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Genetische Diagnostik bei Entwicklungsstörungen und seltenen ...

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Fortbildung | „Artikel des Monats“<br />

Abb. 5: 12-jähriger Junge mit Proteus-<br />

Syndrom (OMIM 176920). Klinisch wegweisend<br />

sind eine Hemihyperplasie des<br />

rechten Beines sowie eine Hypertrophie<br />

der vierten Zehe rechts <strong>und</strong> der Kleinzehe<br />

links. Als Ursache des Proteus-Syndroms<br />

wurde <strong>bei</strong> diesem Jungen mittels Exom-<br />

Sequenzierung eine neu aufgetretene Mutation<br />

im AKT1-Gen nachgewiesen [2] (Fotos<br />

von Prof. Dr. K. Brockmann, SPZ, Universitätsmedizin<br />

Göttingen).<br />

SOS1 <strong>und</strong> RAF1 krankheitsauslösend<br />

sein, so dass eine parallele Sequenzierung<br />

dieser Gene als „Noonan-Gen-<br />

Panel“ zu einer höherer „Trefferquote“<br />

für Mutationen in kürzerer Zeit führt.<br />

2. Exom-Sequenzierung: Es werden alle<br />

kodierenden Bereiche (Exone) des<br />

menschlichen Genoms (ca. 23.000 Gene)<br />

parallel sequenziert. Die Interpretation<br />

der Daten ist derzeit noch sehr<br />

schwierig <strong>und</strong> erfolgt schrittweise [4].<br />

Zunächst werden von den üblicherweise<br />

über 10.000 aufgef<strong>und</strong>enen Varianten<br />

all solche ausgeschlossen, die bereits<br />

als Varianten <strong>bei</strong> ges<strong>und</strong>en Personen<br />

bekannt sind. Hierzu werden interne<br />

<strong>und</strong> externe Datenbanken herangezogen<br />

(z. B. dbSNP, http://www.ncbi.nlm.<br />

nih.gov/projects/SNP/). Die krankheitsrelevante<br />

Mutation wird anschließend<br />

unter den verbleibenden nicht-synonymen<br />

(Aminosäure verändernden) Varianten<br />

innerhalb des kodierenden Bereiches<br />

sowie unter den Varianten innerhalb<br />

von Spleißstellen gesucht. Triplett-Repeat-Erkrankungen<br />

(z. B. CGG-<br />

Trinukleotid-Expansion im FMR1-Gen<br />

<strong>bei</strong>m Fragilen-X-Syndrom) können<br />

durch die Exom-Sequenzierung nicht<br />

erkannt werden. Die Exom-Sequenzierung<br />

hat bereits zur Identifikation der<br />

krankheitsauslösenden Gene <strong>bei</strong> diversen<br />

Erkrankungen geführt (z. B. Proteus-Syndrom<br />

[2], vgl. Abb. 5).<br />

Der Einsatz genetischer Screening-Verfahren<br />

entspricht einem „umgekehrten“<br />

diagnostischen Vorgehen, das als „reverse<br />

Genetik“ bezeichnet wird: islang wurde<br />

ausgehend von einem spezifischen Phänotyp<br />

eine gezielte genetische <strong>Diagnostik</strong><br />

veranlasst. Mit Screening-Verfahren wird<br />

dagegen <strong>bei</strong> einem unspezifischen Phänotyp<br />

(z. B. Dysmorphie- <strong>und</strong> Retardierungs-<br />

Syndrom unklarer Ursache) zunächst genomweit<br />

nach Chromosomen- <strong>und</strong> Genvarianten<br />

gesucht, deren Bedeutung für<br />

den Phänotyp anschließend bewertet wird<br />

(Abb. 1). Diese Genotyp-Phänotyp-Korrelation<br />

stellt derzeit häufig noch eine große<br />

Herausforderung dar. Die Interpretation<br />

genetischer Daten wird jedoch in den kommenden<br />

Jahren durch die Erweiterung klinisch-genetischer<br />

Datenbanken entscheidend<br />

erleichtert werden.<br />

Literatur<br />

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Clin Genet, Epub ahead of print, doi: 10.1111/j.1399-<br />

0004.2012.01862.x<br />

2. Lindhurst MJ, Sapp JC, Teer JK, Johnston JJ, Finn EM et al.<br />

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is a first-tier clinical diagnostic test for individuals with<br />

developmental disabilities or congenital anomalies. Am J<br />

Hum Genet 86: 749 – 64<br />

4. Neveling K, Hoischen A (2012) Exom-Sequenzierung zur<br />

Identifizierung von Krankheitsgenen. Medgen 24: 4 – 11<br />

5. Roeleveld N, Zielhuis GA, Gabreels F (1997) The prevalence<br />

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Dev Med Child Neurol 39: 125 – 132<br />

6. Sagoo GS, Butterworth AS, Sanderson S, Shaw-Smith C,<br />

Higgins JP et al. (2009) Array CGH in patients with learning<br />

disability (mental retardation) and congenital anomalies:<br />

updated systematic review and meta-analysis of 19 studies<br />

and 13,926 subjects. Genet Med 11: 139 – 146<br />

7. Shoukier M, Klein N, Auber B, Wickert J, Schröder J et al.<br />

(2012) Array CGH in patients with developmental delay or<br />

intellectual disability: are there phenotypic clues to pathogenic<br />

copy number variants? Clin Genet, Epub ahead of<br />

print, doi: 10.1111/j.1399-0004.2012.01850.x<br />

8. Trask BJ (2002) Human cytogenetics: 46 chromosomes, 46<br />

years and counting. Nat Rev Genet 3: 769 – 78<br />

9. Zirn B (2009) Die <strong>Genetische</strong> Sprechst<strong>und</strong>e. Steinkopff-<br />

Verlag, Springer Science <strong>und</strong> Business Media, Heidelberg,<br />

93 – 98<br />

Korrespondenzadresse<br />

PD Dr. med. Dr. rer. nat. Birgit Zirn<br />

Sozialpädiatrisches Zentrum<br />

Abt. Pädiatrie II mit Schwerpunkt<br />

Neuropädiatrie<br />

Universitätsmedizin Göttingen<br />

Robert-Koch-Straße 40<br />

37075 Göttingen<br />

Tel.: 05 51/3 91 32 41<br />

Fax: 05 51/39 62 52<br />

E-Mail: birgit.zirn@med.uni-goettingen.de<br />

278<br />

Kinderärztliche Praxis 83, 272 – 278 (2012) Nr. 5 www.kinderaerztliche-praxis.de

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