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Homologie II: Abbildungen

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Abschnitt 14<br />

<strong>Homologie</strong> <strong>II</strong>: <strong>Abbildungen</strong><br />

Die <strong>Homologie</strong> eines Simplex<br />

Wir wollen für n ≥ −1 mit ∆ n auch den abstrakten Simplizialkomplex<br />

P({0, . . . , n}) bezeichnen und setzen d∆ n := ∆ n \ {{0, . . . , n}}. Wie bereits<br />

bemerkt ist |∆ n | ≈ ∆ n ≈ D n und |d∆ n | ≈ d∆ n ≈ S n−1 .<br />

Da ∆ n für n ≥ 0 zusammenziehbar ist und die ˜H r ({Ø, {0}}) = ˜H r (∆ 0 ) =<br />

0 für alle r (Nachrechnen!), erwarten wir ˜H r (∆ n ) = 0 für alle r. Dies ist<br />

unser erstes Resultat.<br />

14.1 Proposition. Sei S ein Simplizialkomplex und sei v ∈ V (S), so dass<br />

σ ∪ {v} ∈ S für alle σ ∈ S. (Wir sagen, S sei ein Kegel mit Spitze v.) Dann<br />

ist ˜H r (S) = 0 für alle r.<br />

Beweis. Wir müssen zeigen, dass jeder r-Zykel Rand einer (r + 1)-Kette ist.<br />

Dazu definieren wie für alle r ≥ −1 eine lineare Abbildung<br />

K r : ˜Cr (S) → ˜C r+1 ,<br />

{<br />

[v, u 0 , . . . , u r ], v /∈ {u 0 , . . . , u r } ,<br />

[u 0 , . . . , u r ] ↦→<br />

0, v ∈ {u 0 , . . . , u r } .<br />

Diese ist wohldefiniert, da die Definition mit Permutationen verträglich ist.<br />

Wir setzen außerdem K r = 0 für r < −1.<br />

Dann gilt für alle r ∈ Z, dass<br />

d r+1 K r + K r−1 d r = id ˜Cr(S) .<br />

In der Tat haben wir für r ≥ 0 und v /∈ {u 0 , . . . , u r }<br />

dK[u 0 , . . . , u r ] = d[v, u 0 , . . . , u r ]<br />

r∑<br />

= [u 0 , . . . , u r ] + (−1) i+1 [v, u 0 , . . . , ˆv i , . . . , v r ]<br />

i=0<br />

= [u 0 , . . . , u r ] − Kd[u 0 , . . . , u r ].<br />

1


2 14. <strong>Homologie</strong> <strong>II</strong>: <strong>Abbildungen</strong><br />

und für v = u j<br />

Kd[u 0 , . . . , u r ] = Kd[u 0 , . . . , u j−1 , v, u j+1 , . . . , u r ]<br />

und schließlich für r = −1<br />

= (−1) j K[u 0 , . . . , û j , . . . , u r ]<br />

= (−1) j [v, u 0 , . . . , û j , . . . , u r ]<br />

= [u 0 , . . . , u j−1 , v, u j+1 , . . . , u r ]<br />

= [u 0 , . . . , u r ] − dK[u 0 , . . . , u r ]<br />

dK[] = d[v] = [] = [] − Kd[].<br />

Man mache sich klar, dass obige Rechnung auch für r = 0 korrekt war, und<br />

wo sie für C(S) an Stelle von ˜C(S) falsch gewesen wäre, beziehungsweise,<br />

was dort das Ergebnis gewesen wäre.<br />

Ist also [c] ∈ ˜H r (S), das heißt c ∈ ˜C r (S) und dc = 0, so ist c =<br />

d r+1 (K r (c)) + K r−1 (d r (c)) = d r+1 (K r (c)) ein Rand, also [c] = 0. □<br />

14.2 Korollar. ˜Hr (∆ n ) = 0 für n ≥ 0, r ∈ Z. □<br />

14.3 Proposition. Für n ≥ 0 ist<br />

˜H k (d∆ n ) ∼ =<br />

{<br />

0, k ≠ n − 1,<br />

R, k = n − 1,<br />

wobei ˜Hn−1 (d∆ n ) von [d n [0, . . . , n]] erzeugt wird.<br />

Beweis. Für k < n − 1 ist ˜H k (d∆ n ) = ˜H k (∆ b ) = 0, für k > n − 1 ist<br />

˜C k (d∆ m ) = 0, also ˜H k (d∆ n ) = 0.<br />

Da ˜C n+1 (∆ n ) = 0, ist ˜H n (∆ n ) = ker d ˜C(∆ n )<br />

n . Da ˜H n (∆ n ) = 0, ist also<br />

d ˜C(∆ n )<br />

n injektiv. Da ˜H n−1 (∆ n ) = 0, ist ker d ˜C(∆ n )<br />

n−1 = im d ˜C(∆ n )<br />

n .<br />

Da ˜C n (d∆ n ) = 0, ist ˜H n−1 (d∆ n ) = ker d ˜C(d∆ n )<br />

n−1 . Nun ist ker d ˜C(d∆ n )<br />

n−1 =<br />

ker d ˜C(∆ n )<br />

n−1 , also nach dem vorhergehenden d n : ˜Cn (∆ n ) → ˜Z n−1 (d∆ n ) =<br />

˜H n−1 (d∆ n ) ein Isomorphismus.<br />

□<br />

Simpliziale <strong>Abbildungen</strong> und Kettenabbildungen<br />

Bei der Betrachtung der Fundamentalgruppe war es wesentlich, dass eine stetige<br />

Abbildung zwischen Räumen einen Gruppenhomomorphismus zwischen<br />

den Fundamentalgruppen induziert. Da wir <strong>Homologie</strong> für Simplizialkomplexe<br />

definiert haben, betrachten wir eine geeignete Klasse von <strong>Abbildungen</strong><br />

zwischen ihnen.


Simpliziale <strong>Abbildungen</strong> und Kettenabbildungen 3<br />

Simpliziale <strong>Abbildungen</strong><br />

14.4 Definition. Es seien S, T abstrakte Simplizialkomplexe. Eine simpliziale<br />

Abbildung f : S → T ist eine Funktion f : V (S) → V (T ) mit f[σ] ∈ T<br />

für alle σ ∈ S.<br />

Wir werden zuerst beschreiben, wie eine simpliziale Abbildung zwischen<br />

Simplizialkomplexen eine stetige Abbildung zwischen den Realisierungen<br />

induziert.<br />

Definieren wir, etwas allgemeiner als oben, für eine endliche Menge σ und<br />

v ∈ σ den Punkt e v ∈ ∆ σ durch<br />

(e v ) u :=<br />

{<br />

1, u = v,<br />

0, u ≠ v,<br />

so hat jeder Punkt x ∈ ∆ σ eine eindeutige Darstellung x = ∑ v∈σ λ ve v ,<br />

und es ist ∑ v λ v = 1 und λ v ≥ 0 für alle v ∈ σ. (Selbstverständlich ist<br />

λ v = x v .) Sind nun y v ∈ Y , v ∈ σ, Punkte in einer konvexen Teilmenge Y<br />

eines euklidischen Raumes (zum Beispiel kann Y ein anderer Simplex sein),<br />

so definiert dies eine stetige Abbildung<br />

∑<br />

∆ σ → Y<br />

v∈σ<br />

λ v e v ↦→ ∑ v∈σ<br />

λ v y v<br />

Aus solchen <strong>Abbildungen</strong> werden wir <strong>Abbildungen</strong> zwischen triangulierten<br />

Räumen zusammensetzen.<br />

14.5 Definition und Proposition. Es seien S, T abstrakte Simplizialkomplexe<br />

und f : S → T eine simpliziale Abbildung. Dann wird eine stetige<br />

Abbildung |f|: |S| → |T | dadurch definiert, dass<br />

|S|<br />

∆ σ<br />

χ S σ<br />

|f|<br />

P<br />

v∈σ λvev↦→P v∈σ λve f(v)<br />

χ T f[σ]<br />

|T |<br />

∆ f[σ]<br />

für alle σ ∈ S kommutiert.<br />

Dies verallgemeinert die Konstruktion aus Proposition 12.7, wo f eine<br />

Inklusionsabbildung war.<br />

Beweis. Die Abbildung ist eindeutig definiert, da |S| = ⋃ σ∈S im χ σ. Sie ist


4 14. <strong>Homologie</strong> <strong>II</strong>: <strong>Abbildungen</strong><br />

wohldefiniert, da für τ ⊂ σ ∈ S das Diagramm<br />

∆ σ<br />

∆ τ i σ τ<br />

P<br />

v∈σ λvev↦→P v∈σ λve f(v)<br />

i f[σ]<br />

f[τ]<br />

P<br />

v∈τ λvev↦→P v∈τ λve f(v)<br />

∆ f[σ] χ T f[σ] |T |<br />

<br />

<br />

∆ f[τ]<br />

χ T f[τ]<br />

(14.1)<br />

kommutiert. Sie ist stetig, da alle Kompositionen |f| ◦ χ σ für σ ∈ S stetig<br />

sind.<br />

□<br />

14.6 Proposition. Es seien S, T , K abstrakte Simplizialkomplexe und<br />

f : S → T , g : T → K simpliziale <strong>Abbildungen</strong>. Dann gilt:<br />

(i) id V (S) =: id S : S → S ist eine simpliziale Abbildung.<br />

(ii) g ◦ f : S → K ist eine simpliziale Abbildung.<br />

(iii) |g ◦ f| = |g| ◦ |f|.<br />

Kettenabbildungen<br />

Wir werden beschreiben, wie eine simpliziale Abbildung lineare <strong>Abbildungen</strong><br />

zwischen den <strong>Homologie</strong>gruppen induziert. In einem Zwischnschritt werden<br />

wir eine Abbildung zwischen den simplizialen Kettenkomplexen definieren.<br />

Die entsprechende Art von <strong>Abbildungen</strong> definieren wir nun<br />

14.7 Definition. Es seien C, D R-Kettenkomplexe. Eine Kettenabbildung<br />

f : C → D ist ein System von R-linearen <strong>Abbildungen</strong> (f i : C i → D i ) i∈Z , so<br />

dass<br />

C i<br />

f i <br />

D i<br />

d<br />

□<br />

d<br />

C i−1<br />

f i−1<br />

D i−1<br />

für alle i ∈ Z kommutiert.<br />

14.8 Definition und Proposition. Ist f : C → D eine Kettenabbildung,<br />

so definiert<br />

H i (f): H i (C) → H i (D)<br />

für alle i ∈ Z eine R-lineare Abbildung.<br />

[c] ↦→ [f i (c)]


Simpliziale <strong>Abbildungen</strong> und Kettenabbildungen 5<br />

Beweis. Wir müssen nur sicherstellen, dass die Abbildung wohldefiniert ist.<br />

Sei c ∈ C i ein Zykel, also dc = 0. Dann ist d i (f i c) = f i−1 (d i c) = f i−1 (0) = 0,<br />

also ist f i (c) ein Zykel und repräsentiert ein Element von H i (D).<br />

Sei c ′ ∈ C i ein weiterer Zykel, [c ′ ] = [c]. Dann existert ein d ∈ C i+1 , so dass<br />

c ′ = c + d i+1 d. Es ist dann f i (c ′ ) = f i (c) + f i (d i+1 d) = f i (c) + d i+1 (f i+1 (d)),<br />

also [f i (c ′ )] = [f i (c)].<br />

□<br />

14.9 Definition und Proposition. Es sei f : S → T eine simpliziale<br />

Abbildung. Dann definiert<br />

˜C k (f): ˜Ck (S) → ˜C k (T )<br />

{<br />

[f(u 0 ), . . . , f(u k )], #{f(u 0 ), . . . , f(u k )} = k + 1,<br />

[u 0 , . . . , u k ] ↦→<br />

0, sonst<br />

eine Kettenabbildung ˜C(f): ˜C(S) → ˜C(T ) und damit lineare <strong>Abbildungen</strong><br />

˜H(f) := H k (C(f)): ˜Hk (S) → ˜H k (T ) für alle k ∈ Z.<br />

Ebenso definieren wir C(f): C(S) → C(T ), H(f): H(S) → H(T ).<br />

Beweis. Wir wollen nachrechnen, dass ˜C(f) eine Kettenabbildung ist. Wir<br />

haben für #{f(u 0 ), . . . , f(u k )} = k + 1, dass<br />

)<br />

f k−1 (d k [u 0 , . . . , u k ]) = f k1<br />

( ∑<br />

i<br />

(−1) i [u 0 , . . . , û i , . . . , u k ]<br />

= ∑ i<br />

(−1) i [f(u 0 ), . . . , ̂f(u i ), . . . , f(u k )]<br />

= d k (f k ([u 0 , . . . , u k ])).<br />

Ist #{f(u 0 ), . . . , f(u k )} < k, so ist offensichtlich<br />

f k−1 (d k [u 0 , . . . , u k ]) = 0 = d k (f k [u 0 , . . . , u k ]).<br />

Ist #{f(u 0 ), . . . , f(u k )} = k, so gibt es j < j ′ mit f(u j ) = f(u j ′) = v, und<br />

für diese erhalten wir<br />

f k−1 (d k [u 0 , . . . , u k ]) =<br />

)<br />

= f k−1<br />

((−1) j [u 0 , . . . , û j , . . . , u k ] + (−1) j′ [u 0 , . . . , û j ′, . . . , u k ]<br />

= (−1) j [f(u 0 ), . . . , f(u j−1 ), f(u j+1 ), . . . , f(u j ′ −1), v, f(u j ′ +1), . . . , f(u k )]<br />

+ (−1) j′ [f(u 0 ), . . . , f(u j−1 ), v, f(u j+1 ), . . . , f(u j ′ −1), f(u j ′ +1), . . . , f(u k )]<br />

= 0 = d k−1 (f k [u 0 , . . . , u k ]),<br />

da die beiden Summanden durch j ′ − j − 1 Transpositionen ineinander<br />

überführt werden, und (−1) h (−1) j′ −j−1 = −(−1) j′ , so dass sie sich wegheben.<br />


6 14. <strong>Homologie</strong> <strong>II</strong>: <strong>Abbildungen</strong><br />

Topologische Invarianz<br />

<strong>Homologie</strong> wird erst durch folgendes Resultat, das zu beweisen wir leider<br />

nicht mehr die Zeit haben, wirklich nützlich.<br />

14.10 Satz. Es ist möglich, derart jeder stetigen Abbildung f : |S| → |T |<br />

zwischen Realisierungen von abstrakten Simplizialkomplexen eine Famile von<br />

linearen <strong>Abbildungen</strong> H r (f): H r (S) → H r (T ) zuzuordnen, so dass folgendes<br />

gilt.<br />

(i) H r (f ◦ g) = H r (f) ◦ H r (g).<br />

(ii) Ist φ: S → T eine simpliziale Abbildung und f = |φ|: |S| → |T |, so ist<br />

H r (f) = H r (φ).<br />

Das selbe gilt für reduzierte <strong>Homologie</strong>.<br />

Wir nehmen dieses Resultat nun als gegeben hin.<br />

14.11 Korollar. Ist f : |S| ≈ −→ |T | ein Homöomorphismus, so ist<br />

ein Isomorphismus.<br />

H r (f): H r (S) ∼ = −→ Hr (T )<br />

14.12 Proposition. S n−1 ist kein Retrakt von D n .<br />

Beweis. Wir gehen wie bei Proposition 9.11, dem Fall n = 2, vor, nur dass<br />

wir <strong>Homologie</strong> an Stelle der Fundamentalgruppe benutzen.<br />

Wir ersetzen das Paar (D n , S n−1 ) durch das homöomorphe Paar (|∆ n |, |d∆ n |),<br />

das heißt, wir benutzen diese Triangulierung des n-Balls. Sei i: |d∆ n | → |∆ n |<br />

die Inklusionsabbildung, und r : |∆ n | → |d∆ n−1 | eine Retraktionsabbildung,<br />

also r ◦ i = id. Das heißt, dass das Diagramm von Räumen<br />

|d∆ n | |∆<br />

n |<br />

<br />

id |d∆ n |<br />

i<br />

r<br />

|d∆ n |<br />

kommutiert. Mit Satz 14.10 erhalten wir daraus für k ∈ Z das kommutative<br />

Diagramm<br />

˜H k (d∆ n )<br />

˜H k (i)<br />

˜H k (∆ n )<br />

˜H k (r)<br />

<br />

˜H k (d∆ n ).<br />

id ˜Hk (d∆ m )<br />

Da ˜H k (D n ) = 0, ist die Komposition ˜H k (r) ◦ ˜H k (i) = id ˜Hk (d∆ n )<br />

k = n − 1 ergibt sich ein Widerspruch zu ˜H n−1 (d∆ n ) ∼ = R.<br />

trivial. Für<br />


Kettenhomotopien 7<br />

14.13 Satz (Brouwerscher Fixpunktsatz). Für n ≥ 0 hat jede stetige Abbildung<br />

f : D n → D n einen Fixpunkt.<br />

Beweis. Wie für Satz 9.12, den Fall n = 2.<br />

□<br />

Kettenhomotopien<br />

Wir betrachten nun das algebraische Analogon zur Homotopie zwischen<br />

stetigen <strong>Abbildungen</strong>. Wir beginnen mit Kettenabbildungen, die in diesem<br />

Sinne homotop zur Nullabbildung sind.<br />

14.14 Proposition. Es seien C, D Kettenkomplexe und (K r ) r∈Z eine Famile<br />

linearer <strong>Abbildungen</strong> K r : C r → D r+1 . Wir setzen f r := d r+1 K r + K r−1 d r .<br />

Dann ist f : C → D eine Kettenabbildung und H r (f) = 0 für alle r.<br />

Beweis. Um zu sehen, dass f eine Kettenabbildung ist, berechnen wir<br />

f r−1 d r = (d r K r−1 + K r−2 d r−1 )d r = d r K r−1 d r + K r−2 0 = d r K r−1 d r ,<br />

d r f r = d r (d r+1 K r + K r−1 d r ) = 0K r + d r K r−1 d r = d r K r−1 d r .<br />

Sei nun [c] ∈ H r (C). Dann ist<br />

H r (f)([c]) = [f r (c)] = [d r+1 K r c + K r−1 d r c] = [d r+1 K r c] = 0,<br />

da dc = 0 und jeder Rand eine triviale <strong>Homologie</strong>klasse repräsentiert.<br />

□<br />

14.15 Beispiel. Bei der Berechnung der reduzierten <strong>Homologie</strong> eines Kegels<br />

S in Proposition 14.1 haben wir <strong>Abbildungen</strong> K r : ˜Cr (S) → ˜C r+1 produziert,<br />

so dass id ˜C(S)<br />

= dK + Kd. Es folgte, dass id ˜Hr(S) = H r(id ˜C(S)<br />

) = 0,<br />

also ˜H r (S) = 0.<br />

Kettenabbildungen von C nach D bilden einen R-Modul. Wir haben<br />

gerade einen Untermodul von Kettenabbildungen betrachtet, die wir als<br />

äquivalent zur Nullabbildung betrachten wollen. Damit ist nun klar, wann<br />

wir zwei Kettenabbildungen als äquivalent betrachten werden.<br />

14.16 Definition. Es seien f, g : C → D Kettenabbildungen. Dann ist<br />

f ≃ g genau dann, wenn <strong>Abbildungen</strong> K r : C r → D r+1 existieren, so das<br />

dK + Kd = g − f. In diesem Fall heiße K eine Kettenhomotopie von f nach<br />

g und f und g heißen kettenhomotop.<br />

Kettenkomplexe C, D heißen kettenhomotopieäquivalent, C ≃ D, wenn<br />

Kettenabbildungen f : C → D, g : D → C mit f ◦ g ≃ id D , g ◦ f ≃ id C<br />

existieren. In diesem Fall heißt f eine Kettenhomotopieäquivalenz.<br />

14.17 Proposition. Kettenhomotopie und Kettenhomotopieäquivalenz sind<br />

Äquivalenzrelationen. Ist f : C → D eine Kettenhomotopieäquivalenz, so ist<br />

H r (f): H r (C) → H r (D) für alle r ein Isomorphismus.


8 14. <strong>Homologie</strong> <strong>II</strong>: <strong>Abbildungen</strong><br />

Beweis. Zur Reflexivität der Kettenhomotopie bemerken wir, dass, wenn<br />

K eine Kettenhomotopie von f nach g ist und K ′ eine von g nach h, ihre<br />

Summe K + K ′ eine Kettenhomotopie von f nach h ist.<br />

Um zu sehen, dass Kettenhomotopieäquivalenz reflexiv ist, zeigen wir,<br />

dass für homotope Kettenabbildungen f, f ′ : C → D und h, h ′ : D → E auch<br />

h ◦ f ≃ h ′ ◦ f ′ gilt. Dazu sei f ′ − f = dK + Kd und h ′ − h = dK ′ + K ′ d. Wir<br />

setzen K ′′ = hK + K ′ f ′ . Dann ist<br />

dK ′′ + K ′′ d = dhK + dK ′ f ′ + hKd + K ′ f ′ d<br />

= hdK + hKd + dK ′ f ′ + K ′ df ′<br />

= h(dK + Kd) + (dK ′ + K ′ d)f ′<br />

= h(f ′ − f) + (h ′ − h)f ′ = h ′ f ′ − hf.<br />

Der Rest folgt dann rein formal wie für Homotopieäquivalenz von Räumen.<br />

Schließlich sei f ≃ g : C → D. Wir haben in Proposition 14.14 gesehen,<br />

dass dann H r (g − f) = 0. Nun ist H r aber additiv, also ist H r (g) − H r (f) =<br />

H r (g − f) = 0.<br />

□<br />

14.18 Beispiel. Es set T ein Baum und v 0 ∈ V (T ). Es sei c: T → ∆ 0 die<br />

simpliziale Abbildung c(u) := 0 und j : ∆ 0 → T die simpliziale Abbildung<br />

j(0) := v 0 . Es ist offenbar c ◦ j = id ∆ 0.<br />

Bei der Beschreibung von H 1 hatten wir für einen Baum T vor Proposition<br />

13.14 eine Abbildung K : C 0 (T ) → C 1 (T ) definiert. Nennen wir diese nun<br />

K 0 und setzen wir K r := 0: C r (T ) → C r+1 (T ) für k ≠ 0. Wir haben dort<br />

und<br />

d 1 K 0 + K −1 d 0 = d 1 K 0 = −C 0 (j ◦ c) + id C0 (T )<br />

d 2 K 1 + K 0 d 1 = K 0 d 1 = id C1 (T )<br />

berechnet, insgesamt also (da C 0 (j ◦ c) = 0)<br />

und damit<br />

dK + Kd = −C(j ◦ c) + id C(T )<br />

C(j) ◦ C(c) = C(j ◦ c) ≃ id C(T ) .<br />

Es ist also C(c): C(∆ 0 ) → C(T ) eine Kettenhomotopieäquivalenz und<br />

H k (c): H k (∆ 0 ) → H k (T ) ein Isomorphismus für alle k und insbesondere<br />

H 0 (T ) ∼ = R und H k (T ) = 0 für k ≠ 0. Den nicht trivialen Fall k = 1<br />

haben wir so ähnlich schon in Proposition 13.14 (und danach) gezeigt.

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