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Schulunterlagen zur Todesstrafe.pdf - Netzwerk gegen die ...

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Arbeitsmaterialien<br />

Thema: <strong>Todesstrafe</strong>


Allgemeine Erklärung der Menschenrechte<br />

Artikel 3:<br />

Jeder Mensch hat das Recht auf<br />

Leben, Freiheit und Sicherheit der<br />

Person<br />

Artikel 5:<br />

Niemand darf der Folter oder<br />

grausamer, unmenschlicher oder<br />

erniedrigender Behandlung oder Strafe<br />

unterworfen werden.<br />

Foto: Kimberly White


Inhaltsverzeichnis:<br />

Die Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong> Seite 4-7<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> geografisch Seite 8-9<br />

<strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche Seite 10-14<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> am Beispiel USA Seite 15-17<br />

- Statistik Seite 16<br />

- Petitionsliste Seite 17<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> in ASIEN Seite 18 -23<br />

- Korea Seite18<br />

- Appellbrief Korea Seite 19<br />

- China Seite 20-21<br />

- Appellbrief Pakistan Seite 22<br />

- Statistik Asien Seite 23<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> in der Literatur Seite 24<br />

Zitate über <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> Seite 25<br />

Linkliste Seite 26-27<br />

Impressum: amnesty international Österreich, ZVR 407408993, DVR 0460028<br />

Redaktion: Christine Töpfer-<strong>Netzwerk</strong> <strong>Todesstrafe</strong>,<br />

Barbara Weber-ai academy, Astrid Becker-ai Kommunikation Media Presse<br />

Layout: Astrid Becker<br />

Stand: August 2007<br />

Dieses Dokument steht Ihnen auf www.amnesty.at/todesstrafe als <strong>pdf</strong> <strong>zur</strong> Verfügung<br />

Informationen zum Thema <strong>Todesstrafe</strong><br />

Seite 3


Die Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong><br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> gehört zu den ältesten Strafen der Welt. Angewandt wurde sie schon lange bevor<br />

es Haft- oder Geldstrafen gab.<br />

Das Hinrichten von Menschen begann in frühgeschichtlicher Zeit mit Menschenopfern, um <strong>die</strong> Götter<br />

zu besänftigen, um eine reiche Ernte und um Schutz <strong>gegen</strong> Krankheiten von ihnen zu erbitten. Auch<br />

als Strafsanktion wurden Hinrichtungen von den primitiven Völkern vollstreckt. Damals gab es aber<br />

noch keine niedergeschriebenen Gesetze und kein "gerechtes" Gerichtsverfahren im heutigen Sinn.<br />

I. Die Antike<br />

Bei den Babyloniern gab es <strong>die</strong> ersten geschriebenen Gesetze, <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> regelten - der<br />

Hammurabi-Code. Diese Gesetzgebung sah <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für Diebstahl, Mord und Fehler bei der<br />

Arbeit vor. Schon damals wurden Verbrechen <strong>gegen</strong> reiche, angesehene Menschen härter bestraft<br />

als Verbrechen <strong>gegen</strong> arme Menschen.<br />

Im alten Griechenland war <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> ebenfalls in Gebrauch. Hier war es Sitte, dass <strong>die</strong> Familie<br />

des Opfers <strong>die</strong> Initiative ergreifen musste, sollte der Täter hingerichtet werden.<br />

Rom galt in der alten Welt als Hauptstadt von Kultur, Philosophie und Künste. Aber gerade römische<br />

Kaiser waren bekannt für strafrechtliche Ausschweifungen in ihrem Machtrausch.<br />

II. Mittelalter bis Neuzeit<br />

Im Europa des Mittelalters kamen große Machtkonflikte durch <strong>die</strong> vielen Machthaber auf, <strong>die</strong> das<br />

Feudalsystem hervorbrachte. So hatten auch viele <strong>die</strong> Macht, über Bestrafungen zu verfügen, selbst<br />

wenn es um Verbrechen wie Mord ging. Hingerichtet wurde damals durch Köpfen, Hängen, Ertränken<br />

und Folterung bis zum Tode.<br />

Lange Zeit wurden in Europa Menschen aufgrund der von ihnen vertretenen Meinung hingerichtet.<br />

Die Fusion von politischer und religiöser Macht war während mehrerer Jahrhunderte Grund dafür,<br />

dass Menschen zum Tode verurteilt wurden, <strong>die</strong> sich kritisch <strong>gegen</strong>über der Kirche äußerten, das<br />

traf auch besonders Wissenschaftler. Die Zeit der Inquisition ist hier besonders hervorzuheben.<br />

In Frankreich wurde je nach sozialer Klasse verschieden hingerichtet. Der einfache Bürger wurde<br />

gehängt, <strong>die</strong> Guillotine war den Reichen vorbehalten. Hinzu kam eine Unterscheidung nach der<br />

Schwere und Art der Tat. Das Rad kam bei schwersten Verbrechen zum Einsatz, Verbrennen bei<br />

religiösen "Verbrechen" und Vierteilung bei Verbrechen <strong>gegen</strong> den Staat. Während der Französischen<br />

Revolution wurde <strong>die</strong> Guillotine als einzige Hinrichtungsmethode für alle beibehalten.<br />

Bildquelle:Diethelm Glaser<br />

Seite 4<br />

III. "Constitutio Criminalis Caroli"<br />

Bis ins 19. Jahrhundert bildete <strong>die</strong> "Constitutio Criminalis<br />

Caroli" Grundlage des Strafrechts in Mitteleuropa. Es<br />

war <strong>die</strong> Gerichtsverordnung von Kaiser Karl V. und des<br />

Heiligen Römischen Reiches. So bestand sie genauso<br />

aus germanischen Traditionen wie auch aus<br />

Bestandteilen des bereits wissenschaftlicheren<br />

italienischen Strafrechts.<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> in der "Carolina" war der Höhepunkt<br />

einer Reihe von Verstümmelungsstrafen. Für<br />

unterschiedliche Verbrechen wurde unterschiedlich<br />

hingerichtet. So wurden Brandstifter, Zauberer, Hexen,<br />

Sodomiter und Kirchenräuber verbrannt; Verräter<br />

gevierteilt, Mörder gerädert, Kindsmörderinnen lebendig<br />

begraben oder gepfählt oder ertränkt; Einbrecher<br />

erhängt, Totschläger, Räuber, Aufrührer und Abtreiber<br />

enthauptet.


Die Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong><br />

IV. Widerstand <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong><br />

Bis zum Ende des 18. Jahrhundert nahm <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> einen<br />

breiten Raum im Justizsystem ein, erst dann wuchs allmählich<br />

Widerstand. Die am meisten bekannte Arbeit über <strong>die</strong> Ungerechtigkeit<br />

der <strong>Todesstrafe</strong> kam damals vom italienischen Juristen Cesare<br />

Beccaria. In seinem 1764 erschienenen Werk "Die Delitti E Delle<br />

Pene" (Über Verbrechen und Strafen) schrieb er über <strong>die</strong> Ineffektivität<br />

der <strong>Todesstrafe</strong>, wenn es um <strong>die</strong> Vermeidung von Verbrechen geht<br />

und über mögliche Justizirrtümer und kam schließlich zu der<br />

Überzeugung, <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> müsse abgeschafft werden.<br />

Beccaria's Arbeit wurde über <strong>die</strong> Grenzen Italiens bekannt und<br />

beeinflusste <strong>die</strong> Reformation der Justizsysteme. Das 19. Jahrhundert<br />

brachte dann auch in vielen Ländern <strong>die</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong>,<br />

<strong>die</strong> durch lebenslange Freiheitsstrafe ersetzt wurde.<br />

V. Nationalsozialismus und Nachkriegszeit<br />

Willkür und Grausamkeit der <strong>Todesstrafe</strong> wurden während der nationalsozialistischen Diktatur auf<br />

einen Höhepunkt getrieben. Während in Deutschland vor 1933 nur 3 Straftatbestände mit dem Tode<br />

geahndet werden konnten, stieg ihre Zahl nach der sogenannten "Machtergreifung" rapide an. Durch<br />

<strong>die</strong> 1940 erlassene "5. Verordnung <strong>zur</strong> Ergänzung des Kriegssonderstrafrechts" wurde <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong><br />

schließlich für alle Vergehen legalisiert. Seit <strong>die</strong>sem Jahr wurden etwa 16.000 zivile Todesurteilen<br />

verhängt und zwei Drittel von ihnen bis Kriegsende tatsächlich vollstreckt. 9.500 militärische Todesurteile<br />

kamen bis 1944 hinzu. Und auch medizinische Versuche in Konzentrationslagern konnten neben<br />

"wissenschaftlichen" Zwecken der gezielten Tötung des Probanden <strong>die</strong>nen (sog. "terminaler Versuch"),<br />

sofern der Häftling ohnehin exekutiert werden sollte.<br />

Dieser Willkür setzten <strong>die</strong> Alliierten 1945 ein Ende. Fortan konnte <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> in Deutschland<br />

ausschließlich nur für Mord verhängt werden. Auch sie selbst machten in den Nachkriegsprozessen<br />

mehrfach von ihr Gebrauch. So wurden 1946 im Nürnberger "Prozeß <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Hauptkriegsverbrecher"<br />

12 Todesurteile ausgesprochen, von denen 10 vollstreckt wurden. 1947 fällten <strong>die</strong> Richter des<br />

Nürnberger "Ärzteprozesses" 7 Todesurteile. Die Hinrichtung von Kriegsverbrechern und Kollaborateuren<br />

fand auch in vielen anderen europäischen Staaten statt.<br />

Noch unter dem Trauma des verheerenden<br />

Weltkrieges stehend, verabschiedete <strong>die</strong><br />

Generalversammlung der Vereinten Nationen<br />

1948 in Paris <strong>die</strong> "Allgemeine Erklärung der<br />

Menschenrechte". Sie definiert <strong>die</strong><br />

fundamentalen und von jeder Regierung der<br />

Welt zu schützenden Rechte eines jeden<br />

einzelnen Menschen. Zu ihnen zählen auch<br />

das Recht auf Leben, das Verbot der Folter<br />

und der Anspruch auf ein faires<br />

Gerichtsverfahren. Jedoch wurde <strong>die</strong><br />

<strong>Todesstrafe</strong> nicht ausdrücklich<br />

ausgeschlossen und war auch in Europa<br />

noch lange Zeit Bestandteil der nationalen<br />

Justizsysteme.<br />

QUELLEN ZU KAPITEL V<br />

Ritter, Ernst: "Justiz und innere Verwaltung", in: Enzyklopä<strong>die</strong> des Nationalsozialismus, hg. von Wolfgang Benz/ Herman<br />

Graml/ Hermann Weiß, 2. Aufl., Stuttgart 1998, S. 205 - 236.<br />

Wirth, Ingo: "<strong>Todesstrafe</strong>. Eine geschichtliche Spurensuche", Leipzig 2004.<br />

AUTOR KAPITEL V: Martin Schneider<br />

ZITIERHINWEIS<br />

Schneider, Martin: Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong> - Nationalsozialismus und Nachkriegszeit, in: Homepage des <strong>Netzwerk</strong>s<br />

<strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong>, http://www.amnesty.at/todesstrafe, Ausgabe Januar 2006, Wien 2006<br />

Seite 5


Die Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong><br />

VI. Die Entwicklung der <strong>Todesstrafe</strong> nach 1945<br />

1. Europa<br />

In der Bundesrepublik Deutschland wurde <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> erst durch das 1949 verabschiedete<br />

Grundgesetz abgeschafft. 34 Menschen waren seit 1946 hingerichtet worden. Die letzte Exekution<br />

fand 1949 statt. Wie jedoch <strong>die</strong> Versuche zu ihrer Wiedereinführung in den 1950er Jahren zeigen,<br />

war <strong>die</strong>se Abschaffung nicht unumstritten. Entsprechende Anträge wurden im Bundestag jedoch<br />

abgelehnt.<br />

In der ebenfalls 1949 gegründeten Deutschen Demokratischen Republik war <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> da<strong>gegen</strong><br />

weiterhin in Kraft. Sie konnte für Mord, Völkermord, Spionage oder Sabotage verhängt werden.<br />

Hingerichtet wurde zunächst durch <strong>die</strong> Guillotine, ab 1968 durch Erschießen. Erst im Sommer 1987<br />

wurde <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> auf Beschluß des Staatsrates mit sofortiger Wirkung abgeschafft. Die<br />

Volkskammer stimmte <strong>die</strong>ser Entscheidung noch im gleichen Jahr zu. Bis dahin waren 170 Personen<br />

hingerichtet worden. Die letzte Exekution hatte 1981 stattgefunden.<br />

Das letzte österreichische Todesurteil war 1950 vollstreckt worden.<br />

Am 24. März 1950 wurde der Raubmörder Johann Trka im Straflandesgericht in Wien erhängt .<br />

Allerdings gab es auch weitere Hinrichtungen innerhalb der US-Amerikanischen Besatzungszone<br />

nach alliiertem Recht. Die letzte Hinrichtung fand im Februar 1955 an einem Lageraufseher des KZ<br />

Mauthausen statt, der als Kriegsverbrecher verurteilt wurde.<br />

Doch noch im gleichen Jahr wurde <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für <strong>die</strong> zivile Justiz außer Kraft gesetzt. Allerdings<br />

stimmte der Nationalrat zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt nur mit einer 57%igen Mehrheit für ihre Abschaffung.<br />

1968 fiel das Votum <strong>zur</strong> Änderung des Strafrechts da<strong>gegen</strong> einstimmig aus. Damit waren auch <strong>die</strong><br />

militärischen Bestimmungen <strong>zur</strong> <strong>Todesstrafe</strong> aufgehoben.<br />

Großbritannien setzte 1949 eine Kommission <strong>zur</strong> Untersuchung der Problematik ein. Vorgeschriebene<br />

Hinrichtungsart war das Hängen des Verurteilten. Der "Murder Act" von 1965 schaffte <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong><br />

für Mord allerdings ab und ersetzte sie durch lebenslange Haft. Mehrere Versuche, sie für<br />

Mordverbrechen wieder einzuführen, scheiterten. Für Hochverrat blieb <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> allerdings in<br />

Kraft. 1998 wurde sie für alle Verbrechen aufgehoben.<br />

Aus den französischen Gesetzestexten verschwand <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> bereits 1981. Zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt<br />

noch ausstehende Exekutionen wurden in Haftstrafen umgewandelt. Zivile Todesurteile waren bislang<br />

noch immer mit der Guillotine vollstreckt worden, militärische durch das Erschießen des Delinquenten.<br />

Die letzte Hinrichtung hatte 1977 stattgefunden.<br />

Heute (2007) ist <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> innerhalb der Europäischen Union geächtet und wird in keinem<br />

Mitgliedsstaat mehr praktiziert. Sie ist durch <strong>die</strong> "Charta der Grundrechte der Europäischen Union"<br />

aus dem Jahre 2000 ausdrücklich untersagt. Die Protokolle 6 und 13 der europäischen<br />

Menschenrechtskonvention sehen ihre Abschaffung in Kriegs- und Friedenszeiten vor. Die Europäische<br />

Union engagiert sich für <strong>die</strong> weltweite Bekämpfung der <strong>Todesstrafe</strong>.<br />

2. Internationale Situation<br />

Weltweit halten jedoch noch viele Staaten an <strong>die</strong>ser veralteten und unmenschlichen Strafform fest,<br />

obwohl sie häufig an internationale Abkommen gebunden sind. Dazu zählen u.a. <strong>die</strong> "Allgemeine<br />

Erklärung der Menschenrechte", das "2. Zusatzprotokoll zum internationalen Pakt über bürgerliche<br />

und politische Rechte", <strong>die</strong> "Amerikanische Menschenrechtskonvention" oder das "6. Protokoll <strong>zur</strong><br />

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über <strong>die</strong> Abschaffung der<br />

<strong>Todesstrafe</strong>". Der höchste Prozentsatz - etwa 90% - der jährlichen Hinrichtungen konzentriert sich<br />

jedoch auf wenige Länder, zu denen auch <strong>die</strong> USA und China zählen.<br />

In den USA werden <strong>die</strong> Delinquenten je nach Bundesstaat auf dem elektrischen Stuhl oder durch<br />

Giftinjektion hingerichtet.Gaskammer und Galgen wurden inzwischen abgeschafft. Allerdings wird<br />

<strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> nicht in allen Staaten praktiziert. Nach Zweifeln an ihrer generellen Verfassungsmäßigkeit<br />

entschied der Supreme Court 1972, daß ihre Verfassungskonformität zwar grundsätzlich, aber nicht<br />

in der Praxis einiger Bundesstaaten gegeben sei. Während eines vierjährigen Moratoriums wurden<br />

anstehende Hinrichtungen ausgesetzt und <strong>die</strong> Justizsysteme der Einzelstaaten reformiert. 1977<br />

wurden <strong>die</strong> Exekutionen wieder aufgenommen. Die inzwischen 1.000. Hinrichtung fand am 2.<br />

Dezember 2005 statt. Im März 2005 hatte der Supreme Court allerdings <strong>die</strong> Exekution von zum<br />

Tatzeitpunkt minderjährigen Straftätern als verfassungswidrig erkannt.<br />

Seite 6


Die Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong><br />

China wiederum richtet nach Informationen von Amnesty International jährlich mehr Menschen hin,<br />

als alle übrigen Staaten zusammen. Exekutiert wird durch Erschießen oder eine Giftinjektion. Zwischen<br />

1990 und 1998 sollen mindestens 25.000 Todesurteile verhängt und 16.000 Menschen tatsächlich<br />

hingerichtet worden sein.<br />

Einen weiteren, traurigen Rekord hält der Stadtstaat Singapur. Hier kann für Mord, Drogenhandel,<br />

Hochverrat und Schusswaffendelikte hingerichtet werden. Seit 1991 wurden über 400 Personen<br />

gehängt. Laut einer UNO-Stu<strong>die</strong> für den Zeitraum von 1994 bis 1999 war <strong>die</strong> Hinrichtungsrate (auf<br />

1 Mio. Einwohner) in Singapur dreimal höher, als in Saudi-Arabien, dem zweitplatzierten Land auf<br />

<strong>die</strong>ser Liste. Dort wird nach den Vorgaben der Scharia durch Enthauptung oder Steinigung gerichtet.<br />

Auffallend ist <strong>die</strong> große Zahl der wegen Drogendelikten hingerichteten Personen. Ein Beweis für das<br />

Argument der angeblichen Effektivität der <strong>Todesstrafe</strong> im Kampf <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Drogenkriminalität wurde<br />

bislang allerdings nicht erbracht.<br />

Insgesamt halten derzeit noch über 67 Staaten an der zivilen und/ oder militärischen <strong>Todesstrafe</strong><br />

fest. 1988 waren es noch 118. In 130 Staaten ist sie heute abgeschafft oder wird nicht mehr praktiziert.<br />

1988 war das gerade einmal in 62 Staaten der Fall. Diese Zahlen belegen <strong>die</strong> größten Erfolge, denen<br />

der jahrzehntelange Kampf <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> den Weg geebnet hat. Ihm widmen sich<br />

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch, sowie eine<br />

Vielzahl politischer und privater Initiativen.<br />

Es ist egal, unter welchen politischen und juristischen Bedingungen, auf welchen Kontinenten oder<br />

in welchen Ländern <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> auch praktiziert wird: Sie verstößt in jedem Falle <strong>gegen</strong> fundamentale<br />

Menschenrechte wie das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit. Durch unfaire,<br />

un<strong>zur</strong>eichende und politisch motivierte Gerichtsverfahren trifft sie zu einem hohen Prozentsatz<br />

Unschuldige. Die Qualen der Haftzeit im Todestrakt, barbarische Hinrichtungsverfahren und<br />

dokumentierte Pannen selbst bei technisch hochentwickelten Exekutionsystemen fügen den Opfern<br />

unmenschliche Leiden zu. Und letztlich hat ein drohendes Todesurteil noch niemanden von einer<br />

Straftat abschrecken können.<br />

Sogar Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind nicht vor dem Versuch einer Wiedereinführung<br />

der <strong>Todesstrafe</strong> immun. So wurde sie in Polen zwar seit 1988 nicht mehr praktiziert und 1997 endgültig<br />

abgeschafft. Doch der Versuch ihrer <strong>gegen</strong> europäische Normen verstoßenden Wiedereinführung<br />

scheiterte 2004 im Parlament denkbar knapp mit einer Mehrheit von nur 3 Stimmen. In<br />

Meinungsumfragen hätten 77% der Bevölkerung einer Wiedereinführung zugestimmt.<br />

Da<strong>gegen</strong> zeigen Beispiele wie Kanada, daß auch andere Wege möglich sind: Dort wurde <strong>die</strong><br />

<strong>Todesstrafe</strong> für Mord zwar 1976 abgeschafft, doch trotzdem sank <strong>die</strong> Mordrate im Jahre 2001 unter<br />

das Niveau von 1975. Der Antrag, <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für Mord wieder einzuführen, war 1987 vom<br />

Unterhaus mehrheitlich abgelehnt worden. Die letzte Hinrichtung hatte 1962 stattgefunden. Allerdings<br />

konnten bis 1998 militärische Delikte auch weiterhin mit dem Tode bestraft werden.<br />

Wie <strong>die</strong>se wenigen Beispiele zeigen, gab es nach 1945 viele ermutigende Erfolge <strong>zur</strong> Abschaffung<br />

und Ächtung <strong>die</strong>ser Strafform. Allerdings warten auch viele Aufgaben und Probleme noch auf ihre<br />

Lösung - und <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> auf ihre endgültige Verbannung aus den Gesetzesbüchern und den<br />

Köpfen der Menschheit.<br />

QUELLEN ZU KAPITEL VI:<br />

amnesty international: "<strong>Todesstrafe</strong> in den USA", Frankfurt (Main) 1989.<br />

amnesty international: "Wenn der Staat tötet. <strong>Todesstrafe</strong> contra Menschenrechte.<br />

Ein Bericht von amenesty international", Frankfurt (Main) 1989.<br />

Duckstein, Stephanie: "Die <strong>Todesstrafe</strong> ist brutal und sinnlos", in: Deutsche Welle (06.10.2004).<br />

Erling, Johnny: "'Humane' Hinrichtung im Bus", in: Der Standard (11.03.2003).<br />

o.A.: "Nur knappe Mehrheit <strong>gegen</strong> <strong>Todesstrafe</strong>", in: Neues Volksblatt Online (23.10.2004).<br />

Wirth, Ingo: "<strong>Todesstrafe</strong>. Eine geschichtliche Spurensuche", Leipzig 2004.<br />

Seite 7


Die <strong>Todesstrafe</strong> geografisch<br />

Seite 8


Die <strong>Todesstrafe</strong> geografisch<br />

Die Statistik Stand April 2007:<br />

2005 2006<br />

Anzahl der Hinrichtungen weltweit: 2148 1591<br />

91% davon in folgenden Staaten: China, Iran, Pakistan, Irak, Sudan und <strong>die</strong> USA<br />

88 Staaten haben <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für alle Verbrechen abgeschafft<br />

11 Staaten haben <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für für alle gewöhnlichen Verbrechen abgeschafft<br />

(ausser z.B. für Kriegsverbrechen)<br />

29 Staaten haben <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> in der Praxis abgeschafft<br />

(sie behalten <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> per Gesetz bei,<br />

haben aber in den letzten 10 Jahren keine Hinrichtungen durchgeführt)<br />

in Summe sind es 128 Staaten welche <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft haben<br />

69 Staaten halten an der <strong>Todesstrafe</strong> fest und sprechen <strong>die</strong>se auch aus<br />

In den letzten Jahren haben im Durchschnitt 3 Staaten pro Jahr <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> per Gesetz abgeschafft<br />

Seite 9


<strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche<br />

STOPPT DIE HINRICHTUNG MINDERJÄHRIGER!<br />

Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> für jugendliche Straftäter<br />

„Napoleon ver<strong>die</strong>nt es nicht zu sterben. Ich weiß, dass<br />

Strafe sein muss, aber <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für einen 17jährigen?<br />

Menschen ändern sich... Das Leben eines<br />

Kindes zu nehmen – man kann einen 17-jährigen<br />

Jungen nicht mit denselben Maßstäben messen wie<br />

Sie oder mich... das Leben ist ein Lehrer. Und ich weiß,<br />

dass Napoleon selbst heute ein viel besserer Mensch<br />

ist, als er es damals war.“<br />

- Rena Beazley, in einem Interview mit amnesty international<br />

im Mai 2001 – ein Jahr vor der Hinrichtung ihres Sohnes<br />

Napoleon Beazley<br />

Napoleon Beazley wurde am 28. Mai 2002 in Texas wegen<br />

eines Verbrechens hingerichtet, das er acht Jahre zuvor<br />

im Alter von 17 Jahren begangen hatte.<br />

Napoleon Beazley hatte weder Vorstrafen noch war er zuvor durch gewalttätiges Verhalten aufgefallen.<br />

Aber bei seinem Prozess beschrieb ihn der weiße Ankläger vor der ausschließlich aus Weißen<br />

bestehenden Jury als „Tier“. Zeugen, <strong>die</strong> im Prozess aussagten, wiesen darauf hin, dass er sich<br />

bessern könne. Er war ein vorbildlicher Gefangener. Informationen über Napoleon Beazleys Fall sind<br />

nachzulesen in: amnesty international, United States of America: Too young to vote, old enough to<br />

be executed –Texas set to kill another child offender, Juli 2001,<br />

ai-Index AMR 51/105/2001.<br />

Napoleon Beazleys Prozess fand 1995 statt, das Jahr in dem der Menschenrechtsausschuss der<br />

Vereinten Nationen, der für <strong>die</strong> Überwachung der Einhaltung des Internationalen Paktes über<br />

bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) durch <strong>die</strong> Mitgliedsstaaten zuständig ist, <strong>die</strong> fortdauernde<br />

Anwendung der <strong>Todesstrafe</strong> in den USA <strong>gegen</strong> <strong>zur</strong> Tatzeit unter 18-Jährige „missbilligte“. Außerdem<br />

unterzeichneten <strong>die</strong> USA in <strong>die</strong>sem Jahr das Übereinkommen über <strong>die</strong> Rechte des Kindes und zeigten<br />

so ihre Bereitschaft an, <strong>die</strong>ses Dokument zu einem späteren Zeitpunkt zu ratifizieren. Wie der Internationale<br />

Pakt über bürgerliche und politische Rechte, so verbietet auch das Übereinkommen über <strong>die</strong><br />

Rechte des Kindes, das heute von allen Staaten der Welt – außer Somalia und den USA – ratifiziert<br />

worden ist, <strong>die</strong> Anwendung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Minderjährige, also Menschen, <strong>die</strong> eines Verbrechens<br />

für schuldig befunden wurden, bei dessen Begehung sie unter 18 Jahre alt waren.<br />

Die Hinrichtung von Kindern und Jugendlichen verletzt internationales Recht. Der internationale<br />

Konsens <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Praxis, unter 18-Jährige für ihre Verbrechen zu töten, ist <strong>die</strong> Folge der weit<br />

verbreiteten Anerkennung der Tatsache, dass junge Menschen sich noch entwickeln und ändern<br />

können. Das Leben minderjähriger Straftäter sollte man nie abschreiben, gleichgültig was sie getan<br />

haben. Der oberste Grundsatz muss darin bestehen, <strong>die</strong> Möglichkeiten von minderjährigen Straftätern<br />

zu maximieren, sich eines Tages erfolgreich in <strong>die</strong> Gesellschaft reintegrieren zu können. Eine<br />

Hinrichtung ist <strong>die</strong> äußerste Verweigerung <strong>gegen</strong> <strong>die</strong>ses Prinzip.<br />

Informationen über Napoleon Beazleys Fall sind nachzulesen in: amnesty international, United States of America: Too young to vote, old<br />

enough to be executed –Texas set to kill another child offender, Juli 2001,<br />

ai-Index AMR 51/105/2001.<br />

Seite 10<br />

Foto: Mike Moore


<strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche<br />

Wozu Aktionen <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> bei Jugendlichen?<br />

Das internationale Recht verbietet <strong>die</strong><br />

Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> unter<br />

18-Jährige, aber einige Staaten richten<br />

weiterhin minderjährige Straftäter hin oder<br />

verurteilen sie zumindest zum Tode. Als<br />

wichtiger Schritt in Richtung völlige und<br />

weltweite Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> hat<br />

amnesty international immer wieder Aktionen<br />

- zuletzt eine Aktion unter dem Titel „STOP<br />

CHILD EXECUTIONS! – STOPPT DIE<br />

HINRICHTUNGEN MINDERJÄHRIGER!“<br />

- von Januar 2004 bis September 2005.<br />

durchgeführt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Beendigung einer der<br />

abscheulichsten Erscheinungsformen der<br />

<strong>Todesstrafe</strong> forderten – ihre Verhängung<br />

<strong>gegen</strong> minderjährige Straftäter. Die Hinrichtungen von jugendlichen Straffälligen sind zwar nur ein<br />

kleiner Teil der weltweit durchgeführten Exekutionen. Im Jahre 2005, das aktuellste, für das weltweite<br />

Zahlen vorliegen, wurden zehn Hinrichtungen von minderjährigen Straftätern bekannt, bei insgesamt<br />

2.148 Exekutionen, <strong>die</strong> weltweit von amnesty international registriert wurden. In den 12 Jahren<br />

zwischen 1994 und 2005 hat amnesty international 35 Hinrichtungen von minderjährigen Straftätern<br />

in sieben Ländern registriert, ein winziger Teil der 29.679 Hinrichtungen, <strong>die</strong> im selben Zeitraum in<br />

etwa 70 Ländern registriert wurden. Sie stellen eine Missachtung eingegangener internationaler Verpflichtungen<br />

durch <strong>die</strong> Staaten dar, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Hinrichtungen durchführen, und sie sind ein Affront<br />

<strong>gegen</strong> alle Vorstellungen von Moral und Anstand was den Schutz von Jugendlichen anbetrifft, <strong>die</strong><br />

eine der verletzlichsten Gruppen der Gesellschaft sind.<br />

Gibt es immer weniger Hinrichtungen von minderjährigen Straftätern?<br />

Die Regierungen haben in wachsendem Maße ihren Respekt vor dem Verbot, minderjährige Straftäter<br />

hin<strong>zur</strong>ichten, gezeigt, indem sie einschlägige internationale Abkommen ratifiziert haben und ihre<br />

nationalen Gesetze so änderten, dass <strong>die</strong>ses Verbot beachtet wurde.<br />

Von der sich ständig verringernden Zahl der Staaten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> beibehalten, haben sich<br />

fast alle dazu verpflichtet, sie nicht <strong>gegen</strong> Jugendliche anzuwenden, was <strong>die</strong> Überzeugung widerspiegelt,<br />

dass das Leben von minderjährigen Straftätern – wegen der Unreife, Impulsivität,<br />

Verletzlichkeit und der Besserungsmöglichkeiten junger Menschen – niemals einfach abgeschrieben<br />

werden sollte.<br />

Seit Anfang 1989 haben mindestens fünf Staaten ihre Gesetze so geändert, dass sie <strong>die</strong> Verhängung<br />

der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> minderjährige Straftäter ausschließen (siehe Kasten). Iran hat einen Schritt<br />

in <strong>die</strong>selbe Richtung unternommen, indem eine Gesetzesvorlage eingebracht wurde, durch <strong>die</strong> das<br />

Mindestalter für <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> auf 18 Jahre angehoben würde.<br />

Es gab auch einen Trend <strong>zur</strong> Anhebung des Mindestalters auf 18 Jahre auf der Ebene der US-<br />

Bundesstaaten: Zuletzt hatten <strong>die</strong>s Montana im Jahre 1999, Indiana im Jahre 2000 und Wyoming<br />

sowie South Dakota Anfang März 2004 getan. Am 1. März 2005 entschied der Oberste Gerichtshof<br />

der USA, dass <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche unter 18 Jahren verfassungswidrig<br />

ist. Seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen in den USA im Jahre 1977 hat kein Bundesstaat das<br />

Mindestalter gesenkt. Über den Trend in den US-Bundesstaaten, ein Mindestalter von 18 Jahren<br />

festzulegen, siehe United States of America: Indecent and internationally illegal – the death penalty<br />

against child offenders, September 2002,<br />

ai-Index AMR 51/143/2002, S. 15-25, 103.<br />

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<strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche<br />

Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> für minderjährige Straftäter im nationalen Gesetz<br />

1989 – Barbados ändert sein Jugend-Strafgesetzbuch dahingehend, dass das Mindestalter<br />

für <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> auf 18 Jahre zum Zeitpunkt der Begehung der Tat<br />

angehoben wird.<br />

1994 – Jemen hebt im Strafgesetzbuch das Mindestalter auf 18 Jahre zum Zeitpunkt der<br />

Begehung der Tat an.<br />

1994 – Simbabwe hebt in der Strafprozessordnung das Mindestalter auf 18 Jahre zum<br />

Zeitpunkt der Begehung der Tat an.<br />

1997 – China änderte sein Strafgesetzbuch so, dass <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für Angeklagte,<br />

<strong>die</strong> zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt waren, abgeschafft wurde.<br />

2000 – Pakistan verabschiedete im Jahre 2000 <strong>die</strong> Verordnung zum Jugendstrafsystem<br />

und schaffte damit in den meisten Landesteilen <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für zum Tatzeitpunkt<br />

unter 18-Jährige ab.<br />

2005 – Der Oberste Gerichtshof der USA entschied, dass <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong><br />

<strong>gegen</strong> Jugendliche unter 18 Jahren verfassungswidrig ist.<br />

„Der überwältigende internationale Konsens, dass <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> nicht <strong>gegen</strong> minderjährige<br />

Straftäter verhängt werden darf, entspringt der Erkenntnis, dass junge Menschen<br />

wegen ihrer Unreife möglicherweise <strong>die</strong> Folgen ihres Handelns nicht im vollen Umfang<br />

verstehen und daher weniger harten Sanktionen als Erwachsene unterworfen werden<br />

sollten. Noch wichtiger ist, dass <strong>die</strong>se Überzeugung den festen Glauben widerspiegelt,<br />

dass junge Menschen sich noch eher ändern können und daher ein größeres Potenzial<br />

<strong>zur</strong> Rehabilitierung als Erwachsene haben.“<br />

Mary Robinson, frühere Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen Erklärung<br />

von Mary Robinson, in der sie um <strong>die</strong> Begnadigung der in den USA zum Tode verurteilten minderjährigen<br />

Straftäter T. J. Jones und Toronto Patterson bat. Büro der Hohen Kommissarin für<br />

Menschenrechte, Presseerklärung vom 1. August 2002.<br />

Wo wurden minderjährige Straftäter hingerichtet?<br />

Die große Mehrheit der Staaten, <strong>die</strong> noch an der <strong>Todesstrafe</strong> festhalten, richtet keine Minderjährigen<br />

mehr hin, aber in einigen Ländern sind Jugendliche noch immer nicht vollständig vor der <strong>Todesstrafe</strong><br />

sicher. Im Zeitraum 1990 bis 2006 hat amnesty international insgesamt 53 Hinrichtungen von<br />

minderjährigen Straftätern in neun Staaten registriert – 19 davon in den USA und 22 im Iran. Aber<br />

selbst in den USA waren solche Hinrichtungen nicht weit verbreitet: 19 der 38 US-Bundesstaaten,<br />

in deren Gesetzen es noch <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> gibt, schlossen bereits vor der generellen Abschaffung<br />

ihre Verhängung bei minderjährigen Straftätern aus; <strong>die</strong>s war auch bei den Bundesgesetzen der Fall<br />

und nur drei Staaten – Oklahoma, Texas und Virginia – hatten nach 1999 noch minderjährige Straftäter<br />

hingerichtet.<br />

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<strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche<br />

Inwiefern verletzt <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> bei minderjährigen Straftätern<br />

internationales Recht?<br />

Ein Staat, der minderjährige Straftäter zum Tode verurteilt oder hinrichtet, kann internationales Recht<br />

in dreierlei Weise verletzen: I. Er verletzt seine vertraglichen Verpflichtungen;<br />

II. Er verletzt Völkergewohnheitsrecht; und III.: Er verletzt eine zwingende Norm des Völkerrechts<br />

(ius cogens).<br />

Durch den Beitritt zu einem internationalen Abkommen (Vertrag) geht ein Staat <strong>die</strong> Verpflichtung<br />

ein, dessen Vorschriften zu beachten. Fast alle Staaten haben ein oder mehrere Abkommen ratifiziert,<br />

<strong>die</strong> ausdrücklich <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> bei minderjährigen Straftätern verbieten. Deshalb<br />

haben sich fast alle Staaten nach internationalem Recht förmlich dazu verpflichtet, <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong><br />

nicht <strong>gegen</strong> minderjährige Straftäter anzuwenden.<br />

Außerdem bekräftigt amnesty international, dass der Ausschluss minderjähriger Straftäter von der<br />

<strong>Todesstrafe</strong> in Gesetz und Praxis nunmehr schon auf so breite Akzeptanz stößt, dass er zu einer<br />

Regel des "Völkergewohnheitsrechts" geworden ist, d. h. einer Regel, <strong>die</strong> aus einer staatlichen<br />

Praxis entstanden ist und eingehalten wird, weil man sie als gesetzlich verbindlich betrachtet (opinio<br />

juris). Eine Regel des Völkergewohnheitsrechts bindet daher jeden Staat, es sei denn, dass ein Staat<br />

der in Frage stehenden Regel „dauernd widersprochen“ hat.<br />

Im Jahr 2000 nahm <strong>die</strong> Unterkommission <strong>zur</strong> Förderung und zum Schutz der Menschenrechte der<br />

Vereinten Nationen eine Resolution an, in der sie feststellt, dass „<strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong><br />

<strong>gegen</strong> Personen, <strong>die</strong> <strong>zur</strong> Tatzeit noch nicht 18 Jahre alt sind, <strong>gegen</strong> das "Völkergewohnheitsrecht"<br />

verstößt und <strong>die</strong> Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen dazu auffordert, <strong>die</strong>se Feststellung<br />

zu bestätigen (Resolution 2000/17 vom 17. August 2000). Im Jahr 2004 „bekräftigte“ <strong>die</strong><br />

Menschenrechtskommission <strong>die</strong> Resolution 2000/17 der Unterkommission „zum (in den Worten der<br />

Kommission) internationalen Recht und der Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> zum<br />

Zeitpunkt der Begehung der Straftat unter 18 waren“ (Resolution 2004/67 vom 21. April 2004, § 2).<br />

Schließlich sind einige Regeln des internationalen Rechts so wichtig, dass sie als „zwingende Normen“<br />

betrachtet werden. Diese Normen sind auch als ius cogens bekannt und alle Staaten sind unter allen<br />

Umständen dazu verpflichtet, sich an <strong>die</strong>se Normen zu halten. Im Wiener Übereinkommen über das<br />

Recht der Verträge wird eine Norm des ius cogens folgendermaßen definiert: „...eine Norm, <strong>die</strong> von<br />

der internationalen Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit angenommen und anerkannt wird als<br />

eine Norm, von der nicht abgewichen werden darf und <strong>die</strong> nur durch eine spätere Norm des allgemeinen<br />

Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden kann“. amnesty international meint, dass das<br />

Verbot der Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> minderjährige Straftäter als eine solche Norm angesehen<br />

werden sollte.<br />

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<strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> Jugendliche<br />

Welche Staaten machen immer noch bei minderjährigen Straftätern von der <strong>Todesstrafe</strong><br />

Gebrauch?<br />

Von sechs Staaten - China, Iran, der Demokratische Republik Kongo, Pakistan, Sudan und den USA<br />

- ist bekannt, dass sie seit dem Jahre 2000 minderjährige Straftäter hingerichtet haben. Bis <strong>zur</strong><br />

Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> auf den Philippinen im Juni 2006 gab es dort ebenfalls Jugendliche in<br />

den Todeszellen.<br />

Die unten aufgeführten Länderkapitel geben Informationen über <strong>die</strong> Anwendung der <strong>Todesstrafe</strong> bei<br />

minderjährigen Straftätern in jedem <strong>die</strong>ser Staaten, über <strong>die</strong> einschlägigen internationalen Abkommen,<br />

denen das Land beigetreten ist und darüber, was <strong>die</strong> Überwachungsgremien, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong>se<br />

Abkommen eingesetzt wurden, über <strong>die</strong> Anwendung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> minderjährige Straftäter<br />

in dem betreffenden Land gesagt haben.<br />

Alle Staaten außer den USA und Somalia sind einem oder beiden internationalen Abkommen von<br />

weltweitem Geltungsbereich beigetreten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> <strong>gegen</strong> minderjährige<br />

Straftäter verbieten, ohne einen ausdrücklichen Vorbehalt <strong>gegen</strong> <strong>die</strong>ses Verbot einzulegen. Wie oben<br />

erwähnt, handelt es sich bei <strong>die</strong>sen Abkommen um den Internationalen Pakt über bürgerliche und<br />

politische Rechte, wo das Verbot in Artikel 6, Absatz 5 enthalten ist und das Übereinkommen über<br />

<strong>die</strong> Rechte des Kindes, wo das Verbot in Artikel 37 a steht.<br />

Die Mitgliedsstaaten <strong>die</strong>ser Abkommen müssen regelmäßig Berichte über <strong>die</strong> Maßnahmen vorlegen,<br />

<strong>die</strong> sie eingeleitet haben, um den Vorschriften des Abkommens Geltung zu verschaffen. Diese Berichte<br />

werden von Expertengremien geprüft, <strong>die</strong> <strong>zur</strong> Überwachung <strong>die</strong>ser Abkommen gebildet wurden –<br />

dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen bzw. dem Ausschuss für <strong>die</strong> Rechte des<br />

Kindes der Vereinten Nationen.<br />

Wenn Repräsentanten der Regierungen, <strong>die</strong> minderjährige Straftäter hingerichtet haben, während<br />

der Prüfung der Berichte ihrer Länder vor <strong>die</strong>sen Ausschüssen erschienen sind, haben sie es allgemein<br />

vermieden, <strong>die</strong>ses Thema anzusprechen oder haben verwirrende Antworten gegeben. Diese<br />

ausweichenden Antworten zeigen, dass <strong>die</strong> Verantwortlichen sich der Tatsache bewusst sind, dass<br />

ihr Land dazu verpflichtet ist, das Verbot zu beachten. Nur <strong>die</strong> USA haben offen zugegeben,<br />

minderjährige Straftäter hingerichtet zu haben, und für sich in Anspruch genommen, das Recht zu<br />

haben, so zu verfahren. Wie <strong>die</strong> Grafik zeigt, hat der Iran mehr minderjährige Straftäter hingerichtet<br />

als alle anderen Staaten zusammen.<br />

Grafik: Bekannt gewordene Hinrichtungen minderjähriger Straftäter seit 2000 (Stand: März 2007)<br />

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Foto: desmainsunies.com<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> in den USA<br />

Arnold Schwarzenegger und <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong><br />

Im Jänner 2005 stimmte der Gouverneur von Kalifornien und ehemaliger „Terminator“-Darsteller<br />

Arnold Schwarzenegger der ersten Hinrichtung seiner Amtszeit und der ersten seit drei Jahren zu.<br />

Der 61-jährige Donald Beardslee starb als elfter seit Einführung der <strong>Todesstrafe</strong> im Jahre 1978 durch<br />

<strong>die</strong> Giftspritze.<br />

Kurz nach der Hinrichtung gab Schwarzenegger folgendes Interview.<br />

„Ich repräsentiere als Gouverneur ein Volk, dessen überwiegende<br />

Mehrheit für <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> ist.<br />

Nichts in seinem Gnadengesuch hat mich davon überzeugt, dass<br />

er sich der Schwere seiner Tat nicht bewusst war oder der Tatsache,<br />

dass <strong>die</strong>ses abscheuliche Verbrechen falsch war“.<br />

Die Hinrichtung des ehemaligen Gründers einer Straßengang und späteren Kinderbuchautor Tookie<br />

Williams hat im Dezember 2005 weltweit Aufsehen erregt. Warum gelang es am Ende nicht, sein<br />

Leben zu retten?<br />

Es gab Stimmen, <strong>die</strong> seine Hinrichtung aus<br />

Gründen der Politik sahen. Die Ablehnung seines<br />

Gnadengesuchs beruhte unter anderem darauf,<br />

dass sich Williams auf den südafrikanischen<br />

Nelson Mandela sowie den Black-Panther-<br />

Aktivisten George Jackson berief. Als Protagonist<br />

des rechten Flügels der Republikanischen Partei<br />

konnte Schwarzenegger keine Gnade walten<br />

lassen.<br />

Er ist blind, taub und sitzt im Rollstuhl. Trotzdem<br />

lehnt Gouverneur Schwarzenegger eine<br />

gerichtliche Anhörung für ein Gnadengesuch ab.<br />

Der 75-jährige Clarence Ray Allen wird im Jänner<br />

2006 hingerichtet.<br />

Viele Künstler, unter anderem<br />

SNOOP DOG, setzten sich für Tookie ein<br />

Photo: FullosseousFlap’s<br />

Ende März 2007 hob ein Bundesrichter<br />

den Vollzug der <strong>Todesstrafe</strong><br />

vorübergehend auf, weil Todesspritzen<br />

möglicherweise verfassungswidrig<br />

seien. Der 8. Zusatz <strong>zur</strong> US-Verfassung<br />

verbietet grausame und<br />

außergewöhnliche Bestrafung.<br />

Die Konsequenz von Arnold<br />

Schwarzenegger: Ankündigung<br />

mehrerer Schritte, darunter eine<br />

bessere Ausbildung des<br />

Hinrichtungspersonals, um P a n n e<br />

n bei der Verabreichung der Spritze<br />

zu vermeiden.<br />

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So sieht eine Petitionsliste aus, <strong>die</strong> von ai an <strong>die</strong> zuständigen Behörden weitergeleitet wird.<br />

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Die <strong>Todesstrafe</strong> in ASIEN<br />

SÜDKOREA – vor der Entscheidung, <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> abzuschaffen!<br />

Südkorea ist an einem entscheidenden Punkt bezüglich Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> angelangt. Der<br />

Rechtsausschuss des Parlaments, der in der Vergangenheit <strong>die</strong> Verabschiedung des Gesetzentwurfs<br />

blockiert hat, befasst sich endlich damit.<br />

Bereits im November 2001 stimmten 155 von damals 273 Parlamentsabgeordneten für einen<br />

Gesetzentwurf <strong>zur</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> für alle Straftaten. Die vom Parlament abgestimmten<br />

Gesetzentwürfe müssen aber <strong>zur</strong> Diskussion und Abstimmung einem Rechtsausschuss vorgelegt<br />

werden. Erst dann geht er <strong>zur</strong> entscheidenden Abstimmung <strong>zur</strong>ück ins Parlament. Obwohl 2001 <strong>die</strong><br />

Mehrheit der Mitglieder der 16. Nationalversammlung für <strong>die</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> stimmten,<br />

wurde der Gesetzentwurf vom Rechtsausschuss nicht diskutiert und verfiel nach Ablauf der Wahlperiode<br />

im April 2004.<br />

Im Dezember 2004 brachten 175 von 299 Abgeordneten der 17. Nationalversammlung den Entwurf<br />

für das Sondergesetz <strong>zur</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> aus humanitären und religiösen Gründen<br />

erneut ein. Jetzt diskutierte erstmals ein Unterausschuss des Rechtsausschusses den Entwurf und<br />

kündigte eine öffentliche Anhörung im Parlament an.<br />

Die Mehrheit der Parlamentsabgeordneten<br />

ist zwar für <strong>die</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong>,<br />

aber Parlamentarierinnen und<br />

Parlamentarier sind für öffentlichen Druck<br />

anfällig. Meinungsumfragen haben gezeigt,<br />

dass in Südkorea fast 60 Prozent der<br />

Bevölkerung für <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> plä<strong>die</strong>ren,<br />

wo<strong>gegen</strong> allerdings in letzter Zeit prominente<br />

Meinungsführer stark da<strong>gegen</strong> auftreten.<br />

Zeitungsberichte, offene Briefe,<br />

Fernsehauftritte sollen der Öffentlichkeit klar<br />

machen, dass durch <strong>die</strong> Abschaffung der<br />

<strong>Todesstrafe</strong> Recht und Ordnung nicht<br />

gefährdet sind. So tritt auch der ehemalige<br />

Präsident Kim Dae-jung, heute<br />

Friedensnobelpreisträger, doch vor Jahren<br />

selbst im Todestrakt, vehement für <strong>die</strong><br />

Abschaffung ein.<br />

Am 21. Februar 2006 gab das Justizministerium eine Pressemitteilung heraus, dass eine grundlegende<br />

und eingehende Untersuchung über <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> durchgeführt wird, da es den Wunsch <strong>zur</strong><br />

Abschaffung <strong>die</strong>ser in der Gesellschaft gäbe. Das Justizministerium kündigte an, dass es im Juni<br />

2006 eine öffentliche Anhörung durchführen und deren Ergebnisse dem Rechtsausschuss zuleiten<br />

werde. Der 13-köpfige Rechtsausschuss muss für den Gesetzentwurf stimmen, bevor er dann dem<br />

Parlament vorgelegt wird.<br />

Seit seiner Unabhängigkeit im Jahre 1948 wurden in Südkorea mindestens 900 Menschen hingerichtet,<br />

<strong>die</strong> meisten durch den Strang. Die letzten Hinrichtungen an 23 Menschen fanden im Dezember 1997<br />

statt Unter Präsident Kim Dae-jung trat ein inoffizielles Hinrichtungsmoratorium in Kraft. Während<br />

der <strong>gegen</strong>wärtigen Amtszeit von Präsident Roh Moo-hyun fanden zwar auch keine Exekutionen statt,<br />

es wurden jedoch 2005 mindest 3 Menschen zum Tode verurteilt und Ende 2005 gab es mindestens<br />

63 zum Tode Verurteilte.<br />

Die Verabschiedung <strong>die</strong>ses historischen Gesetzentwurfs läge im internationalen Trend <strong>zur</strong> weltweiten<br />

Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong>. Sie würde auf ganz Asien ausstrahlen und Initiativen in <strong>die</strong>ser Region<br />

enorm stärken. Die internationale Gemeinschaft erwartet eine Zustimmung des Rechtsausschusses,<br />

damit zum ersten Mal ein Gesetz <strong>zur</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> im Nordosten Asiens in Kraft treten<br />

kann.<br />

Seite 18


Mr. JO Soon-hyeong<br />

National Assembly Member’s Office Bldg. Yeouid<br />

Seoul 150-702, Republic of Korea<br />

Fax. 0082-2-918-6878<br />

Wien, 28.02.2007<br />

Sehr geehrter Mr. Jo Soon-hyeong,<br />

ich möchte meine Freude darüber ausdrücken, dass es in Ihrem Land ernsthafte Bestrebungen<br />

gibt, <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> für alle Straftaten abzuschaffen. Durch <strong>die</strong>sen historischen Schritt<br />

würde sich Ihr Land in eine Liste von weltweit 130 Staaten einreihen, welche <strong>die</strong>se<br />

Strafform bereits per Gesetz abgeschafft haben oder in der Praxis nicht mehr anwenden.<br />

Hinrichtungen wurden im Jahre 2005 nur noch in 24 Staaten vollstreckt. Besonders in<br />

Nordostasien würde Ihr Land dadurch sogar eine führende Rolle in der Abschaffung der<br />

<strong>Todesstrafe</strong> übernehmen.<br />

Ich respektiere zwar das Recht der Behörden, Straftäter zu verfolgen. Doch <strong>die</strong> häufig<br />

propagierte abschreckende Wirkung der <strong>Todesstrafe</strong> konnte bislang durch keine Stu<strong>die</strong><br />

belegt werden. Stattdessen ist <strong>die</strong> Gefahr von Fehlurteilen und der Hinrichtung unschuldiger<br />

Menschen äußerst hoch. Und Todeskandidaten - egal ob unschuldig oder nicht - müssen<br />

oft jahrelang unter unmenschlichen Bedingungen auf ihre Hinrichtung warten. Auch für<br />

sie gelten Menschenrechte wie das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit.<br />

Durch <strong>die</strong> Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> in Südkorea würde ein unmissverständliches<br />

Zeichen <strong>zur</strong> Achtung der Menschenrechte gesetzt, das auch <strong>die</strong> Arbeit regionaler<br />

Menschenrechtsinitiativen stärkt. Denn leider ist der internationale Trend, von der<br />

<strong>Todesstrafe</strong> Abstand zu nehmen, im asiatischen Raum bislang leider nicht zu beobachten.<br />

Deshalb appelliere ich an <strong>die</strong> Mitglieder des vom südkoreanischen Parlament eingesetzten<br />

Rechtsausschusses, der Abschaffung <strong>die</strong>ser unmenschlichen und archaischen Strafform<br />

zuzustimmen!<br />

Mit freundlichen Grüßen,<br />

amnesty international Österreich<br />

<strong>Netzwerk</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong><br />

Cc: AN sang-soo, JOO Sung-young, KIM ding-cheol, LEE Jong-Kul,<br />

NA Kyung-won, BAN Ki-moon, LEE Ju-young, PARK Sei-hwan,<br />

CHOI Byung-gook, KIM Sung-ho, President ROH Moo-hyun<br />

1150 Wien, Moeringgasse 10, Tel. +43 1 78008, Fax. +43 1 78008 44, ,<br />

amnesty international ist Trägerin des Friedensnobelpreises und hat beratenden Status bei den Vereinten Nationen<br />

Seite 19


Die <strong>Todesstrafe</strong> in ASIEN<br />

China<br />

China ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und des<br />

Übereinkommens über <strong>die</strong> Rechte des Kindes.<br />

Im Mai 1996 drückte der Ausschuss für <strong>die</strong> Rechte des Kindes der Vereinten Nationen seine Besorgnis<br />

darüber aus, „dass <strong>die</strong> nationalen Gesetze Chinas zuzulassen scheinen, Kinder zwischen 16 und<br />

18 zum Tode mit zweijährigem Vollstreckungsaufschub zu verurteilen“. Der Ausschuss empfahl, <strong>die</strong><br />

Gesetze zu überprüfen um sicherzustellen, dass sie mit Artikel 37 des Übereinkommens über <strong>die</strong><br />

Rechte des Kindes konform gehen. UN-Dokument CRC/C/15/Add.56, paras 21, 42. Der Ausschuss<br />

erklärte ferner, dass „<strong>die</strong> Verhängung der <strong>Todesstrafe</strong> auf Bewährung <strong>gegen</strong> Kinder eine grausame,<br />

unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe darstellt“.<br />

Im Oktober 1997 trat eine Neuregelung des Strafgesetzbuchs in Kraft, durch <strong>die</strong> <strong>die</strong> Praxis der<br />

Todesurteile mit zweijährigem Vollstreckungsaufschub <strong>gegen</strong> zum Tatzeitpunkt 16- und 17-Jährige<br />

abgeschafft wurde. Zuvor war <strong>die</strong>se Möglichkeit in §44 des chinesischen Strafgesetzbuchs vorgesehen,<br />

„wenn das Verbrechen besonders schwerwiegend ist“.<br />

Nach 1997 eingegangene Berichte legen jedoch nahe,<br />

dass auch weiterhin Personen, <strong>die</strong> zum Tatzeitpunkt<br />

unter 18 Jahre alt waren, hingerichtet werden, weil <strong>die</strong><br />

Gerichte nicht genügend Sorgfalt auf <strong>die</strong> Feststellung<br />

des Alters der Angeklagten verwenden. Einige untere<br />

Gerichte scheinen <strong>die</strong> „Erläuterung bezüglich<br />

spezifischer Fragen der Anwendung des Rechts bei<br />

der Behandlung von Jugendstrafsachen“ des Obersten<br />

Volksgerichtshofes vom 2. Mai 1995 nicht beachtet zu<br />

haben, in der es heißt: „Bei der Behandlung von<br />

Jugendstrafsachen sollte das Alter der Angeklagten<br />

zum Tatzeitpunkt als wichtige Tatsache behandelt und<br />

vollständig geklärt werden ... wenn es nicht klar<br />

festgestellt werden kann und es sich darauf auswirken<br />

könnte, ob Anklage erhoben wird oder nicht oder welche<br />

Strafe von der Anklagevertretung gefordert wird, so soll<br />

<strong>die</strong>se Frage an <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft <strong>zur</strong> weiteren<br />

Klärung <strong>zur</strong>ückgegeben werden“.<br />

Zwei minderjährige Straftäter wurden in den Jahren 2003 und 2004 hingerichtet. Im März 2003<br />

berichtete <strong>die</strong> „Habei Legal Daily“ darüber, dass der 18 Jahre und drei Monate alte Zhao Lin im Januar<br />

2003 wegen eines Mordes hingerichtet wurde, den er im Mai 2000 begangen hatte, als er 16 Jahre<br />

alt war. Der Mord hatte sich im Bezirk Funing in der Provinz Jiangsu ereignet. Presseberichte über<br />

<strong>die</strong>sen Fall deuten darauf hin, dass dem Gericht und der Polizei vollkommen klar war, dass Zhao Lin<br />

zum Tatzeitpunkt noch nicht 18 Jahre alt war, aber laut den genannten Presseberichten scheinen<br />

<strong>die</strong> Beamten nichts von den gesetzlichen Vorschriften gewusst zu haben, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Hinrichtung von<br />

minderjährigen Straftätern verbieten, deshalb wurde er trotzdem hingerichtet.<br />

Im zweiten Fall wurde Gao Pan, ein Bauer aus dem Dorf Liguo im Bezirk Gaoyang in der Provinz<br />

Hebei am 8. März 2004 für ein Verbrechen hingerichtet, das er am 9. August 2001 begangen hatte.<br />

Damals hatte er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet.<br />

Gao Pan wurde zunächst vom Mittleren Volksgericht der Stadt Baoding zum Tode verurteilt, weil er<br />

für schuldig befunden wurde, am 9. August 2001 einen Nachbarn bei einem versuchten Raub<br />

umgebracht zu haben. Gao legte Berufung <strong>gegen</strong> <strong>die</strong>ses Strafmaß ein. Er berief sich darauf, dass<br />

er zum Tatzeitpunkt noch keine 18 Jahre alt war und deshalb eine leichtere Strafe erhalten müsse.<br />

Seite 20<br />

Foto:ai


Die <strong>Todesstrafe</strong> in ASIEN<br />

Zu den Beweisen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Anklagebehörde vorlegte, um zu belegen, dass Gao zum Tatzeitpunkt 18<br />

Jahre alt war, gehörte eine Haushaltsregistrierungsurkunde, <strong>die</strong> von Gaos Familienoberhaupt, seinem<br />

Großvater Gao Baixue, unterschrieben war. Eine Untersuchung der Urkunde – <strong>die</strong> nicht einmal den<br />

genauen Tag im August 1983 angab, der Monat, in dem Gao angeblich geboren sein soll – durch<br />

<strong>die</strong> zuständigen Behörden in Beijing und Tianjin deutete jedoch darauf hin, dass <strong>die</strong> Unterschrift<br />

gefälscht war. Nach Presseberichten hatte <strong>die</strong>selbe Behörde, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Haushaltsregistrierungsurkunde<br />

ausgestellt hatte, auch mehrere andere Urkunden herausgegeben, <strong>die</strong> unrichtige Daten enthielten,<br />

dazu zählten auch Geburtsdaten in offiziellen Personalausweisen.<br />

In urkundlichen Nachweisen, <strong>die</strong> von der Polizeibehörde zum Zeitpunkt von Gaos Verhaftung eingeholt<br />

wurden, wird der 11. August 1983 als sein Geburtsdatum nach dem traditionellen Mondkalender<br />

angegeben – was dem 6. September 1983 nach dem westlichen Kalender entspricht. Neben den<br />

Zweifeln über das Alter des Angeklagten wegen sich widersprechenden Angaben in amtlichen<br />

Dokumenten ver<strong>die</strong>nt <strong>die</strong> Tatsache Beachtung, dass zusätzliche Verwirrung durch <strong>die</strong> Verwendung<br />

verschiedener Kalender entstand. Außerdem sagte Gao sowie seine Familie und seine Nachbarn<br />

übereinstimmend aus, dass er nach der chinesischen Astrologie im Jahr der Ratte geboren sei, was<br />

dem Jahr 1984 entsprechen würde. Andere amtliche Dokumente, wie Gaos Grundschulzeugnisse,<br />

<strong>die</strong> von Provinzbehörden geführt werden, geben den 11. August 1984 als sein Geburtsdatum an, ein<br />

volles Mondjahr nach den anderen Daten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Gerichte als sein wahres Geburtsdatum annahmen.<br />

Gao, seine Familie und sein Rechtsanwalt<br />

beantragten, weitere Untersuchungen <strong>zur</strong> Ermittlung<br />

des tatsächlichen Alters anzustellen und boten<br />

an, <strong>die</strong> Kosten für einen Test <strong>zur</strong> Altersfeststellung<br />

durch <strong>die</strong> Untersuchung einer Knochengewebeprobe<br />

zu übernehmen. Alle <strong>die</strong>se Anträge wurden vom<br />

Oberen Volksgericht der Provinz Hebei abgelehnt.<br />

Das Gericht stellte fest, dass <strong>die</strong><br />

Haushaltsregistrierungsurkunde als Beweismittel<br />

„verlässlicher als ein Geständnis“ sei und es daher<br />

„nicht mehr nötig“ wäre, Knochengewebetests<br />

durchzuführen.<br />

Einem Bericht zufolge legte Gaos Rechtsanwalt bei<br />

der Berufungsverhandlung am 24. April 2003 32<br />

Beweisstücke vor, um <strong>die</strong> Behauptung zu<br />

untermauern, dass Gao zum Tatzeitpunkt noch keine<br />

18 Jahre alt war. Die Berufung wurde jedoch<br />

<strong>zur</strong>ückgewiesen und das Urteil bestätigt.<br />

Gao und sein Rechtsanwalt informierten das Gericht Berichten zufolge darüber, dass sie den Obersten<br />

Volksgerichtshof und den Nationalen Volkskongress darum ersuchen wollten, weitere Ermittlungen<br />

bezüglich Gaos Alter anzustellen, einschließlich einer Analyse von Gaos Knochengewebe. Als der<br />

Rechtsanwalt in Beijing war, erfuhr er jedoch am 12. März 2004, dass Gao am 8. März 2004<br />

hingerichtet worden war.<br />

Mehrere führende chinesische Rechtsgelehrte und Juristen haben <strong>die</strong>sen Fall kommentiert. So sagte<br />

beispielsweise Professor He Jiahong von der Akademie der Rechte an der Volksuniversität China:<br />

„Weil es in <strong>die</strong>sem Fall um <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> ging, denke ich, dass <strong>die</strong> Beweiskriterien strenger als in<br />

einer gewöhnlichen Strafsache hätten sein müssen. ... Wenn einem Menschen das Leben genommen<br />

werden soll, muss <strong>die</strong> Feststellung wichtiger Tatsachen in <strong>die</strong>sem Fall in Übereinstimmung mit den<br />

Gesetzen und Vorschriften unseres Landes erfolgen. Die Beweise müssen ausreichen, eindeutig<br />

sein und sollten hohen Standards genügen. Erst wenn es keinen Raum für Zweifel gibt, sollte gesagt<br />

werden können, dass <strong>die</strong>se Standards erreicht sind. Was <strong>die</strong>sen Fall angeht, so bin ich persönlich<br />

nicht der Meinung, dass <strong>die</strong>se Standards erreicht wurden.“<br />

Seite 21<br />

Foto: CIPFG


Petition an PAKISTAN<br />

Seite 22<br />

Eure Exzellenz,<br />

<strong>die</strong> Anwendung der <strong>Todesstrafe</strong> an Jugendlichen, das sind all jene, <strong>die</strong> <strong>zur</strong><br />

Zeit der Straftat noch nicht 18 Jahre alt waren, ist nach internationalem<br />

Gesetz verboten. Die Abschaffung der <strong>Todesstrafe</strong> für Jugendliche trat am<br />

1. Juli 2000 fast in allen Landesteilen in Kraft. Nur <strong>die</strong> Stammesgebiete<br />

(PATA und FATA) im Norden und Westen wurden von <strong>die</strong>ser gesetzlichen<br />

Verordnung ausgeschlossen.<br />

Im November 2001 wurde Sher Ali in der Provinz PATA gehängt für einen<br />

Mord, der im Jahre 1993 begangen wurde, als er gerade 13 Jahre alt war.<br />

Der letzte Fall fand am 13. Juni 2006 statt. Mutabar Khan wurde hingerichtet<br />

für eine Straftat als er 16 war.<br />

Solche Exekutionen stehen im Widerstreit zu den Bestimmungen des Gesetzes<br />

aus dem Jahre 2000 und ebenso zu den von Pakistan eingegangenen<br />

Verpflichtungen als ein Mitglied der Convention on the Rights of the Child.<br />

Artikel 37 <strong>die</strong>ses Abkommens besagt, dass <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> nicht für Verbrechen,<br />

verübt von Personen unter 18 Jahren, angewandt werden darf.<br />

Ich fordere <strong>die</strong> Pakistanische Regierung dringend auf, Schritte zu unternehmen,<br />

dass in Hinkunft kein Todesurteil für Straftaten Jugendlicher ausgesprochen<br />

wird und keine weitere Hinrichtung mehr stattfindet. Derartige Schritte sollen<br />

beinhalten:<br />

• dass <strong>die</strong> Vollzugsbeamten sofort bei Festnahme das Alter des<br />

Verdächtigen festhalten,<br />

• dass das nachgewiesene Alter eines Minderjährigen allen Gerichts-<br />

und Aufsichtsbehörden <strong>zur</strong> Kenntnis gebracht und in der Anklageschrift klar<br />

festgehalten wird<br />

• dass <strong>die</strong> Gerichte entsprechende Voraussetzungen mitbringen, das<br />

Alter jugendlicher Verdächtiger festzustellen<br />

Mit vorzüglicher Hochachtung


Seite 23


Seine Hände waren ruhig, er weinte nicht,<br />

Er sah nicht krank aus, nicht vergrämt,<br />

Doch trank er <strong>die</strong> Luft, als ob sie enthielt<br />

Eine heilsame Medizin;<br />

Die Sonne trank er mit offenem Mund,<br />

Als wäre wein darin!<br />

Und ich und all <strong>die</strong> Seelen voll Schmerz,<br />

Deren Weg auf der anderen Seite,<br />

Vergaßen, ob das, was wir selber getan,<br />

Von Wert sein wird am Schlu?,<br />

Und starrten mit dümmlich verblüfftem Blick<br />

Auf den Mann, der hängen muß.<br />

OSCAR WILDE<br />

Die Gefühle des Verurteilten...<br />

Er hofft am Tag und verzweifelt an <strong>die</strong>ser<br />

Hoffnung in der Nacht. Während <strong>die</strong><br />

Wochen vergehen, wachsen Hoffnung und<br />

Verzweiflung und werden gleichermaßen<br />

unerträglich. Alle Berichte stimmen darin<br />

überein, daß <strong>die</strong> Farbe der Haut sich<br />

verändert, daß Angst wie eine Säure wirkt.<br />

ALBERT CAMUS<br />

Seite 24<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong> in der Literatur:<br />

Ich habe meiner Überzeugung, daß solche<br />

Szenen <strong>zur</strong> Mißachtung menschlichen Lebens<br />

UND ZUM MORD führen, Ausdruck verliehen.<br />

Bezugnehmend auf <strong>die</strong> letzte<br />

Mordverhandlung in London habe ich mich<br />

nach <strong>die</strong>ser Meinungsäußerung erkundigt,<br />

und ich bin sicher, daß der jetzt in "Newgate"<br />

sich befindliche junge Mann, der für den Mord<br />

an seinem Herrn zu Tode verurteilt wurde...<br />

ein aufmerksamer Zuschauer der letzten 3<br />

öffentlichen<br />

Hinrichtungen in <strong>die</strong>ser Stadt war... mit dem<br />

Auslöschen menschlichen Lebens, und mit<br />

der Vorführung grausamer Szenen und<br />

ermordeter Körper, schafft das Gesetz<br />

furchtbare Vorurteile, <strong>die</strong> den Beginn einer<br />

langen und ständig wachsenden Kette genau<br />

<strong>die</strong>sen Inhalts bilden.<br />

CHARLES DICKENS<br />

Der bestimmende und schlimmste Schmerz<br />

aber liegt nicht im körperlichen Leiden,<br />

sondern in der Gewissheit, daß in einer<br />

Stunde, und dann jetzt, in <strong>die</strong>sem Augenblick,<br />

<strong>die</strong> Seele den Körper verlassen wird, daß<br />

man aufhört, ein Mensch zu sein, daß das<br />

alles ganz unweigerlich passieren wird. Das<br />

schlimmste ist <strong>die</strong> Gewissheit...<br />

Für einen Mord ermordet zu werden ist<br />

unvergleichbar grausamer als das Verbrechen<br />

selbst. Der Mord durch ein rechtsgültiges<br />

Urteil ist weitaus schlimmer als das<br />

Verbrechen. Der Mord durch ein rechtsgültiges<br />

Urteil ist um vieles grauenhafter, als von<br />

Räubern ermordet zu werden. Wer von<br />

Räubern ermordet wird wem nachts in einem<br />

Wald <strong>die</strong> Kehle durchgeschnitten wird, hofft<br />

ohne Zweifel bis zum letzten Augenblick, er<br />

könne noch entkommen... im Falle einer<br />

Hinrichtung aber muß <strong>die</strong>se letzte Hoffnung,<br />

<strong>die</strong> Sterben zehnmal leichter macht, der<br />

Gewißheit weichen. Das Urteil ist da, und <strong>die</strong><br />

ganze entsetzliche Qual liegt in der Tatsache,<br />

daß es keine Möglichkeit <strong>zur</strong> Flucht gibt. Es<br />

gibt auf der Welt nichts entsetzlicheres als<br />

<strong>die</strong>se Qual.<br />

FJODOR DOSTOJEWSKIJ<br />

Verbrecher sterben nicht durch <strong>die</strong> Hand<br />

des Gesetzes. Sie sterben durch <strong>die</strong><br />

Hand anderer Menschen. Der Mord auf<br />

dem Schafott ist <strong>die</strong> schlimmste Art des<br />

Mordes, weil er dort mit Billigung der<br />

Gesellschaft durchgeführt wird... Mord<br />

und <strong>Todesstrafe</strong> sind keine<br />

verschiedenen, einander ausschließende<br />

Dinge; sie sind gleichartig und beide<br />

haben ihren Grund in sich selbst.<br />

Und so wird bis ans Ende aller<br />

Geschichte ein Mord den anderen<br />

hervorrufen, immer im Namen von Recht<br />

und Ordnung und Frieden, so lange, bis<br />

<strong>die</strong> Götter all <strong>die</strong>ses Blutes müde sind<br />

und eine Rasse schaffen, <strong>die</strong> verstehen<br />

kann.<br />

GEORGE BERNARD SHAW


Zitate über <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong>:<br />

Es kommt häufig vor, daß Menschen im<br />

Warten aud <strong>die</strong> Vollstreckung des<br />

Todesurteils ihre Gesundheit verlieren.<br />

FELIX FRANKFURTER<br />

(ehemaliger Richter im Obersten<br />

Gerichtshof der USA)<br />

Wenn du mich mit brutalen Methoden von<br />

meiner Brutalität abhalten willst, bist du<br />

genauso brutal wie ich.<br />

J.KRISHNAMURTY<br />

Alle zittern vor Strafe<br />

Alle fürchten den Tod<br />

vergleichend andere<br />

Mit einem selbst<br />

Sollte man weder töten<br />

noch Ursache zum Töten sein<br />

DER BUDDHIST DHAMMAPADA<br />

Wer nach Rache strebt,<br />

sollte zwei Gräber ausheben.<br />

CHINESISCHES SPRICHWORT<br />

All <strong>die</strong> Männer und Frauen, denen ich im<br />

letzten Moment <strong>gegen</strong>überstand,<br />

überzeugten mich, daß ich mit dem, was<br />

ich getan, keinen einzigen Mord verhindert<br />

habe.<br />

ALBERT PIERREPOINT<br />

(25 Jahre lang britischer Henker)<br />

Mein Bruder war ein Mann der Liebe, des<br />

Gefühls und des Mitleids.<br />

Er hätte nicht gewollt, daß sein Tod Anlaß<br />

ist, ein anderes Leben auszulöschen.<br />

SENATOR EDWARD KENNEDY<br />

(zum Mord an seinem Bruder)<br />

Die Schlechten sollen nicht <strong>die</strong> Guten töten<br />

und <strong>die</strong> Guten nicht <strong>die</strong> Schlechten.<br />

Ich bin ein Dichter, ich bin nicht befangen,<br />

ich sage ohne Zweifel oder Zögern:<br />

<strong>die</strong> guten Morde, <strong>die</strong> gibt es nicht.<br />

PABLO NERUDA<br />

Ich werde so lange nicht aufhören, <strong>die</strong><br />

<strong>Todesstrafe</strong> zu bekämpfen, bis mich jemand<br />

von der Unfehlbarkeit menschlicher<br />

Rechtssprechung überzeugt hat.<br />

MARQUIS DE LAFAYETTE<br />

Der Mensch darf kein Leben verwirken,<br />

der Tod gibt keine Gerechtigkeit!<br />

WOLFGANG SCHNEIDER<br />

Seite 25


linkliste<br />

<strong>Todesstrafe</strong><br />

Im Folgenden finden Sie eine Zusammenstellung von Websites,<br />

<strong>die</strong> sich mit dem Thema <strong>Todesstrafe</strong> beschäftigen. Diese Seiten,<br />

in verschiedenen Sprachen, können im Unterricht<br />

bei der Aufarbeitung des Themas nützlich sein.<br />

amnesty übernimmt keine Verantwortung für <strong>die</strong> Aktualität anderer Websites und steht auch nicht<br />

für deren Inhalt und <strong>die</strong> Genauigkeit der Informationen ein. Die Inhalte spiegeln nicht zwingend <strong>die</strong><br />

Meinung von amnesty international wieder.<br />

amnesty international:<br />

http://www.amnesty.at/todesstrafe<br />

Website des ehrenamtlichen ai <strong>Netzwerk</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> (deutsch)<br />

http://www.amnesty-todesstrafe.de<br />

Informationen <strong>zur</strong> <strong>Todesstrafe</strong> bei ai-Deutschland (deutsch)<br />

http://web.amnesty.org/pages/deathpenalty_index_eng<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong>n-Seite der englischen Amnesty-Organisation<br />

mit viel Hintergrundartikeln, Statistiken und aktuellen Nachrichten (englisch)<br />

http://www.amnestyusa.org/abolish/<br />

Das Thema der <strong>Todesstrafe</strong> in den USA in allen Einzelheiten<br />

auf den Seiten von Amnesty USA (englisch)<br />

Für den Unterricht:<br />

http://teacher.deathpenaltyinfo.msu.edu/<br />

Ausführliches Manual zum Thema <strong>Todesstrafe</strong> in den USA<br />

von der USA Michigan State University Comm Tech Lab<br />

and Death Penalty Information Center, 2001.<br />

Bietet eine umfassende Einführung, statistische Daten und Fallbeispiele.<br />

Dieses Manual ist online in einer Version für LehrerInnen und einer für SchülerInnen abrufbar<br />

Link für LehrerInen(englisch)<br />

http://deathpenaltyinfo.msu.edu/<br />

Version für SchülerInnen (englisch)<br />

Weitere Informationen für Unterrichtsmaterialien finden Sie auf folgenden Seiten:<br />

http://www.baobab.at<br />

Entwicklungspolitische Bildungs- und Schulstelle (deutsch)<br />

http://www.politik-lernen.at/goto/polis<br />

Politik lernen in der Schule (deutsch)<br />

http://www.hrea.org/<br />

Human Rights Education Associates (englisch)<br />

Seite 26


linkliste<br />

Sonstige Organisationen:<br />

http://www.worldcoalition.org<br />

World Coalition Against the Death Penalty, organisiert u.a.<br />

den Welttag <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> am 10. Oktober (englisch, französisch)<br />

http://www.hrw.org/campaigns/deathpenalty.org<br />

Die <strong>Todesstrafe</strong>n-Seiten von Human Rights Watch (englisch)<br />

Sonstige Initiativen:<br />

http://www.moratoriumcampaign.org<br />

Diese Organisation wird von Sister Helen Prejean,<br />

der Autorin von "Dead Man Walking", geführt (englisch)<br />

http://www.prejean.org<br />

Die offizielle Webseite über Sister Helen Prejean.(englisch)<br />

http://www.todesstrafe.at<br />

Die Geschichte der <strong>Todesstrafe</strong> in Österreich (deutsch)<br />

http://www.todesstrafe.de/<br />

Informationsmagazin zum Thema <strong>Todesstrafe</strong> mit Informationen<br />

über Geschichte, Länder, aktuelle Nachrichten,<br />

Diskussionsforum, Newsletter (deutsch)<br />

http://www.todesstrafe.info<br />

Gebührenpflichtiger Download einer reichhaltigen und<br />

aktuellen Infosammlung zum Thema <strong>Todesstrafe</strong> (deutsch)<br />

http://www.deathpenaltyinfo.org/index.htm<br />

Private Initiative <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> in den USA mit sehr vielen Informationen<br />

und Statistiken, <strong>die</strong> auch von offiziellen Stellen genutzt werden (englisch)<br />

http://www.justicedenied.org/index.htm<br />

Diese Seite widmet sich den unschuldig<br />

zum Tode Verurteilten in den USA (englisch)<br />

Universitäten:<br />

http://justice.uaa.alaska.edu/death/index.html<br />

Ausführliche Informationen der University of Alaska (Anchorage)<br />

über <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong> in den gesamten Vereinigten Staaten von Amerika (englisch)<br />

http://www.law.onu.edu/faculty/streib/femdeath.htm<br />

Bericht der Ohio Northern University zum Thema<br />

"Frauen und <strong>die</strong> <strong>Todesstrafe</strong>"(englisch)<br />

http://ethics.san<strong>die</strong>go.edu/<br />

EthikerInnen zum Thema <strong>Todesstrafe</strong> (englisch)<br />

Seite 27


young amnesty<br />

Engagement für <strong>die</strong> Menschenrechte kennt keine Altersgrenze!<br />

Schülerinnen und Schüler, <strong>die</strong> sich aktiv für den Schutz der Würde und der Rechte ihrer Mitmenschen<br />

einsetzen möchten, sind bei amnesty international herzlich willkommen.<br />

Unter dem Namen „young amnesty“ sind <strong>die</strong>se jungen<br />

Leute Österreichweit in ai-Jugendgruppen im Einsatz.<br />

Sie entstehen zwar häufig auch auf Initiative einer<br />

Lehrerin oder eines Lehrers im Rahmen von<br />

Schulklassen, doch oft sind es aber junge Leute selbst,<br />

<strong>die</strong> im Rahmen einer Schule, einer Jugendorganisation<br />

oder einfach privat zu einer young amnesty Gruppe<br />

zusammenfinden. Mittlerweile sind <strong>die</strong> Aktionen <strong>die</strong>ser<br />

ai-Jugendgruppen ein unverzichtbarer Bestandteil der<br />

ai-Arbeit geworden.<br />

Mindestens 3 Jugendliche können eine young amnesty<br />

Gruppe gründen - auch eine erwachsene<br />

„Kontaktperson“ ist als Mitglied willkommen, <strong>die</strong><br />

Mitgliedschaft ist kostenlos. Jedes Mitglied erhält<br />

außerdem gratis <strong>die</strong> Aktionszeitung „young amnesty",<br />

<strong>die</strong> etwa fünf Mal jährlich erscheint und neben Infos<br />

zu Menschenrechtsthemen auch Appellfälle und<br />

konkrete Aktionsvorschläge enthält.<br />

Als ai-AktivistInnen kämpfen auch young amnesty Gruppen um <strong>die</strong> Verwirklichung der Ziele von<br />

amnesty international. Im Sinne der Verbreitung der Idee der Menschenrechte wie sie in der Allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte der UNO festgehalten sind, leisten sie konkrete Arbeit für <strong>die</strong> Befreiung<br />

von Gewissensgefangenen, für faire Gerichtsverfahren, für den Schutz von Menschen vor Folter,<br />

politischem Mord, "Verschwindenlassen", der <strong>Todesstrafe</strong> u.a.<br />

Der Kreativität einer ya-Gruppe setzt amnesty international keine Grenzen. Ob Sammeln von<br />

Unterschriften, das Versenden von Postkarten und Briefen, ob Schul-Referate, Infostände oder ai-<br />

Party: den Grad der Aktivitäten bestimmt jede Gruppe selbst.<br />

„Der Neueinstieg ist gar nicht schwierig: Einige motivierte Jugendliche mit guten Ideen und Vorschlägen<br />

für Aktionen sind dabei das Wichtigste, neben einem unkomplizierten Anmeldeformular. Zuletzt einigt<br />

man sich noch auf einen Gruppennamen, bevor man wenige Tage später per Post <strong>die</strong> offizielle<br />

Mitgliedsbestätigung von amnesty international erhält.“<br />

young amnesty Gruppe auxilia<br />

„Je nach Zeit, Budget, Wille oder Kreativität überlässt amnesty international den einzelnen Gruppen<br />

den Grad ihrer Mitarbeit. Wenn es also in der Schule einmal knapp wird, darf man sich dann auch<br />

schon mal für einige Zeit auf seinen Lorbeeren ausruhen.„<br />

young amnesty Gruppe auxilia<br />

„Oft lässt man sich durch den Glauben abschrecken, dass ein Einzelner nichts ausrichten kann. Bei<br />

amnesty international ist man jedoch nicht allein: Es gibt Tausende Menschen, <strong>die</strong> ihre Unterschrift<br />

mit dem gleichen Ziel auf einen Brief setzten, wie man selbst. Und es gibt Hunderte, <strong>die</strong> aus demselben<br />

Grund einen Brief an eine Regierung oder eine Botschaft schreiben. So kann auch ein Jugendlicher<br />

etwas bewirken. Also lasst euch nicht abschrecken!„<br />

young amnesty Gruppe mosquito<br />

Kontakt:<br />

young@amnesty.at<br />

www.amnesty.at/ya/

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