Merkblatt 5: Geschmacksmusterschutz - TGZ Würzburg
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Zentrum Marke & Patent<br />
ERFINDUNGEN PATENT VERWERTEN<br />
<strong>Merkblatt</strong> 5: <strong>Geschmacksmusterschutz</strong><br />
Das Geschmacksmuster ist kein technisches Schutzrecht. Es schützt eine schöpferische Leistung,<br />
die in der äußeren Erscheinungsform eines Erzeugnisses zum Ausdruck kommt. Dabei muss das<br />
Produktdesign neu sein und eine gestalterische Eigenart aufweisen.<br />
Dieses Schutzrecht ist daher für all die Unternehmen interessant, die Erzeugnisse herstellen, bei<br />
denen die Kaufkraftentscheidung besonders durch die gute Gestaltung gefördert wird.<br />
Unterschiede zum Urheberrecht:<br />
• Während beim Urheberrecht eine individuelle, schöpferische Leistung (Schöpfungshöhe)<br />
vorliegen muss, verlangt die Eigenart im Geschmacksmusterrecht nur, dass sich das Muster<br />
von allen anderen bekannten Mustern des jeweiligen Erzeugnisses unterscheidet;<br />
• Der Urheberschutz erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod, der <strong>Geschmacksmusterschutz</strong><br />
dagegen schon nach 25 Jahren;<br />
• Während der <strong>Geschmacksmusterschutz</strong> erst mit der Eintragung entsteht (Ausnahme: das<br />
nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster; siehe <strong>Merkblatt</strong> Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz),<br />
beginnt der Urheberschutz schon mit der Schöpfung.<br />
A. Schutzinhalt/Schutzwirkung<br />
• Monopolartiges ausschließliches subjektives Recht;<br />
• Alleiniges Benutzungsrecht des Geschmacksmusterinhabers → Herstellen, Anbieten,<br />
Inverkehrbringen, Gebrauch und Einfuhr von Schutzgegenständen;<br />
• Einräumung von Benutzungsrechten durch Lizenzierung möglich; Geschmacksmuster ist<br />
auch übertragbar und vererblich;<br />
• Ausschlussfunktion: Befugnis, anderen die Benutzung zu verbieten → Ansprüche auf<br />
Unterlassung, Schadensersatz, ggf. Rückruf und Vernichtung sowie vorbereitende Auskunftsansprüche<br />
ggf. auch gegen Dritte;<br />
• Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft, Unterlassung, Beseitigung und/oder Vernichtung,<br />
Zollbeschlagnahme;<br />
• Strafrechtliche Sanktionen auf Antrag des Verletzten.<br />
Nicht geschmacksmusterfähig sind:<br />
• Abstrakte Ideen; Muster, die keine Erscheinungsform eines Erzeugnisses sind;<br />
• Erscheinungsmerkmale, die ausschließlich durch ihre technische Funktion bedingt sind<br />
(Bsp.: Form des Scherkopfs eines Rasierapparates);<br />
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• Erscheinungsmerkmale, die für einen Zusammenbau von zwei Erzeugnissen bestimmt sind<br />
(Bsp.: Verbindungsmuffen für Auspuffrohre);<br />
• Erscheinungsmerkmale eines Bauelementes von komplexen Erzeugnissen, die für den<br />
Endbenutzer nicht sichtbar sind (Bsp.: nicht sichtbare Teile eines Kfz);<br />
• funktional vorgegebene Merkmale (Bsp.: Einteilungen auf dem Ziffernblatt einer Uhr);<br />
• Muster, die gegen die öffentliche Ordnung und guten Sitten verstoßen;<br />
• Wappen, Abzeichen und Embleme von öffentlichem Interesse.<br />
B. Schutzvoraussetzungen<br />
1. Muster<br />
• Muster ist die konkrete Verkörperung einer ästhetischen Leistung (industrielle oder<br />
handwerkliche Gegenstände oder Teile davon, einschließlich Verpackung);<br />
• Wenn der Gegenstand ein zweidimensionales Design hat, spricht man von einem Flächenmuster,<br />
bei einem dreidimensionalen Design dagegen von einem Modell;<br />
• Die Erscheinungsmerkmale (Linien, Konturen, Farben, Gestalt, Oberflächenstruktur,<br />
Werkstoff oder Verzierung) werden beim Betrachter über das Sinnesorgan Auge<br />
wahrgenommen;<br />
• Geschützt werden auch typografische Schriftzeichen, d. h. Schriftarten (also nicht der<br />
Buchstabe an sich).<br />
2. Neuheit<br />
• Am Stichtag ist den in der Gemeinschaft (EU) tätigen Fachkreisen kein identisches<br />
(darunter fallen auch lediglich unwesentliche Unterscheidungsmerkmale) Muster bekannt<br />
und konnte ihnen auch nicht bekannt sein (auch Offenbarungen in Drittstaaten können den<br />
in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen die Möglichkeit der Kenntnisnahme geben, bspw.<br />
die Offenbarung von Computergehäusen auf asiatischen Märkten);<br />
• Maßgeblicher Zeitpunkt für den Stichtag: Tag der Anmeldung beim Patentamt.<br />
Unbeachtlich sind:<br />
Beschreibungen oder Benutzungshandlungen, die der Anmelder innerhalb von zwölf<br />
Monaten vor dem Anmeldetag veröffentlicht hat (Neuheitsschonfrist);<br />
3. Eigenart<br />
Eigenart eines Musters liegt dann vor, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten<br />
Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes<br />
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Muster bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Ob<br />
sich ein Muster von einem anderen Muster unterscheidet, kann immer nur im Vergleich mit<br />
einem einzelnen Muster des vorbekannten Formenschatzes ermittelt werden (Grundsatz<br />
des Einzelvergleichs). Eine Überdurchschnittlichkeit der Gestaltungshöhe ist nicht<br />
erforderlich. Bei der Beurteilung der Eigenart wird auch berücksichtigt, ob in einer<br />
Erzeugnisklasse bereits eine hohe Musterdichte existiert. Ist dies der Fall, sind die<br />
Anforderungen an den Unterscheidungsgrad entsprechend geringer.<br />
C. Erteilungsverfahren<br />
Die schriftliche Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), Dienststelle Jena,<br />
hat auf vorgeschriebenen Vordrucken (Formulare können unter www.dpma.de → Formulare →<br />
Geschmacksmuster herunter geladen werden) zu erfolgen und muss einen Antrag auf Eintragung,<br />
Angaben zur Identität des Anmelders, mindestens eine zur Bekanntgabe geeignete Wiedergabe<br />
des Musters (max. 10 verschiedene Darstellungen) und eine Angabe der Erzeugnisse, in die das<br />
Geschmacksmuster aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll, enthalten. Beachte:<br />
Die Wiedergabe des Musters muss die entscheidenden Merkmale eindeutig erkennen lassen,<br />
denn nur auf diese erstreckt sich letztlich der <strong>Geschmacksmusterschutz</strong>.<br />
Im Rahmen einer Eingangs- und Formalprüfung prüft die Geschmacksmusterstelle, ob die<br />
formellen Voraussetzungen der Anmeldung erfüllt sind und ob Geschmacksmusterfähigkeit bejaht<br />
werden kann. Eine Prüfung der Schutzvoraussetzungen „Neuheit“ und „Eigenart“ findet dagegen<br />
nicht statt. Diese Voraussetzungen können im Streitfalle durch die ordentlichen Gerichte geprüft<br />
werden. Grundsätzlich besteht aber eine Vermutung für die Rechtsgültigkeit von eingetragenen<br />
Geschmacksmustern (→ Beweislastumkehr).<br />
Wenn die Anmeldung den formellen Erfordernissen genügt und keine Ausschlussgründe nach §3<br />
Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) vorliegen, veranlasst das DPMA die Eintragung in das<br />
elektronisch geführte Geschmacksmusterregister. Der <strong>Geschmacksmusterschutz</strong> beginnt mit der<br />
Eintragung. Die Eintragung wird mit einer Wiedergabe des Geschmacksmusters im elektronischen<br />
Geschmacksmusterblatt (http://register.dpma.de) bekannt gemacht. Es kann eine Aufschiebung<br />
der Bildbekanntmachung um bis zu 30 Monate nach dem Anmeldetag erfolgen. Zwar sind<br />
dadurch die Verfahrenskosten reduziert (vgl. unter E. Kosten), allerdings besteht während der<br />
Aufschiebungsfrist kein Schutz mit absoluter Sperrwirkung, sondern nur Nachahmungsschutz (<br />
Inhaber muss beweisen, dass das Verletzungsmuster das Ergebnis einer Nachahmung des<br />
Schutzmusters ist).<br />
Hat der Anmelder das Geschmacksmuster bereits zuvor in einem Mitgliedsstaat der Pariser<br />
Verbandsübereinkunft (PVÜ) oder einer vergleichbaren Organisation angemeldet, kann er eine<br />
sogenannte Auslandspriorität innerhalb von sechs Monaten nach Einreichung der ersten<br />
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Anmeldung in Anspruch nehmen. Die wirksame Inanspruchnahme dieser Priorität bewirkt, dass<br />
der Prioritätstag an die Stelle des Anmeldetages tritt. Die Auslandspriorität kann dabei nicht nur auf<br />
der Grundlage eines vorangemeldeten Geschmacksmusters, sondern auch eines<br />
Gebrauchsmusters beansprucht werden. Darüber hinaus kann ein Prioritätsrecht auch aus einer<br />
Offenbarung des Gegenstandes des Geschmacksmusters auf einer geschützten Ausstellung, die<br />
vom Bundesministerium der Justiz benannt worden ist, hergeleitet werden<br />
(Ausstellungspriorität). Auch hierbei gilt eine Frist von sechs Monaten ab dem Tag der ersten<br />
Zurschaustellung. Die Inanspruchnahme einer Ausstellungspriorität hat die gleiche Wirkung wie die<br />
Inanspruchnahme einer Auslandspriorität.<br />
Für den Fall, dass mehrere Geschmacksmuster eingetragen werden sollen, gibt es im Übrigen<br />
auch die Möglichkeit der Sammelanmeldung für bis zu 100 Muster. Voraussetzung dafür ist, dass<br />
die Geschmackmuster mindestens einer gemeinsamen Warenklasse zuzuordnen sind.<br />
D. Schutzdauer<br />
Der Schutz, der mit dem Tag der vollständigen Einreichung der Anmeldeunterlagen beginnt<br />
(Anmeldetag), beträgt zunächst fünf Jahre und kann bei viermaliger Verlängerung auf maximal 25<br />
Jahre ausgedehnt werden. Bei aufgeschobener Bildbekanntmachung beträgt die erste<br />
Schutzperiode nicht 5 Jahre, sondern nur 30 Monate. Innerhalb dieser Aufschiebungsfrist muss<br />
der Anmelder durch Zahlung der Erstreckungsgebühr den Schutz auf die normale Schutzdauer<br />
erstrecken, anderenfalls endet der Schutz mit Ablauf der Aufschiebungsfrist.<br />
E. Kosten<br />
Anmeldegebühr für ein Muster (Schutzdauer zunächst 5 Jahre)<br />
• Bei elektronischer Anmeldung: 60,- €<br />
• Bei Anmeldung in Papierform: 70,- €<br />
• Bei Aufschiebung der Bildbekanntmachung: 30,- €<br />
(Schutzdauer zunächst 30 Monate)<br />
• Erstreckungsgebühr b. Aufschiebung der Bildbekanntmachung: 40,- €<br />
Anmeldegebühr für jedes Muster einer Sammelanmeldung (Schutzdauer zunächst 5 Jahre)<br />
• Bei elektronischer Anmeldung: 6,- € (min. jedoch 60,- €)<br />
• Bei Anmeldung in Papierform: 7,- € (min. jedoch 70,- €)<br />
• Bei Aufschiebung der Bildbekanntmachung: 3,- € (min. jedoch 30,- €)<br />
(Schutzdauer zunächst 30 Monate)<br />
• Erstreckungsgebühr b. Aufschiebung der Bildbekanntmachung: 4,- € (min. jedoch 40,- €)<br />
<strong>Merkblatt</strong> 5: <strong>Geschmacksmusterschutz</strong> 4
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Bekanntmachungsgebühren: werden zusätzlich vom DPMA als Auslagen erhoben.<br />
Die Verlängerungsgebühren sind progressiv und betragen für jedes Geschmacksmuster (auch<br />
innerhalb einer Sammelanmeldung) für jeweils weitere 5 Jahre 90,- €; 120,- €; 150,- € und 180,- €.<br />
Eine Übersicht über die gesamten Gebühren kann unter www.dpma.de → Geschmacksmuster →<br />
Gebühren → Kostenmerkblatt nachgelesen werden.<br />
Fördermöglichkeiten:<br />
Möglicherweise besteht ein Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe. Voraussetzungen dafür sind die<br />
mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Anmelders und die hinreichende Erfolgsaussicht<br />
des Verfahrens. Verfahrenskostenhilfe kann bei Vorliegen der Voraussetzungen auch für das<br />
Erstreckungs- und Aufrechterhaltungsverfahren gewährt werden. Auf Antrag kann auch ein zur<br />
Übernahme der Vertretung bereiter Patent- oder Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn dies<br />
erforderlich erscheint. Da das DPMA aber auch Auskunft und Hilfestellung gibt, wird dem Antrag<br />
auf Beiordnung in der Regel nur in besonderen Ausnahmefällen stattgegeben.<br />
F. Schutzverfahren<br />
1. Löschungsverfahren<br />
Zwar gibt es im Geschmacksmusterrecht kein Einspruchsverfahren, trotzdem kann ein Geschmacksmuster<br />
vernichtet werden. Denn es besteht für jedermann die Möglichkeit, beim<br />
zuständigen Landgericht Klage auf Feststellung der Nichtigkeit zu erheben. Ein<br />
Geschmacksmuster ist nichtig, wenn das Erzeugnis kein Muster ist, das Muster nicht neu ist oder<br />
keine Eigenart hat oder das Muster nur Merkmale aufweist, die vom <strong>Geschmacksmusterschutz</strong><br />
ausgeschlossen sind (§33 I GeschmMG). In Geschmacksmustersachen sind die Landgerichte<br />
(LG) unabhängig vom Streitwert zuständig (§ 52 GeschmMG) – in Bayern handelt es sich dabei<br />
nach § 18 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz um das LG Nürnberg-Fürth für die OLG-<br />
Bezirke Nürnberg und Bamberg sowie das LG München I für den OLG-Bezirk München. Die<br />
örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO).<br />
2. Beschwerdeverfahren<br />
Für alle Beschlüsse des DPMA ist innerhalb eines Monats nach deren Zustellung die Einreichung<br />
einer Beschwerde an das Bundespatentgericht (BPatG) möglich. Dieses überprüft den Beschluss<br />
entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers sowohl in sachlicher als auch in rechtlicher Hinsicht.<br />
Gegen die Entscheidung des BPatG kann wiederum innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung<br />
des Beschlusses eine schriftliche Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden,<br />
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wenn diese zugelassen worden ist oder die Voraussetzungen des § 100 Patentgesetz (PatG) vorliegen,<br />
auf die das Geschmacksmustergesetz in § 23 verweist. Der Bundesgerichtshof (BGH)<br />
überprüft die Entscheidung des BPatG dann allerdings nur noch in rechtlicher Hinsicht.<br />
3. Verletzungsverfahren<br />
Wird das eingetragene Geschmacksmuster durch einen Dritten verletzt, so kann der Rechtsinhaber<br />
nach folgender Reihenfolge vorgehen:<br />
Er kann dem Verletzer einen Hinweis auf sein Schutzrecht geben und fragen, woher dieser das<br />
Recht zur Nutzung ableitet. Dieser Hinweis darf allerdings nicht als Abmahnung formuliert sein. Die<br />
genannte Vorgehensweise dient einzig der Feststellung eines dem Dritten zustehenden<br />
Nutzungsrechts. Ziel ist dabei, ein gerichtliches Verfahren bzw. eine unberechtigte Abmahnung zu<br />
vermeiden, die ihrerseits eine negative Feststellungsklage bzw. eine Abmahnung wegen ungerechtfertigter<br />
Behauptung eines Schutzrechtes nach sich ziehen könnten.<br />
Wird jedoch keine Einigung erzielt, kann der Schutzrechtsinhaber eine Abmahnung aussprechen.<br />
Es handelt sich hierbei um eine unbedingte Aufforderung, die Benutzung des Schutzrechtes unter<br />
Vereinbarung einer Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen. Aus der<br />
Abmahnung muss sich eindeutig ergeben, was der Dritte unterlassen soll. Eine Abmahnung ist<br />
deshalb nötig, da es unter anderem zu verhindern gilt, dass der Verletzer bei Klageerhebung sofort<br />
anerkennt und damit die Prozesskosten nach § 93 Zivilprozessordnung (ZPO) dem Kläger<br />
(Rechtsinhaber) zufallen.<br />
Fruchtet schließlich auch die Abmahnung nicht, stellt sich die Frage, wie ein Unterlassungsanspruch<br />
gerichtlich geltend gemacht werden kann. Dies ist grundsätzlich durch die Erhebung einer<br />
Klage möglich. Da aber die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs in der Regel keinen Aufschub<br />
duldet, um weiteren wirtschaftlichen Schaden durch die Verletzungshandlungen abzuwenden,<br />
ist es in der Praxis üblich, den Anspruch durch den Erlass einer Einstweiligen Verfügung<br />
vorläufig durchzusetzen. Die einstweilige Verfügung ist eine beschleunigte gerichtliche Entscheidung<br />
(ergeht in der Regel ohne mündliche Verhandlung innerhalb von wenigen Tagen), bei der die<br />
anspruchsbegründenden Tatsachen durch den Antragsteller lediglich glaubhaft zu machen sind.<br />
Die Glaubhaftmachung – z. B. durch Vorlage von Urkunden und Versicherung an Eides statt –<br />
erfordert dabei einen geringeren Grad an Wahrscheinlichkeit als der Antritt des Beweises. Voraussetzung<br />
für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist die Dringlichkeit des Antrags, die aber im<br />
Gewerblichen Rechtsschutz zugunsten des Antragstellers vermutet wird. Hierbei ist jedoch zu beachten,<br />
dass der Antragsteller diese Vermutung durch sein eigenes Verhalten selbst widerlegen<br />
kann, nämlich wenn er ab Kenntnis der Verletzungshandlung zu lang mit der Antragstellung zuwartet.<br />
Die Dringlichkeitsfrist wird von den einzelnen Gerichten sehr unterschiedlich behandelt, als<br />
Faustregel sollten 4 Wochen Untätigkeit ab Kenntnis nicht überschritten werden. Erlässt das Ge-<br />
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richt die einstweilige Verfügung (meist durch Beschluss), wird dem Antragsgegner eine konkrete<br />
Verletzungshandlung unter Androhung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft vorläufig, also bis<br />
zur Klärung durch das Hauptsacheverfahren untersagt. Ein anschließendes Hauptsacheverfahren<br />
(Klage) klärt den Streitfall dann abschließend, wobei der Kläger die streitigen Tatsachen dann nicht<br />
nur glaubhaft machen, sondern beweisen muss.<br />
In der Praxis werden Streitfälle häufig schon durch das einstweilige Verfügungsverfahren beendet.<br />
In beiden Verfahren werden die aufgeworfenen Rechtsfragen gleichermaßen behandelt, ein Unterschied<br />
ergibt sich nur durch die lediglich summarische Prüfung der vorgetragenen Tatsachen im<br />
einstweiligen Verfügungsverfahren. Da sowohl im einstweiligen Rechtsschutz als auch im Klageverfahren<br />
die gleichen Gerichte und Kammern zuständig sind, ist es sehr unwahrscheinlich, dass<br />
die Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren plötzlich anders beurteilt werden. Sinnvoll ist die Einleitung<br />
des Hauptsacheverfahrens durch die unterlegene Partei daher in der Regel nur, wenn die<br />
Tatsachen streitig sind. In Geschmacksmustersachen sind die Landgerichte (LG) unabhängig vom<br />
Streitwert zuständig (§ 52 GeschmMG) – in Bayern handelt es sich dabei nach § 28 Gerichtliche<br />
Zuständigkeitsverordnung Justiz um das LG Nürnberg-Fürth für die OLG-Bezirke Nürnberg und<br />
Bamberg sowie das LG München I für den OLG-Bezirk München. Die örtliche Zuständigkeit richtet<br />
sich entweder nach dem Sitz des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO) oder nach dem Ort der unerlaubten<br />
Handlung (§ 32 ZPO).<br />
G. Hinweise<br />
• Geschmacksmuster sollten vor allem dann angemeldet werden, wenn eine Erfindung<br />
aufgrund fehlender Technizität als technisches Schutzrechts (Patent, Gebrauchsmuster)<br />
nicht schutzfähig ist oder wenn die äußere Erscheinungsform eines Erzeugnisses<br />
wesentlichen Einfluss auf die Kaufentscheidung hat. Unter dem letztgenannten<br />
Gesichtspunkt kann die Eintragung eines Geschmacksmusters auch neben dem Patent<br />
oder Gebrauchsmuster oder auch neben einer Marke sinnvoll sein.<br />
• Es gibt des Weiteren auch die Möglichkeit, ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
registrieren zu lassen (siehe auch <strong>Merkblatt</strong> „Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz“).<br />
• Für ganze Kollektionen (bis zu 100 Muster) lohnen sich normalerweise Sammelanmeldungen,<br />
da diese wesentlich kostengünstiger als Einzelanmeldungen sind.<br />
• Um die Verletzung der Rechte Dritter zu vermeiden, empfiehlt sich vor der Anmeldung beim<br />
DPMA eine Recherche im Geschmacksmusterregister durchführen zu lassen. Dies ist<br />
deshalb so wichtig, da das DPMA bei der späteren Erteilung keine Prüfung der Schutzvoraussetzungen<br />
mehr vornehmen wird.<br />
<strong>Merkblatt</strong> 5: <strong>Geschmacksmusterschutz</strong> 7
Zentrum Marke & Patent<br />
ERFINDUNGEN PATENT VERWERTEN<br />
• Eine Selbstanmeldung ohne fachliche Unterstützung ist nur zu empfehlen, wenn bereits<br />
Erfahrungen mit dem Verfassen von Geschmacksmusterschriften bestehen. Ansonsten ist<br />
das Risiko groß, dass formale und strategische Fehler bei der Geschmacksmusteranmeldung<br />
entstehen. Es wird daher geraten, entsprechende Fachleute, wie z.B. einen Patentanwalt,<br />
zu Rate zu ziehen. Die Kosten für die professionelle Erstellung einer Geschmacksmusterschrift<br />
und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen des Patentanwalts belaufen<br />
sich insgesamt auf ca. 550 €.<br />
Stand: Mai 2012<br />
Herausgeber und Ansprechpartner:<br />
Zentrum Marke und Patent<br />
c/o Technologie- und Gründerzentrum <strong>Würzburg</strong><br />
Sedanstraße 27 · 97082 <strong>Würzburg</strong><br />
Tel: 0931 4194-350 · Fax: 0931 4194-205<br />
info@tgz-wuerzburg.de · www.tgz-wuerzburg.de<br />
Hinweis: Dieses <strong>Merkblatt</strong> soll nur erste Informationen geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.<br />
Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit<br />
nicht übernommen werden.<br />
<strong>Merkblatt</strong> 5: <strong>Geschmacksmusterschutz</strong> 8