Lesen - Golf Dornseif
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Kaufleute, Missionare, Pflanzer und andere mit ihren Ehefrauen. Manche versuchten durch Hungerstreik<br />
und vorgetäuschte Krankheit vorzeitig freigelassen zu werden, was ab und zu glückte.<br />
13 der in Spanien internierten Kameruner sowie acht dort internierte Seeleute und der aus französischer<br />
Gefangenschaft nach Spanien entkommene Fahnenjunker Reupke heckten einen abenteuerlichen<br />
Fluchtplan aus, der aber misslang: Sie kauften unbemerkt ein Schiff, 14 Meter lang, die VIRGEN<br />
DEL SOCORRO, und stachen am 14. Oktober 1916 ab Vigo damit in See. Zuvor waren die Männer<br />
getrennt mit der Bahn angereist aus unterschiedlichen Lagern wie Pamplona und Alcala de Henares,<br />
was nicht auffiel. Kopf der mutigen Schar war Leutnant Koch. Zur Gruppe zählten Polizeimeister<br />
Schauf, Kaufmann Petersen, Pflanzer Lehrmann, Feldwebel Schulz, Kaufmann Kittlass, Sergeant<br />
Grätschus, Farmer Kutz, Feldwebel Jütersonge, Feldwebel Niemeyer, der Arzt Dr. Rautenberg, Schiffkoch<br />
Rassak. Die erfahrenen Seeleute: Kapitän Zuppe, Matrosen Onken, Griebel, Hilburg, Stehr und<br />
Grossmann.<br />
Die Wagemutigen wollten England umrunden und dann über Skandinavien die Heimat erreichen. Als<br />
schwerer Sturm das Ruder zerbrach, geriet die Nussschale in Bedrängnis und musste sich durch den<br />
Kanal zwischen Dover und Calais bewegen. Am 8. November 1916 stieß man auf ein britisches Patrouillenboot<br />
nahe Dover und geriet erneut in Gefangenschaft, diesmal unter Spionageverdacht. Nur<br />
mit großer Mühe ließen sich die Briten überzeugen, dass es sich lediglich um entflohene<br />
Kriegsgefangene handelte ohne subversive Absichten. Wegen der Unterbringung in mehreren Camps<br />
kehrten die letzten Männer erst 1919 nach Deutschland zurück.<br />
Das Deutsche Kolonialblatt veröffentlichte während der Kriegsjahre bis 1920 in unregelmäßiger Folge<br />
die persönlichen Daten jener deutschen Staatsbürger (Militär und Zivilpersonen), die in Kriegsgefangenschaft<br />
bzw. in französische und britische Internierung gerieten. In diesem Zusammenhang sind die<br />
Angaben zu den Berufen der Internierten aus Togo und Kamerun aufschlussreich wegen ihrer Vielfalt.<br />
Hier eine Reihe von Beispielen:<br />
Pflanzer, Regierungslehrer, Faktorist, Techniker, Kaufmann, Missionar, Betriebskontrolleur, Pflanzungsassistent,<br />
Bautechniker, Gouvernementssekretär, Heilgehilfe, Bahnangestellter, Direktor, Pferdehändler,<br />
Büroleiter, Polizeibeamter, Landwirtschaftsgehilfe, Sekretär, Wegebauer, Materialienverwalter<br />
zweiter Klasse, Magazinaufseher, Katasterassistent, Sanitätsgehilfe, Hafenmeister, Maschinist,<br />
Bezirksamtmann, Regierungsarzt, Garteninspektor, Arbeiterkommissar, Lehrer, Regierungsbaumeister,<br />
Geheimer Regierungsrat, Kinderfräulein, Krankenschwester, Rechnungsrat, Bezirksrichter.<br />
Landwirtschaftlicher Assistent erster Klasse, Handwerkerlehrer, Landvermesser, Zinkdrucker, Buchdrucker,<br />
Schreiber, Zollassistent erster Klasse, Holzhändler, Buchhalter, Privatmann, Veterinärgehilfe,<br />
Forschungsreisender, Entomologe, Förster, Finanzdirektor, Forstgehilfe, Oberingenieur, Amtsrichter,<br />
Schachtmeister, Geologengehilfe, Postassistent, Assessor, Rechnungsführer, Lokomotivführer, Monteur,<br />
Maurerpolier, Revisor, Zimmermann, Mechaniker, Krankenwärter, Aufseher, Mikrozoologe,<br />
Heizer, Schlachter, Sägemeister, Konsularagent, Zahlungsbeamter, Baggermeister, Kassierer, Telegraphenassistent,<br />
Eisenbahnwerkmeister, Holzfäller.<br />
Einige Berufsbezeichnungen muten aus heutiger Sicht unfreiwillig komisch an: Was verstand man<br />
unter einem Materialienverwalter zweiter Klasse? Was leistete ein Landwirtschaftsassistent erster<br />
Klasse? Oder ein Zollassistent erster Klasse? Waren es Auswüchse einer übermütigen Kolonialbürokratie<br />
fern der Heimat?<br />
Quellen<br />
Herterich W.: Internierten- und Kriegsgefangenenpost Togo und Kamerun<br />
(Privatdruck 1982)<br />
Archive Geissler, Stegmüller, Ahrens Koch, Saeftel<br />
Arbeitsgemeinschaft der Sammler Deutscher Kolonialpostwertzeichen<br />
Deutsches Kolonialblatt (Verlustlisten)