Die Idee des Kommunitarismus (PDF) - Homepage von Stephan Barth
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in diesem Zusammenhang darin, sich auf die Entwicklung derjenigen persönlichen Fähigkeiten zu<br />
konzentrieren, die junge Menschen befähigen, auf zivilisierte und moralisch akzeptable Weise<br />
miteinander umzugehen. Lehrer sollten also mehr sein als Vermittler <strong>von</strong> Lehrstoff, sie sollten Konfliktlösungsstrategien<br />
unterrichten und einüben lassen. Außerdem sollen explizit Werte vermittelt<br />
werden, eine wertfreie Bildung gebe es nämlich nicht.<br />
Um diese Aufgaben zu bewältigen, solle die Schulzeit ausgedehnt werden, und zwar mit mehr Stunden<br />
am Tag, mehr Tagen in der Woche und mehr Monaten im Jahr.<br />
Den Eltern solle eine unmittelbare Mitsprache an schulischen Belangen eingeräumt werden.<br />
1.6.3. <strong>Die</strong> Gemeinschaft<br />
Auf die besondere Bedeutung der Gemeinschaft im kommunitaristischen Paradigma bin ich bereits<br />
ausführlich eingegangen. <strong>Die</strong> Gemeinschaft sei für die moralische Entwicklung <strong>des</strong>halb so wichtig, weil<br />
sie ihre Mitglieder immer wieder bei der Einhaltung moralischen Verhaltens bestärke, man kann auch<br />
sagen: überwache. Je schwächer eine Gemeinschaft sei, <strong>des</strong>to dünner sei das soziale Netz und <strong>des</strong>to<br />
leiser die "Stimme der Moral".<br />
Gemeinschaft wird <strong>von</strong> ETZIONI explizit auch sozialräumlich gedacht. Durch sozialräumliche Planung<br />
und Architektur - er nennt sie kommunitaristische Architektur - sollen Begegnungsräume für Menschen<br />
geschaffen werden, bei der Belegung neuer Quartiere soll auf soziale Vielfalt geachtet werden usw. In<br />
den Kommunen sollten Prüfungsausschüsse etabliert werden, deren Aufgabe darin bestehe,<br />
gemeinschaftsfeindliche Aktivitäten und Vorschriften zu ermitteln und abzuschaffen.<br />
Ein wesentliches Kriterium in diesem Zusammenhang ist aber auch die innere Sicherheit, in besonderer<br />
Weise natürlich in Amerika. Zur Befriedung ihrer Wohngebiete werden die Bürger aufgerufen, sich zu<br />
Bürgerwehren zusammenzuschließen. Kriminelle, aber auch Obdachlose und Drogenabhängige werden<br />
als Störenfriede einer gedeihlichen Nachbarschaft angesehen. Letzteren beiden sollen staatliche<br />
Angebote - Wohn- bzw. Rehabilitationsplätze - unterbreitet werden. Nehmen sie diese Angebote nicht<br />
an, ist ihre Vertreibung für ETZIONI gerechtfertigt.<br />
Straftäter sollen öffentlich angeprangert werden, weil dadurch - weshalb auch immer - ihre Reintegration<br />
in die Gemeinschaft erleichtert und der Delinquent vom Umgang mit anderen Straftätern abgehalten<br />
werde. 29 <strong>Die</strong>se Auffassungen widersprechen diametral den Erkenntnissen moderner Kriminologie<br />
und sind aus der Feder eines Soziologen gelinde gesagt erstaunlich.<br />
1.6.4. <strong>Die</strong> Gesellschaft als Gemeinschaft der Gemeinschaften<br />
Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene spricht Etzioni zunächst einmal ausführlich über Veränderungen in<br />
der Wahlkampffinanzierung und der Vorschriften über die Annahme <strong>von</strong> Geldern <strong>von</strong> Lobbyisten, die<br />
zu einer ernsthaften Gefährdung <strong>des</strong> demokratischen Gemeinwesens geführt haben. 30<br />
Für wichtig erachtet er auch eine drastische Drosselung neuer Rechte, etwa für einen Zeitraum <strong>von</strong> 10<br />
Jahren. 31 Dazu gehört auch die Einführung neuer Pflichten, wenngleich diese in Europa zum Teil so neu<br />
nicht sind. Er benennt z.B. Alkoholkontrollen im Straßenverkehr, Drogentests bei bestimmten<br />
Berufsgruppen, Helm- und Gurtpflicht usw.<br />
1.7. <strong>Kommunitarismus</strong> und Sozialarbeit<br />
Welche Bedeutung mißt der <strong>Kommunitarismus</strong> professioneller Sozialarbeit bei? <strong>Die</strong>se Frage läßt sich<br />
nicht unmittelbar beantworten, da sie nicht direkter Gegenstand der kommunitaristischen Arbeiten ist.<br />
29 Vgl. ebd., S. 166.<br />
30 Vgl. ebd., S. 269ff.<br />
31 Vgl, ebd., S. 5.