M7 „BosnianKidsOnline“- Erfahrungen eines Medienprojekts in ...
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<strong>M7</strong><br />
<strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong>- <strong>Erfahrungen</strong> <strong>e<strong>in</strong>es</strong> <strong>Medienprojekts</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Nachkriegsgesellschaft<br />
Ingrid Halbritter<br />
1. Beruflicher H<strong>in</strong>tergrund der Referent<strong>in</strong><br />
Ingrid Halbritter arbeitet seit 1998 <strong>in</strong> Bosnien-Herzegov<strong>in</strong>a und anderen Ländern<br />
Südosteuropas. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit s<strong>in</strong>d demokratische politische Bildung<br />
und Friedenserziehung.<br />
Sie hat mit ihrem Kollegen Haris Muhic Mitte 1999 die NGO D@dalos mit Sitz <strong>in</strong><br />
Sarajevo gegründet. Diese NGO ist seither Trägerorganisation der nachfolgend<br />
aufgeführten Projekte. Von April 2004 bis März 2007 ist sie als Friedensfachkraft von<br />
der deutschen NGO EIRENE International zum D@dalos-Projekt entsandt und vom<br />
BMZ f<strong>in</strong>anziert. Im März 2005 <strong>in</strong>itiierte sie die Gründung des deutschen Vere<strong>in</strong>s<br />
Pharos e.V. Stuttgart (siehe www.pharos-onl<strong>in</strong>e.org). Pharos ist Träger e<strong>in</strong>iger<br />
humanitärer Projekte <strong>in</strong> Bosnien-Herzegov<strong>in</strong>a, die Frau Halbritter ehrenamtlich leitet.<br />
Pharos will außerdem <strong>in</strong> der Zukunft auch politische Bildungsprojekte auf dem<br />
Balkan und <strong>in</strong> anderen neuen Demokratien durchführen.<br />
Das bisherige D@dalos-Programm:<br />
1. Internationaler UNESCO Bildungsserver für Demokratiebildung und<br />
Friedenserziehung. URL: www.dadalos.org<br />
Auf dieser Webseite bef<strong>in</strong>den sich 11 Onl<strong>in</strong>e-Lehrbücher zu wichtigen<br />
Themen der politischen Bildung. Die Materialien stehen <strong>in</strong> 10 Sprachen zur<br />
Verfügung (Deutsch, Englisch und 8 Sprachen und Sprachversionen<br />
Südosteuropas)<br />
Der Server wird <strong>in</strong>ternational mit durchschnittlich 200.000 Besuchern pro<br />
Monat genutzt.<br />
2. CD-ROM mit dem Inhalt des Bildungsservers<br />
Jedes Jahr wird e<strong>in</strong>e erweiterte Auflage von 6000 – 8000 CD-ROMs mit dem<br />
gesamten Inhalt des Bildungsservers produziert und kostenlos an<br />
Bildungse<strong>in</strong>richtungen und Multiplikatoren <strong>in</strong> SOE verteilt.<br />
1
3. Regionales Internetportal für politische Bildung <strong>in</strong> Südosteuropa<br />
URL: www.edc-see.<strong>in</strong>fo<br />
6-sprachiges Portal, das zu Trägern der politischen Bildung und ihren<br />
elektronisch verfügbaren Produkten führt.<br />
4. EDC Newsletter – Themenhefte zur politischen Bildung für SOE<br />
URL: www.dadalos.org/EDC/EDC_newsletter.htm<br />
6-sprachige Publikationen für Lehrer und Multiplikatoren<br />
5. Kooperation und Koord<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> der politischen Bildung <strong>in</strong> SOE<br />
Arbeitstreffen und Konferenzen<br />
Bericht Arbeitstreffen 2005: www.dadalos.org/work_meet<strong>in</strong>g.htm<br />
6. Regionale Multiplikatorenfortbildung „Politik unterrichten <strong>in</strong> SOE“<br />
Mehrmonatiger Studiengang mit Hochschulniveau, der aus 3 Sem<strong>in</strong>aren und<br />
3 über Mail<strong>in</strong>gliste betreute Arbeitphasen besteht.<br />
Bericht:<br />
http://www.dadalos.org/download/Bericht_Politik_unterrichten_2005.pdf<br />
7. Regionale Multiplikatorenfortbildung „Betzavta – die Sprache der<br />
Demokratie“<br />
24-tägige Ausbildung von Moderatoren für die Betzavta-Methode<br />
H<strong>in</strong>tergrundtext über Betzavta: http://www.dadalosd.org/methoden/grundkurs_4/betzavta.htm<br />
8. Weiterbildung für Journalisten aus Ex-Jugoslawien zum Thema EU<br />
4 bis 6-tägige Sem<strong>in</strong>arveranstaltungen<br />
9. „Europa-Abende“ - Bildungsveranstaltungen für Bürger <strong>in</strong> Bosnien-<br />
Herzegow<strong>in</strong>a über die EU<br />
Vortragsreihen für Bürger ohne politische Vorbildung.<br />
10. Weiterbildung für NGO zum Thema „partizipative Projektplanung und –<br />
management“<br />
URL: www.impact-see.org<br />
11. „Fit@school“ - Weiterbildungen für ICT Lehrerausbilder <strong>in</strong> SOE mit<br />
e<strong>in</strong>em eigens entwickelten Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gskonzept, das <strong>in</strong> 6 Sprachen auf CD-ROM<br />
2
zur Verfügung steht und technische Ausbildung zur Nutzung neuer Medien<br />
mit e<strong>in</strong>er Menschenrechts-Komponente verb<strong>in</strong>det.<br />
12. Balkan Jugendcamps mit Jugendlichen aus vier SOE-Ländern zum<br />
Demokratielernen und EU-Bildung (über Partner „FAR“ Burgas)<br />
13. Lehrerfortbildungen und Jugendsem<strong>in</strong>are <strong>in</strong> Bulgarien (über Partner<br />
„FAR“ Burgas)<br />
Umsatz seit 1998: 1,6 Millionen Euro<br />
Das D@dalos-Projektteam:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Prof. Dr. Wolfgang Schumann, Universität Tueb<strong>in</strong>gen, agora-wissen und<br />
Pharos e.V. (Tra<strong>in</strong>er, Betreuung Bildungsserver)<br />
Ragnar Mueller, agora-wissen Stuttgart und Pharos e.V.<br />
(Materialentwicklung, Tra<strong>in</strong>er, Webmaster, Betreuung Bildungsserver)<br />
Haris Muhic, D@dalos Sarajevo (F<strong>in</strong>anzen, Verwaltung, Koord<strong>in</strong>ation)<br />
Ingrid Halbritter, derzeit Friedensfachkraft entstand von EIRENE International<br />
Neuwied (Programmleitung, Fundrais<strong>in</strong>g, Koord<strong>in</strong>ation, Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>)<br />
Nihad Mesic, Sarajevo (Honorarkraft; Dozent für die „Europa-Abende“)<br />
Partner bei der Durchführung e<strong>in</strong>zelner Projekte:<br />
<br />
Adam Institute Jerusalem/Israel (http://www.adam<strong>in</strong>stitute.org.il)<br />
<br />
Sonnenberg Zagreb/Kroatien (http://www.sonnenberg.hr/)<br />
<br />
FAR Burgas/Bulgarien (http://www.impactsee.org/network/impact_partner_2.htm)<br />
<br />
Paideia Sofia/Bulgarien<br />
(http://www.paideia.org/content.php/system/<strong>in</strong>dex.htm)<br />
<br />
Kosovo Education Centre Prisht<strong>in</strong>a/Kosovo (http://www.kec-ks.org/)<br />
<br />
Büros des Instituts für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen<br />
Volkshochschulverbandes <strong>in</strong> SOE (http://www.<strong>in</strong>ebis.org)<br />
3
2. E<strong>in</strong>stimmung zum Beitrag: der Videofilm „Don´t forget Bosni@“<br />
Zur E<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong> das Thema wurde der Videofilm „Don´t forget Bosni@. E<strong>in</strong> Film<br />
über Bosnien und den Weg dorth<strong>in</strong>“ gezeigt.<br />
Der Film wurde 1999 von der Landesbildstelle Baden-Württemberg <strong>in</strong><br />
Zusammenarbeit mit dem damaligen Projektträger K<strong>in</strong>derberg e.V. Stuttgart (siehe<br />
www.k<strong>in</strong>derberg.org) produziert und seither über die Landesbildstelle (mittlerweile:<br />
Landesmedienzentrum) verliehen und verkauft.<br />
Das Filmmaterial hat der Filmautor und Regisseur Michael Maschke (SWR Stuttgart)<br />
bei se<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>wöchigen Aufenthalt <strong>in</strong> Bosnien ehrenamtlich gedreht. Zusätzlich<br />
wurde Filmmaterial aus dem Krieg von dem bosnischen Journalisten Zaim Hujdur,<br />
Tesanj, gekauft.<br />
Für Schnittregie und Produktion erhielt das Projekt e<strong>in</strong>e Förderung von der<br />
Jugendstiftung Baden-Württemberg. Schnitt und Kopien der VHS-Kassetten hat das<br />
Landesmedienzentrum bezahlt. Für die Konzeption und Redaktion des Films war<br />
Ingrid Halbritter, damals Projektleiter<strong>in</strong> bei K<strong>in</strong>derberg, zuständig.<br />
Der Film ist 25 M<strong>in</strong>uten lang und besteht aus zwei Teilen: e<strong>in</strong>e für Jugendliche<br />
verständliche E<strong>in</strong>führung über die H<strong>in</strong>tergründe des Krieges <strong>in</strong> Bosnien, den<br />
Kriegsverlauf und die Situation drei Jahre nach Kriegsende. Im zweiten Teil wird –<br />
als e<strong>in</strong> mögliches Beispiel für Versöhnungsarbeit – das Projekt <strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong><br />
vorgestellt.<br />
Der Film <strong>in</strong>formiert den Zuschauer außerdem über die Webseite<br />
http://www.kidoloplis.org und die damals reale Möglichkeit, donnerstags um 18 Uhr<br />
im Chatraum Jugendliche aus Bosnien, die bei diesem Projekt mitmachten, zu<br />
treffen.<br />
Der Film war e<strong>in</strong>e Nachfolge-Aktivität des Projekts <strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong> und wurde<br />
produziert, damit Jugendliche <strong>in</strong> Deutschland besser verstehen, was <strong>in</strong> Bosnien<br />
passierte, um die sehr negativen Kriegsbilder mit e<strong>in</strong>em Beispiel für e<strong>in</strong> gelungenes,<br />
positives Projekt auszubalancieren, und um Jugendlichen <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e<br />
konkrete Möglichkeit anzubieten, mit Altersgenossen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ehemaligen<br />
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Kriegsgebiet, das geographisch und kulturell sehr nahe an Deutschland ist, <strong>in</strong><br />
Kontakt zu kommen.<br />
3. BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e - e<strong>in</strong> friedenspädagogisches Jugendprojekt mit neuen<br />
Medien (1998-2000)<br />
Ausgangspunkt für dieses Projekt war das jahrelange humanitäre Engagement des<br />
Stuttgarter Vere<strong>in</strong>s K<strong>in</strong>derberg und der ungeheure persönliche E<strong>in</strong>satz der<br />
K<strong>in</strong>derberg-Gründer<strong>in</strong>, Suzana Lipovac (http://www.k<strong>in</strong>derberg.org).<br />
K<strong>in</strong>derberg e.V. hat seit Kriegsbeg<strong>in</strong>n Medikamente und andere Hilfsgüter <strong>in</strong>s<br />
Kriegsgebiet geschafft, verletzte K<strong>in</strong>der aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland zur<br />
mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung gebracht, und ab 1994 psychotherapeutische Hilfe für<br />
K<strong>in</strong>der, die aus Srebrenica geflohen waren, angeboten.<br />
1997 hat sich der K<strong>in</strong>derbergvorstand entschlossen, friedenspädagogische Arbeit als<br />
neues Element aufzunehmen. Ingrid Halbritter wurde als Projektmitarbeiter<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>gestellt und erhielt den Auftrag, e<strong>in</strong> friedenspädagogisches Projekt <strong>in</strong> Bosnien zu<br />
<strong>in</strong>itiieren und die dafür notwendigen Mittel selbst zu beschaffen.<br />
Bei ihren Recherchen vor Ort fand sie e<strong>in</strong>e Reihe von Bed<strong>in</strong>gungen vor, die das<br />
Projektdesign entschieden prägten:<br />
3.1. Die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Bosnien Ende 1997/Anfang 1998:<br />
Bei ihren Recherchen vor Projektbeg<strong>in</strong>n fand Ingrid Halbritter e<strong>in</strong>e Situation vor, die<br />
man mit e<strong>in</strong>em Satz beschreiben könnte: Es gab ke<strong>in</strong>e unversehrten Brücken –<br />
weder <strong>in</strong>nerhalb Bosniens noch nach Bosnien h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> bzw. aus Bosnien h<strong>in</strong>aus.<br />
Die Brücken waren zerstört, und über die Flüsse setzte man mit rostigen,<br />
improvisierten Fähren über oder benutzte Behelfskonstruktionen, die von<br />
<strong>in</strong>ternationalen Friedenstruppen aufgestellt worden waren.<br />
Doch diese Abwesenheit von unversehrten Brücken galt auch im übertragenen<br />
S<strong>in</strong>ne: die drei Religionsgruppen – muslimische, katholische und serbisch-orthodoxe<br />
Bosnier (oder auch Volksgruppen oder ethnische Gruppen genannt: Bosniaken,<br />
Kroaten und Serben) lebten getrennt <strong>in</strong> „ihren“ jeweiligen Gebieten, die – Ergebnis<br />
des blutigen Krieges – vom Daytoner Friedensabkommen als neuer Staatsaufbau<br />
festgeschrieben worden waren.<br />
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Es gab damals ke<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Infrastruktur (Energie, Post, Telefon) und ke<strong>in</strong><br />
öffentlicher Transport zwischen den so genannten Entitäten bzw. den ethnisch<br />
def<strong>in</strong>ierten Gebieten (siehe Karte unten).<br />
Die Wege waren – und s<strong>in</strong>d es bis heute – lang <strong>in</strong> Bosnien. Bosnien ist e<strong>in</strong><br />
gebirgiges Land, <strong>in</strong> dem sich enge Landstraßen durch die Täler und über die hohen<br />
Berge w<strong>in</strong>den. Ende der 90er Jahre waren die Straßen oftmals schlecht und zum Teil<br />
kaputt, so dass e<strong>in</strong>e Auto- oder Busfahrt von e<strong>in</strong>em Ort zum anderen lang und<br />
mühsam war.<br />
Medienvielfalt war kaum vorhanden. Obwohl es schon damals Satellitenfernsehen<br />
gab und die Bevölkerung technisch nicht nur die Fernsehsendungen der eigenen<br />
Volksgruppe empfangen konnte, haftete den Informationen „der anderen“ immer der<br />
Verdacht der Manipulation an. Dies erstreckte sich auch auf ausländische Medien,<br />
die je nach Nähe zu e<strong>in</strong>er der Volksgruppen (Frankreich gilt z.B. serbenfreundlich,<br />
Deutschland kroatenfreundlich, die Türkei und arabische Länder<br />
muslimenfreundlich).<br />
Medien<strong>in</strong>formationen werden nur dann ernst genommen, wenn es zu den<br />
Medienmachern bzw. der dah<strong>in</strong>ter stehenden Institution e<strong>in</strong> ausreichendes Maß an<br />
Vertrauen gibt. Dieses notwendige Vertrauen, dass Informationen nach bestem<br />
Wissen und Gewissen der Medienschaffenden richtig s<strong>in</strong>d, ist verständlicherweise <strong>in</strong><br />
diesem Krieg ebenfalls zerstört worden.<br />
Pr<strong>in</strong>tmedien wurden damals nicht konsequent <strong>in</strong> allen Landesteilen gleichmäßig<br />
vertrieben. E<strong>in</strong>e Zeitung, die beispielsweise <strong>in</strong> Sarajevo verlegt wird, gilt nicht als<br />
neutral, auch wenn sie sich explizit an e<strong>in</strong>e unspezifische Leserschaft im ganzen<br />
Land richtet. Auch hier galt wie bei den audiovisuellen Medien: man liest nur die<br />
Zeitung, die von den „eigenen“ Leuten gemacht ist.<br />
Die Bewegungsfreiheit im Land, also die Möglichkeit, an jeden beliebigen Ort zu<br />
reisen, war zwar formal gegeben, aber die Angst h<strong>in</strong>derte die Menschen daran, ihr<br />
eigenes Gebiet zu verlassen. Man fürchtete etwa die Willkür der „fremden“ Polizei<br />
oder tätliche Angriffe durch die andere Volksgruppe. Die Bewegungsfreiheit sollte<br />
durch die von <strong>in</strong>ternationaler Seite beschlossene Maßnahme verbessert werden,<br />
<strong>in</strong>dem 1998 neutrale Autokennzeichen e<strong>in</strong>geführt wurden, man also anhand des<br />
Kennzeichens nicht sagen konnte, aus welchem Landesteil das Fahrzeug stammt.<br />
6
E<strong>in</strong> wichtiger Schritt für e<strong>in</strong> normales Funktionieren des Staates war auch die<br />
E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Landeswährung im Jahr 1998: die Konvertible Mark,<br />
die 1:1 an die deutsche DM gebunden war und daher auch bis heute e<strong>in</strong>en festen<br />
Wechselkurs mit dem Euro hat. Bis dah<strong>in</strong> gab es die alte bosnische Mark, den<br />
kroatischen Kuna, den serbischen D<strong>in</strong>ar und als Fremdwährung die deutsche Mark.<br />
Kam man etwa <strong>in</strong> den westlichen Teil von Mostar (kroatisch), musste man kroatische<br />
Kuna wechseln, um überhaupt etwas e<strong>in</strong>kaufen zu können.<br />
Insgesamt herrschte im Land noch e<strong>in</strong>e Art Kriegsstimmung. Großflächige<br />
Zerstörungen, sehr viele sichtbar verm<strong>in</strong>te Gebiete, gewalttätige Zwischenfälle, die<br />
massive Präsenz der <strong>in</strong>ternationalen Friedensgruppen, e<strong>in</strong>e Wahrnehmung von<br />
Gefahr und Anarchie sowie e<strong>in</strong>e noch nicht ganz funktionsfähige Infrastruktur<br />
(Wasser, Strom, Post, Telefon, Verkehr etc.) spielten zusammen und trugen dazu<br />
bei, dass man sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em normalen Land befand sondern eben an e<strong>in</strong>em Ort,<br />
der gerade aus dem Grauen <strong>e<strong>in</strong>es</strong> jahrelangen Krieges auftauchte.<br />
Und so fühlten sich auch die Menschen: allen streckte noch gewaltig der Schrecken<br />
des Krieges <strong>in</strong> den Gliedern, es herrschte Angst und Misstrauen, und die<br />
Begegnungen zwischen Angehörigen verschiedener Volksgruppen sahen zwar an<br />
der Oberfläche entspannt und normal aus, man spürte aber deutlich die Anspannung<br />
zwischen den Menschen, die unterschiedlichen Kriegsparteien bzw. mit<br />
Kriegsparteien verbundenen Religionsgeme<strong>in</strong>schaften angehörten. Von e<strong>in</strong>em<br />
normalen Umgang mite<strong>in</strong>ander war man weit entfernt.<br />
Belebt wurde diese Nachkriegsstimmung von dem aufflammenden Krieg im Kosovo<br />
und der drohenden Nato-Intervention. Im Sommer 1999, als Belgrad und andere Orte<br />
<strong>in</strong> Serbien schließlich bombardiert wurden, hörte man <strong>in</strong> Bosnien jede Nacht den<br />
Fluglärm der Militärflugzeuge, die auf dem Weg nach Serbien waren.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Rahmenbed<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> dieser Zeit war die weit verbreitete Armut. Die<br />
staatlichen Kassen waren leer, sehr viele Menschen arbeitslos, es fehlte überall an<br />
allem.<br />
Das persönliche Schlüsselerlebnis von Ingrid Halbritter, das ihren Entschluss<br />
vorantrieb, mit Schulen <strong>in</strong> Bosnien e<strong>in</strong> Internet-Projekt zu beg<strong>in</strong>nen, war <strong>e<strong>in</strong>es</strong> Tages<br />
der vergebliche Versuch, aus dem serbischen Banja Luka <strong>in</strong>s kroatische West-<br />
Mostar anzurufen. Das war nicht möglich, und man musste e<strong>in</strong>en Projektmitarbeiter<br />
<strong>in</strong> Deutschland bitten, dem Kollegen <strong>in</strong> Mostar, das kaum 4 Autostunden von Banja<br />
Luka entfernt liegt, e<strong>in</strong>e Nachricht zu überbr<strong>in</strong>gen.<br />
7
Dies waren die Realitäten zu dieser Zeit, und man konnte nicht e<strong>in</strong>schätzen, ob und<br />
wann sich dies alles verändern würde.<br />
Die Karte zeigt die weitgehend ethnisch homogenen Gebiete <strong>in</strong> Bosnien 1998.<br />
3.2. Notwendigkeit für e<strong>in</strong> Internet-Projekt mit Jugendlichen <strong>in</strong> Bosnien<br />
Die Notwendigkeit für das Projekt <strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong> ergab sich also durch die<br />
Situation im Nachkriegsbosnien. Für Jugendliche bedeutete das, dass sie<br />
kriegsbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> getrennten Gebieten leben und aufwachsen mussten. Die<br />
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getrennten Kommunikations- und Transportsysteme und e<strong>in</strong> völlig dezentralisiertes<br />
Bildungswesen, das implizit und explizit die Trennung nach ethnisch-religiösen<br />
Kriterien vermittelte, erlaubte es nicht, dass sich kroatische, muslimische und<br />
serbische Jugendliche sich trafen oder <strong>in</strong> irgend e<strong>in</strong>er Weise Kontakt mite<strong>in</strong>ander<br />
aufnehmen konnten – selbst wenn sie dies gewollt hätten.<br />
Kontakt zwischen den Menschen erschien im damaligen Licht als der notwendige<br />
erste Schritt für e<strong>in</strong>e Normalisierung <strong>in</strong> dieser Gesellschaft.<br />
Das Internet war damals vielfach das e<strong>in</strong>zige Kommunikationsmittel, mit dem sich die<br />
praktischen und ideologischen Grenzen überw<strong>in</strong>den ließen. Daher war es notwendig,<br />
alles zur Verfügung zu stellen, das die elektronische Kommunikation erfordert:<br />
hardware, software, aber auch Nutzungskompetenz.<br />
In Deutschland war zu beobachten, dass die Jugendlichen zwar irgendwie wussten,<br />
dass „da unten“, wo man früher Urlaub gemacht hatte, e<strong>in</strong> Krieg war, aber niemand<br />
wusste genau, was eigentlich passiert war, warum, und wie es jetzt aussah.<br />
Die Berichterstattung <strong>in</strong> den Massenmedien war kaum, und für Jugendliche sowieso<br />
nicht, <strong>in</strong> der Lage, über diese komplexen Vorkommnisse verständlich zu berichten.<br />
Daher ergab sich die Notwendigkeit, Kontakte zwischen Jugendlichen <strong>in</strong> Deutschland<br />
und Bosnien anzubahnen und angemessene, jugendgerechte Informationsangebote<br />
zu machen. Die Kontaktaufnahme sollte auch das Potential <strong>in</strong> sich tragen, solidarisch<br />
zu handeln.<br />
3.3. Projektziele und medienpädagogische Überlegungen:<br />
Das Projekt <strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong> hatte folgende konkrete Projektziele:<br />
- Jugendliche <strong>in</strong> Bosnien, die <strong>in</strong> nach ethnischen Kriterien getrennten Gebieten<br />
lebten, sollen mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Kontakt kommen können;<br />
- Jugendliche <strong>in</strong> Bosnien sollen mit Jugendlichen im Ausland <strong>in</strong> Kontakt<br />
kommen (ke<strong>in</strong>e Reisemöglichkeit! Visum! Geld!)<br />
- Jugendliche <strong>in</strong> Bosnien sollen „e<strong>in</strong>e Pipel<strong>in</strong>e zur Welt“ bekommen (neue<br />
Medien!)<br />
9
- Deutsche Jugendliche sollen den eben beendeten Krieg <strong>in</strong> Bosnien besser<br />
verstehen und damit für Bosnien neugierig werden<br />
- Deutsche Jugendliche sollen mit Menschen vom „fernen Planeten Bosnien“ <strong>in</strong><br />
Kontakt kommen können und sich engagieren können wenn sie wollen.<br />
Die medienpädagogischen Überlegungen beschränkten sich darauf, das Internet als<br />
grenzüberschreitendes, für Jugendliche attraktives Kommunikationsmittel zu nutzen.<br />
Weitergehende Überlegungen im Bereich der Mediendidaktik und –erziehung wurden<br />
am Rande angestellt, konnten aber <strong>in</strong> diesem Moment nicht vertieft werden: das<br />
Potential, das Internet entweder als Ressource für Lehrer, als Quelle alternativer<br />
Medien<strong>in</strong>formationen oder als pädagogisches Instrument zu nutzen, war zwar von<br />
Anfang an vorhanden. Die praktischen H<strong>in</strong>dernisse für e<strong>in</strong>en Gebrauch des Mediums<br />
<strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne waren jedoch (und s<strong>in</strong>d zum Teil noch heute) zu groß.<br />
Mediendidaktik und –erziehung ist angesichts des Gebirges an Reformbedarf <strong>in</strong> Ex-<br />
Jugoslawien (noch) ke<strong>in</strong> Thema, wird es aber mit der nicht zu stoppenden<br />
Informatisierung des Bildungswesens ganz allmählich.<br />
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3.4. Verlauf des Projekts (1998)<br />
In Bosnien-Herzegov<strong>in</strong>a und Deutschland wurden jeweils drei Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />
als Projektpartner ausgewählt. In Bosnien-Herzegov<strong>in</strong>a waren dies drei<br />
berufsbildende Schulen im muslimischen Tesanj (<strong>in</strong> der Nähe von Doboj, siehe<br />
Karte), im kroatischen Teil von Mostar und im serbischen Banja Luka.<br />
Die deutschen Partner waren: e<strong>in</strong>e Wohne<strong>in</strong>richtung für jugendliche Auszubildende<br />
<strong>in</strong> Bönnigheim (Baden-Württemberg), e<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong> für Jugendarbeit „K<strong>in</strong>derr<strong>in</strong>g<br />
Neuhardenberg e.V.“ (http://www.k<strong>in</strong>derr<strong>in</strong>g.de/NEU/<strong>in</strong>dex.html) im Oderbruch <strong>in</strong><br />
Brandenburg, und der „Märkische Kulturbund e.V. <strong>in</strong> Strausberg, ebenfalls <strong>in</strong><br />
Brandenburg (http://www.maerkischer-kulturbund.de).<br />
In jeder der sechs Strukturen wurden erwachsene Projektverantwortliche<br />
ausgewählt, die dann wiederum Projektgruppen mit <strong>in</strong>teressierten Schülern und<br />
Jugendlichen bildeten.<br />
Allen E<strong>in</strong>richtungen war geme<strong>in</strong>sam, dass sie ke<strong>in</strong>e Computer und Internet-<br />
Anschluss besaßen, großes Interesse an <strong>in</strong>ternationaler Jugendarbeit hatten und<br />
Begeisterung für die Aussicht, mit diesem Kle<strong>in</strong>projekt e<strong>in</strong>en Anschub für die<br />
Integration neuer Medien <strong>in</strong> die Jugendarbeit zu bekommen.<br />
In den deutschen E<strong>in</strong>richtungen organisierte die Projektleiter<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam mit den<br />
Verantwortlichen Informationsveranstaltungen für die Jugendlichen und e<strong>in</strong>e breite<br />
Öffentlichkeit (Vorträge, Photoausstellungen, Filmvorführungen, Pressekonferenzen).<br />
Zwischen den bosnischen und deutschen Jugendlichen wurden Briefe mit Photos<br />
und kurzen Beschreibungen zu den teilnehmenden Jugendlichen ausgetauscht.<br />
Anschließend erfolgte die Beschaffung der Computer. Es war vorgesehen, dass jede<br />
E<strong>in</strong>richtung zwei Computer und – wenn nötig – e<strong>in</strong>e Telefonleitung aus den<br />
Projektmitteln erhalten sollte. Um e<strong>in</strong> höheres Maß an Identifikation zu erreichen,<br />
entschlossen wir uns, die Computer nicht fertig, sondern <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelteilen zu kaufen<br />
und diese durch die deutschen Gruppen zusammen bauen zu lassen.<br />
Dafür wurden zwei Workshops mit Technikfreaks organisiert. Das Zusammenbauen<br />
<strong>e<strong>in</strong>es</strong> Computers, der nach kurzer Zeit tatsächlich funktioniert, war für die<br />
Jugendlichen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drückliches Erlebnis.<br />
11
Sechs Computer verblieben also bei den drei deutschen Partnern, und sechs wurden<br />
nach Bosnien <strong>in</strong> die drei Partnerschulen transportiert.<br />
Mit den Schulleitern wurden Verträge abgeschlossen, mit denen sich die Schulen<br />
verpflichteten, m<strong>in</strong>destens noch drei Jahre am Projekt teilzunehmen und die<br />
laufenden Kosten für Internetbetrieb und Wartung der Geräte selbst aufzubr<strong>in</strong>gen.<br />
Parallel dazu wurde von ehrenamtlichen Mitarbeitern und durch die freundliche<br />
Spende des Pforzheimer Unternehmens AllSeitz e<strong>in</strong>e Webseite entworfen, die als<br />
Herzstück e<strong>in</strong>en sehr e<strong>in</strong>fach zu bedienenden Chatroom als virtuellen Jugendtreff<br />
enthielt. Die Struktur orientierte sich am Vorbild der antiken Polis und transportierte<br />
damit sowohl den Demokratiegedanken als auch das Bewusstse<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e<br />
geme<strong>in</strong>same europäische kulturelle Wurzel. Auf der Webseite befanden sich neben<br />
dem Chatraum Informationen zur antiken Polis, Themenbretter und Platz für die<br />
Selbstdarstellung der beteiligten Gruppen.<br />
Im Oktober 1998 organisierte die Projektleiter<strong>in</strong> <strong>in</strong> Kooperation mit der Niederlassung<br />
der Konrad-Adenauer-Stiftung <strong>in</strong> Sarajevo e<strong>in</strong>en Workshop für 15 Lehrer aus den<br />
drei Partnerschulen. Der Workshop wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von der Soros Stiftung<br />
e<strong>in</strong>gerichteten Bildungszentrum <strong>in</strong> Ost-Mostar durchgeführt. Inhalte der zweitägigen<br />
Schulung waren Grundlagen der Internet-Nutzung und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die<br />
Projektwebseite www.kidopolis.org, um den Lehrern die Projektarbeit mit den<br />
Jugendlichen zu ermöglichen und zu erleichtern.<br />
Ab Ende Oktober fanden dann die Chats statt. Wichtig war, dass der Chat zu festen<br />
vere<strong>in</strong>barten Zeiten stattfand: jeden Donnerstag Abend um 18 Uhr.<br />
L<strong>in</strong>gua franca zwischen den Teilnehmern aus Bosnien und Deutschland war Deutsch<br />
und Englisch, zwischen den bosnischen Teilnehmern natürlich ihre geme<strong>in</strong>same<br />
Muttersprache. Natürlich waren die „Gespräche“ <strong>in</strong>haltlich nicht anspruchsvoll, aber<br />
schon alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> „Hallo Mostar, wie geht es Euch da unten“ aus der Serbischen<br />
Republik zu hören, war damals etwas ganz Besonderes und Berührendes, denn es<br />
schuf eben diese Normalität, die durch den Krieg verloren gegangen war.<br />
4. Follow-up Aktivitäten (1999/2000):<br />
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4.1. „Kidopolis <strong>in</strong> Brandenburg“ – <strong>in</strong>ternationales Jugendcamp mit 44<br />
Jugendlichen aus 6 Ländern (August 1999)<br />
Bei e<strong>in</strong>em Treffen der Projektbeteiligten kristallisierte sich die Lust heraus, sich „<strong>in</strong><br />
person“ kennen zu lernen. Dieses Bedürfnis wurde vor allem von den Jugendlichen<br />
geäußert.<br />
Konzipiert und geplant wurde das Treffen geme<strong>in</strong>sam mit den Projektmitarbeitern.<br />
F<strong>in</strong>anziert wurde es mit Mitteln des Programms „Jugend für Europa“, des<br />
Auswärtigen Amts Referat 605, des Aktionsbündnisses gegen Gewalt,<br />
Rechtsextremismus und Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit des Innenm<strong>in</strong>isteriums Brandenburg,<br />
der deutschen Botschaft Sarajevo, der Jugendstiftung Baden-Württemberg, der<br />
Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg und des K<strong>in</strong>derberg e.V.<br />
Laut EU-Richtl<strong>in</strong>ien mussten e<strong>in</strong> weiteres EU- und e<strong>in</strong> Drittland mitmachen. Wir<br />
entschieden uns für e<strong>in</strong>en Partner <strong>in</strong> M<strong>in</strong>sk und e<strong>in</strong> Gymnasium <strong>in</strong> Dänemark,<br />
dessen Kollegium bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Partnerschaftsprojekt mit Bosnien aktiv <strong>in</strong>volviert<br />
war.<br />
Das Programm war e<strong>in</strong>e Mischung aus <strong>in</strong>terkultureller Bildung, kreative Workshops,<br />
politischer Bildung und Freizeitgestaltung.<br />
Als Workshops wurde angeboten:<br />
- experimentelles Theater (Franziska Harboat, Bühnenbildner<strong>in</strong> und Dirk<br />
Gartensleben, Regisseur und Choreograph – der 2004 leider sehr jung<br />
verstarb)<br />
- Rockmusik (Mart<strong>in</strong> Rader, Bandmusiker, Berl<strong>in</strong>)<br />
- Lehm- und Tonbau (Yvonne Beek<strong>in</strong>g, Künstler<strong>in</strong> und Pädagog<strong>in</strong>,<br />
Brandenburg)<br />
- Schwarzweiß-Photographie (Raimar Fritsch, Photograph, Strausberg)<br />
- Website-Design (Frank Mamet, Website-Designer, Strausberg)<br />
Das geme<strong>in</strong>same Motto aller Workshops war: „Zukunftsangst und Lebenskunst“ <strong>in</strong><br />
Anlehnung an die bundesweite Kampagne des Bundesverbands Jugend und Film<br />
e.V. Frankfurt und aus dem Gedanken heraus, dass die Jugendlichen aus allen<br />
Ecken Europas gerade im geme<strong>in</strong>samen Arbeiten Geme<strong>in</strong>samkeiten jenseits<br />
kultureller Eigenheiten entdecken können.<br />
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Die Resultate der Workshops – Ausstellungen, Theaterperformance und<br />
Rockkonzert – wurden am Abschlussabend e<strong>in</strong>er breiten Öffentlichkeit <strong>in</strong> Trebnitz<br />
vorgestellt.<br />
Politische Bildungsmaßnahmen:<br />
- Sem<strong>in</strong>ar über die EU (Ragnar Müller, Politologe, Stuttgart)<br />
- Geme<strong>in</strong>samer Besuch des KZ Sachsenhausen<br />
- Ausflug nach Berl<strong>in</strong>, Stadtrundfahrt zum Thema „Berl<strong>in</strong>er Mauer“<br />
Interkulturelle Maßnahmen:<br />
- multikultureller Abend, Präsentation der e<strong>in</strong>zelnen nationalen Gruppen<br />
- <strong>in</strong>ternationales Buffet<br />
- von den Jugendlichen selbst organisiertes Sem<strong>in</strong>ar über Dänemark<br />
Die Jugendfreizeit ist nach wie vor mit der von den Jugendlichen erstellten Webseite<br />
im Internet dokumentiert. URL: http://users.itmr.net/kidopolis/freizeit/<strong>in</strong>dex.htm<br />
4.2. Dokumentarfilm „Don´t forget Bosni@“ (Oktober 1999)<br />
Beschreibung siehe oben.<br />
4.3. Theaterworkshop „E<strong>in</strong> Wiedersehen“ <strong>in</strong> Sarajevo (November 1999)<br />
Im November 1999 leitete Dirk Gartensleben e<strong>in</strong>e Theaterwerkstatt im Haus der<br />
Organisation „Schüler helfen leben“ <strong>in</strong> Sarajevo, an der die bosnischen Teilnehmer<br />
des Projekts aus Mostar, Banja Luka und Tesanj teilnahmen.<br />
4.4. Bosnia Youth Experience OnLive Tour 1999<br />
In Kooperation mit dem Bundesverband Jugend und Film (http://www.bjf.<strong>in</strong>fo) hat die<br />
Projektleiter<strong>in</strong> im Juli 1999 e<strong>in</strong>e zweiwöchige Reise organisiert, für die sich junge<br />
Hobbyfilmer bewerben konnten. Drei Teilnehmer wurden ausgesucht – zwei<br />
Studenten und e<strong>in</strong> Auszubildender. Das so genannte „OnLive-Team“ hat neben den<br />
Projektorten Banja Luka, Tesanj und Mostar 11 weitere Orte <strong>in</strong> Bosnien besucht,<br />
über 20 Interviews geführt, gefilmt, photographiert und dokumentiert. Jeden Abend<br />
wurde e<strong>in</strong> Tagesbericht mit Photos <strong>in</strong>s Internet gestellt. Gelegentlich fanden Chats<br />
mit Schülern e<strong>in</strong>er Heidelberger Schule statt.<br />
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Verb<strong>in</strong>dung zum Ursprungsprojekt <strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong> war, dass die<br />
Projektgruppen <strong>in</strong> Bosnien die Aufenthalte der Tour jeweils organisiert und<br />
mitgestaltet haben.<br />
Die Tour wurde auf e<strong>in</strong>er multimedialen CD-ROM dokumentiert (H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>fos<br />
über Bosnien, Tagebuch mit Bildern der Tour, kurze Filme, Interviewabschriften etc.).<br />
Das junge Filmteam hat aus dem gedrehten Material e<strong>in</strong>en Dokumentarfilm<br />
produziert, der nach Fertigstellung auf Jugendfilmfestivals gezeigt wurde.<br />
Die entstandene CD-ROM und der Videofilm wurden u.a. an alle UNESCO<br />
Projektschulen als Medienpaket über Bosnien verkauft. Von dem Erlös wurden<br />
Jugendprojekte <strong>in</strong> Bosnien unterstützt.<br />
Die Tagesberichte mit e<strong>in</strong> paar Photos und Infos zum Tourteam f<strong>in</strong>den sich noch<br />
immer auf der folgenden Webseite:<br />
http://users.itmr.net/kidopolis/bosnientour/<strong>in</strong>dex.htm<br />
5. Grenzen und Schwierigkeiten des Projekts <strong>„BosnianKidsOnl<strong>in</strong>e“</strong> und der<br />
Nachfolgemaßnahmen<br />
Projektarbeit mit neuen Technologien <strong>in</strong> wirtschaftlich schwachen Gebieten stößt<br />
natürlich auf viele praktische H<strong>in</strong>dernisse, ist also aufwändig und teuer. Viel Zeit und<br />
Energie muss für die Lösung ganz banaler, praktischer Probleme aufgewendet<br />
werden, da alle Ressourcen knapp s<strong>in</strong>d.<br />
Problematisch ist auch der marode Zustand der Telekommunikations-Infrastruktur.<br />
In Bosnien waren zum damaligen Zeitpunkt die Telefonleitungen so schwach und<br />
überlastet, dass oftmals die Nutzung des Internet e<strong>in</strong>fach nicht möglich war.<br />
Bei solchen grundlegenden Schwierigkeiten gerät e<strong>in</strong> ICT-Projekt an die Grenze des<br />
Machbaren.<br />
E<strong>in</strong> weiteres, nicht bee<strong>in</strong>flussbares Problem s<strong>in</strong>d Stromausfälle.<br />
E<strong>in</strong> typisches Problem für wirtschaftlich schwache Projektgebiete ist e<strong>in</strong> Mangel an<br />
motivierten Menschen, die zur ehrenamtlichen Arbeit bereit s<strong>in</strong>d. Lehrer auf dem<br />
Balkan s<strong>in</strong>d extrem schlecht bezahlt (durchschnittlich 200 – 300 EUR netto pro<br />
Monat). Das reicht nicht, um e<strong>in</strong>e vierköpfige Familie zu ernähren. Die Konsequenz<br />
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ist nicht nur Frustration und Depression, sondern auch die Notwendigkeit, durch<br />
zusätzliche Jobs Geld zu verdienen.<br />
Da solche Jugendprojekte ohne Begleitung durch Erwachsene nicht möglich s<strong>in</strong>d,<br />
gleichzeitig aber Geld für Honorare schwer zu bekommen ist, steht und fällt diese<br />
Arbeit mit dem <strong>in</strong>dividuellen Engagement der Beteiligten.<br />
Problematisch kann e<strong>in</strong> grenzüberschreitendes ICT-Projekt wegen dem Fehlen e<strong>in</strong>er<br />
geme<strong>in</strong>samen Sprache se<strong>in</strong>. Nutzt man ICT als Kommunikationsvehikel, muss<br />
sichergestellt se<strong>in</strong>, dass es e<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>gua franca gibt, die von allen beherrscht wird.<br />
In Bosnien gibt es überdurchschnittlich viele junge Menschen, die sehr gut Deutsch<br />
sprechen, weil sie e<strong>in</strong>ige Jahre als Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> Deutschland gelebt haben und dort<br />
zur Schule gegangen s<strong>in</strong>d.<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Probleme:<br />
Will man von außen e<strong>in</strong> Projekt mit e<strong>in</strong>er Entwicklungsperspektive <strong>in</strong>itiieren bzw.<br />
durchführen, ist es aller Erfahrung nach äußerst schwierig, den <strong>in</strong>tendierten Wandel<br />
oder auch nur das langfristige Funktionieren <strong>e<strong>in</strong>es</strong> Projekts sicherzustellen. Von<br />
außen <strong>in</strong>itiierte Projekte haben e<strong>in</strong>en hohen Betreuungsaufwand, der <strong>in</strong> der Regel<br />
von Geldgebern über das Projektende (Ende der Maßnahme) h<strong>in</strong>aus nicht f<strong>in</strong>anziert<br />
wird.<br />
Insofern hängt die so genannte Nachhaltigkeit <strong>e<strong>in</strong>es</strong> Projekts oftmals vom<br />
ehrenamtlichen Engagement ab, etwa von Lehrern oder Sozialpädagogen. Dies ist<br />
gerade <strong>in</strong> Ländern mit knappen Ressourcen und Armut e<strong>in</strong> zentrales H<strong>in</strong>dernis, um<br />
wahren Wandel zu erreichen.<br />
Sarajevo, 08.07.2006<br />
Ingrid Halbritter M.A.<br />
Projektleiter<strong>in</strong><br />
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