Dienst für Gesellschaftspolitik - dfg-online.de
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
11 – 11 Inhaltsverzeichnis 17. März 2011<br />
Verlagsmitteilung:<br />
Poststellen/Sekretariate benachrichtigen: Die nächsten Schritte zum „<strong>dfg</strong> Award 2011“ Seite 2<br />
www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
Gesundheits- und Sozialpolitik:<br />
ALG II-Solidarität kostet die GKV rund 5 Mrd. € Seite 2<br />
Gesetzliche Krankenversicherung:<br />
GKV-Selbstbehalte: BVA holt sich Ohrfeigen vom LSG Hamburg ab Seite 4<br />
Ersatzkassen:<br />
Drückt ver.di die DAK und die KKH Allianz in <strong>de</strong>n Abgrund? Seite 4<br />
Betriebskrankenkassen:<br />
„Businessplan“: Das BKK-System streitet erneut über seine Zukunft Seite 6<br />
Krankenhäuser:<br />
Asklepios-Konzern will Mediclin-Klinikgruppe übernehmen Seite 8<br />
Ruhrbistum: Bischof holt sich Hilfe aus Waldbreitbach Seite 9<br />
Personalia / Berliner Szene: Seite 6<br />
Verlagsmitteilung:<br />
Dieser <strong>dfg</strong>-Ausgabe liegt als Supplement die Ausgabe Nr. 3 - 11 <strong>de</strong>r „BzG – Beiträge zur <strong>Gesellschaftspolitik</strong>“ bei.<br />
Es han<strong>de</strong>lt sich um ein in dieser Form zum ersten Male erstelltes „Ranking <strong>de</strong>r großen <strong>de</strong>utschen privaten Klinik-<br />
Konzern nach Geschäftszahlen“, eine gemeinsame Ausarbeitung <strong>de</strong>r <strong>dfg</strong>-Redaktion und <strong>de</strong>r A+S aktuell-Redaktion.<br />
<strong>dfg</strong> - <strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong> · gegrün<strong>de</strong>t 1962 von Albert Schiefer (+) · ISSN 1615-4436 · A 53191 · Chefredakteur: Wolfgang G. Lange<br />
Anschrift von Verlag und Redaktion: MC.B Verlag GmbH · Niebuhrstraße 63 · 10629 Berlin-Charlottenburg<br />
Vertrieb: Telefon 0 30/275 965 90 · Telefax 0 30/275 965 92 · E-mail: vertrieb@mcb-verlag.<strong>de</strong><br />
Redaktion: Telefon 0 30/275 965 91 · Mobil: 01 72/25 00 324 · E-mail: Lange@mcb-verlag.<strong>de</strong> · www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
Bankverbindung: Deutsche Apotheker- und Ärztebank (BLZ 300 606 01) Konto-Nr. 000 344 56 58<br />
Der „<strong>dfg</strong>“ ist nur im Jahresabonnement (p.a. € 390,00; jeweils inkl. Versand, zzgl. Mwst.) erhältlich. Im Laufe <strong>de</strong>s Jahres eingegangene Abonnements wer<strong>de</strong>n pro rata temporis abgerechnet.<br />
Der „<strong>dfg</strong>“ ist urheberrechtlich geschützt, je<strong>de</strong> Art <strong>de</strong>s Kopierens, <strong>de</strong>s Ab- und Nachdruckes, <strong>de</strong>r Vervielfältigung, Speicherung auf elektronischem o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rem Wege bzw.<br />
Weiterverbreitung bedarf <strong>de</strong>r schriftlichen Genehmigung durch <strong>de</strong>n Verlag. Es gelten die AGB-Bestimmungen <strong>de</strong>s Verlages in <strong>de</strong>r jeweils gültigen Fassung.
<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
Verlagsmitteilung:<br />
Poststellen/Sekretariate benachrichtigen: Die nächsten Schritte zum „<strong>dfg</strong> Award 2011“<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Die nächste Stufe <strong>für</strong> die Vergabe <strong>de</strong>r „<strong>dfg</strong> Awards 2011“ startet ab <strong>de</strong>r 12. Kalen<strong>de</strong>rwoche.<br />
Dann erhalten die Leserinnen und Leser <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n gesundheitspolitischen Hintergrunddienste<br />
„<strong>dfg</strong> – <strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong>“ und „A+S aktuell – Ambulant und Stationär aktuell“<br />
die nummerierten Original-Fragebögen, mit <strong>de</strong>nen sie Vorschläge und Bewerbungen <strong>für</strong> die sechs<br />
Kategorien einreichen können. Nur diese Original-Fragebögen und evtl. beigefügte Unterlagen<br />
wer<strong>de</strong>n vom beauftragten Notar berücksichtigt und <strong>de</strong>r Jury zur Entscheidung vorgelegt.<br />
www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
Aufgrund <strong>de</strong>r Erfahrungen <strong>de</strong>r letzten Jahre wie<strong>de</strong>rholen die bei<strong>de</strong>n Redaktionen die Erläuterungen<br />
zu <strong>de</strong>n Details <strong>de</strong>s Versan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Fragebögen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n „<strong>dfg</strong>-Award 2011“. Es hatte nicht nur in<br />
2010 <strong>de</strong>n Anschein, daß mehr als eine Poststelle o<strong>de</strong>r ein Vorstandssekretariat da<strong>für</strong> sorgten, daß<br />
die durchnummerierten Original-Bögen nicht ihren Weg auf die Schreibtische <strong>de</strong>r Entscheidungsträger<br />
fan<strong>de</strong>n, sei es durch Einscannen o<strong>de</strong>r durch Vernichtung.<br />
In <strong>de</strong>r 12. Woche <strong>de</strong>s Jahres 2011 sollten alle am „<strong>dfg</strong>-Award“ interessierten Leserinnen und -Leser<br />
aufmerksam ihren Posteingang überwachen (lassen). In geson<strong>de</strong>rten, entsprechend gekennzeichneten<br />
Umschlägen gehen voraussichtlich ab <strong>de</strong>m 23. März 2011 die durchnummerierten Fragebögen<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n „<strong>dfg</strong>-Award 2011“ zur Post. Die Umschläge tragen in großen, roten Buchstaben<br />
die Aufschrift „Wichtige Ausschreibungsunterlagen“. Nur mit Hilfe dieser Original-Fragebögen können<br />
Vorschläge bzw. Bewerbungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Award eingereicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die ausgefüllten Original-Fragebögen incl. <strong>de</strong>r eventuell beigefügten Unterlagen müssen bis zum<br />
8. April 2011, 15.00 (Posteingang) beim Berliner Notar vorliegen:<br />
Adresse: Notar Patrick Hei<strong>de</strong>mann<br />
Rechtsanwälte und Notare Hei<strong>de</strong>mann & Dr. Nast<br />
Kur<strong>für</strong>stendamm 188, 10707 Berlin“<br />
Gesundheits- und Sozialpolitik:<br />
ALG II-Solidarität kostet die GKV rund 5 Mrd. €<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Ob die Duisburger SPD-Abgeordnete Bärbel Bas MdB (42) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r gesundheitspolitische<br />
Sprecher <strong>de</strong>r Fraktion DIE LINKE, Harald Weinberg (54), mit ständigen parlamentarischen<br />
Vorstößen kämpften sie in <strong>de</strong>n letzten Wochen und Monaten <strong>für</strong> eine Verbesserung <strong>de</strong>r Situation<br />
<strong>de</strong>r ALG II-Bezieher. Vor allem wollten sie Klarheit, wer künftig <strong>de</strong>ren kosten<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Beiträge in<br />
<strong>de</strong>r Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt. Denn spätestens seit einem Urteil <strong>de</strong>s Kasseler<br />
Bun<strong>de</strong>ssozialgerichts (BSG) vom 18. Januar 2011 ist klar, daß die Krankenkassen im Gegensatz<br />
zu <strong>de</strong>n PKV-Unternehmen auf ihren Ausgaben aus Solidaritäts- und Gesetzgebungslücken<br />
buchstäblich „sitzen“ bleiben. Und das Bun<strong>de</strong>sgesundheitsministerium (BMG) stellt sich weiterhin<br />
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
nicht nur aus „Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Haushaltskonsolidierung“ stur. Das geht aus Unterlagen hervor, die <strong>de</strong>r<br />
<strong>dfg</strong>-Redaktion vorliegen. Immerhin soll es um fünf Mrd. € gehen.<br />
www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
Das BSG hatte am 18. Januar 2011 klipp und klar von einer „gesetzesimmanenten Regelungslücke“<br />
im Sinne einer „planwidrigen Unvollständigkeit <strong>de</strong>r gesetzlichen Vorschriften“ gesprochen<br />
(Az.: B 4 AS 108/10 R). Es könne nicht davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n, „daß mit <strong>de</strong>n gesetzlichen<br />
Neuregelungen <strong>de</strong>s Gesetzes zur Stärkung <strong>de</strong>s Wettbewerbs in <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung<br />
<strong>de</strong>r Krankenversicherungsschutz privat versicherter Bezieher von ALG II gegenüber <strong>de</strong>r<br />
bisherigen Rechtslage wesentlich verschlechtert wer<strong>de</strong>n und in größerem Umfang unge<strong>de</strong>ckte Beiträge<br />
zu ihren Lasten verbleiben sollten“. Insoweit schul<strong>de</strong>ten die zuständigen Träger <strong>de</strong>n PKVversicherten<br />
ALG II-Beziehern auch <strong>de</strong>n vollen PKV-Beitragssatz, in diesem Falle waren es monatlich<br />
207,39 €. In <strong>de</strong>r Regel liegt <strong>de</strong>r Basistarif bei 287,72 €. Die Kasseler Richter meinten, daß die<br />
planwidrige Regelungslücke bei <strong>de</strong>r Tragung von Beiträgen zur privaten Krankenversicherung von<br />
ALG II-Beziehern - hinsichtlich <strong>de</strong>r offenen Beiträge – nur „durch eine analoge Anwendung <strong>de</strong>r Regelung<br />
<strong>für</strong> freiwillig in <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen zu schließen“<br />
sei.<br />
Der Kasseler Spruch befriedigte we<strong>de</strong>r die 156 noch existieren<strong>de</strong>n Kassen, noch <strong>de</strong>n Spitzenverband<br />
Bund <strong>de</strong>r Krankenkassen (GKV-SV). Schließlich erhalten die Körperschaften aktuell nur 131<br />
€ je ALG II-Bezieher von <strong>de</strong>n Jobcentern zur Deckung <strong>de</strong>r Ausgaben <strong>de</strong>r medizinischen Versorgung.<br />
Die Dimension dieses „Mißverhältnisses“, so GKV-SV-Chefin Dr. rer. pol. Doris Pfeiffer (51)<br />
in einem Schreiben vom 9. Februar 2011 an die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>stagsgesundheitsausschusses,<br />
belaste die Krankenkassen mit rund monatlich 147 € je ALG II-Empfänger. Eine Summe, die<br />
sich letztendlich auf fünf Mrd. € summiere. Pfeiffer for<strong>de</strong>rte die Abgeordneten auf, daß <strong>de</strong>r Bund<br />
die Zahlungen <strong>für</strong> gesetzlich versicherte ALG II – Empfänger „angemessen“ sicherstelle, in <strong>de</strong>m er<br />
die Beiträge an <strong>de</strong>n Durchschnittsausgaben <strong>de</strong>r GKV orientiere.<br />
Davon hält man im BMG wenig. Der FDP-Parlamentarische Staatssekretär <strong>de</strong>s Hauses, Daniel<br />
Bahr MdB (34), hielt schon am 28. Januar 2011 in seiner Antwort auf eine Parlamentarische Frage<br />
von Bärbel Bas MdB (42) wenig davon, <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>szuschuß zum Gesundheitsfonds <strong>für</strong> diese<br />
spezifischen ALG II-Zwecke zu verwen<strong>de</strong>n. Das beamtete Mitglied <strong>de</strong>r liberalen BMG-Boygroup,<br />
Staatssekretär Stefan Kapferer (45) äußerte sich sogar noch rigi<strong>de</strong>r. „Im Rahmen“ <strong>de</strong>r BMG-Gesamtverantwortung<br />
bei <strong>de</strong>r Bemessung <strong>de</strong>r Krankenversicherungsbeiträge <strong>für</strong> ALG II-Empfänger<br />
habe man im Ministerium auch zu berücksichtigen, „daß entsprechend höhere Beiträge mit erheblichen<br />
Belastungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>shaushalt verbun<strong>de</strong>n wären, die das wichtige Ziel <strong>de</strong>r Haushaltskonsolidierung<br />
gefähr<strong>de</strong>n“. Kapferer wies auf die unterschiedlichen Finanzierungsströme in PKV<br />
und GKV hin. Aus <strong>de</strong>m GKV-Umlagesystem lasse sich „je<strong>de</strong>nfalls aus <strong>de</strong>r Entrichtung höherer Beiträge<br />
<strong>für</strong> die privat versicherten Bezieher von ALG II keine entsprechen<strong>de</strong> Erhöhung <strong>de</strong>r Beiträge<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r GKV versicherten Personenkreis ableiten“. Sprich: Der GKV-Satz gilt – nach <strong>de</strong>m<br />
Willen <strong>de</strong>s Ursprungsgesetzgebers von 2005 – Ex-SPD-Bun<strong>de</strong>sgesundheitsministerin Ulla<br />
Schmidt MdB (61) – als „belastungsneutral“. Er erhöht zwar nicht die Gesamtlasten <strong>de</strong>r Solidargemeinschaft,<br />
aber auf <strong>de</strong>n wahren Kosten bleiben die Kassen eben sitzen. Den gesetzgeberischen<br />
Fehler, <strong>de</strong>n die alte Ministerin machte, ge<strong>de</strong>nkt die neue Mehrheit aber – nicht nur aus<br />
Haushaltsgrün<strong>de</strong>n – nicht zu beheben. So einfach ist das.<br />
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
Gesetzliche Krankenversicherung:<br />
GKV-Selbstbehalte: BVA holt sich Ohrfeigen vom LSG Hamburg ab<br />
www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Für <strong>de</strong>n normal <strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n Staatsbediensteten sind in <strong>de</strong>r Regel alle Vorgänge, die<br />
aus einem bestimmten, vorgegebenen Raster fallen, ein Graus. Eher lassen sie sich alle Ausre<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Welt einfallen, um Ungewöhnliches im Markt zu verhin<strong>de</strong>rn. Ein als Regierungsdirektor besol<strong>de</strong>ter<br />
Beamter im Bun<strong>de</strong>sversicherungsamt (BVA) wird ähnlich <strong>de</strong>nken. Also dürfte er o<strong>de</strong>r sie<br />
es schon 2008 nicht geschafft haben sich dazu durchzuringen, eine Satzungsän<strong>de</strong>rung einer BKK<br />
zu genehmigen, die einen Selbstbehalt-Tarif enthielt, <strong>de</strong>r <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Versicherten kein finanzielles Risiko<br />
darstellte, da die Kasse mit Prämien in gleicher Höhe winkte. Diese in <strong>de</strong>r Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) wohl einmalige Konstruktion war <strong>de</strong>m Amt zuviel. Man war am Rhein <strong>de</strong>r<br />
Auffassung, <strong>de</strong>m Versicherten müsse ein bestimmtes finanzielles Restrisiko verbleiben. Fast drei<br />
Jahre danach bestätigten die Richter <strong>de</strong>s 1. Senats <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>ssozialgerichts Hamburg (LSG HH)<br />
am 24. Februar 2011 die Konstruktion <strong>de</strong>r BKK, ließen jedoch wegen <strong>de</strong>r „grundsätzlichen Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>r Rechtssache“ Revision zum Kasseler Bun<strong>de</strong>ssozialgericht (BSG) zu.<br />
Am 7. August 2008 hatte die i<strong>de</strong>enreiche BKK Securvita bereits in Hamburg Klage gegen <strong>de</strong>n ablehnen<strong>de</strong>n<br />
Bescheid <strong>de</strong>s BVA erhoben. Warum die Hamburger LSG-Juristen die Rechtssache<br />
mehr als zweieinhalb Jahre auf ihren Stapeln von Rechtssachen bunkerten, geht aus ihrem Urteil<br />
nicht hervor (Az.: L 1 KR 38/08 KL). Da<strong>für</strong> watschten sie in <strong>de</strong>m neunseitigen Urteil das Amt gehörig<br />
ab. Die vom BVA vertretene „Auslegung“ <strong>de</strong>s § 53 SGB V lasse sich we<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Entstehungsgeschichte<br />
noch „aus Sinn und Zweck <strong>de</strong>r Regelungen über <strong>de</strong>n Selbstbehalttarif ableiten“.<br />
Es sei nicht erkennbar, so die Hamburger, daß eine „Prämienzahlung in gleicher Höhe wie <strong>de</strong>r<br />
Selbstbehalt … unangemessen wäre“. Hätte <strong>de</strong>r Gesetzgeber nur Prämien unterhalb <strong>de</strong>s Betrags<br />
<strong>de</strong>s Selbstbehalts <strong>für</strong> zulässig gehalten, hätte es vielmehr nahe gelegen, diesen Ansatz auch im<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Paragraphen festzulegen.<br />
Die Richter müssen sich intensiv mit <strong>de</strong>n Begründungen <strong>de</strong>r diversen Gesetzgebungsverfahren<br />
beschäftigt haben, <strong>de</strong>nn sie fan<strong>de</strong>n dort keine Hinweise darauf, „daß bei <strong>de</strong>m Versicherten ein Kostenrisiko<br />
im Sinne eines Verlustrisikos verbleiben müsse“ – so wie es das Amt vertreten hatte. Für<br />
die Richter stand fest: „Ein <strong>für</strong> die Versicherten attraktiver Selbstbehalttarif ist daher im Hinblick auf<br />
das Bemühen <strong>de</strong>r Krankenkassen um eine günstige Mitglie<strong>de</strong>rstruktur geeignet, <strong>de</strong>n Wettbewerb<br />
zwischen <strong>de</strong>n Kassen zu stärken.“ Aber seit wann verstehen Behör<strong>de</strong>nmitarbeiter etwas von Wettbewerb<br />
– außer vielleicht beim Auf- o<strong>de</strong>r Nachrücken in höher dotierte Positionen?<br />
Ersatzkassen:<br />
Drückt ver.di die DAK und die KKH Allianz in <strong>de</strong>n Abgrund?<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Die Tarifverantwortlichen <strong>de</strong>r <strong>Dienst</strong>leistungsgewerkschaft ver.di scheinen unbeugsam<br />
vor <strong>de</strong>m Leid an<strong>de</strong>rer zu sein, wenn es um die eigenen „Erfolge“ geht. Man bestreikt lieber am<br />
15. März 2011 die von Krisen gebeutelte Berliner Charité o<strong>de</strong>r hilft, krisengeschüttelte Ersatzkas-<br />
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
sen noch näher an <strong>de</strong>n Abgrund zu fahren als von <strong>de</strong>n eigenen Grundsätzen abzurücken. Diesen<br />
Eindruck gewinnt man als Unbeteiligter, wenn man die letzten Tarif-Infos <strong>de</strong>r Gewerkschaft liest.<br />
Danach steht die Gewerkschaft <strong>für</strong> eine Haushaltssanierung <strong>de</strong>r angeschlagenen Körperschaft<br />
nicht zur Verfügung.<br />
www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
Die Zahlen wie auch die Historie sprechen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eindruck, daß es sich bei <strong>de</strong>r Hamburger DAK<br />
z.B. quasi um einen nackten Mann han<strong>de</strong>lt. Die Betriebsmittel und Rücklagen waren zum Stichtag<br />
31. Dezember 2010 bis auf einen kümmerlichen Rest zusammen geschmolzen. Laut KV45-Statistik<br />
v<strong>de</strong>k verfügte man an <strong>de</strong>r Alster noch über 32,9 Mill. €, ein Vermögen, mit <strong>de</strong>m man laut v<strong>de</strong>k<br />
genau 0,71 Tage durchhalten konnte. Für 2011 rechnet man auf Vorstandsebene zwar wie<strong>de</strong>r mit<br />
einem Plus-Ergebnis in dreistelliger Millionen-€-Höhe – doch das ist nur dann zu erreichen, wenn<br />
auch die Strukturmaßnahmen greifen. Dieses be<strong>de</strong>utet: Die DAK muß runter von ihren Verwaltungskosten,<br />
die in 2010 stolze 146,63 € je Versicherten betrugen. Das waren die höchsten in <strong>de</strong>r<br />
Ersatzkassenfamilie. Die Hannoveraner KKH Allianz verbrauchte „nur“ 134,20 € je Versicherten,<br />
die BARMER GEK stolzere 137,98 €. Verwaltungskostenreduktion gelingt nur, wenn man die Personalkosten<br />
rigi<strong>de</strong> und ohne Rücksicht abbaut und das Kosten- und Versorgungsmanagement optimaler<br />
strukturiert.<br />
Die DAK lei<strong>de</strong>t dabei doppelt. Zum einen an ihrer Struktur als „Versorgerkasse“, zum an<strong>de</strong>ren an<br />
ihren in Jahrzehnten aufgepeppten Personal- und Versorgungsstrukturen. Die Mitarbeiterschaft ist,<br />
gemessen an Wettbewerbern, höchst unproduktiv, überaltert und nährt sich vom Nimbus <strong>de</strong>r<br />
„Kassenbeamten“, statt <strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>r „Kun<strong>de</strong>n“ zu dienen. So einen personell verfetteten und<br />
kaum umsteuerbaren Kassen-Tanker baut man in Jahrzehnten auf. Im vorigen Jahrhun<strong>de</strong>rt merkte<br />
kaum jemand, daß in Hamburg schon nicht mehr alles Gold war, was so heftig glänzte – die Kasse<br />
sonnte sich in ihrem bemerkenswerten Image, so daß trotz <strong>de</strong>s innerhalb <strong>de</strong>r Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) extrem hohen Beitragssatzes die Neu-Mitglie<strong>de</strong>r nur so strömten. Und <strong>de</strong>r<br />
damalige Verwaltungsrat, die Selbstverwaltung, spielte beim „Vergol<strong>de</strong>n“ <strong>de</strong>r an sich schon morschen<br />
Fassa<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s angegriffenen Unternehmenskelettes noch kräftig mit. Als bei <strong>de</strong>r benachbarten<br />
Techniker Krankenkasse (TK) Prof. Dr. rer. oec. Norbert Klusen (63) begann, mit mo<strong>de</strong>rnen<br />
Managementmetho<strong>de</strong>n das Kassen-Schiff herum zu reißen und strukturschlank zu gestalten,<br />
sträubte sich die von Gewerkschaftern dominierte Selbstverwaltung gegen je<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rungen<br />
und plädierte <strong>für</strong> ein „weiter so“, <strong>für</strong> die Beibehaltung <strong>de</strong>s „status quo“. Als die damalige Wuppertaler<br />
Barmer Ersatzkasse (BEK) sich aus <strong>de</strong>r VBL auskaufte und frühzeitig die Versorgungsrisiken<br />
ab<strong>de</strong>ckte, versagte man sich je<strong>de</strong>m Mittun – <strong>für</strong> die Hamburger Entscheidungsträger wären das<br />
Beschlüsse gewesen als hätte man <strong>de</strong>n Beelzebub herbei gerufen. Heute fließen dreistellige Millionen-€-Beträge<br />
aus <strong>de</strong>r Liquidität in die Versorgungsleistungen <strong>de</strong>r „Ehemaligen“, die sich auch<br />
noch im alles entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Verwaltungsrat nur so tummeln. Und schaut man sich die Leistungsausgaben<br />
2010 an, dann überstiegen die DAK-Werte die v<strong>de</strong>k-interne Benchmark recht oft. Im<br />
Krankenhausbereich gab die TK z.B. 553,82 € je Versicherten aus, die DAK-Kosten liefen mit<br />
918,26 € buchstäblich davon, lagen noch weit höher als die <strong>de</strong>r strukturell vergleichbaren Versorgerkasse<br />
BARMER GEK (832,90 €) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r KKH Allianz (780,83 €). Diese Art Werte dürften<br />
anzeigen, daß man das Versorgungsmanagement sicherlich optimieren könnte. Aber da<strong>für</strong> braucht<br />
man auch die richtigen internen wie externen Mitarbeiter. Bei Kuren, Vorsorge- und Rehaleistungen<br />
– eine beliebte Spielwiese <strong>de</strong>r Selbstverwaltung – boomten in 2010 die DAK-Kosten ebenfalls,<br />
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
lagen fast um das Dreifache höher als die <strong>de</strong>r KKH Allianz. Und auch bei <strong>de</strong>n Arzneimittel-Ausgaben<br />
waren die Hamburger TOP – im Ausgeben.<br />
www.<strong>dfg</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong><br />
In diese angespannte Situation purzelt nun die hausintern eigentlich starke ver.di und verschärft<br />
anscheinend die Gefährdungspotentiale noch weiter. Die Bun<strong>de</strong>sverantwortlichen vom Berliner<br />
Paula-Thie<strong>de</strong>-Ufer lehnten bei <strong>de</strong>n Tarifverhandlungen mit fünf <strong>de</strong>r sechs Ersatzkassen (die TK<br />
nimmt an diesen Run<strong>de</strong>n nicht teil, weil ver.di dort nichts zu sagen hat und ein eigener Tarif gilt)<br />
am 8. März 2011 jeglichen geplanten Personalabbau ab. Man wollte und will keine „Insellösungen“<br />
o<strong>de</strong>r Einzelhauslösungen wie bei <strong>de</strong>r TK, son<strong>de</strong>rn gab schon gleich das Stichwort „Haftungsverbund“<br />
aus. Ein Begriff, bei <strong>de</strong>m je<strong>de</strong>r Kassen<strong>für</strong>st erst einmal erschau<strong>de</strong>rt. Nur eine „Rahmenvereinbarung“<br />
kann es nach Ansicht <strong>de</strong>r Berliner Gewerkschafter geben, die zur Bewältigung einer<br />
Notlage im Haftungsverbund eingesetzt wird. Bei ver.di <strong>de</strong>nkt man schon über einen „Notlagenausschuß<br />
im Haftungsverbund“ nach, liefern also die Ersatzkassen in Hamburg und Hannover schon<br />
ins Krankenhaus ein bevor noch eine echte Diagnose gestellt ist. Und: bei einem „Haftungsfall<br />
gem. SGB V“ gelten an<strong>de</strong>re Normen als die von ver.di. Dann exekutieren <strong>de</strong>r GKV-Spitzenverband<br />
und das Bun<strong>de</strong>sversicherungsamt (BVA) möglicherweise extremere Einschnitte ins Personalgeflecht<br />
betroffenener Krankenkassen als in <strong>de</strong>r jetzigen Situation. Die Verantwortlichen von ver.di<br />
scheint das nicht zu stören. Man erklärt vollmundig: „ver.di wird nicht eigenhändig ihre Tarifverträge<br />
zerstören, um einzelnen Kassen eine bessere Wettbewerbsposition zu sichern“. An<strong>de</strong>re Gewerkschaften<br />
(z.B. IG Metall, IG BCE) sind in Krisenfällen einsichtiger und helfen mit Gehaltsverzichtserklärungen<br />
u.ä. angeschlagenen Unternehmen. Bei <strong>de</strong>r DAK dürfte es in absehbarer Zeit –<br />
sollte ver.di auf ihrer Kampflage beharren – zu massiven betriebsbedingten Kündigungen kommen.<br />
Die <strong>dfg</strong>-Redaktion wür<strong>de</strong> nach ihrer Berechnung gleich 3.000 Stellen zur Disposition stellen. Aber,<br />
um sich auf so schlanke Strukturen wie die TK zu hungern, wird es bei <strong>de</strong>r DAK noch einige Jährchen<br />
dauern. Wenn es <strong>de</strong>nn Selbstverwaltung und Gewerkschaften überhaupt zulassen.<br />
Betriebskrankenkassen:<br />
„Businessplan“: Das BKK-System streitet erneut über seine Zukunft<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Die BKK-Familie scheint einmal wie<strong>de</strong>r dabei zu sein, ihr beliebtes wie traditionelles<br />
Spiel „Hühnerhaufen“ zu spielen. Landauf, landab treffen sich die Entscheidungsträger in immer<br />
neuen Zusammensetzungen, um über die „Zukunft <strong>de</strong>s Systems“ zu diskutieren. Die Grundlage <strong>für</strong><br />
die erneuten Debatten und Diskussionen bietet dazu ein seit <strong>de</strong>m 9. Dezember 2010 vorliegen<strong>de</strong>r<br />
“Businessplan 2011 - 2013“ <strong>für</strong> die BKK-Bun<strong>de</strong>sverband GbR, <strong>de</strong>n die Düsseldorfer Kienbaum Management<br />
Consultants GmbH erstellte und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>dfg</strong>-Redaktion vorliegt. Das 62-seitige Oeuvre<br />
zeichnet ein nie<strong>de</strong>rschmettern<strong>de</strong>s Zukunfts-Szenario nicht nur <strong>für</strong> die BKK-Familie, son<strong>de</strong>rn <strong>für</strong> die<br />
gesamte „Dritte Bank“ innerhalb <strong>de</strong>r Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Und folgt man <strong>de</strong>n<br />
Bewertungen einiger führen<strong>de</strong>n Protagonisten <strong>de</strong>s BKK-Systems, dann ist man wie<strong>de</strong>r einmal dabei,<br />
auch diese, möglicherweise letzte Chance vorüber ziehen zu lassen. Das tut so manchem<br />
Insi<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Beobachter richtiggehend mental weh.<br />
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
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Schon einmal stand die BKK-Familie am Schei<strong>de</strong>wege. Am 12. Oktober 2007 trafen sich im Berliner<br />
Axel-Springer-Haus fast alle hauptamtlichen Kassen<strong>für</strong>sten mit ihren Selbstverwaltern aus<br />
Lan<strong>de</strong>sverbän<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sverband (vgl. zuletzt <strong>dfg</strong> 42 – 07, S. 5f.) Das Ergebnis dieses<br />
Mammut-Things wie <strong>de</strong>r qualvollen vorgeschalteten Beratungen war eine Zememtierung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverbands-Strukturen<br />
und eine Aufsplitterung <strong>de</strong>r <strong>Dienst</strong>leistungslandschaft, die sich in <strong>de</strong>n Namen<br />
BITMARCK, GWQ o<strong>de</strong>r spectrum|K schnell manifestierte. In <strong>de</strong>r Essener Zentrale beschäftigte<br />
sich die verbliebene Führung (Haupt- wie Ehrenamt) nur noch mit <strong>de</strong>r eigenen Karriere beim<br />
Spitzenverband Bund <strong>de</strong>r Krankenkassen (GKV-SV) o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r „Versorgung“ von beliebten Mitarbeitern.<br />
Politisch o<strong>de</strong>r unternehmerisch zugepackt wur<strong>de</strong> an an<strong>de</strong>ren Orten. Im Konzert <strong>de</strong>r Meinungen<br />
mußte das BKK-System als Einheit verstummen. Darüber hinaus gab man in sanftmütiger<br />
Weise <strong>de</strong>m Drängen <strong>de</strong>r Essener Mitarbeiter nach und verlagerte nur unwesentliche Bestandteile<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sverbands-Mannschaft nach Berlin, eine Handlungsweise, die sich nun bitter rächt. Bis<br />
die gesetzlich vorgeschriebene BKK-Bun<strong>de</strong>sverband GbR gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte, vergeu<strong>de</strong>te<br />
man zusätzlich wertvolle Zeit, und auch Gel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r BKK-Familie. Interpretiert man das Kienbaum-<br />
Gutachten richtig, dann waren nicht nur die Beschlüsse von Berlin im Herbst 2007 einfach falsch,<br />
son<strong>de</strong>rn dann be<strong>de</strong>utete das Ausharren in Essen möglicherweise <strong>de</strong>n To<strong>de</strong>sstoß <strong>für</strong> das BKK-<br />
System und die dritte Bank beim GKV-SV. Die wichtigsten Wettbewerber, so die Managementberater,<br />
wie <strong>de</strong>r AOK-BV o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r v<strong>de</strong>k, hätten frühzeitig die richtigen Weichen gestellt.<br />
Aus <strong>de</strong>n Fehlern <strong>de</strong>r letzten Jahre ziehen die Berater vom Rhein Folgerungen, die je<strong>de</strong>m BKK-Verantwortlichen<br />
Angst machen müssen. Mit <strong>de</strong>m aktuellen Verlust <strong>de</strong>s Vetorechts <strong>de</strong>r dritten Bank,<br />
<strong>de</strong>r bun<strong>de</strong>sweite Mitglie<strong>de</strong>ranteil innerhalb <strong>de</strong>r GKV ist schließlich unter 31 Prozent gesunken, sei<br />
eine wichtige politische Schranke gefallen. Man sollte wohl das Wort „unwie<strong>de</strong>rbringlich“ einfügen.<br />
Kienbaum weissagt <strong>de</strong>m BKK-System einen horren<strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rverlust (nicht nur durch kassenartenübergreifen<strong>de</strong><br />
Fusionen), <strong>de</strong>r dazu führen wür<strong>de</strong>, daß im Jahr 2013 <strong>de</strong>r Bestand um rund ein<br />
Viertel auf 7,5 Mill. Mitglie<strong>de</strong>r abgenommen habe. Außer<strong>de</strong>m diagnostizieren sie erhebliche „Auflösungsten<strong>de</strong>nzen“<br />
im BKK-Lager. Der „Hühnerhaufen“ scheint also aus externer Sicht kaum noch<br />
zusammen zu halten zu sein. Zumal <strong>de</strong>r finanzielle Zustand in absehbarer Zeit nicht mehr gera<strong>de</strong><br />
rosig sein dürfte. Viele Kassen sehen es zu<strong>de</strong>m nicht mehr ein, die überalterte Essener Rest-<br />
Mannschaft noch länger „durchzufüttern“.<br />
Wie es einem Gutachten zukommt, machen die Düsseldorfer auch Zukunfts-Vorschläge. Doch –<br />
wie könnte es an<strong>de</strong>rs sein – die sind Gegenstand heftigster Debatten unter <strong>de</strong>n Entscheidungsträgern.<br />
Denn von einer einigen „Familie“ kann man wirklich nicht mehr sprechen. Vom gemeinsamen<br />
Mantelbegriff „BKK“ haben sich schon einige Kassen verabschie<strong>de</strong>t. Man nennt sich nur noch<br />
„Krankenkasse“ (z.B. die Bergische, SECURVITA o<strong>de</strong>r ganz aktuell die Schwenninger) o<strong>de</strong>r durchkreuzt<br />
unter einem Kürzel (z.B. SBK) erfolgreich <strong>de</strong>n Wettbewerbssee. Das frühere BKK-System<br />
ist zu<strong>de</strong>m in drei große Blöcke gespalten, das sehen auch die Kienbaum-Gutachter. Am besten<br />
positioniert seien die traditionellen, geschlossenen BKKen mit ihrem auch in Berlin gut repräsentierten<br />
Verein “BKKiU“. Sie seien „ernst zu nehmen<strong>de</strong> und gut aufgestellte Marktteilnehmer“, zumal<br />
sie über sehr gute finanzielle Grundlagen verfügten. Den so genannten „Mittelständlern“ fehlt wohl<br />
<strong>de</strong>r politische Kopf, um aktuell im Konzert richtig mitzumischen. Und die 10 bis 15 „Großen“ haben<br />
nicht nur ganz an<strong>de</strong>re Probleme als die „geschlossenen“ BKK-Schwestern, sie agieren im Markt<br />
auch total an<strong>de</strong>rs und sind <strong>für</strong> kassenartenübergreifen<strong>de</strong> Fusions-Optionen meist offen.<br />
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Stellt sich die Frage, was machen die BKKen mit ihren fünf bis sechs verbliebenen Lan<strong>de</strong>sverbän<strong>de</strong>n?<br />
Als reine Servicegesellschaften sieht sie niemand, ihr mehrheitlicher Drang, sich zu einem<br />
BKK-Systemverband zusammen zu schließen und die GbR so eines Tages abzulösen, schmeckt<br />
vielen Entscheidungsträgern gar nicht. Was folgt <strong>de</strong>m aber? Viele plädieren <strong>für</strong> einen „BKK-Bun<strong>de</strong>sverband<br />
neu“, <strong>de</strong>r mit einer kleinen, schlagkräftigen wie motivierten und jungen Mitarbeitertruppe<br />
und einem strategie- und kommunikationsstarken Geschäftsführer in Berlin agiert. Die verjüngten<br />
Spitzen von AOK-BV und v<strong>de</strong>k gelten da wohl als Vorbil<strong>de</strong>r. Ohne große Versorgungsverbindlichkeiten.<br />
Dieses wür<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten, daß man die Essener Zentralrestmannschaft quasi „stilllegt“,<br />
bis die gesetzlich normierte Beschäftigungszeit abgelaufen ist. Das wür<strong>de</strong> zwar auch ins Geld gehen,<br />
aber die Schlagkraft erhöhen – vor allem, wenn man auf alte Seilschaften nicht mehr Rücksicht<br />
nehmen müßte. Kienbaum klei<strong>de</strong>te diese Option in die Worte: „Der Verband wür<strong>de</strong> dann wieterhin<br />
die Interessen <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r als einheitliches Sprachrohr nach außen vertreten und die ‚politische<br />
Klammer’ <strong>für</strong> das System bil<strong>de</strong>n. Dieser gestraffte Verband kann nach Bedarf von einzelnen<br />
Kassen o<strong>de</strong>r Verbän<strong>de</strong>n in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n.“ Was die Existenz <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>s- verbän<strong>de</strong><br />
bei dieser Alternative angehe, könne man in Ruhe abwarten o<strong>de</strong>r gesetzlichen Vorgaben<br />
überlassen. Die Kienbaum-Gutachter stellen <strong>de</strong>m System die Aufgabe „eine strukturierte Strategiediskussion“<br />
im Jahr 2011 zu führen. Diese ist bereits im vollen Gange. Und sie wird auch aus <strong>de</strong>m<br />
finanziellen Blickwinkel zu führen sein. Denn die Geldmittel, die 2009 noch in <strong>de</strong>n Etats bereitstan<strong>de</strong>n,<br />
halbieren sich nach Einschätzung <strong>de</strong>r Gutachter bis 2013. Von Belastungen durch gefähr<strong>de</strong>te<br />
Kassen ganz zu schweigen.<br />
Krankenhäuser:<br />
Asklepios-Konzern will Mediclin-Klinikgruppe übernehmen<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Man kann trefflich darüber streiten, ob die Hamburger Asklepios Kliniken GmbH die<br />
Nr. zwei, drei o<strong>de</strong>r vier <strong>de</strong>r großen <strong>de</strong>utschen privaten Klinik-Konzerne ist. Die Klassifizierung<br />
hängt davon ab, welche Kennzahl man als Grundlage wählt (vgl. BzG 3 – 11 als Supplement zu<br />
dieser <strong>dfg</strong>-Ausgabe). Klar ist: Der vom Grün<strong>de</strong>r und Gesellschafter Dr. iur. Bernard gr. Broermann<br />
(66) geführte Konzern will weiter wachsen. Am 11. März 2011 gaben die Hamburger ein freiwilliges<br />
öffentliches Übernahmeangebot <strong>für</strong> die Offenburger MEDICLIN AG ab, die unter <strong>de</strong>n TOP 6 dieses<br />
Klinikmarktsegmentes rangiert.<br />
Der 1984 gegrün<strong>de</strong>te Asklepios-Konzern – von <strong>de</strong>m sich im übrigen 1994 quasi die HELIOS-Gruppe<br />
abspaltete – war seit 2008 über seine Tochtergesellschaft, die Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft<br />
mbH in Königstein im Taunus –zweitgrößter MEDICLIN-Gesellschafter. Man hielt bereits<br />
26,52 Prozent und damit eine Sperrminorität an <strong>de</strong>r Ba<strong>de</strong>ner Gruppe. Größter Anteilseigner<br />
war die ERGO Versicherungsgruppe AG, eine Tochtergesellschaft <strong>de</strong>s welt-größten Rückversicherers<br />
Munich RE, mit 35 Prozent. Weiterer Großaktionär war über seine Tochtergesellschaft Pro-<br />
Log Beteiligungsgesellschaft mbH, <strong>de</strong>r Lebensversicherer <strong>de</strong>r Sparkassen, die Düsseldorfer PRO-<br />
VINZIAL Lebensversicherung AG mit 22,23 Prozent. Auf <strong>de</strong>m „freien Markt“ sollen aktuell nur rund<br />
17 Prozent zu haben sein. Auf diese dürften es die Hamburger abgesehen haben, <strong>de</strong>nn sie wollen<br />
die ihnen angebotenen Aktien <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Frankfurter Börse gehan<strong>de</strong>lten MEDICLIN AG in bar (ge-<br />
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setzlicher Min<strong>de</strong>stpreis) bezahlen. Man strebe, so war zu lesen, mit <strong>de</strong>m Schritt eine „qualitative<br />
Verbesserung“ seiner Beteiligungsverhältnisse im „Rahmen eines strategischen Min<strong>de</strong>rheitenengagements“<br />
an. Mehr wird aktuell auch nicht möglich sein, bei einer Mehrheitsbeteiligung dürfte<br />
sich das Bonner Bun<strong>de</strong>skartellamt (BKartA) <strong>de</strong>n Fall wohl noch genauer ansehen. Sollte <strong>de</strong>m Vorhaben<br />
Erfolg beschie<strong>de</strong>n sein, dürften die Hamburger in je<strong>de</strong>m Falle einen stärkeren Einfluß auf<br />
die strategischen Vorgaben <strong>für</strong> MEDICLIN-Einrichtungen ausüben und mehrere Sitze im Aufsichtsrat<br />
beanspruchen, in <strong>de</strong>m man bis dato nicht direkt vertreten war. Auf <strong>de</strong>n Frankfurter Aktienkurs<br />
<strong>de</strong>r MEDICLIN AG übte das Übernahmeangebot am 14. o<strong>de</strong>r 15. März 2011 keine positive Wirkung<br />
aus, er sank im Trend wie <strong>de</strong>r DAX.<br />
Ruhrbistum: Bischof holt sich Hilfe aus Waldbreitbach<br />
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(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Das Ruhrbistum Essen ist die jüngste <strong>de</strong>r 20 Diözesen in Deutschland, sie wur<strong>de</strong> erst<br />
1958 geschaffen. Doch <strong>de</strong>r gesellschaftliche Wandlungsprozeß ging auch an ihr nicht vorbei, man<br />
verlor im vergangenen halben Jahrhun<strong>de</strong>rt rund ein Drittel <strong>de</strong>r Kirchenmitglie<strong>de</strong>r, die Kirchensteuereinnahmen<br />
gingen erheblich zurück. Daher will <strong>de</strong>r vierte Essener Bischof, Dr. theol. Franz-<br />
Josef Overbeck (46), die Wirtschaftlichkeit aller katholischen Krankenhäuser und sozialen Einrichtungen<br />
auf <strong>de</strong>n Prüfstand stellen. Da nicht nur seine Abteilung „Caritative Einrichtung“ in <strong>de</strong>r<br />
Bistumsverwaltung personell verwaist ist, holte er sich am 28. Februar 2011 externe Unterstützung<br />
und Expertise. Zu Hilfe kommen ihm – ausgerechnet - die Waldbreitbacher Franziskanerinnen, die<br />
selbst dabei sind, ihr „Tafelsilber“ in Form ihrer Krankenhauslatifundien nach Trier in eine Stiftung<br />
zu verlagern (vgl. zuletzt <strong>dfg</strong> 4 – 1, S. 13).<br />
Bischof Overbeck will seine 18 Kliniken und 33 Alten- und Pflegeheime sowie Hospize „in eine gute<br />
Zukunft führen“. Sein Ziel ist es, mit externer Unterstützung die Einrichtungen „zeitgemäß weiterzuführen<br />
und dabei die notwendigen Konsolidierungsaufgaben unter <strong>de</strong>n Vorgaben <strong>de</strong>r Politik<br />
und <strong>de</strong>r Kostenträger sowie <strong>de</strong>s ethischen Anspruchs <strong>de</strong>r Katholischen Kirche anzugehen“. Mit eigenen<br />
Bordmitteln scheint man das in Essen nicht bewerkstelligen zu können. Also unterzeichnete<br />
<strong>de</strong>r Bischof am 28. Februar 2011 in Essen zusammen mit <strong>de</strong>r Generaloberin <strong>de</strong>r Waldbreitbacher<br />
Franziskanerinnen, M. Basina Kloos (71), einen Vertrag über eine „Strategische Partnerschaft“.<br />
Beraten wird das Bistum von <strong>de</strong>r Konzerngesellschaft <strong>de</strong>r Schwestern, <strong>de</strong>r St. Elisabeth GmbH in<br />
Waldbreitbach. Mit <strong>de</strong>m Wissens-Support aus <strong>de</strong>m Westerwald will das Bistum „Grundsatzentscheidungen“<br />
<strong>für</strong> eine „strategische Neu-Ausrichtung“ seiner Einrichtungen treffen. Für das Projekt<br />
schuf man eigens ein Strategiebüro. Ob im Zuge <strong>de</strong>s Prozesses auch Kliniken „zur Disposition“ gestellt<br />
wer<strong>de</strong>n, war nicht zu erfahren.<br />
Personalia / Berliner Szene:<br />
Ex-Bun<strong>de</strong>sgesundheitsministerin macht Karriere<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Sieben Mal in <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>stag gewählt zu wer<strong>de</strong>n, schafft nicht je<strong>de</strong>r. Zur Vizepräsi<strong>de</strong>ntin<br />
<strong>de</strong>s Parlamentes aufzusteigen gelingt nur wenigen. Seit <strong>de</strong>m 14. März 2011 ist Gerda Has-<br />
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selfeldt MdB (60) die mächtigste CSU-Frau in Berlin. Auf Vorschlag von Bayerns Ministerpräsi<strong>de</strong>nt<br />
Horst Seehofer MdL (61) wählte die CSU-Lan<strong>de</strong>sgruppe sie mit überwältigen<strong>de</strong>r Mehrheit zur neuen<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>n. Die Nachfolgerin <strong>de</strong>s neuen Bun<strong>de</strong>sinnenministers Dr. iur. Hans-Peter Friedrich<br />
MdB (54) ist damit automatisch auch 1. stellvertreten<strong>de</strong> Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r CDU/CSU-Bun<strong>de</strong>stagsfraktion.<br />
Der Ex-Bun<strong>de</strong>sgesundheitsminister Seehofer (1992 – 1998) hievte damit eine Vertraute in<br />
das wichtigste Fraktionsamt, das seine Partei in Berlin zu vergeben hat. Und gleichzeitig betraute<br />
er auch seine eigene Amtsvorgängerin als Bun<strong>de</strong>sminister mit einer wichtigen Position - <strong>de</strong>nn<br />
meist wird vergessen, daß die aus Fürstenfeldbruck stammen<strong>de</strong> Politikerin <strong>für</strong> knapp 15 Monate<br />
Bun<strong>de</strong>sgesundheitsministerin war (1991 – 1992). Dort machte sie jedoch keine „bella figura“ wie<br />
zuvor im Amt <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sbauministerin (1989 – 1991) und trat nach einer durch enge Mitarbeiter<br />
ausgelösten Affaire zurück. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren zeichnete die diplomierte Volkswirtin sich<br />
durch stille wie erfolgreiche Kärrnerarbeit im Haushalts- und Finanzbereich aus, bis sie 2005 zur<br />
Bun<strong>de</strong>stagsvizepräsi<strong>de</strong>ntin aufstieg.<br />
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KBV-Duo glorreich im Amt bestätigt<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Beim Geld hört die Freundschaft auf. Diejenigen vier Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
(KVen), <strong>de</strong>ren Mitglie<strong>de</strong>rn es in <strong>de</strong>n letzten Jahren honorartechnisch beson<strong>de</strong>rs gut ging, bil<strong>de</strong>n in<br />
naher Zukunft die vertragsärztliche Opposition in Deutschland. Die konstituieren<strong>de</strong> Sitzung <strong>de</strong>r<br />
Vertreterversammlung (VV) <strong>de</strong>r Kassenärztlichen Bun<strong>de</strong>svereinigung (KBV) am 11. März 2011 war<br />
kaum zu En<strong>de</strong>, da greinten die KVen aus Bayern, Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-<br />
Vorpommern via gemeinsamer Aussendung schon riesige Krokodilstränen über das „abgekartete<br />
Spiel“, das die parlamentarische KBV-Mehrheit mit ihnen gera<strong>de</strong> eben gespielt hatte. Die von <strong>de</strong>n<br />
vier KVen getragenen Kandidaten hatten bei <strong>de</strong>n vorgezogenen KBV-Vorstandswahlen einfach nur<br />
verloren. Den vier Körperschaften war es zwar gelungen, rund ein Drittel <strong>de</strong>r 60 VV-Mitglie<strong>de</strong>r <strong>für</strong><br />
ihre Interessen zu gewinnen. Der Rest <strong>de</strong>s Gremiums – also zwei Drittel - stand felsenfest wie ein<br />
Block bei je<strong>de</strong>m Wahlgang zum bisherigen Führungsduo. Seit <strong>de</strong>m Thing im Berliner Maritim Hotel<br />
steht fest: In <strong>de</strong>r Amtsperio<strong>de</strong> 2011 – 2016 wird die KBV weiterhin vom Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n Dr.<br />
med. Andreas Köhler (50) und seinem Vize Dr. med. Carl-Heinz Müller (55) geführt. Hatte man<br />
vorher knappere Wahlergebnisse vorausgesehen, so können sich die bei<strong>de</strong>n nun ihrer Zwei-Drittel-Mehrheiten<br />
erfreuen.<br />
Italiener räumen gna<strong>de</strong>nlos bei ihren <strong>de</strong>utschen PKV-Töchtern auf<br />
(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Daß in Deutschland manchmal an<strong>de</strong>re Markt-Gesetze gelten als im Ausland, macht<br />
man frem<strong>de</strong>n Eignern nur selten klar. Der italienische Generali-Konzern gehört zu <strong>de</strong>n größten <strong>de</strong>r<br />
Versicherungsbranche weltweit. Aggressiv versucht man seit Jahren die jeweiligen Marktanteile zu<br />
erhöhen. Mit <strong>de</strong>r Geschäftsentwicklung seiner <strong>de</strong>utschen PKV-Töchter dürfte man nicht mehr zufrie<strong>de</strong>n<br />
gewesen sein. Denn ab <strong>de</strong>m 1. April 2011 zieht bei <strong>de</strong>r CENTRAL Krankenversicherung<br />
AG in Köln und <strong>de</strong>r speziell <strong>für</strong> die Zusatzversicherungen <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Techniker Krankenkasse<br />
(TK) gegrün<strong>de</strong>ten ENVIVAS Krankenversicherung AG frischer Wind ein, dürften die Geschäftsstrategien<br />
neu <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n. Die Aufsichtsräte bei<strong>de</strong>r PKV-Unternehmen, wobei das EN-<br />
VIVAS-Gremium nur aus drei Männern besteht, trennten sich am 14. März 2011 „im besten gegenseitigen<br />
Einvernehmen“ vom seit Oktober 2006 amtieren<strong>de</strong>n Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n Dr. math. Joa-<br />
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<strong>Dienst</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesellschaftspolitik</strong><br />
chim von Rieth (54). Man hatte unterschiedliche Auffassungen über die künftige Geschäftsstrategie.<br />
Als Nachfolger in bei<strong>de</strong>n Unternehmen setzten die Aufsichtsräte Heinz Teuscher (49) ein. Der<br />
diplomierte Betriebswirt arbeitete bis 2008 lange Jahre bei <strong>de</strong>r CENTRAL – unter an<strong>de</strong>rem im Vorstand<br />
- bevor er sich <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n-Tochter <strong>de</strong>s Generali-Konzerns annehmen durfte und im April<br />
2010 in <strong>de</strong>n Vorstand <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Generali Versicherungen einrückte. Ihm zur Seite stellten die<br />
Aufseher mit Daniela Ro<strong>de</strong> (40) ein neues, viertes Vorstandsmitglied. Die diplomierte Mathematikerin<br />
werkelte seit 2008 bei <strong>de</strong>r CENTRAL in Köln und war dort <strong>für</strong> das Produktmanagement verantwortlich.<br />
Welche Auswirkungen das Revirement auf die Geschäftspolitik bei<strong>de</strong>r PKV-Unternehmen<br />
und im Verhältnis zum Kassen-Tanker TK haben wird, bleibt abzuwarten.<br />
Es regnet Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuze - <strong>für</strong> Frauen meist nur am Ban<strong>de</strong><br />
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(<strong>dfg</strong> 11 – 11) Der Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt verleiht am 18. März 2011 wie<strong>de</strong>r höchstpersönlich Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuze<br />
(BVK). Gleich drei (ehemals) führen<strong>de</strong> Lan<strong>de</strong>spolitiker fahren bei ihm vor, um sich<br />
selbst die nächste BVK-Stufe abzuholen: Bran<strong>de</strong>nburgs SPD-Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Matthias Platzeck<br />
MdL (57), Berlins SPD-Regieren<strong>de</strong>r Bürgermeister Klaus Wowereit (57) und Ex-Hessenchef und<br />
CDU-Mann Roland Koch (52). Verdiente Mitbürger müssen sich meist mit <strong>de</strong>r ersten Stufe, <strong>de</strong>m<br />
BVK am Ban<strong>de</strong> zufrie<strong>de</strong>n geben. Dabei fällt auf, daß die Or<strong>de</strong>nskanzlei <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten<br />
bei <strong>de</strong>r Vergabe von Or<strong>de</strong>n das Wirken von Frauen verstärkt berücksichtigt. Das mag nicht nur am<br />
100. Geburtstag <strong>de</strong>s Welt-Frauentages am 8. März 2011 gelegen haben.<br />
Vier Beispiele aus <strong>de</strong>r jüngsten Zeit, bei <strong>de</strong>r das BVK an Frauen aus <strong>de</strong>m bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Gesundheitswesen<br />
verliehen wur<strong>de</strong>: Bereits am 10. Februar 2011 erhielt in Mainz die stellvertreten<strong>de</strong><br />
Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Apothekerverban<strong>de</strong>s Rheinland-Pfalz, Hil<strong>de</strong>gard Dressino (60), <strong>de</strong>n Or<strong>de</strong>n. Überreicht<br />
wur<strong>de</strong> die Auszeichnung von <strong>de</strong>r rheinland-pfälzischen SPD-Ministerin <strong>für</strong> Arbeit, Soziales,<br />
Gesundheit, Familie und Frauen, Malu Dreyer MdL (50). Die Wormser Pharmazeutin gehört zu <strong>de</strong>n<br />
wenigen Frauen, die im vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rt in Spitzenpositionen <strong>de</strong>s Berufsstan<strong>de</strong>s aufrückten.<br />
Schon 1988 wur<strong>de</strong> sie als erste Frau in <strong>de</strong>n Vorstand <strong>de</strong>s Apothekerverban<strong>de</strong>s Rheinland-Pfalz<br />
gewählt, <strong>de</strong>m sie heute noch angehört. Am 17. Februar 2011 folgte in Hamburg mit Ricarda<br />
Klein (66) die Vize-Präsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>s Deutschen Pflegerates (DPR) und langjährige Pflegedirektorin<br />
<strong>de</strong>s Universitätsklinikums Eppendorf. Die gleiche Stufe <strong>de</strong>s BVK erhielt am 25. Februar<br />
2011 die Geschäftsführen<strong>de</strong> Gesellschafterin einer <strong>de</strong>r zwanzig größten privaten Krankenhaus-<br />
Gruppen in Deutschland, Dr. rer. pol. Dagmar Schmie<strong>de</strong>r (65). Die ba<strong>de</strong>n-württembergische CDU-<br />
Umweltministerin Tanja Gönner (41) nutzte die Eröffnung eines Klinikneubaus <strong>de</strong>r Kliniken<br />
Schmie<strong>de</strong>r-Gruppe in Hei<strong>de</strong>lberg, um die Auszeichnung zu übergeben. Die Tochter <strong>de</strong>s Pioniers<br />
<strong>de</strong>r neurologischen Rehabilitation, Prof. Dr. med. Friedrich Schmie<strong>de</strong>r (+), war 1976 in das 1950<br />
gegrün<strong>de</strong>te Unternehmen eingetreten, das damals nur über zwei Klinikstandorte verfügte. Nach<br />
<strong>de</strong>m Ausschei<strong>de</strong>n von Prof. Schmie<strong>de</strong>r 1986 wuchs die Gruppe kontinuierlich. Am 21. Februar<br />
2011 hatte sich <strong>de</strong>r rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Kurt Beck MdL (62) selbst Zeit genommen,<br />
um ein Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuz 1. Klasse zu verleihen. In <strong>de</strong>r Mainzer Staatskanzlei empfing<br />
er die agile wie noch viel beschäftigte Generaloberin <strong>de</strong>r Waldbreitbacher Franziskanerinnen,<br />
M. Basina Kloos (71), um ihr die Auszeichnung zu überreichen. Eine Woche später betätigte<br />
sich die Oberin in Essen schon wie<strong>de</strong>r erfolgreich als Unternehmerin (vgl. Beitrag in dieser <strong>dfg</strong>-<br />
Ausgabe).<br />
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