„ich bin kEin gURU“ - Maya Fiennes
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DaS gROSSE TOP-inTERViEW<br />
DaS gROSSE TOP-inTERViEW<br />
<strong>Maya</strong> <strong>Fiennes</strong>: „Die Menschen erkennen, dass sie der Fokus auf das Äußere nicht glücklich macht“<br />
Los Angeles, Santa Monica, ein Samstagmorgen<br />
im Januar. Blauer Himmel,<br />
klare Sonne. Nur die zehn Grad<br />
(aber immerhin plus) erinnern daran,<br />
dass auch hier gerade Winter ist. Leider<br />
profitiert im Moment allein <strong>Maya</strong> <strong>Fiennes</strong><br />
von diesen Annehmlichkeiten. Denn dass<br />
wir uns heute sehen, verdanken wir dem<br />
Internet-Telefon Skype, mit dem ein Interview<br />
selbst über eine Distanz von mehr<br />
als 9.000 Kilometern möglich wird.<br />
„So viel Sonne zu haben, das ist schon<br />
ein großes Glück“, lacht <strong>Maya</strong> <strong>Fiennes</strong>.<br />
Los Angeles ist ihre Wahlheimat. Sie lebt<br />
dort mit ihrem Mann, einem Musikproduzenten,<br />
und den beiden Töchtern. Geboren<br />
wurde sie im mazedonischen Skopje. <strong>Maya</strong><br />
<strong>Fiennes</strong> ist eine ausgebildete Konzertpianistin,<br />
war erfolgreich in diesem Beruf.<br />
Yoga praktizierte sie anfangs nur, um ihr<br />
Lampenfieber zu bekämpfen – und entschied<br />
sich dann 2003 für eine Ausbildung<br />
zur Lehrerin der Kundalini-Methode (siehe<br />
Info-Kasten). Zu ihren Schülern zählen<br />
heute bekannte Namen wie das Topmodel<br />
Elle Macpherson. Prominente sind eine gute<br />
Werbung, um die Botschaft zu vermitteln:<br />
Jeder kann Kundalini Yoga ausüben,<br />
unabhängig vom Alter oder Geschlecht.<br />
Und wer sich darauf einlässt, wird mit einem<br />
glücklicheren Leben belohnt...<br />
TOP: Bei Ihnen ist es jetzt neun Uhr.<br />
Haben Sie heute Morgen bereits Ihre<br />
Kundalini-Übungen gemacht?<br />
<strong>Maya</strong> <strong>Fiennes</strong>: Ja, eine Übung, die Sadhana<br />
heißt. Ich chante (Anm.: singen) eine<br />
Stunde lang Mantras und reinige mich<br />
so von allen Ängsten und negativen Gedanken.<br />
Und dann wird mein Tag gut.<br />
Wann stehen Sie denn auf?<br />
Um vier – und dann gehe ich um fünf<br />
noch einmal ins Bett. Aber es kommt<br />
auch vor, dass ich erst um sechs oder<br />
sieben mit der Übung beginne. Disziplin<br />
ist wichtig, aber man sollte sich auch<br />
keinen Stress machen, sondern auf den<br />
eigenen Körper hören.<br />
Ich wusste bislang recht wenig über<br />
Yoga. In der Vorbereitung unseres Gesprächs<br />
habe ich mir eine Ihrer DVD´s besorgt<br />
und einige Übungen ausprobiert…<br />
…großartig (lacht). Und wie war es?<br />
Um ehrlich zu sein, ziemlich frustrierend.<br />
Mir wurde nämlich bewusst, wie<br />
ungelenkig ich <strong>bin</strong>.<br />
Momente der Frustration sind normal.<br />
Sie lernen beim Kundalini Yoga viel<br />
über den Zustand Ihres Körpers – und<br />
den Ihres Geistes. Da besteht ein enger<br />
Zusammenhang. Wenn sich der Körper<br />
widersetzt, heißt das, der Geist widersetzt<br />
sich. Er ist dann im „Kampfmodus“<br />
und den müssen wir ausschalten. Das<br />
Schwierigste sind die ersten beiden Minuten<br />
einer Übung, denn dann ist der Widerstand<br />
am stärksten. Danach produziert<br />
der Körper Wohlfühlstoffe wie Endorphin<br />
und Dopamin. Der Geist „kapituliert“,<br />
wir fühlen uns voller Energie und<br />
unser Körper ist zu allem in der Lage.<br />
Auf unseren körper legen wir sehr viel<br />
Wert. Weshalb pflegen wir nicht im gleichen<br />
Maß den Geist und die Seele?<br />
Ich denke, das ändert sich gerade.<br />
Warum wird Yoga immer populärer? Weil<br />
die Menschen erkennen, dass sie der alleinige<br />
Fokus auf das Äußere nicht glücklich<br />
macht.<br />
Glücklich sind wir ohnehin eher selten,<br />
wir ärgern uns oft über Kleinigkeiten. Dabei<br />
geht es uns gut – verglichen mit den<br />
meisten Menschen auf der Welt.<br />
Genau das ist unser Problem. Wer um<br />
das tägliche Überleben kämpfen muss,<br />
hat gar keine Zeit, sich um andere Dinge<br />
zu kümmern. Wir aber füttern unseren<br />
Verstand ständig mit neuen Informationen.<br />
Es ist wie beim Computer. Irgendwann<br />
ist die Festplatte voll. Beim Menschen<br />
führt diese Informationsflut zu<br />
Ängsten und Depressionen. Wir müssen<br />
lernen, Gedanken auch wieder loszulassen.<br />
Kundalini Yoga hilft uns dabei.<br />
Kundalini Yoga hat eine tausende Jahre<br />
lange Tradition. Doch erst Ende der<br />
1960er Jahre kam diese Lehre aus Indien<br />
in den Westen. Warum erst so spät?<br />
Die Yogis warteten darauf, dass die<br />
Menschen im Westen reif für ihre Lehre<br />
sind. Denn Kundalini ist eine große<br />
Energie. Wer ihr Geheimnis kennt, könnte<br />
Menschen manipulieren. Das wollten<br />
die Yogis verhindern. Und erst als sie erkannten,<br />
dass die Menschen sich nicht<br />
mehr so leicht beeinflussen lassen, Institutionen<br />
hinterfragen, statt ihnen blind<br />
zu folgen, gaben sie ihre Lehre preis.<br />
Kann man ein Manipulieren heute tatsächlich<br />
ausschließen?<br />
Menschen, die eine schwache Psyche<br />
haben, könnten dazu neigen, in eine Abhängigkeit<br />
von ihrem Lehrer zu geraten.<br />
Deswegen sage ich jedem, der Kundalini<br />
Yoga macht: Folge nicht mir, folge<br />
niemandem, folge nur dir selbst. Lass<br />
dich auf die Lehre ein und nutze sie für<br />
dich. Der Guru, nach dem du vielleicht<br />
suchst, bist du selbst. Die Kraft ist allein<br />
in dir.<br />
Hatten die alten Yogis vielleicht auch<br />
Angst, dass ihre Lehre im Westen als<br />
Lifestyle-Trend enden wird?<br />
Es gibt viele Gründe mit Yoga anzufangen.<br />
Die einen wollen vielleicht nur<br />
Gewicht verlieren, andere sehen darin<br />
womöglich ein „Statussymbol“. Aber<br />
egal, wie banal die Motivation auch sein<br />
mag, sobald du dich auf Kundalini Yoga<br />
einlässt, spürst du, wie viel Gutes<br />
es Körper und Geist bringt. Und du vergisst,<br />
warum du eigentlich damit begonnen<br />
hattest. Ich zum Beispiel habe mit<br />
Yoga nur aus einem Grund angefangen:<br />
Ich wollte das Lampenfieber vor meinen<br />
Konzerten in den Griff bekommen.<br />
Sie waren eine erfolgreiche Konzertpianistin,<br />
wie kamen Sie zur Musik?<br />
Ich komme aus Mazedonien. Das<br />
Land ist sehr musikbegeistert. In fast jedem<br />
Haus gibt es ein Klavier oder ein anderes<br />
Instrument. Und wann immer ich<br />
als Kind ein Klavier sah, fühlte ich mich<br />
hingezogen und fing an darauf zu „spielen“.<br />
Es war wie ein innerer Drang. Irgendwann<br />
wurde meine Musikalität getestet<br />
und die war wohl sehr hoch. Ich<br />
sollte dann Cello und Violine lernen, beides<br />
wollte ich aber nicht – und endlich<br />
bekam ich Klavierunterricht.<br />
Nach der Schule haben Sie täglich drei<br />
bis vier Stunden geübt. Freiwillig?<br />
Natürlich gab es auch Momente, wo<br />
ich keine Lust hatte. Doch meine Mutter<br />
sagte immer: Du bist zu gut um aufzuhören.<br />
Die Disziplin, die ich damals gelernt<br />
habe, war eine wichtige Lektion für mein<br />
ganzes Leben. Deshalb kann ich heute<br />
auch um vier aufstehen und meine Mantras<br />
chanten (lacht).<br />
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie als<br />
Pianistin richtig gut sind?<br />
Ich wurde schon bald auf Wettbewerbe<br />
geschickt, also musste ich gut sein.<br />
Mit 15 fing ich dann an, selbst Unterricht<br />
zu geben und habe damit Geld verdient.<br />
Klavierspielen war damals praktisch<br />
schon ein Beruf. Andere Kinder mussten<br />
ihre Eltern um Geld bitten, ich hatte<br />
mein eigenes.<br />
Sie gingen mit Mitte 20 nach London,<br />
um Ihr Studium zu vollenden. Dort tauchten<br />
Sie in ein glamouröses Leben ein. Sie<br />
beschrieben sich einmal als „skrupellos“<br />
beim Ausnutzen dieser Kontakte. Wie<br />
passt diese Oberflächlichkeit zu Ihrem<br />
Leben als Yoga-Lehrerin?<br />
Sie war Teil meiner Reise. Ich musste<br />
durch diese Oberflächlichkeit gehen, um<br />
zu erkennen, dass mich diese Welt nicht<br />
glücklich macht. Ich suchte nach etwas,<br />
was auch gut für meine Seele war und<br />
nicht nur auf das Äußere Wert legt. Menschen<br />
müssen Erfahrungen machen. Ich<br />
glaube, das ist unsere Bestimmung: Viele<br />
Erfahrungen zu sammeln, um so her-<br />
Kundalini<br />
auszufinden, was gut für uns ist.<br />
Was ist Kundalini Yoga?<br />
Yoga bedeutet „Einheit“. Das Ziel von Yoga ist es, eine Einheit herzustellen zwischen Körper, Seele und Geist; zwischen dem Individuum<br />
und dem Universum. Die Ursprünge liegen in Indien und reichen 4.000-5.000 Jahre weit zurück. Die heute im Westen am<br />
häufigsten praktizierte Form ist das eher auf den Körper ausgerichtete Hatha.<br />
„Kundalini ist die Mutter alle Yoga-Stile“, sagt <strong>Maya</strong> <strong>Fiennes</strong>. Lange war es ein gut gehütetes Geheimnis, das die Meister in<br />
jahrelanger Arbeit an ihre Schüler weitergaben. Erst Ende der 1960er Jahre brachte Yogi Bhajan Kundalini Yoga in den Westen.<br />
Der Name Kundalini bedeutet in etwa „zusammengerollt“. Die Kundalini-Energie am unteren Ende der Wirbelsäule wird oft mit<br />
einer schlafenden Schlange verglichen. Beim Yoga wird sie wach, entrollt sich und schiebt ihren Kopf langsam die Wirbelsäule<br />
hinauf. So wird der Energiefluss zwischen den sieben Körperzentren, den Chakras freigesetzt. Das Training besteht aus Körperübungen,<br />
dem Singen (Chanten) bestimmter Laute (Mantras), Atemtechniken und Meditation.<br />
In ihrem Buch „Yoga for Real Life – für jeden“ (EchnAton Verlag, 24,95 Euro) beschreibt <strong>Maya</strong> <strong>Fiennes</strong>, wie sich Yoga und<br />
Meditation in ein modernes Leben integrieren lassen.<br />
>> www.mayaspace.com<br />
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