Bierbrauen No.1 - Liebertwolkwitz - ein Dorf im Jahre 1813...
Bierbrauen No.1 - Liebertwolkwitz - ein Dorf im Jahre 1813...
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<strong>Liebertwolkwitz</strong> 1813 - wie es wirklich war!<br />
Das Brauhaus zu <strong>Liebertwolkwitz</strong> /Teil 2<br />
Als Lehngut des Stiftes Merseburg gehörte <strong>Liebertwolkwitz</strong> schon <strong>im</strong> 13. Jahrhundert zum<br />
Rittergut Störmthal. In alten Zeiten waren die <strong>Dorf</strong>brauereien nebst der <strong>Dorf</strong>schenke<br />
ausschließlich Eigentum der Rittergutsherrschaft. In <strong>ein</strong>em Verzeichnis der „Kanzleischriftsässigen“<br />
Rittergüter von 1691 wird auch <strong>Liebertwolkwitz</strong> aufgeführt. Der Besitzer war<br />
Ludwig Lenz (Fürst. Sächs. Rath und Vicecanzler zu Weißenfels von 1683-1695). Dabei steht,<br />
dass <strong>Liebertwolkwitz</strong> <strong>ein</strong> Brauhaus hat, aber k<strong>ein</strong>en Schenken (<strong>Dorf</strong>schenke).<br />
Vorausgegangen war <strong>ein</strong>e Schenkung des Hans Pflug, Erb-, Lehn- und Gerichtsherr zu<br />
Störmthal und <strong>Liebertwolkwitz</strong>, der das Brau- und Malzhaus um 1500 baute und der<br />
Gem<strong>ein</strong>de übereignete.<br />
In <strong>ein</strong>em Trinksteuerauszug des Leipziger Kreises von 1721 ist der Kammerherr Satz Hilmar<br />
von Fullen als Besitzer <strong>ein</strong>er Schenke aber ohne Brauhaus erwähnt. Das geht darauf zurück,<br />
dass am 6. Mai 1672 das Brauhaus durch <strong>ein</strong>en Brand <strong>ein</strong>geäschert wurde.<br />
In <strong>ein</strong>em Extrakt von 1710-1720 wurden die <strong>ein</strong>geführten Landbiere in die Stadt Leipzig mit<br />
1 3 / 8 Fass für <strong>Liebertwolkwitz</strong> und 21 3 / 8 Fass für Störmthal angegeben, d.h. in dieser Zeit<br />
gab es wieder <strong>ein</strong> Brauhaus in <strong>Liebertwolkwitz</strong>.<br />
Um 1800 war Johann Gottfried Liebner Pächter des Rittergutes Störmthal mit dem<br />
dazugehörigen Brauhaus. Zu dieser Zeit besaß er auch das Recht, dass Störmthaler Bier in<br />
Leipzig <strong>ein</strong>zuführen. Am 8. Juni 1812 richtete er <strong>ein</strong> Gesuch an den Leipziger Rat: „Zu<br />
Johanni d. J. geht m<strong>ein</strong>e Pacht zu Ende, ich begebe mich von Störmthal hinweg und beziehe<br />
m<strong>ein</strong> eigenthümliches Gut in <strong>Liebertwolkwitz</strong>, wo ich mit der Gem<strong>ein</strong>de über die Verpachtung<br />
des dasigen Brauhauses an mich <strong>ein</strong>ig geworden bin.“ Er bat um Erlaubnis, dieses auch in<br />
Leipzig <strong>ein</strong>führen zu dürfen. Nach Probe durch den Ratskellerwirt, der sich von der Güte des<br />
Gebräu’ überzeugt hatte, erteilte der Rat zu Leipzig am 22. Juni die Genehmigung.<br />
Johann Gottfried Liebner, Pächter der Gem<strong>ein</strong>debrauerei, war ebenfalls Besitzer des am<br />
Markt liegenden Pferdnergutes, Brand-Cat. Nr. 83 (heute <strong>Liebertwolkwitz</strong>er Markt 3). Durch<br />
die entstandenen Schäden der Kämpfe um <strong>Liebertwolkwitz</strong> am 14. Oktober 1813 sah er sich<br />
veranlasst, s<strong>ein</strong>en Sohn Johann Friedrich Liebner das Gut am 22. Dezember zu verkaufen.<br />
Ähnlich wie das ganze <strong>Dorf</strong> hat auch das Gem<strong>ein</strong>debrauhaus Schaden genommen. Die<br />
Plünderung und die folgenden<br />
Hungerjahre waren sicher der Grund zur<br />
Aufgabe des Brauwesens <strong>im</strong> <strong>Dorf</strong>. Ein<br />
Beweis dafür ist das Fehlen der Brand-<br />
Cat. Nr. 40 (Brauerei) in <strong>ein</strong>er Auflistung<br />
von 1835. Erst mit dem Verkauf des<br />
Gem<strong>ein</strong>debrauhauses an den Sohn des<br />
ehemaligen Pächters, an Johann Friedrich<br />
Liebner am 21. Oktober 1836 beginnt der<br />
Wiederaufbau und die Vergrößerung, wie<br />
<strong>im</strong> Brand-Cat. Verzeichnis um 1840 zu<br />
lesen ist: „Das Brauhaus, 1 Brauereilokal,<br />
1 Braustübchen, 1 Malzdache, 1<br />
Malztenne, 1 Schüttboden, 1 Jährkammer<br />
und 1 Pichschuppen.“<br />
Die Flurkarte aus dem Jahr 1839 zeigt die Lage der <strong>ein</strong>stigen Gem<strong>ein</strong>debrauerei.
1850 wird ebenfalls "<strong>ein</strong> Wohngebäude" erwähnt, "dazu <strong>ein</strong> Plumpenüberbaugebäude und<br />
das Gähr-Pichgebäude".<br />
Das Brauhaus selbst lag südöstlich des eigentlichen Rossplatzes an der heutigen Alten<br />
Tauchaer Straße (s. Flurkarte von 1839). Ein Überbleibsel aus dieser Zeit ist noch die<br />
rekonstruierte Schwengelpumpe mit doppeltem Auslauf (Foto).<br />
Sie führte <strong>im</strong>mer Wasser und bei Bränden füllten die Bauern ihre<br />
Jauchenwagen und fuhren es der Feuerspritze zu.<br />
Die Qualität des <strong>Dorf</strong>bieres war gegenüber den Ratsbrauereien<br />
besser und fand dadurch <strong>ein</strong>en guten Absatz. Erst als der Rat<br />
s<strong>ein</strong>e Brauhäuser in die Vorstädte verlagerte erreichten sie durch<br />
die besseren Wasser- aber auch Luftbedingungen <strong>ein</strong> gleichgutes<br />
Gebräu, was natürlich durch die geringeren Transportkosten<br />
billiger war. Die Konkurrenz führte sicher zur Aufgabe des<br />
Brauwesens <strong>im</strong> Ort und die Gem<strong>ein</strong>debrauerei teilte das gleiche<br />
Schicksal wie die sog. "Alte Brauerei" an der Muldentalstraße.<br />
Dieter Schulze<br />
Grafik/Foto: Lutz Zerling