Inklusive Grundschule: ein starkes Glied in der „Kommunalen ...
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PAUKOS Ausgabe 1/2012<br />
38<br />
<strong>der</strong> <strong>Grundschule</strong>, weil es an<br />
Vorsorge für sie fehlt. Sie werden<br />
aufgrund verpasster „Zeitfenster<br />
<strong>der</strong> Entwicklung“ im Elementarbereich<br />
häufiger als an<strong>der</strong>e<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit umfangreichem För<strong>der</strong>bedarf<br />
<strong>e<strong>in</strong></strong>geschult. Unter<br />
den bestehenden Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
kann die <strong>Grundschule</strong><br />
diesen Bedarf nicht adäquat<br />
abdecken. Das frühe Scheitern<br />
von Grundschulk<strong>in</strong><strong>der</strong>n bedeutet<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel, dass sie lebenslang<br />
<strong>in</strong> ihren Teilhabemöglichkeiten<br />
<strong>e<strong>in</strong></strong>geschränkt. bleiben.<br />
Die jüngste Literalitätsstudie<br />
LEO 2011 <strong>der</strong> Universität Hamburg<br />
im Auftrag des Bundesbildungsm<strong>in</strong>isteriums<br />
hat ergeben,<br />
dass von den 18 - 29-Jährigen<br />
etwa 13 % zu den funktionalen<br />
Analphabeten gehören. Ihre<br />
begrenzten schriftsprachlichen<br />
Kompetenzen reichen nicht aus<br />
für <strong>e<strong>in</strong></strong>e erfolgreiche Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen und beruflichen<br />
Leben. Im Rückschluss<br />
heißt das: E<strong>in</strong> relativ großer Teil<br />
hat als K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Grundschule</strong><br />
k<strong>e<strong>in</strong></strong>e h<strong>in</strong>reichenden Kenntnisse<br />
im Lesen und Schreiben erworben<br />
und die nachfolgenden<br />
Schulen haben <strong>e<strong>in</strong></strong> nachholendes<br />
Lernen nicht ermöglicht.<br />
Aufschlussreich ist auch <strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />
Langzeitstudie über Armutsfolgen<br />
bei Grundschulk<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die<br />
das ISS im Auftrag des AWO-<br />
Bundesverbandes durchgeführt<br />
hat. Es ist die erste Studie dieser<br />
Art <strong>in</strong> Deutschland. Der Endbericht<br />
wurde im Dezember 2005<br />
vorgelegt. Danach unterscheiden<br />
sich die Bildungsverläufe von<br />
armen und nicht-armen Grundschulk<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
erheblich.<br />
Armen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n bleiben erfolgreiche<br />
Bildungswege weitgehend<br />
verschlossen. Jedes dritte <strong>in</strong><br />
Armut lebende K<strong>in</strong>d bleibt<br />
schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Grundschule</strong> sitzen<br />
und nur 4 % <strong>der</strong> armen K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
erreichen das Gymnasium.<br />
Das Risiko von armen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n,<br />
während o<strong>der</strong> am Ende ihrer<br />
Grundschulzeit <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e För<strong>der</strong>schule<br />
für Lernen, emotionale<br />
und soziale Entwicklung o<strong>der</strong><br />
Sprache überwiesen zu werden,<br />
ist dagegen drei<strong>e<strong>in</strong></strong>halb mal so<br />
groß wie das von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die<br />
nicht <strong>in</strong> Armut leben. E<strong>in</strong>e zuverlässige<br />
wissenschaftliche<br />
Def<strong>in</strong>ition von „Lernbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung“<br />
liegt dabei nicht vor. Sie wird<br />
ausschließlich relational als<br />
negative Abweichung von den<br />
Durchschnittsleistungen <strong>der</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> betreffenden Klasse,<br />
Schule o<strong>der</strong> des betreffenden<br />
Altersjahrgangs bestimmt.<br />
In <strong>der</strong> För<strong>der</strong>schule bleiben<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit Leistungsschwächen<br />
und Verhaltensproblemen unter<br />
sich und lernen <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em sozial<br />
entmischten, relativ anregungsarmen<br />
und mit vielen sozialen<br />
Problemen belasteten Lernmilieu.<br />
Sie s<strong>in</strong>d, wie <strong>in</strong> wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen immer<br />
wie<strong>der</strong> nachgewiesen, <strong>in</strong> ihrem<br />
Kompetenzerwerb dadurch extrem<br />
benachteiligt und, wie die<br />
Statistiken <strong>der</strong> Schulabschlüsse<br />
ausweisen, zur Erfolglosigkeit<br />
verurteilt. In <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Wissensgesellschaft<br />
stellen För<strong>der</strong>schulabsolventen<br />
als ger<strong>in</strong>g<br />
Qualifizierte <strong>e<strong>in</strong></strong>e normabweichende<br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit dar und s<strong>in</strong>d<br />
stärker als <strong>in</strong> früheren Zeiten von<br />
Stigmatisierung und sozialem<br />
Ausschluss bedroht.<br />
2008 waren nach <strong>e<strong>in</strong></strong>er Studie<br />
des Bildungsforschers Klaus<br />
Klemm mehr als die Hälfte <strong>der</strong><br />
Jugendlichen ohne Abschluss<br />
För<strong>der</strong>schüler, rund <strong>e<strong>in</strong></strong> Viertel<br />
<strong>der</strong> Schulverlierer g<strong>in</strong>gen auf<br />
<strong>e<strong>in</strong></strong>e Hauptschule. Klemm fand <strong>in</strong><br />
s<strong>e<strong>in</strong></strong>er Studie auch heraus, dass<br />
rund die Hälfte <strong>der</strong> Jugendlichen,<br />
die die Schule ohne Abschluss<br />
verlassen, diesen später nachholen.<br />
Dies gel<strong>in</strong>gt ihnen vor allem<br />
im Übergangssystem, das für<br />
schwer vermittelbare Jugendliche<br />
geschaffen wurde, um <strong>der</strong>en<br />
Ausbildungsreife zu för<strong>der</strong>n. Das<br />
sei <strong>e<strong>in</strong></strong>erseits <strong>e<strong>in</strong></strong> Erfolg, schreibt<br />
Klemm, er werde jedoch teuer<br />
erkauft. Der Experte schätzt<br />
die zusätzlichen Kosten auf<br />
über 200 Millionen Euro pro<br />
Altersjahrgang. „Würden diese<br />
Ressourcen im allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>bildenden<br />
Schulwesen präventiv <strong>e<strong>in</strong></strong>gesetzt,<br />
könnte vielen Schülern<br />
das Erlebnis des Scheiterns und<br />
die Vergeudung von Lebenszeit<br />
erspart bleiben.“<br />
Die <strong>in</strong>klusive <strong>Grundschule</strong> -<br />
<strong>e<strong>in</strong></strong>e Schule für alle K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
Die <strong>in</strong>klusive Schule <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em<br />
<strong>in</strong>klusiven Schulsystem ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />
völkerrechtliche Verpflichtung,<br />
zu <strong>der</strong> sich die Bundesregierung<br />
und mit ihr die Län<strong>der</strong><br />
durch die Ratifizierung <strong>der</strong> UN-<br />
Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />
bekannt haben. Das Fundament<br />
dafür muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> Primarstufe<br />
mit <strong>der</strong> <strong>in</strong>klusiven <strong>Grundschule</strong><br />
gelegt werden. Die <strong>in</strong>klusive<br />
<strong>Grundschule</strong> ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e Schule für<br />
alle K<strong>in</strong><strong>der</strong>. K<strong>e<strong>in</strong></strong> K<strong>in</strong>d wird wegen<br />
s<strong>e<strong>in</strong></strong>er Lernprobleme, s<strong>e<strong>in</strong></strong>er<br />
emotionalen und sozialen Entwicklung,<br />
s<strong>e<strong>in</strong></strong>er Hochbegabung,<br />
s<strong>e<strong>in</strong></strong>er Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung auf <strong>e<strong>in</strong></strong>e För<strong>der</strong>schule<br />
überwiesen. K<strong>e<strong>in</strong></strong> K<strong>in</strong>d<br />
wird kategorisiert. Jedes K<strong>in</strong>d ist<br />
unabhängig von s<strong>e<strong>in</strong></strong>er sozialen<br />
Herkunft, s<strong>e<strong>in</strong></strong>er ethnischen<br />
und kulturellen Zugehörigkeit<br />
willkommen und wird <strong>in</strong> s<strong>e<strong>in</strong></strong>er<br />
<strong>in</strong>dividuellen Lernentwicklung im<br />
gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samen Unterricht geför<strong>der</strong>t.<br />
Die <strong>Grundschule</strong> passt sich<br />
den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n an und arbeitet mit<br />
den KiTas ihres E<strong>in</strong>zugsbereichs<br />
eng zusammen, um den Übergang<br />
für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Eltern vorzubereiten.<br />
Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> werden<br />
im wahrsten S<strong>in</strong>ne da abgeholt,<br />
wo sie stehen.<br />
Wie muss man sich Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />
und Arbeitsweise<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>klusiven <strong>Grundschule</strong> im<br />
Vergleich zu <strong>der</strong> heutigen <strong>Grundschule</strong><br />
vorstellen?<br />
Die <strong>in</strong>klusive <strong>Grundschule</strong><br />
verfügt über die notwendigen<br />
son<strong>der</strong>pädagogischen Ressourcen,<br />
um alle K<strong>in</strong><strong>der</strong>, auch K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
mit sozialen Entwicklungsproblemen,<br />
bestmöglich zu för<strong>der</strong>n. Die<br />
Mittelzuweisung erfolgt pauschal<br />
und ist nicht mehr an das <strong>e<strong>in</strong></strong>zel-