträume aufzuspüren. Diese Zeiträume sollen<br />

nicht durch abstrakte, physikalische Naturzeit, sondern durch Erlebnisse<br />

beschrieben werden, die anhand des Ortes adressiert werden können,<br />

an dem sie stattfanden.<br />

Damit die Visualisierung Fragen wie „erstellt nach Treffen in Hotel A“,<br />

„gespeichert vor Reise nach B“, „überarbeitet während längerem Aufenthalt<br />

in C“ oder „aufgezeichnet bei Pause von regelmäßigen Recherchen<br />

in D“ (vgl. Kapitel 1.2 – Motivation) beantworten kann, sollen zunächst<br />

Anforderungen aufgestellt werden, deren Grundlage die Synthese der<br />

allgemeinen Untersuchungen aus Kapitel 2 und 3 bildet.<br />

Lineares Zeitverständnis<br />

In Kapitel 2.4 wurde das Konzept der Gehirnuhr vorgestellt. Die Gehirnuhr<br />

sendet fortlaufend Impulse aus, wobei die Impuls-Intensität abhängig<br />

von der Wahrnehmung äußerer Einflüsse und somit auch direkt abhängig<br />

von der Aufmerksamkeit ist. Diese Impulse werden inkrementell ausgesandt;<br />

der aktuelle Impuls folgt immer nur dem letzten, ohne dass dabei<br />

ein Querverweis auf eine zyklische Struktur, etwa auf einen Impuls vor<br />

24 Stunden, entstehen kann. Ein Winter kehrt wieder, ein Tag beginnt<br />

regelmäßig von neuem. Doch eine derart beschriebene Zeit nennt Baum-<br />

42


Synthese und Konzeption – Anforderungen<br />

gartner Naturzeit, welche keine direkte Verbindung zur Erlebniszeit hat<br />

(vgl. Kapitel 2.3 – Betrachtungen zu Raum und Zeit). Zwar erlebt der<br />

Mensch diese naturgegebenen, wiederkehrenden Rhythmen; maßgeblich<br />

für seine Wahrnehmung von Zeiträumen und Zeitpunkten zeichnet<br />

jedoch die linear zielgerichtete Gegebenheit, dass er am Anfang seines<br />

Lebens geboren wird, an dessen Ende stirbt, und währenddessen<br />

sukzessive älter wird. Um eingangs gestellten Fragen ein auf der Erlebniszeit<br />

und der Gehirnuhr basierendes visuelles Konstrukt zur Seite zu<br />

stellen, bedarf es somit einer Visualisierungstechnik, die auf einem linearen<br />

Zeitverständnis basiert.<br />

Spuren mit aktivem Ortsbezug.<br />

Wird die kausale Kette aus Kapitel 1.2 und 2.4 wieder aufgenommen,<br />

liegt es nahe, die Visualisierung auf Orten basieren zu lassen, die<br />

bewusst wahrgenommen werden. Kapitel 2.1 stellte die zunehmende<br />

Verbreitung von standortbezogenen Diensten in gängigen digitalen sozialen<br />

Netzwerken vor. Es zeigt sich, dass derartige Dienste einen reaktiven<br />

Charakter besitzen, <strong>als</strong>o Orte anhand einer menschenlesbaren Beschreibung<br />

aktiv und bewusst vom Nutzer gewählt werden müssen. Aufgrund<br />

der allgemeinen Verfügbarkeit und zunehmenden Verbreitung von standortbasierten<br />

Diensten, sollen diese exemplarisch zur Gewinnung von<br />

Spuren mit aktivem Ortsbezug (vgl. Kapitel 2.2 – Digitale Spuren) genutzt<br />

werden.<br />

Kognitive Karten<br />

Kapitel 2.5 (‚Über die Wahrnehmung von Orten‘) zeigte, dass das rezipierte<br />

Abbild von Orten durch Linienbegradigung, Winkelvereinfachung,<br />

Objektverschiebung und hierarchische Gruppierung charakterisiert ist<br />

und vorwiegend durch das Erleben von Wegen, Grenzlinien, Bereichen,<br />

Brennpunkten und Merkzeichen konstruiert wird. Es stellt sich heraus,<br />

dass Wegen und Brennpunkten die meiste Aufmerksamkeit zukommt;<br />

und dass Grenzlinien, Bereiche und Merkzeichen stark von der individuellen<br />

Wahrnehmung von Umwelt abhängen, so dass zu deren Extraktion<br />

aus abstrakten geographischen Informationen zunächst weitere umfassende<br />

Untersuchungen angestellt werden müssen.<br />

43


Abb. 10: The London Underground. Fahrplan von Harry Beck, 1933<br />

Brennpunkte stellen per Definition Knoten und Konzentrationspunkte<br />

dar, die Ziel und Ausgangspunkt von Wanderungen sind und somit <strong>als</strong><br />

Venue, beziehungsweise <strong>als</strong> Grundlage für einen potenziellen Check-in<br />

dienen. Zwischen Ziel und Ausgangspunkt, zwischen zwei Check-ins,<br />

befindet sich der Weg, der zurückgelegt werden muss, um vom ersten<br />

zum zweiten Brennpunkt zu gelangen. Check-ins und Wege werden<br />

mittels kognitiver Karten <strong>als</strong> Brennpunkte und Bewegungslinien erinnert,<br />

indem sie begradigt, unter Umständen verzerrt und in einen hierarchischen<br />

Subkontext eingeordnet werden. Diese Erkenntnisse finden sich<br />

bereits vor dem Entstehen von Lynchs Theorie in Harry Becks U-Bahn-<br />

Plan für die Londoner Tube wieder. Das Stadtbild, das die Grundlage für<br />

die Plan bildet, ist dahingehend verzerrt, dass die Brennpunkt gewordenen<br />

Haltestellen gleichmäßiger <strong>als</strong> in der Realität verteilt sind, und<br />

die Weg gewordenen U-Bahn-Linien sich auf Geraden befinden, die in<br />

Winkeln von 45°, 90°, 135° oder 180° aufeinander treffen. Weiter sind die<br />

unterschiedlichen U-Bahn-Linien farblich voneinander abgegrenzt (siehe<br />

Abb. 10).<br />

44


Gleichzeitigkeit<br />

Synthese und Konzeption – Anforderungen<br />

Aus der Tatsache, dass die mentale Rekonstruktion von Zeit sich<br />

maßgeblich durch das Einordnen eines Zeitpunkts in das Jetzt, das<br />

Davor und das Danach ergibt (vgl. Kapitel 2.4 – Über die Wahrnehmung<br />

von Zeit), entsteht zunächst die Forderung nach gleichzeitiger Betrachtbarkeit<br />

unterschiedlicher Zeitpunkte, im Folgenden <strong>als</strong> die Forderung<br />

nach Gleichzeitigkeit bezeichnet.<br />

A<br />

B<br />

B C<br />

Abb. 11: perspektivische und isometrische<br />

Darstellung von Ortsewechseln zwischen<br />

drei Brennpunkten<br />

A<br />

C<br />

Da Gleichzeitigkeit zum einen die<br />

Betrachtungsmöglichkeit von Orten<br />

zu beliebigen Zeitpunkten erfordert,<br />

ist eine Abbildung der erlebten<br />

Zeit auf das gestalterische Medium<br />

Zeit (vgl. Kapitel 3.3 – Animierte<br />

Konzepte. Zeit = Zeit) ausgeschlossen,<br />

da sie keine Vergleichsmöglichkeiten<br />

unterschiedlicher<br />

Zeitabschnitte ermöglicht. Da<br />

Gleichzeitigkeit sich auch auf die<br />

Betrachtungsmöglichkeiten beliebiger<br />

Orte bezieht, erweist sich die<br />

Verwendung einer dreidimensionalen<br />

Darstellung, wie von Hägerstrand<br />

entwickelt, (vgl. Kapitel 3.4<br />

– Zeit durch Tiefe) <strong>als</strong> problematisch,<br />

da dessen Abbild entweder<br />

parallel projiziert werden oder<br />

fluchten müsste. Fluchtet sie, so<br />

entsteht mit zunehmendem Abstand des Betrachters zum Bild ein visuell<br />

schwer zu durchdringendes Gebilde (siehe Abb. 11 oben). Wird sie<br />

parallel projiziert, so verkommen die Informationen auf der globalen<br />

Tiefenachse (z-Achse) zu einem schwer wahrnehmbaren Abstraktum<br />

(siehe Abb. 11 unten). Somit ist gleichzeitige Betrachtung unterschiedlicher<br />

Orte nicht gewährleistet, und der Verlust an Überblick und ein ständiges<br />

Drehen sind die Folge. Auch die Trennung von Zeit und Raum in<br />

verschiedene Komponenten (vgl. Kapitel 3.2 – Trennung der Komponenten.<br />

Ort + Zeit) kann nur entweder die Raum- oder die Zeit-Komponente<br />

gleichzeitig darstellen. Entweder werden Informationen nur in<br />

Relation zur Zeit oder nur zu den verknüpften Orten dargestellt – jedoch<br />

nicht gleichzeitig.<br />

45


Muster<br />

Um die Charakteristika der gleichzeitig betrachteten Zeitpunkte voneinander<br />

abgrenzen und miteinander in Beziehung setzen zu können, ergibt<br />

sich weiter die Notwendigkeit, Muster zu schaffen, welche die Eigenart<br />

sowohl eines einzelnen Zeitpunkts <strong>als</strong> auch eines Zeitraums widerspiegeln<br />

können. So wird mit dem Musterpotential die Forderung nach einer<br />

möglichst umfassenden Übersetzbarkeit von Mustern, die sich aus den<br />

Typen unternommener Reisen ergeben, in grafische Muster beschrieben.<br />

Exemplarisch sollen die Typen<br />

- Pendeln,<br />

- Unterbrechung des Pendelns,<br />

- einfache Ausflüge,<br />

- Rundreisen und<br />

- außergewöhnliche Ortswechsel<br />

definiert und konkretisiert werden. Das Pendeln beschreibt sich wiederholende,<br />

alternierende Paare von Ortswechseln zu annähernd gleichen<br />

Tageszeiten, etwa zwischen Arbeitsplatz und privater Wohnung. Dessen<br />

Unterbrechung besitzt eine gleichwertige Darstellungsnotwendigkeit:<br />

Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit bedingen sich hier, da die Unterbrechung<br />

nur Regelmäßiges unterbrechen kann und das Regelmäßige<br />

nur durch Unterbrechung eingegrenzt und gefasst werden kann. Die<br />

Unterbrechung kann durch einfaches Auslassen des Pendelns, etwa in<br />

Folge einer Krankheit, oder durch ein alternatives Ziel, etwa bei einer<br />

Geschäfts- oder Urlaubsreise, entstehen.<br />

Abb. 12: Musterpotential aus Reisetypen. Pendeln, Unterbrechung, Rundreise, Ausflug,<br />

außergewöhnlicher Ortswechsel<br />

Einfache Ausflüge bestehen aus Wechseln zu vorwiegend berechenbaren<br />

Zeitpunkten an unterschiedliche Orte, etwa Wochenendausflüge oder<br />

Sommerurlaube. Rundreisen zeichnen sich dadurch aus, dass deren<br />

einzelne Stationen gegenüber dem Gesamtkontext der Reise eine räum-<br />

46


Synthese und Konzeption – Anforderungen<br />

liche Nähe besitzen und dass der geografische Endpunkt einer Rundreise<br />

dem Anfangspunkt entspricht. Außergewöhnliche Ortswechsel<br />

beschreiben Wechsel zu Orten, die entweder aus bekannten Zeitrastern<br />

ausbrechen oder bislang unbekannte, ferne Ziele definieren.<br />

Da eine Auflistung zu Musterpotential, durch die Abhängigkeit vom<br />

Charakter der beobachteten Person, weder <strong>als</strong> vollständig noch in ihren<br />

Kategorien <strong>als</strong> disjunkt gelten kann, muss das Musterpotential in einem<br />

generischen Ansatz gesucht werden, dessen Abbildung einer möglichst<br />

genügsamen und erweiterbaren Vorschrift entspricht. Die Formalisierung<br />

darf nur so strikt ausfallen, dass ein größtmögliches Maß an Offenheit die<br />

Darstellung weiterer, bis dato noch undefinierter oder vermischter Reisetypen<br />

zulässt.<br />

Komposition von Multiplen<br />

Im Kapitel 3.5 wurden Multiplen in sequenzieller Anordnung narrative<br />

Eigenschaften zugesprochen. Sie sollen aufgrund ihrer Fähigkeit, Muster<br />

zu generieren, Überraschungen offen zu legen und Vergleichbarkeit<br />

herzustellen, die Grundlage dieses Konzepts darstellen. Anders <strong>als</strong> in<br />

den Ordnungstypen, die sich in den vorgestellten verwandten Arbeiten<br />

wieder finden, sollen in dieser Arbeit Multiple nicht auf einem starren<br />

Raster mithilfe von Annotationen oder Transparenzüberlagerung geordnet<br />

werden. Um der Darstellungsproblematik von Multiplen bei Rhythmus<br />

und verstrichener Zeit zwischen Sequenzsegmenten zu begegnen, soll<br />

der Ansatz dahingehend überdacht werden, dass die Multiplenordnung<br />

auf einer Gesamtkomposition beruht, die vom Betrachter aktiv beeinflussbar<br />

ist, und welche die verstrichene Zeit durch die Nutzung von<br />

Distanz erfahrbar macht (vgl. Kapitel 3.6 – Komposition und Verschmelzung<br />

von Sequenzen. Ort = Ort = Zeit).<br />

Interaktion durch Eintauchen<br />

Das Suchen von Informationen, das Abgleichen von Mustern, das<br />

Vergleichen von Zeiträumen und das Eingrenzen von Betrachtungsregionen<br />

besteht aus Fokussieroperationen auf geographischen Räumen<br />

und Zeiträumen. Da derartiges Fokussieren in einem Explorationskontext<br />

verortet ist, der auf Mechanismen des Eintauchens und Zurücktretens<br />

basiert, soll das Konzept des Interaktionsdesigns aus den Prinzipien von<br />

skalierbaren Nutzeroberflächen entwickelt werden.<br />

47


Zielbereich <strong>als</strong> Grundlage für Überlagerung<br />

Aus der konzeptionellen Gegebenheit nicht Mittel zum Zweck, sondern<br />

Teil eines interaktiven, gestalterischen Ganzen zu sein, ergeben sich<br />

die Ansprüche der Zielbereichsgestaltung (vgl. Kapitel 2.7 – Überlagerung<br />

und Verortung). Es leitet sich die fundamentale Forderung nach<br />

der Berücksichtigung visueller und interaktiver Ressourcen ab. Da die<br />

Gestaltung nicht ausschließlich der Verbildlichung von Zeit und Raum,<br />

sondern in entscheidendem Maß der Schaffung eines Zielbereichs dient,<br />

in die eine weitere Information hinein projiziert wird, muss dieser überlagerten<br />

Information genügend Platz zur Ausbreitung zugesprochen<br />

werden. Die Ausnutzung sämtlicher visueller Variablen für die Raum-Zeit<br />

Darstellung mag die Vermittlung des Zielbereichs <strong>als</strong> solchen optimieren.<br />

Sie lässt jedoch wenig Gestaltungsraum für die Abbildung der eigentlich<br />

zu adressierenden überlagerten Information.<br />

Gleiche Betrachtungen gelten für die Konzeption von Bedienelementen<br />

und Interaktionstechniken. So stellt sich die Frage, ob Orte oder überlagerte<br />

Inhalte durch ein Suchfeld eingegrenzt werden sollen; ob über<br />

eine Auswahlliste verfügbare Monate oder zu überlagernde Medientypen<br />

selektiert werden. Und es muss geklärt werden, wie viele Antworten<br />

tragbar sind, die den Kompromiss in beiden suchen.<br />

Zusammenfassend<br />

Es gilt, eine lineare Zeitdarstellung zu entwickeln, die sich an den Prinzipien<br />

der skalierbaren Benutzeroberflächen orientiert, und deren Domäne<br />

aus den Spuren standortbezogener Dienste mit aktivem Ortsbezug generiert<br />

wird. Sie soll Bereiche, Brennpunkte und Wege nach den Erkenntnissen<br />

von kognitiven Karten darstellen und sich an der Darstellungsform<br />

der U-Bahn-Karte Becks orientieren. Mittels zeitlicher und räumlicher<br />

Gleichzeitigkeit sollen Vergleiche ermöglicht und Muster von Reisetypen<br />

adäquat widerspiegelt werden. Das theoretisches Grundkonzept soll<br />

durch Anlehnung an Multiple entwickelt werden, die <strong>als</strong> Gesamtkomposition<br />

Rhythmen aufzeigen können und Zeitspannen erfahrbar machen. Die<br />

Nutzung gestalterischer Ressourcen soll in dem Bewusstsein erfolgen,<br />

eine Abbildungsdomäne zu schaffen, die durch verortete Informationen<br />

überlagert wird.<br />

{Schrittweise Erläuterung}<br />

48


4.2 Das Konzept ZeitRaumPost<br />

Synthese und Konzeption – Das Konzept ZeitRaumPost<br />

Zur Entwicklung des Konzepts ZeitRaumPost sei zunächst das in der<br />

Einleitung skizzierte Beispiel wieder aufgenommen. Angenommen, der<br />

Geschäftsführer wurde im Wochenrhythmus befragt, so dass im Wochenrhythmus<br />

Notizen erstellt wurden. Gesucht sind ganz bestimmte Äußerungen<br />

zum Thema Kooperation. Da Kooperation für den Geschäftsführer<br />

ein besonders wichtiges Thema ist, wurde es bei fast jedem<br />

Treffen aufgeworfen, so dass die meisten Notizen mindestens einen<br />

entsprechenden Eintrag enthalten. Relevant sind für den Journalisten<br />

aber nur die Äusserungen jenes bestimmten Tages, an dem der Interviewpartner<br />

in einer besonderen Verfassung war, wodurch die Eingrenzung<br />

auf sehr unscharfen Kriterien basiert. Er kann entweder sukzessive alle<br />

Notizen, welche die Volltextsuche zu Kooperation liefert, durcharbeiten<br />

oder mithilfe seines Kalenders versuchen, den Zeitraum durch assoziative<br />

Verknüpfung mit zeitnahen anderen Ereignissen zu erschließen. Im<br />

ersten Fall ergibt sich ein Aufwand von n Arbeitsschritten, wobei n der<br />

Anzahl durchzuarbeitender Notizen entspricht. Im zweiten Fall entstehen<br />

die fünf Arbeitsschritte: Kalender aufsuchen, Kalender durchstöbern,<br />

Zeitraum extrahieren, Notizen mittels Zeitraum eingrenzen, verbleibende<br />

n Notizen durchsuchen.<br />

Zusammenfassung getrennter Arbeitsschritte<br />

Die einzelnen Arbeitsschritte des zweiten geschilderten Falls sollen in<br />

dieser Arbeit vereint und mit der gesuchten Information in eine integrierte<br />

Gesamtdarstellung verwoben werden. Da eine lineare ortsbasierte<br />

Zeitdarstellung gesucht ist, die auf einer zweidimensionalen, ruhenden<br />

Komposition von Multiplen basiert (vgl. Kapitel 4.1 – Anforderungen),<br />

wird die Zeit zusammen mit der geographischen formalisierten Ortsinformation<br />

gleichzeitig in der Ebene dargestellt.<br />

Seismograph, Ziehen und Spreizen<br />

Ähnlich der Arbeitsweise von Seismographen, welche die Stärke von<br />

Erschütterungen auf einem durch die vorgegebene Ziehrichtung einer<br />

Papierrolle entstehenden Zeitverlauf auftragen, wird in ZeitRaumPost die<br />

Zeit mittels einer zu definierenden Richtung implantiert, die sich durch<br />

die Nutzerinteraktion ergibt und aufgrund ihrer Komplexität <strong>als</strong> Spreizrichtung<br />

bezeichnet wird. Die Interaktionsgestaltung der Benutzeroberfläche<br />

folgt den Prinzipien des Zoomable User Interfaces (vgl. Kapitel 2.6<br />

– Skalierbare Benutzeroberflächen). Durch Eintauchen in das Bild kann<br />

der Nutzer sowohl den räumlichen <strong>als</strong> auch den zeitlichen Betrachtungs-<br />

49


fokus bestimmen. Mittels einer Skalierung kann das Bild zunächst auf<br />

den zu betrachtenden geographischen Raum eingegrenzt werden. Dabei<br />

erscheinen mit zunehmenden Skalierungsgrad mehr Details, so dass<br />

aus einem Brennpunkt, der mehrere Orte gruppiert, sukzessive weitere<br />

Brennpunkte der einzelnen Orte entweichen. Durch Spreizung des Bilds<br />

kann der Nutzer die Zeit in die Darstellung implantieren. Dabei sorgen<br />

zum einen Darstellungsalgorithmen und die direkte Beeinflussbarkeit<br />

der Spreizrichtung durch den Nutzer für eine optimierte Darstellung und<br />

Minimierung von Überschneidungen.<br />

Quelle für Spuren mit aktiven Ortsbezug<br />

Spuren mit aktivem Ortsbezug werden aus der Schnittstelle des Sozialen<br />

Netzwerks foursquare ausgelesen (vgl. Kapitel 2.1 – Standortbezogene<br />

Dienste & Kapitel 2.2 – Digitale Spuren). Dieser stellt einen RSS-Feed zur<br />

Verfügung, so dass die gesamte persönliche Historie von Ort-Zeit-Tupeln<br />

ausgelesen und verarbeitet werden kann.<br />

{Schrittweise erläuterung}<br />

4.3 Das visuelle Konzept<br />

Um die Erkenntnisse zur Wahrnehmung von Orten zu berücksichtigen,<br />

verbindet das visuelle Konzept von ZeitRaumPost die Grundkomponenten<br />

von kognitiven Karten mit den Erfordernissen einer Raum-Zeit-<br />

Visualisierung. Es gilt zum einen auf der räumlichen Vereinfachung<br />

von Brennpunkten und deren Verbindung aufzubauen, die mit Verzerrung<br />

und hierarchischer Gruppierung einhergeht. Zum anderen werden<br />

die dynamischen Aspekte des Vergehens von Zeit und des Verweilens<br />

implantiert, die durch eine Verankerung von konkreter Zeitbeschreibung<br />

durch Datumsinformationen gestützt und gegliedert werden. Es wird ein<br />

Bezugssystem hinterlegt, das die Gesamtdarstellung rahmend fasst und<br />

eine überlagerte Ebene definiert, welche die Verortung zeitvarianter Informationen<br />

im Raum-Zeit-Kontext ermöglicht.<br />

50


Synthese und Konzeption – Das visuelle Konzept<br />

Das visuelle Konzept von ZeitRaumPost basiert somit auf den sechs<br />

Elementen:<br />

- Brennpunkte,<br />

- Ortswechsel,<br />

- Verweildauer,<br />

- Datumsraster,<br />

- Schlieren und<br />

- überlagerte zeitvariante Information.<br />

Brennpunkte <strong>als</strong> interaktive Anker<br />

Abb. 13: Brennpunkt normal (links) und<br />

selektiert (rechts)<br />

Fakultät<br />

Brennpunkte werden <strong>als</strong> Kreise<br />

dargestellt, deren Abbildungsposition<br />

sich aus der Formalisierung<br />

der geographischen Position und<br />

der zeitlichen Verschiebung entlang<br />

der Spreizrichtung errechnet (vgl.<br />

auch Kapitel 2.5 – Über die Wahrnehmung<br />

von Orten und Kapitel 5.5<br />

– Algorithmen zur Formalisierung<br />

des Raums). Der Kreisdurchmesser beschreibt die Neuheit des jeweiligen<br />

Brennpunkts. Ist ein Ort noch nie oder lange nicht mehr aufgesucht<br />

worden, wird der Kreis groß dargestellt, mit zunehmender Frequentierung<br />

nimmt die Größe des Kreises ab. Sie sind farbkodiert, so dass im<br />

Zeitverlauf wiederauftretende Brennpunkte visuell gruppiert werden.<br />

Wird ein Brennpunkt berührt, werden die Kreise aller Brennpunkte mit<br />

gleichem Ortsbezug grafisch erweitert. Den Kreisen wird oben rechts<br />

eine abgerundete Ecke hinzugefügt, so dass der Kreis zu einer stilisierten<br />

Sprechblase wird und sich auf der rechten Seite eine flache Kante ergibt.<br />

Diese wird <strong>als</strong> visueller Anschluss zur Typografie des daneben erscheinenden<br />

Ortsnamen genutzt (siehe Abb. 13).<br />

Ortswechsel an relativen, formalisierten Positionen<br />

t1<br />

t2<br />

Abb. 14: relative formalisierte Position.<br />

Verschiebung formalisierter Brennpunkte<br />

entlang horizontaler Spreizrichtung t<br />

Ortswechsel zeigen die räumlichen<br />

Abstände zwischen zwei Brennpunkten.<br />

Sie werden <strong>als</strong> durchgezogene<br />

Linie abgebildet, die von<br />

der relativen geographischen Position<br />

des letzten zur relativen forma-<br />

51


lisierten Position des aktuellen Brennpunkts führt. Die relative formalisierte<br />

Position wird aus der Verschiebung des formalisierten geographischen<br />

Bezugssystems entlang der zeitlichen Spreizrichtung errechnet<br />

(siehe Abb. 14).<br />

Abbildung des Verweilens<br />

Abb. 15: lokale Anpassung der vorgegebenen<br />

Spreizrichtung<br />

Die Verweildauer wird durch gestrichelte<br />

Linien dargestellt, die vom<br />

letzten Brennpunkt bis zum<br />

nächsten Ortswechselbeginn<br />

verlaufen und somit die Lücken<br />

schließen, die durch die Spreizung<br />

entlang der Spreizrichtung<br />

entstehen. Der Abstand der Strichel-Segmente<br />

entspricht einer<br />

von der Zoomstufe abhängigen konkreten Zeiteinheit. Die Linien der<br />

Verweildauer sind gerade, wenn die Ortswechsel vor und nach dem<br />

Verweilen in eine andere Richtung zeigen <strong>als</strong> die vorgegebene Spreizrichtung.<br />

Wenn die Richtung eines Ortswechsels derart der Spreizrichtung<br />

entspricht, dass die Darstellung von Ortswechsel und Verweildauer aufeinander<br />

liegen, erfolgt eine lokale Anpassung der Verweillinie, so dass sie<br />

eine Kurve beschreibt, die sich an der vorgegebenen Spreizrichtung<br />

orientiert, die Anfangs- und Endtangenten jedoch im rechten Winkel zur<br />

jeweiligen Ortswechselrichtung positioniert. So kann der Abstand<br />

zwischen den Ortswechseln bei lokaler Anpassung des von der Spreizrichtung<br />

definierten Bezugssysystems maximiert werden (siehe Abb. 15).<br />

Die Berechnung der Kurven erfolgt durch einen doppelt-orthogonalen<br />

oder hybriden Algorithmus (vgl. Kapitel 5.4 – Algorithmen zur Implantation<br />

von Zeit).<br />

Komposition von Multiplen<br />

Die gemeinsame Darstellung von Verweildauer und Ortswechseln setzt<br />

zwei Kernforderungen der Synthese um. Zum einen zeigt sich, dass die<br />

aufgereihte Darstellung von Ortswechseln dem Konzept von Multiplen<br />

in sequentieller Ordnung entspricht (vgl. Kapitel 3.5 – Abfolgen durch<br />

Multiple. Ort + Ort = Zeit). Dadurch, dass deren Abstände nicht auf einer<br />

vorgegebenen äquidistanten Schrittweite basieren, sondern der zeitlichen<br />

Distanz entsprechen und durch Spreizung vom Nutzer direkt beeinflusst<br />

und optimiert werden können (vgl. Kapitel 4.4 – Das Interaktionskonzept),<br />

entsteht eine Komposition, die Auskunft über verstrichene Zeit<br />

und zugrunde liegende Rhythmen gibt (vgl. Kapitel 3.5 – Abfolgen durch<br />

52


Synthese und Konzeption – Das Interaktionskonzept<br />

Multiple. Ort + Ort = Zeit & Kapitel 3.6 – Komposition und Verschmelzung<br />

von Sequenzen. Ort = Ort = Zeit). Zum anderen trägt diese Darstellungsform<br />

der Forderung nach einer linearen Zeitdarstellung (vgl. Kapitel 2.3<br />

– Betrachtungen zu Raum und Zeit) Rechnung. Es entsteht ein durchgehendes<br />

lineares Band, dessen Anfang in der Vergangenheit und dessen<br />

Ende in der Gegenwart liegt.<br />

Da die Verweildauer konkrete Zeiträume beschreibt, die von Seiten des<br />

Programms sekundengenau adressiert werden können und somit Verortungen<br />

der Form „zwischen Brennpunkt A und B“, „kurz nach Brennpunkt<br />

B“ oder „kurz vor Brennpunkt C“ vorgenommen werden können,<br />

kann diese mit zeitvarianten Informationen überlagert werden. Dazu<br />

werden kleine Symbole genutzt, die sich auf der gestrichelten Linie an<br />

dem entsprechenden Zeitpunkt befinden und auf die überlagerte Information<br />

hinweisen (vgl. Kapitel 2.7 – Überlagerung und Verortung).<br />

Bezugssytem durch rahmende Schlieren<br />

Um die Spreizrichtung visuell zu unterstreichen und lokal angepasste<br />

Spreizrichtungen und Verweillinien zu verdeutlichen, wird die Darstellung<br />

durch Schlieren hinterlegt, welche die Abbildungen der Brennpunkte,<br />

Ortswechsel und Verweildauer rahmen. In Analogie zu dem hypothetischen<br />

Seismographen können Schlieren wörtlich verstanden werden.<br />

Wie eine Schleifspur liegen sie unter der eigentlichen Linienzeichnung<br />

und entspringen einem fixen Element der Aufzeichnungsmechanik, das<br />

Schleifspuren hinterlässt. Sollte die Schwerkraft oder zu starke Erschütterung<br />

den Bandlauf beeinflussen, lässt sich dennoch aus den Schlieren<br />

das eigentliche Bezugssystem der Aufzeichnung ableiten. In der vorliegenden<br />

Arbeit lassen sich die lokalen Anpassungen der Spreizrichtung<br />

mit der Änderung des Bandlaufes vergleichen, so dass die Schlieren ein<br />

Bezugssystem für die visuellen Elemente darstellen, welches die durch<br />

lokale Spreizrichtungsmodifikationen entstandenen Positionsabweichungen<br />

der Elemente optisch korrigiert.<br />

4.4 Das Interaktionskonzept<br />

Der Demonstrator kann auf klassischen Computern mit der Maus oder<br />

auf Multi-Touch-Systemen mittels Fingerberührung gesteuert werden.<br />

Die mit dem Multi-Touch-Konzept einhergehende Gestensteuerung bietet<br />

jedoch aufgrund der direkten Interaktionsmöglichkeiten eine unmittelbarere<br />

Rückmeldung der Datenmanipulation (vgl. Kapitel 2.6 – Skalierbare<br />

53


Benutzeroberflächen). Das Interaktionsdesign fußt auf zwei Interaktionstechniken<br />

zur Darstellungsmanipulation, die sowohl geographisches <strong>als</strong><br />

auch zeitliches Eintauchen in die Abbildung ermöglichen. Das geographische<br />

Eintauchen wird im Kontext skalierbarer Benutzeroberflächen<br />

<strong>als</strong> semantisches Zooming bezeichnet, das zeitliche Eintauchen sei in<br />

Anlehnung daran <strong>als</strong> semantische Spreizung betitelt. Für die Spreizung<br />

wird eine vom Nutzer vorgegebene Spreizrichtung und Spreizintensität<br />

benötigt.<br />

Geographisches Eintauchen<br />

Abb. 16: Funktionsweise semantischer Zoom. Orange hervorgehoben<br />

sind neu erscheinende Brennpunkte, die zuvor<br />

<strong>als</strong> Teil einer Gruppierung ausgeblendet wurden.<br />

Durch geographisches<br />

Eintauchen wird der<br />

Detailgrad an dargestellten<br />

Ortsinformationen<br />

angepasst.<br />

Mehrere Brennpunkte,<br />

die in der distanzierten<br />

Übersichtdarstellung<br />

zu einem einzelnen Brennpunkt gruppiert werden, können durch Verringerung<br />

der virtuellen Betrachterdistanz in kleinere Gruppen oder atomare<br />

Einheiten aufgeschlüsselt werden. Sie geben somit in sukzessiven<br />

Schritten detailliertere Informationen zu Ortswechseln innerhalb einer<br />

Region, einer Stadt oder eines Stadtviertels preis. Anders <strong>als</strong> bei einem<br />

geometrischen Zoom werden die Bildelemente jedoch nicht linear mit<br />

der Zoomstufe skaliert. Brennpunktkreise behalten ihre Größe, Linien von<br />

Verweildauer und Ortswechsel ihre Breite. Der Zoom schiebt die Brennpunkte<br />

entsprechend der Zoomstärke und des Zoomzentrums auseinander.<br />

Da dies die Größe der Interfaceelemente nicht ändert, entsteht<br />

dazwischen Freiraum, der für Detaildarstellungen genutzt wird (siehe<br />

Abb. 16).<br />

Zeitliches Eintauchen<br />

Abb. 17: Funktionsweise semantische Spreizung bei horizontaler<br />

Spreizrichtung. Die Verweildauer zwischen den<br />

Ortswechseln wird durch eine gestrichelte Linie abgebildet<br />

und ist orange hervorgehoben.<br />

Zeitliches Eintauchen<br />

ermöglicht die Implantation<br />

von Zeit in die<br />

Darstellung. Zeit manifestiert<br />

sich vordergründig<br />

durch die<br />

Abbildung von Verweildauer,<br />

welche durch<br />

i n t e r a k t i v e s<br />

54


Synthese und Konzeption – Das Interaktionskonzept<br />

Auf spreizen hervorgehoben und zurückgenommen wird. Zwecks geographischer<br />

Übersicht kann der Eintauchgrad minimiert werden, so dass der<br />

Darstellung des Verweilens weniger Platz zukommt. Zeit tritt in der Visualisierung<br />

zunehmend in den Hintergrund, und gleiche Geographische<br />

Orte gewinnen an Nähe.<br />

Durch Erhöhung des Spreizgrades entfernen sich geographisch nahe<br />

gelegene Orte voneinander, die Verschiebungsrichtung ergibt sich aus<br />

der vorgegebenen Spreizrichtung. Bei diesem Vorgang tritt die Genauigkeit<br />

der Information Ort zurück, und neben der Information Zeit, respektive<br />

Verweildauer, kommen die zuvor vorwiegend verdeckten visuellen<br />

Informationen Richtung und Muster zum Vorschein. Das Rotieren der<br />

Spreizung führt zur Anpassung der vorgegebenen Spreizrichtung. Die<br />

Verweilgerade dreht sich mit der Rotation, die geographisch definierten<br />

Ortswechsel verschieben sich entsprechend der Verweilgeradenänderung,<br />

ohne selbst gedreht zu werden (siehe Abb. 15).<br />

In Kombination können zeitliches und geographisches Eintauchen<br />

stufenlos jede Darstellungsform zwischen und in den beiden Extremen<br />

erzeugen: auf der einen Seite kann die reine, formalisierte, geografische<br />

Ortsdarstellung ähnlich einer Landkarte entstehen, auf der anderen Seite<br />

die reine Verweildarstellung ähnlich einem Zeitstrahl.<br />

Interaktionsausführung<br />

Der Leitgedanke zur Ausführungsgestaltung dieser Interaktionstechniken<br />

basiert auf dem Komplexitätsgrad der topologischen Veränderung durch<br />

die Interaktion. Das räumliche Eintauchen mittels semantischen Zooms<br />

verschiebt mitunter Brennpunkte jenseits der geometrischen Zoomparameter,<br />

um sie zu gruppieren oder aufzufächern. Dabei wird die Gesamtansicht<br />

skaliert, die zugrunde liegende Topologie ändert sich jedoch nicht;<br />

das geometrische Wesen bleibt in seinen wesentlichen Grundzügen<br />

erhalten, die übergeordnete Bildskalierung verläuft in alle Richtungen<br />

gleichmäßig. Beim zeitlichen Eintauchen hingegen zeigt sich, dass die<br />

semantische Spreizung sehr wohl die Topologie verändert. Den beiden<br />

geographischen Dimensionen schließt sich durch Spreizung und Wiederholung<br />

eine zeitliche Dimension an. Entlang der vorgegebenen Spreizrichtung<br />

wird die Zeit in das Bild gebracht, die Orte entfernen oder nähern<br />

sich einander entsprechend einer komplexen Implantationsvorschrift,<br />

das geografische Wesen der Abbildung wird verzerrt. Die Implantationsvorschrift<br />

berücksichtigt, verglichen mit dem semantischen Zoom, nicht<br />

55


Pinch-Geste<br />

Gestenausführung an Multi-<br />

Touch-Schnittstellen, bei der sich<br />

zwei Finger oder Fingergruppen<br />

annähern oder entfernen<br />

bloß das Ausführungszentrum und die Ausführungsintensität, sondern<br />

für jeden Brennpunkt auch die verstrichene Zeit. Im direkten Vergleich<br />

kann somit die Komplexität des semantischen Zooms <strong>als</strong> geringer denn<br />

die Komplexität des semantischen Spreizens bezeichnet werden.<br />

Auf Multi-Touch-Systemen ist die Nutzung von Pinch-Gesten zum<br />

Steuern von einfachen Transformationsoperationen gängige Praxis.<br />

Diese Geste kann durch Veränderung der Fingerdistanz, parallele<br />

Verschiebung der Finger und Drehen des durch die Finger aufgespannten<br />

Feldes drei verschiedene Interaktionsparameter steuern. Die einzelnen<br />

Parameter lassen sich wie in der anschließenden Auflistung (siehe Tabelle<br />

1) dargestellt, folgendermaßen auf die Eintauchoperationen anwenden:<br />

Parameter Pinch-Geste<br />

aus Berührungspunkten räumliches Eintauchen zeitliches Eintauchen<br />

Veränderung Distanz Anpassung Zoomstufe Anpassung Spreizintensität<br />

parallele Verschiebung Translation Translation<br />

Drehung Rotation Gesamtansicht Anpassung Spreizrichtung<br />

Tabelle 1: Mapping der Pinch-Gesten-Parameter auf Parameter der Interfacemanipulation<br />

Die Pinch-Geste kann einhändig oder beidhändig ausgeführt werden. Bei<br />

der einhändigen Ausführung beschreibt die Bewegung zweier Finger der<br />

gleichen Hand – meist Daumen und Zeigefinger – die Transformation. Bei<br />

der beidhändigen Ausführung ergeben sich Transformationsparameter<br />

durch die Bewegung beider Hände, wobei je Hand ein Finger oder eine<br />

Fingergruppe die Oberfläche berühren. So kann die Anzahl der ausführenden<br />

Finger in verschiedene Komplexitätsstufen gestaffelt werden. Die<br />

geschieht analog zur Realität, in der ein Blatt Papier mit zwei Fingern<br />

gegriffen werden kann, während das Fassen eines Papierstapels oder<br />

etwa eines Kartoffelsacks aufwendigere Greifoperationen mit mindestens<br />

einer Hand und mehreren beteiligten Fingern erfordert.<br />

56


Synthese und Konzeption – Zeitraumpost <strong>als</strong> Schnittstelle<br />

Werden die Komplexitätsstufen der topologischen Veränderung auf die<br />

Komplexitätsstufen der Pinch-Geste abgebildet, so ergibt sich folgende<br />

Belegung:<br />

- Der semantische Zoom, der das geographische Eintauchen in die<br />

Darstellung ermöglicht, wird über eine einhändige oder beidhändige<br />

Pinch-Geste mit insgesamt zwei ausführenden Fingern gesteuert.<br />

- Die semantische Spreizung, die das zeitliche Eintauchen in die Darstellung<br />

ermöglicht, wird über eine beidhändige Pinch-Geste mit insgesamt<br />

mindestens vier ausführenden Fingern gesteuert.<br />

Dadurch, dass der Nutzer mit einer einfachen Pinch-Geste unmittelbar<br />

das zeitliche Eintauchen steuern kann und sowohl die Darstellungsrichtung<br />

<strong>als</strong> auch die Darstellungsgewichtung der Zeit wortwörtlich im Handumdrehen<br />

vollzieht, wird aus der Spreizrichtung eine gespreizte Richtung,<br />

die nicht vorgegeben ist, sondern gegeben wird.<br />

{Tabelle komplexität, sem. Zoom, sem. Spreizung}<br />

4.5 Zeitraumpost <strong>als</strong> Schnittstelle<br />

Da diese Visualisierung nicht <strong>als</strong> alleinstehende Informationsgrafik,<br />

sondern <strong>als</strong> Schnittstelle konzipiert ist, welche die Überlagerung des<br />

Bildes mit verorteten Informationen ermöglicht, muss die aufgeworfene<br />

Forderung nach einer zurückhaltenden Gestaltung und ausgewogenen<br />

Verteilung visueller und interaktiver Ressourcen, berücksichtigt werden<br />

(vgl. Kapitel 2.7 – Überlagerung und Verortung).<br />

Explizite Interaktionselemente<br />

Es gilt somit keine Entlastung des Schaubilds vorzunehmen, sofern<br />

dieses das Hinzufügen weiterer explizit definierter Bedienelemente impliziert.<br />

Es erweist sich <strong>als</strong> einfach, etwa die Funktionalität zur Einschränkung<br />

der betrachteten Orte mittels Auswahllisten zu offerieren, oder eine<br />

miniaturisierte Übersichtsdarstellung hinzuzufügen, die Rückschluss<br />

über die Tiefe und Position des semantischen Zooms bezogen auf das<br />

Gesamtbild gibt. Doch jede Hinzufügung hat auch eine Abnahme der in<br />

den Interaktionsraum projizierten Data-Ink-Ratio (vgl. [Tufte 83]) zur Folge;<br />

eine relative Abwertung der tatsächlich wichtigen Information durch<br />

Zunahme potenziell wichtiger Informationen. Neu entstehende Fragen<br />

oder Fragen in neuen Kontexten nicht mit alten Antworten zu begegnen,<br />

57


sondern Lösungen zu Detailproblemen aus dem Gesamtkonzept heraus<br />

zu entwickeln, wobei das Konzept im Sinne eines objekthaften Ganzen<br />

zu verstehen ist, dessen Offenheit sich stetig dahingehend anpasst, dass<br />

entstehende Herausforderungen integrieret werden können.<br />

Implizite Interaktionshinweise durch konzeptionelle Konsequenz<br />

Die Maxime einer gut gestalteten Tür lautet, dass sie ihre Funktionsweise<br />

implizit vermittelt. So erklärst sie etwa durch die Gestaltung von Griffen<br />

und Aufhängung die Schiebe- oder Ziehrichtung von selbst, ohne dazu<br />

explizite, schriftliche Hinweise zu benötigen (vgl. [Norman 88]). So gilt<br />

auch für die Gestaltung dieser interaktiven Anwendung der Anspruch,<br />

dass die Funktionalität aus der Konsequenz des Konzepts erschließbar<br />

ist.<br />

Die Kritik, dass ein unbedarfter Benutzer nicht ad hoc die implizite Funktionalitätsbeschreibung<br />

begreifen kann und dass ein Schriftzug oder ein<br />

vertrautes Bedien-Element den Erstzugang erleichtern kann, ist berechtigt.<br />

Doch bei dem Versuch, einen Anwenderkreis und ein Anwendungsszenario<br />

zu skizzieren, zeigt sich auch, dass so, wie die implizite Vermittlung<br />

der Öffnungsrichtung jener Tür Kenntnisse über konstruktionstechnische<br />

Details und die Bereitschaft, den Türknauf <strong>als</strong> kommunizierendes<br />

Medium zu begreifen, voraussetzt, auch die interaktive Nutzeroberfläche<br />

auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann, der dem Individuum<br />

weitläufig in seiner Rolle <strong>als</strong> digital Native (vgl. [Prensky 01]) zugesprochen<br />

wird.<br />

Unbewusste Informationsverarbeitung<br />

Der Nutzen einer Darstellung, die auf impliziter Interaktionsvermittlung<br />

beruht, kann kognitionspsychologisch beschrieben werden. Anders <strong>als</strong><br />

explizite Interaktionshinweise, die aktiv gelesen werden müssen und eine<br />

bewusste Wahrnehmung erfordern, ermöglichen implizite Interaktionshinweise<br />

eine unbewusste Informationsverarbeitung. Die Encyclopedia<br />

of Cognitive Science attestiert der unbewussten Verarbeitung, dass sie<br />

automatisch, verdeckt, stillschweigend 64 , und „dass sie ohne Anstrengung<br />

(automatisch) und parallel (simultan) über verschiedene sensorische<br />

Modalitäten auftreten kann“ 65 (vgl. [Snow 03]).<br />

64 im englischen Original <strong>als</strong> “unconscious”, “automatic”, “covert”, “tacit” bezeichnet.<br />

65 Snow 03, S. 1. im englischen Original: ,to occur without effort (automatically) and in<br />

parallel (simultaneously) across different sensory modalities, and to have a large processing<br />

capacity‘<br />

58


Synthese und Konzeption – Zeiteingrenzung anhand unscharfer Kriterien<br />

4.6 Zeiteingrenzung anhand unscharfer Kriterien<br />

Der in dem Beispiel der Einleitung vorgestellte Journalist (siehe Kapitel<br />

Kapitel 1.2 – Motivation) sucht einen Arbeitsablauf, um auf seine berufsbezogenen<br />

Notizen effektiv zugreifen zu können, ohne dass gesonderter<br />

Verwaltungsaufwand entsteht. Das in dieser <strong>Diplomarbeit</strong> entwickelte<br />

interaktive Visualisierungskonzept ermöglicht ihm ein im Folgenden<br />

skizziertes Vorgehen. Angenommen, der Journalist benötigt von allen<br />

Aufzeichnungen, die während der wöchentlichen Interviews mit dem<br />

Geschäftsführer einer bestimmten Manufaktur entstanden, einen besonderen<br />

Satz an Notizen und Schaubildern. Er weiß jedoch nicht mehr<br />

genau, welche konkreten Aussagen fielen, erinnert aber, dass ein kurz<br />

zuvor getroffener Vertragsabschluss der Manufaktur den Interviewpartner<br />

zu ungewöhnlichen Aussagen hat verleiten lassen. Die Stimmung<br />

war während des Gesprächs besonders ausgelassen, die Einblicke<br />

außergewöhnlich intim und die Wortwahl des Geschäftsführers derart<br />

euphorisch, dass sie Sätze eine gute Grundlage für spannende Zitate<br />

bilden. Eine ad-hoc Eingrenzung des Zeitraums deutet auf den Herbst<br />

oder Winter des letzten Jahres hin, da das Interview in einem Café stattfand<br />

und nicht, wie in den warmen Monaten üblich, in einem Separé der<br />

Produktionsstätten. Die Tatsache, dass es sich um das vergangene Jahr<br />

handelt, bringt die Einschränkung mit sich, dass die Erinnerung an das<br />

konkrete Datum nicht mehr vorhanden ist und eingrenzende Umstände<br />

nur fragmentarisch rekapituliert werden können. Jedoch erinnert der<br />

Journalist noch einzelne, prägnante Situationen. So etwa, dass sich der<br />

Geschäftsführer vor dem Interview sehr interessiert zeigte, <strong>als</strong> der Journalist<br />

ihm von dem kurz zuvor besuchten Symposium zu „Mobilität und<br />

Alter“ berichtete. Auch erinnert er, dass die Wortgewalt des Interviews<br />

ihn noch bei einer Wochenendwanderung in den nahegelegenen Bergen<br />

beschäftigte und er bei einem späteren Urlaub mit Freunden auf die<br />

Bedeutung des Geschäftsabschlusses der Manufaktur zu sprechen kam.<br />

getrennte Arbeitsschritte<br />

Das Erstellungsdatum der gesuchten Informationen lässt sich demnach<br />

derart eingrenzen, dass es in einem Zeitraum zwischen dem Symposium<br />

und der Wochenendwanderung liegt, welche vor dem Urlaub stattfand.<br />

Ein <strong>als</strong> klassisch zu bezeichnendes Vorgehen bestünde darin, dass der<br />

Reporter seinen Kalender nutzt und potenzielle Daten für Symposium,<br />

Wanderung und Urlaub mit den Einträgen abgleicht. Die so ermittelte<br />

Zeitspanne gleicht er dann mit den Datumsangaben seiner Notizverwaltung<br />

ab. Sofern der Umfang des verbleibenden Informationssatzes es<br />

59


zulässt, werden die gesuchten Informationen extrahiert. Ist die Komplexität<br />

weiterhin zu groß, wird das Datum weiter eingegrenzt, indem die<br />

Schritte Rekapitulation, Durchstöbern des Kalenders, Extraktion des<br />

kalendarischen Zeitraums, Abgleich mit Daten der Notizverwaltung<br />

wiederholt werden.<br />

integrierter Arbeitsablauf<br />

Ein Vorgehen unter Anwendung des in dieser <strong>Diplomarbeit</strong> entwickelten<br />

Konzepts ermöglicht hingegen die Zusammenfassung dieser einzelnen<br />

Arbeitsschritte in eine integrierte Problemlösung, welche die Informationsadressierung<br />

und das Moment des Kalenderbasierten Stöberns zu<br />

einem Gesamten verschmilzt. Der Journalist sieht zunächst eine formalisierte<br />

Karte, die alle zuletzt aufgesuchten Orte durch Kreise und vollzogenen<br />

Ortswechsel durch Linien darstellt. Zwecks eröffnender Orientierung,<br />

lässt er sich durch Berührung der Kreise die zugehörigen Ortsnamen<br />

anzeigen. Mittels Gestenbasierter Interaktion taucht er darauf hin<br />

in die Darstellung ein. Durch eine einfache Pinch-Geste, die zwei Finger<br />

nutzt, wird zunächst der geographische Betrachtungsraum eingegrenzt,<br />

wobei der Detailgehalt der Ortsinformationen steigt. Sofern dieser spezifiziert<br />

ist und irrelevante Orte ausgeblendet sind, bringt der Journalist<br />

die Zeit in die Darstellung. Indem er eine Pinch Geste mit zwei Händen<br />

und mehreren Fingern ausführt, spreizt er das Bild, so dass Verweildauer,<br />

Bewegungsmuster und überlagerte Informationen erscheinen.<br />

beispielhafte Anwendung<br />

Vorausgesetzt, der Journalist wohnt im Osten des Landes, die Interviews<br />

fanden in der Landesmitte und das Symposium südlich davon statt, kann<br />

geographisch in die Visualisierung eingetaucht werden, so dass nur der<br />

relevante südliche bis östliche Landesbereich sichtbar bleibt. Reisen im<br />

Norden, Westen und entfernten Osten verschwinden aus der Abbildung<br />

und werden durch ausgehende Linien angedeutet. Im Folgenden wird<br />

durch zeitliches Eintauchen die Darstellung derart aufgespreizt, dass sie<br />

das Bewegungsverhalten innerhalb dieser Orte wiedergibt. Der Journalist<br />

kann die Darstellung im Folgenden so weit verschieben und spreizen,<br />

dass nur der Winter und Herbst des vergangenen Jahres sichtbar sind.<br />

Er kann das wöchentliche Pendeln zur Manufaktur in der Landesmitte<br />

und alle weiteren in der fokussierten Zeitspanne und dem betrachteten<br />

geographischen Raum unternommenen Ortswechsel erkennen, so auch<br />

die Reise zum Symposium, die Wochendausflüge in die Berge und den<br />

Südurlaub.<br />

60


Synthese und Konzeption – Erfahrungen bei der Konzeptentwicklung<br />

Da die Notizen die Darstellung des Verweilens überlagern, kann er auf<br />

diese unmittelbar zugreifen. Relevant sind jene, die sich nach der Symposiumsreise<br />

– Ortswechsel Richtung sichtbaren Süden –, vor dem Urlaub<br />

– Ortswechsel über den unteren Bildrand hinaus –, beziehungsweise vor<br />

dem Wochenendsausflug – kleiner Ortswechsel Richtung Osten in der<br />

Nähe des Wohnorts, vor dem Urlaub – befinden.<br />

Im direkten Vergleich zeigt sich gegenüber der <strong>als</strong> klassisch bezeichneten<br />

Herangehensweise zum einen eine Abnahme des Arbeitsaufwands durch<br />

die Vereinigung getrennter Arbeitsschritte in einen integrierten Arbeitsablauf.<br />

Zum anderen ergeben sich aus der Visualisierung Hinweise auf<br />

zunächst vergessene, aber potenziell relevante Ereignisse. Aufgrund<br />

der eingeschränkten Darstellungsform von Kalendern, die vorwiegend<br />

große Textmengen enthalten, können derartige Ereignisse nicht ausreichend<br />

prägnant vermittelt werden. Durch einen Hinweis, wie er bei der<br />

Ortswechselbetrachtung entstehen kann, ist es jedoch möglich in das<br />

Gedächtnis des Betrachtenden zu gelangen und weitere Einschränkungskriterien<br />

offen zu legen.<br />

{Bild für das Beispiel}<br />

4.7 Erfahrungen bei der Konzeptentwicklung<br />

Herausforderungen zeigen sich vor allem in dem Spannungsfeld, das<br />

zwischen der Vermittlung möglicher Anwendungsszenarien und deren<br />

Nachvollziehbarkeit durch Dritte entsteht. Bei dem Erleben von Ereignissen,<br />

bei der Empfindung und der Rekonstruktion von Zeit handelt<br />

es sich um sehr persönliche Anliegen, die in ihrer Vollständigkeit von<br />

einer Person weitestgehend alleine erfahren werden und sich somit nur<br />

partiell teilen lassen. Aufgesuchte Orte, vorgenommene Ortswechsel und<br />

Erlebnisse können erzählt, jedoch nicht mit allen Facetten wiedergeben<br />

werden, die ihnen Bedeutsamkeit verleihen und sie in der Erinnerung<br />

verankern.<br />

Die zur Anwendung des ZeitRaumPost-Konzepts empfohlene Vollständigkeit<br />

digitaler Spuren mit aktivem Ortsbezug kann trotz rasanter<br />

Verbreitung entsprechender Dienste derzeit selten vorausgesetzt<br />

werden. Dieses erschwert die Schaffung einer Diskussionsgrundlage,<br />

da potenzielle Gesprächspartner durch fremde Daten auf ein fremdes<br />

Leben starren, das den notwendigen persönlichen Bezug zwischen dem<br />

aktuell Sichtbaren und dem Erlebten nicht herstellen kann. Auch weicht<br />

61


das Arbeitsleben der Betrachtenden mitunter von der in Kapitel 1 definierten<br />

Arbeitswelt ab, deren allgemeine Risikobereitschaft und Spontaneität<br />

einen offenen und bewussten Umgang mit Mobilität und häufige<br />

Ortswechsel involviert.<br />

{Demonstrator: Wie aussehen? Abgrenzung. Anliegen ist Verknüpfung.<br />

Zurücknehemen. Interaktion. Testbar machen. Reine Stills schwierig<br />

einzuschätzen.<br />

}<br />

62


Synthese und Konzeption – Erfahrungen bei der Konzeptentwicklung<br />

63


5 Umsetzung<br />

5.1 Grundlage<br />

Processing<br />

Auf Animationen und Grafik<br />

spezialisierte Programmiersprache<br />

auf Basis von Java<br />

Model View ViewModel<br />

Vom Model View Presenter abgeleitetes<br />

Entwurfsmuster mit<br />

breiter Anwendung in WPF<br />

Um das theoretische Konzept hinter ZeitRaumPost in eine greif- und<br />

testbare Form zu bringen, entstanden mehrere Prototypen. Die ersten<br />

basierten auf der Programmiersprache Processing und dienten vorwiegend<br />

dem Entwickeln und Testen verschiedener Darstellungsalgorithmen.<br />

Der Demonstrator ist in C# entwickelt, wobei das Grafik-Framework WPF<br />

genutzt wurde. Die Verknüpfung zwischen den aufbereiteten Daten und<br />

deren Darstellung wurde unter Anwendung des Model View ViewModel<br />

(MVVM) mit zugehörigem Data Binding umgesetzt. Als Hardware kommt<br />

ein Multi-Touch-Tisch zum Einsatz, dessen Berührungsereignisse mittels<br />

Windows 7 Surface-SDK vom Betriebssystem an den Demonstrator<br />

weitergeleitet werden.<br />

5.2 Extraktion digitaler Spuren<br />

Die digitalen Spuren mit aktivem Ortsbezug werden von dem sozialen<br />

Netzwerk mit standortbezogenen Diensten Foursquare bezogen. Dieses<br />

bietet dazu eine Schnittstelle an, die auf dem xml-basierten RSS-Standard<br />

aufsetzt. Ein Check-In sieht folgendermaßen aus:<br />

<br />

@ Flughafen München (MUC) - Terminal 1<br />

Flughafen München (MUC) - Terminal 1<br />

http://foursquare.com/venue/1492420<br />

Sun, 17 Oct 10 09:51:05 +0000<br />

urNuBa30Pi33xIrQuMCQWg==<br />

48.35433834673654 11.783695220947266<br />

<br />

64


Umsetzung – Entwicklungsschritte<br />

Mithilfe des Sprachkonstrukts LINQ werden diese Information in eine<br />

interne Datenstruktur umgewandelt und zwischengespeichert.<br />

return<br />

from x in doc.Descendants(„channel“).Descendants(„item“)<br />

orderby DateTime.Parse(x.Element(„pubDate“).Value<br />

ascending<br />

select new RSSItem()<br />

{<br />

}<br />

Title = x.Element(„title“).Value,<br />

Message = x.Element(„description“).Value,<br />

Url = x.Element(„link“).Value,<br />

PublOn = DateTime.Parse(x.Element(„pubDate“).Value),<br />

Geo = Point.Parse(x.Element(geoRSS + „point“).Value)<br />

LINQ<br />

Komponente des .net-Frameworks<br />

zur Abfrage und Manipulation<br />

von Datenquellen<br />

Gepflegt werden die Daten über das Webinterface von Foursquare und<br />

über die iPhone Foursquare-App. Die Geo-Informationen, die Foursquare<br />

zum Vorschlagen nahe gelegener Orte benötigt, entstammen entweder<br />

der Sendemast-Triangulierung, dem GPS-Sensor oder der WLAN-Ortung<br />

(vgl. [Ratti 07] & [Mountain 01]). Der Name des Ortes, an dem der Checkin<br />

ausgeführt wird, wird jedes Mal basierend auf den automatisch generierten<br />

Vorschlägen vom Nutzer selbst gewählt.<br />

5.3 Entwicklungsschritte<br />

Die ersten Entwicklungsschritte basierten auf Landkarten, Transparentpapier<br />

und verschiedenen Stiften. Der Frage folgend „Wie kann die Zeit<br />

in die Orte der Landkarte einfließen?“ entstanden Skizzen, bei denen<br />

Ortswechsel auf das die Landkarte überlagernde Transparentpapier<br />

eingezeichnet wurden. Dabei wurde der Faktor Zeit ähnlich der Funktionsweise<br />

eines Seismographen durch Ziehen des Papiers eingebracht,<br />

wobei verschiedene Spreizrichtungen, Ziehkurven und Ziehgeschwindigkeiten<br />

getestet wurden.<br />

Darauf bauten erste Processing-Sketches auf, die dem Zweck dienten,<br />

mathematische Grundlagen für die Darstellungsalgorithmen zu entwickeln<br />

und zu testen. Durch die Fokussierung von Processing auf das<br />

Entwickeln visueller Arbeiten (vgl. [Fry 07]) und die daraus resultierende<br />

einfache Bedienung ist es möglich, auf unmittelbare Weise erste<br />

Eindrücke über das visuelle Eigenleben der angestrebten generischen<br />

65


Informationsvisualisierung zu gewinnen, Parameter potenzieller Darstellungsalgorithmen<br />

aufzustellen oder auszutauschen und mögliche<br />

Grenzen der Annahmen zu erkennen. Da die notwendige Ausprägung<br />

sowohl jener Parameter, welche die Größe und Richtung der Gesamtdarstellung<br />

beeinflussen, <strong>als</strong> auch derer, die das Verhältnis zwischen den<br />

Kenngrößen Ort und Zeit beschreiben, stark situativ variiert und sich<br />

schwer ein Optimalwert definieren lässt, zeigt sich, dass diese Ausprägung<br />

unmittelbar vom Nutzer beeinflussbar sein muss.<br />

Stage<br />

System.Windows.FrameworkElement<br />

1..1<br />

1..*<br />

Spot Abidance Change Schlieren DateGrid<br />

View Package<br />

System.Collections.ObjectModel.ObservableCollection<br />

Spot-<br />

Collection<br />

Abidance-<br />

Collection<br />

Change-<br />

Collection<br />

Schlieren-<br />

Collection<br />

ViewModel Package<br />

Abb. 18: Klassendiagramm mit feingliedrigem MVVM-Entwurfsmuster<br />

66


Umsetzung – Algorithmen zur Implantation von Zeit<br />

Dieses führt zur Entwicklung des Demonstrators auf Basis von C# und<br />

WPF, welche gegenüber den Processing-Sketches neben einem entwicklungstechnischen<br />

Mehraufwand auch die Festlegung auf die Windows-<br />

Plattform bedeutet. Dafür ermöglicht die Programmiersprache C# einen<br />

ereignisbasierten Programmfluss und das Framework WPF mit der<br />

Beschreibungssprache XAML die Handhabung flexibler Interaktionsmöglichkeiten<br />

(vgl. [Petzold 06]).<br />

Um diese Flexibilität auszureizen, basiert die Softwarearchitektur auf dem<br />

Model View ViewModel Paradigma. Jedes visuelle Element entspricht<br />

einem eigenen Objekt, das von System.Windows.FrameworkElement<br />

erbt und per Data Binding mit den ViewModel-Elementen einer ObservableCollection<br />

kommuniziert (siehe Abb. 18).<br />

WPF<br />

Windows Presentation Foundation<br />

– Grafik-Framework<br />

mit XML basierter Oberflächenbeschreibung,<br />

trennt Geschäftslogik<br />

von Präsentation<br />

5.4 Algorithmen zur Implantation von Zeit<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Kategorien an visuellen Darstellungsalgorithmen<br />

entwickelt, die sich der Implantation von Zeit- und<br />

Ortsinformation in ein Gesamtbild widmen. Die Grundidee besteht darin,<br />

die Orte entsprechend dem Zeitpunkt des Aufsuchens auseinander zu<br />

ziehen und die dortige Verweildauer durch eine Linie zu kennzeichnen,<br />

so dass die gemeinsame Darstellung von Ortswechsel und Verweildauer<br />

ein durchgezogenes Band ergibt (vgl. Kapitel 4.2 – Das Konzept Zeit-<br />

RaumPost).<br />

Die erste Kategorie widmet sich der Anpassung der Spreizrichtung. Allen<br />

Spreizrichtungsalgorithmen ist gemein, dass die an die Spreizrichtung<br />

gekoppelte linienhafte Darstellung der Verweildauer in der schematischen<br />

Repräsentation des letzten Ortes beginnt und am Anfang des<br />

schematischen, nächsten Ortswechsels endet. Die Distanz eines Ziehschritts<br />

entspricht der in diesem Schritt vergangenen Zeit.<br />

Der gerade Ziehalgorithmus benötigt einen vorgegebenen Parameter<br />

für die einfache Spreizrichtung und ordnet alle Ortsbesuche entlang<br />

einer Ziehgeraden, die in die einfache Spreizrichtung zeigt, so dass die<br />

Verweildauer <strong>als</strong> Gerade dargestellt wird. Verläuft die einfache Spreizrichtung<br />

horizontal, so wird jeder Besuch des Ortes A auf gleicher Höhe<br />

eingezeichnet, während die horizontale Verschiebung die vergangene<br />

Zeit beschreibt. Besitzt die einfache Spreizrichtung einen Winkel von 45°<br />

gegenüber der Horizontalen, so wird die Spreizrichtung um 45° gedreht,<br />

ohne dass die Richtung der Ortswechsel rotiert.<br />

67


kubische Bézierkurve<br />

Kurve, die durch vier Kontrollpunkte<br />

beschrieben wird:<br />

Start- und Zielpunkt der<br />

Kurve, zwei Stützpunkte.<br />

Der doppelt-orthogonale Ziehalgorithmus besitzt einen Parameter für die<br />

übergeordnete Spreizrichtung, wobei die Gesamtspreizrichtung aus den<br />

einzelnen Ziehschritten errechnet wird. Aus den Normalen zweier aufeinanderfolgender<br />

Ortswechsel, die den kleinsten Winkel zur übergeordneten<br />

Spreizrichtung aufweisen, wird der eingeschlossene Ziehschritt<br />

errechnet, indem die normierte Summe dieser Normalen mit der Zeit<br />

zwischen den beiden Ortswechseln skalar multipliziert wird. Die Verweildauer<br />

wird <strong>als</strong> kubische Bézierkurve dargestellt, deren Kontrollpunkte in<br />

dem so entstehenden Schnittpunkt der Normalen liegen. Der untransformierte<br />

letzte Ortswechsel sei durch P 01<br />

- P 00<br />

, der nächste untransformierte<br />

Ortswechsel durch P 11<br />

- P 10<br />

(wobei P 01<br />

= P 10<br />

) und die durch den<br />

Ziehalgorithmus transformierten Ortswechsel entsprechend P‘ 01<br />

- P’ 00<br />

und P‘ 11<br />

- P‘ 10<br />

beschrieben. Ferner seien die Normale des letzten Ortswechsels<br />

mit geringstem Winkel zur übergeordneten Spreizrichtung <strong>als</strong><br />

n 0<br />

, die Normale des nächsten Ortswechsels mit geringstem Winkel zur<br />

übergeordneten Spreizrichtung <strong>als</strong> n 1<br />

, die Kontrollpunkte <strong>als</strong> CP 1<br />

und CP 2<br />

,<br />

die übergeordnete Spreizrichtung <strong>als</strong> z ü<br />

, die der einzelne Ziehschritt <strong>als</strong><br />

z s<br />

der und die vergangene Zeit zwischen den beiden Ortswechseln <strong>als</strong> t 1<br />

definiert. Dann liegt der Beginn der Verweilkurve in P‘ 01<br />

und das Ende in<br />

P’ 10<br />

, und es gilt:<br />

P’ 10<br />

= P’ 01<br />

+ z s<br />

wobei<br />

z s<br />

= norm( n 0<br />

+ n 1<br />

) * t 1<br />

und<br />

P 1<br />

= CP 2<br />

= P’ 01<br />

+ n 0<br />

/ length( n 0<br />

+ n 1<br />

) * t 1<br />

66<br />

Der hybride Ziehalgorithmus besteht aus einer Kombination des geraden<br />

und des doppelt-orthogonalen Ziehalgorithmus. Er benötigt Parameter<br />

für die übergeordnete Spreizrichtung und den Orthogonalanteil. Der<br />

Parameter für die übergeordnete Spreizrichtung entspricht dem gleichnamigen<br />

Parameter des doppelt-orthogonalen Ziehalgorithmus beziehungsweise<br />

der einfachen Spreizrichtung des geraden Ziehalgorithmus.<br />

Der Orthogonalanteil beschreibt das Einflussverhältnis von doppeltorthogonalem<br />

und geraden Ziehalgorithmus auf die Spreizrichtung<br />

derart, dass ein Orthogonalanteil von 0 einen gerade Ziehalgorithmus<br />

und ein Orthogonalanteil von 1 einen doppelt-orthogonalen Ziehalgorithmus<br />

zur Folge hat. Die Verweildauer wird auch bei diesem Ansatz <strong>als</strong><br />

kubische Bézierkurve dargestellt. Auch hier gelte die Variablenbenennung<br />

des doppelt-orthogonalen Ziehalgorithmus, wobei der Orthogonalanteil<br />

<strong>als</strong> A o<br />

bezeichnet sei. Es liegt der Beginn der Verweilkurve in P‘ 01<br />

und das<br />

Ende in P’ 10<br />

, uns es gilt:<br />

66 length berechnet die Länge eines Vektors <strong>als</strong> Skalar, norm normiert einen Vektor, so<br />

dass seine Länge 1 beträgt.<br />

68


Umsetzung – Algorithmen zur Formalisierung des Raums<br />

P’ 10<br />

= P’ 01<br />

+ z s<br />

, wobei<br />

z s<br />

= ( A o<br />

* norm(n 0<br />

- n 1<br />

) - ( 1 - A o<br />

) * z ü<br />

) * t 1<br />

und<br />

CP 1<br />

= P’ 01<br />

+ A o<br />

* n 0<br />

/ length( n 0<br />

+ n 1<br />

) * t 1<br />

und<br />

CP 2<br />

= P’ 10<br />

- A o<br />

* n 1<br />

/ length( n 0<br />

+ n 1<br />

) * t 1<br />

{Schaubild Algorithmen!!!!}<br />

5.5 Algorithmen zur Formalisierung des Raums<br />

Die zweite Kategorie von Darstellungsalgorithmen widmet sich der<br />

Formalisierung darzustellender Orte. Es gilt, Brennpunkte und Ortswechsel<br />

nach den Erkenntnissen über kognitive Karten (vgl. Kapitel 2.5<br />

– Über die Wahrnehmung von Orten) zu gestalten. Dabei ist zu beachten,<br />

dass je nach semantischer Zoomstufe die Anzahl und Granularität der zu<br />

optimierenden Details variiert.<br />

Ist die Zoomstufe der zu berechnenden Ansicht festgelegt und die<br />

daraus resultierende Anzahl an zu berücksichtigenden Orten und Ortswechseln<br />

definiert, wird deren Position optimiert. Hierzu findet eine<br />

Abwandlung des von Jonathan M. Stott und Peter Rodgers entwickelten<br />

Multikriterien-Ansatzes Anwendung (vgl. [Stott 01]). Der Ansatz Stotts<br />

und Rodgers‘ basiert auf einem heuristischen Bergsteigeralgorithmus,<br />

der aus einer geografisch korrekten Darstellung von U-Bahn-Linien und<br />

-Haltestellen eine abstrahierte Visualisierung entwickelt, die den Prinzipien<br />

Becks ähnelt (vgl. Kapitel 4.1 – Anforderungen). Dazu werden fünf<br />

ästhetische Metriken definiert: die Kantenschnitt-Metrik, die 4-gonalitäts-Metrik,<br />

die Kantenlängen-Metrik, die Winkelauflösungs-Metrik und<br />

die Gerade-Linien-Metrik 67 . Da die Metriken unterschiedliche Relevanz<br />

besitzen, werden sie mit einer numerischen Gewichtung versehen, die<br />

mit dem errechneten Ergebnis der Metrik multipliziert wird. In mehreren<br />

übergeordneten Iterationsschritten senkt der Algorithmus die anhand<br />

der Metriken kalkulierten Kosten, so dass sich die Darstellung schrittweise<br />

einer optimierten Ansicht annähert. Als Abbruchbedingung kann<br />

entweder das Erreichen eines Kostenminimums oder eine vorgegebene<br />

Anzahl an übergeordneten Schleifendurchläufen dienen. Der Algorithmus<br />

sieht vor, zunächst alle Knoten (Haltestellen) auf den nächstgelegenen<br />

Kreuzungspunkten eines zugrunde liegenden Rasters zu positionieren,<br />

wobei die Größe einer Rasterzelle sich aus der Länge der kürzesten<br />

67 eigene Übersetzung. Im englischen Original <strong>als</strong> ‚Edge Crossings Metric‘, ‚4-gonality<br />

Metric‘, ‚Edge Length Metric‘ ‚Angular Resolution Metric‘ und ‚Line Straightness Metric‘<br />

bezeichnet.<br />

69


Nomenklatur<br />

Im folgenden werden Kanten<br />

mit e bezeichnet. Sie verlaufen<br />

durch die Punkte u & v. Die<br />

Summe aller Kanten lautet E,<br />

die Summe aller Knoten V.<br />

Strecke zwischen zwei Haltestellen ergibt. In einer untergeordneten<br />

Schleife werden anschließend für jeden einzelnen Knoten die Kosten der<br />

Positionierung an den acht benachbarten Rasterkreuzungen mit denen<br />

der aktuellen Position verglichen. Der Knoten wird an die günstigste<br />

Kreuzung verschoben.<br />

Die Kosten der Kantenschnitt-Metrik werden aus der Anzahl von Schnitten<br />

berechnet, die durch die anliegenden Kanten des verschobenen Knotens<br />

entstehen. Jeder Schnitt einer anliegenden Kante mit einer anderen<br />

Kante verteuert das Resultat, so dass die Anzahl der Schnitte reduziert<br />

wird. Es können neue Schnitte entstehen, sofern dabei mindestens zwei<br />

alte Schnitte entfernt werden.<br />

<br />

<br />

u1, v1 ∈ E u2, v2 ∈ E<br />

intersect u1, v1, u2, v2<br />

intersect u1, v1, u2, v2 ⩵<br />

Der Schnitt der 0 wenn Gerade det v1 u1e1 v2 von u2 Punkt 0 u1 nach v1 mit der Gerade e2 von<br />

0 wenn detu2 u1 intersect u2 v2 u1, detv1, v1 u2, u1 v2<br />

u2 0<br />

Punkt u2 nach v2 wird mittels<br />

u1, 0 wenn v1 ∈ Edet u2, u2 v2 ∈E<br />

u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 1<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 1<br />

intersect u1, v1, u2, v2 ⩵<br />

1 sonst<br />

0 wenn det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 1<br />

u.y v.y<br />

0 wenn Sin4det ⋆ ArcTan v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 0<br />

u, v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 1<br />

1 sonst<br />

e<br />

<br />

<br />

e ∈ E g intersect u.y u1, v.y v1, u2, v2<br />

Sin4 ⋆ ArcTan <br />

u1, v1 ∈ E u2, v2 ∈ E<br />

u, v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

berechnet 68 . Die Funktion intersect() gibt 1 zurück, wenn sich beide<br />

Geraden schneiden, sonst 0.<br />

intersect u1, v1, Θ e1, u2, e2 v2 ⩵<br />

v ∈ V e1, e2 ∈ E,<br />

0e1 & e wenn e2 Kantenpaar det v1 u1 v2 u2 0<br />

auf v<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 0<br />

e ∈ E g<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 1<br />

Die 4-gonalitäts-Metrik berechnet Kosten aus dem Winkelabstand sämtlicher<br />

an den betrachteten Knoten anliegenden Kanten zur nächstgelegenen<br />

Horizontalen, Vertikalen oder 45°-Diagonalen. Die mathematische<br />

Beschreibung für alle relevanten Kanten e mit den Punkten u und v lautet:<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 0<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

eActual 0 wenn ∈ E det v1 Θu1e1, u2 e2<br />

u1 det v1 u1 v2 u2 1<br />

v 1∈ V sonst e1, e2 ∈ E,<br />

e1 & e2 Kantenpaar<br />

auf v<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

angleGreater90 e1, e2u.y ⩵ r v.y wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

Sin4 ⋆ ArcTan <br />

angleGreater90reActual, wenn r ⩵ angleBetween eOriginal e1, e2 90<br />

u, v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

eActual ∈ E<br />

e<br />

v2 v1<br />

v1 angleGreater90 V v2 ∈ V<br />

e1, e2 ⩵<br />

e ∈ E g<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

Θ e1, e2<br />

68 det(v) berechnet die Determinante des Vektors v<br />

v ∈ V e1, e2 ∈ E,<br />

e1 & e2 Kantenpaar<br />

auf v<br />

v2 v1<br />

v1 ∈ V v2 ∈ V<br />

<br />

eActual ∈ E<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

70<br />

angleGreater90 e1, e2 ⩵<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

v2 v1<br />

v1 ∈ V v2 ∈ V


intersect u1, v1, u2, v2<br />

u1, v1 ∈ E u2, v2 ∈ E<br />

intersect u1, v1, u2, v2 ⩵<br />

0 wenn det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 1<br />

Umsetzung – Algorithmen zur Formalisierung des Raums<br />

Um lange Geradensegmente 0 wenn det v1 u1 u2 u1 zusammenzuziehen, det v1 u1 v2 u2 0 widmet sich die<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 1<br />

Kantenlängen-Metrik der Reduktion des Abstands von benachbarten<br />

1 sonst<br />

Knoten. Dazu werden die Längen aller an den untersuchten Knoten anliegenden<br />

Kanten summiert und zwecks Normierung durch die Rasterzellengröße<br />

u.y v.y<br />

Sin4 ⋆ ArcTan <br />

geteilt.<br />

u, v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

e<br />

<br />

e ∈ E g<br />

<br />

<br />

Θ e1, e2<br />

Die Winkelauflösungs-Metrik v ∈ V e1, e2 ∈ E, berechnet die Distanz zwischen den anliegenden<br />

Kanten eines Knotens und deren Richtung bei einer gleichmä-<br />

e1 & e2 Kantenpaar<br />

auf v<br />

ßigen Verteilung. Da diese jedoch schwer steuerbare Ergebnisse erzielt<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

und mit der 4-gonalitäts-Metrik interferiert, wird sie sowohl bei Stott <strong>als</strong><br />

eActual ∈ E intersect u1, v1, u2, v2<br />

u1, v1 ∈ E u2, v2 ∈ E<br />

auch in dieser Arbeit nicht berücksichtigt.<br />

Die Gerade-Linien-Metrik 0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

intersect u1, v1, u2, berechnet v2 ⩵ Kosten aus der Abweichung aller<br />

angleGreater90 e1, e2 ⩵ r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

Kantenpaare des 0 wenn untersuchten det v1 u1 v2 u2 rKnotens wenn 0 r ⩵ angleBetween von einer e1, geraden e2 90 Linie. Kantenpaare<br />

zeichnen sich dadurch aus, dass sie aus einer eingehenden und<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 1<br />

einer ausgehenden Kante bestehen, die in der Sortierung des Darstel-<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 0<br />

lungskontextes<br />

0 wenn direkt<br />

v2 det v1 v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 1<br />

aufeinander folgen. Kantenpaare einer U-Bahnv1<br />

∈ V1 v2sonst<br />

∈ V<br />

Station bestehen aus den angrenzenden Abschnitten einer U-Bahn-Linie,<br />

Paare eines Brennpunkts bestehen aus den Ortswechseln zwischen den<br />

u.y v.y<br />

Sin4 ⋆ ArcTan <br />

drei aufeinander folgenden Check-ins, bei denen der zweite Check-in an<br />

u, v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

dem betrachteten Brennpunkt stattfindet. Die Gerade-Linien-Metrik wird<br />

errechnet, indem () die Abweichung zweier Richtungsvektoren von<br />

e<br />

einer durchgehenden Gerade errechnet:<br />

e ∈ E<br />

g<br />

<br />

v ∈ V<br />

<br />

e1, e2 ∈ E,<br />

e1 & e2 Kantenpaar<br />

auf v<br />

Θ e1, e2<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

Erweitert werden die Kriterien Stotts und Rodgers‘ um Metriken zur<br />

eActual ∈ E<br />

Berücksichtigung der Richtungserhaltung und des Mindestabstands. Da<br />

Tests zeigten, dass Kanten mitunter gravierende Richtungsänderungen<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

angleGreater90 e1, e2 ⩵<br />

erfuhren, wurde eine Metrik entwickelt,<br />

r wenn r ⩵ angleBetween<br />

die die<br />

e1,<br />

Kosten<br />

e2 90<br />

erhöht, je stärker<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

sich die Neuausrichtung einer Kante von der ursprünglichen Richtung<br />

unterscheidet, wobei ein Toleranzbereich von 90° definiert wurde. Die<br />

Funktion angleBetween() errechnet den Winkel zwischen zwei Vektoren,<br />

v2 v1<br />

v1 ∈ V v2 ∈ V<br />

so dass die Richtungserhaltungs-Metrik durch<br />

71


mit<br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 0<br />

u.y v.y<br />

e<br />

Sin4 ⋆ ArcTan <br />

0 wenn det u2 u1 u2 v2 det v1 u1 v2 u2 1<br />

u,<br />

e ∈ E g v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 0<br />

1 sonst<br />

e Θ e1, e2<br />

v ∈ V e1, e2 ∈ E,<br />

ee1 ∈& Ee2gKantenpaar<br />

auf v<br />

<br />

u.y v.y<br />

Sin4 ⋆ ArcTan <br />

u, v ∈ E<br />

u.x v.x<br />

Θ e1, e2<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

v ∈ V e1, e2 ∈ E,<br />

eActual ∈e1 E & e2 Kantenpaar<br />

auf v<br />

e<br />

<br />

e ∈ E g<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

angleGreater90 e1, e2 ⩵ r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

eActual ∈ E<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

Θ e1, e2<br />

v ∈ V e1, e2 ∈ E,<br />

e1 & e2 Kantenpaar<br />

auf v<br />

angleGreater90 e1, e2 ⩵<br />

v2 v1<br />

v1 ∈ V v2 ∈ V<br />

<br />

errechnet werden kann.<br />

0 wenn det v1 u1 v2 u2 0<br />

0 wenn det v1 u1 u2 u1 det v1 u1 v2 u2 1<br />

eActual ∈ E<br />

<br />

v1 ∈ V v2 ∈ V<br />

v2 v1<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

angleGreater90 eActual, eOriginal<br />

0 wenn 90 angleBetween e1, e2 90<br />

Der Mindestabstand angleGreater90verhindert e1, e2 ⩵ r wenn ein r ⩵Überlappen angleBetween e1, oder e2 90 zu nahes Zusammenrücken<br />

benachbarter Knoten. Er wird<br />

r wenn r ⩵ angleBetween e1, e2 90<br />

mittels<br />

v2 v1<br />

v1 ∈ V v2 ∈ V<br />

berechnet.<br />

Da die Berechnung der Metriken bei einer großen Anzahl von Knoten sehr<br />

zeitintensiv ausfällt und etwa die Komplexität der Kantenschnittmetrik<br />

quadratisch ansteigt, empfehlen Stott und Rodgers einen Optimierungsschritt.<br />

In einer Vorverarbeitungsphase sollen alle Knoten herausgefiltert<br />

werden, die einen Grad von 2 haben, <strong>als</strong>o diejenigen, die über genau<br />

ein Kantenpaar verfügen. Die Metrikberechnungen können dann auf die<br />

verbleibenden Knoten reduziert werden, was die Berechnungsschritte<br />

deutlich reduziert. Am Ende werden die Knoten mit dem Grad 2 in gleichmäßigen<br />

Abständen auf ihren nun geraden Ursprungskanten verteilt.<br />

Dieses setzt jedoch die der U-Bahn eigene „Charakteristik mit langen<br />

Reihen von Stationen, die von einer zentralen Gegend abstrahlen“ 69<br />

voraus. Da diese in dieser Arbeit nicht gegeben ist, kann die vorgeschlagene<br />

Optimierungstechnik nicht angewandt werden. Da es sich hierbei<br />

jedoch um ein skalierbares Nutzerinterface handelt, welches entweder<br />

eine komplexe Detailansicht oder eine vereinfachte Übersicht darstellt,<br />

können die Berechnungen durch Knoten- und Kantenzusammenfassung<br />

vereinfacht werden. Wird hineingezoomt, ist nur ein Detailausschnitt des<br />

Rasters berechnungsrelevant und kann somit feiner aufgelöst werden.<br />

Wird hinausgezoomt, sollen die Details zwecks Übersicht zusammen-<br />

69 Stott 01, S. 2. Im englischen Original: ,Metro maps tend to have a certain characteristic<br />

of long lines of stations radiating from a central area‘<br />

72


Umsetzung – Demonstrator<br />

gefasst werden, so dass das Raster vergröbert wird. Knoten, die dabei<br />

in demselben Rasterpunkt landen, brauchen nicht mehr einzeln in die<br />

Berechnungen einzufließen, sondern nur deren Vereinigung. Kanten, die<br />

dadurch die gleichen Anfangs- und Endknoten erhalten, können ebenso<br />

zusammengefasst werden, wodurch das Ergebnis der Berechnung einer<br />

zusammengefassten Kante lediglich mit dessen Kindanzahl multipliziert<br />

werden braucht.<br />

Um eine Darstellung des formalisierten Raumes bei Interaktionen in Echtzeit<br />

zu gewährleisten, werden in einem Vorverarbeitungsschritt zunächst<br />

für vier Zoomstufen die Positionen und Zusammenfassungen der Brennpunkte<br />

vorberechnet und zwischengespeichert. Die Zoomstufen sind<br />

so gewählt, dass die erste Stufe die gesamte Darstellung anzeigt und<br />

die letzte Stufe keine gruppierten Brennpunkte mehr enthält. Wird beim<br />

geographischen Eintauchen in die Darstellung eine dieser Zoomstufen<br />

überschritten, basiert die räumliche Darstellung auf der zwischengespeicherten<br />

Formalisierung.<br />

{!!! Schaubild Formalisierungsalgorithmus}<br />

5.6 Demonstrator<br />

Die Kombination von WPF, ObservableCollection und einer derart fein<br />

gegliederten View-Architektur (vgl. Kapitel 5.3 – Entwicklungsschritte)<br />

bietet eine gute Codeübersicht und ermöglicht das einfache Austauschen<br />

der Objekte. Jedoch führt die nicht benötigte Funktionalität jeder<br />

Instanz der System.Windows.FrameworkElement Klasse zu einem<br />

erheblichen Overhead, der bei einer schnell erreichten Anzahl von 200<br />

darzustellender Check-ins 797 View-Objekte generiert – 200 Brennpunkte,<br />

199 Ortswechsel, 199 Verweildauern und Schlieren aus 199<br />

Elementen –, die eine flüssige Darstellung bei Interaktionen unmöglich<br />

macht. Weiter machte sich eine grundlegende Eigenschaft der ObservableCollection<br />

negativ bemerkbar. Da die ObservableCollection kein<br />

Locking unterstützt (vgl. [@Petzold09]), leitet sie die Änderungen an die<br />

von ihr referenzierten Elemente einzeln weiter. Jedoch werden bei Zoom-<br />

Operationen in der Regel alle ViewModel-Elemente modifiziert, so dass<br />

die Anzahl der View-Neuberechnungen pro Interaktionsschritt der Anzahl<br />

der ViewModel-Elemente entspricht.<br />

Locking<br />

exklusives Zugriffssperre einer<br />

Ressource, so sie von<br />

keinem anderen Prozess<br />

gelesen werden kann<br />

73


Der Demonstrator ist dahingehend umkonzipiert, dass nur je ein System.<br />

Windows.FrameworkElement zur Darstellung aller Brennpunkte, aller<br />

Ortswechsel, aller Verweildauern und aller Schlieren existiert, wobei die<br />

einzelnen visuellen Elemente durch schlanke Kinderobjekte repräsentiert<br />

werden. Diese Kapselung löst die Overhead-Problematik. Um dem<br />

fehlenden Locking der ObservableCollection zu begegnen, wurde die<br />

Klasse LockableObservableCollection erstellt, in der ein Notification-<br />

Lock implementiert wurde (siehe Abb. 19).<br />

Die Funktionsweise der View, die zunächst sämtliche Ableitungen vom<br />

FrameworkElement in einem System.Windows.Controls.ItemsControl<br />

instanziierte und somit eine große Anzahl gekapselter interaktive,<br />

visueller Objekte erzeugte, wurde analog zu Petzolds Vorgehen modifiziert.<br />

Das ItemsControl wurde durch eigene Renderer ersetzt, die<br />

vom FrameworkElement erben. Diese erstellen für die einzelnen visuellen<br />

Elemente jedoch keine FrameworkElement Objekte mehr, sondern<br />

gruppieren in sich selbst die zur Kommunikation mit der WPF-Ebene und<br />

zum Reagieren auf Interaktion notwendige Funktionalität. Die grafischen<br />

Objekte brauchen somit nur noch von der System.Windows.Media.<br />

DrawingVisual Klasse zu erben, die weitaus einfacher und schlanker <strong>als</strong><br />

ein FrameworkElement konzipiert ist und das Neuzeichnen der View bei<br />

Änderungen des ViewModels erheblich beschleunigt (vgl. [@Petzold09]).<br />

74


Umsetzung – Demonstrator<br />

Stage<br />

System.Windows.FrameworkElement<br />

1..1<br />

1..1<br />

Spot<br />

Abidance Change Schlieren DateGrid<br />

Render Package<br />

System.Collections.ObjectModel.ObservableCollection<br />

LockableObservableCollection<br />

- Lock : Boolean<br />

- forceNotification<br />

Spot-<br />

Collection<br />

Abidance-<br />

Collection<br />

Change-<br />

Collection<br />

Schlieren-<br />

Collection<br />

ViewModel Package<br />

Abb. 19: Klassendiagramm des Demonstrators<br />

Um das ViewModel mit Daten zu versorgen wird Gebrauch vom Sprachkonstrukt<br />

LINQ gemacht. Dieses ermöglicht eine übersichtliche Codedarstellung,<br />

einhergehend mit einer guten Quelltext-Lesbarkeit. Da sich<br />

LINQ des Theorems der deklarativen Programmierung bedient, bei der<br />

die Beschreibung des Problems im Vordergrund steht und der Lösungsweg<br />

automatisch ermittelt wird, lässt sich gegenüber der imperativen<br />

75


Programmierung die Funktionalität aus komplexen und häufig unübersichtlich<br />

verschachtelten Schleifen in einem einzigen Ausdruck zusammenfassen.<br />

Folgendes Beispiel zeigt eine einfache Listenoperation, bei<br />

der alle Elemente, deren Eigenschaft Number größer <strong>als</strong> 5 ist, von einer<br />

gesonderten Liste referenziert werden, zunächst <strong>als</strong> Pseudocode im<br />

imperativen Programmierstil<br />

var elemGreatFive;<br />

for( var i = 0; i< list.Length; i++)<br />

{<br />

}<br />

var item = list[i];<br />

if( item.Number > 5 )<br />

{<br />

}<br />

elemGreatFive.Add(item)<br />

und unter Verwendung von LINQ im deklarativen Stil<br />

var elemGreatFive = list.Select( item => item.Number > 5);<br />

Entwickelt wurde der Demonstrator vorwiegend auf handelsüblichen<br />

Windows-basierten Computern ohne Multi-Touch-Fähigkeit. Zum Implementieren<br />

und Testen der Multi-Touch-basierten Zoom-Interaktionstechniken<br />

wurde eine Abstraktionsebene geschaffen, die zunächst über<br />

das Mausrad angesprochen wurde. Die verschiedenen Zoom-Arten<br />

(vgl. Kapitel 4.2 – Das Konzept ZeitRaumPost) wurden mittels Mausrad-<br />

Tastendruck-Kombinationen simuliert. Durch diese Abstraktion war es<br />

möglich, die Interaktionstechniken zu optimieren, auch ohne ständig an<br />

einem Multi-Touch-Tisch arbeiten zu müssen. Abschließend wurde die<br />

Abstraktionsebene durch ein weiteres Modul angesprochen, welches die<br />

im .net-SDK für Windows 7 integrierten Ereignisse UIElement.Touch-<br />

DownEvent, UIElement.TouchMoveEvent und UIElement.TouchUpEvent<br />

an die Interaktionsroutinen weiterleitet. Diese Ereignisse teilen nicht<br />

nur über das TouchDownEvent und das TouchUpEvent mit, dass eine<br />

Bildschirmberührung mit dem Finger stattgefunden hat, sondern weisen<br />

jedem Berührungspunkt auch eine Identifikationseigenschaft zu. Derart<br />

kann neben der einfachen Information des Stattfindens einer Berührung<br />

mittels TouchMoveEvent auch die Information ausgelesen werden,<br />

welcher Berührungspunkt, <strong>als</strong>o welcher Finger, sich wohin bewegt hat<br />

(vgl. [MacDonald 10], S. 149 ff.).<br />

76


Umsetzung – Demonstrator<br />

Da sich bei einer Pinch-Geste zwei Finger, beziehungsweise zwei Fingerpaare,<br />

aufeinander zubewegen oder voneinander entfernen, lässt sich<br />

aus der relativen Veränderung der Berührungen zueinander umgehend<br />

eine Transformationsmatrix errechnen, die Auskunft über die Skalierung,<br />

das Transformationszentrum, die Rotation und die Translation gibt. Diese<br />

Transformationsmatrix kann an die Abstraktionsebene zur Interaktionssteuerung<br />

weitergereicht und unmittelbar auf das Schaubild angewandt<br />

werden. Anders <strong>als</strong> bei der mausradbasierten Zoomtechnik ist hierbei<br />

kein Mapping von Drehstärke auf Skalierverhalten notwendig, welches<br />

ein abstraktes Moment der Beliebigkeit mit sich bringt, so dass die visuelle<br />

Rückmeldung unmittelbar und unverfälscht stattfindet.<br />

ViewModel Package<br />

Zur Umsetzung des<br />

Formalisierungsalgorithmus<br />

2<br />

Node<br />

Edge<br />

wurde eine<br />

D a t e n s t r u k t u r<br />

1..*<br />

geschaffen, die den<br />

visuellen Elementen<br />

Node (Brennpunkt)<br />

und Edge (Ortswechsel)<br />

noch in<br />

Anlehnung an den<br />

synonym für derartige<br />

BNode<br />

2<br />

BEdge Graphenalgorithmen<br />

verwendete Ausdruck<br />

1..*<br />

Beautifyer eine Klasse<br />

Beautified Package<br />

BEdge und BNode<br />

zuordnet (siehe Abb.<br />

Abb. 20: Datenstruktur für Raumformalisierung<br />

20). Die Klassen Node<br />

und Edge enthalten<br />

Informationen zu den geografisch korrekten Ortspositionen und einen<br />

Verweis auf die BNode beziehungsweise BEdge. BNodes enthalten die<br />

durch Formalisierung errechnete Darstellungsposition. Die Formalisierung<br />

führt in Abhängigkeit der zoombedingten Rasterweite dazu, dass<br />

unterschiedliche Brennpunkte mit räumlicher Nähe zu regionalen Brennpunkten<br />

zusammengefasst werden. Diese zusammengefassten Brennpunkte<br />

bestehen aus einer BNode, die auf die ursprünglichen Nodes<br />

verweist. Die durch die Zusammenfassung von Brennpunkten entstehenden<br />

Ortswechselüberlagerungen werden analog dazu von den<br />

BEdges beschrieben, die ebenso die originalen Edges referenzieren. In<br />

Abbildung Abb. 20 ist die Beziehung zwischen BNode und BEdge gestri-<br />

1..1<br />

1..*<br />

1..1<br />

1..*<br />

77


chelt dargestellt, da es keine explizite Verbindung zwischen den Klassen<br />

gibt. Jedoch lassen sich die BEdge-Objekte einer BNode durch die<br />

BEdge der Edges der referenzierten Nodes einer BNode und umgekehrt<br />

durch Hintereinanderausführung ermitteln.<br />

Die gegenseitige Referenzierung von Edges und BEdges, beziehungsweise<br />

von Nodes und BNodes, ist notwendig, um die Formalisierung<br />

korrekt errechnen und dessen Resultat in der Darstellung nutzen zu<br />

können. Der Multikriterien-Ansatz muss die Abstraktion für jede einzelne<br />

Zoomstufe jeweils neu berechnen und benötigt daher zum Erstellen der<br />

BNodes und BEdges die Originalpositionen der Nodes und Edges. In den<br />

einzelnen Iterationsschritten, welche die Positionen der existierenden<br />

BNodes anpassen, muss zur korrekten Gewichtung der Metrikberechnungen<br />

die Anzahl der der Gruppierung zugrunde liegenden Nodes<br />

eingebracht werden, was einen Verweis von der BNode auf die Node<br />

und von der BEdge auf die Edge erforderlich macht. Die semantische<br />

Spreizung der Zeitimplantation errechnet für jede Node einen Translationsfaktor,<br />

der auf die formalisierte Position der BNode anzuwenden ist.<br />

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Rückreferenzierung von Node<br />

auf BNode und von Edge auf BEdge.<br />

78


Umsetzung – Demonstrator<br />

79


6 Zusammenfassung<br />

6.1 Überblick<br />

Die Motivation zu dieser Arbeit beruht auf zwei Beobachtungen. Zum<br />

einen fällt auf, dass in alltäglichen computergestützten Arbeitsabläufen<br />

umfassende Informationsmengen entstehen, deren Organisation, Verwaltung<br />

und Adressierung eine zeitintensive Herausforderung an den Nutzer<br />

darstellt. Zum anderen zeigt sich, dass mit zunehmender Durchdringung<br />

des Alltags durch virtuelle Dienstleistungen vermehrt digitale Spuren<br />

entstehen. Diese Spuren hinterlässt ein Nutzer während verschiedener<br />

Aktivitäten unwissentlich oder in einem Bewusstsein, das sich alleine<br />

auf den Entstehungskontext beschränkt. Er begreift diese jedoch nicht<br />

<strong>als</strong> Datenhistorie, die <strong>als</strong> Orientierungshilfe in digitalen Informationsbeständen<br />

dienen kann. Plakativ lässt sich formulieren, dass diese Spuren<br />

einfach da sind.<br />

Erlebniszeit durch kognitive Karten<br />

Es wurde die Rezeption von Zeit analysiert. Dabei stellte sich heraus,<br />

dass Zeit maßgeblich über den Ort des Erlebens wahrgenommen wird,<br />

und dass sich Zeit und Raum gegenseitig bedingen und unterstützen.<br />

Ferner wurde gezeigt, dass Menschen geographische Ortsbezüge<br />

anhand kognitiver Karten erinnern, die sich durch systematische Vereinfachungen<br />

auszeichnen und vorwiegend auf Wege und Brennpunkte<br />

reduziert sind. Analysen zur Darstellbarkeit von Zeit in ruhenden Bildern<br />

zeigten die Nutzung von Multiplen auf, deren sequentielle Komposition<br />

Bewegungsabläufe sowie Zeitverläufe in ein Gesamtbild mit weiteren<br />

Informationsgrößen integrieren kann.<br />

Demonstratorische Konzeptanwendung<br />

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen entstand ein Demonstrator, der<br />

auf der Nutzung von Zeit <strong>als</strong> a priori verfügbares Organisationskriterium<br />

großer Informationsmengen basiert. Zeit wird dabei nicht ausschließlich<br />

über naturzeitliche Datumsinformationen, sondern im Sinne von Erlebniszeit<br />

kommuniziert. Aus der Absicht, die Darstellung <strong>als</strong> Grundlage<br />

für zeitlich verortete Informationen zu Nutzen, ergab sich die Forderung<br />

nach einer zurückhaltenden, linearen Zeitvisualisierung. Dem Zurückhal-<br />

80


Zusammenfassung – Überblick<br />

tungsanspruch wurde durch Verzicht auf explizit hinzugefügte Interaktionselemente<br />

Rechnung getragen, der Forderung nach Linearität durch<br />

die Verbildlichung eines visuellen Bandes, das sich fortlaufend durch das<br />

Verweilen und die Ortswechsel zieht.<br />

Die Darstellung von Orten samt zugehöriger Ortswechsel basiert auf<br />

einem Formalisierungsalgorithmus, der die geographische Darstellung<br />

entsprechend den Erkenntnissen zu kognitiven Karten optimiert. Dabei<br />

entsteht eine verzerrte Abbildung geographischer Positionen, welche<br />

der Darstellung zu Übersichtlichkeit und Aufgeräumtheit verhilft. Aus der<br />

Entscheidung für ein Design, das direkte Interaktion mit den Elementen<br />

der Raum-Zeit-Darstellung auf Basis eines Zoomable User Interfaces<br />

offeriert, entstanden zwei Interaktionstechniken, anhand derer zeitlich<br />

und räumlich in das Interface eingetaucht werden kann. Das räumliche<br />

Eintauchen ermöglicht mittels semantischen Zoomings, das Setzen eines<br />

geographischen Fokus um räumliche Details hervortreten zu lassen oder<br />

zwecks Übersicht auszublenden. Das zeitliche Eintauchen, <strong>als</strong> semantische<br />

Spreizung bezeichnet, ermöglicht die Implantation von Zeit in das<br />

geographische Abbild. Die einzelnen dargestellten Ortswechsel nehmen<br />

dabei die Rolle von Multiplen ein, deren Komposition über die Spreizintensität<br />

und -richtung definiert und manipuliert werden kann.<br />

Interaktionsausführung<br />

Um physiologische Ausführungstechniken auf virtuelle Interaktionstechniken<br />

mappen zu können, wurde ein Komplexitätskriterium herausgearbeitet.<br />

Auf der Interaktionsseite beschreibt es die Manipulationskomplexität<br />

und die Auswirkung auf die Darstellungstopologie, auf der<br />

Ausführungsseite den physiologischen Handlungsaufwand. Anhand<br />

dieses Kriteriums kann der semantische Zoom <strong>als</strong> einfacher denn die<br />

semantische Spreizung beschrieben werden, wodurch das geographische<br />

Eintauchen mit einer zwei Finger basierten Pinch-Geste und das<br />

zeitliche Aufspreizen mit einer komplexeren Fingergruppen Pinch-Geste<br />

gesteuert wird.<br />

81


6.2 Fazit<br />

Serendipität<br />

Zufälliges Auffinden von ursprünglich<br />

nicht Gesuchtem<br />

durch Findigkeit und intelligente<br />

Schlussfolgerungen.<br />

Das Konzept der Informationsverortung in einem Raum-Zeit-Kontext, der<br />

auf existierenden digitalen Spuren mit aktivem Ortsbezug fußt, wurde<br />

mithilfe eines Demonstrators exemplarisch umgesetzt und erforscht. Es<br />

offenbarte sich neben unvorhersehbaren Herausforderungen und potenziellen<br />

Weiterentwicklungsmöglichkeiten vor allem ein Ansatz, bei dem<br />

sowohl die Spezifikation einer Anwendungsdomäne <strong>als</strong> auch die konkrete<br />

Anwendung von Serendipitätseffekten geprägt ist. Die Domäne entspringt<br />

einem Rahmen, der bislang mangels definierter Alternativen <strong>als</strong> gesättigt<br />

betrachtet wird. Die konkrete Anwendung unterstützt die Orientierung in<br />

der Zeit durch das Darstellen zunächst unbeachteter Ereignisse, deren<br />

Entdeckung den Aufbau der Erinnerung unterstützt.<br />

Als problematisch erwies sich die Nutzung des Demonstrators durch<br />

Dritte. Da der gegebene Rahmen eine Konzentration auf eine exemplarische<br />

Schnittstelle zum Beziehen digitaler Spuren mit aktivem Ortsbezug<br />

erforderte, konnten Spuren für beliebige Anwender mitunter nicht<br />

die benötigte Informationsdichte erzeugen. So diente der reale Beispielsatz<br />

des Verfassers dieser Arbeit <strong>als</strong> Visualisierungsgrundlage für die<br />

Betrachtung aller Testpersonen. Jedoch zeigte sich, dass beim Beobachten<br />

einer fremden Welt durch fremde Daten der notwendige emotionale<br />

Bezug fehlt, um für die Nachvollziehbarkeit benötigte Assoziationen<br />

hervorzurufen.<br />

Es zeigte sich, dass die vom Nutzer „im Handumdrehen“ steuerbare<br />

algorithmische Darstellung, die den linearen, ortsbasierten Zeitverlauf<br />

generiert, visuelle Muster konstruiert. Diese visuellen Muster vermögen<br />

es, zugrunde liegende Bewegungsmuster zu transportieren. Die Überlagerung<br />

der interaktiven Erlebniszeitdarstellung mit zu durchsuchenden<br />

Informationen offenbart, dass das Zusammenfassen der Zeitraumeingrenzung<br />

anhand beschreibender Faktoren und der Informationsauswahl<br />

in einem vereinten pendelnden Arbeitsablauf nicht nur die Orientierungsarbeit<br />

vereinfacht, sondern auch Synergieeffekte durch die schrittweise<br />

Konstruktion eines erinnerten Ganzen generiert.<br />

82


Zusammenfassung – Ausblick<br />

6.3 Ausblick<br />

Potential für weitere Entwicklungen ergibt sich zum einen in den Teildisziplinen,<br />

aus denen diese Arbeit entwickelt wird. Die Beschreibung und<br />

Implantation von Zeit, die Formalisierung des Raums und die beschriebenen<br />

Interaktionstechniken, generieren in dem Betrachtungskontext<br />

dieser Arbeit Fragen, deren Beantwortung weitergehende Untersuchungen<br />

erfordert. Auch die in diesem Konzept entwickelte Verknüpfung<br />

der Teildisziplinen zu einem Gesamtkomplex eröffnet Forschungsaspekte,<br />

die es zu vertiefen gilt.<br />

Weiterführende Betrachtungen zur Wahrnehmung von Zeit<br />

In Kapitel 2.4 offenbaren sich Herausforderungen bei der Suche nach<br />

weiteren geeigneten Eigenschaften zur Beschreibung von Zeit, jenseits<br />

des zunächst berücksichtigten Ortes <strong>als</strong> kleinstem gemeinsamen Nenner.<br />

Eine Untersuchung von Ereignissen hinsichtlich der Reichweite und<br />

Aussagekraft ihrer Beschreibungsmöglichkeiten kann weitere Kategorien<br />

erschließen, die der Subjektivität des Einzelnen bei der Wahrnehmung<br />

von Zeit Rechnung tragen. Denkbar sind Kategorien, die unter anderem<br />

Merkwürdigkeiten aus der Natur, der Gesellschaft, Politik, Wirtschaft,<br />

Wissenschaft oder Kultur einbringen.<br />

Evaluation der Zeitimplantation<br />

Bezüglich der Implantation von Zeit lassen sich Abstraktionsmöglichkeiten<br />

hinsichtlich der in dieser Arbeit gewählten linearen Abbildung von<br />

diskreter Zeit auf Verweildauer weiter hinterfragen. Die gewählte lineare<br />

Abbildung ermöglichte die Loslösung von der Frage, wie schnell Zeit<br />

empfunden wird, und schafft die Voraussetzung für eine unverfälschte<br />

Überlagerung mit zeitlich verorteten Informationen. Hinsichtlich der in<br />

Kapitel 5.4 entwickelten Algorithmen zur Implantation von Zeit bietet sich<br />

eine Evaluierung an, die untersucht, wie das Verhältnis zwischen darstellerischer<br />

Verfremdung mit lokaler Übersichtszunahme auf der einen Seite<br />

und Interaktion folgender Stringenz mit lokalen Übersichtsabstrichen<br />

auf der anderen Seite, hinsichtlich einer zu definierenden Optimierung<br />

ausgestaltet werden kann.<br />

Kognitive Karten im interaktiven Kontext<br />

Die Formalisierung des Raumes zwecks Anpassung an die mentale<br />

Repräsentation bietet Weiterentwicklungsmöglichkeiten technischer und<br />

theoretischer Natur, die auf der Generik des Untersuchungsgegenstandes<br />

beruhen. Bei der Nutzung von Multikriterienansätzen (vgl. auch [Davidson<br />

96]) und heuristischen Algorithmen, zeigen sich Schwierigkeiten bei den<br />

83


Abbruchbedingungen, der Berechnungskomplexität großer Informationsmengen<br />

und bei der Parametergewichtung. In einem weiteren Schritt<br />

bietet sich an, die Formalisierung auf das visuelle Gesamtkonstrukt<br />

einschließlich Zeitimplantation anzuwenden. Dabei sind Herausforderungen<br />

vor allem im Umgang mit direkter Manipulationsrückmeldung zu<br />

erwarten. Die Steuerung der Darstellungsformalisierung über Metriken<br />

führt dazu, dass das Optimierungsproblem für das einzelne Bild gelöst<br />

wird. Interaktive Grafiken bringen jedoch eine nicht in aller Konsequenz<br />

vorausbestimmbare Menge an Bildern mit sich, weshalb eine Vorschrift<br />

zur Verallgemeinerung der Formalisierung gefunden werden muss. Ihre<br />

Lösung muss hinreichend adaptiv ausfallen, um bei einer feingliedrigen<br />

Interaktionsrückmeldung, etwa den einzelnen Bildern einer animierten,<br />

kontinuierlichen, semantischen Zoom- oder Spreizoperation, das<br />

Ergebnis der Optimierung konsequent mitzuskalieren.<br />

Die Applikation von gängigen Fischaugen-Interaktionstechniken (vgl.<br />

XXX) auf das erarbeitete Konzept vermag interessante Perspektiven zu<br />

eröffnen, die sich sowohl auf das temporäre Eintauchen in die geografische<br />

<strong>als</strong> auch die zeitliche Darstellungskomponente beziehen, ohne die<br />

Übersicht aufzugeben.<br />

Anwendung bei Gruppen von Menschen<br />

Aus der Berücksichtigung Hägerstrands Anliegen (vgl. Kapitel 3.4 – Zeit<br />

durch Tiefe) ergeben sich weitere relevante Anknüpfpunkte. Wie verhält<br />

sich dieser Ansatz, wenn er auf eine Gruppe von Menschen ausgeweitet<br />

wird, so dass nicht die Historie eines einzelnen, sondern die Historie<br />

eines Kollektivs dargestellt und untereinander in Verhältnis gesetzt wird?<br />

Fragen der Überlappung, der Konkurrenz und des Verortungsbezugs<br />

sind in ausformulierten Szenarien zu analysieren.<br />

Der Vorteil einer derartigen Erweiterung läge weniger in einer Untersuchung<br />

städtebaulicher Eigenarten und Lebensqualität, wie sie Hägerstrand<br />

motiviert. Vielmehr könnte sie bei Hilfestellungen zur zeitlichen<br />

Orientierung von Ergebnissen einer Teamarbeit, eines Freundeskreises<br />

oder einer Familie von Interesse sein. Sie könnte die Beschreibung von<br />

Zeit, die Beschreibungsmöglichkeiten von Ereignissen um einen wichtigen<br />

Faktor erweitern, den der Mitmenschen.<br />

84


Zusammenfassung – Ausblick<br />

85


7 Anhang<br />

A Glossar<br />

API<br />

Bar Camp<br />

Broadcast<br />

Coworking Space<br />

C#<br />

Data Binding<br />

digitale Boheme<br />

Dodgeball<br />

86


Anhang – Ausblick<br />

DNG<br />

DNG (Digital Negative) ist ein offenes Format der Firma Adobe, welches<br />

das Ziel der Vereinheitlichung von RAW-Dateien verfolgt. Siehe [@<br />

DNG09].<br />

Entrepreneurship<br />

Evernote<br />

Exif<br />

Exif (Exchangeable Image File Format) ist eine Spezifikation zur Erweiterung<br />

von Bilddateien von Digitalkameras um Metadaten, siehe [@Exif02].<br />

Diese befinden sich im Kopfbereich der Datei und können neben technischen<br />

Angaben zu Kamera und Bild auch Datums und GPS-Informationen<br />

enthalten. Da Exif nur TIFF, JPEG und RIFF WAV <strong>als</strong> Container unterstützt,<br />

aber keines der gängigen RAW-Formate, gibt es viele proprietäre<br />

Konkurrenzspezifikationen. Einen Ansatz zur Vereinheitlichung der RAW-<br />

Formate und deren Metadaten bietet das DNG Format.<br />

Facebook<br />

Facebook Places<br />

Framework<br />

87


Google Latitude<br />

Information Retrieval<br />

JPEG<br />

JPEG-Dateien, die um Exif-Metadaten angereichert wurden, sind auch<br />

<strong>als</strong> JFIF Dateien geläufig (vgl. [@JFIF92]).<br />

kubische Bézierkurve<br />

LINQ<br />

Lock<br />

Mashup<br />

Microblog<br />

Der Begriff ist angelehnt an den des Microcontent. Microblogs unterscheiden<br />

sich von gewöhnlichen Blogs vor allem dadurch, dass die<br />

einzelnen Einträge über wenige Zeichen verfügen und nicht oder nur<br />

rudimentär formatiert werden können. Zu den populäre Microblogging-<br />

Platformen zählen Twitter und Tumblr, aber auch Statusmeldungen aus<br />

Sozialen Netzwerken wie Facebook, MySpace, XING.<br />

Microblogs sind auch unter dem Begriff tumblelogs bekannt.<br />

88


Anhang – Ausblick<br />

Microcontent<br />

Ursprünglich bezeichnete Microcontent nach Definition von Jakob Nielsen<br />

kleine Wortgruppen, etwa Textüberschriften oder Betreffzeilen von<br />

Emails, die Leseanreize schaffen, unmittelbar Aufschluss über den Kontext<br />

liefern und und auch ohne letzteren noch sinnvoll erscheinen.<br />

Gegenwärtig wird der Begriff vorwiegend im Sinne des Bloggers Anil<br />

Bash verwendet, der Microcontent durch eine primäre Idee, eine einzige<br />

URL/Permalink, und eine Formatierung für mobile webbasierte Endgeräte<br />

beschreibt. Siehe [@Bash02].<br />

Weitere verbreitete Bezeichnungen für Microcontent lauten chunk und<br />

snippet.<br />

Model View ViewModel<br />

-> View<br />

Multi-Touch<br />

Open Innovation<br />

Overhead<br />

Point of Interest (POI)<br />

Pinch-Geste<br />

Fingerspreiz<br />

89


Processing<br />

RAW<br />

RIFF WAV<br />

RSS<br />

Sendemast-Triangulierung<br />

Sketch<br />

Soziale Netzwerke<br />

Tablet<br />

kurzform für Tablet-PC.<br />

TIFF<br />

90


Anhang – Ausblick<br />

Twitter<br />

View<br />

WLAN-Ortung<br />

WPF<br />

B Literaturverzeichnis<br />

Aristoteles 87<br />

Barkowsky 02<br />

Baumgartner 94<br />

Benderson 95<br />

Aristoteles, Zekl H. G. (Hg): ,Physik. Vorlesung<br />

über Natur. Erster Halbband (Bücher I-IV)‘. Hamburg:<br />

Meiner Verlag, 1987.<br />

Barkowsky T.: ,Mental representation and processing<br />

of geographic knowledge: a computational<br />

approach‘. Berlin / Heidelberg: Springer,<br />

2002.<br />

Baumgartner H. M.: ,Zeit und Zeiterfahrung’ in<br />

Baumgartner H. M. (Hg): ,Zeitbegriffe und Zeiterfahrung’.<br />

Freiburg / München: Verlag Karl Alber,<br />

1994. S. 189 - 217.<br />

Furnas G. W., Bederson B. B.: ,Space-scale diagrams:<br />

understanding multiscale interfaces’. In<br />

CHI ’95: Proceedings of the SIGCHI conference<br />

on Human factors in computing systems. New<br />

York, USA: ACM Press, 1995. S. 234 - 241.<br />

91


Bertin 74<br />

Davidson 96<br />

Dobson 03<br />

Bertin J.: ,Graphische Semiologie. Diagramme,<br />

Netze, Karten’. Berlin, New York: de Gruyter,<br />

1974.<br />

Davidson R., Harel D.: ,Drawing graphs nicely<br />

using simulated annealing‘. In ,ACM Transactions<br />

on Graphics. Volume 15 Issue 4‘. New<br />

York: 1996.<br />

Dobson J. E., Fisher P. F.: ,Geoslavery’. In IEEE<br />

Technology and Society Magazine, Volume 22,<br />

Issue 1. Kansas USA: 2003. S. 47 - 52.<br />

Duden 03 Kunzel-Razum K. (Hg), Scholze-Stubenrecht W.<br />

(Hg), Wermke M. (Hg): ,Duden deutsches Universalwörterbuch’.<br />

5. überarbeitete Auflage.<br />

Mannheim / Leipzig / Wien / Zürich: Dudenverlag,<br />

2003.<br />

Eco 99<br />

Friebe 06<br />

Fry 07<br />

Grimm 12<br />

Hägerstrand 70<br />

Eco U.: ,Times‘. In Kirsten Lippincott (Hg.): ,The<br />

Story of Time‘. London: Merrell Holberton Publishers,<br />

1999, S. 10-15.<br />

Friebe H., Lobo S.: ,Wir nennen es Arbeit: Die<br />

digitale Boheme oder: Intelligentes Leben jenseits<br />

der Festanstellung’. München: Wilhelm<br />

Heyne Verlag, 2006.<br />

Fry B., Reas C.: ,Processing: A Programming<br />

Handbook for Visual Designers and Artists’.<br />

Cambridge / London: MIT Press, 2007.<br />

Grimm J., Grimm W.: ,Hänsel und Gretel‘ in ,Kinder-<br />

und Hausmärchen‘. Berlin: Re<strong>als</strong>chulbuchhandlung,<br />

1812. S. 49 - 58.<br />

Hägerstrand T.: ,What about People in Regional<br />

Science‘. In: ,Papers in Regional Science.<br />

Regional Science Association Papers, Vol. 24‘,<br />

Nummer 1. Berlin / Heidelberg: Springer 1970.<br />

92


Anhang – Ausblick<br />

A Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1:<br />

Abb. 2:<br />

Abb. 3:<br />

Abb. 4:<br />

Abb. 5:<br />

Nutzerzahlen gängiger geosozialer Netzwerke<br />

S. 14<br />

Foursquare Badges Last Degree und Pizzaiolo<br />

S. 16<br />

Visualisierung von weltweitem Waffenhandel<br />

mittels ARMSFLOW S. 32<br />

Screenshots aus Multiplicity, The Road Map.<br />

Israelischer Reisender S. 34<br />

Weeplaces. Der aktuell dargestellte Checkin<br />

befindet sich am dicken Ende des gelben<br />

Strahls. Die Verjüngung des Strahls hebt den<br />

zeitlichen Abstand hervor S. 34<br />

Abb. 6: Space-Time Path nach Hägerstrand S. 36<br />

Abb. 7:<br />

Abb. 8:<br />

Abb. 9:<br />

Abb. 10:<br />

Abb. 11:<br />

,The Horse in Motion‘ von Eadweard Muybridge,<br />

1878. S. 38<br />

,Men and Insects‘ von L. Hugh Newman,<br />

1965. S. 40<br />

Figurative Karte zu den Verlusten französischer<br />

Soldaten von Charles Joseph Minard (1781 -<br />

1870) S. 41<br />

The London Underground. Fahrplan von Harry<br />

Beck,1933 S. 44<br />

perspektivische und isometrische Darstellung<br />

von Ortsewechseln zwischen drei Brennpunkten<br />

S. 45<br />

93


Abb. 12:<br />

Abb. 13:<br />

Abb. 14:<br />

Abb. 15:<br />

Abb. 16:<br />

Abb. 17:<br />

Abb. 18:<br />

Musterpotential aus Reisetypen. Pendeln, Unterbrechung,<br />

Rundreise, Ausflug, außergewöhnlicher<br />

Ortswechsel S. 46<br />

Brennpunkt normal (links) und selektiert<br />

(rechts) S. 51<br />

relative formalisierte Position. Verschiebung<br />

formalisierter Brennpunkte entlang horizontaler<br />

Spreizrichtung t S. 52<br />

lokale Anpassung der vorgegebenen Spreizrichtung<br />

S. 52<br />

Funktionsweise semantischer Zoom. Durch<br />

Eintauchen neu erscheinende Brennpunkte<br />

sind orange hervorgehoben. S. 54<br />

Funktionsweise semantische Spreizung bei horizontaler<br />

Spreizrichtung. Die Verweildauer zwischen<br />

den Ortswechseln ist orange hervorgehoben.<br />

S. 54<br />

Klassendiagramm mit feingliedrigem MVVM-<br />

Entwurfsmuster S. 65<br />

Abb. 19: Klassendiagramm des Demonstrators S. 74<br />

Abb. 20: Datenstruktur für Raumformalisierung S. 76<br />

94


Anhang – Ausblick<br />

Hägerstand 89<br />

Humphreys 08<br />

Kant 98<br />

Krusche 08<br />

Löw 07<br />

Lynch 89<br />

Marinos 10<br />

MacDonald 10<br />

Mountain 01<br />

Hägerstrand T.: ,Reflections on „What about<br />

People in Regional Science“‘. In ,Papers of the<br />

Regional Science Association, Vol. 66‘ 1989, S.<br />

1-6.<br />

Humphreys L.: ,Mobile Social Networks and<br />

Social Practice: A Case Study of Dodgeball’. In<br />

Journal of Computer-Mediated Communication,<br />

13. Blackwell Publishing Inc, 2008. S. 341 - 360.<br />

Kant I.: ,Kritik der reinen Vernunft’. Hamburg:<br />

Meiner Verlag: 1998<br />

Krusche J.(Hg): Der Raum der Stadt: Raumtheorien<br />

zwischen Architektur, Soziologie, Kunst und<br />

Philosophie in Japan und im Westen. Marburg:<br />

Jonas Verlag: 2008.<br />

Löw M., Steets S., Stoetzer S. (2007): Einführung<br />

in die Stadt- und Raumsoziologie. Stuttgart,<br />

UTB: 2007.<br />

Lynch K.: ,Das Bild der Stadt’ (1960). 2. Auflage,<br />

Braunschweig: Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft,<br />

1989.<br />

Marinos D., Geiger C., Schwirten T., Göbel S.:<br />

‚Multitouch navigation in zoomable user interfaces<br />

for large diagrams‘. In ‚ITS 10. ACM International<br />

Conference on Interactive Tabletops<br />

and Surfaces‘. New York: ACM, 2010.<br />

MacDonald M.: ,Pro WPF in C# 2010: Windows<br />

Presentation Foundation in .NET 4.0‘. New York:<br />

Springer, 2010.<br />

Mountain D., Raper J.: ,Modelling human spatio-temporal<br />

behaviour: A challenge for location-based<br />

services‘. London, Dept Information<br />

Science, City University, 2001.<br />

95


Norman 88<br />

Petzold 06<br />

Prensky 01<br />

Probst 09<br />

Ratti et al. 07<br />

Schaffer 96<br />

Shneiderman 03<br />

Snow 03<br />

Stott 04<br />

Norman D. A.: ,The Design of Everyday Things‘.<br />

New York: Basic Books, 1988<br />

Petzold C.: ,Anwendung = Code + Markup’. Unterschleißheim:<br />

Microsoft Press Deutschland,<br />

2006.<br />

Prensky M.: ,Digital Natives, Digital Immigrants‘.<br />

In: ,On The Horizon, Vol. 9 No. 5‘. MCB University<br />

Press, 2001. S. 1 - 6.<br />

Probst U. M.: ,zeitraumzeit - space[of]time‘. In<br />

Pamperl B. (Hg), Höller B. (Hg): ,zeitraumzeit‘.<br />

Wien: FOLIO, 2009.<br />

Ratti C., Pulselli R. M., Williams S., Frenchman<br />

D.: ,Mobile Landscapes: using location<br />

data from cell-phones for urban analysis‘. Cambridge:<br />

Sensable City Laboratory, 2007.<br />

Schaffer, D., Zuo, Z., Greenberg, S., Bartram, L.,<br />

Dill, J., Dubs, S., Roseman, M.: ‚Navigating Hierarchically<br />

Clustered Networks Through Fisheye<br />

and Full-Zoom Methods‘. In ACM Transactions<br />

on Computer-Human Interaction 3(2), 1996. S.<br />

162 - 188.<br />

Shneiderman B., Bederson B. B.: ,The craft of<br />

information visualization’. San Francisco: Morgan<br />

Kaufmann, 2003.<br />

Snow J. C., Mattingley J. B.: ,Perception, Unconscious‘.<br />

In Nadel L. (Hg): ,Encyclopedia of<br />

Cognitive Science‘. John Wiley & Sons, 2003.<br />

Stott J. M., Rodgers P.: ,Metro Map Layout<br />

Using Multicriteria Optimization‘. In ,Proceedings<br />

of the Eighth International Conference on<br />

Information Visualisaion‘. IEEE, 2004. S. 355 -<br />

362.<br />

96


Anhang – Ausblick<br />

Thompson 08<br />

Toman 04<br />

Tufte 83<br />

Tufte 97<br />

Yu 10<br />

Thompson N. (Hg): ,Experimental Geography.<br />

radical approaches to landscape, cartography,<br />

and urbansim‘. New York: Independent Curators<br />

International, 2008.<br />

Nidal Toman: ,Subjektives Zeitempfinden und<br />

Autonomes Nervensystem’. Dissertation. Charité<br />

– Universitätsmedizin Berlin, 2004.<br />

Tufte E. R.: ,The Visual Display of Quantitative<br />

Information‘. University of Michigan: Graphics<br />

Press, 1983.<br />

Tufte E. R.: ,Visual explanations: images and<br />

quantities, evidence and narrative‘. University of<br />

Michigan: Graphics Press, 1997.<br />

Yu H., Shih-Lung S.: ,Revisiting Hägerstrand‘s<br />

Time-Geographic Framework for Individual Activities<br />

in the Age of Instant Access‘. Oklahoma<br />

State University / University of Tennessee, 2010.<br />

97


C Webseitenverzeichnis<br />

@armsflow<br />

@Bash02<br />

@Beck<br />

@brightkite<br />

@DNG09<br />

@Exif02<br />

Internetpräsenz des Projekts Armsflow vom<br />

Stockholm International Peace Research Institute<br />

(SIPRI): www.armsflow.org/, Stand<br />

01.01.2010.<br />

Introducing the microcontent client: dashes.<br />

com/anil/2002/11/introducing-microcontent-client.html<br />

Stand 01.01.2010.<br />

Transport of London Site über Harry Beck,<br />

www.tfl.gov.uk/corporate/projectsandschemes/2443.aspx,<br />

Stand 01.01.2010.<br />

Internetpräsenz des standortbezogenen Dienstes<br />

brightkite: www.brightkite.com/, Stand<br />

01.01.2010.<br />

DNG Spezifikation Version 1.3.0.0: www.adobe.<br />

com/products/dng/<strong>pdf</strong>s/dng_spec.<strong>pdf</strong>, Stand<br />

01.01.2010.<br />

Exif Spezifikation Version 2.2: www.exif.org/<br />

Exif2-2.PDF, Stand 01.01.2010.<br />

@Facebook Jeans Facebook Seite zur Verschenkaktion von<br />

10.000 Jeans: www.facebook.com/event.<br />

php?eid=159056334132258, Stand 01.01.2010.<br />

@fb penetration<br />

@fs penetration<br />

Blogeintrag von Facebook zur eigenen Marktdurchdringung<br />

blog.facebook.com/blog.<br />

php?post=409753352130, Stand 01.01.2010.<br />

Artikel zur Marktdurchdringung von Foursquare<br />

bei vator news vator.tv/news/2010-12-08-dennis-crowley-on-creating-a-solid-product,<br />

Stand<br />

01.10.2010.<br />

98


Anhang – Ausblick<br />

@Gowalla<br />

@JFIF92<br />

@loopt<br />

@Petzold09<br />

Internetpräsenz des standortbezogenen Dienstes<br />

Gowalla: www.gowalla.com/, Stand<br />

01.01.2010.<br />

JFIF Spezifikation Version 1.02: www.jpeg.org/<br />

public/jfif.<strong>pdf</strong>, Stand 01.01.2010.<br />

Internetpräsenz des standortbezogenen Dienstes<br />

loopt www.loopt.com/, Stand 01.01.2010.<br />

Petzold C.: ,Writing More Efficient ItemsControls‘.<br />

In ,MSDN Magazine‘. msdn.microsoft.<br />

com/en-us/magazine/dd483292.aspx, Stand<br />

01.01.2010.<br />

@Starbucks Presseartikel zu Kooperation zwischen<br />

Foursquare und Starbucks www.mashable.<br />

com/2010/05/17/starbucks-foursquare-mayorspeci<strong>als</strong>/,<br />

Stand 01.01.2010.<br />

@toll collect<br />

@twitter penetration<br />

@weeplaces<br />

Internetpräsenz der Firma Toll Collect: www.tollcollect.de,<br />

Stand 01.01.2010<br />

Artikel zur Marktdurchdringung von Foursquare<br />

bei vator news techcrunch.com/2010/06/08/<br />

twitter-190-million-users/, Stand 01.10.2010.<br />

Internetpräsenz des Mashups Weeplaces: www.<br />

weeplaces.com/, Stand 01.01.2010.<br />

99


100


Anhang – Ausblick<br />

D Tabellenverzeichnis<br />

101


E Quelltexte<br />

102


–<br />

103


104


–<br />

105


106

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