Es war Sonnabend, der 1 - SPD-Balhorn
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Einiges aus <strong>der</strong> Geschichte unseres Dorfes<br />
<strong>Balhorn</strong>er Bürgermeister :<br />
um 1590<br />
Curt Gerhard<br />
um 1620<br />
Henricus Bröske<br />
ca. 1630 - 1672<br />
Johannes Pflaume<br />
bis 1674<br />
Hermann Bröske<br />
ca. 1675 - 1703<br />
Conrad Wittich<br />
ab 1705<br />
Henrich Wittich<br />
um 1740<br />
Johann Gerhard Alheid<br />
ca. 1744 - 1751<br />
Johann Curd Schaub<br />
um 1760<br />
Johann Ludwig Schaub<br />
um 1766<br />
Johann Konrad Bröske<br />
1766 - 1790 Hans Kurt Rehbein<br />
um 1790 - 1795<br />
Johann Georg Grede<br />
1795 - 1824 Johann Georg Grede<br />
1824 - 1840 Johann Konrad Grede<br />
1840 - 1852 Johann Hermann Bröske<br />
1852 - 1888 Johann Ludwig Grede<br />
1888 - 1908 Konrad Wilhelm Bröske<br />
1908 - 1920 August Bröske<br />
1920 - 1924 Ernst Konrad Grede<br />
1924 - 1933 Wilhelm Becker<br />
1933 - 1940 August Knippschild<br />
1940 - 1945 Heinrich Rohde<br />
1945 - 1949 Wilhelm Becker<br />
1949 - 1955 Heinrich Möller<br />
1955 - 1971 Konrad Bernhard<br />
1972 – 1988 Günther Werner (Großgemeinde Bad Emstal)<br />
ab 1988<br />
Eckhard Bräutigam (Großgemeinde Bad Emstal)<br />
<strong>Balhorn</strong> während <strong>der</strong> Kaiserzeit :<br />
Das Jahr 1904 brachte den <strong>Balhorn</strong>ern im Sommer ein großartiges Schauspiel. Nach<br />
Aberntung des Winterfeldes wurden auf dem Isthaerfeld die Manöver des XI.<br />
Armeekorps abgehalten. Tagelange Einquartierungen und die vielen<br />
Manövergefechte brachten den Jungen und Mädchen soviel Abwechslung, dass<br />
manche Schulstunde darüber versäumt wurde. Lehrer Ditfurth aber ließ es an einem<br />
schönen Vormittag die Mittelklasse dadurch entgelten, dass er nicht erlaubte, dem<br />
Durchmarsch mehrer Artillerie- und Kavallerieregimenter zuzuschauen, die<br />
stundenlang an <strong>der</strong> Schule vorbeitrabten, obwohl bei dem Lärm an einen Unterricht<br />
nicht zu denken <strong>war</strong>. Ein farbenprächtiges Bild bot an einem <strong>der</strong> letzten Manövertage<br />
eine Attacke und Parade <strong>der</strong> beteiligten Kavallerieregimenter auf dem Isthaerfelde.<br />
Für alle Freunde <strong>der</strong> Militärmusik und für die alten Soldaten <strong>war</strong>en die Einmärsche<br />
<strong>der</strong> Truppen mit klingendem Spiel und die vielen Standkonzerte während <strong>der</strong><br />
Manövertage ein unvergessliches Erlebnis.
Von 1904-1906 machten Eingeborenenaufstände in <strong>der</strong> Kolonie Südwestafrika eine<br />
militärische Aktion notwendig. Auch 2 <strong>Balhorn</strong>er, August Ulner und Hans Krieger, <strong>der</strong><br />
auch bereits den Chinafeldzug mitgemacht hatte, nahmen als Freiwillige an diesem<br />
Feldzug teil und kehrten, trotz Strapazen eines ungewohnten Klimas, heil in die<br />
Heimat zurück.<br />
Der Ausbruch des 1. Weltkriegs :<br />
<strong>Es</strong> <strong>war</strong> <strong>Sonnabend</strong>, <strong>der</strong> 1. August, gegen Abend als <strong>der</strong> alte Ortsdiener Becker mit<br />
<strong>der</strong> Ortsschelle die Mobilmachung bekannt machte. An dem schönen Augusttage<br />
hatte gerade die Roggenernte begonnen und Schnitter und Schnitterinnen kehrten<br />
gerade vom Felde heim. Für viele rüstige Mäher und Schnitter sollte es <strong>der</strong> letzte<br />
Erntetag sein. Gemäß ihrer Or<strong>der</strong> rückten nun ab Sonntag täglich Reservisten und<br />
Landwehrmänner zu ihren Truppenteilen ein. Auch die ausgesuchten Pferde und<br />
Fahrzeuge wurden in Marsch gesetzt. Freiwillige meldeten sich zu den Fahnen. Ein<br />
Bittgottesdienst mit Abendmahlsfeier vereinigte in den Kirchen noch einmal<br />
Gemeinde und ausrückende Krieger. Schwer wurde <strong>der</strong> Abschied von Eltern und<br />
Geschwistern, schwerer noch von <strong>der</strong> Frau und den Kin<strong>der</strong>n. Aber auch komische<br />
Begebenheiten spielten sich in <strong>der</strong> Aufregung während <strong>der</strong> Mobilmachungstage ab.<br />
Die Furcht vor Spionen und Anschlägen auf Truppentransporte kam auch bis auf die<br />
Dörfer. Nachts wurden deshalb die Dorfeingänge durch freiwillige Nachtwachen<br />
verstärkt. Erntewagen standen bereit, um im Ernstfall die Straßen rasch abzusperren.<br />
Nur am Dorfeingang im „Klebes“ kam es zu einem Zwischenfall. Die Posten hörten<br />
plötzlich, wie sich ein Auto mit abgeblendetem Licht dem Ortseingang näherte.<br />
Schnell wurde <strong>der</strong> Erntewagen zur Absperrung auf die Straße geschoben. Gerade<br />
noch konnte <strong>der</strong> Fahrer das Auto ohne einen Zusammenstoß zum Stehen bringen.<br />
Und wer saß im Auto? Kein Spion, son<strong>der</strong>n Pfarrer Kimpel mit Frau, die von einer<br />
Reise zurückkehrten. Die bekannte Stimme des erstaunten Pfarrers klärte die<br />
tapferen Beschützer des Dorfes vollends auf.<br />
<strong>Balhorn</strong> in <strong>der</strong> Weimarer Republik und im Dritten Reich :<br />
Auch in <strong>Balhorn</strong> hatte eine nationale Bewegung seit dem Jahre 1923 unter <strong>der</strong><br />
Jugend Eingang gefunden. Der Jungdeutsche Orden versuchte alle<br />
vaterlandsliebenden und aufbauwilligen Kräfte zu sammeln und eine Erneuerung des<br />
politischen Lebens auf demokratischer Grundlage zu erreichen. Zur Ertüchtigung <strong>der</strong><br />
Jugend und zur Entfaltung ihres Wehrwillens wurde im Jahre 1925 <strong>der</strong> Kleinkaliber<br />
Schützenverein gegründet. Aber infolge <strong>der</strong> starken Gegenströmungen aus den<br />
Parteien überstaatlicher Richtung ging <strong>der</strong> Jugend <strong>der</strong> Kampf dieser Bewegung zu<br />
langsam. Sie fand Anschluss an die nationalsozialistische Bewegung und ging<br />
schließlich in dieser auf. Er wirkte eben auf die bis dahin wenig politisch geschulte<br />
Jugend betörend und hinreißend, wenn ihr in den regelmäßigen Zusammenkünften<br />
die nationalen und sozialen Ziele dieser Partei gepredigt und immer wie<strong>der</strong><br />
eingehämmert wurden, wenn durch viele Aufmärsche <strong>der</strong> SA und SS <strong>der</strong> Wille und<br />
die Einsatzbereitschaft gestärkt, ihr ein neuer Lebensinhalt geboten wurde. Er <strong>war</strong><br />
selbst für die alten und besonnenen Männer und Frauen fast eine seelische<br />
Erschütterung, als an einem Sonntagmorgen im Juli des Jahres 1932 während des<br />
Gottesdienstes die SA unter ihrem Führer Schaumlöffel in die Kirche einzog und <strong>der</strong><br />
Predigt von Pfarrer Wessel mit dessen Einverständnis bis zum Ende beiwohnte.
Mussten sich die anwesenden Gemeindemitglie<strong>der</strong> nicht sagen: Die Besten einer<br />
Partei kommen zur Kirche und lauschen andächtig und ernst <strong>der</strong> Verkündigung des<br />
Wortes Gottes. Eine solche Bewegung konnte sicher nichts Schlechtes wollen!<br />
Nach <strong>der</strong> Machtergreifung durch die NSDAP 1933 wurde dann jedoch auch <strong>der</strong><br />
Handel und Verkehr mit jüdischen Händlern und Einwohnern aus den Orten Hoof,<br />
Breitenbach, Niedenstein, Naumburg, Wolfhagen usw. verfemt und es mehrten sich<br />
die Stimmen und Warnungen an die jüdische Bevölkerung, aus Gründen ihrer<br />
Sicherheit die Heimat zu verlassen. Viele Juden verkauften ihren Besitz und gingen<br />
schweren Herzens außer Landes.<br />
Der 2. Weltkrieg :<br />
Zu Kriegsbeginn 1939 besaß <strong>Balhorn</strong> 946 Einwohner. 170 Männer und Burschen aus<br />
<strong>Balhorn</strong> wurden in den Jahren 1939 bis 1945 zum Heere, zur Luftwaffe o<strong>der</strong><br />
sonstigem Dienst eingezogen o<strong>der</strong> ausgebildet. An allen Fronten haben sie am<br />
Kampf teilgenommen. Ihren Arbeitsplatz füllten zunächst polnische Kriegsgefangene<br />
aus, die auf den Höfen <strong>der</strong> Kriegsteilnehmer eingesetzt wurden; später kamen auch<br />
weibliche polnische Arbeitskräfte hinzu. Die französischen Kriegsgefangenen, die in<br />
<strong>der</strong> Landwirtschaft arbeiteten, wurden gemeinsam in „Stewels“ altem Haus,<br />
gegenüber <strong>der</strong> Gastwirtschaft Hildebrand, untergebracht. Gleich zu Beginn des<br />
Krieges und später noch einmal während <strong>der</strong> Eifeloffensive mussten saarländische<br />
Familien in vielen Familien des Dorfes aufgenommen werden und blieben dort, bis<br />
nach dem Frankreichfeldzug und nach dem Ende des Krieges ihre Rückkehr in die<br />
Heimat möglich <strong>war</strong>. Bereits im Herbst 1939 hatte <strong>Balhorn</strong> starke Einquartierungen<br />
von Truppen, die für den Frankreichfeldzug zusammengestellt und ausgebildet<br />
wurden. Mit Beginn des Frankreichfeldzuges kamen sie zum Einsatz und das Leben<br />
im Dorfe nahm fast wie<strong>der</strong> einen fast friedensmäßigen Verlauf. Nur die Gefangenen<br />
und hin und wie<strong>der</strong> die Nachricht über Verwundung o<strong>der</strong> Tod eines <strong>Balhorn</strong>er<br />
erinnerten daran, dass Krieg <strong>war</strong>. Erst <strong>der</strong> Rußlandfeldzug und die Verluste in den<br />
Kämpfen um Stalingrad brachten nicht nur den betroffenen Familien, son<strong>der</strong>n allen<br />
<strong>Balhorn</strong>ern zum Bewusstsein, dass ein unabwendbares Verhängnis auf Deutschland<br />
zukam. Ohne jegliche Begeisterung, in stummer Ergebenheit, hatten die <strong>Balhorn</strong>er<br />
mitten in <strong>der</strong> Kornernte den Kriegsbeginn erlebt. Der 1. Weltkrieg, seine Opfer und<br />
Nöte <strong>war</strong>en noch in zu naher Erinnerung; beson<strong>der</strong>s die alten Soldaten <strong>war</strong>en sich<br />
darüber klar, dass ein Zweifrontenkrieg bei längerer Dauer für Deutschland nicht zu<br />
gewinnen <strong>war</strong> und ein bitteres Ende bringen musste. Jetzt mehrten sich die<br />
schweren Gänge des Ortsgruppenleiters, <strong>der</strong> den Tod eines Vaters, eines Mannes,<br />
eines Sohnes o<strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>s den betroffenen Familien überbringen musste. Fast<br />
Nacht für Nacht flogen die feindlichen Bombengeschwa<strong>der</strong> ins Reichsgebiet hinein<br />
und ließen den nächtlichen Himmel von Motorenlärm und Bombeneinschlägen<br />
erdröhnen und von Bränden rot erscheinen. Nach mehreren kleineren Anflügen<br />
wurde am 23. Oktober 1943 Kassel in einem Großangriff bombardiert. Der größte<br />
Teil <strong>der</strong> Stadt versank in Trümmern, beson<strong>der</strong>s die Stadtmitte und <strong>der</strong> Osten <strong>der</strong><br />
Stadt wurde schwer getroffen. Viele Männer, Frauen und Kin<strong>der</strong> wurden unter den<br />
Häusertrümmern begraben, ehe sie in den Luftschutzkellern Zuflucht gefunden<br />
hatten. Die Parteiglie<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> umliegenden Dörfer rückten zur Hilfe aus. Die<br />
schwersten Schäden wurden notdürftig beseitigt, die obdachlosen Einwohner <strong>der</strong><br />
Stadt mit geringer Habe auf die Dörfer <strong>der</strong> nahen und weiteren Umgebung evakuiert.<br />
Auch <strong>Balhorn</strong> erhielt in manchen Häusern bis zu 10 Personen zur Notaufnahme.
Laufend wurden weitere Mannschaften zur Wehrmacht und zum Arbeitsdienst<br />
einberufen, die älteren Jahrgänge zu Schanz- und Befestigungsarbeiten an die Ostund<br />
Westgrenze des Reiches. Mit Kriegsgefangenen wurden die Feldarbeiten und<br />
die Arbeiten in den Fabriken Kassels weitergeführt. Die Heimat wurde zum<br />
Kriegsschauplatz und viele Angriffe von Tieffliegern mit ständigem Alarm machten<br />
sogar die Arbeiten auf dem Lande und auf dem Felde gefahrvoll. Beson<strong>der</strong>s schwer<br />
lastete <strong>der</strong> letzte Kriegswinter auf <strong>der</strong> Bevölkerung. Immer mehr Evakuierte und<br />
Verwandte kamen aus den bedrohten Gebieten ins Dorf.<br />
Die Zeit <strong>der</strong> amerikanischen Besetzung :<br />
Lähmung und Schrecken verbreitete sich unter den Bewohnern, als in <strong>der</strong><br />
Osterwoche 1945 die feindlichen Panzer sich immer mehr dem Dorfe näherten, als<br />
das Dorf Istha schon beschossen wurde, und die Panzer von Istha und Altenstädt<br />
her sich <strong>Balhorn</strong> näherten. Da keine deutschen Truppen im Dorfe Wi<strong>der</strong>stand<br />
leisteten und <strong>der</strong> Ortsbauernführer mit weißem Tuch <strong>der</strong> feindlichen Aufklärung<br />
entgegen ging, rückten die Panzer ohne einen Schuss ins Dorf ein und besetzten die<br />
Straßen und Eingänge des Dorfes. Die weißen und sch<strong>war</strong>zen amerikanischen<br />
Truppen quartierten sich meist in die neuen Wohnhäuser und Höfe ein. Die bisherige<br />
Gemeindeverwaltung wurde abgesetzt und gefangen abgeführt, eine neue<br />
Gemeindeverwaltung von <strong>der</strong> U.S. Army eingesetzt. Dieser Einzug <strong>der</strong> Amerikaner<br />
am Karfreitag 1945 wird den <strong>Balhorn</strong>ern, die ihn erlebten, zeitlebens in Erinnerung<br />
bleiben. Am 2. Ostertag musste die rechte Seite <strong>der</strong> Gehöfte im „Klebes“ für die<br />
amerikanischen Truppen geräumt werden, weiter die Höfe von „Grebenrods“,<br />
„Kastenmeisters“, „Altenbürgermeisters“ und „Suren“.<br />
Während die französischen Kriegsgefangenen bald nach dem Einrücken <strong>der</strong><br />
Amerikaner in Richtung Heimat verladen wurden, quartierten sich die polnischen<br />
Kriegsgefangenen und Landarbeiterinnen in <strong>der</strong> Schule ein, wurden von den<br />
Amerikanern verpflegt, verschafften sich aber zusätzliche Verpflegung von den<br />
Bauernhöfen, wo sie gearbeitet hatten. Gelegentlich kam es auch mit Duldung <strong>der</strong><br />
amerikanischen Truppen zu Überfällen durch die Polen auf einzelne Gehöfte in <strong>der</strong><br />
Nähe, aber auch einzelne Höfe im Dorfe, wo sie dann Eier, Speck und Würste ohne<br />
Bezahlung mitgehen ließen. Einzelne Polen und Polinnen zeigten auch aus Rache<br />
ihren deutschen Dienstherren den Amerikanern an, weil sie bei diesen früher Waffen<br />
gesehen hatten und auch noch vermuteten. Der Besitz von Waffen <strong>war</strong> aber bei<br />
Todesstrafe verboten. Der Hof des Angezeigten wurde dann von einem<br />
Militärkommando umstellt und alle Räume, Schränke und Betten umgekehrt und<br />
gründlich untersucht. Zum Glück wurde in keinem Falle Waffen gefunden. <strong>Es</strong> <strong>war</strong><br />
eine große Erleichterung für das Dorf, dass die Polen im Juni zu Transporten<br />
zusammengestellt und in die Heimat beför<strong>der</strong>t wurden.<br />
Auch die amerikanischen Truppen <strong>war</strong>en inzwischen abgezogen und hatten<br />
Unterkünfte in den Kasernen <strong>der</strong> Wehrmacht in Kassel bezogen. Die Militärpolizei<br />
sorgte für Ruhe und Ordnung.<br />
Die Nachkriegszeit :
Im Sinne <strong>der</strong> Gemeindeordnung hat die Gemeinde <strong>Balhorn</strong> nach dem Kriege ihre<br />
Verwaltung wie<strong>der</strong> neu aufgebaut. Um die Ernährungslücken zu schließen, erhielten<br />
die Familien, die keinen Grundbesitz hatten, ein Stück Gartenland von 4 bis 5 Ar, auf<br />
dem Gemüse, Kartoffeln und auch Obst zur Selbstversorgung <strong>der</strong> Familie angebaut<br />
wurden. Bis zur Zeit <strong>der</strong> Währungsreform im Juni 1948 suchten sich die einzelnen<br />
Familien in <strong>der</strong> Sorgfalt und Vielfältigkeit des Anbaus auf diesen Gartenstücken zu<br />
übertreffen und wussten die Markenzuteilungen <strong>der</strong> Lebensmittel bestens zu<br />
ergänzen. Durch Leseholz aus den nahen Wäl<strong>der</strong>n wurde die Kohlenknappheit in<br />
1945 und 1946 überbrückt. Das Losholz wurde teils im <strong>Balhorn</strong>er Wald, teils am<br />
Habichtswald ausgewiesen. Zusätzliches Brennholz konnte am Wattenberg noch<br />
selbst erworben werden. Zu Ostern des Jahres 1946 öffnete auch die Schule wie<strong>der</strong><br />
ihre Pforten unter Einsatz von Lehrkräften mit Schnellausbildung. Die alten Lehrkräfte<br />
durften wegen ihrer Parteizugehörigkeit noch nicht unterrichten, sie wurden zum Teil<br />
noch in Internierungslagern umgeschult. Durch den Zuwachs <strong>der</strong> Bevölkerung an<br />
Heimatvertriebenen reichte das Wasser in dem trockenen Jahr 1947 nicht aus.<br />
Wahlen in <strong>Balhorn</strong> :<br />
Die Reichstagswahlen von 1907 im Wahlkreis Rinteln-Hofgeismar (Kreis<br />
Hofgeismar, Grafschaft Schaumburg, Wolfhagen) :<br />
Nationalliberal -<br />
Deutsche Reformpartei 10,7 %<br />
Deutschsozial 46,7 %<br />
Freisinnige Volkspartei 13,2 %<br />
Zentrum 3,4 %<br />
<strong>SPD</strong> 25,3 %<br />
Hessische Rechtspartei 0,7 %<br />
Die Reichstagswahlen von 1912 im Wahlkreis Rinteln-Hofgeismar (Kreis<br />
Hofgeismar, Grafschaft Schaumburg, Wolfhagen) :<br />
Nationalliberal 30,1 %<br />
Deutsche Reformpartei -<br />
Deutschsozial 39,0 %<br />
Freisinnige Volkspartei -<br />
Zentrum -<br />
<strong>SPD</strong> 30,9 %<br />
Hessische Rechtspartei -<br />
Reichs- und Landtagswahl (in Klammern) vom Mai 1928 in <strong>Balhorn</strong>:<br />
Sozialdemokraten: 136 (137)<br />
Deutschnationale: 13 (12)<br />
Zentrum: 1 (1)<br />
Volkspartei: 4 (6)<br />
Kommunisten: 3 (2)
Demokraten: 6 (8)<br />
linke Kommunisten: 0 (1)<br />
Wirtschaftspartei: 13 (10)<br />
Nationalsozialisten; 2 (2)<br />
Bauernpartei; 1 (2)<br />
völkisch-nationaler Block: 3 (2)<br />
christlich nationale Bauern: 155 (162)<br />
Volkspartei; 2 (0)<br />
Deutschsoziale: 1 (0)<br />
Unabhängige Sozialisten: 6 (6)<br />
also nur 346 abgegebene Stimmen von 600 Wahlberechtigten, aber eine<br />
Zersplitterung in 15 Parteien.<br />
Die Reichstagswahl vom 6. November 1932 in <strong>Balhorn</strong>:<br />
Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei: 111<br />
Sozialdemokraten: 125<br />
Kommunisten: 11<br />
Deutschnationale Volkspartei: 20<br />
Deutsche Volkspartei: 4<br />
Christlichsoziale Volkspartei: 124<br />
Deutsch-Hannoveraner: 5<br />
Die Reichstagswahlen vom 5. 3. 1933 im Landkreis Wolfhagen:<br />
Wahlbeteiligung 90,1 %<br />
Abgegebene gültige Stimmen insgesamt 15.344<br />
NSDAP 8.919<br />
<strong>SPD</strong> 3.009<br />
KPD 965<br />
Zentrum 1.406<br />
DNVP (Kampffront sch<strong>war</strong>z-weiß-rot) 498<br />
DVP - Deutsche Volkspartei 87<br />
Christlich-sozialer Volksdienst 385<br />
Deutsche Bauernpartei 5<br />
Deutsch-Hannoversche Partei 2<br />
DDP (Deutsche Staatspartei) 68<br />
An<strong>der</strong>e Parteien -<br />
Die Entstehung <strong>der</strong> <strong>Balhorn</strong>er Infrastruktur :<br />
In den Jahren 1864 und 1865 wurde zur besseren Wasserversorgung des<br />
Oberdorfes eine Wasserleitung von den Quellen in Simmenhausen nach dem<br />
Oberdorfe gebaut und das Wasser in zwei Laufbrunnen, einen vor <strong>der</strong> Schule und
einen zwischen „Altengreben“ und „Schmolls Hof“ geleitet. Beide Brunnen erhielten<br />
einen Zeitenstock mit Rohrauslauf, an dem das Wasser in Eimern aufgefangen<br />
werden konnte. Sonst musste das Wasser aus den Brunnen in Eimern mit Hilfe von<br />
Stangen o<strong>der</strong> Traghölzern geschöpft werden. Der Wasserstand in den Brunnen<br />
richtete sich nach dem Wasserdruck ihrer Quellen und dem Gefälle von <strong>der</strong> Quelle<br />
zum Brunnen. Die Wasserhöhe im Brunnen betrug im Grebenborn und Kump um 1 –<br />
1,5 m, in den beiden neuen Brunnen unter 1 m. Zufluss und Verbrauch standen<br />
hierin meist in entgegengesetztem Verhältnis. In trockenen Jahren mussten die<br />
Bewohner das Wasser oft aus den Brunnen des Unterdorfes holen. Einige Höfe<br />
hatten sich auch eigene Brunnen für den Notfall gebaut, nur wenige tiefliegende Höfe<br />
benutzten auch schon Wasserpumpen.<br />
Zur gleichen Zeit wurde das Quellwasser auf dem Bruche in zwei gemauerten<br />
Brunnen, dem Linsen- und Erbsenborn gefasst, die bis zum Bau <strong>der</strong> großen<br />
Wasserleitung im Jahre 1901 - 1902, <strong>der</strong> Wasserversorgung des Dorfes dienten.<br />
Im Jahre 1874 wurde die Rohrleitung zwischen Aussen- und Grebenborn zur<br />
Sicherung <strong>der</strong> Wasserversorgung erneuert.<br />
Im gleichen Jahre wurde die Schutzimpfung gegen Pocken durch Gesetz eingeführt.<br />
Ende des Jahres 1875 wurden durch königliche Or<strong>der</strong> die Standesämter eingerichtet.<br />
<strong>Balhorn</strong> bildete mit Altenstädt und Martinhagen zusammen einen Standesamtsbezirk.<br />
Als erster Standesbeamter wurde Bürgermeister Grede, dann Lehrer Müller bestellt.<br />
Vom 01. Januar 1876 ab mussten alle geborenen Kin<strong>der</strong> ins Geburtsregister, alle<br />
Eheschließungen ins Heiratsregister, alle Sterbefälle ins Sterberegister eingetragen<br />
werden. Erst nach <strong>der</strong> standesamtlichen Trauung durfte die kirchliche vollzogen<br />
werden. Die Kin<strong>der</strong> wurden gegen Pocken geimpft. Für alle das Dorf verlassende<br />
wurden Abmeldescheine ausgestellt, für alle ins Dorf zuziehende Anmeldungen<br />
entgegen genommen. Impf- und Rekrutierungslisten, Personenstands- und<br />
Wahllisten wurden angelegt und eingereicht. Holzauktionen wurden bekannt<br />
gemacht und abgehalten. Die Schleich- und Nachtwachen wurden eingeteilt und<br />
ausgeführt, Mannschaften für Brandschutz und Notstände aufgestellt und<br />
eingewiesen. Die Erlaubnis zur Abhaltung von Sänger- und Kriegsvereinsfesten, für<br />
Kirmes und Tanzvergnügen eingeholt und erteilt. In jedem Frühjahr wurden die<br />
Bleichplätze auf dem Bruche nicht ohne Reibereien mit dem ersten Glockenschlag<br />
des Mittagsläutens neu belegt, die Zuchttiere vergeben und gewechselt, die<br />
Schafherden untersucht, Schäfer und Hirten von neuem bestellt. Im Hand- und<br />
Spanndienst wurden Steine vom Erzeberg zum Wegebau gefahren und geklopft.<br />
Straßen und Wege in gemeinsamer Arbeit gedeckt und befestigt.<br />
Im Jahr 1902 erhielt das Dorf seine erste neuzeitliche Wasserleitung. Sämtliche<br />
Häuser und Höfe wurden an das Leitungsnetz angeschlossen. Die Wasserquellen in<br />
Simmenhausen wurden neu gefasst und in einen Hochbehälter geleitet. Diese<br />
Wasserversorgung erwies sich beson<strong>der</strong>s für die Hausfrauen als eine große<br />
Erleichterung und Zeitersparnis. Nun brauchten sie nur den Wasserhahn zu öffnen<br />
und konnte nach Belieben daraus das Wasser entnehmen. Lei<strong>der</strong> besaß das<br />
Wasser, wie sich in regenarmen Jahren zeigte, für die hochgelegenen Häuser nicht<br />
immer den notwendigen Druck.<br />
Im Jahre 1904 wurde <strong>Balhorn</strong> durch die Eröffnung <strong>der</strong> vollspurigen Kleinbahn Kassel<br />
- Naumburg nach drei Baujahren an den großen Bahnverkehr angeschlossen. Die
Gemeinde beteiligte sich an den Baukosten durch ein Darlehn von 80.000,00 DM.<br />
Auch die private Beteiligung durch Zeichnung von Aktien <strong>war</strong> nicht unerheblich. Die<br />
Kleinbahn vermehrte den Personenverkehr, beson<strong>der</strong>s die Arbeiterschaft benutzte<br />
die Bahn, um nach Kassel an ihre Arbeitsplätze zu fahren. Der Stückgutverkehr<br />
belebte aber auch den Handel. Die Güterwagen gestatteten Großladungen und<br />
verbilligten den Düngemittel- und Futtermittelbezug für die Landwirtschaft. Erhöhte<br />
Düngeranwendung und die Benutzung eiweißreicher Futtermittel <strong>war</strong>en die Folgen<br />
und erhöhten die Erträge <strong>der</strong> Fel<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Ställe.<br />
Zu diesem denkwürdigen Ereignis hatten sich unter Führung von Lehrer Müller die<br />
Mittel- und Oberklasse <strong>der</strong> Schule und mancher <strong>Balhorn</strong>er am Bahnhof eingefunden,<br />
um den ersten Zug einfahren zu sehen. Doch <strong>der</strong> erste Zug hatte, wie später viele<br />
folgende, wohl durch die vielen Begrüßungen unterwegs fast zwei Stunden<br />
Verspätung. Nur wenige Kin<strong>der</strong> hielten aus, konnten dann aber den ersten Zug mit<br />
bekränzter Lokomotive und neun Wagen unter <strong>der</strong> Brücke hindurch einfahren sehen<br />
und aus nächster Nähe bestaunen. Die Kritik wegen <strong>der</strong> großen Entfernung des<br />
Bahnhofes blieb natürlich auch nicht aus. Doch man wollte die fruchtbarsten Äcker<br />
durch die Bahnanlage nicht zerschneiden lassen. So nahm man lieber einen kurzen<br />
Dauerlauf o<strong>der</strong> ein Verpassen des Zuges in Kauf, wenn es einmal höchste<br />
Eisenbahn geworden <strong>war</strong>.<br />
Den ersten Fernsprecher neben dem Öffentlichen hatten die Getreidehandlung Karl<br />
Man<strong>der</strong> und Pfarrer Kimpel schon 1912.<br />
Im Jahre 1919 erhielt das Dorf seine elektrische Stromversorgung. Stromlieferant <strong>war</strong><br />
die Stadt Kassel.<br />
Das erste Rundfunkgerät benutzte Pfarrer Wessel 1926.<br />
Aus Mitteln <strong>der</strong> Arbeitsbeschaffung wurden im Jahre 1934 die Wasserversorgung<br />
des Dorfes verbessert. Das Bruchwasser wurde neu gefasst und in den Hochbehälter<br />
nach Simmenhausen gepumpt und so <strong>der</strong> Wasserdruck in <strong>der</strong> notwendigen Höhe<br />
gehalten. Bei <strong>der</strong> Aufteilung des Klostergutes Offenhausen wurden 6 Betriebe mit<br />
Landflächen zwischen 1 - 1,5 ha aufgestockt, im Ganzen ca. 7,5 ha Siedlungsland<br />
nach <strong>Balhorn</strong> gegeben.<br />
Die Wasserknappheit im Jahre 1947 veranlasste die Gemeinde zu einer<br />
Tiefenbohrung in Simmenhausen oberhalb <strong>der</strong> alten Wasserfassungen.<br />
Der erste Versuch scheiterte dadurch, dass <strong>der</strong> Bohrer in einer Felsspalte bei 60 m<br />
Tiefe stecken blieb. Ein zweiter Versuch, noch etwas weiter oberhalb <strong>der</strong> ersten<br />
Bohrung, führte bei 90 m Tiefe im Jahre 1949 zu einem vollen Erfolg. Der<br />
Wasseranfall <strong>war</strong> so ergiebig, dass <strong>der</strong> Wassermangel auch in trockenen Jahren<br />
behoben <strong>war</strong>. Um auch den höchstgelegenen Wohnhäusern und Höfen eine stetige<br />
Wasserversorgung zu gewährleisten, entschloss sich die Gemeinde im Jahre 1955<br />
einen neuen Hochbehälter von 300 cbm Inhalt an höchster Stelle im Distelberge zu<br />
bauen, <strong>der</strong> zweikammerig ausgeführt wurde und eine beste Wasserversorgung <strong>der</strong><br />
Gemeinde sicherstellte.<br />
Im Jahre 1960 wurden in <strong>Balhorn</strong> 147 ha entwässerungsbedürftige Flächen dräniert.
Ins Frühjahr des Jahres 1961 fiel noch ein Ereignis, das ebenfalls festgehalten zu<br />
werden verdient. Durch die Erweiterung des im Jahre 1870 südlich vom Wolfhager<br />
Weg eingerichteten Friedhofs nach Westen zu, wurde es möglich, dass <strong>der</strong> alte<br />
Friedhof von 1569 zwischen <strong>der</strong> Isthaerstraße und dem Wolfhager Wege als<br />
Gedächtnisstätte und als Ehrenmal für die Gefallenen <strong>der</strong> beiden Weltkriege<br />
ausgestaltet werden konnte. Das Sandsteindenkmal mit den Namen <strong>der</strong> Gefallenen<br />
aus dem ersten Weltkriege das bis dahin auf dem oberen Friedhof aufgestellt <strong>war</strong>,<br />
wurde auf den alten Friedhof versetzt und dazu ein neues Denkmal mit den Namen<br />
<strong>der</strong> Gefallenen <strong>der</strong> Gemeinde <strong>Balhorn</strong> und <strong>der</strong> Heimatvertriebenenfamilien des 2.<br />
Weltkrieges aufgestellt. 70 Namen von Kriegsteilnehmern aus <strong>der</strong> Gemeinde <strong>Balhorn</strong><br />
und 34 Namen von Kriegsteilnehmern aus den Heimatvertriebenenfamilien sind auf<br />
<strong>der</strong> steinernen Gedenktafel eingemeißelt und zeugen von den schweren Opfern<br />
dieses blutigen Krieges. Seitlich zur Gedenktafel gewandt hat <strong>der</strong> Bildhauer Passon<br />
ein Bildwerk geschaffen, das eine Frau und Mutter, das Haupt zur Erde geneigt, ein<br />
Kind an <strong>der</strong> Hand, in ihrer tiefen Trauer und namenlosen Schmerz darstellt.<br />
Im Herbst 1960 wurde <strong>der</strong> Grundstein für das Dorfgemeinschaftshaus gelegt, das auf<br />
dem Bruche seinen Platz gefunden hat. Der Versuch, mitten im Dorfe durch<br />
Aussiedlung mehrerer Höfe in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> alten Kulturstätten, <strong>der</strong> Kirchen, des<br />
Schulhauses und <strong>der</strong> Pfarrhäuser den geeigneten Platz zu finden, schlug fehl und<br />
fand nicht die Zustimmung <strong>der</strong> Gemeindevertretung. Der neue Kulturmittelpunkt<br />
wurde nun etwas außerhalb auf <strong>der</strong> Nordseite <strong>der</strong> Dorflage erstellt. In das<br />
Dorfgemeinschaftshaus wurden 165 Gefrierfächer integriert.<br />
Das Dorfgemeinschaftshaus wurde im Spätsommer des Jahres 1961 eingeweiht.<br />
Am 18. Mai 1969 wird das neue <strong>Balhorn</strong>er Freibad am Distelberg eröffnet.<br />
Ab 1. Januar 1972 schließlich bildeten die vier Orte <strong>Balhorn</strong>, Merxhausen, Riede und<br />
Sand die Großgemeinde Bad Emstal.<br />
Quelle: Entnommen zum größten Teil aus <strong>der</strong> <strong>Balhorn</strong>er Grede – Chronik