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Beispielbericht 2 - Droste-Hülshoff-Gymnasium

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Sozialpraktikum vom 21.02. - 03.03. 2011<br />

Bericht von Nico S.<br />

Begründung meiner Wahl meines Praktikumsplatzes:<br />

Für die Wahl meines Sozialpraktikums gab es mehrere Gründe. Erst einmal wollte<br />

ich mir diesmal bei der Auswahl des Sozialpraktikums viel Mühe geben, da ich letztes<br />

Jahr anfangs mit meinem Berufspraktikum nicht sehr zufrieden war. Erst nachdem<br />

ich die Praktikumsstelle nach zwei Tagen gewechselt hatte, fing es an mir Spaß zu<br />

machen. Ich erhielt auch erst dann meine ersten Einblicke in die Berufswelt. Somit<br />

hatte ich beschlossen, mir dieses Jahr genau zu überlegen, bei welcher Einrichtung<br />

ich mein Praktikum machen wollte. Eine ältere Schülerin des <strong>Droste</strong>-<strong>Hülshoff</strong>-<br />

<strong>Gymnasium</strong>s erzählte mir, dass sie viele positive Erfahrungen an der Esther-Weber-<br />

Schule in Emmendingen/ Wasser gesammelt hätte. Auch meine Mutter unterstützte<br />

mich bei meinen Überlegungen diesbezüglich, da sie wusste, dass ich gut mit<br />

anderen Menschen umgehen kann und mich gerne sozial engagiere. Außerdem<br />

habe ich schon öfters in Erwägung gezogen, später einmal den Lehrerberuf zu<br />

ergreifen. Aber nicht nur in dieser Hinsicht ist dieser Praktikumsplatz vielseitig<br />

gewesen, es wurde ein breitflächiges Arbeitsfeld abgedeckt, denn es gab dort zum<br />

Beispiel auch Physiotherapeuten und Sozialarbeiter. Trotzdem war ich anfangs nicht<br />

ganz überzeugt und hatte Angst vor der Vorstellung, den ganzen Tag mit<br />

behinderten Schülern zusammen zu sein. Schließlich habe ich mich dazu<br />

entschlossen, meine Bewerbung abzuschicken, da ich mir dachte, das<br />

Sozialpraktikum sei ja schließlich auch dafür da, neue Erfahrungen zu machen. Und<br />

ich habe es nicht bereut!<br />

Die Einrichtung<br />

In den zwei Wochen während meines Sozialpraktikums war ich in der Esther-Weber<br />

Schule in Emmendingen/Wasser. Die Schule ist eine Einrichtung für körperlich und<br />

geistig behinderte Menschen. Der Unterschied zu herkömmlichen Schulen besteht<br />

1


darin, dass es in jeder Klasse nur 6 bis 10 Schüler gibt. Dementsprechend viele<br />

Lehrer sind dann auch gleichzeitig in einer Klasse. Darüber hinaus hängt die Anzahl<br />

der Lehrer auch davon ab, wie hilfebedürftig die einzelnen Schüler der Klasse sind.<br />

Ich war in einer Grundschulklasse. Bei mir in der Klasse unterrichteten meistens drei<br />

Lehrer. Zusätzlich unterstützte ein Mädchen die Gruppe, die dieses Schuljahr ihr<br />

freiwillig soziales Jahr (FSJ) absolviert.<br />

Meine Tätigkeit<br />

Ich habe sie die meiste Zeit darin unterstützt, den Schülern zu helfen, da die Kinder<br />

auch während des Unterrichts Unterstützung brauchten, zum Beispiel beim Laufen<br />

oder beim Bedienen ihres Rollstuhls. Einige konnten sich überhaupt nicht bewegen<br />

oder sprechen. Mit ihnen mussten wir uns auch beschäftigen. Am Anfang schaute ich<br />

sehr viel zu. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit konnte ich dann aber auch<br />

einzelne Arbeiten übernehmen. Ich konnte frei entscheiden, ob ich der Klasse beim<br />

Unterricht zuhören wollte oder lieber in einer anderen Klasse Schülern helfen wollte.<br />

Wie oben schon genannt, wurde auch beim Unterricht immer eine helfende Hand<br />

benötigt. Ich konnte die Schüler beim Malen unterstützen. In anderen Fächern, wie<br />

Religion zerkleinerten wir in der Hand Blätter, um die einzelnen Bestandteile des<br />

Waldes besser kennen zu lernen. Genauso wollten wir mit dieser Lernmethode den<br />

Kindern verdeutlichen, was Vergänglichkeit bedeutet.<br />

Bedeutung der Einrichtung für unsere Gesellschaft<br />

Meiner Meinung nach sind Einrichtungen dieser Art sehr wichtig für unser<br />

Schulsystem. Ohne besondere Schulen für körperlich und geistig behinderte<br />

Menschen könnte kein Unterricht stattfinden, wie wir ihn heutzutage in unseren<br />

Schulen vorfinden. Diese Schüler, gerade die schwerbehinderten Menschen, aber<br />

auch weniger behinderte, brauchen mehr Zeit zum Lernen. Wenn man den Unterricht<br />

eine Zeit lang miterlebt, merkt man, dass er ganz anders aufgebaut ist. Sie müssen<br />

wenig aufschreiben bzw. gar nichts und haben viel praktisches Arbeiten.<br />

Klassenarbeiten werden überhaupt nicht geschrieben. Dazu brauchen sie viel freie<br />

Zeit und Extrazeit, in der sie zum Beispiel Krankengymnastik haben und aus der<br />

Klasse genommen werden. Meiner Meinung nach ist eine Integration - aktuell ein<br />

brisantes Thema in der deutschen Schulpolitik - bei dieser Stärke von Behinderung in<br />

einer normalen Schule nicht möglich.<br />

Meine persönlichen Erfahrungen und Reflexionen<br />

Ich habe in den 2 Wochen meines Sozialpraktikums sehr viele positive Erfahrungen<br />

gesammelt und auch sehr viel für mein zukünftiges Leben dazu gelernt. Angefangen<br />

hat es mit der Erkenntnis, dass solche Einrichtungen sehr wichtig für das<br />

Schulwesen sind. Behinderte Schüler brauchen einfach mehr Zeit und mehr<br />

Unterstützung. Genauso bin ich der Meinung, dass sie mehr Zuneigung brauchen.<br />

Als ich in der Esther-Weber-Schule angefangen habe, hat mir meine Klasse erst<br />

einmal das ganze Schulhaus gezeigt, anstatt Unterricht zu machen. In unseren<br />

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Schulen wäre das kaum möglich. Auch der Unterricht ist ganz anders aufgebaut.<br />

Nach zwei Schulstunden gibt es erst einmal eine Stunde Frühstückspause. Am<br />

Anfang hatte ich mir nicht so recht zugetraut, Verantwortung zu übernehmen, nach<br />

und nach habe ich aber mehr Selbstvertrauen bekommen und auch die Verbindung<br />

und Zuneigung zwischen den Schülern und mir ist gewachsen. Ich habe zum Beispiel<br />

angefangen, mit Schülern zu Essen und mit ihnen auf die Toilette zu gehen. In<br />

meiner Klasse sind mir besonders 2 kleine zarte Mädchen, welche jeweils starke<br />

Behinderungen haben und ein kleiner Junge sehr stark ans Herz gewachsen. Ich<br />

dachte nicht, dass ich diese Kinder jemals so in mein Herz schließen könnte, würde<br />

sie jetzt jedoch gerne noch einmal besuchen. Auch dass ich alles essen kann, habe<br />

ich zu schätzen gelernt. Ein Teil der Schüler hatte jeden Morgen einen Brei<br />

mitbekommen und wurde dann von uns gefüttert.<br />

Zwei Stunden später gab es dann schon wieder Mittagessen im Klassenzimmer und<br />

danach eine Stunde Spielpause. Besonders während dieser Pause wurde mir die<br />

Freundlichkeit und Offenheit zwischen den Schülern aber auch gegenüber mir<br />

bewusst. Viele Schüler kamen auf mich zu und fragten, wer ich sei. Sie wollten mit<br />

mir spielen oder sie erzählten mir Geschichten. Eine Situation hat mich besonders<br />

bewegt, ein etwas älterer, mir unbekannter Schüler kam auf mich zu und schenkte<br />

mir seine Schoki, welche ich mir gerade für 30 Cent kaufen wollte. Er sagte, dass er<br />

sie im Internat kostenlos bekommen würde, aber gerade keine Lust darauf hätte.<br />

Zuvor hatte ich ihn einer eher cooleren Gruppe zugeordnet und hätte nicht damit<br />

gerechnet, dass er mich ansprechen würde. Auch seine Freunde grüßten mich und<br />

wir haben auch einmal in der Mittagspause zusammen Fußball gespielt. Die<br />

Fröhlichkeit der Schüler hat mich sehr beeindruckt, meine kleine R. strahlte die<br />

ganze Zeit, obwohl sie sich nicht bewegen und nicht sprechen kann und auch nicht<br />

wirklich viel von unseren Gesprächen mitbekommt. Sehr berührt hat mich auch eine<br />

Erfahrung der Kinder, welche sie mir erzählten. Als ich nämlich gerade zwei Tage in<br />

ihrer Klasse war, berichteten sie mir sofort von einer Mitschülerin, welche vor<br />

wenigen Wochen verstorben war. Außerdem zeigten sie mir Fotos von ihr. Über die<br />

ganzen zwei Wochen wurde sie immer wieder erwähnt. Auch in Witze wurde sie mit<br />

einbezogen, jedoch waren diese nicht böse gemeint. Die Kinder hatten sich einfach<br />

länger und intensiv damit auseinander gesetzt und konnten so vielleicht besser mit<br />

dem Tod ihrer Mitschülerin umgehen. Für mich war es jedenfalls ein<br />

beeindruckendes Ereignis, besonders weil in dieser Woche noch eine Schülerin der<br />

Schule gestorben war. Meine Klasse hat sofort ein Bild gemalt und einen Brief<br />

geschrieben. Beides haben wir auf einen kleinen Stand gelegt, welcher von der<br />

Klasse der Verstorbenen aufgebaut worden war. Dieses Ereignis hat mir auch<br />

gezeigt, was für eine Solidarität unter den Schülern besteht, jeder fühlt sich mit jedem<br />

verbunden, auch wenn er die andere Klasse bzw. die Person, welche verstorben ist,<br />

gar nicht kannte. Ich glaube auch, dass diese Schüler dem Tod viel näher sind, da<br />

sie sich öfters als wir Schüler vom <strong>Droste</strong>-<strong>Hülshoff</strong>-<strong>Gymnasium</strong> damit auseinander<br />

setzen müssen.<br />

Eine ganz wichtige, aber ebenso interessante Erfahrung habe ich an meinem<br />

vorletzten Tag gemacht. Ich habe die FSJlerin L. mit zum Schwimmunterricht in einer<br />

3


anderen Klasse begleitet. Da bei den männlichen Erziehern an diesem Tag Not am<br />

Mann war, bekam ich auch einen Schüler zugeteilt, welchen ich soweit fertig machen<br />

sollte, dass er am Schwimmunterricht teilnehmen konnte. Das heißt, ich musste ihn<br />

ausziehen, ihm seinen Schwimmanzug anziehen und ihn abduschen. Auch im<br />

Wasser sollte ich nach ihm schauen. Damit wurde mir eine sehr große<br />

Verantwortung übertragen. Nach dem Schwimmunterricht musste er gewaschen,<br />

abgetrocknet und wieder angezogen werden. Er selbst konnte sich nicht bewegen,<br />

hat mir jedoch genau gesagt, was ich als nächstes machen sollte und er hat mir sehr<br />

vertraut. Vor meinem Sozialpraktikum hätte ich mir nicht zugetraut, einem<br />

Gleichaltrigen beim Umziehen zu helfen, jetzt habe ich aber gemerkt, dass es etwas<br />

ganz Normales sein kann.<br />

Abschließend möchte ich gerne noch von einem sehr schönen und wiederum sehr<br />

interessanten letzten Tag erzählen. Wie vielerorts wurde an diesem Tag auch in<br />

meiner Schule Fasching gefeiert. Doch war es keine normale Fasnachtsfeier, wie wir<br />

sie von unseren Schulen kennen, nein, es gab einen riesigen Umzug durch Wasser.<br />

Auch eine andere Schule nahm daran teil. Die meisten Schüler kamen verkleidet in<br />

die Schule. Auch danach wurde kräftig in der Schule gefeiert. Es gab<br />

Schüleraufführungen und ein Trommelverein besuchte die Schule. Jeder Schüler gab<br />

bei seiner Aufführung sein Bestes und wurde auch nicht ausgelacht, wenn er etwas<br />

nicht so gut konnte wie sein Mitschüler. Mir ist auch aufgefallen, dass jeder Schüler<br />

ein Lächeln auf dem Gesicht hatte und mitgefeiert hat. Sehr gefallen hat mir auch die<br />

sehr ansteckende und lockere Atmosphäre.<br />

Bewertung des Sozialpraktikums<br />

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Schule für<br />

körperlich und geistig behinderte Menschen zu machen, weil der Umgang mit den<br />

Schülern mir sehr viel Spaß gemacht hat. Sie waren einfach sehr offen, natürlich und<br />

lebensfroh, trotz ihrer Behinderung. Ich finde es sehr wichtig, Schülern mit einer<br />

Behinderung zu helfen, ein annähernd „normales“ Leben zu führen. Auch sie haben<br />

ein Recht darauf, in die Schule zu gehen. Außerdem ist die Schule eine willkommene<br />

Abwechslung in ihrem Leben. Für mich war das Mithelfen eine anstrengende, aber<br />

fröhliche Abwechslung zu meinem Schulalltag. Abends war ich immer sehr müde,<br />

aber sehr zufrieden und konnte mit dem Gefühl schlafen gehen, etwas Sinnvolles<br />

getan zu haben. Während meines Heimweges kam es mir schon so vor, als wäre ich<br />

richtig arbeiten gewesen. Dieses Gefühl gefiel mir. Auf diese Weise anderen zu<br />

helfen, ist eine erfreuliche und positive Erfahrung. Auch ich habe von ihnen sehr viel<br />

lernen können, da sie mir zeigten, wie viel das Leben wert ist und dass ich die<br />

kleinen Momente und positiven Erfahrungen in meinem Leben stärker wahrnehmen<br />

sollte. Ich kann dankbar dafür sein, dass ich mich bewegen kann und so viel<br />

Abwechslung in meinem Leben habe. Die Behinderten nehmen so viel dankbarer alle<br />

Möglichkeiten entgegen, die das Leben ihnen bietet.<br />

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