Der Weinmarkt in der Welt
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GJAE 59 (2010), Supplement<br />
„Die landwirtschaftlichen Märkte an <strong>der</strong> Jahreswende 2009/10“<br />
In Frankreich wird von e<strong>in</strong>er breiten Wirtschaftskrise<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> We<strong>in</strong>wirtschaft gesprochen, die neben den<br />
nachhaltigen strukturellen Defiziten aus <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
zusätzlich auch durch die aktuellen Absatzund<br />
Umsatze<strong>in</strong>bußen auf den <strong>in</strong>ternationalen Märkten<br />
verschlechtert wurde. Dies hat <strong>in</strong> Frankreich zu e<strong>in</strong>er<br />
breiten Diskussion über das französische Reglement<br />
für die We<strong>in</strong>erzeugung ebenso geführt, wie über die<br />
Strukturen von produzierenden und vermarktenden<br />
Unternehmen. <strong>Der</strong> über viele Jahre anhaltende Erfolg<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Vermarktung französischer We<strong>in</strong>e auf den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Märkten auf häufig hohem und überhöhtem<br />
Preisniveau hat den schon lang erkennbaren<br />
strukturellen Anpassungsbedarf verdeckt, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
gegenwärtigen Situation Handelshäuser, Kooperativen<br />
und vor allem die Traubenerzeuger beson<strong>der</strong>s hart<br />
trifft.<br />
Die allgeme<strong>in</strong> anpassungsfähigere italienische<br />
We<strong>in</strong>wirtschaft for<strong>der</strong>t durch ihre politisch starken<br />
Genossenschaften das forcierte E<strong>in</strong>greifen des italienischen<br />
Staates und <strong>der</strong> europäischen Geme<strong>in</strong>schaft<br />
zur Abwendung e<strong>in</strong>es noch drastischeren Preisverfalls.<br />
Gleichzeitig f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> den we<strong>in</strong>erzeugenden<br />
Län<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e breite Diskussion über die<br />
Folgen <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> <strong>We<strong>in</strong>markt</strong>ordnung <strong>in</strong> den<br />
Jahren 2006 bis 2008 statt. Mit <strong>der</strong> Renationalisierung<br />
<strong>der</strong> Budgets für die We<strong>in</strong>wirtschaft und Eröffnung<br />
von nationalen Freiheiten h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Verwendung<br />
von Brüssel bereitgestellten Mitteln entsteht e<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>nerer Wettbewerb um die s<strong>in</strong>nvollsten Maßnahmen.<br />
Die generell auf Export angewiesenen We<strong>in</strong>sektoren<br />
<strong>in</strong> Frankreich, Italien und Spanien richten sich auf<br />
die neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen aus. In den meisten<br />
Län<strong>der</strong>n wurde vor allem e<strong>in</strong> sehr großes Budget zur<br />
forcierten För<strong>der</strong>ung des Exportes ihrer We<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />
Drittlän<strong>der</strong> – also außerhalb <strong>der</strong> Europäischen Union –<br />
vere<strong>in</strong>bart. Ob <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> gegenwärtigen <strong>in</strong>ternationalen<br />
Wirtschaftskrise diese Maßnahmen e<strong>in</strong>e<br />
hohe Effizienz zeigen, bleibt abzuwarten. Mit Sicherheit<br />
kann erwartet werden, dass auf den außereuropäischen<br />
Märkten e<strong>in</strong> verschärfter Kommunikationswettbewerb<br />
zwischen den großen We<strong>in</strong>erzeugerlän<strong>der</strong>n<br />
stattf<strong>in</strong>det. So werden u.a. <strong>in</strong> Län<strong>der</strong>n wie Japan,<br />
USA, aber auch Ch<strong>in</strong>a und Russland erhebliche<br />
Budgets zur Präsentation <strong>der</strong> We<strong>in</strong>e aus Frankreich,<br />
Italien und Spanien e<strong>in</strong>gesetzt. Gleichzeitig bemühen<br />
sich aber auch die großen Markenunternehmen aus<br />
Australien und den USA, <strong>in</strong> den gleichen Län<strong>der</strong>n<br />
ihren Absatz zu forcieren. <strong>Der</strong> staatlich geför<strong>der</strong>te<br />
Kommunikationswettbewerb zur Präsentation <strong>der</strong><br />
We<strong>in</strong>e aus den großen Erzeugerlän<strong>der</strong>n hat begonnen.<br />
Es ist abzuwarten, wann dieses Thema zu bilateralen<br />
Konflikten und Importrestriktionen führt. Die <strong>in</strong><br />
Schwierigkeiten geratene kalifornische We<strong>in</strong>wirtschaft<br />
wird sich sicherlich e<strong>in</strong>en mit staatlichen<br />
F<strong>in</strong>anzmitteln forcierten Werbeauftritt europäischer<br />
We<strong>in</strong>anbieter <strong>in</strong> den USA nicht bieten lassen.<br />
Neben den aktuellen Marktproblemen wird über<br />
die Umsetzung <strong>der</strong> Kennzeichnung <strong>der</strong> aus engeren<br />
Herkünften stammenden We<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Europa diskutiert.<br />
Die Vorschläge <strong>der</strong> Europäischen Kommission zur<br />
Reform <strong>der</strong> <strong>We<strong>in</strong>markt</strong>ordnung mit e<strong>in</strong>er Anpassung<br />
des We<strong>in</strong>kennzeichnungssystems an das <strong>in</strong>ternational<br />
übliche Kennzeichnungssystem von Lebensmitteln<br />
durch den Schutz beson<strong>der</strong>er Qualitäten aus engeren<br />
Herkünften o<strong>der</strong> mit spezifisch geschützten Ursprungsbezeichnungen<br />
dürfte den romanischen We<strong>in</strong>erzeugern<br />
wie Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und<br />
Griechenland ke<strong>in</strong>e großen Probleme bereiten. Ihre<br />
AOC- und DOC- Regelungen entsprechen weitgehend<br />
diesem System. Demgegenüber haben vor allem<br />
Deutschland, Luxemburg und Österreich ihre We<strong>in</strong>kennzeichnung<br />
nur teilweise dem romanischen<br />
System angepasst, und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Deutschland<br />
steht die heimische We<strong>in</strong>erzeugung unter dem Druck<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Anbieter.<br />
Mit <strong>der</strong> formalen Überführung des geltenden<br />
We<strong>in</strong>bezeichnungsrechts <strong>in</strong> neue Kennzeichnungskategorien<br />
im Laufe des Jahres 2009 wurde e<strong>in</strong><br />
gleiten<strong>der</strong> Übergang mit weitgehen<strong>der</strong> Beibehaltung<br />
des auf Anbaugebiet und Lagen konzentrierten deutschen<br />
We<strong>in</strong>kennzeichnungssystems gewählt. Diese<br />
rechtliche Lösung hat e<strong>in</strong>en kurzfristigen Konflikt<br />
vermieden und ist damit zu begrüßen. Die heimische<br />
We<strong>in</strong>wirtschaft hat nun Zeit, sich mit e<strong>in</strong>em neuen<br />
Kennzeichnungssystemen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu setzen und<br />
vor allem das Verhältnis zwischen gesetzlich geregelten<br />
Kennzeichnungen (Kategorien) und firmenspezifischer<br />
Kennzeichnung (Erzeuger und Marken) zu<br />
klären.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> <strong>We<strong>in</strong>markt</strong>ordnung<br />
wurde zusätzlich beschlossen, die oenologischen Verfahren<br />
(Verfahren zur Herstellung von We<strong>in</strong>) auf <strong>in</strong>ternationaler<br />
Ebene auf die Internationale Organisation<br />
für Rebe und We<strong>in</strong> (OIV) zu verlagern und damit<br />
e<strong>in</strong>en europäischen Alle<strong>in</strong>gang zu vermeiden. Mit<br />
dieser Entscheidung wurde die OIV deutlich aufgewertet.<br />
Sie wurde aber auch animiert, schneller zu<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Klärung zu gelangen, um künftig<br />
bilaterale Abkommen zwischen Europa und außereuropäischen<br />
We<strong>in</strong>erzeugerlän<strong>der</strong>n zu vere<strong>in</strong>fachen o<strong>der</strong><br />
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