PDF runterladen - Digital-Therapie
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infotech cover<br />
>><br />
„Ich war auf dem<br />
besten Weg dazu,<br />
eine betagtere<br />
Lindsay Lohan<br />
des App Stores<br />
zu werden.“<br />
Susan Maushart beschreibt<br />
Sucht-Tiefpunkt<br />
Group sollte jeder einen Abend (!) pro Woche arbeitsfrei<br />
bekommen. Perlow gibt einen aufschlussreichen<br />
Einblick in das Arbeitsklima bei BCG: Mitarbeiter,<br />
die für den Job beim Prestigeunternehmen bereit sind,<br />
alles zu geben, niemals Privates am Arbeitsplatz besprechen<br />
und, im oft selbst auferlegten Strudel ständiger<br />
Bereitschaft gefangen, glauben, für Kunden<br />
jederzeit erreichbar sein zu müssen.<br />
Fast schon kindlich wirken die ersten Reaktionen<br />
auf das Experiment: Ein Manager, der erstmals das<br />
Laufband in seinem Hotel benutzt und anschließend<br />
mit seiner Frau länger als nur ein paar Minuten telefoniert:<br />
„Es war herrlich und ein bisschen seltsam.<br />
Wie dieses lebendige, leicht schuldbewusste Glücksgefühl,<br />
wenn man eine Uni-Vorlesung spritzt.“ Das<br />
Projekt wird zum durchschlagenden<br />
Erfolg. Die Teamarbeit wird<br />
besser, Mitarbeiter zufriedener<br />
und motivierter. Inzwischen ist<br />
das Konzept auf weltweit rund<br />
900 BCG-Teams ausgeweitet.<br />
Eindrucksvoll dokumentiert<br />
dieser Tage Filmemacherin Carmen<br />
Losmann in ihrem preisgekrönten<br />
Film „Work hard, play<br />
hard“ (läuft seit 22. Juni) die Arbeitsbedingungen<br />
der hochgradig<br />
vernetzten Wissensarbeiter.<br />
Der Super-Produktive<br />
damian izdebski, 36,<br />
selbständiger computer-händler<br />
Er ist ungeduldig, hasst es, im Stau zu stehen.<br />
Wenn der Abstandsregeltempomat das Auto<br />
selbst pilotiert, „steuert“ er mit seinem aktuellen<br />
Lieblings-Spielzeug HTC One X die Firma. Ein<br />
Offline-Leben gibt es für ihn nicht. Als Selbständiger<br />
kann er nicht alle Entscheidungen zu Bürozeiten<br />
fällen. Permanente Erreichbarkeit fordert<br />
er nur vom engsten Kreis seiner Mitarbeiter. Dass<br />
er die abends anruft, kommt nur in Ausnahmefällen<br />
vor. Sein tägliches E-Mail-Aufkommen liegt<br />
bei 150: „Es wird besser, ich lerne delegieren.“<br />
Losmann zeigt unpolemisch, wie diese Human Resources<br />
noch produktiver gemacht werden sollen. Die<br />
„Humans“ erinnern dabei oft an die Fabriksarbeiter<br />
zu Beginn der Industrialisierung – die individuelle<br />
Zufriedenheit, die Work-Life-Balance als Produktivitätsstimulans<br />
müssen viele erst (wieder) entdecken.<br />
Lisa Tomaschek vom ibos-Gesundheitszentrum ist<br />
eine, die Abstinenz-Willigen Wege zurück in ein erholsameres<br />
Offline-Leben aufzeigt. Hilfesuchende<br />
kommen aus vielen Branchen. „Die Werbe- und PR-<br />
Branche ist eine häufige Stätte für Erschöpfte“, sagt<br />
sie. Dazu kommen viele aus dem mittleren Management,<br />
Selbständige und viele Künstler und Menschen<br />
aus Sozialberufen. Eine ihrer ersten Interventionen ist<br />
das Verordnen von Handy- und Laptop-freien Zeiten.<br />
Haben ihre Klienten die befreiende Wirkung des Off-<br />
Buttons entdeckt, wird als zweite Maßnahme die<br />
Technik aus dem Schlafzimmer verbannt. „In global<br />
organisierten Unternehmen gibt es keine Zeitzonen<br />
mehr. Die Leute wundern sich dann, wenn sie Schlafstörungen<br />
haben“, sagt sie.<br />
Europäische Unternehmer geben ihren Mitarbeitern<br />
zwar keine Schlafsäcke aus, die Leute kommen<br />
aber auch im eigenen Bett oft nicht zur Ruhe. Die finden<br />
viele dann erst wieder im Urlaub, die beste Zeit<br />
für Selbstversuche mit dem digitalen Entzug. Endlich<br />
einmal – nicht erreichbar ;-)<br />
– T. Martinek, B. Mayerl, A. Riegler<br />
service<br />
Dem Nachwuchs den Stecker ziehen<br />
Eltern sollten die verantwortungsbewussten IT-Chefs<br />
in der Familie sein: Ihr Job sind vor allem fixe Regeln.<br />
Die nach der Jahrtausendwende Geborenen, die <strong>Digital</strong> Natives,<br />
kennen das analoge Leben nur aus Erzählungen. Der<br />
Umgang mit Handy, Spielkonsole und Internet ist intuitiv,<br />
auch intensiv. Kinder-Psychologen und Pädagogen sagen: Die<br />
Dosis macht das Gift. „Eltern sollten sich überlegen, wie sie<br />
den Kids einen intelligenten Zugang zu dieser Erwachsenenwelt<br />
geben“, sagt Psychologin Beatrix Höfinger, „gänzlich verwehren<br />
lässt er sich nicht.“ Ein paar Offline-Tricks.<br />
Fixzeiten. Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind fixe Zeiten für die<br />
Mediennutzung. Das kann eine bestimmte Tageszeit sein oder<br />
ein bestimmter Tag in der Woche. Viele Eltern lassen die Kinder<br />
nur am Wochenende ins Netz. Diese Zeit kann auf Facebook,<br />
YouTube, Spielen und Fernsehen verteilt werden. Wichtig: Seien<br />
Sie nicht nachlässig beim Einhalten dieser Regeln.<br />
Spiele. „Das haben alle in meiner Klasse“ ist ein oft gebrauchtes<br />
Totschlagargument, das Sie aber nicht daran hindern sollte,<br />
auf der Website des Spielerverbandes nachzusehen (www.pegi.<br />
info), welche Altersbeschränkung für das Game gilt.<br />
Kindersicherungen. Sie können alle Online-Zugänge kindersicher<br />
machen. Das gilt für den Fernseher ebenso wie für den<br />
Internet-Browser. 100%ige Sicherheit geben die Browser-Plugins<br />
nicht, also ab und zu die Surf-Historie kontrollieren.<br />
Software. Es gibt zwar dezidierte „Kinder-Browser“, die Zugang<br />
nur zu bestimmten Websites erlauben. Damit wird den Kids<br />
aber rasch fad, weil sie wenig bieten. Eine gute Übersicht zu<br />
adäquaten Kinder-Websites bietet www.blinde-kuh.de<br />
Facebook. Ist für viele Schüler der nachhause verlängerte<br />
Schulhof. Hier wird getratscht, kommentiert und abgelästert.<br />
Sie müssen nicht mit Ihrem Kind befreundet sein (das kommt<br />
selten gut an), sollten aber die Sicherheitseinstellungen mit<br />
ihm durchgehen und Verhaltensregeln definieren (welche Familienfotos<br />
dürfen drauf, welche nicht etc.). Wichtig: Der Facebook-Konzern<br />
ändert dauernd etwas an seinen Privacy-Einstellungen,<br />
also müssen Sie sich laufend informieren.<br />
Handy. Das Ende der Volksschulzeit ist noch immer früh genug<br />
für das erste Handy. Wichtig für die Größeren: Zeigen Sie Ihrem<br />
Kind die Handyrechnung. Kommunikation ist nicht gratis.<br />
Vorbild. Eltern, die dauernd am Handy und PC hängen, sind ein<br />
schlechtes Vorbild. Schaffen Sie analoge Alternativ-Angebote.<br />
szene aus work hard, play hard. Preisgekrönte Dokumentation<br />
über die absurden Auswüchse einer hochtechnologisierten Gesellschaft,<br />
die die Optimierung ihrer „Human Resources“ über alles stellt.<br />
fotos: Ian Ehm, Beigestellt (4), Corbis<br />
Ohne Netz Alex<br />
Rühle (Klett Cotta,<br />
€ 17,95) Journalist<br />
Rühle beschreibt ein<br />
halbes Jahr offline in<br />
allen Facetten. Schonungslos,<br />
witzig und<br />
extrem lehrreich.<br />
Anitra Eggler E-<br />
Mail macht, dumm,<br />
krank und arm (orell<br />
füssli, € 19,95) Eines<br />
der besten Ratgeber-Bücher<br />
zur digitalen<br />
Selbstorganisation.<br />
Demnächst 2. Auflage.<br />
Christoph Koch<br />
Ich bin dann mal<br />
offline (blanvalet,<br />
€ 8,99) Koch hinterfragt<br />
mit Experten die<br />
Technologie-Abhängigkeit<br />
und gibt konkrete<br />
Befreiungs-Tipps.<br />
digital<br />
natives.<br />
Kinder lernen<br />
den Umgang<br />
mit Computer<br />
und Handy<br />
intuitiv. Über<br />
die Nachteile<br />
müssen sie<br />
die Eltern<br />
aufklären.<br />
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