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HARTMUT BÖHME / PETER MATUSSEK - Peter Matusseks

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Besucher auf ein wirkliches Fahrrad setzt, um durch virtuelle Stadtlandschaften zu<br />

fahren, spielen bereits mit einer Verschmelzung von eigenleiblichem Spüren und<br />

simulierter Bewegungsoptik. Charlotte Davies treibt mit ihrer Installation Osmose 5<br />

die Immersion in den virtuellen Raum noch ein Stück weiter. Der Besucher setzt<br />

sich hier einen Datenhelm auf, der ihm nicht nur die optische Suggestion einer<br />

Unterwasserwelt bietet, sondern diese wird zugleich mit seinem Atemrhythmus<br />

verkoppelt: Mit jeder Diastole sinkt er tiefer, mit jeder Systole steigt er höher, wie<br />

bei einem echten Tauchgang. Auch im kommerziellen Bereich geht der – von der<br />

Computerspielindustrie angeführte – Trend dahin, die Schnittstelle zwischen<br />

Virtual Life und Real Life zum Verschwinden zu bringen. Brenda Laurel, eine der<br />

wichtigsten Protagonistinnen dieses Trends begründet ihr Postulat des "vanishing<br />

interface" mit einem bemerkenswerten Vergleich: "Whoever discovered water [...]<br />

certainly wasn’t a fish". 6 Sie fordert also ein zur Indifferenz herabgesunkenes<br />

Schwellenbewußtsein, um dem Computernutzer das Erlebnis maximaler<br />

Partizipation zu ermöglichen. Erst wenn er nicht mehr mitbekommt, daß er "drin"<br />

ist, ist er wirklich "drin".<br />

Man könnte demgegenüber leicht einwenden, daß der Unterschied rasch zu<br />

Tage tritt, wenn die Probe auf die physische Existenzerfahrung gemacht wird: Ein<br />

Taucher, der das Bewußtsein verloren hat, unter Wasser zu sein (wie es etwa bei<br />

der Taucherkrankheit vorkommt), droht zu ertrinken. Ebenso müßten wir in<br />

virtuellen Landschaften an Luft- und Nahrungsmangel zugrunde gehen, wenn wir<br />

uns auf ihre simulierten Diäten verlassen wollten. Und so treibt es auch die<br />

Besucher von Courchesnes Installation bald zum Verlassen der Cave ans draußen<br />

bereitgestellte Büffet.<br />

Doch eine derart begründete Unterscheidung von "natürlicher" und<br />

"simulierter" Natur ist problematisch, da sie sich auf ein Kriterium stützt, das<br />

definitorisch unter dem Niveau dessen bleibt, was Klaus-Michael Meyer-Abich<br />

die "natürliche Mitwelt" nennt. 7 Es handelt sich dabei um ein<br />

Verwandtschaftsverhältnis, das sich nicht schon aus der kruden Befriedigung<br />

physiologischer Bedürfnisse ergibt, sondern erst aus einer wechselseitigen<br />

5 Softimage 1995.<br />

6 Laurel, Brenda: Computers as Theatre; Reading (Mass.) 1991, S. 210.<br />

7 Meyer-Abich, Klaus Michael: Aufstand für die Natur. Von der Umwelt zur Mitwelt; München<br />

1990.

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